Niedersächsisches Landesamt für Bodenforschung GEOZENTRUM HANNOVER Akademie der Geowissenschaften Deutsche Geologische Gesellschaft Geologie und Fossilien im Kalkmergel-Steinbruch der Holcim (Deutschland) AG - Werk Höver Bernd-Henning Reupke * Beschreibung des Objektes: Blick auf die Reste eines vergangenen Meeres: Der Steinbruch von Höver gewährt einen Einblick in vor langer Zeit entstandene Meeresablagerungen. In einem warmen Flachmeer bildeten sich während der oberen Kreidezeit (Campan) vor ca. 80 Millionen Jahren Kalk-Ton-Schlämme. In den Jahrmillionen nach der Ablagerung entstand durch Setzung und Verfestigung der heute als Rohstoff für die Zementindustrie abgebaute Kalkmergelstein, ein Gemisch aus Kalziumkarbonat und Tonmineralien. Warum liegen die Schichten nicht horizontal? Die horizontal abgelagerten Schichten oder Sedimentgesteine sind heute geneigt. Ursache hierfür sind tektonische Bewegungen, die mit der Entstehung der Salzstöcke einher gingen. Dabei sind die Zechsteinsalze, begünstigt durch ihre geringe Dichte, lokal emporgestiegen, haben überlagernde Gesteine angehoben und schließlich sogar durchbrochen. Maßgeblich für die Neigung (dem Einfallen) der Höverschen Schichten ist der östlich gelegene Lehrter Salzstock, in dessen sogenannter Westmulde der Steinbruch liegt. Wie ist das Alter der Gesteine zu bestimmen? In den Absetzgesteinen, den Sedimenten sind Überreste sowie Abdrücke von Tieren und Pflanzen in versteinerter Form erhalten geblieben: die Fossilien. Da Lebewesen einer steten Entwicklung und Veränderung - der Evolution - unterliegen, sind alle Zeitabschnitte durch jeweils typische Fossilien gekennzeichnet. Fossilgruppen, die sich schnell verändert haben, eignen sich besonders gut für eine feine Unterteilung der Abfolge. Kommt eine weite Verbreitung hinzu, dann gelingt mit solchen Leitfossilien ein Vergleich mit anderen Regionen: Es entsteht eine in Stufen unterteilte, relative biostratigraphische Abfolge, die mit Hilfe von geochemischen Untersuchungen durch absolute Alterszahlen geeicht wird. Der Steinbruch in Höver erschließt einen jüngeren Teil der Kreidezeit (Oberkreide), das sogenannte Campan mit Schichten des Oberen Unter-Campans (pilula/senonensis-Subzone) bis zum Unteren Ober-Campan (conica/mucronata-Subzone). Aufgrund des Einfallens der Schichten mit 13° in östlicher Richtung werden diese von West nach Ost zunehmend jünger. Welche Fossilien kommen in Höver vor? Typische Bodenbewohner des Oberkreidemeeres waren Schwämme (Ventriculites, Coeloptichium), Muscheln (Inoceramus) und Seeigel (Salenia, Echinocorys). Der häufig vorkommende irreguläre Seeigel (Micraster) lebte im Sediment eingegraben. Frei unherschwimmende Meerestiere waren Ammoniten mit zum Teil eigenwillig geformten Gehäusen (Scaphites, Bostrychoceras), Belemnitentiere (Belemnitella) und Fische (z.B. Haifische). Leitfossilien für das Unter-Campan sind die Seeigel Galeola senonensis, Galaela papillosa und Echinocorys conica sowie der Belemnit Belemnitella mucronata. Wie wird in Höver der Kalkmergel gewonnen? Bei der Gewinnung des Kalkmergels spielt die Gesteinszusammensetzung eine entscheidende Rolle, denn. der (Fortsetzung nächste Seite) Abb. 1: Luftbild der Kalkmergel-Steinbruch des Zementwerkes in Hoever Welche Karten gibt es - Topographie, Geologie Topogr. Karte 1 : 25.000, Blatt 3825 Lehrte, Geol. Karte 1 : 25.000, Blatt 3825 Lehrte, Geol. Übersichtskarte 1 : 200.000, Blatt CC 3918 Hannover * Holcim (Deutschland) AG, Werk Höver, Hannoversche Str. 28, 31319 Sehnde, Tel.: 05132/927-0 Zementherstellungsprozess verlangt ein gleichförmiges Rohmaterial. Die Gesteinszusammensetzung variiert jedoch im Steinbruch. Generell nimmt im Höveraner Steinbruch der Tongehalt mit abnehmendem Gesteins-alter zunächst ab, steigt dann jedoch wieder an. Zusätzlich nimmt der Chloridgehalt mit zunehmender Tiefe zu. Um diese Unterschiede auszugleichen, wird die Gesteinsgewinnung an drei verschiedenen Abbaustellen betrieben und das Gestein in nachgeschalteten Prozessen vergleichmäßigt. Die Gewinnung erfolgt entweder sprengtechnisch oder mit Reißraupen. Das Gestein wird nach dem Lösen mit Hydraulikbaggern in die Vorbrecher transportiert und hier auf eine Korn-größe von kleiner 10 cm vorgebrochen. Anschließend wird das Material über die momentan 2200 m langen Bandanlagen in das Zementwerk transportiert. Internet-Adressen: www.nlfb.de/geologie/anwendungsgebiete/objektlistegeotope.htm, www.tag-des-geotops.de, www.dgg.de, www.geo-top.de, www.geotope.de www.geoakademie.de; Herausgeber und Fachbehörde für den Geotopschutz: Niedersächsisches Landesamt für Bodenforschung, Stilleweg 2, 30655 Hannover Tel.: 0511-643-0, 0511-643-2304 www.nlfb.de Was geschieht mit dem Steinbruch nach dem Ende des Abbaus? Nach dem Ende des Abbaus werden die in der Steinbruchgenehmigung enthaltenen Rekultivierungsauflagen umgesetzt. Durch den natürlichen Anstieg des Grundwassers und durch Niederschlagswasser wird in den Außenumrissen des Steinbruchs langfristig ein See entstehen. Der Randund Uferbereich des zukünftigen Sees muß natürlich gestaltet und gesichert werden. Dieses geschieht im Rahmen des wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahrens unter Beteiligung der im Umfeld lebenden Bevölkerung und der Genehmigungsbehörden. Im Rahmen dieses Verfahrens werden die Bereiche festgelegt, die beispielsweise einer späteren Erholungsnutzung oder dem Naturschutz dienen können. Wie bewegt sich das Grundwasser im Gestein? Aufgrund des hohen Tonanteils im Gestein (Kalkmergelstein) kann sich Wasser nur in geringen Mengen auf Klüften, Schichtfugen oder Störungsbahnen bewegen. Der Hydrogeologe spricht dann von nahezu dichtem Gestein bei gleichzeitig Literatur zum Geotop: KRÜGER, F.: (1983): Geologie und Paläontologie: Niedersachsen zwischen Harz und Heide. Kosmos Franckh,244 S; LIESE, B. (1988): Die Oberkreide von Hannover und Umgebung. Eigenverlag, zu beziehen über VFMG Bezirksgruppe Celle. NIEBUHR, B. (1995): Fazies-Differenzierungen und ihre Steuerungsfaktoren in der höheren Oberkreide von SNiedersachsen und Sachsen-Anhalt (N-Deutschland). Berliner Geowissenschaftliche Abhandlungen (A)174, 131 S., 12 Tafeln. Abb. 2: Kalkmergel-Steinbruch der Holcim (Deutschland) AG, Werk Hoever Handelt es sich um ein Naturschutzobiekt?: nein Was kann man sonst noch besichtigen: Kalkmergelgrube Teutonia in Misburg, Niedersächsisches Landesmuseum Hannover/Naturkunde-Abteilung; Ebenfalls in Hannover - Naturwerksteine im Stadtbild, u.a. Neues Rathaus (große Vielfalt an Naturwerksteinen) Wo kann man essen, übernachten: Abb. 3 Abbauwand der Kalkmergel-Steinbruchs der Holcim (Deutschland) AG, Werk Hoever Gaststätten in den umliegenden Ortschaften; Hannover Tourismus Center, Theodor-Heuss-Platz 1-3, 30175 Hannover, Tel.: 0511 168 49 700 (-701, -702) NLfB- Codierung: TK25: 3825 Lehrte, R 35 61 250 H 58 01 550 Verantwortlich: NLfB: Dr. Heinz-Gerd Röhling