801 8. Strahlung 8.1 Intensität Die in den vorangehenden Kapiteln behandelte Wärmeübertragung durch Leitung und Konvektion ist an Materie gebunden. Feste und flüssige Körper sowie eine Reihe von Gasen geben Wärme auch durch Strahlung ab. Diese ist nicht an Materie gebunden. Entsprechendes gilt auch für die Wärmeaufnahme. Wärmestrahlen erscheinen als elektromagnetische Wellen, die sich von den Lichtstrahlen nur durch ihre meist größere Wellenlänge unterscheiden. Während die als Licht sichtbaren elektromagnetischen Wellen einen Wellenlängenbereich von 0,35 bis 0,75 µm umfassen, erstreckt sich der Wellenlängenbereich der Wärmestrahlen etwa von 0,3 bis 100 µm. Wellenlängen werden meist traditionsgemäß in der Einheit µm = 10 −6 m = 1/ 1000 mm gemessen. In Bild 8-1 ist der Bereich der elektromagnetischen Strahlung dargestellt. Bild 8-1: Spektrum der elektromagnetischen Strahlung Die Stärke oder „Intensität“ Iλ der Strahlung ist sowohl eine Funktion der absoluten Temperatur T als auch der Wellenlänge λ . In diesem Kapitel ist λ das traditionelle Formelzeichen für die Wellenlänge, nicht für den Wärmeleitkoeffizienten. Der Zusammenhang zwischen diesen Größen wird für die Strahlung des schwarzen Körpers durch das Plancksche 1 Strahlungsgesetz beschrieben. Iλ = 1 ( λ ⋅e 5 c1 c 2 / (λ ⋅T ) ) −1 . Max Planck (1858-1947), Professor für Physik in Kiel, Berlin und Göttingen (8-1) 802 Die als die erste und die zweite Plancksche Strahlungskonstante bezeichneten Größen c1 bzw. c2 setzten sich aus der Vakuumlichtgeschwindigkeit c 0 ≈ 3 ⋅ 108 m / s , der Planck-Konstanten k ≈ 1,38 ⋅ 10 −32 c1 = 2 ⋅ π ⋅ h ⋅ c 02 h ≈ 6,626 ⋅ 10 −34 W ⋅ s2 und der Boltzmann-Konstanten W ⋅ s / K folgendermaßen zusammen und c2 = h ⋅ c0 . k (8-2) Die Intensität Iλ besitzt die Einheit W/m2/µm. Sie ist die Energie pro Zeit und Fläche, die auf die Wellenlänge der Strahlung bezogen ist. Das Plancksche Strahlungsgesetz (8-1) ist in Bild 8-2 grafisch dargestellt mit der absoluten Temperatur als Kurvenparameter. Mit steigender Temperatur nimmt nicht nur die Strahlungsintensität Iλ stark zu, sondern es verschiebt sich auch ihr Maximum zu kleineren Wellenlängen hin (gestrichelte Kurve). Der Verlauf der Maxima lässt sich aus Gleichung (8-1) herleiten λmax ⋅ T = 2898 µm ⋅ K = const . (8-3) Diese Beziehung wird als Wiensches 2 Verschiebungsgesetz bezeichnet. Der sichtbare Wellenlängenbereich ist in Bild 8-2 schraffiert hervorgehoben. Mit zunehmender Temperatur fällt ein immer größerer Anteil der gesamten ausgestrahlten Energie in diesen Bereich. Bei Glühlampen mit Temperaturen um 3000 K fällt vom Spektrum der ausgehenden Strahlung nur ein geringer Teil in den sichtbaren Wellenlängenbereich. Daher ist die Helligkeitsausbeute von Glühlampen sehr schlecht. Erst bei der Temperatur der Sonnenoberfläche (etwa 5700 K) liegt das Energiemaximum der Strahlung im sichtbaren Bereich. Bei Temperaturen ab 1000 K beginnt ein Teil der Strahlung in den sichtbaren Teil zu fallen. Dann sind diese Körper folglich als dunkelrot sichtbar Bild 8-2: 2 Energieverteilung der schwarzen Strahlung nach dem Planckschen Gesetz Wilhelm Wien (1864-1928), Professor für Physik in Aachen, Gießen, Würzburg und München 803 Die von einem Körper abgegebene oder aufgenommene Gesamtstrahlung berechnet man durch Integration von Gleichung (8-1) über alle Wellenlängen λ . Man erhält dann das Stefan-Boltzmannsche Gesetz für die Gesamtstrahlung eines schwarzen Körpers ∞ qs = ∫ Iλ ⋅ dλ = 0 π4 ⋅ c1 15 ⋅ c 24 (8-4) ⋅T . 4 Die durch Strahlung übertragene gesamte Wärmestromdichte beim schwarzen Körper ist proportional zur vierten Potenz seiner absoluten Temperatur. Mit den Beziehungen (8-2) ergibt sich für die als Stefan-Boltzmann-Konstante bezeichnete Größe σ= 2 ⋅ π5 ⋅ k 4 15 ⋅ h3 ⋅ c 02 = 5,67 ⋅ 10 −8 W (8-5) m2 ⋅ K 4 (leicht zu merken: 5, 6, 7, 8). Für den maximalen Wärmestrom des schwarzen Körpers gilt somit qs = σ ⋅ T 4 . (8-6) Der maßgebende Wellenlängenbereich, in dem ein Körper seine Energie emittiert, lässt sich durch das Verhältnis λ ∫ Iλ ⋅ dλ (8-7) qλ 0 = qs σ ⋅ T4 darstellen. Es gibt denjenigen Anteil der gesamten Wärmestromdichte an, der vom Körper im Wellenlängenbereich 0 bis λ emittiert wird. Bild 8-3 zeigt die sich aus Gleichung (8-7) ergebende Summenkurve für verschiedene Temperaturen. Man erkennt, dass die Energie der Sonnenstrahlung überwiegend im Wellenlängenbereich von 0,2 bis 2 µm übertragen wird. Für Körper mit Umgebungstemperatur ist dagegen nur der langwellige Bereich von 5 bis 50 µm maßgebend. Bei der Herstellung von Metallen und Keramiken bei Temperaturen um 1600 K ist der Wellenlängenbereich von 1 bis 10 µm maßgebend. Je nach Wellenlänge weisen Körper unterschiedliche Strahlungseigenschaften auf, wie im folgenden Abschnitt erläutert wird. 804 Bild 8-3: 8.2 Spektrale Summenverteilung der Wärmestrahlung Strahlungseigenschaften 8.2.1 Materialverhalten Trifft Strahlung auf einen Körper, so wird ein Teil dieser Strahlung den Körper durchlaufen, ein anderer Teil wird von ihm absorbiert, d. h. in andere Energieform, meistens Wärme, umgewandelt, und der Rest wird schließlich reflektiert T + A +R =1 (8-8) mit T= durchgelassene Energie auftreffende Energie A= R= = „Transmissionsgrad“ , absorbierte Energie auftreffende Energie = „Absorptionsgrad“ , reflektierte Energie auftreffende Energie = „Reflektionsgrad“ . Fast alle festen Körper absorbieren die gesamte nichtreflektierte Strahlung bereits in einer sehr dünnen Schicht. Bei Metallen reicht hierfür schon eine Schichtdicke der Größenordnung 1 µm. Für diese Körper ist der Transmissionsgrad demnach T = 0. Flüssigkeiten benötigen Millimeter- bis Meter-Bereiche, Gase benötigen hingegen noch größere Schichtdicken, um die in sie eindringende Wärmestrahlung zu absorbieren. Bei Gasen ist meist die reflektierte Energie vernachlässigbar, also R = 0. In Flüssigkeiten kann im Allgemeinen keiner der drei Strahlungsanteile T, A, R vernachlässigt werden. Jeder Körper sendet entsprechend seiner Temperatur eigene Strahlung aus. Derjenige Körper, der bei einer Temperatur den Höchstbetrag an Strahlung aussendet, wird als schwarzer Körper bezeichnet. Er hat seinen Namen daher, weil er durch eine berußte, matte Fläche gut angenähert werden kann. Praktisch lässt er sich am besten durch einen Hohlraum realisieren, dessen innere Wände matt schwarz sind und gleiche Temperatur besitzen. Ein Strahl, der durch ein 805 kleines Loch in diesen Raum trifft, wird dort vielfach reflektiert, wie im Bild 8-4 dargestellt ist. Bild 8-4: Schwarzer Körper Da bei jeder dieser Reflexionen ein großer Teil seiner Energie absorbiert wird, ist der Strahl nahezu völlig absorbiert, bevor er den Raum verlassen kann. Jeder andere Körper emittiert weniger als der schwarze Körper. Das Verhältnis seiner Ausstrahlung zu der des schwarzen Körpers nennt man einen Emissionsgrad ε . Die Strahlung, die von einem Körper ausgeht, verteilt sich im Allgemeinen auf einen größeren Wellenlängenbereich. Bezüglich der Intensität dieser ausgesendeten Strahlung können folgende Merkmale unterschieden werden. Mann nennt einen Körper schwarz, grau, farbig, weiß, selektiv, wenn er entsprechend seiner Eigentemperatur den Höchstbetrag an Energie auszustrahlen vermag, wenn er in allen Wellenlängen denselben Bruchteil des obigen Höchstbetrages aussendet, wenn er bei der Strahlung bestimmte Wellenlängen bevorzugt, wenn er überhaupt nicht strahlt, wenn er nur in manchen Wellenlängenbereichen strahlt, in anderen dagegen gar nicht (siehe Gasstrahlung). Diese unterschiedlichen Strahlungseigenschaften verdeutlicht das Bild 8-5 in dem die Strahlungsintensität abhängig von der Wellenlänge bei konstanter Temperatur dargestellt ist. 806 Bild 8-5: Strahlungseigenschaften Jeder Körper, der Strahlung emittiert, kann auch auftreffende Strahlung absorbieren. Für die Absorptionsfähigkeit gelten entsprechende Zusammenhänge, wie sie für die Emissionsfähigkeit genannt wurden: Der schwarze Körper absorbiert wiederum den Höchstbetrag, die gesamte auftreffende Strahlung. Jeder andere Körper absorbiert von der auftreffenden Strahlung nur einen Teil. Für diese Anteile