Zsfg_ Hull - Martin Gächter

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John Hull | Optionen, Futures und andere Derivate
AK Finanzwirtschaft
1. Einführung
Beispiele für Derivate sind Futures, Forwards, Swaps oder Optionen. Diese werden entweder über die Börse oder über OTC-Märkte gehandelt.
Forward- und Futures-Kontrakte
Bei einem Forward-Kontrakt handelt es sich um die Vereinbarung, ein Gut zu einem bestimmten zukünftigen Zeitpunkt zu einem bestimmten Kurs zu kaufen bzw. zu verkaufen.
Forwards werden außerbörslich gehandelt. Die Long-Position verpflichtet sich, das Underlying zu einem festgelegten Zeitpunkt in der Zukunft zu einem festgelegten Preis zu
kaufen. Die andere Partei nimmt die Verkaufsposition (Short-Position) ein. Daher ist die
Auszahlung einer Long-Position gleich ST-K, aus einer Short-Position hingegen K-ST. Im
Gegensatz zu den Forward-Kontrakten werden Futures im Regelfall an einer Börse gehandelt.
Optionen
Eine Kaufoption (Call) gibt ihrem Besitzer das Recht, das Underlying an oder bis zu einembestimmten Zeitpunkt zu einem festgelegten Kurs zu kaufen. Eine Verkaufsoption
(Put) gibt ihrem Besitzer das Recht, das Underlying an oder bis zu einem bestimmten
Zeitpunkt zu einem festgelegten Kurs (Ausübungspreis oder Basispreis) zu verkaufen.
Eine amerikanische Option kann bis zum Verfallsdatum jederzeit ausgeübt werden, eine
europäische Option nur am Verfalltag selbst. Die Käufer bezeichnet man als Inhaber der
Long-Position, die Verkäufer als Inhaber der Short-Position. Der Verkauf der Option wird
auch als writing bezeichnet.
Händlertypen
Drei Hauptkategorien von Händlern lassen sich unterscheiden: Absicherer (Hedger), Spekulanten (Scalper, Day Trader und Position Trader) und Arbitrageure. Absicherer benutzen Futures, Forwards und Optionen, um das Risiko, das ihnen aus der möglichen zukünftigen Veränderung einer Marktvariable erwächst, abzufedern. Spekulanten benutzen
Derivate, um auf die zukünftige Entwicklung einer Marktvariablen zu wetten. Arbitrageure
nehmen sich ausgleichende Positionen in zwei oder mehr Papieren ein, um einen Gewinn
festzuschreiben.
2. Futures-Märkte
Die breite Mehrheit von Futures-Kontrakten führt nicht zur Lieferung. Der Grund dafür
ist, dass die meisten Händler ihre Positionen vor dem im Kontrakt festgelegten Liefertermin schließen. Wenn eine Börse einen neuen Kontrakt entwickelt, muss sie den Vermögensgegenstand, die Kontraktgröße, den Lieferort und den Liefertermin festlegen. Für
viele Kontrakte legt die Börse Grenzen der täglichen Preisschwankung (Preislimits) fest
(Kontrakt am unteren bzw. oberen Limit), um große Preisschwankungen infolge spekulativer Übertreibungen zu verhindern. Wenn der Liefermonat eines Futures-Kontrakts heranrückt, konvergiert der Futures-Kurs gegen den Spot-Kurs des Underlyings.
Margins
Um Zahlungsausfälle zu vermeiden, werden Margins eingehoben. Der Betrag, der zu
Kontraktbeginn eingezahlt werden muss, heißt Initial Margin. In der Folge wird das Margin-Konto zu Marktpreisen bewertet (marking to market). Liegt der Kontostand über der
Initial Margin, so darf die Differenz abgehoben werden. Es gibt einen Mindestsaldo, wenn
nötig, wird eine Nachschussforderung eingehoben (Margin Call). Das zusätzlich eingezahlte Kapital heißt Variation Margin (Nachschusszahlung). Anstatt auf einmal bei seiner
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Fälligkeit wird ein Futures-Kontrakt durch die tägliche Bewertung zu Marktpreisen jeden
Tag glattgestellt.
Clearing
Die Clearingstelle fungiert als Schnittstelle bei Futures-Transaktionen. Sie zeichnet alle
an einem Tag ablaufenden Transaktionen auf, um die Nettoposition jedes Mitglieds ermitteln zu können. Zur Bestimmung der Clearing Margin ermittelt die Clearingstelle die anzahl der noch im Umlauf befindlichen Kontrakte entweder auf Brutto- (Aufsummierung
aller Long- und Short-Positionen) oder Nettobasis (Verrechnung der Positionen gegeneinander). Dieses System wird mittlerweile auch von OTC-Märkten imitiert, um das Kreditrisiko zu reduzieren („Collateralization“).
Muster von Futures-Kursen
Steigt der Futures-Kurs mit späterem Fälligkeitsdatum, so wird dies als normaler Markt
bezeichnet (z.B. Gold). Fällt der Futures-Kurs mit zunehmender Laufzeit, so spricht man
von einem inversen Markt (z.B. Rohöl).
Die Entscheidung über die Lieferung fällt der Inhaber der Short-Position. Dessen Broker
übermittelt dann eine verbindliche Absichtserklärung zur Lieferung an die Clearingstelle.
Andere Kontrakte (z.B. Aktienindizes) werden in bar abgewickelt.
Orders
Market-Order / unlimitierter Auftrag
Limitorder
Stop-Order / Stop-Loss-Order
Stop-Limit-Order
Market-If-Touched-Order
Forward
Privater Vertrag zweier Parteien
Nicht standardisiert
Gewöhnlich ein spezifizierter Liefertag
Abrechnung bei Kontraktende
Gewöhnlich Lieferung oder bare Abrechnung
Geringes Kreditrisiko
Futures
Handel an der Börse
Standardisiert
Lieferzeitraum von mehreren Tagen
Tägliche Abrechnung
Gewöhnlich Schließung des Kontrakts
vor Fälligkeit
Im Prinzip kein Kreditrisiko
3. Absicherungsstrategien mit Futures
Ein Short Hedge (Verkaufsabsicherung) ist sinnvoll, wenn der Absicherer bereits ein Asset besitzt, das er zu einem zukünftigen Zeitpunkt verkaufen wird. Ein Long Hedge
(Kaufabsicherung) bietet sich an, wenn ein Unternehmen eine bestimmte Ware in der
Zukunft kaufen will und bereits jetzt den Preis fixieren möchte.
Oft wird das Argument vorgebracht, dass die Aktionäre selbst die Absicherung vornehmen könnten, ohne dafür auf das Unternehmen angewiesen zu sein. Tatsächlich macht
aber das Volumen von Futures-Kontrakten die Absicherung durch Einzelaktionäre oftmals
unmöglich. Jedoch kann sich ein Aktionär mit einem gut diversifizierten Aktienbestand
gut gegen sein Exposure absichern. Unter dem Exposure wird die Abhängigkeit gegenüber einem bestimmten Risikofaktor verstanden.
Wenn Absicherung in einem bestimmten Wirtschaftszweig nicht üblich ist, kann es sogar
sein, dass es für ein Unternehmen keinen Sinn hat, sich anders als die Mitbewerber verhalten zu wollen (wenn die Preise dementsprechend schwanken).
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Basisrisiko
In der Praxis ist eine Absicherung allerdings nicht immer so einfach: Das Asset, dessen
Preisrisiko man absichern will, ist eventuell nicht das gleiche, das dem Futures-Kontrakt
zugrunde liegt. Zudem weiß der Absicherer vielleicht noch nicht das genaue Datum, an
welchem Tag die Ware gekauft bzw. verkauft wird und die Absicherung kann erfordern,
dass die Futures-Position lange vor dem Verfalltag geschlossen wird. Diese Probleme führen zum sogenannten Basisrisiko:
Basis = Spotkurs – Futures-Kurs
Falls das abzusichernde Asset und das dem Futures-Kontrakt unterliegende Asset identisch sind, sollte die Basis bei Verfall des Futures-Kontrakt null sein. Das Basisrisiko kann
sowohl zu einer Verbesserung als auch zu einer Verschlechterung der Lage eines Absicherers beitragen. Ein Schlüsselfaktor für das Basisrisiko ist die Wahl des zur Absicherung benutzten Futures-Kontrakts (Underlying und Liefermonat). Steht kein FuturesKontrakt für das abzusichernde Asset zur Verfügung, muss ein Underlying gewählt werden, dessen Preis eng mit dem Preis des abzusichernden Assets korreliert ist (Cross Hedging). Im Allgemeinen steigt das Basisrisiko mit wachsendem Abstand zwischen Absicherungsende und Liefermonat.
Cross Hedging
Die Hedge Ratio ist das Verhältnis der Höhe der in den Futures-Kontrakten eingenommenen Positionen zur Höhe des ursprünglichen Exposures. Der optimale Absicherungsquotient (Minimum-Varianz-Hedge-Ratio) ist das Produkt aus dem Korrelationskoeffizienten
von σS und σF und dem Quotienten der Standardabweichungen von σS und σF:
Hedge Effectiveness:
Die optimale Anzahl an Kontrakten ergibt sich, indem man die Hedge-Ratio mit der Größe
der abzusichernden Position multipliziert und durch die Größe eines Futures-Kontrakts
dividiert: Hedging eines Aktienportfolios
Futures auf Aktienindizes können dazu verwendet werden, ein Aktienportfolio abzusichern. Wenn das Portfolio ein Spiegelbild des Index darstellt, ist klarerweise eine Hedge
Ratio von 1,0 angemessen. Bildet das Portfolio den Index nicht exakt ab, so können wir
den Parameter Beta aus dem CAPM zur Bestimmung der passenden Hedge Ratio benutzen. Allgemein gilt h*=β und daher "!, wobei P den aktuellen Wert des Portfolios
und A den Wert der Aktien, die einem Futures-Kontrakt zugrunde liegen, angibt. Eine
Absicherung durch Index-Futures beseitigt das aus den Bewegungen des Marktes resultierende Risiko und setzt den Absicherer nur der relativen Performance seines Portfolios
gegenüber dem Markt aus. Die Absicherung einer einzelnen Aktie erfolgt auf ähnliche Art
und Weise. Manchmal liegt das Enddatum einer Absicherung hinter den Lieferterminen
aller verfügbaren Futures-Kontrakte. Dann muss die Absicherung prolongiert werden,
indem man in eine Folge von Futures-Kontrakten eintritt (Rollover).
4. Zinssätze
Treasury Rates (Notenbankzinssätze) sind die Zinssätze, die ein Anleger in Trasury Bills
und Treasury Bonds erzielt. Diese sind Instrumente, die eine Regierung benutzt, um in
ihrer eigenen Währung Kredit aufzunehmen.
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LIBOR (London Interbank Offered Rate): Zinssatz, zu dem eine Bank bei einer anderen
eine Einlage tätigt (meist AA-Rating nötig).
LIBID (London Interbank Bid Rate): Dieser Satz gibt an, zu welchem Zinssatz Einlagen
von anderen Banken akzeptiert werden. LIBID < LIBOR
Repo-Zinssatz: Ein Wertpapierhändler vereinbart, Papiere aus seinem Besitz an ein anderes Unternehmen jetzt zu verkaufen und später zu einem geringfügig höheren Preis
zurückzukaufen. Mit der Rückkaufvereinbarung gewährt das Unternehmen dem Wertpapierhändler also ein Darlehen.
