automation Messtechnik Kapazitive Positionssensoren und ihre Anwendungen In vielen Anwendungsbereichen ist heute grösstmögliche Messgenauigkeit obligatorisch mit Auflösungen im Nano- oder sogar Sub-Nanometerbereich. An die eingesetzten Sensoren stellt dies recht anspruchsvolle Anforderungen. Schliesslich müssen sich die Sensoren möglichst einfach in die Applikation integrieren lassen und sich meist auch für hochdynamische Bewegungen eignen. Kapazitive Sensoren D ie Genauigkeit und Reproduzierbarkeit der eingesetzten Sensorik bestimmt massgeblich die Ergebnisse jedes Positioniersystems. Wer auf allerhöchste Genauigkeit bis in den Nano- und sogar Picometerbereich angewiesen ist, greift auf kapazitive Positionssensoren zurück. Als Spezialist auf dem Gebiet der Nanopositioniersysteme gilt die Firma Physik Instrumente (PI), die die Entwicklung dieser kapazitiven Hoch- Autoren: Birgit Schulze, Dipl.-Phys. Markt & Produkte bei Physik Instrumente (PI) und Ellen-Christine Reiff, M.A. Redaktionsbüro Stutensee Info: DynEOs AG, Dynamic & Electro-Optical Solutions Vogelsangstrasse 13, 8307 Effretikon Tel. 052 355 12 40, Fax 052 355 12 44 [email protected], www.dyneos.ch 40 polyscope 18/07 präzisionssensoren (Bild 1) kräftig voran- Obendrein sind die kapazitiven Sensoren getrieben hat. durch ihre kontaktlose Arbeitsweise verHeute gehören kapazitive Positions- schleiss- und hysteresefrei und beeinflussensoren in unterschiedlichen Ausführungen zum Produktprogramm, die mit Auflösungen bis in den Sub-Nanometerbereich arbeiten. Aber auch über die hohe Genauigkeit hinaus hat die kapazitive Messtechnik einiges zu bieten: Die Sensoren messen die Ist-Position berührungslos und direkt am bewegten Objekt; Genauigkeit, Stabilität und Bandbreite liegen deutlich über den Werten, die mit konventionellen LVDT- oder DMSSensoren erreicht werden. Bild 1: Unterschiedliche Nanopositioniersysteme von PI automation Bild 2: Arbeitsprinzip eines kapazitiven Sensors sen nicht die eigentliche Anwendung, bei der es ohnehin um hochsensitive Abstands- oder Schichtdickenänderungen geht. Kapazitives Messprinzip: Schutzringgeometrie für grösstmögliche Linearität Der kapazitiven Messtechnik liegt ein einfaches physikalisches Prinzip zu Grunde. Zwischen den Platten eines Kondensators (Bild 2) entsteht beim Anlegen einer Spannung ein homogenes elektrisches Feld. Eine Abstandsänderung der beiden Platten bzw. Flächen ist dem Ausgangs- mung von störenden elektrischen Feldern von aussen und eine genau definierte Abgrenzung der Messfläche. So wird ein äusserst homogenes elektrisches Feld erzeugt, was eine sehr hohe Linearität der Messwerte zur Folge hat. Typische Linearitätswerte liegen unter 0,01 Prozent des nominalen Messbereichs. Das heisst, bei einem Messbereich von 100 µm würde die maximale Abweichung des Messwerts vom Istwert 10 nm (0,01 µm) betragen. Linearitätsfehler haben dabei keinen Einfluss auf die Auflösung und die Reproduzierbarkeit der Messung. Prinzipiell sind – abhängig von der Auswerteelektronik – sogar Linearitäten bis 0,003 Prozent möglich. Ein- oder Zwei-Elektroden-Sensoren für unterschiedliche Aufgaben Die kapazitiven Positionssensoren stehen in zwei unterschiedlichen Grundbauformen zur Verfügung, nämlich als Ein- Bild 5: Bei gewölbten Oberflächen wird der Abstand gemittelt oder Zwei-Elektroden-Systeme. Sensoren mit nur einer Elektrode lassen sich besonders einfach in die jeweilige Applikation integrieren. Sie messen direkt