Flyer Handeln statt schweigen

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Bayerisches Staatsministerium für
Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen
Jugend und Familie
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Dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung,
Familie und Frauen wurde durch die Beruf & Familie gemeinnützige
GmbH die erfolgreiche Durchführung des Audits Beruf & Familie®
bescheinigt: www.beruf-und-familie.de.
Handeln statt
Schweigen
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in Zusammenarbeit mit dem
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Bayerischen Staatsministerium der Justiz sowie dem
Bayerischen Staatsministerium für Umwelt,
Gesundheit und Verbraucherschutz
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Institut für Rechtsmedizin
der Ludwig-Maximilians-Universität München
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Druck: Parzeller GmbH & Co. KG
Stand: November 2005
Bürgerbüro: Tel.: 0 89/ 12 61 -16 60, Fax: 0 89/ 12 61 -14 70
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Mitglieder zu verwenden.
Information und Hilfe
bei sexueller Gewalt gegen Frauen
Handeln statt Schweigen
Information und Hilfe
bei sexueller Gewalt gegen Frauen
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1
2
Informationen
Seiten 9 – 16
Welche Erkenntnisse gibt es
zur sexuellen Gewalt gegen Frauen?
Seiten 10 – 11
Was sind die Ursachen
sexueller Gewalt gegen Frauen?
Seiten 11 – 12
Welche Folgen kann sexuelle Gewalt haben?
Seiten 12 – 15
Wie kann sexueller Gewalt vorgebeugt werden?
Seiten 15 – 16
Im Falle eines Falles: Verhaltenshinweise
Ist Gegenwehr sinnvoll?
3
Seiten 6 – 7
5
Seiten 17 – 30
Seite
18
Wie kann ein Arzt helfen?
Seiten 19 – 22
Soll Strafanzeige gestellt werden?
Seiten 22 – 25
Was tun, wenn Verwandte oder Bekannte
an der Tat beteiligt sind?
Seiten 27 – 28
Wie können Verwandte, Freunde
und Bekannte helfen?
Seiten 28 – 30
Beratung und praktische Hilfe – zu jeder Zeit
4
Seiten 31 – 40
Ambulante Beratungsstellen – Notrufe
Seiten 32 – 33
Frauenhäuser
Seiten 36 – 37
Ehe- und Familienberatungsstellen
Seite
37
Gleichstellungsbeauftragte
Seite
38
Spezielle Initiativen
Seite
38
Weißer Ring
Seite
39
Zeugenbetreuung
Seite
40
6
Finanzielle Leistungen
Seiten 41 – 46
Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz
Seite
43
Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen
Seite
46
Rechtsschutz und Strafverfolgung
Seiten 47 – 56
Welche zivilrechtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten
sind vorhanden?
Seite
49
Was geschieht im Rahmen der Strafverfolgung?
Seite
50
Beauftragte der Polizei für Frauen und Kinder
Seiten 50 – 51
Zwingende Strafverfolgung
Seite
Verfahren vor Gericht
Seiten 51 – 52
Anwaltlicher Beistand
Seiten 52 – 56
Nebenklage
Seite
56
Seite
57 – 59
Zum Weiterlesen
51
Vorwort
6
Sexuelle Gewalt gegen Frauen ist
noch immer traurige Realität. In
einer neuen Studie des Bundesfamilienministeriums berichtet fast
jede siebte Frau davon, mindestens
einmal in ihrem Leben Opfer sexueller Gewalt geworden zu sein. Trotz
dieser großen Zahl an Fällen ist das
Thema sexuelle Gewalt mit Tabus
belegt, nicht zuletzt, weil der Täter
oft ein Verwandter oder Bekannter
ist. Angehörige schweigen, „weil
nicht sein kann, was nicht sein darf“.
Betroffene schweigen, weil sie Angst
haben. Es besteht nach wie vor ein
erheblicher Informationsbedarf über
Hintergründe und Ursachen von Gewalt, über einschlägige Hilfeangebote und sinnvolle Präventionsmaßnahmen.
Diese Lücke will die vorliegende
Broschüre schließen, die Bestandteil
der Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit der Bayerischen Staatsregierung ist. Das Thema sexuelle Gewalt
gegen Frauen soll damit weiter enttabuisiert werden. Ziel ist es insbesondere, Verständnis für die Belange
des Opfers zu entwickeln. Die vorliegende Broschüre richtet sich dabei
gleichermaßen an Betroffene wie an
Fachkräfte. Sie erläutert Ursachen
und Auswirkungen von sexueller
Gewalt gegen Frauen. Hilfeangebote, angefangen von der Polizei über
Ärzte bis hin zu spezialisierten Beratungsstellen, werden aufgezeigt.
Außerdem informiert die Broschüre
über zivilrechtliche Rechtsschutzmöglichkeiten sowie über den
Ablauf des strafrechtlichen Verfahrens nach einer sexuellen Straftat.
Das Motto „Handeln statt Schweigen“ sollte als Denkanstoß verstanden werden. Wird es beherzigt und
sexuelle Gewalt gegen Frauen nicht
länger „totgeschwiegen“, ist ein
wichtiger Schritt getan – hin zu einer
bedarfsgerechten und sensiblen
Unterstützung der Opfer und zu
einem wirksamen Vorgehen gegen
die Täter.
7
Themen
Informationen
Im Falle eines Falles: Verhaltenshinweise
Beratung und praktische Hilfe – zu jeder Zeit
8
Finanzielle Leistungen
Rechtsschutz und Strafverfolgung
Zum Weiterlesen
1
Informationen
Seiten 9 – 16
1
1
Informationen
Informationen
Welche Erkenntnisse gibt es zur
sexuellen Gewalt gegen Frauen?
Sexuelle Gewalt gegen Frauen hat
viele Erscheinungsformen. So können Frauen anzügliche Blicke, Beleidigungen, Belästigung am Arbeitsplatz oder „Angrapschen“ als sexuelle Gewalt empfinden. Die vorliegende Broschüre kann nur auf massive, strafrechtlich relevante sexuelle
Übergriffe eingehen. Gemeint sind
damit v. a. Vergewaltigung, versuchte
Vergewaltigung sowie sexuelle Nötigung mittels körperlichem Zwang
oder Drohung. Die genannten Angebote helfen aber auch in anderen
Fällen sexueller Gewalt weiter.
10
Zahlen und Fakten
In Bayern werden jedes Jahr etwa
1000 Vergewaltigungen bei der
Polizei angezeigt; hinzu kommen
mehrere Hundert Anzeigen wegen
sexueller Nötigung. Opfer dieser
Straftaten sind fast ausschließlich
Frauen. Diese Zahlen dürften jedoch
nur einen Bruchteil des tatsächlichen
Ausmaßes sexueller Gewalt gegen
Frauen ausmachen. In vielen Fällen
wird von einer Anzeige abgesehen,
sei es aus Scham, aus Angst oder
aus anderen Gründen. Daraus resultiert ein erhebliches Dunkelfeld, das
zuverlässige Aussagen über Fallzahlen aus diesem Bereich beinahe
unmöglich macht. Im Rahmen einer
Studie zur Gewaltbetroffenheit von
Frauen in Deutschland im Auftrag
des Bundesfamilienministeriums
aus dem Jahr 2004 gaben 13 % der
befragten Frauen (d. h. fast jede siebte Frau) an, seit ihrem 16. Lebensjahr mindestens einmal in ihrem Leben sexuelle Gewalt, und zwar in
den oben beschriebenen strafrechtlich relevanten Formen, erlitten zu
haben.