Stetige Verzinsung
-
Stetig: #$ % & '( )* + ,. /
8 9 :;
Äquivalenter Zinssatz m-Mal/Jahr: 01 2 3 4567
Zerobond-Zinssätze und Anleihen-Bewertung
Der n-Jahres-Zerobond-Zinssatz (Spot-Rate) ist der Zinssatz, den man mit einer Anlage
erwirtschaftet, die heute beginnt und n Jahre dauert. Der theoretische Preis einer Anleihe
kann berechnet werden als Barwert aller zukünftigen Zahlungen, die dem Halter zufließen
werden. Die Effektivverzinsung oder Bond Yield (Rendite) einer Anleihe ist der Diskontierungszinssatz, der bei Anwendung auf alle Cash Flows einen Anleihewert ergibt, der
dem Marktpreis der Anleihe entspricht. Die Par Yield für eine bestimmte Laufzeit ist jener Kupon-Zinssatz, der den Anleihewert dem Nennwert gleichsetzt.
Treasury Spot Rates und Forward Rates
Treasury Spot Rates können mit Hilfe der Bootstrap-Methode aus den Kursen gehandelter
Papiere bestimmt werden. Ein Diagramm, welches den Zerobond-Zinssatz als Funktion
der Laufzeit darstellt, heißt Zinsstrukturkurve. Terminzinssätze oder Forward Rates sind
die Zinssätze, die aus den gegenwärtigen Spot Rates für zukünftige Zeiträume abgeleitet
werden. Wenn Zinssätze aufeinander folgender Zeiträume bei stetiger Verzinsung kombiniert werden, ist der äquivalente Gesamtzinssatz einfach das arithmetische Mittel der
Zinssätze über den gesamten Zeitraum. Wenn R1 und R2 die Spot Rates für die Laufzeiten
T1 und T2 bezeichnen, dann gilt:
<= > ?@AB C DEFG
HI J KL
Ein Forward Rate Agreement (FRA) ist eine außerbörsliche Vereinbarung, dass für Aufnahme oder Anlage eines bestimmten Nominalkapitals während eines festgelegten zukünftigen Zeitraums ein bestimmter Zinssatz gilt.
Duration
Die Duration einer Anleihe ist ein Maß dafür, wie lange ein Anleiheinhaber im Durchschnitt auf Zahlungen warten muss. Ein Zerobond mit einer Laufzeit von n Jahren hat
eine Duration von n Jahren.
MNOP Q R ST UVWXYZ[\
] ^
de
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fghij k lm
stxy
nopq r uvw
Die Macaulay-Duration kann als Elastizität zwischen der Veränderung des PV und dem
Zinssatz r interpretiert werden. Die Dollar-Duration gibt die absolute Veränderung im
Kurs der Anleihe an, wenn r um einen Prozentpunkt zunimmt, die Modified Duration hingegen die relative Veränderung des PV der Anleihe bei einer Zunahme von r um ein Prozent.
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Die Duration eines Anleihe-Portfolios kann man als gewichtetes Mittel der Durationen der
einzelnen Anleihen im Portfolio definieren, wobei die Gewichte proportional zu den Anleihekursen sind. Dabei wird die implizite Annahme getroffen, dass sich die Renditen aller
Anleihen um denselben Betrag ändern.
Zinsstrukturtheorien
Erwartungstheorie
Marktsegmentierungstheorie
Liquiditätspräferenztheorie
5. Bestimmung von Forward- und Futures-Preisen
Investitionsgüter werden von einer wesentlichen Anzahl von Investoren zu Anlagezwecken gehalten, während ein Konsumgut vorrangig für den Verrauch gehalten wird. Arbitrageargumente können genutzt werden, um Forward- oder Futures-Preise eines Investitionsguts zu bestimmen, für Konsumgüter ist dies jedoch nicht möglich.
Bei Leerverkäufen (Shorting) wird ein Asset verkauft, das man nicht besitzt. Ein Anleger
in der Short-Position muss dem Broker jeden Ertrag, der normalerweise auf die leerverkauften Wertpapiere gezahlt werden würde (z.B. Dividenden) erstatten. Zur Absicherung
muss der Anleger ein Margin-Konto unterhalten.
Forward-Preise und Bewertung von Forward-Kontrakten
Forward-Preis
Investitionsgut ohne Erträge
Bekannter Ertrag
Bekannte Rendite
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Stimmen Forward- und Futures-Kurs überein?
Der Kurs von Futures und Forwards mit gleicher Laufzeit stimmt überein, falls der risikolose Zinssatz konstant und für alle Laufzeiten gleich ist. Ist aber beispielsweise der Kurs
des Underlyings stark positiv mit den Zinssätzen korreliert, so ist die Long-Position in
einem Futures-Kontrakt attraktiver als in einem Forward-Kontrakt. Der Futures-Kurs ist
daher höher. Diese Effekte sind in der Praxis aber meist recht klein.
Forward- und Futures-Kontrakte auf Währungen
Eine Fremdwährung kann als Investitionsgut mit bekannter Rendite aufgefasst werden.
Die Rendite ist ÑÒÓÔÕÖ
der risikolose Zinssatz in der Fremdwährung. Die Zinsparitätsbedingung
lautet: ÊË Ì ÍÎÏÐ
Futures auf Rohstoffe
Lagerhaltungskosten können als negative Erträge behandelt werden. Bezeichnet U den
Barwert aller Lagerhaltungskosten, die während der Laufzeit eines Forward-Kontrakts
ßàáâ
Û
anfallen, so gilt: ×Ø Ù Ú Ü Ý Þ
. Sind die anfallenden Lagerkosten proportional zum Kurs
êëìíî
des Rohstoffs, können sie als negative Rendite aufgefasst werden: ãä å æçèé
.
Convenience Yield und Cost of Carry
Der Nutzen aus der Lagerhaltung
einer Ware wird auch als dessen Convenience Yield (y)
ö÷øùúûü
ð
ñ
òóôõ
bezeichnet: ï
. Für Investitionsgüter muss die Convenience Yield null sein,
da es sonst Arbitragemöglichkeiten gibt. Die Convenience Yield gibt die Markterwartung
über die zukünftige Verfügbarkeit des Rohstoffs an.
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Die Beziehung zwischen Futures- und Spotkurs lässt sich durch die Cost of Carry (Nettofinanzierungskosten) zusammenfassen. Diese beinhalten die Lagerhaltungskosten und
die Zinsen zur Finanzierung des Assets abzüglich der auf das Asset erzielten Erträge.
Futures-Kurse und der erwartete zukünftige Spotkurs
Ein Anleger fordert im Allgemeinen für die Übernahme von systematischen Risiken eine
höhere erwartete Rendite als den risikolosen Zinssatz ( CAPM). Sind die Renditen aus
dem Asset unkorreliert mit dem Aktienmarkt, ist der korrekte Zinssatz der risikolose
Korreliert die Rendite des Assets positiv mit den Renditen
Zinssatz und es gilt ýþ ÿ des Aktienmarktes, so gilt daher: . Das systematische Risiko ist also positiv.
Wenn der Futures-Kurs unter dem erwarteten zukünftigen Spotkurs liegt, wird dies als
„Normal Backwardation“ bezeichnet, im gegenteiligen Fall „Contango“.
6. Zins-Futures
Die Tagzählung bestimmt die Art und Weise, in der die Zinsen im Verlauf der Zeit berücksichtigt werden. Es gibt verschiedene gebräuchliche Konventionen:
Actual/Actual (in period): US Treasury-Bonds
30/360: Bei US-Unternehmensanleihen 30 Tage/Monat und 360 Tage/Jahr
Actual/360: Geldmarktinstrumente
Kurse von Treasury Bonds werden in den USA in Dollar und zweiunddreißigstel Dollar
angegeben. Kurse von Treasury-Bond-Futures werden genau gleich angegeben. Der angegebene Kurs ist nicht dasselbe wie der Preis, den der Käufer zahlt:
Dirty Price = Clean Price + aufgelaufene Zinsen seit der letzten Kuponzahlung
Konversionsfaktoren
Der Treasury-Bond-Futures-Kontrakt erlaubt der Partei mit der Short-Position die Wahl,
eine beliebige Anleihe mit über 15 Jahren Restlaufzeit, welche während der nächsten 15
Jahre nicht kündbar ist, zu liefern. Wird dann eine bestimmte Anleihe geliefert, so bestimmt der Konversionsfaktor den Preis, den die Partei mit der Short-Position erzielt. Der
für die Lieferung zu entrichtende Preis ist das Produkt aus Konversionsfaktor und Kurs:
Erzielter Betrag = (Abrechnungpreis * Konversionsfaktor) + aufgelaufene Zinsen
Der Konversionsfaktor einer Anleihe ist gleich dem Wert der Anleihe je Dollar Nominalkapital am ersten Tag des Liefermonats unter der Annahme, dass der Zinssatz für alle Laufzeiten 6% p.a. (bei halbjährlicher Verzinsung) beträgt. Die Anleihelaufzeit und die Zeiten
bis zu den Zinsausschüttungsterminen werden für die Berechnung auf Jahresbruchteile
mit 0, 3, 6 und 9 Monaten abgerundet.
Cheapest-to-Deliver-Anleihe
Die Partei in der Short-Position kann sich aussuchen, welche der verfügbaren Anleihen
die günstigste für die Lieferung ist. Um die CtD-Anleihe zu ermitteln, minimieren wir:
Clean Price der Anleihe – (Abrechnungspreis * Konversionsfaktor)
Zusätzlich zum Recht der Wahl der CtD-Anleihe hat die Partei mit der Short-Position noch
die so genannte Wild-Card-Option. Ein exakter theoretischer Futures-Kurs für einen Treasury-Bond-Kontrakt ist schwierig zu bestimmen (Zeitpunkt und gelieferte Anleihe offen).
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Eurodollar-Futures
3-Monats-Eurodollar-Futures sind Futures-Kontrakte auf den 3-Monats-Zinssatz für Eurodollar. Dabei kann ein Anleger einen Zinssatz auf eine Million Dollar für einen zukünftigen
3-Monats-Zeitraum festschreiben. Bei Kontraktende wird der Abrechnungspreis auf 100-R
gesetzt (R ist der tatsächliche 3-Monats-Eurodollar-Zinssatz an diesem Tag bei vierteljährlicher Verzinsung auf Basis der Actual/360-Tagzählung). Der Kontrakt ist so ausgestaltet, dass eine Veränderung um einen Basispunkt in der Futures-Notierung (=0,01)
einem Gewinn oder Verlust von 25$ je Kontrakt entspricht. Inhaber der Long-Position
machen Gewinn, wenn die Zinssätze fallen, während Inhaber der Short-Position von einem Anstieg der Zinssätze profitieren. Der Wert eines Kontraktes (Q=Notierung) beträgt:
V = 10 000 [100-0,25(100-Q)]
Der Eurodollar-Futures-Kontrakt entspricht einem Forward Rate Agreement (FRA), das
FRA wird jedoch nicht täglich abgerechnet und die Schlussabrechnung erfolgt erst zu T2.
Durationsbasierte Hedging-Strategien
Die Anzahl der zur Absicherung gegen ein unbekanntes ∆y benötigten Kontrakte ist
, wobei FC den Futures-Kurs, DF und DP die Duration des Futures bzw. Portfolios
und P den Wert des Portfolios angibt. N* ist die durationsbasierte Hedge Ratio (Preissensitivitäts-Hedge-Ratio). Ihre Verwendung führt dazu, dass die Duration der gesamten
Position null gesetzt wird.
