Judas der Verräter, wirklich nur ein Verräter?

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Judas der Verräter, wirklich nur ein Verräter?
Liebe Freunde des Passionsspieles, Bobingen 2017 – „Judas, der Verräter“
wie geht es Ihnen, wenn Sie in Ihrem vertrauten Umfeld, plötzlich den Namen Judas
ausgesprochen hören. Haben Sie unwillkürlich Bedenken, dass der Gesprächspartner
vielleicht Sie persönlich meinen könnte. Das wäre schrecklich für Sie oder?!
Ihre irritierte Reaktion ist auf den ersten Blick völlig normal.
So in etwa geht es jedem Menschen bei diesem erwähnten Namen.
Aber warum nur? Wer war Judas? Verräter oder
Heilsbringer? Auf der einen Seite ein Verräter, die
verrufene Gestalt des Christentums. Aber auch Freund
Jesu, sein berufener Schüler, und engst vertrauter Apostel
auf der anderen Seite. Als einer der zwölf Jünger, verrät
er Jesus mit einem Kuss (Judaskuss) für ein kleines
Handgeld (Judaslohn) von dreißig Silbermünzen.
Damit gehört er mit seinem Kuss zu den dunkelsten
Gestalten der Bibel überhaupt.
Oder aber wird er nur so dargestellt?
Eines ist klar, der Judaskuss, der sich in Bildern (ein
Beispiel, Bild von Caravaggio) und Tradition in der
Geschichte über Jahrhunderte als Verrat gehalten hat,
steht für eines der schlimmsten menschlichen Versagen,
für Missbrauch von Vertrauen eines Freundes. Er ist
Symbol für einen inakzeptablen Vertrauensbruch, der eine
zuvor innige Beziehung voraussetzt. So kurz beschreibt
seine Geschichte die Tradition.
Ebenso in allen Evangelien kommt Judas schlecht weg, allerdings mit unterschiedlicher
Schwerpunktsetzung.
Evangelist Markus meint, den Judas „…der Verräter, hatte mit ihnen ein Zeichen (Kuss)
vereinbart“(Mk14, 44).Johannes schrieb über ihn „…einen der Zwölf als Teufel“
(Joh 6,70).
Besonders hart beschreibt sein Verhalten beim Dialog Jeus mit dem Jünger, Evangelist
Matthäus (26,24)„Für ihn (Judas) wäre es besser, wenn er nie geboren wäre“.
Judas galt deswegen oft als „Inkarnation“ des Bösen, als Verräter aus niederen Bedürfnissen,
als nichtswürdiges „schwarzes Schaf“ in der Apostelschar, der als einziger von ihnen
„verloren ging“.
Der Verrat hat also seit diesem Ereignis einen Namen, einen Preis und ein Symbol.
Eine etwas andere Inspiration des Judasverhaltens findet man erst beim Evangelisten Lukas
(Lk 22,3)„ der Satan aber ergriff Besitz von Judas… …dann ging er zu den Hohepriestern und
Hauptleuten und beriet mit ihnen, wie er Jesus ausliefern konnte“.
Lukas Bericht, stellt den Judas aus ganz anderem als bisher erwartetem Blickwinkel heraus
und gibt gleichzeitig eine Wende für die Erklärung seines Verhaltens Jesus gegenüber.
Der Satan also nicht Judas!
Einige Theologen, Bibelforscher, oder sogar Schriftsteller meinen, dass die Judas Geschichte
voller Rätsel steckt. „Jesus war doch ein stadtbekannter Mann, den jeder kannte. Trotzdem
musste Judas die Soldaten zu ihm führen, gerade so, als würde Jesus sich bei Tageslicht nie
blicken lassen. Warum diese Heimlichtuerei, nachts im Garten, so umständlich und dann
noch mit einem Kuss als Erkennungszeichen? Es wäre doch einfacher gegangen.
Oder bedeutet der Kuss Abschied …. und nicht Verrat“? so fragte Ursula Homman in Ihrem
Internet-Artikel. Der Theologe Wolfgang Treiler (Universität Wien) sieht den Verrat als
Ursprung des kirchlichen Antijudaismus.