Was sind die Ursachen
sexueller Gewalt gegen Frauen?
Die Gefahr droht
häufig nicht von „außen“
Entgegen landläufiger Meinungen
wird Gewalt gegen Frauen in der
weit größeren Zahl aller Fälle nicht
durch Fremde ausgeübt. Die oben
genannte Untersuchung geht in
Übereinstimmung mit früheren Einschätzungen davon aus, dass rund
zwei Drittel aller sexuellen Gewalttaten gegen Frauen im sozialen Nahbereich stattfinden. Das bedeutet,
dass die Täter dem Opfer in den meisten Fällen bekannt sind. Häufig sind
es Ehemänner oder Lebenspartner,
Arbeitskollegen, Nachbarn oder
Bekannte. 69 % der befragten Frauen
erlitten sexuelle Gewalt in ihrer
eigenen Wohnung.
Tätlichkeiten
an Stelle von Dialog
Gewalt entsteht häufig aus einem
Ohnmachtsgefühl des Täters heraus.
Wenn dieser zu einer vernünftigen
Konfliktlösung nicht mehr in der Lage ist, setzt er Gewalt – auch sexuelle Gewalt – als Mittel ein, um sich
mitteilen, behaupten und durchsetzen zu können. Gerade wenn Gewalt
schon in der Ursprungsfamilie als
Mittel zur Lösung von Problemen
eingesetzt wurde, besteht die Gefahr, dass dieses in der Kindheit
erlebte Verhalten später auch in der
Partnerschaft wieder praktiziert wird.
Gewalttätiges Verhalten wird in der
Regel durch mehrere Faktoren begünstigt. Wissenschaftliche Erkenntnisse weisen – soweit vorhanden –
in vier Richtungen:
Fehlende Balance
in Beziehungen
Eine wesentliche Ursache für Gewalt
in Beziehungen kann auch in einem
sehr ausgeprägten Rollenverhalten
liegen. Etwa, wenn einem ausgesprochen dominanten Verhalten des
Mannes Angst und Unsicherheit der
Frau gegenüberstehen. Häufig
erdulden Frauen aufgrund fehlenden
Selbstwertgefühls die Übergriffe,
schreiben sich selbst die Schuld dafür
zu und haben lange Zeit nicht die
11
1
1
Informationen
Informationen
Kraft, sich gegen die immer brutaler
werdenden Gewaltakte zu wehren.
Welche Folgen kann
sexuelle Gewalt haben?
Demütigung durch Gewalt
Das Motiv für sexuelle Gewalt liegt
in der Gewaltausübung, nicht jedoch
in der Befriedigung durch die sexuelle Handlung selbst. Vergewaltigungen werden oft begleitet von
obszönen und beleidigenden Beschimpfungen. Dem Täter geht es
meist darum, Macht auszuüben und
sein Opfer zu demütigen, d. h. als
Person herabzuwürdigen. Der Täter,
der nur zur Durchsetzung sexueller
Wünsche handelt, stellt eher die
Ausnahme dar.
Sexuelle Gewalttaten stellen einen
massiven Eingriff in die körperliche
Unversehrtheit und das sexuelle
Selbstbestimmungsrecht der Frau
dar. Sie haben unabhängig von körperlichen Verletzungen auch gravierende psychische Folgen, die teilweise noch lange nach der Tat nur
schwer zu bewältigen sind. Bei
Frauen, die Opfer sexueller Gewalttaten wurden, kann es u. a. zu Depressionen, Schlafstörungen, Angstzuständen, Störungen im sexuellen
Bereich und in partnerschaftlichen
Beziehungen kommen. Die Arbeitsfähigkeit kann beeinträchtigt sein.
Oft löst die Tat eine existenzielle
Lebenskrise aus. Nach einer Vergewaltigung haben manche Frauen
Angst vor neuen Kontakten und isolieren sich. Selbstbewusstsein,
Selbstwertgefühl und das Vertrauen
in die eigenen Fähigkeiten werden
erheblich reduziert oder gehen verloren. Vielfach folgt die Frau noch
immer der weit verbreiteten, völlig
falschen Auffassung, dass sie selbst
an der erlittenen Gewalttat mit
schuldig ist. Diese Art von Selbstvorwürfen, verbunden mit Scham,
bewirkt bei vielen Frauen, dass sie
sich unfähig fühlen, über die Tat zu
sprechen oder ein strafrechtliches
Verfahren gegen den Täter in die
Wege zu leiten.
12
Alltagsbelastungen
verstärken die Gewaltbereitschaft
Schwierige familiäre und soziale Verhältnisse können den Teufelskreis
der Gewalt fördern, vor allem wenn
Alkoholmissbrauch, Arbeitslosigkeit,
Überschuldung, nervliche Überlastung oder unzureichende Wohnverhältnisse hinzukommen. Sie sind
aber selten der alleinige Auslöser für
aktuelle Gewalt. Keinesfalls können
sie als Entschuldigung für sexuelle
Übergriffe akzeptiert werden.
13
1
Informationen
1
Informationen
Ein normales Leben als Frau zu führen, ist den Opfern oft lange verwehrt. Nicht selten bedarf es jahrelanger Therapie, um Resignation,
Depression und den Verlust sozialer
Kontaktfähigkeit zu überwinden.
Gewalttaten können bei manchen
Frauen bis hin zur Selbstzerstörung
in verschiedenen Formen von Sucht
oder Selbstmordversuchen führen.
Wie kann sexueller Gewalt
vorgebeugt werden?
14
Je größer Selbstvertrauen und
Selbstsicherheit sind, desto geringer
ist die Gefahr, Opfer einer sexuellen
Gewalttat zu werden. Alles, was
Ihnen hilft, Ihr Selbstbewusstsein zu
festigen oder zu steigern, kann daher zugleich vor sexueller Gewalt
schützen. Sagen Sie „Nein“, wenn
Ihnen z. B. körperliche Berührungen
unangenehm sind – das gilt auch in
einer Partnerschaft oder Ehe.
In den letzten Jahren haben sich
diesbezüglich auf örtlicher Ebene
verschiedene Initiativen entwickelt,
die Frauen Hilfe zum Schutz vor
sexueller Gewalt anbieten. Sie wollen Techniken vermitteln, die Frauen
in die Lage versetzen, sich selbst
besser schützen zu können. So können Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungskurse für Frauen dabei
helfen, Angst zu überwinden, selbstbewusst aufzutreten, sich gegen unerwünschte Sexualkontakte körper-
15
1
Im Falle eines Falles: Verhaltenshinweise
Seiten 17 – 30
Informationen
lich zu wehren und bei Gewaltangriffen situationsgerecht zu reagieren.
Daneben gibt es eine ganze Reihe
weiterer örtlich sehr unterschiedlicher Angebote, die Frauen besser
schützen wollen. Dazu zählen Frauenparkplätze in Tiefgaragen ebenso
wie Frauentaxis oder Frauenmitfahrzentralen. Auch gibt es mehr und
mehr Selbsthilfegruppen mit unterschiedlicher Aufgabenstellung.
16
Die entsprechenden Angebote in
Ihrer Nähe können Sie bei den
örtlichen Volkshochschulen, den
kommunalen Gleichstellungsbeauftragten, Frauenzentren
oder den Frauennotrufen (siehe
auch „Beratung und praktische
Hilfe – zu jeder Zeit“, Seiten 31 –
40) erfragen.
