Kanzerogene und genotoxische Inhaltsstoffe Alkylbenzene in Gewürzen Alkylbenzene • • • [C6-C3] Verbindungen bestehen formal aus einem Benzolring [C6] und einer n-Propylseitenkette [C3] MG ca. 130-200 Estragol Methyleugenol Safrol Natürliche Gewürzinhaltsstoffe Methyleugenol, Estragol, Safrol Vorkommen: Sind aromatische Bestandteil in ätherischen Ölen Estragol getrocknete Basilikumblätter 0,34-1,4 mg/kg Anteil im ätherischen Öl ausgewählter Gewürzpflanzen: Estragon (60–75 % Estragol), Basilikum (20-43 %), Kerbel (60 %), Fenchel (5-20%), Sternanis (5-6 %), Piment, Muskatnuss, Pinie, Zitronengras Methyleugenol Basilikumblätter: 2-235 µg/100 g Anteil im ätherischen Öl ausgewählter Gewürzpflanzen: Muskat (0,1-17,9 %), Basilikum (2 %), Fenchel (5-20 %), Sternanis (5-6 %),Piment, Muskatnuss, Lorbeer Safrol Muskat: ätherisches Öl 0,28-3,8 %, Muskatblüte: ätherisches Öl 0,37-30,7 %, schwarzer Pfeffer, Basilikum Vom SCF bewertet wurden: Safrol, Methyleugenol und Estragol → sind als genotoxische Kanzerogene anzusehen! Natürliche Gewürzinhaltsstoffe Methyleugenol, Estragol, Safrol Gehalte in Aufgüssen teeähnlicher Erzeugnisse und verwandter Produkte unterliegen großen Schwankungen Problematisch: Bei Untersuchungen in Deutschland wurden Spitzenkonzentrationen bis 1,5 mg/l mehrfach in Baby-bzw. Kinderteeaufgüssen gemessen (fenchel- und zimthaltigen Tees) → mehrere Stoffe in Tees Exposition/Durchschnittliche Aufnahmemengen (SCF, 2001) Methyleugenol Estragol Safrol 13 mg/Tag/Person 4,3 mg/Tag /Person 0,3 mg/Tag/Person Metabolisierung und Bioaktivierung von Estragol Epoxidierung weitere Möglichkeit der Aktivierung aber nicht Hauptmetabolite! Wahrscheinlcih nicht entscheidend für genotoxische Wirkung (schnelle Detoxifizierung?) CYP450 Sulfotransferasen O-Demethylierung Glucuronidierung und Ausscheidung Instabil Abspaltung von Sulfat → Carbeniumion Elektrophil kann DNA-Addukte bilden Metabolismus Methyleugenol, Estragol Estragol: 1´-Hydroxylierung und 2´,3´-Epoxidierung, proximales Kanzerogen: 1´-Hydroxyestragol bei geringen Dosen O-Demethylierung bei höheren Dosen 1´-Hydroxylierung beim Menschen nach oraler Aufnahme (100 µg/Tag über 6 Monate): 1´-Hydroxyestragol im Urin Methyleugenol: nach oraler Gabe an Ratten: Oxidation der allylischen Seitenkette, 1´-Hydroxylierung und 2´,3´-Epoxidierung, proximales Kanzerogen: 1´-Hydroxymethyleugenol Metabolismus Safrol Safrol: beim Tier: hauptsächlich 1´-Hydroxylierung zum 1´-Hydroxysafrol und Oxidation /Spaltung zum 4-Allyl-Catechol, dieses wird leicht oxidiert zum 4-Allyl-O-Chinon Hauptmetabolite: 1´-Hydroxysafrol und 4-Allyl-Catechol Toxizität Methyleugenol, Estragol, Safrol akute/subakute Toxizität: moderat LD50 ca. 0,5-2 g/kg KG/d (Methyleugenol und Safrol) chronische Toxizität/Kanzerogenität Bei allen Verbindungen ist das wichtigste Zielorgan die Leber Methyleugenol: Tumore der Leber und des neuroendokrinen Systems in Mäusen und Ratten; in Ratten zusätzlich auch Tumore u.a. der Niere, Brustdrüse, dem subkutanen Gewebe kanzerogen in mehreren Spezies sowie mehreren Organen/Geweben Estragol: Estragol und 1´-Hydroxyestragol induzieren Lebertumore in Mäusen nach oraler Gabe, i.p. oder s.c. Injektion Safrol: Lebertumore in Mäusen und Ratten nach oraler Gabe; Genotoxizität Methyleugenol, Estragol, Safrol Methyleugenol: DNA Addukte in