Originalklausur mit Musterlösung Abitur Chemie Aufgabe A: Schwefel(verbindungen) / Metalle Aufgabe B: Rotkohlsaft / Komplexverbindungen In den Aufgabenstellungen werden unterschiedliche Operatoren (Arbeitsanweisungen) verwendet; sie weisen auf unterschiedliche Anforderungsbereiche (Schwierigkeitsgrade) hin und bedeuten, dass unterschiedlich viele Punkte erzielt werden können. Die Lösungen zeigen beispielhaft, welche Antworten die verschiedenen Operatoren erfordern. Alles Wissenswerte rund um die Abiprüfung finden Sie im Buch im Kapitel „Prüfungsratgeber und Prüfungsaufgaben“. Originalklausuren mit Musterlösungen zu weiteren Fächern finden Sie auf www.duden.de/abitur in der Rubrik „SMS Abi“. Das Passwort zum Download befindet sich auf der vorderen Umschlagklappe. Die Veröffentlichung der Abitur-Prüfungsaufgaben erfolgt mit Genehmigung des zuständigen Kultusministeriums. 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Aufgabenstellung A1 Schwefel und Schwefelverbindungen 1 Modellvorstellungen 1.1 Im Text werden u. a. folgende Schwefel enthaltende Verbindungen erwähnt: Name Formel Oxidationsstufe des Schwefels Cyclooctaschwefel S8 Begründung ±0 Im elementaren Schwefel gibt es nur Bindungen zwischen gleichartigen Atomen. Die Elektronenkonfiguration jedes Schwefelatoms entspricht der im Periodensystem gegebenen: [Ne] 3s2 3p4. Schwefelwasserstoff H2S -II Dem Schwefel werden die Elektronen aus den S—H-Bindungen vollständig zugeordnet. Elektronenkonfiguration: [Ne] 3s2 3p6, Schwefel hat also 2 Elektronen mehr als im elementaren Zustand. Schwefeldioxid +IV Die Elektronen aus den S—OBindungen werden vollständig dem Sauerstoff zugeordnet. Elektronenkonfiguration: [Ne] 3s2, Schwefel hat also 4 Elektronen weniger als im elementaren Zustand. SO2 Anmerkung: Die Ermittlung der Oxidationszahl ist ein formaler Vorgang. Dabei werden die Elektronen einer Elektronenpaarbindung dem elektronegativeren Partner zugeordnet. Die dabei entstehenden formalen Ladungen entsprechen den Oxidationszahlen. Es handelt sich hierbei nicht um reale Elektronenübertragungen! © Dudenverlag, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim, 2008 1 1.2 Elementarer Schwefel enthält im festen Aggregatzustand S8-Moleküle, während im gasförmigen Aggregatzustand S2-Moleküle vorliegen. Die Schwefelatome sind in beiden Fällen über Elektronenpaarbindungen verknüpft. Es gibt also keine nennenswerten Unterschiede in den intramolekularen Wechselwirkungen. Die Stoffeigenschaften werden durch die intermolekularen Wechselwirkungen bestimmt. Hierbei kommen nur VAN-DER-WAALS-Wechselwirkungen in Frage. Zwischen S8-Molekülen können wegen der größeren Moleküloberfläche mehr VAN-DER-WAALS-Wechselwirkungen ausgebildet werden als zwischen S2-Molekülen. Die vermutlich relativ regelmäßig aufgebauten S8Moleküle werden im festen Zustand bereitwillig ein Molekülgitter ausbilden (Textzitat: „zitronengelbe Brocken oder Stangen“). S2-Moleküle werden auch aufgrund der geringeren Molekülmasse (sie beträgt nur 1/4 des Werts von S8) eine deutlich niedrigere Verdampfungstemperatur aufweisen. 