Er glaubt, dass: „ die Erzählung des Verrats erst in den Text aufgenommen sind, als die
Evangelien aufgeschrieben wurden, also um das Jahr 70 nach Christus“, weil wie er
behauptet: „Damals habe sich, auch in den Evangelien sichtbar, die Ansicht durchgesetzt,
das nicht die Römer für den Tod Jesu verantwortlich gewesen seien, sondern ausschließlich
Juden. Judas habe allein aufgrund seines Namens (hebräisch: Jehuda) gut dazu gepasst und
sei zum personifiziertem Juden geworden, dem alles, was mit dem Tod und der Hinrichtung
Jesu zu tun hat, angehängt worden sei“.
Eine Interpretation vom Genfer Professor Rodolphe Kasser besagt ähnliches „…dass Judas
ein geheimer Freund Jesu war und von diesem davon überzeugt werden musste, den Verrat
zu begehen“.
Die schon zitierte Ursula Homman sagt in ihrem Kommentar: „Wer war Judas, Verräter
oder Heilsbringer“. Sie unterstützt ihre These mit der Feststellung: „Jesus selbst wusste, dass
Judas ihn verraten wird, und doch verhindert er den Verrat nicht, um die geplante Erlösung
zu ermöglichen, aber auf Kosten des armen Judas. Der Barmherzige benutzt offenbar Judas
als Instrument und lässt zu, dass einer seiner Schüler schuldig wird. Sie stellt die ebenso
wichtige und logische Frage: „ Kann man noch von freier Entscheidung und Verantwortung
sprechen, wenn einer etwas tun muss?“
Helmut Gollwitzer befürwortet ebenso seine Unschuld: „Der Verräter Judas darf nicht
schlechter gestellt werden als der Verleugner Petrus, der Verfolger Paulus, die versagten
Jünger, alle“. Schließlich hat auch Petrus den Herrn verraten und kommt später zu höchsten
Ehren“.
Der Katholik Heinrich Böll, formuliert es so: „ Es ist schon merkwürdig, dass dem Petrus die
dreimalige Verleugnung eher, den fast liebenswürdigen Kredit menschlicher Schwäche
eingebracht hat…es weinte einer bitterlich und ist später zum ersten Papst geworden. Der
andere, Judas, warf die Silberlinge in den Tempel zurück, bekannte seine Verzweiflung und
Schuld, bereute seinen Verrat und beging Selbstmord.“
Voll treffend meint deswegen Eugen Drewermann.“ Kaum einem Menschen tut die Bibel so
sehr unrecht wie dem Judas.
So betrachtet hat Judas das größte Opfer vollbracht. Jesus wurde zwar gekreuzigt, aber
anschließend verehrt, Judas dagegen ist mit Schimpf und Schande in die Geschichte
eingegangen und bis heute noch nicht rehabilitiert“.
Andreas Mittendorfer und Nina Goldmann, ( religion.ORF.at ) zeigen zum Abschluss ihres
Artikels folgendes Fazit: „Judas ist also damit in der Rolle der dunklen Gestalt eingetreten
und doch notwendig. Geht es um die biblische Figur der Judas Ischariot, dann hört man
immer wieder auch dieses, dass Jesus den angeblichen Verrat durch Judas gewissermaßen
gebraucht habe, damit insgesamt ein göttlicher Heilsplan in Erfüllung gehen konnte: Denn
ohne Verrat hätte es keinen Kreuzestod gegeben und folglich auch keine Auferstehung.
Ein Resümee des Ganzen, bringt der katholische Theologe Wolfgang Treitler: „ Judas ist also
nicht der böse Verräter, sondern einer, der Jesus besonders nahe war und der ihn vor allem
als Messias unmittelbar erleben wollte – und nicht als Gescheiterten. Insgesamt will Treitler
zu einem neuen Blick auf die biblische Figur des Judas ermutigen. Man könnte von Judas
durchaus etwas lernen, in seiner Hartnäckigkeit, an Jesus als Messias festzuhalten.
In diesem Sinne könnte Judas als Vorbild christlichen Glaubens stehen“.
Also Judas ein Verräter, der keiner war!?
Zur Einstimmung auf die Karwoche und das Osterfest lädt die Theater-Schmiede Bobingen
herzlich zu den Passionsspielen Bobingen 2017 in die Singoldhalle ein.
Ich als Schirmherr der Passionsspiele werde mich freuen, Sie als unsere geschätzten Gäste
bei den Aufführungen begrüßen zu dürfen.
Ihr
Mariusz Pluta, Pfarrer
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