humanen Fibroplasten und in der Leber der Maus in vivo Methyleugenol, Metabolite 1´-Hydroxymethyeugenol, 2´,3´-Epoxymethyeugenol induzieren UDS (unscheduled DNA synthesis) in vitro Estragol: nur schwach mutagen in Salmonella typhimurium, Metabolite (1´-Hydroxy, Epoxide) stark mutagen induziert UDS in vitro und in vivo Safrol: genotoxisch in verschiedenen Säugerzellsystemen in vitro in vivo (Rattenleber): Chromosomenaberrationen, Schwesterchromatidaustausch Metabolite sind direkt mutagen in Bakterien Alle drei Verbindungen induzieren in vitro und in vivo DNA-Addukte Methyleugenol Estragol Safrol 72,7 pmol/ml DNA 30,0 pmol/ml DNA 14,7 pmol/ml DNA Stimmt überein mit notwendiger Dosis zur Induktion von Tumoren im Tier: Safrol > Estragol > Methyleugenol Safrol Safrol Humanstudie aus Taiwan [Lee et al., 2005. Mutation Research, 565] • Auftreten von Safrol-DNA Addukten in Tumorgewebe und normaler ösophagelaer Mukosa bei Patienten mit Ösophaguskrebs untersucht – Gewohnheitsmäßig Arekanüsse gekaut – Bis 420 µM Safrol bei Kauen in Speichel – Genotoxischer Effekt des Safrols! Humanstudie aus Taiwan [Chen et al., 1999. Carcinogenesis, 20] • Safrol-DNA Addukte in oralen Plattenepithelkarzinomen • 77 % der Betelnuss-Konsumenten Addukte, 0 % bei Kontrollen Arekanuss/ Betelnuss Einfluss von Polymorphismen Estragol • CYPs, die bei Bioaktivierung beteiligt sind, noch nicht identifiziert! Methyleugenol • CYP1A2, CYP2D9 • Raucher Induktion von CYP1A2 oder Personen mit Polymorphismus in CYP2D6 → ultra-schnelle Metabolisierer → möglicherweise höheres Risiko! Safrol • Langsame Metabolisierer (CYP2D6, CYP2C9) wahrscheinlich verringertes Risiko Cytochrom P450 Enzym 2D6 - Aktivitätsverteilung bei Kaukasiern 7% Langsame Metabolisierer (poor metabolizer, PM) 20-30 % Intermediäre Metabolisierer (intermediate metabolizer, IM) 60-70 % Schnelle Metabolisierer (extensive metabolizer, EM) 3% Ultra-schnelle Metabolisierer (ultrarapid metabolizer, UM) Risikobewertung Methyleugenol, Estragol, Safrol Bewertungen des SCF (vom 26. September und 12. Dezember 2001) Methyleugenol, Estragol und Safrol sind genotoxisch und kanzerogen. Aus diesem Grund können kein Schwellenwert und keine sicheren Aufnahmemengen angegeben werden. Eine Minimierung der Exposition und Einschränkung der Verwendung ist angezeigt. FEMA: Expertenkomitee der Flavour and Extract Manufacturers Association (Lebensmittelindustrie) veröffentlichte Stellungnahme, in der Aufnahme von Estragol und Methyleugenol durch Gewürze und Gewürzextrakte kein signifikantes Krebsrisiko für den Menschen darstellt. Safrol Rechtliche Regelungen Gesamte Rechtsvorschrift für Aromenverordnung, Fassung vom 26.04.2010 § 7. (1) Aromen und sonstige Lebensmittelzutaten mit Aromaeigenschaften dürfen nur in dem Ausmaß verwendet werden, dass die Höchstmengen der nachfolgend angeführten Stoffe im angegebenen Fertigprodukt nicht überschritten werden: Safrol und Isosafrol -2 mg/kg in alkoholischen Getränken mit einem Alkoholgehalt von bis zu 25 Vol% -5 mg/kg in alkoholischen Getränken mit einem Alkoholgehalt von über 25 Vol% -15 mg/kg in Waren, die Muskatblüte oder Muskatnuß enthalten Kanzerogene und genotoxische Inhaltsstoffe Glykoside Glycoside Aglykon + Zucker Cycasin und Sinigrin Cycasin Sinigrin (Senfölglykosid) Glycoside Cycasin und Sinigrin Vorkommen: Cycasin: in Samen, Zweigen und Blättern der Cycadeenpalme, Cycadeenpalmenmehl: bis 4 % des Trockengewichts, Nüsse (getrocknet): 0,02-2,3% → auf Philippinen, Indonesien, Japan Sinigrin: Kren/ Meerrettich (Wurzel, frisch): 0,3 %, Kohlsprossen: 17 %, Samen des schwarzen Senfs: bis 4,5 % • Verantwortlich für Schärfe in der Pflanze → Schutz vor Fraßfeinden • Liegen in glycosidischer Bindung in Pflanze vor • Durch Spaltung werden biologisch aktive Verbindungen gebildet Vorkommen von Senfölglykosiden Sinigrin Art Brassica oleracea Gehalt (mg/kg Frischgewicht) Kohlsprossen 600 - 3900 Blumenkohl 138 - 2083 Rotkohl 410 - 1090 Brokkoli 611 Brassica napsus Raps Nasturtium officinale Brunnenkresse Sinapis alba Senf 60 -170 Metabolismus Cycasin und Sinigrin Cycasin Spaltung durch mirkobielle Flora im Darm → Deglykosylierung Metabolit Methylazoxymethanol Bildet durch spontanen Zerfall reaktive Carbeniumionen Sinigrin Beim mechanischen Zerkleinern der Pflanze, Zerstörung der zellulären Strukturen Freisetzung Thioglucosidase (Myrosinase), Kochen inaktiviert Myrosinase (Spaltung dann aber durch Enzyme der intestinalen Mikroflora) spaltet das Glucosemolekül ab (Deglykosylierung) Entstehendes Aglykon ist instabil → wird umgelagert zum Hauptprodukt Allylisothiocyanat Stark elektrophil und kann direkt mit Proteinen und DNA reagieren! Detoxifizierung: Konjugation mit GSH und Ausscheidung als Merkaptursäure mit dem Harn Cycasin, Sinigrin Cycasin bzw. das Aglykon: positiv im Mikrokerntest, UDS, DNA-Strangbrüche Mutagene und tumorauslösende Wirkung in Tierversuch Hinweise aus epidemiologischen Studien → Lebertumore Aber: Humanexposition gering, da Cycadeenmehl so gut wie nicht mehr hergestellt wird Sinigrin bzw. Aglykon : unter in vitro-Bedingungen stark Chromosomen brechend und löst DNA-Reparatur aus genotoxische Effekte im Tierversuch in hohen Konzentrationen Aber nicht klar ob auch unter in vivo-Bedingungen genotoxische Effekte beim Menschen in relevanten Dosis-Bereichen auftreten! Weitere toxische Pflanzeninhaltsstoffe Proteaseinhibitoren in Lebensmitteln Proteaseinhibitoren: Proteinhydrolyse durch peptidbindungsspaltende Enzyme katalysiert → Proteinasen und Peptidasen für Verdau von Proteinen notwendig • Inhibitoren der Enzyme an Regulation von aktiven Proteasen beteiligt! • Leguminosen speichern große Mengen an Inhibitoren in Samen, möglicherweise als Abwehr gegen Fraßfeinde • Inhibitorgehalt abhängig Sorte, Reifungsgrad und Lagerzeit (bis z.B. Sojabohne 20 g/kg) Inhibitor Vorkommen Trypsin- Inhibitor Sojabohne, Kartoffel, Kürbis, Mais, Reis, Hafer, Weizen, Eiklar Chymotrypsin-Inhibitor Sojabohne, Mungobohne, Kartoffel Plasmin-Inhibitor Sojabohne, Erdnuss Elastase-Inhibitor Sojabohne, Kartoffel Wirkung von Proteaseinhibitoren • • Proteaseinhibitoren wichtige Funktion in Pflanzen! Aber in Lebensmitteln sind Proteaseinhibitoren nicht erwünscht • In Hülsenfrüchten wichtigste Inhibitoren auf Serinproteasen wie Trypsin und Chymotrypsin Serinproteinase-Inhibitoren bilden stabile Komplexe mit Verdauungsenzymen → Aktivität stark verringert • • 2 Gruppen an Inhibitoren Einteilung auf Grund homologer Aminosäurefrequenz 1) Kunitz-Sojabohnen-Trypsininhibitor 2) Bowman-Birk-Sojabohnen-Proteaseinhibitor können durch Hitze inaktiviert werden! Physiologische Effekte der Proteinaseinhibitoren Verringerung