2
2
18
Im Falle eines Falles: Verhaltenshinweise
Im Falle eines Falles: Verhaltenshinweise
Ist Gegenwehr sinnvoll?
Wie kann ein Arzt helfen?
Zu dieser Frage ist eine allgemein
gültige Antwort nicht möglich. Jedoch belegen zahlreiche Fälle, dass
bereits bei leichter, aber konsequenter Gegenwehr ca. zwei Drittel der
Täter die Tat abbrachen. Bei massiver Gegenwehr konnten sogar fast
85 % der Frauen den Täter zur Aufgabe seines Vorhabens bewegen. Während aktive Gegenwehr oder Hilferufe somit in der weit überwiegenden Zahl der Fälle die Täter abschrecken, kann dies im Einzelfall
möglicherweise aber auch zu noch
brutaleren Vorgehensweisen oder
Kurzschlussreaktionen mit dramatischen Folgen für die Frau führen. Es
wird also auf die konkrete Situation
ankommen, etwa ob jemand in der
Nähe ist oder ob Sie kräftemäßig
dazu in der Lage sind, Gegenwehr
zu leisten.
Für Opfer einer sexuellen Gewalttat
empfiehlt sich der möglichst frühzeitige Besuch bei einer Ärztin oder einem Arzt. Dies ist für die schnelle
Vermittlung von Hilfen ebenso wie
für die Beweissicherung von entscheidender Bedeutung.
Nicht unproblematisch ist auch der
Ratschlag, so zu tun, als ob man
„mitmache“. Im Einzelfall werden
dadurch schwere körperliche Verletzungen vermieden; die psychischen
Folgen können aber trotzdem auftreten. Es gilt darüber hinaus zu bedenken, dass dieses Verhalten als Einverständnis fehlgedeutet werden
kann; eine spätere Verurteilung des
Täters wird in jedem Fall erschwert.
Verletzungen und Beweismittel wie
z. B. Spermaspuren müssen festgestellt und dokumentiert werden.
Deshalb ist es wichtig, dass Sie bald
nach der erlittenen Gewalttat (möglichst innerhalb von zwölf Stunden)
eine Arztpraxis oder den Notdienst
eines Krankenhauses aufsuchen,
über das Geschehene informieren
und sich untersuchen lassen. Sie
sollten sich zur Vermeidung mehrfacher Untersuchungen sofort an eine
Gynäkologin oder einen Gynäkologen bzw. – insbesondere während
der Nacht – an eine gynäkologische
Ambulanz in einem Krankenhaus
wenden, auch wenn Sie das größte
Vertrauen in der Regel Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt entgegenbringen.
Weisen Sie die Ärztin oder den Arzt
bitte darauf hin, wenn Sie sich nach
der Tat geduscht oder gewaschen
haben. Dadurch können wichtige
Spuren vernichtet worden sein.
Die Untersuchung ist aber dennoch
sinnvoll.
2
Bitte beachten Sie, dass die einzelnen Untersuchungsschritte grundsätzlich freiwillig sind. Oft hilft es,
wenn Sie eine Person Ihres Vertrauens zur Untersuchung begleitet.
DNA-Analyse
Insbesondere bei Verbrechen gegen
die sexuelle Selbstbestimmung,
aber auch bei anderen erheblichen
körperlichen Misshandlungen sind
Spuren, aus denen DNA-AnalyseDaten erhoben werden können, von
wesentlicher Bedeutung für die Ermittlung und beweiskräftige Überführung des Täters. Bei der ärztlichen
Untersuchung ist daher unbedingt
auf mögliche Spuren des Täters wie
Speichel, Sperma, Blut, Haare (mit
Wurzel) und alle möglichen Formen
von Hautabrieben (ggf. unter den
Fingernägeln des Opfers) zu achten.
Schwangerschaftstest
Wenn Sie gleich nach der Tat eine
Schwangerschaft befürchten, sollten
Sie sich auf jeden Fall innerhalb
von 48 Stunden nach der Tat an eine
Ärztin oder einen Arzt wenden. Um
die Einnistung eines befruchteten
Eies und damit eine Schwangerschaft zu vermeiden, kann während
dieser Frist noch die „Pille danach“
in Betracht kommen. Wenn die
Regelblutung ausbleibt, sollten Sie
stets einen Schwangerschaftsfrühtest durchführen. Bei den staatlich
anerkannten Schwangerenberatungsstellen erhalten Sie in einfühlsamer Weise und kostenlos Infor-
19
2
Im Falle eines Falles: Verhaltenshinweise
mation, Rat und Hilfe – bei Bedarf
auch anonym. Eine Ärztin oder ein
Arzt ist Ihr Gesprächspartner, wenn
es um die Klärung der Voraussetzungen zum Schwangerschaftsabbruch (kriminologische Indikation)
gehen sollte.
HIV-Antikörper-Test
(„AIDS-Test“)
Zu empfehlen ist auch ein Test auf
AIDS und eventuelle Geschlechtskrankheiten. Ein HIV-Antikörper-Test
in Verbindung mit einer AIDS-Beratung ist kostenlos und kann anonym
beim Landratsamt/untere Gesundheitsbehörde durchgeführt werden.
22
Ärztliches Attest
zur Sicherung der Beweismittel
Die Ärztin oder der Arzt müssen den
Befund dokumentieren. Dazu kann
auch das Fotografieren der Verletzungen sinnvoll sein. Soweit Sie
dies wünschen, kann Ihnen der Befund schriftlich bestätigt werden. Ein
spezieller Untersuchungsbogen, der
vom Bayerischen Landeskriminalamt
entwickelt und an die bayerischen
Frauenärztinnen und -ärzte verteilt
wurde, stellt sicher, dass die Dokumentation auch für den Fall einer
späteren Anzeigeerstattung vollständig, detailliert und beweiskräftig ist.
Im Falle eines Falles: Verhaltenshinweise
2
Soll Strafanzeige
gestellt werden?
Auch wenn es Ihnen unmittelbar
nach der Tat aufgrund Ihrer extremen psychischen Belastungssituation besonders schwer fällt, ist
grundsätzlich zu einer sofortigen
Strafanzeige zu raten. Dabei ist eine
detaillierte Schilderung des Tathergangs unverzichtbar, die für Sie eine
erneute Konfrontation mit der Tat
bedeutet. Die Polizei ist bemüht, Ihrem Wunsch nach einer Vernehmung
durch eine Polizeibeamtin nachzukommen; bei jedem Polizeipräsidium gibt es Beauftragte der Polizei
für Frauen und Kinder, die durch örtliche Ansprechpartnerinnen bei den
Polizeidirektionen unterstützt werden. Einzelheiten zum Ablauf der
polizeilichen Ermittlungen können
Sie auf Seite 50 nachlesen.
Wenn Sie die Straftat nicht anzeigen, kann dies Folgen haben:
Wenn Sie die Polizei schon unmittelbar nach der Tat verständigen, ist die
Wahrscheinlichkeit, dass der Täter
überführt und bestraft wird, sehr viel
höher. Die Polizei kann dann unverzüglich wichtige Spuren und Beweismittel sichern. Bei einem unbekannten Täter kann mit einer möglichst
genauen Täterbeschreibung sofort
eine Fahndung eingeleitet werden.