Um sich gegen das Zinsrisiko abzusichern, verwenden Finanzinstitute oft das sogenannte
Duration Matching, indem sie sicherstellen, dass die Duration ihrer Aktiva gleich der Duration ihrer Passiva (Short-Positionen in Anleihen) ist. Das Duration Matching immunisiert
ein Portfolio allerdings nur gegen parallele Verschiebungen in der Zinsstrukturkurve.
7. Swaps
Ein Swap ist eine Vereinbarung zwischen zwei Unternehmen, in der Zukunft Cash Flows
auszutauschen. Der gebräuchlichste Swap ist ein „Plain Vanilla“-Zinsswap. Darin verpflichtet sich ein Unternehmen, Cash Flows in Höhe des Zinses zu einem vorher festgelegten Zinssatz auf einen fiktiven Nominalbetrag für eine bestimmte Anzahl von Jahren
zu leisten. Im Gegenzug erhält es Zinsen zu einem variablen Satz auf das gleiche fiktive
Nominalkapital für den gleichen Zeitraum („Fixed-for-Floating“-Zinsswaps). Ein Zinsswap
ist im Allgemeinen so aufgebaut, dass eine Seite die Differenz der beiden zu leistenden
Zahlungen an die andere Seite überweist. Das Nominalkapital wird selbst nicht ausgetauscht. Bei einer variabel verzinslichen Anleihe wird der Zins gewöhnlich zu Beginn des
Zeitraums, für den er gelten soll, festgelegt und am Ende dieses Zeitraums gezahlt. Meist
tritt zwischen die zwei Unternehmen ein Finanzintermediär. Das Finanzinstitut schließt
zwei separate Kontrakte ab. Viele große Finanzinstitute agieren als Market Maker für
Swaps, die Geld-Brief-Spanne beträgt etwa drei bis vier Basispunkte, den Mittelwert bezeichnet man häufig als Swap Rate.
Komparative Vorteile und Swap Rates
Komparative Vorteile spielen beim Abschluss von Swaps eine wichtige Rolle. Es wird argumentiert, dass einige Unternehmen einen komparativen Vorteil bei der Kreditaufnahme
auf Märkten für festverzinsliche Wertpapiere haben, während andere einen komparativen
Vorteil auf Märkten für variabel verzinsliche Geschäfte haben (größere Differenz zwischen
den festen Zinssätzen).
Dieses Argument ist allerdings umstritten. Die unterschiedlichen Differenzen liegen in der
Art der Kontrakte begründet. Wenn sich die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens, das
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einen variablen Zinsswap abgeschlossen hat, verschlechtert, so kann der Kreditgeber die
über den LIBOR hinausgehende Zinsspanne (Spread) erhöhen oder den Rollover des Kredits gänzlich ablehnen. Der Anbieter festverzinslicher Finanzierungsformen kann die Bedingungen des Kredits nicht auf diese Weise anpassen. Das Unternehmen macht mit einem Swap womöglich ein gutes Geschäft, trägt aber gleichzeitig das Risiko eines Zahlungsausfalls des Finanzinstituts.
Die Swap Rate ist der Mittelwert aus dem festen Zinssatz, den ein Swap Market Maker im
Austausch für LIBOR zu zahlen ist (Ankaufssatz) und dem festen Zinssatz, den er im Austausch für LIBOR erhalten möchte (Verkaufssatz). Beispielsweise enthält die 5-JahresSwap-Rate ein Kreditrisiko, welches der Situation von zehn aufeinander folgenden 6Monats-Darlehen an Unternehmen mit AA-Rating entspricht. Daher sind Swap Rates
niedriger als AA-Kreditzinssätze. Swap Rates werden häufig dazu verwendet, um die LIBOR-Spot-Rate-Strukturkurve auf über zwei Jahre hinaus zu erweitern.
Bewertung von Zinsswaps
Bei Abschluss hat ein Zinsswap den Wert null. Es gibt zwei Ansätze für die Bewertung,
nämlich als die Differenz zweier Anleihen oder als ein Portfolio von FRA’s.
Bei einem Zinsswap werden die Nominalbeträge nicht ausgetauscht. Der Swap kann aus
der Sicht des variablen Zinszahlers als Long-Position in einer festverzinslichen Anleihe
und Short-Position in einer variabel verzinslichen Anleihe aufgefasst werden:
! " #$%
Der Wert der variabel verzinslichen Anleihe entspricht nach einer Zinszahlung ihrem (fiktiven) Nominalbetrag, weil die Anleihe zu diesem Zeitpunkt ein „faires Geschäft“ darstellt.
+ , -./012345
Der Wert der variabel verzinslichen Anleihe beträgt daher: &'( ) *
Währungsswaps
In seiner einfachsten Form beinhaltet ein Währungsswap den Austausch von Nominalbetrag und Zinszahlungen in einer Währung gegen Nominalbetrag und Zinszahlungen in einer anderen Währung. Die Nominalbeträge in der jeweiligen Währung werden gewöhnlich
zu Beginn und am Ende der Laufzeit des Swaps ausgetauscht. Meist spricht man von Fixed-for-Fixed-Währungsswaps, da der Zinssatz für beide Währungen fest ist.
Auch Währungsswaps können durch komparative Vorteile motiviert sein. Im Gegensatz
zum Plain-Vanilla-Zinsswap werden hier Zinssätze in zwei verschiedenen Währungen verglichen und es ist daher wahrscheinlicher, dass die komparativen Vorteile wirklich bestehen.
Der Wert eines Swaps, bei dem Eurobeträge eingenommen und Fremdwährungsbeträge
gezahlt werden, beträgt: 6789: ; <= > ?@AB
Kreditrisiko
Kontrakte, die wie Swaps Verträge zwischen zwei Unternehmen darstellen, bringen ein
Kreditrisiko mit sich. Wenn die Gegenpartei in Konkurs geht, ergibt sich ein Verlust, falls
der Wert des Swaps für das Finanzinstitut positiv ist, und es ändert sich nichts an der
Position der Finanzinstitution, falls der Wert des Swaps für das Finanzinstitut negativ ist.
Die möglichen Verluste durch Zahlungsausfall sind bei einem Swap viel geringer als bei
einem Darlehen mit demselben Nominalkapital, weil der Wert des Swaps gewöhnlich nur
einen kleinen Bruchteil des Wertes des Darlehens darstellt. Bei einem Währungsswap
sind die potentiellen Verluste daher natürlich dementsprechend größer. Marktrisiken kön-
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nen durch den Eintritt in ausgleichende Kontrakte abgesichert werden, Kreditrisiken sind
nicht so leicht abzusichern.
8. Optionsmärkte
Die Auszahlung einer Long-Position in einem europäischen Call beträgt max(ST-K,0), die
Auszahlung eines europäischen Puts hingegen max(K-ST,0).
Aktienoptionen werden meist an Börsen gehandelt, während Währungsoptionen häufig
über den OTC-Markt getätigt werden. Bei einer Index-Option umfasst ein Kontrakt den
Kauf oder Verkauf des hundertfachen Wertes des Index zum festgelegten Basispreis. Die
Abrechnung erfolgt immer in bar. Wenn eine Börse einen bestimmten Futures-Kontrakt
handelt, dann handelt sie häufig auch Optionen auf diesen Kontrakt, die meist kurz vor
dem Lieferzeitraum des Futures verfallen.
Zur Spezifikation von Aktienoptionen zählen insbesondere der Verfalltermin und der Basispreis. Alle Optionen desselben Typs (Kauf- bzw. Verkaufsoptionen) auf ein Underlying
werden als Optionsklasse bezeichnet. Eine Optionsserie besteht aus allen Optionen einer
gegebenen Klasse mit gleichem Verfalltag und gleichem Basispreis. Optionen können sich
im Geld, am Geld oder aus dem Geld befinden. Der innere Wert einer Option ist definiert
als das Maximum von null und dem Wert, den die Option hätte, wenn sie unmittelbar
ausgeübt werden würde. Eine amerikanische In-the-money-Option muss daher mindestens so viel Wert sein wie ihr innerer Wert. Der Gesamtwert einer Option ist die Summe
aus innerem Wert und dem Zeitwert.
Dividenden und Aktiensplits
Die Optionen auf den früheren OTC-Märkten waren dividendengeschützt. Börsengehandelte Optionen werden normalerweise nicht um die Dividendenzahlungen bereinigt, jedoch bei Aktiensplits oder Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln dementsprechend
angepasst. Nach einem n-zu-m-Aktiensplit wird der Basispreis auf m/n seines vorherigen
Wertes reduziert, die Anzahl der von einem Kontrakt abgedeckten Aktienanteile vergrößert sich auf das n/m des vorherigen Wertes. Häufig gibt es Positionsobergrenzen für
Optionskontrakte, damit kein einzelner Anleger den Markt zu stark beeinflussen kann.
Die meisten Optionsbörsen ermöglichen den Handel mit Market Makers, um die Liquidität
am Markt zu steigern. Ein Anleger, der eine Option erworben hat, kann die Position
schließen, indem er eine Glattstellungsorder zum Verkauf derselben Option stellt.
Margins
In den USA kann ein Anleger beim Aktienkauf entweder bar bezahlen oder über ein Margin-Konto Kredit aufnehmen. Anleger dürfen Optionen nicht mittels eines Margin-Kontos
erwerben, da Optionen bereits einen beträchtlichen Leverage (implizite Fremdkapitalaufnahme) haben. Ein Anleger, der Optionen verkauft, muss Kapital auf seinem MarginKonto halten. Eine ungedeckte Option (Naked Option) ist eine Option, die nicht mit einer
(ausgleichenden) Position in der zugrunde liegenden Aktie kombiniert ist. Die Options
Clearing Corporation garantiert, dass Optionsverkäufer ihren Verpflichtungen aus den
Optionskontrakten nachkommen (Margin-Konto).
Optionsscheine, Mitarbeiteroptionen und Wandelanleihen
Optionsscheine und Optionsprogramme für Mitarbeiter sind Kaufoptionen, die vom Unternehmen in der Regel mit der eigenen Aktie als Underying ausgegeben werden. Werden
diese ausgeübt, dann emittiert das Unternehmen weitere Aktien zum Basispreis der Option. Optionsscheine (Warrants) sind Kaufoptionen, die oft als Ergebnis einer AnleiheEmission entstehen. Mitarbeiteroptionen sind Kaufoptionen, die an Mitarbeiter ausgegeMartin Gächter | 9
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ben werden, um sie zu motivieren, im besten Interesse der Aktionäre zu handeln. Eine
Wandelanleihe ist eine von einem Unternehmen emittierte Anleihe, die zu bestimmten
Zeitpunkten zu einem vorher festgelegten Wechselverhältnis in Aktien umgewandelt werden kann (Anleihe mit integrierter Kaufoption auf die Aktien des Unternehmens).
Nicht alle Optionsgeschäfte werden an Börsen getätigt, viele davon werden auch telefonisch auf dem OTC-Markt gehandelt. Ein Vorteil von OTC-Optionen besteht darin, dass
diese genau auf die Kundenwünsche zugeschnitten werden können und sich teilweise von
Standard-Calls und –Puts unterscheiden (exotische Optionen).