1.3 Die genutzte Modellvorstellung ist die kovalente Bindung (Elektronenpaarbindung). Elementarer Schwefel hat sechs Valenzelektronen mit der Elektronen-Konfiguration [Ne] 3s2 3p4. Zum Erreichen einer Edelgas-Konfiguration benötigt ein Schwefelatom noch zwei weitere Elektronen in seinem Einflussbereich. Dies kann durch die Ausbildung von zwei kovalenten Bindungen erreicht werden. Im S2-Molekül erwartet man daher das Vorliegen einer Doppelbindung: Dass diese Doppelbindung nicht sehr stabil sein kann, sieht man daran, dass die S2Moleküle im festen Zustand zu S8-Ringen reagieren, wobei die Doppelbindung zugunsten von zwei Einfachbindungen gelöst wird. 2 Herstellung von Schwefel 2.1 Schwefelwolken entstehen durch die Reaktion von Schwefelwasserstoff mit Schwefeldioxid: 4 H2S + 2 SO2 → 3 S2 + 4 H2O. Anmerkung: Dass als weiteres Reaktionsprodukt Wasser entsteht, geht bei der Beschreibung des CLAUS-Verfahrens aus dem Text hervor. Die Reaktionsenthalpie kann nach dem Satz von HESS aus den jeweiligen Bildungsenthalpien der beteiligten Stoffe berechnet werden. Dazu subtrahiert man die Bildungsenthalpien der Edukte von denen der Produkte: ΔHR = Σ(ΔHB, Produkte) – Σ(ΔHB, Edukte). Die Bildungsenthalpie von elementarem Schwefel ist Null. Aus dem Tabellenwerk entnimmt man für die übrigen beteiligten Stoffe: ΔHB (H2S) = –20 kJ · mol–1 ΔHB (SO2) = –297 kJ · mol–1 ΔHB (H2O) = –287 kJ · mol–1. Damit ergibt sich ΔHR = 4 · ΔHB(H2O) – 4 · ΔHB(H2S) – 2 · ΔHB(SO2) = 4 · (–287 kJ · mol–1) – 4 · ( –20 kJ · mol–1) – 2 · ( –297 kJ · mol–1) = –474 kJ · mol–1. © Dudenverlag, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim, 2008 2 2.2 Reaktionen im CLAUS-Verfahren: a) 2 H2S + 3 O2 → 2 SO2 + 2 H2O b) 4 H2S + 2 SO2 → 3 S2 + 4 H2O (wenn als Reaktionsprodukt S2 auftritt) 16 H2S + 8 SO2 → 3 S8 + 16 H2O (wenn als Reaktionsprodukt S8 auftritt) Anmerkung: Im Text gibt es keinen Hinweis darauf, ob das Reaktionsprodukt als S2 oder S8 formuliert werden soll. Bei Reaktion b) handelt es sich um eine Redoxreaktion. Der Schwefel aus dem Schwefelwasserstoff wird oxidiert (Wechsel der Oxidationsstufe von –II zu ±0, vgl. auch Teilaufgabe 1.1), während der Schwefel aus dem Schwefeldioxid reduziert wird (Wechsel der Oxidationsstufe von +IV zu ±0, vgl. auch Teilaufgabe 1.1). Anmerkung: Eine solche spezielle Redoxreaktion, bei der durch gleichzeitige Reduktion und Oxidation aus einer höheren und einer niedrigeren Oxidationsstufe zweier Atome des gleichen Elements eine mittlere Oxidationsstufe gebildet wird, bezeichnet man auch als Synproportionierung bzw. Komproportionierung (Gegenteil einer Disproportionierung). 3 Schwefelsäure und Sulfate 3.1 Reaktionen bei der Schwefelsäure-Herstellung: a) Bildung von Schwefeldioxid aus elementarem Schwefel S + O2 → SO2 b) Bildung von Schwefeltrioxid aus Schwefeldioxid in einer Gleichgewichtsreaktion in Gegenwart von Vanadium(V)-oxid 2 SO2 + O2 ⇄ 2 SO3 c) Absorption des Schwefeltrioxids durch konzentrierte Schwefelsäure ergibt Oleum SO3 + H2SO4 → H2S2O7 d) Verdünnung von Oleum H2S2O7 + H2O → 2 H2SO4. 3.2 Gleichgewichtslage bei der Synthese von Schwefeltrioxid: Einfluss des Gesamtdrucks: Alle Reaktionspartner sind unter den gegebenen Bedingungen gasförmig. Da auf der Seite der Edukte insgesamt drei, auf der Produktseite aber nur zwei Moleküle stehen, verschiebt sich das Gleichgewicht nach dem Prinzip von LE CHATELIER bei Druckerhöhung auf die Produktseite, also auf die Seite mit weniger gasförmigen Teilchen. Einfluss der Konzentration: Verdünnen mit einem Inertgas (hier N2) führt zu einer Erniedrigung der Konzentration der Edukte und damit zu einer Verschiebung des Gleichgewichts auf die Seite der Edukte. Die Zugabe eines Inertgases führt bei gleich bleibendem Gesamtdruck nämlich zu einer Absenkung der Partialdrucke der