Die Anzeige bei der Polizei dient
somit in hohem Maß auch Ihrem
eigenen Schutz und dem anderer
23
2
Im Falle eines Falles: Verhaltenshinweise
möglicherweise gefährdeter Frauen,
da es sich oft um Wiederholungstäter handelt. Die Aufklärungsquote
bei Vergewaltigungen und sexuellen
Nötigungen liegt bei über 80 %.
Wenn Sie die Straftat nicht bei der
Polizei oder Staatsanwaltschaft anzeigen, obwohl Ihnen dies zumutbar
wäre, können Leistungen nach dem
Opferentschädigungsgesetz (Seite
43) versagt werden. Auch unter dem
Gesichtspunkt der Sicherung eventueller Ansprüche ist daher zu einer
sofortigen Strafanzeige zu raten.
24
Sie können die Tat innerhalb der
gesamten Verjährungszeit, die bei
sexueller Nötigung und Vergewaltigung 20 Jahre beträgt, anzeigen.
Bei diesen Taten ruht im Übrigen die
Verjährung bis zur Vollendung des
18. Lebensjahres des Opfers. Der
Tatnachweis ist bei später angezeigten Sexualstraftaten schwieriger,
wenn nicht sogar aussichtslos. Falls
Sie sich nicht gleich nach der Tat zu
einer Anzeige bei der Polizei entschließen können, sollten Sie deshalb die folgenden Punkte beachten,
die für eine eventuelle spätere
Strafverfolgung wichtig sind:
Im Falle eines Falles: Verhaltenshinweise
2
Beweisstücke sichern
Beschädigte Kleidungsstücke, Wäsche, Bettlaken oder andere Gegenstände, mit denen der Täter in Berührung gekommen ist, sind wichtige Beweisstücke in einem Strafverfahren. Besonders Wäschestücke
mit Sperma oder Blutspuren sollten
deshalb unbedingt ungewaschen,
trocken und getrennt aufbewahrt
werden.
Gedächtnisstütze erstellen
Sie sollten einer Person Ihres Vertrauens den Tathergang berichten
und diesen für sich selbst möglichst
genau schriftlich festhalten. Wichtig
sind auch Angaben zur genauen
Tatzeit und zum Tatort. Personen, an
die Sie sich unmittelbar nach der
Tat wenden und denen Sie die Tat
erzählen, sind wichtige mittelbare
Zeugen.
Ärztliche Untersuchung
wahrnehmen
Die unter „Ärztliche Hilfe“ dargestellten Untersuchungen und deren
Dokumentation haben auch für eine
spätere Strafverfolgung große
Bedeutung.
Wenn Sie sich noch unsicher sind,
was Sie in Ihrer schwierigen Situation zuerst unternehmen, sollten Sie
am besten telefonisch, ggf. anonym
Kontakt zu einem Notruf für von
Gewalt betroffene Frauen und Mädchen (siehe Seiten 32 – 33) oder der
Beauftragten der Polizei für Frauen
und Kinder (siehe Seiten 50 – 51)
aufnehmen. Dort haben Sie Gelegenheit, sich über das Erlebte auszusprechen, werden beraten und
mit fachkundiger Hilfe unterstützt.
25
2
Im Falle eines Falles: Verhaltenshinweise
Im Falle eines Falles: Verhaltenshinweise
2
Was tun, wenn
Verwandte oder Bekannte
an der Tat beteiligt sind?
26
Vielen Frauen fällt es schwer, sich zu
einer Anzeige durchzuringen, wenn
der Täter aus ihrem eigenen Umfeld
stammt. Hier werden häufig andere
Möglichkeiten wie die Flucht in ein
Frauenhaus oder eine Notwohnung
(siehe Seiten 36 – 37) erwogen.
Sie sollten auch in diesem Fall fachlichen Rat einholen, entweder –
ggf. telefonisch anonym – bei den
Beauftragten der Polizei für Frauen
und Kinder (siehe Seiten 50 – 51),
bei einem Notruf für von Gewalt
betroffene Frauen und Mädchen
(siehe Seiten 32 – 33) oder einem
Frauenhaus.
27
2
28
Im Falle eines Falles: Verhaltenshinweise
In einigen Orten Bayerns (z. B. Passau,
Augsburg, Traunstein, Rosenheim,
Ingolstadt) arbeitet die Staatsanwaltschaft mit Beratungsstellen
zusammen, die ein soziales Training
für Täter oder eine gemeinsame
Beratung von Opfer und Täter anbieten. Die Staatsanwaltschaft kann das
Ermittlungsverfahren gegen einen
Ihnen nahe stehenden Täter wieder
einstellen, wenn dieser die Beratungsauflage erfüllt und aktiv an
einem sozialen Trainingskurs teilgenommen hat. Voraussetzung ist
allerdings, dass es sich nicht um
einen Fall schwerer Kriminalität
gehandelt hat. Die Staatsanwaltschaft hat damit die Möglichkeit,
einen aus Ihrem Nahbereich stammenden Täter durch den Druck eines
drohenden Strafverfahrens zu einer
Verhaltensänderung zu motivieren.
Derartige Drucksituationen sind oft
pädagogisch hilfreich, wenn sich
etwas zum Besseren verändern soll.
Im Falle eines Falles: Verhaltenshinweise
2
Wie können Verwandte,
Freunde und Bekannte helfen?
Unmittelbar nach einer Vergewaltigung oder einer sexuellen Nötigung
befindet sich die betroffene Frau in
einem psychischen Ausnahmezustand. Sie fühlt sich beschmutzt,
erniedrigt, verspürt oft den Wunsch,
sich stundenlang zu waschen, will
sich vor Scham isolieren.
Gerade in dieser Zeit ist das Verhalten der Umwelt der Betroffenen,
die vorsichtig angebotene Hilfe und
insbesondere das Zuhören und
Verstehen eine echte Stütze. Ausmaß und Dauer der Folgen einer
sexuellen Gewalttat hängen wesentlich davon ab, welche Solidarität die
Frau erfährt. Wird die Betroffenheit
der Frau als Opfer nicht ernst genommen und ihr die Mitschuld an
dem Geschehen gegeben, so erschwert sich die Aufarbeitung des
erlittenen Unrechts noch zusätzlich.
Gerade jetzt kann es erhebliche Folgen haben, wenn Verwandte oder
Bekannte die Glaubwürdigkeit der
Frau anzweifeln oder ihr sogar
Schuld zuweisen. Wird die Frau
dagegen von Verwandten, Freunden
und Fachleuten in ihrer Situation
unterstützt und ihr spontane Hilfe
angeboten, so kann sie die erlittene
Tat wesentlich besser bewältigen.
29
2
30
Im Falle eines Falles: Verhaltenshinweise
Wann immer Sie mit einer derartigen Situation konfrontiert sind, lassen Sie eine betroffene Frau in Ruhe
ausreden, hören Sie zu und gehen
Sie vorsichtig mit Ihrer eigenen Bewertung um. Bieten Sie Ihre Unterstützung an. Sie können der Betroffenen helfen, indem Sie z. B. Anrufe
übernehmen oder sie zu Untersuchungen, zur Polizei, zum Rechtsanwalt oder zu anderen Stellen begleiten. Bei vielen Frauen besteht
große Verunsicherung darüber, an
wen sie sich wenden sollen, wo sie
ärztlichen Rat erhalten, ob sie Strafanzeige erstatten sollen und wo sie
geeignete fachliche Hilfe finden. Ihre
Hilfe kann gerade bei der Klärung
dieser Fragen eine erhebliche Entlastung bedeuten.