9. Eigenschaften von Aktienoptionen
Aktueller Aktienkurs
Basispreis
Restlaufzeit
Volatilität
Risikoloser Zinssatz
Dividenden
Europäischer Call
+
?
+
+
-
Europäischer Put
+
?
+
+
Amerikanischer Call
+
+
+
+
-
Amerikanischer Put
+
+
+
+
Tabelle 1: Einflussfaktoren auf Optionspreise
Die Auswirkungen des Aktienkurses und des Basispreises bei Call- und Put-Optionen sind
aufgrund der Überlegungen zu den jeweiligen Auszahlungsprofilen relativ intuitiv verständlich. Ebenso ist klar, dass die Preise amerikanischer Optionen mit zunehmender
Laufzeit steigen, was bei europäischen Optionen zwar auch meistens der Fall ist, aber
nicht immer angenommen werden kann (z.B. Dividendenausschüttung etc.).
Da der Besitzer einer Kaufoption stark von Kursanstiegen profitiert, jedoch im Falle eines
Kursrückgangs ein begrenztes Risiko hat, steigen die Optionspreise mit zunehmender
Volatilität des Underlyings.
Nicht ganz so eindeutig ist der Einfluss des risikolosen Zinssatzes. Wenn die Zinssätze
steigen, steigt tendenziell die Renditeforderung der Anleger für die Aktie. Außerdem sinkt
der Barwert jeder zukünftigen Einzahlung für den Optionsinhaber. Die kombinierte Wirkung dieser beiden Effekte führt dazu, dass der Wert von Verkaufsoptionen sinkt und der
Wert von Kaufoptionen steigt (ceteris paribus, insbesondere der Aktienkurs bleibt unverändert). Dividenden bewirken eine Reduktion des Aktienpreises am Ausschüttungstag.
Das ist schlecht für den Wert von Kaufoptionen und gut für den Wert von Verkaufsoptionen.
Wertober- und Wertuntergrenzen von Optionen
Call: c ≤ S0 und C ≤ S0
Put: p ≤ Ke-rT und P ≤ K
Wertuntergrenze für Call auf dividendenlose Aktie:
c ≥ max(S0 – Ke-rT,0)
Wertuntergrenze für europäischen Put auf dividendenlose Aktie: p ≥ max(Ke-rT – S0,0)
Put-Call-Parität
c + Ke-rT = p + S0
S0 – K ≤ C - P ≤ S0 – Ke-rT
Vorzeitige Ausübung
Eine vorzeitige Ausübung eines amerikanischen Calls auf eine dividendenlose Aktie ist
niemals optimal. Dafür gibt es zwei Gründe: Einerseits die Versicherungsleistung, da der
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Call den Inhaber gegen das Sinken des Aktienkurses unter den Basispreis versichert und
andererseits der Zeitwert des Geldes (Basispreis muss erst später bezahlt werden).
Hingegen kann es optimal sein, einen amerikanischen Put auf eine dividendenlose Aktie
vorzeitig auszuüben. Ein Put sollte zu einem beliebigen Zeitpunkt ausgeübt werden, wenn
er sich ausreichend tief im Geld befindet. Daher hat eine amerikanische Verkaufsoption
immer einen höheren Wert als die entsprechende europäische Verkaufsoption. Da der
Wert eines amerikanischen Puts manchmal seinem inneren Wert entspricht, kann der
Wert eines europäischen Puts sogar unter seinem inneren Wert liegen.
Dividenden
Wertuntergrenzen:
c ≥ S0 – D – Ke-rT
p ≥ D + Ke-rT – S0
Es kann optimal sein, eine amerikanische Kaufoption direkt vor dem Ausschüttungstag
auszuüben, zu anderen Zeitpunkten ist die Ausübung eines Calls jedoch nie optimal.
Put-Call-Parität mit Dividenden
c + D + Ke-rT = p + S0
10.
S0 – D – K ≤ C – P ≤ S0 – Ke-rT
Handelsstrategien mit Optionen
Eine Long-Position in einer Aktie und einer Short-Position in einer Kaufoption wird als
„Schreiben eines Covered Call“ bezeichnet (ähnelt dem Verkauf eines Puts). Die Strategie
„Protective Put“ beinhaltet den Erwerb einer Verkaufsoption und einer Aktie (ähnelt dem
Erwerb eines Calls).1
Spreads2
Eine Spread-Handelsstrategie beinhaltet die Einnahme einer Position in zwei oder mehr
Optionen desselben Typs.
Bull Spread: Erwerb eines Calls auf eine Aktie mit einem bestimmten Basispreis und
Verkauf eines Calls auf dieselbe Aktie mit einem höheren Basispreis. Dies erfordert eine Anfangsinvestition. Ein analoges Gewinnprofil kann durch den Erwerb eines Puts
mit einem niedrigen Basispreis und den Verkauf eines Puts mit einem hohen Basispreis
gebildet werden.
Bear Spread: Im Gegensatz zum Bull Spread ist der Anleger hier daran interessiert,
dass der Aktienkurs fallen wird.
Box Spread: Kombination aus einem Bull Call Spread mit den Basispreisen K1 und K2
und einem Bear Put Spread mit denselben Basispreisen. Die Auszahlung beträgt immer K2-K1.
Butterfly Spread: Dieser enthält Optionen mit drei verschiedenen Basispreisen. Er
besteht aus dem Erwerb eines Calls mit einem relativ geringen Basispreis K1, dem Erwerb eines Calls mit einem relativ hohen Basispeis K3 und dem Verkauf zweier Calls
mit dem Basispreis K2, welcher genau zwischen K1 und K3 liegt. Der Anleger hält hier
große Bewegungen des Aktienkurses für unwahrscheinlich. Der Butterfly Spread erfordert eine geringe Anfangsinvestition.
Calendar Spread: Hier weisen die Optionen zwar den gleichen Basispreis, aber unterschiedliche Fälligkeitstermine auf.3
1
2
3
Abbildungen S. 279
Abbildungen S. 280 f.
Abbildung S. 288
Martin Gächter | 11
John Hull | Optionen, Futures und andere Derivate
AK Finanzwirtschaft
Diagonal Spread: Hier unterscheiden sich sowohl die Fälligkeitstermine als auch die
Basispreise der beiden Kaufoptionen.
Kombinationen aus Calls und Puts
Straddles: Erwerb eines Calls und eines Puts mit demselben Basispreis und Fälligkeitsdatum (Bottom Straddle). Ein Top Straddle ist genau entgegengesetzt (Verkauf
eines Calls und Puts mit demselben Basispreis und Fälligkeitsdatum). Dies ist sinnvoll,
wenn der Anleger eine große Bewegung des Aktienkurses erwartet, ohne zu wissen, in
welche Richtung die Bewegung gehen wird.
Strips und Straps: Ein Strip besteht aus einer Long-Position in einem Call und zwei
Puts mit demselben Basispreis und Fälligkeitsdatum. Ein Strap besteht aus einer LongPosition in zwei Calls und einem Put mit demselben Basispreis und Fälligkeitsdatum.
Strangles: Erwerb eines Puts und Calls mit demselben Fälligkeitsdatum und unterschiedlichen Basispreisen (Bottom Vertical Combination). Der Verkauf eines Strangles
wird als Top Vertical Combination bezeichnet.
Über die Kombination von Calls und Puts mit unterschiedlichem Basispreis und Fälligkeitsdatum lässt sich ein beliebiges Gewinnprofil konstruieren.
11.
Binomialbäume
Wir betrachten eine Aktie mit dem Preis S0 und eine Option auf diese Aktie, deren gegenwärtiger Preis f beträgt. Die Option läuft über die Zeit T und der Aktienkurs kann
entweder auf S0u steigen (Optionspreis fu) oder auf S0d fallen (Optionspreis fd). Wir betrachten ein Portfolio, das aus der Long-Position in ∆ Aktienanteilen und der ShortPosition in einer Option besteht. Wir berechnen nun den Wert für ∆, der das Portfolio risikolos werden lässt:
S0u∆ – fu = S0d∆ – fd
bzw.
HI
C D JKLMNOP
EFG
In diesem Fall ist das Portfolio risikolos und muss eine Rendite in Höhe des risikolosen
Zinssatzes erzielen. ∆ gibt das Verhältnis der Änderung des Optionspreises zur Änderung
des Aktienkurses an. Der Wert der Portfolios beträgt also abgezinst (S0u∆ – fu)e-rT.
Daraus ergibt sich der Wert der Option:
Q R STUV WXYZ [ \] ^ _`abc
mit
hij
d e fgklm
Die Formel für die Optionsbewertung enthält keine Wahrscheinlichkeiten für das Steigen
oder Fallen des Aktienkurses, da wir ihren Wert in Hinblick auf den Kurs der zugrunde
liegenden Aktie berechnen.
Die erwartete Rendite der Aktie, wenn die Wahrscheinlichkeit eines Kursanstiegs mit p
angenommen wird, ist genau der risikolose Zins: E(ST)=S0erT. In einer risikolosen Welt
sind alle Individuen indifferent gegenüber Risiken und fordern daher keine Kompensation
für die Übernahme von Risiken. Dieses Prinzip der Optionsbewertung ist als risikoneutrale
Bewertung bekannt. Den Preis, den wir auf diesem Weg erhalten, ist auch in der realen
Welt korrekt. Auch in mehrperiodigen Binomialbäumen ist der Optionspreis gleich der
erwarteten Auszahlung in einer risikoneutralen Welt, diskontiert mit dem risikolosen
Zinssatz.
Bei amerikanischen Optionen besteht das Verfahren darin, sich vom Ende bis zum Anfang
des Baumes zurückzuarbeiten und an jedem Knoten zu überprüfen, ob eine vorzeitige
Ausübung sinnvoll ist.
Martin Gächter | 12
John Hull | Optionen, Futures und andere Derivate
AK Finanzwirtschaft
Der Options-Delta
Das Delta einer Aktienoption ist das Verhältnis der Änderung des Optionspreises zur Änderung des zugrunde liegenden Aktienkurses. Dieser entspricht der Anzahl an Aktien, die
wir für jede Short-Position in einer Option halten sollten, um ein risikoloses Portfolio zu
bilden (Delta-Hedging). Der Delta-Faktor einer Kaufoption ist positiv, das Delta einer
Verkaufsoption dagegen negativ. Der Delta-Faktor variiert im Zeitablauf.
Die Parameter u und d können so gewählt werden, dass sie zur Volatilität des Aktienkurses passen. Die Wahrscheinlichkeit für eine Aufwärtsbewegung (in der realen Welt) wird
als p* angenommen.
stuv
no p qr y
wx
mit
z { |}~€
…†‡ˆ
 ‚ ƒ„
Ž
‰ Š ‹Œ‘’“
Die erwartete Rendite der Aktie beim Übergang von der realen zur risikoneutralen Welt
ändert sich, aber die Volatilität bleibt gleich (Girsanov-Theorem).
Optionen auf andere Assets
Aktien mit stetiger Dividendenrendite:
—˜™š›œžŸ
” • – ¡¢
Damit können auch Optionen auf Währungen bewertet werden, da die Fremdwährung als
ein Asset angesehen werden kann, das eine Rendite in Höhe des ausländischen Zinssatzes rf bietet.
Die Einnahme einer Long- oder Short-Position in einem Futures-Kontrakt verursacht keine Kosten. Daraus folgt, dass ein Futures-Kurs in einer risikoneutralen
Welt eine erwarte§
¥¦
te Wachstumsrate von null aufweist und daher gilt: £ ¤ ¨©ª
12.