der proteolytischen Aktivität → Ernährungsstörungen → Verringerung des Wachstums in Versuchstieren (Defizit an bestimmten Aminosäuren) → Speziesabhängig (Ratten, Mäusen, Meerschweinchen) Wichtigste toxikologische Wirkung der Trypsininhibitoren ist die Hypertrophie (Größenzunahme) des Pankreas Mögliche Erklärung: Stimulation einer erhöhten Enzymausscheidung Schlussfolgerung: Im rohen Zustand enthalten viele Lebensmittel Proteinaseinhibitoren, aber Industrie/Haushalt zumeist Inaktivierung durch Erhitzungsprozesse! Schädigung der menschlichen Gesundheit nicht zu erwarten! Lektine Lektine oder Hämagglutinine (Phytohämagglutinine) Keine Chemische Definition sondern: • Alle zuckerbindenden Proteine zusammengefasst, die an Erythrocyten binden und diese so agglutinieren (präzipitieren) können • Bei einigen Verbindungen wurde sogar Blutgruppenspezifität beobachtet • MG ~ 100 kDa • Fast durchweg Glykoproteine, die aus mehreren Untereinheiten bestehen Vorkommen: in mehr als 600 Leguminosen z.B. heimische Gartenbohne Vorwiegend in Lebensmitteln welche ohne Hitzebehandlung verzehrt werden (Salat, frisches Obst) durchschnittliche Lektinaufnahme von 0-300 mg/Tag bzw. 0-5 mg/kg Körpergewicht [Watzl et al. ,2001] Lektine Spezies Konzentration [g/kg] Orale Toxizität Hitzestabilität Phaseolus vulgaris (Gartenbohne) 1-10 Hoch Moderat Phaeolus coccineus (Stangenbohne) 1-10 Hoch Moderat 1-5 Lethal Instabil Leguminosenlektine Typ-2 Ribosomen inaktivierende Proteine Ricinus communis (Rizinussamen) • Durch Erhitzen werden Lektine inaktiviert und toxische Wirkung geht verloren z.B. nach 10 min Erhitzung auf 100 ° C sind Sojabohnen frei von Lektinaktivität Lektine-Toxizität Akute Toxizität Unbeabsichtigter Vergiftung Rizin- ein Typ-2 Ribosomen inaktivierendes Protein- führte innerhalb weniger Tage nach Aufnahme von wenigen Rizinusbohnen zum Tode (nur dieser Typ bekannte lethale Wirkung) → Inhibiert Proteinbiosynthese Gartenbohne Rizinussamen Nicht ausreichend gekocht! Schweren gastrointestinalen Leiden durch Gartenbohnenlektin → Übelkeit, Erbrechen, Durchfall → Effekte reversibel, aber bei langanhaltender Exposition keine Daten bekannt! Lektine-Toxizität Mechanismus • Lektine widerstehen im Gegensatz zu nutriven Proteinen die proteolytischen Verdauungsenzyme und bakteriellen Stoffwechsel im Darm • Abhängig von Struktur können bis zu 90 % in aktiver Form Darmpassage überstehen • Binden von bestimmten Lektinen an die intestinale Mukosa oder den Bürstensaum des Darmlumens → Bindung der Lektine an Rezeptoren der Epithelzellen, kann so als Mitogen wirken und Hypertrophie des Dünndarms bewirken → Unterbrechen der Membranpermeabilität Indirekte Effekte an weiter entfernten Organen → Lektine die an Saumzellen des Darmepithels binden wirken als Wachstumsfaktoren für das Pankreas → Einige Lektine können in Epithelzellen internalisiert werden und so in Kreislauf gelangen z.B. Weizenkeimagglutinin leicht durch Endozytose aufgenommen und an die Wände der Blut- und Lymphgefäße abgelagert Lektine-Toxizität Schlussfolgerung Praktisch alle in Ernährung relevanten Leguminosen enthalten Lektine in Samen Obwohl relativ hohe Konzentration sind die meisten Lektine hitzelabil und werden bei Verarbeitung inaktiviert! Daher Bohnen einweichen (über Nacht) und in frischem Wasser für mindestens 10 min kochen!