Beratung und praktische Hilfe – zu jeder Zeit
Seiten 31 – 40
3
3
32
Beratung und praktische Hilfe – zu jeder Zeit
Das Hilfeangebot für Opfer von Gewalttaten wurde in den vergangenen
Jahren weiter ausgebaut. Es reicht
von Beratungsangeboten über Zufluchtsmöglichkeiten bis zur Begleitung bei Gerichtsverfahren. Ziel der
meisten Angebote ist die Hilfe zur
Selbsthilfe. Wo nötig, sollen Eigenverantwortung, Selbstachtung, Vertrauen und soziale Kompetenz der
Frau wiederhergestellt und die erlittene Gewalt bewältigt werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit
einer psychotherapeutischen Behandlung, deren Kosten für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden
können (siehe Seite 46). Nähere
Auskünfte zu den Voraussetzungen
einer Kostenübernahme erhalten
Sie bei Ihrer Krankenkasse.
Ambulante Beratungsstellen –
Notrufe
Umfassende
Begleitung im Ernstfall
In Bayern gibt es derzeit 33 staatlich
geförderte Notrufe. Es sind spezialisierte Beratungseinrichtungen für
Frauen und Mädchen, die Opfer von
sexueller, körperlicher oder psychischer Gewalt wurden. Sie bieten
Beratung, persönliche Hilfe sowie
die Möglichkeit des Gesprächs unmittelbar nach der Tat. Sie informieren über die erforderlichen ärztlichen Untersuchungen, den Ablauf
des Strafverfahrens und die Möglichkeiten der anwaltschaftlichen
Beratung und praktische Hilfe – zu jeder Zeit
Hilfe. Auf Wunsch begleiten die
Mitarbeiterinnen der Notrufe Betroffene zur Polizei und zum Arzt.
Die Notrufe unterstützen auch bei
der Suche nach einer Rechtsanwältin
oder einem Rechtsanwalt. Die Vorbereitung auf Gerichtsverfahren und
die Begleitung zu diesen sowie zu
Behördengängen werden im Bedarfsfall ebenfalls übernommen.
Das Hilfeangebot der Notrufe besteht übrigens unabhängig davon,
ob die Tat angezeigt bzw. strafrechtlich verfolgt wurde oder nicht.
Gesprächsmöglichkeit
für Betroffene
Die Notrufe bieten in Einzelgesprächen die Möglichkeit, über die
erlebte Gewalt und die damit verbundenen Ängste und Verletzungen
offen zu sprechen. In vielen Notrufen bestehen darüber hinaus Gesprächsgruppen für Frauen, die Opfer sexueller Gewalttaten wurden.
Das Gespräch mit anderen betroffenen Frauen hilft, die Folgen der Tat
besser zu verkraften und aufzuarbeiten. Das trägt wesentlich dazu bei,
die Isolation nach einer sexuellen
Gewalttat zu überwinden. Einige dieser Gruppen werden von Mitarbeiterinnen des Notrufs fachlich begleitet oder als Selbsthilfegruppen organisiert.
Anlaufstelle auch
bei späteren Problemen
Notrufe leisten auch Hilfen für die
Bewältigung länger zurückliegender
3
Taten. Viele Frauen sehen sich aus
unterschiedlichen Gründen nicht in
der Lage, unmittelbar nach der Gewalttat Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Manchmal können Frauen erst nach
Jahren, ausgelöst durch besondere
Lebenssituationen wie Heirat oder
die Geburt eines Kindes, über die
erlebte Gewalt sprechen und dieses
traumatische Ereignis verarbeiten.
Auch wenn Sie zur Tatzeit noch ein
Kind waren und sich erst jetzt mit
dem Missbrauch auseinandersetzen,
helfen die Notrufe weiter.
Adressen und Telefonnummern
der Notrufe für von Gewalt betroffene Frauen und Mädchen
finden Sie im örtlichen Telefonbuch oder unter www.gewaltschutz.bayern.de. Da viele der
Notrufe ehrenamtlich arbeiten,
sind diese in der Regel nur zu
bestimmten Sprechzeiten erreichbar. Gegebenenfalls wird
Sie aber ein Anrufbeantworter
über die Besetzung des Notrufs
informieren.
33
3
Beratung und praktische Hilfe – zu jeder Zeit
Frauenhäuser
Wenn Sie sich zu Hause nicht mehr
sicher fühlen, weil Sie dort physisch,
psychisch oder sexuell bedroht werden, können Sie Schutz und Hilfe in
einem der 38 bayerischen Frauenhäuser finden.
36
Zuflucht und Betreuung,
auch für Kinder
Frauenhäuser leisten Hilfe für
Frauen und deren Kinder, die von
Gewalt und Misshandlung bedroht
oder betroffen sind. Das Hilfeangebot erstreckt sich nicht nur auf die
Gewährung von Zuflucht. Betroffene
Frauen und Kinder können hier neben Betreuung und Hilfe auch Beratung in allen anstehenden Fragen,
Hilfestellung bei der Wohnungssuche und oft auch eine nachgehende Betreuung nach Verlassen des
Frauenhauses erhalten. Kinder, die
selbst meist unter der häuslichen
Gewaltsituation leiden, finden ebenfalls im Frauenhaus Aufnahme. Sie
werden dort durch ihre Mütter und
ergänzend durch Fachkräfte betreut.
Manche Frauenhäuser verfügen sogar über ein eigenes Kontingent an
Kindergartenplätzen in der näheren
Umgebung.
Ein wesentliches Anliegen der Frauenhausarbeit ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Durch Gespräche, Beratung
und Gruppenarbeit mit anderen
Frauen, die Ähnliches erlebt haben,
sollen die betroffenen Frauen im
Frauenhaus angstfrei so viel Selbstständigkeit und Freiraum gewinnen,
dass sie eine eigenverantwortliche
Entscheidung über ihre persönliche
Zukunft und die ihrer Kinder treffen
können.
Telefonnummern der
Frauenhäuser finden Sie im örtlichen Telefonbuch oder unter
www.gewaltschutz.bayern.de.
Die Adressen werden geheim
gehalten, um den notwendigen
Schutz vor Nachstellungen der
Täter zu gewährleisten.
Beratung und praktische Hilfe – zu jeder Zeit
Notwohnungen
Manche Städte oder Landkreise verfügen auch über Notwohnungen für
Frauen, denen körperliche oder
sexuelle Gewalt angetan wurde.
Auch hier können Sie vorübergehend Zuflucht finden; im Unterschied zu den Frauenhäusern ist
eine Betreuung durch Fachpersonal
aber nicht oder nur in geringerem
Umfang gewährleistet. Ob eine solche Notwohnung in Ihrer Nähe existiert, können Sie bei den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten
(siehe Seite 38) erfragen.
Spezielle Angebote
für Opfer von Menschenhandel
Muttersprachliche Beratung und
Betreuung für – zumeist ausländische – Frauen, die Opfer von Menschenhandel und/oder Zwangsprostitution geworden sind, bieten die
Fachberatungsstellen von Jadwiga
und die Beratungs- und Kontaktstellen von Solwodi Bayern e. V. (siehe
www.gewaltschutz.bayern.de).
Ehe- und
Familienberatungsstellen
Aufgabe der Beratungsstellen für
Ehe-, Familien- und Lebensfragen ist
die Hilfe in Krisensituationen und
bei allen Schwierigkeiten in Ehe,
Familie und Lebensgemeinschaft.