Wiener Prozesse und Itôs Lemma
In diesem Kapitel wird für den Aktienpreis ein stochastischer Prozess mit stetigen Variablen in stetiger Zeit entwickelt. Ein Markov-Prozess ist ein spezieller stochastischer Prozess, bei welchem nur der aktuelle Wert einer Variablen für die Prognose der zukünftigen
Entwicklung relevant ist. Die vergangenen bzw. historischen Werte der Variablen sowie
die Art und Weise, wie der aktuelle Wert entstanden ist, sind nicht von Bedeutung. Die
Markov-Eigenschaft von Aktienkursen steht im Einklang mit der schwachen Form der Kapitalmarkteffizienz.
Wir betrachten nun eine Variable, die einem Markov-Prozess folgt. Angenommen, ihr derzeitiger Wert liegt bei 10 und die Wertänderung in einem Jahr wird durch Φ(0,1) beschrieben. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Änderung in einem Zeitraum T ist daher
Φ(0,«¬). Die Varianzen von Änderungen sind in aufeinander folgenden Zeitabschnitten
für Markov-Prozesse additiv, was für die Standardabweichungen nicht gilt.
Wiener Prozesse
Ein solcher Prozess wird auch Wiener-Prozess genannt. Dies ist ein spezieller MarkovProzess mit einer erwarteten Änderung von null und einer Varianz der Änderungen von
1,0 pro Jahr (Physik: Brownsche Bewegung). Formal folgt die Variable z einem Wiener
Prozess, wenn gilt:
°
µ¶·¸
Ã
¾
¹º»¼½ ¿ ÀÁÂ
Die Änderung ∆z in einem kleinen Zeitraum ∆t beträgt ∆z= ­®¯ mit ±²³´
Für zwei beliebige kleine Zeitintervalle ∆t sind die Werte ∆z unabhängig:
Martin Gächter | 13
John Hull | Optionen, Futures und andere Derivate
AK Finanzwirtschaft
Wir betrachten den Anstieg des Wertes von z über einen vergleichsweise langen Zeitraum
T. Dieser kann mit z(T)-z(0) bezeichnet werden. Daher gilt (ÄÅ unabhängig voneinander):
ÆÇÈÉ Ê ËÌÍÎ Ï ÐÖ×ØÙ ÑÒÓÔÕ
und daher
ÜÝ Þ ßàáâãäåæç èéê
ÚÛ
Allgemeiner Wiener-Prozess
Die mittlere Änderung eines stochastischen Prozesses pro Zeiteinheit wird Drift genannt.
Die Varianz pro Zeiteinheit wird als Varianzrate bezeichnet. Ein allgemeiner WienerProzess für eine Variable x kann mithilfe von dz wie folgt definiert werden:
dx = a dt + b dz
Der Termn a dt impliziert, dass x eine erwartete Änderung in Höhe von a pro Zeiteinheit
aufweist. In einem Zeitraum der Länge T wächst der Wert von x um den Betrag aT. Der
Term b dz kann als zusätzliche Interferenz oder Streuung auf dem von x zurückgelegten
Weg angesehen werden. Die Höhe der Interferenz oder Streuung ist das b-fache eines
Wiener-Prozesses (Standardabweichung b).
Für die Änderung des Wertes von x in einem beliebigen Zeitintervall T ergibt sich schließlich die Normalverteilung mit ∆x ë(aT,bìí). Der verallgemeinerte Wiener-Prozess hat somit eine erwartete Driftrate von a und eine Varianzrate von b².
Itô-Prozess
Der Itô-Prozess ist ein allgemeiner Wiener-Prozess, bei dem die Parameter a und b Funktionen der zugrunde liegenden Variablen x und der Zeit t sind: dx = a(x,t) dt + b(x,t) dz
Der Prozess für Aktienkurse
Das Modell des allgemeinen Wiener-Prozesses berücksichtigt nicht, dass die von Anlegern
geforderte prozentuale Rendite aus einer Aktie unabhängig vom Preis der Aktie ist. Die
Annahme einer konstanten Drift ist daher ungeeignet. Ist S der Aktienkurs zum Zeitpunkt
t, dann sollte die erwartete Drift von S als µS mit einem konstanten Parameter µ angenommen werden. Eine vernünftige Annahme ist, dass die Variabilität der Rendite in einem kleinen Zeitintervall ∆t unabhängig vom Aktienkurs stets identisch ist, d.h. die
Standardabweichung der Veränderung sollte proportional zum Aktienkurs sein:
dS = µSdt + σSdz
bzw.
ï
îð ñ òóô õ ö÷ø
Dieses Modell kann man als Grenzfall des Random Walk im Rahmen des Binomialbaums
für immer kleinere Zeitschritte auffassen. Das hier entwickelte Modell wird als geometrische Brownsche Bewegung bezeichnet. Das Modell für diskrete Zeitpunkt lautet:
ùú
û ü ýþÿ Es gilt daher:
bzw.
!
"
Itôs Lemma
Der Preis einer Aktienoption ist eine Funktion des Preises der zugrunde liegenden Aktie
und der Zeit. Angenommen, der Wert einer Variablen x folgt dem Itô-Prozess, hat die
Variable x die Drift a und die Varianz b². Aus dem Lemma von Itô folgt, dass der Prozess,
den eine Funktion G von S und t befolgt, wie folgt beschrieben wird:
67 ? @A B CD HIJ
#$ % &'(
)* +, - ./
01 2 43 589: ;<=>
EF G
Martin Gächter | 14
John Hull | Optionen, Futures und andere Derivate
AK Finanzwirtschaft
Dies kann man auf einen Forward-Kontrakt anwenden: Der Forward-Preis F folgt ebenso
wie S einer geometrischen Brownschen Bewegung. Er hat allerdings eine erwartete
Wachstumsrate von µ-r statt µ. Die Wachstumsrate von F ist die Überschussrendite von S
über den risikolosen Zinssatz.
Lognormalverteilte Aktienkurse
Wir setzen nun G=ln S und setzen ein:
KL M NO P QRST UV W XYZ. Diese Gleichung folgt einem
allgemeinen Wiener-Prozess. Dies bedeutet, dass
[\ ]^ _ `a bcde fgh i jk qrs
l m no p
und
Š‹Œ
tu vwxy z{| }~  € ‚ ƒ„…† ‡ˆ ‰
Dies zeigt, dass ln ST normalverteilt ist. Eine Variable hat eine Lognormalverteilung, wenn
ihr natürlicher Logarithmus normalverteilt ist. Der Preis einer Aktie zum Zeitpunkt T ist
bei gegebenem gegenwärtigen Preis also lognormalverteilt
ist. Die Standardabweichung
Ž
des Logarithmus des Aktienpreises beträgt  .
13.
Das Black-Scholes-Merton-Modell
Das hier verwendete Modell für das Verhalten von Aktienkursen ist genau jenes, das zu›œž
vor behandelt wurde: ‘
’ “”•–—˜™ š
µ¶·
Ÿ ¡¢£¤ ¥¦§ ¨© ª «¬ ­ ®¯
° ± ²³ ´
Eine lognormalverteilte Variable kann jeden Wert zwischen null und unendlichen annehmen. Im Gegensatz zur Normalverteilung ist sie schief, Mittelwert, Median und Modus
sind nicht identisch.
E(ST) = S0eµT
ÂÃÄ
¸¹º»¼½¾ ¿ ÀÁ ÅÆÇÈÉÊË Ì ÍÎ
Die Lognormalverteilung kann zur Ermittlung der Wahrscheinlichkeitsverteilung einer bei
stetiger Verzinsung zwischen dem Zeitpunkt null und dem Zeitpunkt T erzielten Rendite
herangezogen werden: ST = S0exT und daher
Ï Ð ÒÑ ÓÔ ×ØÕÖ mit ÙÚÛ ÜÝ Þ ßàá â äåæ
ã . Mit wachsender
Zeit T verringert sich die Standardabweichung von x.
Die erwartete Rendite
Die erwartete relative Änderung des Aktienkurses in einem sehr kurzen Zeitabschnitt ∆t
beträgt µ∆t. µ entspricht allerdings nicht der erwarteten stetigen Rendite für die Aktie!
Die tatsächlich realisierte Rendite ist nämlich
ç è êé ëì ïðíî
und der E(x)= ñ
ò óôõö
Der Grund
dafür liegt darin, dass das geometrische Mittel einer (nichtkonstanten) Zahlenfolge immer kleiner ist als das arithmetische Mittel.
Volatilität
Die Unsicherheit hinsichtlich des zukünftigen Aktienkurses (Standardabweichung) nimmt
näherungsweise mit der Quadratwurzel des Zeitraums, den wir in die Zukunft blicken, zu.
Diese wird meist aus historischen Daten geschätzt. Meist werden handelsfreie Tage ignoriert, wenn die Volatilität aus historischen Daten geschätzt wird:
÷øùúûüùüûýþ ÿ
!" #$% &'()*+,-'.* /01 23345
Martin Gächter | 15
John Hull | Optionen, Futures und andere Derivate
AK Finanzwirtschaft
Black-Scholes-Merton-Differentialgleichung
Die Argumente ähneln den No-Arbitrage-Argumenten beim Binomialmodell (Bildung eines
risikolosen Portfolios, das je eine Position im Derivat und in einer Aktie beinhaltet). Ohne
Arbitragemöglichkeiten muss die Rendite aus dem Portfolio dem risikolosen Zinssatz r
entsprechen. In jedem sehr kurzen Zeitabschnitt ist der Preis eines Derivates perfekt mit
dem Kurs der zugrunde liegenden Aktie korreliert, womit der Gesamtwert des Portfolios
am Ende des kurzen Zeitabschnitts mit Sicherheit bekannt ist. Im Rahmen des BlackScholes-Modells ist die Position in der Aktie und dem Derivat nur für einen sehr kurzen
Zeitabschnitt risikolos und muss daher regelmäßig angepasst werden.
67
>
P
FG HIJ
89 : ;< =?@ A CB DE KLM N O
Eine beliebige Funktion f(S,t), die diese Differentialgleichung erfüllt, ist der theoretische
Preis eines gehandelten Derivates. Die risikoneutrale Bewertung ergibt sich daraus, dass
in der Gleichung keine Variable vorkommt, die von den Risikopräferenzen des Anlegers
abhängt. Die erhaltenen Lösungen sind auch in der realen Welt gültig. Wenn wir uns von
einer risikoneutralen Welt zu einer risikoaversen Welt bewegen, so ändern sich die erwarteten Zuwachsraten der Aktienkurse sowie der Diskontierungssatz, der für beliebige Auszahlungen des Derivates verwendet wird. Diese beiden Änderungen heben sich stets gegenseitig auf.
Bewertungsformeln nach Black-Scholes
Q R STUVWXY Z [\]^_`abcd
jklmnopq r stuvwxyz
e f ghi
Š
‚
{| } ~€ ƒ „…†‡ˆ‰‹ Œ
Ž
˜™
‘’ “ ”• – —
Die Funktion N(x) ist die kumulative Verteilungsfunktion einer Standardnormalverteilung.