gilt, falls der strahlende und der absorbierende Körper dieselbe Temperatur haben, falls sogenannte monochromatische Strahlung vorliegt, d. h. Strahlung nur einer bestimmten Wellenlänge λ , und falls die Richtungen der auftreffenden und der emittierten Strahlung übereinstimmen die Gleichung emittierte Energie maximal emittierbare Energie = absorbierte Energie auftreffende Energie , wobei die maximal emittierbare Energie, wie bereits erwähnt, die vom schwarzen Körper emittierte Energie ist. Dieser Zusammenhang ist als Kirchoffsches 3 Gesetz bekannt: der Emissionsgrad ελ des Körpers ist gleich seinem Absorptionsgrad A λ ελ = A λ . (8-9) Alle natürlichen Körper reflektieren einen bestimmten Bruchteil der auftreffenden Strahlung oder lassen diesen durch. Sie absorbieren (und emittieren nach dem Kirchhoffschen Gesetz) folglich einen kleineren Wärmestrom als der schwarze Körper q = ε ⋅ qs = ε ⋅ σ ⋅ T 4 . (8-10) Dabei ist ε der schon erwähnte Emissionsgrad des Körpers mit 0 ≤ ε ≤ 1. Die obige Gleichung ist für graue Körper gültig, bei denen der Emissionsgrad unabhängig von der Wellenlänge ist. Diese Bedingung ist im gesamten Wellenlängenbereich jedoch nicht erfüllt. Daher wird im Folgenden die Abhängigkeit des Emissionsgrades von der Wellenlänge näher betrachtet. Dabei muss zwischen Festkörpern, Flüssigkeiten 3 Gustav Robert Kirchhoff (1824-1887), Professor für Physik in Breslau, Heidelberg und Berlin 807 und Gasen unterschieden werden, da diese ein prinzipiell unterschiedliches Absorptions- und Emissionsverhalten aufweisen. 8.2.2 Emission von Festkörpern Festkörper absorbieren Strahlung bereits in einer sehr dünnen Schicht, wie bereits erwähnt wurde. Der durchgelassene Anteil ist somit null. Daher sind nur die spektralen Emissionsgrade von Interesse. Bild 8-6 zeigt als Beispiel die spektralen Emissionsgrade zweier Aluminiumoberflächen und von Weißlack in Abhängigkeit von der Wellenlänge. Der Emissionsgrad fester Körper wird – da die Absorption und damit auch die Emission wie erwähnt schon in sehr dünnen Oberflächenschichten stattfindet – stark von der Oberflächenstruktur beeinflusst. Anhand des Aluminiums ist erkennbar, dass eine glatte Oberfläche einen in der Regel kleineren Emissionsgrad mit einer geringeren Abhängigkeit von der Wellenlänge besitzt als eine rauere Oberfläche. Am Beispiel des Weißlacks (Zinkweiß) wird verdeutlicht, dass wärmetechnisch die Farbe eines Körpers von der Temperatur des Strahlers abhängt. Beispielsweise hat Weißlack im Wellenlängenbereich von 0,2 bis 2 µm, in dem entsprechend Bild 8-3 die Energie der Sonne abgestrahlt wird, einen kleinen Emissionsgrad und bei niedrigen Strahlertemperaturen, also im langwelligen Bereich, einen hohen Emissionsgrad. Das bedeutet, dass eine weiße Farbe auf einer Hauswand eine Aufheizung des Hauses durch die Sonne behindert (nahezu weißer Körper) und als Heizungslack eine hohe Abstrahlung des Radiators in der Wohnung bewirkt (fast schwarzer Körper). Bild 8-6: Spektraler Emissionsgrad von Aluminium und Weißlack In Bild 8-7a ist der spektrale Emissionsgrad einiger Stähle dargestellt. Bei großen Wellenlängen sind diese niedrig und nahezu konstant. Mit kleinen Wellenlängen steigt der spektrale Emissionsgrad dagegen an. Für Wärmeübergangsberechnun- 808 gen wird der über alle Wellenlängen gemittelte Emissionsgrad benötigt. Für diesen gilt ∞ ε(T ) = (8-11) ∫ ελ (λ ) ⋅ I(λ, T ) ⋅ dλ 0 σ ⋅ T4 . In Bild 8-7b sind solche gemittelten Emissionsgrade in Abhängigkeit von der Temperatur gezeigt. Demnach steigen die Emissionsgrade mit der Temperatur an. Bei Umgebungstemperatur besitzen Metalle also sehr niedrige Emissionsgrade. Diese strahlen also bei niedrigen Temperaturen nur relativ wenig Wärme ab. Zur Wärmedämmung von Speisen werden diese daher mit Aluminiumfolie eingewickelt. Sonnenstrahlung wird dagegen von Metallen relativ gut absorbiert, da entsprechend dem Kirchhoffschen Gesetz bei hohen Emissionsgraden auch die Absorptionsgrade hoch sind. In Bild 8-8a sind die spektralen Emissionsgrade einiger Feuerfestmaterialien und in Bild 8-8b die zugehörigen mittleren Emissionsgrade dargestellt. Die Verläufe sind typisch für alle keramischen Festkörper. Bei großen Wellenlängen und damit niedriger Temperatur weisen alle Keramiken Emissionsgrade im Bereich von 0,9 bis 1 auf. Bei kleinen Wellenlängen nimmt der spektrale Emissionsgrad ab. Bei Keramiken nimmt also im Gegensatz zu Metallen der mittlere Emissionsgrad mit der Temperatur ab. Bei Prozessen in Industrieöfen muss somit die Temperaturabhängigkeit des Emissionsgrades berücksichtigt werden. Bild 8-7a: Spektrale Emissionsgrade einiger Stähle 809 1 2 3 4 5 6 Bild 8-7b: Mittlere Emissionsgrade einiger Metalle 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Bild 8-8a: 100 Cr 6 poliert X 15 Cr Ni Si 25-20 poliert X 15 Cr Ni Si 25-20 Walzhaut 16 Mn Cr 5 nitrokaburiert 16 Mn Cr 5 oxidiert Inconel oxidiert Silika Schamotte Korund-Schamotte Mullit Zirkonmaterial Magnesit Chrommagnesit SiC-Material Kaolinleichtstein Spektrale Emissionsgrade einiger Keramiken (Bauer, Steinhardt 1990) 810 Bild 8-8b: Mittlere Emissionsgrade einiger Keramiken In Tabelle 1-2 wurden bereits Anhaltswerte von Emissionsgraden angegeben. Im Anhang sind Emissionsgrade weiterer Festkörper zusammengestellt. Alle nichtmetallischen Festkörper haben Emissionsgrade im Bereich 0,93 bis 0,99. Blanke Metalle haben Emissionsgrade kleiner als 0,1. Bei Metallen sind die Emissionsgrade sehr stark abhängig von der Oberflächenbeschaffenheit. Bei rauer, oxidierter oder angerosteter Oberfläche weisen die Emissionsgrade erheblich höhere Werte auf. Der Emissionsgrad von Festkörpern ist noch Abhängig von Richtung, aus der die Strahlung ausgeht oder auftrifft, siehe Bild 8-9. Die bisherigen Werte gelten für den Fall, dass die Strahlung senkrecht zum Körper steht. Bei metallischen Oberflächen bleibt im Allgemeinen der Emissionsgrad bis zu einem Winkel von etwa 40° zur Flächennormalen fast konstant, steigt dann für Winkel bis etwa 80° an und fällt schließlich bis zum Winkel von 90° steil auf null ab. Bei Oberflächen von Nichtmetallen ist typischerweise der Emissionsgrad bis etwa 60° nahezu konstant und fällt danach monoton auf null ab. Bild 8-9: Richtungsabhängigkeit des mittleren Emissiongrades (Schmidt et al. 1935 und Bauer et al. 1990) 811 8.2.3 Absorptionsmechanismus transparenter Körper Flüssigkeiten und einige Gase absorbieren auftreffende Strahlung erst in mehr oder weniger großen Schichtdicken. Die Intensität der Strahlung nimmt auf dem Weg durch den Körper dabei kontinuierlich ab, wie in Bild 8-10 veranschaulicht ist. Der Betrag der absorbierten Energie der eindringenden Strahlung ist proportional sowohl der Strahlungsintensität Iλ als auch der Anzahl der Atome und Moleküle, die von der Strahlung getroffen werden. Diese sind wiederum proportional zum Produkt aus Dichte ρ und Weg s. Damit ist der formelmäßige Zusammenhang der Intensitätsabnahme, der sogenannten Extinktion, eines Strahles in einem transparenten Medium gegeben dIλ = −aλ ⋅ Iλ ⋅ ρ ⋅ ds . (8-12) Bei Gasen wird die Dichte durch den Partialdruck der absorbierenden Gaskomponente ersetzt, worauf im entsprechenden Abschnitt noch eingegangen werden wird. Bild 8-10: Abnahme der Strahlungsintensität in einem transparenten Körper Der Index λ deutet darauf hin, dass diese Beziehung nur für eine bestimmte Wellenlänge (monochromatische Strahlung) gilt. Der als Extinktionskoeffizient bezeichnete Proportionalitätsfaktor aλ ist dabei nicht nur von der Art des absorbierenden Mediums, sondern zusätzlich von der Wellenlänge und der Temperatur abhängig. Durch Integration obiger Gleichung erhält man den Absorptionsgrad A λ einer Schicht der Dicke s bei der Wellenlänge λ ελ = A λ = Iλo − Iλ = 1 − exp(aλ ⋅ ρ ⋅ s ) Iλo (8-13) wobei Iλo die Intensität der (bei s = 0) auftreffenden Strahlung bedeutet. Diese Gleichung wird als Beersches Gesetz bezeichnet. Bei einer Wellenlänge absorbiert das transparente Medium gemäß dieser Gleichung nach einer sehr großen Schichtdicke nahezu die gesamte eindringende Strahlung. Für Wellenlängen, die nicht absorbiert werden, wie bei selektiven Gasstrahlern, ist stets aλ = 0 und damit auch ελ = 0 . 