Ein wichtiges Ziel der Beratung ist
es, die Fähigkeiten der einzelnen
Familienmitglieder zum Dialog so zu
3
fördern, dass sie mit auftretenden
Konflikten selbst fertig werden. Eine
faire und kontinuierliche Kommunikation trägt entscheidend zur
Verhinderung von Gewalt bei.
Adressen und Telefonnummern
der Erziehungsberatungsstellen,
die es in jedem Landkreis und in
jeder kreisfreien Stadt gibt, finden Sie im Telefonbuch oder
unter
www.stmas.bayern.de/familie.
37
3
Beratung und praktische Hilfe – zu jeder Zeit
Beratung und praktische Hilfe – zu jeder Zeit
3
Gleichstellungsbeauftragte
Spezielle Initiativen
Weißer Ring
Inzwischen gibt es Gleichstellungsbeauftragte bei allen Bezirken, Landkreisen, kreisfreien Städten und
auch vielen kreisangehörigen Gemeinden. Ein Schwerpunkt ihrer
Arbeit sind auch Fragen der Gewalt
gegen Frauen. Die Gleichstellungsbeauftragten unterstützen Frauen
durch konkrete Hilfen wie Beratung
und Vermittlung in ein Frauenhaus,
an einen Notruf oder zu anderen
Hilfeangeboten. Durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit leisten sie einen
wichtigen Beitrag zur Gewaltprävention.
In den vergangenen Jahren haben
sich weitere Initiativen für Frauen als
Opfer sexueller Gewalt entwickelt.
Das örtliche Angebot ist sehr unterschiedlich; es kann am besten bei
den Gleichstellungsbeauftragten
(siehe linke Spalte) erfragt werden.
Der Weiße Ring e. V. ist ein gemeinnütziger Verein, der den Opfern von
Straftaten hilft. Er steht Kriminalitätsopfern an nahezu 80 Außenstellen
in Bayern mit Rat und Tat zur Seite. Die Hilfen werden auch zu einem
großen Teil von Vergewaltigungsopfern in Anspruch genommen. Der
Weiße Ring bietet folgende Hilfen an:
38
Ihre Stellung als Teil der Verwaltung
von Landkreis, Stadt oder Gemeinde
ermöglicht es den Gleichstellungsbeauftragten, die notwendige Vernetzungsarbeit zwischen verschiedenen beteiligten Stellen wie Jugendamt, Allgemeinem Sozialdienst oder
anderen Hilfeangeboten zu übernehmen.
Anschrift und Telefonnummern
der Gleichstellungsbeauftragten
finden Sie im örtlichen
Telefonbuch.
• menschlichen Beistand und persönliche Betreuung nach der Straftat,
• Hilfestellung im Umgang mit Behörden,
• Begleitung zu Gerichtsterminen,
• Vermittlung von Hilfen anderer Organisationen,
• Unterstützung bei materiellen Notlagen im Zusammenhang mit der
Straftat, u. a. durch
• Beratungsscheck für eine kostenlose Erstberatung bei einer frei gewählten Anwältin oder einem Anwalt,
• Übernahme weiterer Anwaltskosten, insbesondere zur Durchsetzung
sozialrechtlicher Ansprüche (z. B. nach dem Opferentschädigungsgesetz) und zur Wahrung von Opferschutzrechten im Strafverfahren
(Opferanwalt),
• Erholungsprogramme für Opfer und ihre Familien,
• finanzielle Zuwendungen zur Überbrückung der Tatfolgen.
Die Hilfen des Weißen Rings sind weder an eine Mitgliedschaft noch an
sonstige Verpflichtungen gebunden. Finanzielle Zuwendungen brauchen
nicht zurückgezahlt werden.
Über den Opfernotruf 0 18 03 / 34 34 34
ist der Weiße Ring Tag und Nacht erreichbar.
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3
Beratung und praktische Hilfe – zu jeder Zeit
Zeugenbetreuung
40
Das Bayerische Staatsministerium
der Justiz hat 1994 ein Modellprojekt
zur Zeugenbetreuung im Strafverfahren gestartet, das mittlerweile flächendeckend bei allen bayerischen
Amts- und Landgerichten umgesetzt
wurde. Es steht allen Zeuginnen und
Zeugen bei Gericht offen, auch denen, die Opfer einer Straftat geworden sind. Ziel ist es vor allem, hilfsbedürftigen Zeuginnen und Zeugen
die Unsicherheit im Umgang mit
dem Gericht bzw. eventuell bestehende Ängste zu nehmen. Die Zeugenbetreuerinnen und Zeugenbetreuer stehen als Ansprechpartner
zur Verfügung, um in verständlicher
Form allgemeine Fragen zum Verfahrensablauf und zur Zeugenvernehmung zu beantworten. Vielfach
existieren auch besondere Warteräume für Zeuginnen und Zeugen.
Akzeptanz und Resonanz dieses
Angebots sind nach den bisherigen
Erfahrungen positiv, auch bei Opferzeuginnen und -zeugen von Sexualdelikten.
Finanzielle Leistungen
Seiten 41 – 46
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4
Finanzielle Leistungen
Finanzielle Leistungen
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Leistungen nach dem
Opferentschädigungsgesetz
bar wäre, können die Leistungen
nach dem OEG versagt werden.
Nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) können Sie finanzielle
Hilfen erhalten, wenn Sie durch eine
Gewalttat eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben. Das OEG
sieht insbesondere folgende Leistungen vor:
Das OEG wird in erster Linie von
den Regionalstellen des Zentrums
Bayern Familie und Soziales (ZBFS)
vollzogen. Dort können Sie sich an
speziell mit der Betreuung von Gewaltopfern betraute Sonderbetreuerinnen und Sonderbetreuer wenden,
die Ihnen gerne nähere Auskunft
geben.
• Heilbehandlungsmaßnahmen
(z. B. Therapien),
42
• Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (z. B. Finanzierung einer
Umschulung, wenn Sie Ihren bisherigen Beruf wegen der Tatfolgen
nicht mehr ausüben können),
• laufende Rentenleistungen, wenn
eine nicht nur vorübergehende
Gesundheitsstörung im körperlichen oder seelischen Bereich vorliegt. Dies ist z. B. dann der Fall,
wenn Sie sechs Monate nach der
Tat immer noch an erheblichen
seelischen Störungen oder schweren körperlichen Verletzungen leiden.
Sach- und Vermögensschäden werden nach dem OEG nicht erstattet.
Es wird auch kein Schmerzensgeld
gezahlt. Das Opfer sollte zur Aufklärung des Sachverhalts und zur
Verfolgung des Täters beitragen.
Wenn die Straftat nicht unverzüglich
bei Polizei oder Staatsanwaltschaft
angezeigt wird, obwohl dies zumut-
Anschriften, Telefonnummern
und E-Mail-Adressen des ZBFS
finden Sie unter
www.zbfs.bayern.de.
