0.1 Die Ableitungen und Stammfunktionen der trigonometrischen Funktionen Erinnerung: Ist F die Fläche des Kreissektors ( D, 0, A) so ist der Winkel α definiert als: α = 2·F Daher gilt wegen der Flächenformel für Dreiecke: 1 1 1 sin(α) cos(α) + (1 − cos(α)) sin(α) < F < tan(α) 2 2 2 und daher sin(α) < α < tan(α) Bemerkung: Der Kosinus ist im Intervall [0, π2 ] streng monoton fallend, da ein Punkt, der eine größere Fläche als den Kreissektor ( D, 0, A) einschließt, auf dem Einheitskreis links (und oberhalb) des Punktes A liegen muß. Außerdem√ist das Bild des Kosinus das gesamte Intervall [0, 1], da zu jedem x ∈ [0, 1] der Punkt ( x, 1 − x2 ) auf dem Einheitskreis liegt. Insbesondere hat also der Kosinus auf [0, π2 ] keine Sprungstellen. Erinnerung (Die Additionstheoreme): sin( x + y) = sin( x ) cos(y) + cos( x ) sin(y) cos( x + y) = cos( x ) cos(y) − sin( x ) sin(y) Aus dem ersten Additionstheorem erhalten wir mit −y statt y: sin( x − y) = sin( x ) cos(y) − cos( x ) sin(y) Subtraktion der beiden Gleichungen liefert: sin( x + y) − sin( x − y) = 2 cos( x ) sin(y) Daraus ergibt sich mit a := x + y, b := x − y (also x = a+2 b , y = a−2 b ): a+b a−b sin( a) − sin(b) = 2 cos sin 2 2 Bemerkung: Auf analoge Weise erhält man cos( a) + cos(b) = 2 cos a+b 2 cos a−b 2 Wählen wir nun x und y im Intervall [0, π2 ] mit x < y und h := y − x > 0, so ist sin(y) − sin( x ) = sin( x + h) − sin( x ) = 2x + h h h h 2 cos sin = 2 cos x + sin 2 2 2 2 Da der Kosinus im Intervall [0, π2 ] streng monoton fallend ist , gilt cos x + 2h < cos( x ), und die Abschätzung am Anfang des Kapitels ergibt sin 2h < 2h . Insgesamt haben wir also: sin( x + h) − sin( x ) < cos( x )(y − x ) Umgekehrt folgt aus x < tan( x ) = sin( x ) cos( x ) wegen cos( x ) > 0 auf [0, π2 ): x cos( x ) < sin( x ) und damit: h h h h 2 sin > 2 · cos = h · cos 2 2 2 2 Schließlich haben wir: h 2 cos x + 2 h h h sin > h · cos · cos x + = 2 2 2 h· h· 1 · [cos( x + h) + cos( x )] > 2 1 · [2 · cos( x + h)] = (y − x ) cos(y) 2 Dabei folgt die letzte Ungleichung aus der Monotonie des Kosinus: cos( x ) > cos( x + h). Insgesamt haben wir also: (y − x ) · cos(y) < sin(y) − sin( x ) < (y − x ) · cos( x ) Also ist sin( x ) die Flächenfunktion von cos( x ). Da, wie wir gesehen haben für stetige Funktionen Stammfunktionen und Flächenfunktionen identische Begriffe sind, gilt: sin( x )0 = cos( x ) auf (0, π2 ) Hiermit erhalten wir aus der Beziehung cos( x )2 + sin( x )2 = 1 mit Hilfe der Produktregel: 2 · cos( x ) · cos( x )0 + 2 · sin( x ) · cos( x ) = 0 und die Ableitung des Kosinus (für cos( x ) 6= 0, also x 6= π 2) als cos( x )0 = − sin( x ) Bemerkung: Wegen f g = f· 1 g gilt die Quotientenregel 0 f 1 1 f 0 · g − f · g0 = f 0 · − f · 2 · g0 = g g g g2 und damit 0 cos( x )2 + sin( x )2 1 = 2 cos( x ) cos( x )2 Eine Stammfunktion von tan( x ) ist F ( x ) = ln cos1( x) = − ln(cos( x )) , dann ist F 0 ( x ) = 0 tan( x ) = − cos1(x) · (− sin( x )) = sin( x ) . cos( x ) sin( x ) cos( x ) =