812 8.2.4 Äquivalente Schichtdicke transparenter Körper Die von einer Strahlungsquelle in ein transparentes Medium ausgesendete Strahlung geht in verschiedene Richtungen, wie in Bild 8-11 für einen rechteckigen Körper veranschaulicht ist. Dadurch legen die Strahlen je nach Richtung unterschiedliche Strecken zurück. Bild 8-11: Zur Bestimmung der äquivalenten Schichtdicke Lediglich in einer Halbkugel besitzen die von einer zentralen Quelle ausgehenden Strahlen dieselbe Länge, wie im rechten Teilbild angedeutet ist. Bei allen anderen Geometrien muss über die im Körper zurückgelegten Strecken der einzelnen Strahlen integriert werden. Eine solche gemittelte Strecke wird als äquivalente Schichtdicke säq bezeichnet. Sie gibt also den Radius einer Halbkugel wieder, die dasselbe Absorptionsvermögen besitzt wie der tatsächliche Körper. Für einige Geometrien sind äquivalente Schichtdicken in Tabelle 8-1 angegeben. Mit guter Näherung können diese für beliebige Körperformen aus der Gleichung säq = 0,9 ⋅ 4⋅V A (8-14) berechnet werden, wobei V das Volumen des Körpers und A die Fläche zwischen dem Körper und den mit ihm im Strahlungsaustausch stehenden Wänden bedeuten. Form des Gaskörpers unendlich ausgedehnte Platte Würfel Rechtkant a ⋅ b ⋅ c ( a < b < c ) unendlich langer Zylinder unendlich langer Zylinder mit halbkreisförmigem Querschnitt Kugel Tabelle 8-1: äquivalente Schichtdicke 1,76 ⋅ s 0,6 ⋅ a 0,9 ⋅ a 0,94 ⋅ d 0,6 ⋅ d 0,63 ⋅ d Äquivalente Schichtdicken einiger Gaskörper 8.2.5 Emission von Flüssigkeiten Zunächst wird auf die spektrale Absorption und damit Emission von Flüssigkeiten eingegangen. Im Bild 8-12 wird der spektrale Absorptionsgrad von flüssigem Wasser 813 gezeigt. Man erkennt daraus, dass die langwellige Wärmestrahlung bereits von Schichtdicken in mm-Bereich absorbiert wird. Sonnenstrahlung wird dagegen erst in Tiefen von einigen Metern absorbiert. Die Absorption ist im Spektralbereich 0,5 bis 0,55 µm, dem blau-grünen Bereich, besonders klein. Daher erscheint Wasser in größeren Tiefen als blau-grün. Bild 8-12: Spektraler Absorptionsgrad von flüssigem Wasser unterschiedlicher Schichtdicken Im Bild 8-13 ist der spektrale Transmissionsgrad von Fensterglas für verschiedene Schichtdicken dargestellt. Glas ist physikalisch gesehen eine nichterstarrte Flüssigkeit und hat daher ein ähnliches Strahlungsverhalten wie Wasser. Für Sonnenstrahlen ist Glas demnach nahezu durchlässig. Typisch für Gläser ist der steile Abfall des Transmissionsgrades an beiden Seiten des sichtbaren Bereiches. Langwellige Wärmestrahlung wird dadurch selbst bei dünnen Glasscheiben fast vollständig absorbiert. Das hat zur Folge, dass unter Glas liegende Körper von Sonnenstrahlen erwärmt werden, eine Wärmeabstrahlung dieser Körper durch das Glas bei niedrigeren Temperaturen jedoch behindert wird, worauf in einem gesonderten Abschnitt noch näher eingegangen werden wird. Die kurzwellige Strahlung wird von Glas ebenfalls absorbiert. Dadurch kann die Haut von Menschen hinter Glas von Sonnenstrahlung nicht braun und verbrannt werden. 814 Bild 8-13: Spektraler Transmissionsgrad von Fensterglas verschiedener Schichtdicken Glasfenster in Öfen, z. B. zur Beobachtung von Flammen und Schmelzen, müssen gegen die langwellige Wärmestrahlung isoliert werden. Dazu wird auf der Innenseite des Glases ein Metallfilm, meistens Gold, von wenigen Hundertstel µm aufgebracht. Diese Filme haben einen sehr hohen Reflexionsgrad (und isolieren daher gut) im infraroten Bereich. Im sichtbaren Bereich besitzen diese Metallfilme jedoch noch einen Transmissionsgrad von etwa 0,2, der für eine Beobachtung der Vorgänge im Inneren des Ofens ausreicht. 8.2.6 Emission von Gasen Während feste Körper Strahlung kontinuierlich über alle Wellenlängen abgeben, sind Gase im größten Teil des Spektrums für Wärmestrahlen durchlässig und senden in diesen Bereichen auch keine Strahlung aus. Sie strahlen nur in begrenzten Wellenlängenbereichen, den sogenannten Banden. Gasstrahlung kommt dadurch zustrande, dass bei Molekülzusammenstößen die einzelnen Atome eines Moleküls Schwingungen und Rotationen ausführen und dabei elektromagnetische Wellen aussenden, sofern sie freie elektrische Ladungen besitzen. Die Moleküle elementarer Gase z. B. H2, O2, N2, Ar sind aus gleichartigen Atomen ohne freie Ladungen aufgebaut. Sie emittieren und absorbieren infolgedessen auch keine Strahlung. Die technisch wichtigsten strahlenden Gase sind das Kohlendioxid und der Wasserdampf, die z. B. bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe entstehen. Die Strahlung anderer Gase, z. B. NOx, N2O, CO, SO2 sowie CH4 und weiterer Kohlenwasserstoffe, kann in den meisten technischen Fällen, etwa bei Verbrennungsprozessen, unberücksichtigt bleiben, da diese Gase dann entweder nur in sehr geringer Konzentration vorliegen oder wie z. B. die Kohlenwasserstoffe bei höheren Temperaturen zerfallen. In der Atmosphäre der Erde sind für die Wärmeabstrahlung neben H2O 815 und CO2 im Wesentlichen noch Methan (CH4) und Lachgas (N2O) von Bedeutung, worauf an späterer Stelle noch eingegangen wird. Bild 8-14: Emissionsspektrum von Kohlendioxid (durchgezogene Linie 5 cm Schichtdicke, gestrichelt 100 cm) und Wasserdampf (durchgezogene Linie 100 cm Schichtdicke, gestrichelt 32 cm) bei Umgebungstemperatur und Atmosphärendruck nach Eckert 1937 In Bild 8-14 ist das Absorptionsspektrum von Wasserdampf und Kohlendioxid dargestellt. Im sichtbaren Bereich ist die Absorption unbedeutend. Im Bereich von 4 bis 8 µm strahlt H2O nur innerhalb einzelner Banden. Für Wärmestrahlung oberhalb 15 µm besitzt Wasserdampf dagegen ein sehr hohes Absorptionsvermögen. Kohlendioxid besitzt 5 Absorptionsbanden. Dieses Gas besitzt erheblich weniger und engere Banden als H2O und absorbiert daher vergleichsweise weniger Strahlung. Für die technische Wärmestrahlung sind nur die beiden Banden 4,1 bis 4,45 µm und 12,9 bis 17,1 µm von Bedeutung. Im Bereich von 8 bis 12 µm absorbieren und emittieren weder Wasserdampf noch Kohlendioxid Strahlung. Diesen Bereich nennt man das atmosphärische Fenster. Die Wärmeabstrahlung der Erde in den Weltraum wird folglich in diesem Wellenlängenbereich nicht vom H2O und CO2 in der Atmosphäre beeinflusst, vorausgesetzt, der Himmel ist wolkenfrei. Die Wärmestrahlung der Erde wird daher von Satelliten gemessen, um aus der Gleichung Iλ = ελ ⋅ σ ⋅ TE4 (8-15) die Oberflächentemperatur TE der Erde zu bestimmen, wozu der örtliche Emissionsgrad der Erdoberfläche zu berücksichtigen ist. Die Absorption der in ein Gas eindringenden Strahlung hängt entsprechend dem Beerschen Gesetz von der Anzahl der Moleküle ab, die von der Strahlung getroffen werden. Die Dichte der maßgebenden Gaskomponenten wird durch deren Partialdruck pi gekennzeichnet. Das Absorptions- und Emissionsvermöglen hängt folglich vom Produkt aus Partialdruck und äquivalenter Schichtdicke ab 816 ελ = A λ = 1 − exp(− aλ ⋅ pi ⋅ s ) . (8-16) Da für Gase das Plancksche Strahlungsgesetzt (8-1) nicht gilt, ist der emittierte Wärmestrom auch nicht proportional T4 entsprechend dem Stefan-Boltzmann-Gesetz. Es ist für die Praxis jedoch vorteilhaft, auch die Gasstrahlung mit diesem Ansatz zu beschreiben, da diese in der Regel im Strahlungsaustausch mit Festkörpern steht. Die Abweichung von der T4-Abhängigkeit des Wärmestroms muss somit im Emissionsgrad berücksichtigt werden. Dadurch wird der Emissionsgrad temperaturabhängig. In diesem Fall wäre es physikalisch sinnvoller, vom Schwärzegrad anstatt vom Emissionsgrad zu sprechen, da die Strahlung des Gases lediglich mit der Strahlung eines schwarzen Körpers gleicher Temperatur verglichen wird. Für technische Berechnungen interessiert hauptsächlich über den gesamten Wellenlängenbereich ausgestrahlte Wärmestrom und damit ein über alle Wellenlängen gemittelter Emissionsgrad. Dieser wird wiederum aus Gleichung (8-11) berechnet. Das Gesamtintegral wird jedoch zweckmäßigerweise durch die Summe der Integrale über die strahlenden Banden ersetzt, da zwischen den Banden der Emissionsgrad verschwindend klein ist. εGi = 1 σ ⋅ T4 λk 2 ⋅ ∑∫ ελ i ⋅ Iλ ⋅ dλ . (8-17) k λ k1 Hierin sind λk1 und λk 2 die Grenzen der k-ten Bande für das Gs i. In den Bildern 8-15 und 8-16 sind solche Emissionsgrade von Kohlendioxid und Wasserdampf in Abhängigkeit von der Temperatur wiedergegeben. Parameter ist das Produkt aus der Schichtdicke und dem Partialdruck des Gases. Die Emissionsgrade nehmen mit steigender Temperatur ab, da dann die Intensitätsmaxima zu kleineren Wellenlängen hin verschoben werden und bei kleineren Wellenlängen entsprechend Bild 8-14 das Absorptions- und Emissionsvermögen schwächer als bei größeren Wellenlängen ist. Die in den Bildern aufgetragenen Emissionsgrade gelten für einen Gesamtdruck von 105 Pa und bei Wasserdampf zusätzlich für höhere Partialdrücke, wie diese z. B. bei Verbrennungsprozessen auftreten. Für abweichende Bedingungen existieren Korrekturwerte. Hierzu wird auf den VDI-Wärmeatlas verwiesen. 