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4
Finanzielle Leistungen
Leistungen der
gesetzlichen Krankenkassen
46
Rechtsschutz und Strafverfolgung
Seiten 47 – 56
Im Rahmen der Krankenbehandlung
haben Versicherte der gesetzlichen
Krankenkassen Anspruch auf psychotherapeutische Behandlung in
Form einer Kurzzeit- oder Langzeittherapie. Hält ein Arzt bzw. eine Ärztin oder ein Psychologischer Psychotherapeut bzw. eine Psychologische
Psychotherapeutin eine Psychotherapie für erforderlich, so stellen sie
zusammen mit dem Patienten einen
entsprechenden Antrag bei dessen
Krankenkasse. Ist eine längerfristige
Psychotherapie geplant, ist die Notwendigkeit durch einen Gutachter zu
überprüfen. Die Kostenübernahme
ist der Krankenkasse nur dann möglich, wenn die Psychotherapie der
Heilung oder Besserung einer (seelischen) Krankheit dient. Vor Beginn
der Behandlung ist die Genehmigung der Krankenkasse einzuholen.
Die Therapie kann von zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen
Ärzten und Ärztinnen bzw. Psychologischen Psychotherapeuten und
Psychotherapeutinnen durchgeführt
werden. Bei anderen Berufsgruppen
wie z. B. Sozialarbeitern bzw. Heilpraktikern kann Psychotherapie nicht
über die Krankenkasse abgerechnet
werden.
Nähere Informationen erhalten Sie
von Ihrer zuständigen Krankenkasse.
Selbstverständlich kann auch eine
Person Ihres Vertrauens die entsprechenden Auskünfte einholen.
5
5
Rechtsschutz und Strafverfolgung
Rechtsschutz und Strafverfolgung
Welche zivilrechtlichen
Rechtsschutzmöglichkeiten
sind vorhanden?
48
Unabhängig vom Strafverfahren
sowie von Schadensersatz- und
Schmerzensgeldansprüchen können
Sie auch zivilrechtliche Schutzansprüche gegen den Täter geltend
machen, die sich aus dem allgemeinen Bürgerlichen Recht oder aus
dem Gewaltschutzgesetz ergeben
können. Dazu gehören v. a. Ansprüche auf Unterlassung, mit
denen Sie dem Täter jede Kontaktaufnahme oder jede Annäherung an
Ihre Arbeitsstätte oder Ihre Wohnung
verbieten können. Die Verbote können sich auch auf ein bestimmtes
Verhalten innerhalb der gemeinsamen Wohnung oder auf deren
Räumung erstrecken. Sie können
beim zuständigen Amts- oder
Landgericht beantragen, dass bei
einem Verstoß gegen die entsprechende gerichtliche Anordnung ein
Ordnungsgeld fällig wird. Über das
Gewaltschutzgesetz informiert ein
Faltblatt, das in elf Sprachen erhältlich ist (bestellbar bzw. download
unter www.gewaltschutz.bayern.de).
Sofern Sie nicht ohnehin eine gerichtliche Anordnung nach dem
Gewaltschutzgesetz begehren, ist
die Durchsetzung der Schutzansprüche in unaufschiebbaren Fällen
auch im Wege des einstweiligen
Rechtsschutzes möglich.
5
Sie sollten zur Klärung der Frage,
welche Ansprüche Ihnen im Einzelnen zustehen, anwaltlichen Rat
einholen. Möglicherweise steht
Ihnen auch eine kostenlose oder
kostengünstige Beratung nach dem
Beratungshilfegesetz zu, welche ggf.
auch die Unterstützung durch einen
Rechtsanwalt einschließt. Nähere
Einzelheiten können Sie bei der
Rechtsantragsstelle des für Ihren
Wohnort zuständigen Amtsgerichts
erfahren.
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5
Rechtsschutz und Strafverfolgung
Was geschieht im Rahmen
der Strafverfolgung?
Anzeige bei Polizei oder
Staatsanwaltschaft
Sie können die Tat bei jeder Polizeidienststelle (Notruf der Polizei bayernweit Tag und Nacht 110) oder der
Staatsanwaltschaft anzeigen. Selbstverständlich kann eine Straftat auch
dann angezeigt werden, wenn es
keine Tatzeugen oder Beweismittel
gibt.
50
Die Polizei wird zunächst einige kurze notwendige Fragen zum Tatgeschehen, zum Tatort sowie zum
Aussehen des Täters klären, um die
sofortige Fahndung einleiten zu können. Verletzungen werden festgestellt und Beweisstücke gesichert.
Dazu dient auch die fachärztliche
Untersuchung beim Institut für
Rechtsmedizin, in einem Krankenhaus oder in einer ärztlichen Praxis.
Wenn Sie dies wünschen, kann dort
die Problematik einer möglichen
Schwangerschaft oder einer AIDSInfizierung besprochen werden.
Auch die Frage nach Alkohol ist für
die Beweisführung von Bedeutung.
Erfahrungsgemäß wird immer wieder versucht, die Glaubwürdigkeit
von Opfern mit diesbezüglichen
Spekulationen in Frage zu stellen.
Dem kann durch einen Alkoholtest
vorgebeugt werden.
Ausführlich werden Sie von der
Kriminalpolizei vernommen. Dabei
sind Fragen aus dem Intimbereich
für die notwendige Sachverhaltsfeststellung unverzichtbar. Die Beamtinnen und Beamten sind für die
Durchführung derartiger Vernehmungen ausgebildet und geschult.
Soweit es möglich ist, wird dem
Wunsch, von einer Kriminalbeamtin
vernommen zu werden, Rechnung
getragen. Sie können sich hierbei
selbstverständlich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt
begleiten lassen. Auch ist bei jeder
Zeugenvernehmung, sei es durch
die Polizei, die Staatsanwaltschaft
oder durch das Gericht, die Anwesenheit einer Person Ihres Vertrauens gestattet.
Auch die Staatsanwaltschaften berücksichtigen die besondere Situation einer Frau, die Opfer eines Sexualdeliktes geworden ist. Bei allen
bayerischen Staatsanwaltschaften ist
die Bearbeitung solcher Verfahren
bei besonders bestellten Staatsanwältinnen und Staatsanwälten konzentriert.
Beauftragte der Polizei
für Frauen und Kinder
Seit 1987 gibt es bei jedem Polizeipräsidium Beauftragte der Polizei
für Frauen und Kinder. Ihre Aufgaben sind die Information und Unterstützung von Frauen und Kindern,
Rechtsschutz und Strafverfolgung
wenn sie Opfer von sexuellen Gewalttaten geworden sind. Sie sind
auch im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und in der Kriminalitätsvorbeugung tätig.
Sie wollen die möglicherweise vorhandene Schwellenangst gegenüber
der Polizei beseitigen, informieren
über rechtliche Möglichkeiten und
vermitteln gegebenenfalls Kontakte
zu hilfeleistenden Organisationen
und Einrichtungen. Als Polizeibeamtinnen werden sie nicht nur beratend tätig, sie müssen vielmehr auch
bei Taten, die durch die Beratung
bekannt geworden sind, die Verfolgung von Amts wegen einleiten.
Eine telefonische Kontaktaufnahme
ist aber auch in anonymer Form
möglich.
Zwingende Strafverfolgung
Sexuelle Gewalttaten sind Offizialdelikte. Das bedeutet, dass die Tat
von Amts wegen verfolgt werden
muss, wenn sie einmal angezeigt ist.
Die Anzeige kann nicht wieder
zurückgezogen werden. Als betroffene Frau und damit als Zeugin sind
Sie zu einer wahrheitsgemäßen und
genauen Aussage verpflichtet. Persönliche Zeugnisverweigerungsrechte stehen nur nahen Angehörigen des Beschuldigten zu. Dazu
gehören vor allem Ehepartner und
Verlobte, Geschwister, Eltern, Großeltern, Onkel und Tanten.