Reaktanden und hat damit den gleichen Effekt wie eine Druckerniedrigung. Einfluss der Temperatur: Aus Text und Material (Tabelle) sind hierzu keine Angaben zu entnehmen. Berechnet man für die Reaktion c) aus Teilaufgabe 3.1 die Reaktionsenthalpie, erhält man mit den nachgeschlagenen Werten ΔHB(SO2) = –297 kJ · mol–1 und ΔHB(SO3) = –396 kJ · mol–1 eine Reaktionsenthalpie von ΔHR = –99 kJ · mol–1. Die Reaktion ist damit exotherm (bzw. exergonisch); eine Temperaturerhöhung verschiebt das Gleichgewicht auf die Seite der Edukte (also in die endotherme Richtung). © Dudenverlag, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim, 2008 3 3.3 Berechnung der Gleichgewichtskonstanten Kp: Kp = p 2 (SO 3 ) (100900 Pa) 2 = = 68927 Pa −1 ≈ 6,9 ⋅10 4 Pa −1. p 2 (SO 2 ) ⋅ p(O 2 ) (66,6 Pa) 2 ⋅ (33,3 Pa) Aus dem berechneten Wert von Kp geht hervor, dass das Gleichgewicht weit auf der Produktseite liegt. Im Gegensatz hierzu liegt das Gleichgewicht bei der Ammoniak-Synthese auf der Seite der Edukte. Begründung: Für die Reaktion N2 + 3 H2 ⇄ 2 NH3 kann man die Gleichgewichtskonstante formulieren gemäß p 2 (NH 3 ) Kp = 3 p (H 2 ) ⋅ p (N 2 ) Aus dem gegebenen Wert Kp = 1,46 · 10–6 Pa–2 folgt, dass der Nenner in diesem Ausdruck viel größer sein muss als der Zähler, was nur möglich ist, wenn der Partialdruck des Produkts kleiner ist als die Partialdrucke der Edukte. 3.4 Schülerexperimente Alle fünf Substanzen sind weiße, kristalline Feststoffe. Eine optische Unterscheidung ist nicht möglich. Gibt man jeweils eine kleine Menge jeder Substanz in Wasser, werden sich vier davon leicht lösen. Calciumsulfat ist dagegen schwer löslich und kann ausgesondert werden. Von den vier verbleibenden klaren Lösungen gibt man jeweils eine Probe in ein Reagenzglas und gibt Natriumhydroxid-Lösung (Natronlauge) hinzu. Die Ammoniumsulfat-Lösung erkennt man am Geruch nach Ammoniak, der dabei entsteht. Erklärung: Natronlauge als stärkere und weniger flüchtige Base verdrängt Ammoniak aus Ammonium-Salzen: (NH4)2SO4 (aq) + 2 NaOH (aq) → Na2SO4 (aq) + 2 NH3 (g) + 2 H2O (l). Von den drei verbleibenden Lösungen ist eine die Bariumchlorid-Lösung. Man erkennt sie, indem man nacheinander je eine kleine Menge der drei Lösungen zu jeweils frischen Proben der Ammoniumsulfat-Lösung gibt. Das Auftreten eines weißen Niederschlags von schwer löslichem Bariumsulfat verrät die Bariumchlorid-Lösung. Nun gibt man jeweils eine kleine Menge der Bariumchlorid-Lösung zu den beiden verbleibenden Proben. Das Auftreten eines weißen Niederschlags von schwer löslichem Bariumsulfat verrät jetzt die Kaliumsulfat-Lösung. K2SO4 (aq) + BaCl2 (aq) → BaSO4 (s) + 2 KCl (aq). Bei diesem Lösungsweg wird das Indikator-Papier nicht benötigt. 3.5 Thermische Zersetzung der Dünnsäure 2 H2SO4 → 2 SO2 + 2 H2O + O2. Der Prozess ist sehr energieaufwändig, denn zunächst muss überschüssiges Wasser verdampft werden (Aufkonzentrieren der Dünnsäure), bevor man bei 1000 °C die eigentliche thermische Zersetzung durchführen kann. Als Produkt erhält man u.a. SO2, das aus den Pyrolysegasen ausgewaschen und wieder für chemische Verfahren eingesetzt werden kann, z. B. für die Schwefelsäuresynthese. Allerdings ist SO2 aus natürlich vorkommenden Rohstoffen deutlich günstiger herzustellen. Die beiden anderen Produkte – O2 und H2O – können nicht unmittelbar weiter verwendet werden. Außerdem müssen diese einer weiteren Abgasreinigung unterzogen werden, bevor sie in die Atmosphäre