Der Ausdruck N(d2) bezeichnet die Wahrscheinlichkeit, dass die Option in einer risikoneutralen Welt ausgeübt wird. Somit ist KN(d2) das Produkt aus dem Basispreis und der
Wahrscheinlichkeit, dass der Basispreis ausgezahlt wird. Der Ausdruck S0N(d1)erT ist der
Erwartungswert einer Variablen, die in der risikoneutralen Welt gleich ST ist, wenn ST>K
gilt, und anderenfalls den Wert null hat. Wenn die Black-Scholes-Formel in der Praxis
angewendet wird, wird der Zinssatz r dem risikolosen Zerobond-Zinssatz für eine Laufzeit
von T gleichgesetzt. In der Praxis arbeitet man häufig mit impliziten Volatilitäten, die in
den am Markt beobachteten Optionspreisen enthalten sind. Die Berechnung erfolgt durch
Einsetzen in die Bewertungsformel, wobei σ die einzige unbekannte Variable ist.
Dividenden
Bei europäischen Optionen kann die Black-Scholes-Formel angewendet werden, wenn der
Aktienpreis um den Barwert aller Dividenden während der Optionslaufzeit reduziert wird.
Bei amerikanischen Optionen ist in den meisten Fällen der letzte Ex-Dividende-Tag der
einzige Zeitpunkt, den man für eine vorzeitige Ausübung in Betracht ziehen muss. Fischer
Black hat für die Bewertung eine Approximation vorgeschlagen: Danach ist der Preis
gleich dem Maximum der Preise für zwei europäische Kaufoptionen, die erste verfällt am
gleichen Tag, die andere unmittelbar vor dem letzten Ex-Dividende-Tag.
14.
Optionen auf Aktienindizes, Währungen und Futures
Aktien mit bekannter Dividendenrendite
Die Bezahlung einer Dividendenrendite q bewirkt, dass die Wachstumsrate des Aktienkurses um den Betrag q kleiner ist, als sie sonst wäre. Wenn wir daher eine europäische
Aktienoption mit Laufzeit T bewerten und die Aktie eine Dividendenrendite von q aufweist, dann vermindern wir den aktuellen Aktienkurs von S0 auf S0e-qT und bewerten anMartin Gächter | 16
John Hull | Optionen, Futures und andere Derivate
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schließend die Option so, als wenn es sich um eine dividendenlose Aktie handeln würde.
Die Dividende definiert sich als die Verminderung des Kurses am Ausschüttungstag.
Wertuntergrenzen:
c ≥ max(S0e-qT – Ke-rT,0)
Put-Call-Parität:
c + Ke-rT = p + S0e-qT
Optionen:
p ≥ max(Ke-rT – S0e-qT,0)
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Optionen auf Aktienindizes
Ein Indexoptions-Kontrakt wird über das Hundertfache des Indexstands abgeschlossen
und meist in bar abgerechnet. Solche Optionen lassen sich genauso behandeln wie Optionen auf Aktien mit bekannter Dividendenrendite. Portfolio-Manager können Indexoptionen verwenden, um ihr Downside-Risiko zu begrenzen. Jeder Kontrakt auf den Index
bezieht sich auf das Hundertfache des Index. Daher kann der Portfoliowert gegen eine
Situation, in der der Index unter K fällt, abgesichert werden, indem der Portfolio-Manger
für jeweils 100S0 Dollar in dem Portfolio einen Verkaufsoptionskontrakt mit dem Basispreis K erwirbt (bei β=1).
Ist das Beta des Portfolios nicht 1, so sollte man für jeweils 100S0 Dollar des Portfolios
Beta-Put-Kontrakte erwerben. Mit steigendem Beta eines Portfolios steigen also auch die
Absicherungskosten, da mehr Puts benötigt werden und diese zudem einen höheren Basispreis haben.
Währungsoptionen
Währungsoptionen werden hauptsächlich am OTC-Markt gehandelt. Während ein Forward-Kontrakt den Wechselkurs für eine zukünftige Transaktion festschreibt, ermöglicht
eine Option eine Art von Versicherung. Eine Fremdwährung verhält sich wie eine Aktie
mit bekannter Dividendenrendite, der Inhaber der Fremdwährung erhält eine Rendite in
Höhe des ausländischen risikolosen Zinssatzes rf in der Fremdwährung. Die oben definierten Formeln bleiben daher gültig, es wird nur q durch rf ersetzt.
Bei amerikanischen Währungsoptionen werden am wahrscheinlichsten Kaufoptionen auf
hochverzinsliche Währungen und Verkaufsoptionen auf niedrigverzinsliche Währungen
vorzeitig ausgeübt.
Futures-Optionen
Wenn eine Futures-Kaufoption ausgeübt wird, erhält der Inhaber der Option eine LongPosition im zugrunde liegenden Futures-Kontrakt sowie einen Geldbetrag, der dem letzten Abrechnungspreis des Futures abzüglich des Basispreises entspricht. Wenn eine Futures-Verkaufsoption ausgeübt wird, erhält der Inhaber eine Short-Position im zugrunde
liegenden Futures-Kontrakt sowie einen Geldbetrag, der dem Basispreis minus dem letzten Abrechnungspreis des Futures entspricht. Die meisten Futures-Optionen sind amerikanischen Typs und werden mit dem Fälligkeitsmonat des zugrunde liegenden FuturesKontrakts bezeichnet.
Die am häufigsten gehandelten Zins-Optionen an US-amerikanischen Börsen sind jene
auf Treasury-Bond-Futures, Treasury-Note-Futures und Eurodollar-Futures. Die Preise
von Zinsfutures steigen, wenn die Preise der Anleihen ansteigen (d.h. wenn die Zinssätze
fallen) und sie fallen, wenn die Preise der Anleihen fallen (d.h. wenn Zinssätze steigen).
Martin Gächter | 17
John Hull | Optionen, Futures und andere Derivate
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Put-Call-Parität bei europäischen Futures-Optionen
c + Ke-rT = p + F0e-rT
F0e-rT – K ≤ C – P ≤ F0 – Ke-rT
Bewertung von Futures-Optionen mit Hilfe von Binomialbäumen
Das risikolose Portfolio bestht in diesem Fall aus einer Short-Position in eineròóOption, die
ðñ
ï øùú gilt.
mit einer Long-Position in ∆ Futures-Kontrakten kombiniert ist, sodass íî ôõö÷
û ü ýþÿ Drift von Futures-Preisen in einer risikoneutralen Welt
Ein Futures-Preis in einer risikoneutralen Welt verhält sich genau wie eine Aktie, die eine
Dividendenrendite in Höhe des inländischen risikolosen Zinssatzes r ausbezahlt. Der Drift
des Futures-Preises in einer risikoneutralen Welt ist somit null.
Bewertung von Futures-Optionen mithilfe des Modells von Black
Die zugrunde liegende Annahme ist, dass Futures-Preise dieselbe Lognormalverteilung
aufweisen wie Aktienkurse. Somit können die bereits bekannten Formeln verwendet werden, indem S0 durch F0 ersetzt und q=r gesetzt wird.
15.
Sensitivitäten von Optionspreisen
Das Ziel eines Händlers besteht darin, die Sensitivitätskennzahlen so zu steuern, dass
alle Risiken akzeptabel bleiben. Jeder dieser „Greeks“ misst eine andere Dimension des
Risikos in einer Optionsposition.
Eine Strategie ist der Verzicht auf eine Absicherung (ungedeckte Position). Eine Alternative stellt die gedeckte Position dar, wo nach Verkauf einer Kaufoption Aktien gekauft werden. Keine der beiden Strategien ist zufriedenstellend, da beide zu hohen Verlusten führen können.
Eine Stop-Loss-Strategie
Die Absicherungsstrategie besteht aus dem Kauf eines Aktienanteils, sobald der Aktienpreis höher ist als K und dem Verkauf der Aktie, sobald der Preis unter K fällt. Durch diese Strategie ist sichergestellt, dass das Unternehmen zum Zeitpunkt T die Aktie hält,
wenn die Option am Ende der Laufzeit im Geld liegt und die Aktie nicht besitzt, wenn die
Option aus dem Geld ist. Dabei gibt es allerdings zwei Probleme: Erstens treten die Cash
Flows für den Absicherer zu verschiedenen Zeitpunkten auf und müssen daher diskontiert
werden. Zweitens können Käufe und Verkäufe nicht exakt zum Preis K durchgeführt werden. Daher ist eine Stop-Loss-Strategie nur schlecht geeignet.
Delta: Das Delta einer Option ∆ ist die Sensitivität des Optionspreises gegenüber dem Preis des
Underlyings. Das Delta ist die Steigung der Kurve, welche die Beziehung zwischen Optionspreis und Preis des Underlyings angibt. Eine Position mit ∆=0 wird als deltaneutral
bezeichnet. Die Absicherung muss regelmäßig angepasst werden (Rebalancing), man
spricht von einer dynamischen Absicherungsstrategie. Demgegenüber stehen die statischen Absicherungsstrategien (Hedge-and-Forget-Strategien). Black und Scholes bewerteten Optionen, indem sie eine deltaneutrale Position bildeten.
Martin Gächter | 18
John Hull | Optionen, Futures und andere Derivate
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Delta von europäischen Aktienoptionen
∆(Call) = N(d1)
∆(Put) = N(d1) – 1
Die Delta-Absicherung einer Short-Position in einer europäischen Kaufoption bedeutet die
Einnahme der Long-Position in N(d1) Anteilen zu jedem Zeitpunkt. Bei einem europäischen Put ist das ∆ negativ, d.h. eine Long-Position in einem Put sollte mit einer LongPosition in der zugrunde liegenden Aktie abgesichert werden.
Wirft das Underlying eine Rendite q ab, so gilt:
∆(Call) = e-qTN(d1)
∆(Put) = e-qT[N(d1) – 1]
Das Delta eines Forward-Kontraktes auf eine Aktie ist natürlich immer 1,0. Man kann also
die Short-Position in einem Forward-Kontrakt durch den Erwerb einer Aktie absichern und
die Long-Position in einem Forward-Kontrakt durch den (Leer-)Verkauf einer Aktie.
Aufgrund der Marking-to-Market Eigenschaft von Futures-Kontrakten ist das Delta eines
Futures-Kontraktes erT bzw. bei einem Asset mit Dividendenrendite e(r-q)T und unterscheidet sich geringfügig vom Delta eines Forward-Kontraktes. Futures-Kontrakte können
auch dazu benutzt werden, um eine deltaneutrale Position zu erreichen. Die erforderliche
Position im Futures-Kontrakt ist dann HF=e-rTHA bzw. HF=e-(r-q)THA.
Wird offensichtlich, dass eine Option ausgeübt wird, so nähert sich Delta 1,0. Wenn klar
ist, dass die Option nicht ausgeübt wird, geht das Delta gegen null. Im Gegensatz zu einer Stop-Loss-Strategie wird die Performance einer Delta-Absicherungsstrategie zusehends besser, wenn die Absicherung häufiger angepasst wird. Die Strategie beinhaltet
gewöhnlich einen Aktienverkauf unmittelbar nach einem Kursrückgang und einen Aktienkauf unmittelbar nach einem Kursanstieg (Buy-High-, Sell-Low-Strategie).
Das Delta eines Portfolios aus Optionen oder aus anderen Derivaten, die von einem einzigen Asset mit dem Preis S abhängen, beträgt ! . Das ∆ kann aus den Deltas der
einzelnen Optionen des Portfolios berechnet werden. Besteht ein Portfolio aus n Optionen
)
mit der jeweiligen Stückzahl wi, dann ist das ∆ des Portfolios gegeben durch "# $ *+, %&'(.