5
Verfahren vor Gericht
Wenn der Täter angeklagt wird, müssen Sie als betroffene Frau im Strafverfahren vor Gericht in der Regel
noch einmal als Zeugin aussagen.
Da zwischen der Tat und dem Gerichtsverfahren meist eine größere
Zeitspanne liegt, kann es hilfreich
sein, wenn Sie sich möglichst bald
nach der Tat oder der polizeilichen
Vernehmung ein schriftliches Gedächtnisprotokoll anfertigen (vgl.
dazu auch Seite 24), da Sie keinen
Anspruch darauf haben, dass die
Polizei Ihnen eine Kopie des Protokolls Ihrer polizeilichen Vernehmung
aushändigt.
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Grundsätzlich müssen Sie als Zeugin vor Gericht auch Ihre Anschrift
angeben. Besteht jedoch Anlass zur
Besorgnis, dass Sie dadurch gefährdet werden, kann Ihnen der Vorsitzende auch gestatten, eine andere
ladungsfähige Anschrift oder gar
keine Anschrift anzugeben.
Fragen, die Ihren persönlichen Lebensbereich betreffen, sollen im
Gerichtsverfahren nur gestellt werden, wenn dies für die Wahrheitsfindung unerlässlich ist, also die Tat
sonst nicht aufgeklärt werden kann.
Unabhängig davon können Sie im
Gerichtsverfahren beantragen, dass
die Öffentlichkeit während Ihrer
Zeugenaussage ausgeschlossen
wird. Falls die Gefahr besteht, dass
5
Rechtsschutz und Strafverfolgung
Sie durch die Anwesenheit des
Angeklagten während Ihrer Zeugenaussage einen schweren gesundheitlichen Schaden, z. B. einen Nervenzusammenbruch, erleiden, kann
der Angeklagte in dieser Zeit aus
dem Gerichtssaal entfernt werden.
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Seit In-Kraft-Treten des Zeugenschutzgesetzes am 1. Dezember 1998
ist darüber hinaus auch der Videoeinsatz im Strafverfahren vorgesehen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Vernehmung einer
Zeugin auf Video aufgezeichnet und
später in der Hauptverhandlung vorgespielt werden. Hierdurch können
zum Teil Mehrfachvernehmungen
vermieden werden. Darüber hinaus
ist auch unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehen, dass in der
Hauptverhandlung eine Videodirektübertragung erfolgt.
Anwaltlicher Beistand
Wenn Sie Opfer einer Vergewaltigung oder einer anderen Straftat
gegen die sexuelle Selbstbestimmung wurden, können Sie sich im
gesamten Verfahren, sowohl im
Ermittlungs- als auch im gerichtlichen Verfahren, des Beistandes einer
Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwalts bedienen. Der Rechtsanwältin oder dem Rechtsanwalt ist
die Anwesenheit bei Vernehmungen
durch die Staatsanwaltschaft und
das Gericht gestattet. Darüber hi-
Rechtsschutz und Strafverfolgung
5
naus können die Rechtsanwältin
oder der Rechtsanwalt grundsätzlich an allen richterlichen Vernehmungen teilnehmen, auch wenn in
der Hauptverhandlung die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist. Ferner
erhalten die Rechtsanwältin oder
der Rechtsanwalt Akteneinsicht.
Die Kosten für den anwaltlichen Beistand müssen geschädigte Frauen
grundsätzlich zunächst selbst tragen.
Unter bestimmten Voraussetzungen,
insbesondere bei geringem Einkommen, kann hierfür jedoch Prozesskostenhilfe gewährt werden. Auskunft
darüber erteilen Ihnen die Rechtsberatungsstellen bei den Amtsgerichten. Die Anschriften finden Sie im
örtlichen Telefonbuch unter „Justizbehörden“ oder „Amtsgericht“.
Schon vor der Bewilligung von Prozesskostenhilfe besteht übrigens die
Möglichkeit der einstweiligen unentgeltlichen Beiordnung einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwalts,
wenn die Mitwirkung des anwaltlichen Beistandes eilbedürftig ist.
Wird der Beschuldigte wegen der
angezeigten Straftat verurteilt, muss
er im Regelfall für die Ihnen durch
die Tat entstandenen Kosten aufkommen. Wurde keine Prozesskostenhilfe gewährt, besteht für Sie im
Hinblick auf die Zahlungsfähigkeit
des Verurteilten aber ein Kostenrisiko.
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Rechtsschutz und Strafverfolgung
Im Zeugenschutzgesetz ist unter
bestimmten Voraussetzungen vorgesehen, dass den Opfern von z. B.
Sexualverbrechen, versuchtem Mord
bzw. Totschlag das Risiko abgenommen wird, dass sie die Kosten für
ihren anwaltlichen Beistand wegen
Zahlungsunfähigkeit des verurteilten
Straftäters selbst tragen müssen.
Nebenklage
Die Nebenklage schafft vor allem
auch für Opfer von Straftaten gegen
die sexuelle Selbstbestimmung eine
umfassende Beteiligungsbefugnis
im Strafverfahren.
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Nach erhobener öffentlicher Klage
durch die Staatsanwaltschaft können
Sie sich als Opfer einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung
oder eines Vergehens nach dem Gewaltschutzgesetz dem Verfahren
durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Gericht als Nebenklägerin
anschließen. Die Nebenklage berechtigt Sie zur Anwesenheit in der
Hauptverhandlung. Als Nebenklägerin können Sie sich aktiv am Verfahren beteiligen, indem Sie Fragen
und Beweisanträge stellen oder beantragen, dass Fragen, die Ihren
persönlichen Lebensbereich betreffen, nicht zugelassen werden. Sie
können darüber hinaus das Urteil
anfechten, wenn der Angeklagte frei-
gesprochen wird. Die Beteiligung als
Nebenklägerin stärkt somit Ihre
Stellung im Gerichtsverfahren ganz
erheblich.
Als Nebenklägerin können Sie eine
Anwältin oder einen Anwalt beiziehen, die über die Rechte des anwaltschaftlichen Beistandes hinaus alle
Rechte ausüben können, die Ihnen
als Nebenklägerin zustehen. Für die
Kosten, die durch die Beiziehung der
Anwältin oder des Anwalts als
Nebenklägervertreterin/-vertreter
entstehen, gelten grundsätzlich die
Ausführungen zum anwaltschaftlichen Beistand (siehe Seiten 52 – 56).
Zum Weiterlesen
Seiten 57 – 59
6
6
Zum Weiterlesen
Zum Thema „Sexuelle Gewalt gegen Frauen“ gibt es eine Fülle an Büchern,
angefangen von wissenschaftlichen Untersuchungen der Ursachen und
Auswirkungen, über Autobiographien Betroffener bis hin zu Handbüchern
für Therapie und Beratung u. v. m. Hilfe bei der Auswahl erhalten Sie z. B.
bei den Fachberatungsstellen. Auch folgende Internetseiten können Sie bei
der Suche nach weiterführenden Informationen unterstützen – mit zum Teil
umfassenden Literaturhinweisen und Linksammlungen zum Thema.
Zum Weiterlesen
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www.amyna.de
www.bmfsfj.de
www.donnavita.de
www.frauen-maedchen-beratung.de
www.gewaltschutz.bayern.de
www.sexuelle-gewalt.de
www.wildwasser.de
www.zissg.de
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Notizen
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