abgelassen werden. Denn die organischen Verunreinigungen der Dünnsäure werden unter den Pyrolyse-Bedingungen zu umweltgefährdenden Nebenprodukten führen. Die thermische Zersetzung der Dünnsäure © Dudenverlag, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim, 2008 4 ist also aus energetischer und wirtschaftlicher Sicht sehr ungünstig. Betrachtet man aber die Umweltverschmutzung, die durch die früher übliche Dünnsäure-Verklappung hervorgerufen wurde, wird klar, dass man bei der Abwägung zwischen beiden Verfahren nicht allein wirtschaftliche Gründe heranziehen kann. II. Aufgabenstellung B2 Komplexverbindungen 1 Aufbau von Komplexverbindungen 1.1 Im Text wird der Nachweis von Cu2+-Ionen durch Fällung mit Hexacyanoferrat(II)-Ionen beschrieben. Reaktionsgleichung: 2 Cu2+ + K4[Fe(CN)6] → Cu2[Fe(CN)6] + 4 K+. Das gebildete Komplexsalz ist Kupferhexacyanoferrat(II). Das komplexe Anion [Fe(CN)6]4– besteht aus einem Fe2+-Ion als Zentralteilchen, welches oktaedrisch von sechs Cyanid-Ionen CN– umgeben ist. Die Cyanid-Ionen bilden jeweils eine koordinative Bindung zum Zentral-Ion aus, und zwar mit dem freien Elektronenpaar am Kohlenstoff (und nicht etwa mit demjenigen am Stickstoff), da am Kohlenstoff der negative Ladungsüberschuss größer ist als am Stickstoff. Dies verdeutlicht eine Betrachtung der mesomeren Grenzformen: Dabei kommt der linken Grenzform wegen der Erfüllung der Oktettregel ein deutlich höheres Gewicht zu als der rechten. Das Zentralteilchen Fe2+ hat die Elektronenkonfiguration [Ar] 4s0 3d6. Zusammen mit den 12 Elektronen der koordinativen Bindungen kommt Eisen auf 18 Valenzelektronen. Dies entspricht der Edelgaskonfiguration des Kryptons, was auf eine hohe Stabilität des Komplexes hindeutet. 1.2 Nach der VB-Methode entsteht die chemische Bindung in Komplexen durch Überlappung leerer, geeignet hybridisierter Metallorbitale mit doppelt besetzten Ligandenorbitalen. Im Tetracyanoniccolat(II)-Ion [Ni(CN)4]2– liegt als Zentralteilchen ein Ni2+-Ion mit der Elektronenkonfiguration [Ar] 4s0 3d8 vor: Ni2+-Ion 3d 4s 4p Vor der Bildung des Komplexes werden die 3d-Elektronen umgeordnet („durch die starken Liganden CN– zusammengedrängt“), sodass alle Elektronen gepaart sind: Ni2+-Ion 3d © Dudenverlag, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim, 2008 4s 4p 5 Für 4 Liganden werden 4 Hybridorbitale benötigt, die durch die Kombination dsp2 entstehen: [Ni(CN)4]2– 3d 4s 4p Die dsp -Hybridisierung führt zu einer quadratisch-planaren Geometrie des Komplexes. 2 Im Gegensatz dazu liegt im Nickeltetracarbonyl [Ni(CO)4] als Zentralteilchen ein neutrales Nickelatom der Oxidationsstufe 0 mit der Elektronenkonfiguration [Ar] 4s0 3d10 vor: Ni0-Zentralatom 3d 4s 4p Die vier Hybridorbitale für die Bindung zu den Carbonyl-Liganden werden hier durch eine sp3-Hybridisierung erzeugt. Die sp3-Hybridorbitale sind tetraedrisch angeordnet: [Ni(CO4] 3d 4s 4p 1.3 Bei der Goldgewinnung wird das Golderz – das gediegenes, also elementares Gold enthält – unter Luftzutritt mit Kaliumcyanid-Lösung ausgelaugt. Es bildet sich ein Cyanokomplex mit Au+ als Zentralteilchen und zwei Cyanid-Ionen als Liganden: 4 Au + 8 CN– + O2 + 2 H2O → 4 [Au(CN)2]– + 4 OH–. Bei dieser Reaktion wird Gold durch elementaren Sauerstoff oxidiert. Die Reduktion des Goldes erfolgt durch Zinkstaub: 2 [Au(CN)2]– + Zn → [Zn(CN)4]2– + 2 Au. 2 Eigenschaften von Komplexen 2.1 Die Summenformel des im Text genannten Platinkomplexes