Theta: - . /0
12
Das Theta eines Options-Portfolios misst die Sensitivität des Portfoliowertes gegenüber
der Restlaufzeit, wobei alle anderen Faktoren konstant gehalten werden (Zeitwertverfall).
In den Formeln wird die Zeit in Jahren angegeben. Um Theta pro Kalendertag zu erhalten, muss man die Formel für Theta durch 365 dividieren.
Das Theta einer Option ist gewöhnlich negativ. Ist der Aktienkurs bei einem Call sehr
niedrig, dann ist Theta nahe null. Für eine Kaufoption am Geld hat Theta einen hohen
negativen Wert. Delta und Theta unterscheiden sich grundlegend. Es besteht Unsicherheit hinsichtlich des zukünftigen Aktienkurses, aber nicht hinsichtlich des Ablaufs der
Zeit.
89:
Gamma: 3 4 567
Das Gamma eines Portfolios von Optionen gibt die Sensitivität des Portfolio-Deltas gegenüber dem Asset-Preis an. Wenn Gamma klein ist, ändert sich das Delta langsam, und es
müssen nur relativ selten Anpassungen vorgenommen werden, um die Deltaneutralität
des Portfolios zu gewährleisten. Die Krümmung der Kurve zwischen Aktien- und OptionsMartin Gächter | 19
John Hull | Optionen, Futures und andere Derivate
AK Finanzwirtschaft
preis wird durch Gamma gemessen. Ist Gamma positiv, so ist das Theta tendenziell negativ. Ist Gamma negativ, so ist Theta tendenziell positiv.
Um ein Portfolio gammaneutral zu machen, wird eine Position in einem Wertpapier (z.B.
eine Option) benötigt, welche nicht linear abhängig ist vom Underlying (Underlying oder
Forward-Kontrakt ist daher nicht geeignet, da ; < =). Werden Optionen hinzugefügt, um
ein Portfolio gammaneutral zu machen, so sind Anpassungen im Underlying notwendig,
damit auch die Deltaneutralität erhalten bleibt.
Beziehung zwischen Delta, Theta und Gamma
RS
OP Q
TUV W XY erfüldef g hi
len. Setzt man die Greeks in diese Gleichung ein, so gilt Z [ \]^ _ à bc
und für ein
pqr s tu
deltaneutrales Portfolio j k ml no
. Dies erklärt, warum Theta in einem deltaneutraAB C DE FG
HI J LK MN
Der Wert > eines Portfolios muss die Differentialgleichung ?@
len Portfolio als Stellvertreter von Gamma aufgefasst werden kann.
yz
Vega: : v wx
Der Wert eines Derivats kann sich aufgrund von Volatilitätsbewegungen ändern. Das Vega eines Portfolios aus Derivaten ist die Sensitivität des Portfoliowertes gegenüber der
Volatilität des Underlyings. Weist Vega einen hohen Absolutbetrag auf, reagiert der Wert
des Portfolios sehr empfindlich auf kleine Änderungen der Volatilität. Eine Position im
Underlying besitzt natürlich ein Vega von null. Leider ist ein gammaneutrales Portfolio im
Allgemeinen nicht veganeutral und umgekehrt. Das Vega einer normalen europäischen
oder amerikanischen Option ist immer positiv.
}~
Rho = {|
Das Rho eines Options-Portfolios gibt die Sensitivität des Portfoliowertes gegenüber dem
Zinssatz an. Bei Währungsoptionen gibt es je ein Rho für beide Zinssätze.
Portfolio-Insurance
Eine Verkaufsoption bietet eine Absicherung gegen den Rückgang des Marktes bei gleichzeitiger Wahrung des Gewinnpotentials. Alternativ kann die Option auch synthetisch
nachgebildet werden, indem eine Position im Underlying (bzw. Future auf das Underlying)
eingenommen wird, deren Delta gleich dem Delta der geforderten Option ist. Die Verwendung dieser Strategie bedeutet, dass die Mittel zu jedem beliebigen Zeitpunkt auf ein
riskantes und daher abzusicherndes Aktienportfolio und auf risikolose Assets aufgeteilt
werden. Eine synthetische Nachbildung ist auch mit Index-Futures möglich. PortfolioInsurance-Strategien haben das Potential, die Volatilität zu erhöhen (Indexarbitrage).
16.
Volatility Smiles
Die Black-Scholes Formel für die Bewertung von Optionen wird zwar in der Praxis verwendet, allerdings wird die verwendete Volatilität vom Basispreis der Option und von der
Restlaufzeit abhängig gemacht. Die grafische Darstellung der impliziten Volatilität einer
Option als Funktion ihres Basispreises ist als Volatility Smile bekannt.
Bei der Verwendung des Black-Scholes-Modells zur Bewertung einer europäischen Verkaufsoption ist der Bewertungsfehler der gleiche wie bei der Bewertung einer europäischen Kaufoption mit demselben Basispreis und derselben Restlaufzeit. Daher sind die
impliziten Volatilitäten auch immer ident, wenn Basispreis und Verfalltermin gleich sind.
Währungsoptionen
Martin Gächter | 20
John Hull | Optionen, Futures und andere Derivate
AK Finanzwirtschaft
Bei Währungsoptionen ist die Volatilität für am Geld befindliche Optionen relativ niedrig.
Sie wird zunehmend größer, wenn sich eine Option ins Geld oder aus dem Geld bewegt.
Man kann die risikoneutrale Wahrscheinlichkeitsverteilung eines Assets zu einem in der
Zukunft liegenden Zeitpunkt aus dem Volatility Smile bestimmen (implizite Verteilung).
Der von Händlern für Währungsoptionen benutzte Smile impliziert, dass die Lognormalverteilung die Wahrscheinlichkeit extremer Bewegungen des Wechselkurses unterschätzt.
Wechselkurse sind nicht lognormalverteilt, weil die Volatilität des Assets einerseits nicht
konstant ist und der Wechselkurs häufig Sprünge zeigt. Es zeigt sich, dass diese Eigenschaften extreme Ergebnisse wahrscheinlicher werden lassen4.
Aktienoptionen
Vor 1987 gab es keinen nennenswerten Volatility Smile. Der heute bekannte Smile für
Atkienoptionen wird auch als Volatility Skew bezeichnet: Wenn der Basispreis steigt, verringert sich die Volatilität. Die Volatilität, die zur Bewertung von Optionen mit niedrigem
Basispreis verwendet wird, ist signifikant höher als diejenige, die zur Bewertung einer
Option mit hohem Basispreis verwendet wird5. Eine mögliche Erklärung liegt in der
Fremdkapitalaufnahme (Leverage). Wenn sich das Eigenkapital eines Unternehmens im
Wert verringert, nimmt der Anteil des Fremdkapitals zu. Das heißt, dass die Aktie riskanter wird und ihre Volatilität steigt. Wir können also für die Volatilität des Eigenkapitals
eine fallende Funktion des Preises erwarten.
Volatilitätsstrukturen
Zusätzlich zum Volatility Smile benutzen Händler eine Laufzeitstruktur der Volatilitäten.
Dies bedeutet, dass die zur Bewertung einer am Geld liegenden Option verwendete Volatilität von der Laufzeit der Option abhängig ist. Die Volatilität ist in der Regel eine ansteigende Funktion der Laufzeit, wenn die kurzfristigen Volatilitäten historisch niedrig sind.
In diesem Fall wird ein Ansteigen der Volatilitäten erwartet. Sonst ist das Gegenteil der
Fall. Volatility Surfaces kombinieren Volatility Smiles mit der Laufzeitstruktur der Volatilitäten, um die geeigneten Volatilitäten zur Bewertung einer Option mit beliebigem Basispreis und beliebiger Laufzeit darzustellen. Der Volatility Smile ist weniger ausgeprägt,
wenn die Laufzeit der Option zunimmt.
Greeks
Der Volatility Smile erschwert die Berechnung der Sensitivitätskennzahlen für Optionspreise. Es gibt verschiedene Faustregeln für Händler, um dies zu umgehen. Es zeigt sich
allerdings, dass weder die Sticky Strike Rule (Annahme: Volatilität einer Option bleibt von
einem Tag zum nächsten konstant) noch die Sticky Delta Rule mit in sich konsistenten
Modellen übereinstimmen. Ein Modell, das in exakte Übereinstimmung mit den Smiles
gebracht werden kann, ist das Implied Volatility Function Model oder Implied Tree Model.
In der Praxis versuchen viele Banken sicherzustellen, dass sie gegenüber jenen Veränderungen der Volatility Surface, die am häufigsten beobachtet werden, möglichst wenig
anfällig sind.
18.
Value at Risk
Das Maß Value at Risk (VAR) ist der Versuch, das Gesamtrisiko eines Portfolios von Finanzinstrumenten in einer einzigen Kennziffer zusammenzufassen. Man trifft eine Aussage der folgenden Form: „Wir sind zu X Prozent sicher, dass wir in den nächsten N Tagen
nicht mehr als V Dollar verlieren werden.“ Die Variable V ist der VAR des Portfolios und
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5
Abbildung S. 458.
Abbildung S. 461.
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ist eine Funktion des Zeithorizonts N und des Konfidenzniveaus X. Die Aufsichtsbehörden
verlangen von den Banken die Berechnung des VAR mit N=10 und X=99. Der VAR gibt
den Verlust wieder, der dem (100-X)%-Quantil der Verteilung der Änderung des Portfoliowertes für die nächsten N Tage entspricht. Der VAR berücksichtigt allerdings nicht die
Verteilung an den Rändern. Eine Größe, die dieses Problem aufgreift, ist der Conditional
VAR (C-VAR), auch Expected Shortfall oder Tail Loss genannt. Der C-VAR ist der erwartete Verlust während eines N-Tage-Zeitraums unter der Bedingung, dass wir uns im linken
Rand, genauer im (100-X)%-Quantil der Verteilung befinden.
N-Tages-VAR = 1-Tages-VAR  €
Diese Formel gilt, wenn den Änderungen im Wert des Portfolios an aufeinander folgenden
Tagen voneinander unabhängig und identisch normalverteilt sind (mit Mittelwert null).
Die Aufsichtsbehörden verlangen, dass das Risikokapital einer Bank mindestens das Dreifache des 10-Tages-VAR zu einem Konfidenzniveau von 99% beträgt.
Historische Simulation
Diese Simulation beinhaltet die direkte Verwendung von historischen Daten als Richtwert
für zukünftige Entwicklungen. Angenommen, wir wollen den VAR für ein Portfolio unter
Verwendung eines Horizonts von einem Tag, eines 99%-Konfidenzniveaus und von Daten
von 500 Tagen berechneten. Dann sammeln wird Daten über die Bewegungen dieser
Marktvariablen für die letzten 500 Tage. Die füntschlechteste tägliche Wertänderung ergibt das 1%-Quantil der Verteilung. Der Schätzer für den VAR ist der Verlust, der sich
ergibt, wenn wir uns an diesem Punkt befinden.
Modellbildungsansatz
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Es ist üblich, beim Modellbildungsansatz davon auszugehen, dass die erwartete Änderung
einer Marktvariablen im betrachteten Zeitraum null beträgt.