817 Bild 8-15: Emissionsgrad von Kohlendioxid nach Hottel, Egbert 1942 Bild 8-16: Emissionsgrad von Wasserdampf nach Hottel, Egbert 1942 Die Emissionsgrade der Bilder 8-15 und 8-16 lassen sich bei CO2 für Temperaturen oberhalb 1300 K und bei H2O für Temperaturen oberhalb 1000 K durch die Gleichung 818 ε = A ⋅ e−B⋅T (8-18) annähern. Die beiden Größen A und B sind vom Produkt p ⋅ s abhängig und können der Tabelle 8-2 entnommen werden. Für Temperaturen kleiner 1200 K bzw. 1000 K sei auf die Interpolationsformeln von … verwiesen. Gas CO2 A B 0,51⋅ (p ⋅ s) 0.26 2.0 ⋅ (p ⋅ s) 6,7 ⋅ 10 − 4 ⋅ (p ⋅ s ) −0,085 0,60 ⋅ (p ⋅ s ) 0,25 0.87 ⋅ (p ⋅ s) 5,3 ⋅ 10 − 4 ⋅ (p ⋅ s) −0,2 0.47 Tabelle 8-2: T in K > 1200 < 0,01 0.54 H2O p⋅s in bar⋅m > 0,01 > 0,1 < 0,1 > 1000 Näherungswerte zur Berechnung der Emissionsgrade von CO2 und H2O für p ⋅ s in bar ⋅ m Für Gasgemische ist zu berücksichtigen, dass sich die Strahlungsbanden der Gase teilweise überdecken. Bei einem Gemisch von CO2 und H2O berechnet sich der Gesamtabsorptionsgrad entsprechend Gleichung (8-13) ( ) ε = 1 − exp − aλCO 2 ⋅ pCO 2 ⋅ s − aλH2O ⋅ pH2O ⋅ s . (8-19) Für das Gemisch ergeben sich heraus unter Vernachlässigung Produkte höherer Ordnung ελ = ελCO2 + ελH2O − ελCO2 ⋅ ελH2O . (8-20) Diese Gleichung kann näherungsweise auch für die mittleren Emissionsgrade verendet werden ε = εCO2 + εH2O − εCO 2 ⋅ εH2O . (8-21) In Bild 8-17 ist als Beispiel der Emissionsgrad eines Gemisches aus H2O und CO2 gezeigt, wie dieses im Verbrennungsgas von Erdgas auftritt. Die Konzentration von H2O ist hier etwa doppelt so hoch wie die von CO2. Unter stöchiometrischen Bedingungen beträgt die Konzentration von H2O 20 % und die CO2 10 %. Bei einer Strahlungslänge von 1 m liegen demnach die Emissionsgrade nur im Bereich von 0,1 bis 0,3. Jedes strahlungsfähiges Gas besitzt charakteristische Wellenlängen, bei der es Strahlung absorbieren und entsprechend emittieren kann. In Bild 8-18 sind diese Wellenlängen einiger Gase dargestellt. 819 Bild 8-17: Emissionsgrade eines Verbrennungsgases von Erdgas 1 Absorptionsgrad CO2 CO2 SO2 0.75 0.5 N2 O 0.25 CO NO NO2 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Wellenlänge λ in μm Bild 8-18: Charakteristische Strahlungsbanden einiger Gase Diesen Effekt macht man sich zur Messung der Konzentration dieser Komponente in einem Gasgemisch zu Nutze. Entsprechend Bild 8-10 wird monochromatische Strahlung durch eine Gasprobe geschickt. Aus dieser wird dann mit Gleichung (813) der Partialdruck bei bekanntem Strahlungsweg ermittelt werden. Die Strahlungsbanden des Wasserdampfes überdecken sich mit denen fast aller anderen Gase. Daher muss die Gasprobe vor der Messung gekühlt werden, damit der Wasserdampf auskondensiert und entfernt werden kann. Die ermittelten Konzentrationen gelten daher stets für das trockene Gas, was durch einen Zusatz (in der Regel tr) gekennzeichnet wird. 820 Zum Abschluss dieses Abschnittes über Gasstrahlung soll noch erwähnt werden, dass das Gas Ozon O3 Strahlung im kurzwelligen sichtbaren UV-Bereich absorbieren kann. In den oberen Schichten der Atmosphäre wird daher vom Ozon der kurzwellige Anteil der Sonnenstrahlung absorbiert. Als Folge davon erscheint für das menschliche Auge das Weltall (Himmel) blau. Anderenfalls würde der Himmel wie auf dem Mond schwarz sein. 8.2.7 Emission von Ruß und Staub Ruß und Staub vermögen die Strahlung heißer Gase erheblich zu erhöhen. Ruß tritt im Wesentlichen innerhalb leuchtender Flammen auf, während Staub auch über den ganzen Feuerraum verteilt vorliegen kann. Die Strahlung dieser dispergierten feinen Festkörper ist in den vorherigen Beziehungen der Gasstrahlung nicht enthalten und muss daher gesondert berücksichtigt werden. Zunächst wird die Rußstrahlung behandelt. Flüssige und feste Brennstoffe, wie Öl, Steinkohle, Braunkohle und Holz sowie zahlreiche gasförmige Kohlenwasserstoffe, verbrennen mit einer leuchtenden Flamme. Das gelbliche bis rote Leuchten solcher Flammen wird von glühenden Ruß- und Ascheteilchen erzeugt. Ein bläuliches Leuchten von Flammen beobachtet man in der Regel nur bei einigen gasförmigen Brennstoffen (z. B. Erdgas). Dieses Leuchten, das als Chemilumineszenz bezeichnet wird, entsteht durch chemische Reaktionen zwischen den gasförmigen Komponenten. Die Wärmestrahlung durch Chemilumineszenz ist vernachlässigbar. Je nach Brennstoffart weisen die Teilchen in einer leuchtenden Flamme eine Größe zwischen 0,01 und 250 µm auf. Die Zahl dieser Partikel ist bisweilen außerordentlich groß, so dass die Gesamtstrahlung dieser Feststoffteilchen ein Mehrfaches der reinen Gasstrahlung betragen kann. Da es sich hierbei um Festkörperstrahlung handelt, ist das Emissionsspektrum der leuchtenden Strahlung ausgeglichener als das Bandenspektrum der Gase. Die Emission und Absorption leuchtender Flammen ist von der Anzahl der Teilchen und damit wie bei der Gasstrahlung von der Schichtdicke des Flammenkörpers abhängig. An die Stelle des Produktes aus Partialdruck und Schichtdicke tritt in diesem Fall das Produkt aus der Konzentration ξ an glühenden Teilchen und der Schichtdicke s. Der Emissionsgrad bei ausschließlicher Flammenstrahlung ist demnach εr = 1 − exp ( −ar ⋅ ξ ⋅ s ) , (8-22) wobei ar wiederum ein Extinktionskoeffizient ist, der von den Eigenschaften der Teilchen und damit vom Brennstoff sowie gegebenenfalls von der Verbrennungsführung abhängt. Die Konzentration der Teilchen kann innerhalb der Flamme sehr unterschiedlich sein. Sie muss deshalb für die verschiedenen Flammen experimentell ermittelt werden. Im Schrifttum sind für viele Anwendungsfälle Emissionsgrade leuchtender Flammen angegeben. Im Bild 8-19 ist beispielhaft der Emissionsgrad einer leuchtenden Flamme als Funktion des Produktes aus Schichtdicke und Konzentration der Rußteilchen für einige Temperaturen dargestellt. 821 Bild 8-19: Emissionsgrade von Rußwolken nach Johnson, Beer 1973 In leuchtenden Flammen ist zusätzlich die zuvor behandelte Gasstrahlung zu berücksichtigen. Mit der Annahme, dass sowohl das Gas als auch der Ruß grau strahlen, wird der Emissionsgrad der Gesamtstrahlung durch die Gleichung ( ) εg+r = 1 − exp[ − ag ⋅ p + ar ⋅ ξ ⋅ s] (8-23) mit einem mittleren Extinktionskoeffizienten ag für die Gasstrahlung wiedergegeben. Hieraus ergibt sich εg+r = εg + εr − εg ⋅ εr , (8-24) wobei für εg der Emissionsgrad des Gases einzusetzen ist. Die Strahlung staubhaltiger Gase kann mit ⎛ 3 ast ⎞ ε st = 1 − exp ⎜ − ⋅ ⋅ ξ ⋅ s⎟ ⎜ 2 ρ ⋅d ⎟ st p ⎝ ⎠ (8-25) berechnet werden. Hierin sind ast ein Extinktionskoeffizient, dp der Durchmesser des Staubpartikels, ρst dessen Dichte, s die äquivalente Schichtdicke und ξ die Konzentration oder Beladung des Staubes in kg/m3. Es ist zu beachten, dass für die Beladung das Volumen im Betriebszustand maßgebend ist. Die Werte für ast liegen für die meisten mineralischen Stäube in Berich 0,15 bis 0,4 (siehe VDI-Wärmeatlas). Der Extinktionskoeffizient hängt von der Art des Staubes ab und ist in weiten Bereichen temperaturunabhängig. Im Bild 8-20 ist für ein Beispiel der Emissionsgrad von Staub in Abhängigkeit vom Produkt aus Schichtdicke und Beladung mit der spezifi- 822 schen Oberfläche als Parameter dargestellt. In Kohlefeuerungen z. B. liegt die