1 Informationstag Trinkwasser 2016 Die Mikrobiologie des Trinkwassers Beurteilung der bakteriologischen Trinkwasserbeschaffenheit in der Praxis DI Dr. Harald Schmölzer, Holding Graz Wasserwirtschaft ÖSTERREICHISCHE VEREINIGUNG FÜR DAS GAS- UND WASSERFACH Lebensraum von Bakterien im Grundwasser 2 Bodenbakterien: 1 Milliarde / g Humusschicht ungesättigte Zone 1 – 5 m /Jahr gesundheitsgefährdende Bakterien und Viren sterben ab Grundwasserleiter Aquifer Zellzahlen in 5 m Tiefe gesättigte Zone 1000 – 10.000 / ml 1 – 10 m /Tag GW-Nichtleiter Oktober 16 ÖVGW – Österreichische Vereinigung für das Gas- und Wasserfach Grundwasser ist nicht steril ! autochtone Bakterien Eintrag von „problematischen“ Bakterien in das Grundwasser 3 Verursacher der meisten Krankheiten, die über das Wasser übertragen werden, sind Mikroorganismen aus tierischen oder menschlichen Fäkalien (Typhus, Cholera, Ruhr, Hepatitis A u. E) Sickerwasser Grundwasser Grundwasserstrom Grundwassernichtleiter Oktober 2016 ÖVGW – Österreichische Vereinigung für das Gas- und Wasserfach 4 Trinkwasserschutz ist Grundwasserschutz bzw. Bodenschutz Voraussetzungen für bakteriologisch einwandfreies Trinkwasser: Ausreichender Grundwasserschutz Bakteriologische Schutzzone: keine direkte Versickerung von verunreinigten Wässern, insbesondere von fäkalen Abwässern 60–Tage Grenze, ausreichende Bodenüberdeckung BRD: 50 Tage, Schweiz: 10 Tage Eingeschränkte Bodennutzung (Bauten, Verkehrswege, landwirtschaftliche Nutzung, insbesondere Gülle/MistAusbringung, Verbot von Viehweide) Grundwasserschutz nicht immer gewährleistet: Karstquellen, Quellen aus Moränenhängen, Brunnen in Ortsgebieten (Hausbrunnen) – außergewöhnliche Wettersituationen Vorbeugende Maßnahmen: z.B. UV-Desinfektion ÖSTERREICHISCHE VEREINIGUNG FÜR DAS GAS- UND WASSERFACH 5 Gesetzliche Anforderungen an die bakteriologische Beschaffenheit von Trinkwasser Parameter KBE 22°C EU ohne anormale Veränderung KBE 37 °C AUT 100/ ml 20/ ml BRD Schweiz WHO Empfehlung 2011 ohne anormale Veränderung (EH: 100/ ml) ohne anormale 100 (300)/ml Veränderung (EH: 100/ ml) coliforme Bakterien 0/ 100ml 0/ 100ml 0/ 100ml Escherichia coli 0/ 100ml 0/ 100ml 0/ 100ml 0/ 100ml 0/ 100ml Enterokokken 0/ 100ml 0/ 100ml 0/ 100ml 0/ 100ml 0/ 100ml Pseudomonas aeruginosa Clostridium perfringens 0/ 100ml 0/ 100ml 0/ 100ml ÖSTERREICHISCHE VEREINIGUNG FÜR DAS GAS- UND WASSERFACH 0/ 100ml 6 Wasseruntersuchungsbefunde – Beurteilung - Maßnahmen Indikatorparameterwerte - Überschreitung KBE bei 22°C, 37°C, coliforme Bakterien Befund verifizieren (Nachkontrolle bzw. erweiterte Kontrollen) Ursachen prüfen (Ursachenforschung) Risiko beurteilen wenn erforderlich, angemessene Maßnahmen setzen (z.B. Spülmaßnahmen, Reinigungsmaßnahmen) Qualitätsziel: mittelfristig und dauerhaft Parameterwerte unterschreiten ÖSTERREICHISCHE VEREINIGUNG FÜR DAS GAS- UND WASSERFACH 7 Wasseruntersuchungsbefunde – Beurteilung - Maßnahmen Parameterwerte - Überschreitung Escherichia coli, Enterokokken (Fäkalindikatoren) Befund verifizieren (Nachkontrolle bzw. erweiterte Kontrollen) Behörden informieren Risiko beurteilen Sofortmaßnahmen einleiten (Desinfektion ?) Verbraucher informieren (in Abstimmung mit der Behörde) „ Abkochgebot“ als mögliche kurzfristige Maßnahme Qualitätsziele: Gesundheitsrisiko minimieren, innerhalb von 30 Tagen wieder einwandfreie Qualität herstellen ÖSTERREICHISCHE VEREINIGUNG FÜR DAS GAS- UND WASSERFACH Aktuelles 8 Coliforme Bakterien in Diskussion !! als Indikator für fäkale Verunreinigungen disqualifiziert (mittlerweile akzeptierte Fachmeinung) Gründe: Eigenschaften die Indikatorbakterien nicht besitzen sollten - ubiquitäres Vorkommen - Vermehrung im Wasser - Vermehrung in Biofilmen von Wasserleitungen, Speicheranlagen Untersuchungsmethode - Ungenauer Nachweis (viele falsch-negative und falsch-positive Ergebnisse bekannt) - durch Methodenänderung werden im Vergleich zu früher höhere Keimzahlen gemessen - Indikatorparameterwert: 0 / 100 ml für natives Wasser nur in idealen Fällen erfüllbar Beurteilung nach Gesamtbefundlage und Risikoabschätzung mit Augenmaß ÖSTERREICHISCHE VEREINIGUNG FÜR DAS GAS- UND WASSERFACH Wasseruntersuchungsbefunde – Fallbeispiele 9 KBE 22°C /ml 0 120 200 200 > 300 KBE 37°C /ml 0 30 50 50 > 300 coliforme Bakterien /100ml 0 0 20 20 > 100 Escherichia coli /100ml 0 0 0 0 20 Enterokokken /100ml 0 0 0 3 5 Ursachenforschung Maßnahmen mittelfristig Oktober 16 ÖVGW – Österreichische Vereinigung für das Gas- und Wasserfach Ursachenforschung Maßnahmen unmittelbar Behörde/Verbraucher informieren Sofortmaßnahmen 10 ÖSTERREICHISCHE VEREINIGUNG FÜR DAS GAS- UND WASSERFACH