Ein-Asset-Fall: Beispiel
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Portfolio 1: 10 Mio. $ in Microsoft-Aktien
N=10
X=99
Standardabweichung der täglichen Änderung im PF = 10 Mio. * 0,02 = 200.000$
Annahme: Tägliche Änderungen sind normalverteilt. N(-2,33)=0,01
Das bedeutet, dass eine normalverteilte Variable mit einer Wahrscheinlichkeit von 1%
um mehr als 2,33 Standardabweichungen im Wert sinkt.
1-Tages-VAR = 2,33 * 200.000 = 466.000$
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10-Tages-VAR = 466.000 * –— = 1,473.621$
Portfolio 2: 5 Mio. $ in AT&T-Aktien
1-Tages-VAR = 116.500$
10-Tages-VAR = 368.405$
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Zwei-Asset-Fall: Beispiel mit ¡ ¢£ ¤
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Standardabweichung der Änderung im Wert des Portfolios (1 Tag) = 220.227$
1-Tages-VAR zu einem Konfidenzniveau von 99% beträgt 220.227*2,33=513.129$
10-Tages-VAR = 1,622.657$
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Diversifikationseffekt
Der Betrag (1,473.621 + 368.405) – 1,622.657 = 219.369$ drückt den monetären Nutzen der Diversifikation aus. Sind die Portfoliobestandteile nicht perfekt korreliert, führt
dies zu einer Reduktion des Risikos (Diversifikation).
Lineares Modell
Wenn ein Portfolio aus n Assets besteht, wobei in jedem Asset der Betrag ¹i angelegt
wurde und º»¼ die Rendite von Asset i an einem Tag angibt, so gilt:
½¾ ¿ ÀÆ ÁÂÃÄÅ
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bzw.
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Bei der Behandlung von Zinssätzen ist eine Vereinfachung notwendig, da nicht für jeden
Zinssatz, gegenüber dem ein Unternehmen ein Exposure aufweist, eine separate Marktvariable definiert werden kann. Eine Möglichkeit bildet die Annahme, dass in der Rendite
kurve ausschließlich Parallelverschiebungen auftreten.
Das lineare Modell lässt sich am einfachsten auf ein Portfolio anwenden, das aus Positionen in Aktien, Anleihen, Währungen und Rohstoffen besteht und keine Derivate enthält.
In diesem Fall ist die Änderung des Portfoliowertes linear von den prozentualen Änderungen der Preise der Assets, die das Portfolio bilden, abhängig. Teilweise können auch Derivate einbezogen werden (z.B. Forward-Kontrakt auf den Kauf einer Währung).
Die Anwendung des linearen Modells bei Optionen ist nicht ganz so einfach. Da δ die
Sensitivität des Portfoliowerts gegenüber S darstellt, gilt näherungsweise ∆P=δ∆S. Definieren wir nun ∆x als die prozentuale Änderung des Aktienpreises an einem Tag, ïð ñ òó
ô,
. Damit kann
so gilt: õö ÷ ø ùúûüýþÿ. Dies entspricht der vorigen Gleichung mit die bereits bekannte Formel zur Berechnung der Standardabweichung benutzt werden.
Quadratisches Modell
Wenn ein Portfolio Optionen enthält, stellt das lineare Modell lediglich eine Approximation
dar. Es berücksichtigt nicht das Gamma des Portfolios. Ein Portfolio mit einem positiven
Gamma hat weniger Wahrscheinlichkeitsmasse im linken Rand als die Normalverteilung.
Wenn wir für den Portfoliowert eine Normalverteilung unterstellen, errechnen wir also
einen zu hohen VAR. Bei einem Portfolio mit negativem Gamma unterschätzen wir den
VAR. Für eine genauere Schätzung des VAR als durch das lineare Modell können wir die
Größen Delta und Gamma verwenden, um ∆P zu den ∆xi in Beziehung zu setzen.
Alternativ zu den bisher beschriebenen Ansätzen kann der Modellbildungsansatz auch
mittels einer Monte-Carlo-Simulation zur Erzeugung der Wahrscheinlichkeitsverteilung
von ∆P umgesetzt werden. Der Nachteil besteht darin, dass dies eher zeitaufwändig ist.
Vorteile des Modellbildungsansatzes sind die schnelle Berechnung der Ergebnisse und die
Möglichkeit seiner Verwendung in Verbindung mit zeitvariablen Volatilitäten. Allerdings
geht er von der Annahme einer mehrdimensionalen Normalverteilung aus.
Stress Testing und Back Testing
Zusätzlich zur Berechnung des VAR führen viele Unternehmen ein Stress Testing durch,
also eine Schätzung, wie sich das Portfolio bei den extremsten in den letzten 10 bis 20
Jahren aufgetretenen Marktbewegungen verhalten hätte. Das Back Testing stellt eine
wichtige Verknüpfung zur Realität dar: Dabei wird getestet, wie gut die VAR-Schätzer in
der Vergangenheit funktioniert hätten.
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Hauptkomponentenanalyse
Ein Ansatz zur Behandlung des Risikos, das aus Gruppen stark korrelierter Marktvariablen
entsteht, ist die Hauptkomponentenanalyse (Principal Components Analysis). Sie verwendet historische Daten über Bewegungen der Marktvariablen und versucht, eine gewisse Anzahl an Komponenten oder Faktoren zu definieren, die diese Bewegungen erklären.
20.
Kreditrisiko
Kreditrisiko existiert, da Kreditnehmer und ihre Gegenparteien in Derivatgeschäften möglicherweise ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen können. Die Kreditwürdigkeit (Bonität) wird durch Rating-Agenturen (z.B. Moody’s) bewertet. Nur Anleihen mit
dem Rating Baa oder besser werden in die Kategorie Investment Grade eingeordnet.
Die unbedingte Ausfallwahrscheinlichkeit gibt z.B. die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls im dritten Jahr ausgehend vom Zeitpunkt null an. Bedingte Wahrscheinlichkeiten
geben z.B. an, wie groß die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls im dritten Jahr ist, allerdings unter der Bedingung, nicht vorher ausgefallen zu sein. Bedingte Wahrscheinlichkeiten werden als Ausfallintensitäten oder Hazard Rates bezeichnet.
Recovery Rates
Die Recovery Rate einer Anleihe wird normalerweise als Marktwert der Anleihe unmittelbar nach dem Zahlungsausfall in Prozent des Anleihe-Nennwerts definiert. Recovery Rates und Ausfallraten sind signifikant negativ korreliert. Gewöhnlich wird unterstellt, dass
nur die Möglichkeit eines Zahlungsausfalls dazu führt, dass
eine Unternehmensanleihe
billiger ist als eine identische risikolose Anleihe. Es gilt , wobei h die Ausfallintensität pro Jahr, s den Spread zwischen der Rendite der Unternehmensanleihe und dem risikolosen Zinssatz und R die erwartete Recovery Rate angibt.
Credit Default Swaps können dazu verwendet werden, den von Händlern unterstellten
risikolosen Zinssatz zu bestimmen. Die aus den historischen Daten geschätzten Ausfallswahrscheinlichkeiten sind deutlich geringer als die mit Hilfe von Anleihepreisen ermittelten. Die aus Anleiherenditen ermittelten Ausfallwahrscheinlichkeiten stellen risikoneutrale
Ausfallwahrscheinlichkeiten dar. Gäbe es keine erwartete Überrendite, so wären reale
und risikoneutrale Ausfallwahrscheinlichkeit gleich. Bei der Bewertung von KreditDerivaten oder der Bewertung des Einflusses des Ausfallrisikos auf die Bepreisung von
Finanzinstrumenten sollten risikoneutrale Ausfallwahrscheinlichkeiten zur Anwendung
kommen, während z.B. bei der Durchführung von Szenario-Analysen zur Ermittlung potentieller zukünftiger Verluste reale Ausfallwahrscheinlichkeiten verwendet werden.
Da Ratings relativ selten aktualisiert werden, kann der Wert des Eigenkapitals möglicherweise aktuellere Informationen zur Abschätzung von Ausfallwahrscheinlichkeiten bieten. Dafür entwickelte Merton ein Modell, bei welchem das Eigenkapital eines Unternehmens als Option auf die Aktiva des Unternehmens angesehen wird.
Kreditrisiko in Derivategeschäften
Das Exposure gegenüber Kreditrisiken ist bei einem Derivategeschäft komplizierter als
bei einem Kredit, weil die Forderung im Falle eines Ausfalls weniger sicher ist. Es lassen
sich drei mögliche Situationen unterscheiden: Stellt der Kontrakt immer eine Verbindlichkeit für das Finanzinstitut dar (z.B. Short-Position in einer Option), so besteht kein Kreditrisiko. Stellt der Kontrakt immer einen Vermögensgegenstand für das Finanzinstitut
dar (z.B. Long-Position in einer Option), so besteht immer ein Kreditrisiko. Kann der
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Kontrakt sowohl eine Verbindlichkeit als auch einen Vermögensgegenstand darstellen
(z.B. Forward), so ist dann ein Kreditrisiko gegeben, wenn das Derivat einen positiven
Wert für das Finanzinstitut hat.
Reduzierung des Kreditrisiko-Exposures
Netting: Bei einem Ausfall eines Unternehmens in einem mit der Gegenpartei abgeschlossenen Kontrakt sind alle zwischen diesen beiden Parteien noch laufenden Kontrakte davon betroffen. Diese Netting-Vereinbarung kann das Kreditrisiko erheblich reduzieren.
Besicherung: Eine typische Besicherungsvereinbarung (Collateralization) würde besagen, dass die Kontrakte gemäß einer vorher festgelegten Formel regelmäßig zu
Marktpreisen bewertet werden sollen (vgl. Margin-Konto).
Downgrade-Trigger: Dies sind vertragliche Bestimmungen, die besagen, dass der
Kontrakt im Falle eines Absinkens des Credit Ratings der Gegenpartei unter ein bestimmtes Niveau zum Marktpreis geschlossen werden kann.
Ausfallkorrelation
Der Begriff Ausfallskorrelation wird verwendet, um die Tendenz zu beschreiben, mit der
zwei Unternehmen zu etwa der gleichen Zeit ausfallen. Aufgrund der Ausfallkorrelation
kann das Kreditrisiko nicht vollständig durch Diversifikation eliminiert werden. Die Ausfallkorrelation bildet den Hauptgrund dafür, dass risikoneutrale Ausfallwahrscheinlichkeiten höher sind als reale Ausfallwahrscheinlichkeiten.
Reduktionsmodelle: Diese unterstellen, dass die Ausfallintensitäten für verschiedene
Unternehmen stochastischen Prozessen folgen und mit makroökonomischen Variablen
korreliert sind.
Strukturmodelle: Diese basieren auf einer ähnlichen Idee wie das Merton-Modell. Ein
Unternehmen fällt aus, wenn sich der Wert seiner Aktiva unter einem bestimmten Niveau befindet. Dabei wird angenommen, dass die beiden stochastischen Prozesse der
Unternehmen miteinander korreliert sind.
Credit VAR
Ein Credit VAR zu einem Konfidenzniveau von 99% und einem Zeithorizont von einem
Jahr ist der Verlust aufgrund von Kreditausfällen, der mit 99%iger Sicherheit innerhalb
eines Jahres nicht überstiegen wird. Ein populärer Ansatz zur Berechnung des Credit VAR
für interne Zwecke ist CreditMetrics. Er besteht aus der Schätzung der Wahrscheinlichkeitsverteilung von Verlusten aufgrund von Kreditausfällen durch Monte-CarloSimulationen von Änderungen des Credit Rating für alle Gegenparteien.
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Zugehörige Unterlagen
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