spezifische Oberfläche des Staubes je nach Kohleherkunft zwischen 9 und 40 m2/kg, wobei sich die meisten dieser Stäube um die Werte von 20 m2/kg gruppieren. Bild 8-20: Emissionsgrade staubbeladener Gase Für die Überlagerung der Staub- und der Gasstrahlung gelten die Gleichungen (821) und (8-24) analog. Beispiel 8.1: Solarkonstante An der äußeren Hülle der Erdatmosphäre wird eine Wärmestromdichte der Sonne von qs0 = 1365 ± 5 W / m2 gemessen. Dieser Werte wird als Solarkonstante bezeichnet. Wie hoch ist die Temperatur einer schwarzen Oberfläche, die diese Wärmestromdichte abstrahlt? Bei schwarzer Strahlung aus Gleichung (8-6) ergibt sich 1/4 ⎛q ⎞ T = ⎜ so ⎟ ⎝ σ ⎠ 1/4 ⎛ 1365 ⎞ =⎜ −8 ⎟ ⎝ 5,67 ⋅ 10 ⎠ = 394K = 121°C . Dies ist etwa die maximale Temperatur, die auf dem Mond gemessen wurde. Beispiel 8.2: a) Emissionsgrad der unteren Atmosphäre Man schätze den Emissionsgrad der Atmosphäre zwischen der Erdoberfläche und den Wolken ab. Dieser beeinflusst die Oberflächentemperatur, worauf an späterer Stelle noch eingegangen werden wird. Dazu soll von einer mittleren 823 Höhe der Wolken von 3 km, einer mittleren Luftfeuchtigkeit von 1 % und einer CO2-Konzentration von 380 ppm ausgegangen werden. Lösung: Die Wolken und die Erdoberfläche können für die Strahlung gut als parallele Platten angesehen werden. Damit ergibt sich nach Tabelle 8-1 als äquivalente Schichtdicke sä = 1,8 ⋅ 3 km. Mit dem mittleren Druck zwischen 0 und 3 km von 0,98 bar folgt pH2O ⋅ sä = 0,95bar ⋅ 0,01⋅ 1,8 ⋅ 3km = 54bar ⋅ m . Damit lässt sich aus Bild 8-16 bei T= 370 K ein Emissionsgrad von etwa εH2O ≈ 0,85 abschätzen. Für CO2 folgt pCO2 ⋅ sa = 0,95bar ⋅ 380 ⋅ 10 −6 ⋅ 1,8 ⋅ 3km = 2bar ⋅ m . Damit kann aus Bild 8-15 bei T = 300 K ein Emissionsgrad von etwa εCO2 ≈ 0,2 abgeschätzt werden. Der Gesamtemisionsgrad beträgt nach Gleichung (8-21) ε = 0,85 + 0,2 − 0,85 ⋅ 0,2 = 0,88 . b) Wie würde sich der Emissionsgrad verändern, falls der CO2-Gehalt der Atmosphäre zukünftig auf das Doppelte ansteigt? Lösung: Partialdruck mal Schickdicke für CO2 wäre dann 4bar ⋅ m . Hierfür list man einen Emissionsgrad des CO2 von etwa 0,25 ab. Der Gesamtemissionsgrad beträgt dann ε = 0,85 + 0,25 − 0,85 ⋅ 0,25 = 0,89 . Der Emissionsgrad der Atmosphäre unter den Wolken wird also vom Wasserdampf dominiert und wird daher mit einem CO2Anstieg nur unwesentlich beeinflusst. c) Wie hoch ist der Emissionsgrad der Atmosphäre oberhalb der Wolken und wie wirkt sich hier eine Verdopplung des CO2-Gehales aus? Lösung: Über den Wolken ist der Wasserdampf weitestgehend auskondensiert. Die Absorption und Emission wird daher vom CO2 dominiert. Zur Bestimmung des Produktes aus Partialdruck und Schichtdicke muss beachtet werden, dass zwar die Konzentration c CO2 mit der Höhe konstant bleibt, der Gesamtdruck jedoch abnimmt. Diese Abnehme des Gesamtdrucks kann durch die Barometrische Höhengleichung ⎛ ⎞ z p ( z ) = p0 ⋅ exp ⎜ − ⎟ ⋅ bar ⎝ 7700m ⎠ berechnet werden, wobei p0 der Druck auf der Erdoberfläche ist (1 bar). Das Produkt kann somit durch 824 ∞ pCO2 ⋅ sä = ∫c CO2 zw ⎛ ⎞ ⎛ z zw ⎞ ⋅ p0 ⋅ exp ⎜ − ⎟ ⋅ dz = c CO2 ⋅ p0 ⋅ 7700m ⋅ exp ⎜ − ⎟ ⎝ 7700m ⎠ ⎝ 7700m ⎠ angenähert werden, wobei zw die Höhe der Wolken ist. Für eine Wolkenhöhe von 3 km erhält man ⎛ 3000 ⎞ pCO2 ⋅ sa = 380 ⋅ 10 −6 ⋅ 7700m ⋅ bar ⋅ exp ⎜ − ⎟ = 1,9bar ⋅ m . ⎝ 7700 ⎠ Damit folgt aus Bild 8-15 εCO ≈ 0,21. 2 Der zukünftige Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre wirkt sich also auf deren Emissionsgrad oberhalb der Wolken aus. Bei einer Verdoppelung des CO2Gehaltes wird sich der Emissionsgrad auf etwa εCO ≈ 0,28 erhöhen. Die Auswir2 kung auf die Temperatur der Erdoberfläche wird an späterer Stelle diskutiert. Beispiel 8-3: Emissionsgrad Rollenofen Der in Skizze 8.1 gezeigte Rollenofen wird seitlich mit Hochgeschwindigkeitsbrennern beheizt. Die Ofenatmosphäre kann somit als gut durchmischt angesehen werden. Zur Wärmeerzeugung wird Erdgas mit einer Luftzahl von 1,1 verbrannt. Welchen Emissionsgrad hat die Ofenatmosphäre bei 1200 °C und in der Hochtemperaturzone von 1600 °C? Skizze 8.1: Gasstrahlung in einem Rollenofen Lösung: Bei der Verbrennung von Erdgas mit einer Luftzahl von 1,1 ergibt sich ein Verbrennungsgas mit 18 % H2O und 9 % CO2, wozu auf Bücher der Verbrennungstechnik verwiesen wird. Der Rest ist N2 und O2, die nicht strahlen. Als äquivalente Schichtdicke erhält man aus Gleichung (8-14) mit L als Ofenlänge 825 säq = 0,9 ⋅ 4 ⋅H⋅B ⋅L H⋅B 4 ⋅ 1,5 = 1,8 ⋅ = 1,8 ⋅ ≈ 2m . 2 ⋅ (H + B ) ⋅ L H+B 5,5 Damit folgt aus Tabelle 8-2 A CO2 = 0,51⋅ ( 0,09 ⋅ 2 ) 0,26 A H2O = 0,60 ⋅ ( 0,18 ⋅ 2 ) 0,25 = 0,33 BCO2 = 6,7 ⋅ 10 −4 ⋅ ( 0,09 ⋅ 2 ) = 0,46 BH2O = 5,3 ⋅ 10 −4 ⋅ ( 0,18 ⋅ 2 ) −0,085 −0,2 = 7,8 ⋅ 10 −4 = 6,5 ⋅ 10 −4 und aus Gleichung (8-18) mit T in Kelvin εCO2 (1200°C ) = 0,11 εH2O (1200°C ) = 0,18 εCO2 (1600°C ) = 0,077 εH2O (1600°C ) = 0,14 und schließlich aus Gleichung (8-21) ε (1200°C ) = 0,27 Beispiel 8-4: ε (1600°C ) = 0,21 . Staubstrahlung Vom Abgas eines Drehrohrofens werden in der Filteranlage c0 = 15 g Staub pro Kubikmeter Abgas (Normzustand) abgeschieden. Der Staub hat eine mittlere Partikelgröße von 0,7 µm und eine Rohdichte von 1,7 g/cm3. Wie hoch ist der Emissionsgrad des Staubes im Drehrohrofen von 5 m Durchmesser bei einer Temperatur von 1200 °C ? Lösung: Die Konzentration im Betriebszustand bei der Temperatur T beträgt c = c0 ⋅ T . T Die äquivalente Schichtdicke beträgt nach Tabelle 8-1 0,94 ⋅ 5m . Damit folgt als Produkt aus Konzentration und Schichtdicke c ⋅ sä = 15 g 273 ⋅ ⋅ 0,94 ⋅ 5m = 0,012 . m3 1473 Die spezifische Oberfläche des Staubes kann mit der einer Kugel mit dem mittleren Staubdurchmesser angenähert werden a= 6 1 6 1cm3 m2 ⋅ = ⋅ =5 . d ρ 0,7µm 1,7 g g Damit liest man aus Bild 8-20 einen Wert von ε = 0,08 ab. 826 8.3 Sichtfaktoren Die von einem Körper emittierte Strahlung hängt von der Richtung ab. Senkrecht zur Oberfläche wird die höchst Wärmestromdichte abgegeben. Die unter dem Winkel ψ zur Flächennormalen ausgesendete Wärmestromdichte nimmt proportional zum Kosinus dieses Winkels ab qψ = qn ⋅ cos ψ , (8-26) wie in Bild 8-21 veranschaulicht ist. Dieser Zusammenhang wird als Lambertsches Richtungsgesetz bezeichnet. Bild 8-21: Zum Lambertschen Richtungsgesetz Dabei ist qn die Wärmestromdichte in Richtung der Flächennormalen und qψ die Wärmestromdichte unter dem Winkel ψ zur Flächennormalen. Die Spitzen der Pfeile, die die Richtung und die Größe der Wärmestromdichten angeben, liegen auf einem Kreis (Thaleskreis 4 ). Strahlen technische Oberflächen nicht diffus, ist das Lambertsche Kosinusgesetz für sie im allgemeinen nicht anwendbar. Insbesondere bei spiegelnden Körpern verlässt der gespiegelt reflektierte Strahl die Oberfläche wieder als scharf abgegrenzter Strahl, und zwar unter demselben Winkel gegen die Flächennormal, in dem er die Oberfläche getroffen hat. Im Folgenden wird die gesamte, von einem Flächenelement ΔA s in die umgebende Hemisphäre ausgestrahlte Wärme berechnet (siehe Bild 8-22). Dazu summiert (integriert) man die in jeden Raumwinkel strahlenden Anteile der Wärmestromdichte auf. Entsprechend der Definition eines ebenen Winkels α in Bogenmaß als das Verhältnis α = b / r kann ein Raumwinkel dΩ durch das Verhältnis dΩ = dA / r 2 definiert werden, wobei dA das Flächenstück ist, welches durch den Raumwinkel dΩ aus der Kugeloberfläche ausgeschnitten wird, und r den Kugelradius darstellt. Nach Bild 8-22 gilt für das Oberflächenelement dA die Beziehung dA = (r ⋅ sin ψ ⋅ dϕ) ⋅ (r ⋅ dψ ) und somit 4 Thales von Milet (um 650 – um 560 v. Chr.), griechischer Naturphilosoph (8-27) 827 q = ∫ qψ ⋅ dΩ = H Bild 8-22: 1 r2 ∫ qψ ⋅ dA = qn ⋅ A π / 2 2π ∫ ∫ cos ψ ⋅ sin ψ ⋅ dψ ⋅ dϕ = π ⋅ qn . (8-28) ψ =0 ϕ=0 Zur hemisphärischen Ausstrahlung eines schwarzen Flächenelementes In den gesamten Halbraum H strahlt ein Flächenelement ΔA s das π -fache dessen aus, was es senkrecht zu seiner Oberfläche abgibt q = π ⋅ qn . (8-29) Diese Beziehung ist wichtig für die Ausführung von Strahlungsmessungen. Das Lambertsche Richtungsgesetz und damit auch Gleichung (8-29) gelten streng nur für homogene diffuse Strahlung. Diese Eigenschaft ist beispielsweise