cis-Diammindichloroplatin(II) lautet: [PtCl2(NH3)2] (bzw. PtCl2N2H6). Der Komplex hat vier Liganden mit quadratisch-planarer Anordnung um das Zentralteilchen. Es gibt zwei Isomere: cis-Diammindichloroplatin(II) trans-Diammindichloroplatin(II) © Dudenverlag, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim, 2008 6 2.2 (1) Die Dissoziationsgleichungen lauten: A: K2[PtCl6] → 2 K+ + [PtCl6]2– B: [Pt(NH3)6]Cl4 → [Pt(NH3)6]4+ + 4 Cl– C: [Pt(NH3)3Cl3]Cl → [Pt(NH3)3Cl3]+ + Cl–. Bei der Dissoziation von A entstehen 3 mol Ladungsträger (Ionen) pro mol des Komplexsalzes, bei B sind es 5 mol und bei C 2 mol. Daher sollte man bei der wässrigen Lösung von B die höchste Leitfähigkeit mit 523 S · cm-2 · mol-1 erwarten, bei A die zweithöchste mit 256 S · cm-2 · mol-1 und bei C die geringste mit 97 S · cm-2 · mol-1. (2) Bei Zugabe von Silbernitrat-Lösung zu den o. g. Lösungen sollte man bei der Lösung von A keinen Niederschlag von AgCl beobachten, da keine freien Chlorid-Ionen in der Lösung enthalten sind. Bei den Lösungen von B und von C sollte man dagegen eine Fällung von AgCl beobachten, die bei B deutlich stärker sein sollte, da in der Lösung von B die Konzentration an Chlorid-Ionen viermal höher ist als bei C. 2.3 Der abgebildete Häm-Komplex enthält ebenso wie der Hexacyanoferrat(II)-Komplex aus Aufgabe 1.1 ein Fe2+-Ion als Zentralteilchen. Die koordinative Bindung wird im Hexacyanoferrat(II)-Komplex zwischen Eisen und den Kohlenstoffatomen der CyanidIonen ausgebildet, wogegen es sich beim Häm-Komplex um Stickstoff-Liganden handelt. Während das Zentralteilchen im Hexacyanoferrat(II)-Komplex oktaedrisch umgeben ist, zeigt die Abbildung des Häm-Komplexes nur vier Liganden um das Zentralteilchen. Allerdings ist die Umgebung dennoch oktaedrisch, da die fünfte Koordinationsstelle von einem Stickstoff-Liganden aus einer Proteinkette besetzt ist (was die Fixierung des HämKomplexes an das Hämoglobin bewirkt) und die sechste Koordinationsstelle reversibel von Sauerstoff (O2) besetzt werden kann. Die Bindung von molekularem Sauerstoff an den Häm-Komplex ist reversibel, folglich handelt es sich um eine Gleichgewichtsreaktion. Häm + O2 ⇄ [Häm-O2]. Die Anlagerung von Sauerstoff erfolgt exotherm, wie aus dem Text hervorgeht. Eine Temperaturerhöhung verschiebt das Gleichgewicht auf die Seite der Edukte. Hierdurch wird die Konzentration an [Häm-O2] im Blut gesenkt, der Sauerstofftransport wird beeinträchtigt. Dieser biologische Nachteil wird aber durch die Unterstützung der Immunabwehr mehr als ausgeglichen, die eine solche Erhöhung der Körpertemperatur bewirkt. Aus diesem Grund hat sich die Fieberreaktion zur Ankurbelung des Immunsystems in der Evolution bewährt. Lediglich bei Menschen mit wenig Widerstandskraft wie Kleinkindern oder älteren Menschen führt die erhöhte Körpertemperatur zu den im Text beschriebenen gesundheitlichen Problemen. © Dudenverlag, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim, 2008 7 Die hier abgedruckten Lösungsvorschläge sind nicht die amtlichen Lösungen des zuständigen Kultusministeriums. Impressum: Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, vorbehaltlich der Rechte die sich aus den Schranken des UrhG ergeben, nicht gestattet. © Dudenverlag, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim 2008 Redaktion: Heike Krüger-Beer, Christa Becker, Dr. Angelika Fallert-Müller © Dudenverlag, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim, 2008 8