bei blanken Metallflächen wegen starker Polarisation nicht immer füllt. Mit Gleichung (8-10) kann nur die Wärmeabstrahlung eines Körpers an eine Umgebung mit der Temperatur 0 K berechnet werden. In der Regel tauschen jedoch mindestens zwei Körper miteinander Wärme aus. Dabei strahlt nicht nur der wärmere auf den kälteren Körper, sondern auch der kältere auf den wärmeren. Ein Körper strahlt über seine Oberfläche A1 in alle Richtungen des Halbraumes den Wärmestrom dQ1 = ε1 ⋅ σ ⋅ T14 ⋅ dA1 . (8-30) Steht diesem Körper ein zweiter beliebig im Raum gegenüber (Bild 8-23), so fällt auf dessen Oberfläche A2 nur der Anteil ϕ12 . Von A1 wird also der Wärmestrom 828 (8-31) dQ1→2 = ϕ12 ⋅ dQ1 . auf A2 gestrahlt. Bild 8-23: Strahlungsaustausch zwischen zwei Flächen Die Verbindungslinie mit der Länge s der beiden Flächenelemente bildet hierbei mit der jeweiligen Flächennormalen die Winkel ψ1 bzw. ψ 2 . Bei Gültigkeit des Lambertschen Richtungsgesetzes folgt wegen q1→2 = q1 ⋅ cos ψ1 / π für diesen rein geometrieabhängigen Anteil die Beziehung ϕ12 ⋅ A1 = 1 cos ψ1 ⋅ cos ψ 2 ⋅ dA 2 ⋅ dA1 . ∫ ∫ πAA s2 1 (8-32) 2 Entsprechend ist der von der Fläche A2 auf A1 gestrahlte Wärmestrom (8-33) Q2→1 = ϕ21 ⋅ ε 2 ⋅ σ ⋅ T24 ⋅ A 2 , und es gilt ϕ21 ⋅ A 2 = 1 π A∫ 2 ∫ A1 cos ψ 2 ⋅ cos ψ1 s2 ⋅ dA1 ⋅ dA 2 , (8-34) woraus die Umkehrbeziehung ϕ12 ⋅ A1 = ϕ21 ⋅ A 2 (8-35) folgt. Die Größe ϕ12 wird Sichtfaktor (englisch: view factor) oder Einstrahlzahl (älterer Begriff) genannt. Da sie den Strahlungsanteil wiedergibt, der von der Gesamtstrahlung eines Körpers auf einen zweiten fällt, gilt stets: 0 ≤ ϕ12 ≤ 1. Der größtmögliche Wert (8-36) 829 ϕ12 = 1 (8-37) liegt vor, wenn die Gesamtstrahlung des Körpers 1 in vollem Umfang auf den Körper 2 trifft, wie es z. B. bei sehr großen parallelen Flächen der Fall ist oder bei sich umhüllenden Körpern, wenn 1 der innere und 2 der äußere ist. Bei einer konvexen Fläche 1, die also nicht direkt auf sich selbst strahlt (anschaulich ausgedrückt: Kein Flächenteil kann einen anderen Teil derselben Flächen sehen.), gilt die Reflexivitätsbeziehung ϕ11 = 0 . (8-38) Im Folgenden werden einige Beispiel von Einstrahlzahlen angegeben. In Bild 8-24a ist der Fall dargestellt, dass eine kleine Fläche ΔA1 mit einer viel größeren Kreisfläche im Strahlungsaustausch steht. Als Einstrahlzahl hierfür ergibt sich ϕ12 = B= 1 1 + B2 − R 2 − 2 2 B4 + 2B2 1 − R2 + 1 + R 2 ( ) ( (8-39) ) 2 . b r ; R= a a Die Werte sind in Bild 8-24b gezeigt. Je geringer die Auslenkung b ist und je größer die Scheibe wird, desto stärker nähert sich die Einstrahlzahl dem Wert 1 an. Bild 8-24a: Strahlungsaustausch zwischen einem kleinen Flächenelement und einer parallelen Kreisscheibe 830 Bild 8-24b: Einstrahlzahlen zur Geometrie 8-24a In Bild 8-25a ist der Fall gezeigt, dass ein kleine Fläche ΔA1 mit einem Rechteck im Strahlungsaustausch steht, wobei eine Ecke des Rechtecks senkrecht auf ΔA1 steht. Hierfür gilt 1 ⎛ B C C B ⎞ arctan arctan + ⎜ ⎟ 2π ⎝ 1 + B 2 1 + B2 1 + C2 1 + C2 ⎠ . b c B= ; C= a a ϕ12 = Bild 8-25a: (8-40) Strahlungsaustausch zwischen einem Flächenelement und einer Rechteckscheibe, deren Ecke die Mittelsenkrechte bildet 831 Bild 8-25b: Einstrahlzahlen zur Geometrie 8-25a In den Bildern 8-26 sind zwei parallele Rechteckflächen mit den zugehörigen Einstrahlzahlen dargestellt mit dem Sonderfall sehr langer Flächen. Bild 8-26: Strahlungsaustausch zwischen zwei parallelen, gegenüberliegenden und gleich großen Rechteckflächen 832 ( )( ) 1 + B 2 1 + C2 1⎡ 1 2 2 2 ⎢ ln 1 + C2 ϕ12 = − arctanC − arctanB + 2 2 1+ B + C B C C π ⎢ BC ⎣ arctan B 1 + C2 + 2 C ⎤ 1 + B2 arctan ⎥ B 1 + B2 ⎦ (8-41) b c B= ; C= a a Hieraus folgt für den Sonderfall c = ∞ 1 + B2 − 1 ϕ12 ( c = ∞ ) = B (8-42) r r R1 = 1 , R2 = 2 a a 1 ϕ12 ( r1 = r2 ) = ⋅ 1 + 2R2 − 1 + 4R2 2 2R (8-43) ( Bild 8-27: ) Strahlungsaustausch zwischen zwei parallelen auf einer Achse liegenden Kreisscheiben 833 A= r2 s , B= r1 r1 c = 1+ A + B Bild 8-28: Beispiel 8-5: Strahlungsaustausch zwischen zwei parallelen Zylindern Normale Strahlung einer Kugel Eine Kugel mit einheitlicher Oberflächentemperatur strahlt entsprechend der Skizze in alle Richtungen. Wie groß ist die Wärmestromdichte, die senkrecht auf eine ebene Wand trifft? 834 Skizze 8.2: Strahlung einer Kugel auf eine Wand Lösung: Der Wärmestrom der Kugel, der in Richtung der Wand abgestrahlt wird, beträgt entsprechend dem Lambertschen Gesetz, Gleichung (8-26) Qn = ∫ ε ⋅ σ ⋅ T 4 ⋅ cos ψ ⋅ dA , A wobei dA das infinitesimale Oberflächenelement der Halbkugel ist. Mit dieser Fläche gemäß Gleichung (8-27) folgt 2 π π /2 Qn = ε ⋅ σ ⋅ T ⋅ ∫ 4 0 ∫r 2 ⋅ cos ψ ⋅ sin ψ ⋅ dϕ ⋅ dψ , 0 wobei der Umfangswinkel ϕ (Längengrad) von 0° bis 360° und der Winkel zur Normalen ψ (Breitengrad) von 0° bis 90° verläuft. Mit ∫ cos ψ ⋅ sin ψ ⋅ dψ = 1 2 sin ψ 2 erhält man Qn = π ⋅ r 2 ⋅ ε ⋅ σ ⋅ T 4 = π 2 ⋅ D ⋅ ε ⋅ σ ⋅ T4 . 4 Der Wärmestrom in senkrechter Richtung auf die Wand ist also gleich dem Wärmestrom, den eine Scheibe abgibt. Die Abnahme der Wärmestromdichte mit ψ entsprechend dem Lambertschen Gesetz wird also ausgeglichen durch eine Zunahme der Fläche. Beispiel 8-6: Sonnentemperatur An der äußeren Hülle der Erdatmosphäre wird eine mittlere Wärmestromdichte der Sonnenstrahlung von 1365 ± 5 W / m2 gemessen. Man bestimme die Oberflächentemperatur der Sonne. Der Durchmesser von der Erde und der Sonne sowie deren mittlerer Abstand sind in der Skizze 8.3 angegeben. 835 Lösung: Sonne und Erde stehen im Strahlungsaustausch wie zwei parallele Scheiben, wie im vorherigen Beispiel gezeigt wurde. Für die Strahlung der Sonne zur Erde gilt nach Gleichung (8-33) 4 QSo→E = ϕSo→E ⋅ εSo ⋅ σ ⋅ TSo ⋅ A So mit der Einstrahlzahl nach Gleichung (8-34) und ψ1 = ψ 2 = 0 (Scheibe) ϕSo −E ⋅ A So = 1 1 ⋅ ⋅ A E ⋅ A So . π s2 Hieraus ergibt sich für die Wärmestromdichte zur Erde q= 4 QSo→E εSo ⋅ σ ⋅ TSo π = ⋅ ⋅ D2so 2 AE π⋅s 4 Und damit für die Oberflächentemperatur der Sonne (schwarze Strahlung mit εSo = 1) 1/4 ⎛ q ⋅ 4 ⋅ s2 ⎞ TSo = ⎜ 2 ⎟ ⎝ εSo ⋅ σ ⋅ DSo ⎠ Skizze 8.3: 1/4 ⎛ 1365 ⋅ 4 ⋅ 1502 ⋅ 1018 ⎞ =⎜ 2 18 ⎟ −8 ⎝ 1⋅ 5,67 ⋅ 10 ⋅ 1,392 ⋅ 10 ⎠ = 5783 K . Geometrische Daten der Sonnenstrahlung zur Erde 836 Beispiel 8-6: Skizze 8.4: Wandstrahlung auf eine Person Strahlung eines Drehrohrofens auf eine Person Eine Person nähert sich einem Drehrohrofen auf a = 10 m. Der Ofen hat einen Außendurchmesser von 6 m und eine Oberflächentemperatur von 550 °C. Der Emissionsgrad des angerosteten Stahlmantels kann mit 0,7 abgeschätzt werden. a) Wie hoch ist die Wärmestromdichte auf die Person? Lösung: Der Ofen gibt senkrechte Strahlung auf die Person ab wie eine Platte der Höhe 6 m. Der Ofen bzw. die Platte kann als unendlich lang angesehen werden. Die Person wird vereinfachend als Platte mit einer Höhe von h = 1,8 m und einer Breite von b = 0,4 m angenähert. Beispiel 8-7: Hand über Herdplatte Über eine glühende Herdplatte von 800 °C und 180 mm Durchmesser wird eine Hand im Abstand von 30 cm gehalten. a) Welchen Wert hat die Einstrahlzahl und wie hoch ist die Wärmestromdichte? Lösung: Die Hand wird näherungsweise ebenfalls als Scheibe angenommen, und zwar mit einem mittleren Durchmesser von 10 cm. 837 8.4 Strahlungsaustausch 8.4.1 Berechnungsmethode Strahlt ein Körper 1 Wärme auf einen Körper 2, so wird von diesem nur ein Teil des Wärmestroms absorbiert, der Rest wird reflektiert. Von diesem reflektierten Anteil absorbiert der Körper 1 wiederum nur einen Teil, der andere Teil wird entsprechend reflektiert, usw. Der Körper 2 strahlt auf Grund dessen Eigentemperatur Wärme auf den Körper 1, der von diesem Wärmestrom entsprechend seinem Absorptionsgrad nur einen Teil absorbiert, der andere Teil wird wiederum reflektiert. Um diesen gesamten Strahlungsaustausch zu berechnen, werden folgende Begriffe eingeführt. Die Eigenemission E ist der Wärmestrom, den ein Körper gemäß dem Planckschen Gesetz auf Grund seiner Temperatur und seines Emissionsgrades abgibt E = A ⋅ ε ⋅ σ ⋅ T4 . (8.4-1) Die Bestrahlung B ist die Gesamtheit aller auftreffenden Strahlungsenergieströme. Die Helligkeit H ist die Summe sämtlicher vom Körper ausgehenden Energieströme. Bild 8.4-1: H = E + ρ ⋅B , Strahlungsaustausch von mehreren Flächen (8.4-2) wobei hier mit ρ der Reflexionsgrad bezeichnet wird. Für den übertragenen Wärmestrom gilt dann Q = H−B . (8.4-3) Im Strahlungsaustausch stehen stets mehrere Wände, wie mit Bild 8.4-1 erläutert wird. Die Eigenemission der Fläche Ai beträgt 838 Ei = A i ⋅ εi ⋅ σ ⋅ Ti4 . (8.4-4) Die Fläche wird durch die Helligkeiten aller anderen Flächen N bestrahlt, die mit der Fläche Ai die Einstrahlzahlen ϕki besitzen. Für die Bestrahlung gilt folglich N Bi = ∑ Hk ⋅ ϕki . (8.4-5) k =1 Für die Helligkeit ergibt sich damit N Hi = Ei + ρi ⋅ ∑ Hk ⋅ ϕki . (8.4-6) k =1 Zur weiteren Berechnung werden die auf die Fläche Ai bezogenen Stromdichten qi = Q1 E H B , ei = i , hi = i , bi = i Ai Ai Ai Ai (8.4-7) eingeführt. Mit der Umkehrbeziehung (8-35) A i ⋅ ϕik = A k ⋅ ϕki (8.4-8) ergibt sich dann aus Gleichung (8.4-6) N hi − ρi ⋅ ∑ hk ⋅ ϕik = ei . (8.4-9) k =1 Diese Gleichung dient zur Bestimmung der Helligkeiten. Sie lautet ausgeschrieben − ρ1 ⋅ ϕ12 ⋅ h 2 + … − ρ1 ⋅ ϕ1N ⋅ h N = e1 (1 − ρ1 ⋅ ϕ11) ⋅ h1 − ρ2 ⋅ ϕ21 ⋅ h1 + (1 − ρ2 ⋅ ϕ22 ) ⋅ h 2 + − ρ2 ⋅ ϕ2N ⋅ h N = e2 ........................ .................................... ....................................... − ρ N ⋅ ϕ N1 ⋅ h1 − ρ N ⋅ ϕ N2 ⋅ h 2 + … + (1 − ρ N ⋅ ϕ NN ) ⋅ h N = e N (8.4-10) und entsprechend in Matrizenschreibweise R ⋅h = e (8.4-11) mit ⎛1 − ρ1 ⋅ ϕ11 −ρ1 ⋅ ϕ12 ⎜ −ρ ⋅ ϕ 1 − ρ2 ⋅ ϕ22 R = ⎜⎜ 2 21 ⎜⎜ ⎝ −ρ N ⋅ ϕ N1 −ρ N ⋅ ϕ N2 −ρ1 ⋅ ϕ1N ⎞ ⎟ −ρ2 ⋅ ϕ2N ⎟ , ⎟ ⎟ 1 − ρ N ⋅ ϕ NN ⎟⎠ ⎛ h1 ⎞ ⎜ ⎟ h h = ⎜⎜ 2 ⎟⎟ , ⎜⎜ ⎟⎟ ⎝ hN ⎠ ⎛ e1 ⎞ ⎜ ⎟ e e = ⎜⎜ 2 ⎟⎟ . (8.4-12) ⎜⎜ ⎟⎟ ⎝ eN ⎠ 839 Die Lösung ist h = R −1 ⋅ e . (8.4-13) Die inverse Matrix R-1 lässt sich nach den Regeln der Matrixalgebra berechnen. Hierzu existieren kommerzielle Programmsysteme. Damit sind sämtliche Helligkeitsdichten hi bestimmbar in Abhängigkeit der einzelnen Einstrahlzahlen, Emissionsgrade (Reflexionsgrade) und Temperaturen. Mit den Helligkeitsdichten kann aus Gleichung (8.4-5) die Bestrahlungsdichte ermittelt werden N bi = ∑ hk ⋅ ϕik . (8.4-14) k =1 Für die an der Fläche Ai übertragene Wärmestromdichte gilt nach Gleichung (8.4-3) qi = hi − bi . (8.4-15) Wird die Bestrahlungsdichte entsprechend Gleichung (8.4-2) hi = ei + ρi ⋅ bi (8.4-16) in die obige Gleichung (8.4-15) eingesetzt, so erhält man schließlich für die Wärmestromdichte qi = [ ] 1 ⋅ ei − (1 − ρi ) ⋅ hi . ρi (8.4-17) Ist der Reflexionsgrad gleich eins, d. h. die auftreffende Strahlung wird nicht absorbiert, so folgt aus obiger Gleichung qi ( ρi = 1) = e = εi ⋅ σ ⋅ Ti4 . (8.4-18) Die übertragene Wärmestromdichte hängt also nur von der Eigenemission ab. Für einen schwarzen Körper mit ρi = 0 ergibt sich Gleichung (8.4-17) wegen Gleichung (8.4-9) ( hi = ei ) ein unbestimmter Ausdruck. Die Wärmestromdichte erhält man dann Gleichung (8.4-5) mit der Bestrahlungsdichte aus Gleichung (8.4-14) N qi ( ρi = 0, εi = 1) = ei − ∑ hk ⋅ ϕik . (8.4-19) k =1 In diesem Fall beeinflussen also die Helligkeiten der umgebenden Flächen den Wärmestrom. Die Temperatur der Fläche i basiert auf der Eigenemission ei = εi ⋅ σ ⋅ Ti4 . (8.4-20) 840 Wird diese durch die Gleichung (8.4-17) ersetzt, so folgt mit ρi = 1 − εi Ti = 4 ⎛1 ⎞ ⎤ 1 ⎡ ⋅ ⎢hi + ⎜ − 1⎟ ⋅ qi ⎥ . σ ⎣ ⎝ εi ⎠ ⎦ (8.4.-21) 841 8.5 Strahlungsschirme Zur Verringerung eines Wärmestromes durch Strahlung werden Schirme eingesetzt. Ein bekanntes Beispiel ist der Sonnenschirm. Die Wirkung eines solchen Schirmes wird im Folgenden betrachtet. Zwischen zwei ebenen Körpern ist der Wärmeübergang durch Strahlung ohne Schirm q0 = ( ) 1 ⋅ σ ⋅ T14 − T24 . 1 1 + −1 ε1 ε2 (8.5-1) Wird entsprechend Bild 8.5-1 zwischen die Körper ein Schirm gebracht, so wird die Wärme vom Körper 1 zunächst an den Schirm gestrahlt, durch diesen geleitet und von der Rückenseite des Schirms an den Körper 2 weitergestrahlt. Strahlungsschirme sind in der Regel sehr dünn, so dass der Transportwiderstand durch Leitung vernachlässigt werden kann. Die Temperatur beider Oberflächen des Schirms kann somit als gleich angesehen werden. Der Körper 1 strahlt an den Schirm den Wärmestrom ab qs = ( ) 1 ⋅ σ ⋅ T14 − Ts4 . 1 1 + −1 ε1 εs Bild 8.5-1: (8.5-2) Strahlungsschirm Dieser Wärmestrom wird vom Schirm an den Körper 2 weitergestrahlt qs = ( ) 1 ⋅ σ ⋅ Ts4 − T24 . 1 1 + −1 εs ε2 (8.5-3) Hierin sind ε1 , ε2 und εs die Emissionsgrade der beiden Körper bzw. des Schirms. Eliminiert man aus diesen beiden Gleichungen die Temperatur des Schirms, so erhält man für den Wärmestrom mit Schirm 842 qs = ( ) σ ⋅ T14 − T24 . 1 1 1 1 + − 1+ + −1 ε1 εs ε2 εs (8.5-4) Mit Gleichung (8.5-1) ergibt sich schließlich als das Verhältnis der Wärmeströme mit und ohne Schirm qs = q0 ε1 + ε2 − ε1 ⋅ ε2 . ⎛1 ⎞ ε1 + ε2 + 2 ⋅ ε1 ⋅ ε2 ⋅ ⎜⎜ − 1⎟⎟ ⎝ εs ⎠ (8.5-5) Sind die Emissionsgrade der beiden Körper gleich, so vereinfacht sich diese Gleichung zu ε1 = ε2 = ε : qs 1 εs ⋅ (2 − ε ) = ⋅ . q0 2 ε + εs ⋅ (1 − ε ) (8.5-6) Besitzt der Schirm den gleichen Emissionsgrad wie die Körper, wie dies bei nichtmetallischen Körpern der Fall ist, so folgt ε1 = ε2 = εs : qs 1 = . q0 2 (8.5-7) Der Wärmestrom wird also durch den Schirm halbiert. Durch einen Textilschirm und eine Außenjalousie aus Kunststoff wird also die Sonnenstrahlung auf Menschen bzw. Häuser halbiert. Sind die beiden Körper Nichtmetalle mit nahezu schwarzem Verhalten, so erhält man ε1 = ε2 = 1: qs 1 = ⋅ εs . q0 2 (8.5-8) Ist der Emissionsgrad der Schirme erheblich kleiner als der der Wände, so lässt sich der Wärmestrom noch stärker verringern. Wird z. B. ein Aluminiumschirm mit einem Emissionsgrad von 0,04 zwischen zwei Wände gestellt, die beide einen Emissionsgrad von etwa 1 aufweisen, so wird der Wärmestrom auf 2 % des ursprünglichen Wertes verringert. Die Wirkung von Strahlungsschirmen macht man sich folglich in der Isoliertechnik mittels Aluminium- oder anderen Metallfolien zunutze. Um Speisen warm zu halten, werden diese in Aluminiumfolie eingewickelt oder in Aluminiumbehältern aufbewahrt. Branntverletzte Menschen werden zur Schonung der Haut nackt mit Aluminiumfolie abgedeckt, um die Wärmeabstrahlung zu verhindern. Strahlungsschirme werden in der Messtechnik zur Bestimmung von Gastemperaturen verwendet, und zwar wenn Gas- und Wandtemperaturen erheblich voneinander abweichen. Die Thermometer oder Thermoelemente werden dann mit Strahlungsschirmen umgeben, um den die Messung verfälschenden Strahlungsaustausch mit den Wänden so weit wie möglich zu reduzieren. 843 In Bild 8.5-2 ist das Prinzip eines Absaugepyrometers dargestellt, um die Gastemperatur in Ofenräumen zu messen. Das Thermoelement ist durch ein Rohr von der Strahlung der Wände und des Gutes wie ein Schirm geschützt. Durch das Rohr wird Gas abgesaugt. Dadurch wird der konvektive Wärmeübergang zwischen dem Thermoelement und dem Gas erheblich erhöht, wodurch der Strahlungseinfluss weiterhin verringert wird. Auf diese Sekundärstrahlung wird in Folgenden noch näher eingegangen werden. Bild 8.5-2: Prinzip des Strahlungspyrometers Bei Schirmen aus nichtmetallischen Materialien lässt sich Strahlung weiterhin reduzieren, falls man mehrere Schirme hintereinander schaltet. Die Strahlung zwischen den Schirmen berechnet man analog der Gleichungen (8.5-2) und (8.5-3) und eliminiert die jeweiligen Schirmtemperaturen. Man erhält dann als Verhältnis der Wärmeströme mit Schirm und ohne Schirm unter Annahme schwarzer Strahlung qs 1 = , q0 n + 1 (8.5-9) wobei n die Anzahl der Schirme ist. Die Wirkung des ersten Schirms ist also am größten. 844 8.6 Sekundärstrahlung bei Konvektion Bei konvektiven Wärmeübergangsvorgängen mit Gasen, bei denen Wände mit unterschiedlicher Temperatur beteiligt sind, muss in der Regel auch der Wärmeübergang durch Strahlung zwischen diesen Wänden berücksichtigt werden. Diese Strahlung wird als Sekundärstrahlung bezeichnet. Sie wird im Folgenden an zwei Beispielen erläutert. 8.6.1 Messung Gastemperatur Bei der Messung von Gastemperaturen in Räumen, deren Wandtemperatur von der des Gases abweicht, muss stets die Sekundärstrahlung berücksichtigt werden. Diese wird anhand von Bild 8.6-1 betrachtet. Bild 8.6-1: Gastemperaturmessung in Räumen mit unterschiedlicher Wandtemperatur In eine Gasströmung ragt ein Thermoelement, um deren Temperatur zu messen. Die Wand habe eine andere Temperatur als das Gas. Von dem Gas wird an das Thermoelement der Wärmestrom ( Q = α ⋅ A tc ⋅ Tg − Ttc ) (8.6-1) konvektiv übertragen. Das Thermoelement wiederum strahlt an die Wand den Wärmestrom ab ( ) (8.6-2) Q = ε tc ⋅ A tc ⋅ σ ⋅ Ttc4 − Tw4 . Da die Fläche des Thermometers wesentlich kleiner ist als die der Wand, ist folglich der effektive Emissionsgrad gleich dem Emissionsgrad des Thermoelementes. Im stationären zustand sind beide Wärmeströme gleich. Für die Temperatur des Thermoelements ergibt sich somit ( ) ( ) α ⋅ Tg − Tt = εT ⋅ σ ⋅ Tt4 − Tw4 . (8.6-3) Die Temperatur kann nur iterativ ermittelt werden. Sie liegt stets zwischen der Wand- und Gastemperatur. Zur Abschätzung der Temperatur wird die Strahlung wieder näherungsweise linearisiert mit einem radiativen Wärmeübergangskoeffizient 845 Q = α ε ⋅ A tc ⋅ (Ttc − Tw ) . (8.6-4) Für die vom Thermoelement angezeigte Temperatur folgt somit Ttc = α ⋅ Tg + α ε ⋅ Tw α + αε = Tg + α ε / α ⋅ Tw 1+ αε / α . (8.6-5) Ist der konvektive Wärmeübergangskoeffizient erheblich kleiner als der durch Strahlung, so zeigt der Messfühler näherungsweise die Wandtemperatur an. Nur im ungekehrten Fall zeigt der Messfühler die Gastemperatur näherungsweise an. Beispielsweise in Räumen von Häusern ist der konvektive Wärmeübergangskoeffizient relativ niedrig. Daher wird die gemessene Lufttemperatur sehr stark von der Wandstrahlung beeinflusst. Wird die Lufttemperatur in der Nähe der Heizung gemessen, so wird eine zu hohe Temperatur angezeigt. Wird dagegen die Lufttemperatur in der Nähe des Fensters gemessen, so wird eine zu niedrige Temperatur angezeigt. Zur genauen Messung der Gastemperatur muss also der Strahlungseinfluss minimiert und der konvektive Wärmeübergang erhöht werden. Zur Minimierung des Strahlungseinflusses muss die Oberfläche des Messfühlers verspiegelt werden (kleiner Emissionsgrad) und gegebenenfalls mit einem Strahlungsschirm umgeben werden. Zwischen Gas und Messfühler muss möglichst eine Zwangskonvektion erzeugt werden. Das Prinzip eines solchen Messgerätes wurde bereits in Bild 8.5-2 gezeigt. 8.6.2 Sekundärstrahlung in Kanälen In Kanälen, Spalten oder ähnlichen Geometrien mit Wänden unterschiedlicher Temperatur muss beim konvektiven Wärmeübergang eine Überlagerung der Sekundärstrahlung berücksichtigt werden. Dies wird mit Bild 8.6-2 verdeutlicht. Bild 8.6-2: Konvektive Wärmeübertragung mit Sekundärstrahlung Ein Solid wird von einem Gasstrom erwärmt. Die gegenüberliegende Wand ist adiabat. Das Gas überträgt Wärme konvektiv sowohl an das Solid als auch an die Wand. Für beide Wärmeströme gilt ( Qgs = α gs ⋅ A s ⋅ Tg − Ts und ) (8.6-6) 846 ( ) Qgw = α gw ⋅ A w ⋅ Tg − Tw . (8.6-7) Die Wand gibt ihrerseits durch Festköperstrahlung einen Wärmestrom an das Solid ab ( ) (8.6-8) Q ws = ε ws ⋅ σ ⋅ A s ⋅ Tw4 − Ts4 . Für den insgesamt an das Solid übertragenen Wärmestroms gilt somit Q = Qgs + Q ws . (8.6-9) Die Wandtemperatur erhält man aus der Bedingung, dass auf Grund der adiabaten Wand gilt Q ws = Qgw . (8.6-10) Hieraus folgt für die Wandttemperatur ( ( ) ) (8.6-11) α gw ⋅ Tg − Tw = ε ws ⋅ σ ⋅ Tw4 − Ts4 . Um die Wirkung der Sekundärstrahlung zu verdeutlichen, wird wiederum der Wärmestrom durch Strahlung linearisiert entsprechend ( ) (8.6-12) Q ws = α ws ⋅ A s ⋅ Tw − Ts . Für die Wandtemperatur erhält man somit Tw = α gw ⋅ Tg + α ws ⋅ Ts α gw + α ws (8.6-13) . Damit ergibt sich aus Gleichung (8.6-9) für den insgesamt an das Solid übertragenen Wärmestrom ( ) Q = α gs ⋅ A s ⋅ Tg − Ts ⋅ 2 ⋅ α ws / α gs + 1 α ws / α gs + 1 . (8.6-14) Geht das Verhältnis der Wärmeübergangskoeffizienten durch Strahlung und durch Konvektion gegen Null, so folgt ( ) Q α ws / α gs → 0 = Qgs . (8.6-15) In diesem Fall übt die Sekundärstrahlung keinen Einfluss aus. Dieser Fall ist gegeben, wenn der Emissionsgrad des Solids und/oder der Wand sehr klein ist, wenn die absoluten Temperaturen relativ niedrig sind oder wenn der konvektive Wärmeber- 847 gangskoeffizient sehr hoch ist. Geht dagegen im anderen Grenzfall das Verhältnis der Wärmeübergangskoeffizienten gegen unendlich, so folgt ( ) Q α ws / α gs → ∞ = 2 ⋅ Qgs . (8.6-16) In diesem Fall kann die Sekundärstrahlung den Wärmestrom an das Solid verdoppeln. 848 8.7 Treibhauseffekt Der Treibhauseffekt ist die Wirkung eines Schirms für die Abstrahlung. Zunächst wird auf das Glashaus eingegangen. Die technische Anwendung lag in der Landwirtschaft, weshalb dieses Haus auch als Treibhaus bezeichnet wurde. Danach wird auf den Treibhauseffekt der Atmosphäre und die globale Erwärmung eingegangen, die komplizierter ist. 8.7.1 Glashaus In Bild 8.7-1 ist ein Haus mit einem Glasdach schematisch dargestellt. Zunächst wird der linke Fall betrachtet, bei dem das Glas geöffnet bzw. noch nicht vorhanden ist. Auf die Erde strahlt die Sonne mit der Wärmestromdichte qSo . Bild 8.7-1: Glashäuser Diese Wärmestromdichte muss im stationären Zustand wieder an die Umgebung abgeführt werden. Die Wärme wird durch Konvektion und Strahlung abgeführt, so dass sich für die Temperatur der Erde ohne Dach ergibt 4 qSo = αi ⋅ (TEo − Tu ) + εE ⋅ σ ⋅ TEo . (8.7-1) Die Luft sei trocken, so dass die Gasstrahlung von H2O nicht auftritt. Die Gasstrahlung von CO2 wird zunächst noch vernachlässigt. Der Himmel sei wolkenfrei, so dass die Strahlung direkt in das Weltall gehen kann. Die Abstrahlung hängt dann nur von der Temperatur und dem Emissionsgrad der Erde ab. Die konvektive Wärmeabfuhr hängt dagegen von der Umgebungstemperatur der Atmosphäre ab. Die Oberflächentemperatur der Erde ist also umso höher, je stärker die Sonneneinstrahlung und je niedriger der Wärmeübergangskoeffizient ist. Im mittleren Teil von Bild 8.7-1 ist der Fall dargestellt, dass das Haus mit einem Glasdach bedeckt ist. Die Sonnenstrahlung soll durch das Glasdach ungehindert durchgehen, was näherungsweise gegeben ist. Dieser Wärmestrom muss im stationären Zustand wieder vollständig abgeführt werden. Die Wärme wird nun in diesem Fall zunächst durch Konvektion und Strahlung an das Glasdach übertragen, bei dem sich die Temperatur TD einstellt 849 ( ) qSo = αi ⋅ (TE − TD ) + εEo ⋅ σ ⋅ TE4 − TD4 . (8.7-2) Der Einfachheit halber sei hier angenommen, dass der innere Wärmeübergangskoeffizient unverändert bleibt. Der Strahlungsaustauschgrad hängt von den Emissionsgraden der Erde und des Daches ab, die beide nahe bei eins liegen. Die Wärme wird durch das Glas geleitet. Da das Glas dünn ist, kann der Wärmeleitwiderstand vernachlässigt werden. Folglich können die Oberflächentemperaturen des Daches als gleich angesehen werden. Die Wärmeabgabe der äußeren Dachseite beträgt folglich qSo = αa ⋅ (TD − Tu ) + εD ⋅ σ ⋅ TD4 . (8.7-3) Aus den letzen beiden Gleichungen können die Temperatur der Erde und des Daches iterativ berechnet werden. Zur Verdeutlichung des Effektes werden im Folgenden analytische Lösungen hergeleitet. Dazu wird davon ausgegangen, dass die Wärme entweder nur durch Strahlung oder nur durch Konvektion abgegeben wird. Wird die Wärme nur durch Konvektion abgegeben so erhält man aus den vorherigen beiden Gleichungen qSo (εE = εD = 0 ) = αi ⋅ α a ⋅ (TE − Tu ) . αi + α a (8.7-4) Aus Vergleich mit Gleichung (8.7-1) folgt für die Temperaturerhöhung TE − Tu α = 1 + i ⋅ (εE = εD = 0 ) . TEo − Tu αa (8.7-5) Da die Wärmeübergangskoeffizienten in der gleichen Größenordnung liegen, wird die Temperaturdifferenz zur Umgebung in etwa verdoppelt. Bei rein radiativer Wärmeabfuhr folgt entsprechend für die Erdtemperatur qSo (α = 0 ) = εD ⋅ εED ⋅ σ ⋅ TE4 εD + εED (8.7-6) und für die Temperaturerhöhung TE ⎡ εE =⎢ TEo ⎣ εD 1/ 4 ⎛ ε ⎞⎤ ⋅ ⎜⎜1 + D ⎟⎟⎥ εED ⎠⎦ ⎝ ⋅ (α = 0 ) . (8.7-7) Können Erde und Dach als zwei parallele unendliche Flächen angenähert werden mit 1 εED = 1 1 + −1 εE εD so ergibt sich (8.7-8) 850 (8.7-9) 1/ 4 ⎞ TE ⎛ εE = ⎜⎜ 2 ⋅ + 1 − εE ⎟⎟ TEo ⎝ εD ⎠ . Da die Emissionsgrade etwa 0,95 sind, erhöht sich die absolute Temperatur folglich um etwa 20 %. Bei einer Erdtemperatur ohne Glas von 10 °C erhöht sich also die Temperatur im Glashaus auf 66 °C.