gegen eine in der Anwendung vorhandene Oberfläche, die jedoch bestimmte Anforderungen erfüllen muss. Die wichtigsten sind elektrische Leitfähigkeit, Erdung und ausrei- Bild 3: Kapazitive Sensoren mit Schutzringelektrode garantieren grösstmögliche Linearität signal an der Messelektronik proportional. Voraussetzung für die Proportionalität ist allerdings, dass das elektrische Feld zwischen den Elektroden wirklich homogen ist. Um dies zu erreichen und um das Messergebnis eventuell verfälschende Rand- Bild 6: Kapazitive Sensoren mit zwei Elektroden Bild 4: Rauigkeit der Targetoberfläche kann die Messung beeinflussen effekte auszuschliessen, ist bei den kapazitiven PISeca-Sensoren die eigentliche Messfläche mit einem aktiven Schutzring umgeben, der dasselbe elektrische Potenzial hat wie die Sensorfläche (Bild 3). Dieser Aufbau sorgt für eine optimale Abschir- Bild 7: Dreikanaliges Signalauswertemodul für Ein-Elektroden-Sensoren polyscope 18/07 41 automation Bild 8a: Anwendungsbeispiele für kapazitive Sensoren: Nanostelltechnik chende Grösse. Da die Beschaffenheit der Target-Fläche die Homogenität des elektrischen Feldes beeinflusst, sollten aber auch Rauheiten usw. vermieden werden. Um die Sensoren unter idealen Bedingungen zu kalibrieren, wird beim Herstel- realisieren, da hier die beiden Kondensatorflächen definiert und in hoher Qualität vorhanden sind (Bild 6). Serienmässig angebotene Messbereiche liegen bei diesen Sensoren bei maximal 15, 50 oder 100 µm, erweiterte Messbereiche sind bis 300 µm möglich. Auch bei den perfekt auf die Sensoren abgestimmten, besonders rauscharmen ein-, zwei- oder dreikanaligen Auswerteelektroniken hat der Anwender die Wahl zwischen unterschiedlichen Ausführungen (Bild 7). Sowohl für Ein- oder Zwei-Elektroden-Sensoren gibt es passende Elektroniken, die sich bei Be- eliminiert werden (Bild 8b). Bei allerhöchsten Anforderungen an Auflösung führen Zwei-Elektroden-Sensoren zu besseren Ergebnissen, manchmal ist ihr Einsatz applikationsbedingt jedoch nicht möglich, z.B. weil sich keine zweite Elektrode anbringen lässt oder sich das Target senkrecht zur Messrichtung bewegt und die beiden Sensorelektroden einander nicht mehr gegenüberliegen. Hier bieten sich dann die einfach integrierbaren Ein-Elektroden-Systeme Bild 8f: Verkippungsmessung Bild 8d: Vibrationsmessung Bild 8b: Mehrachsenmessung ler deshalb eine extrem ebene, leitende Oberfläche, die deutlich grösser ist als die Sensoroberfläche, als Target verwendet (Bild 4). Natürlich sind auch Messungen gegen gewölbte Flächen möglich (Bild 5). In diesem Falle muss der Messwert allerdings gemittelt werden. Die Ein-Elektroden-Sensoren eignen sich serienmässig für darf um Piezoverstärkermodule, Display oder PC-Interface-Module erweitern lassen. Bandbreite und Messbereich können bereits werksseitig optimal auf die jeweilige Applikation abgestimmt werden; bei Ein-Elektroden-Systemen haben Anwender darüber hinaus die Möglichkeit, Bandbreite und Messbereich vor Ort selbst zu variieren, um ein optimales Messergebnis zu erzielen. Bei dieser Auswahl wundert es nicht, dass die Anwendungsmöglichkeiten für die Präzisionssensoren breit gefächert sind. Von der Abstands- bis zur Schichtdickenmessung Eine typische Anwendung für die ZweiElektroden-Sensoren beispielsweise sind höchstauflösende Abstandsmessungen in der Nanostelltechnik (Bild 8a). Durch die hohe Messfrequenz von bis zu 10 kHz sind hier auch Regelungen im dynamischen Betrieb problemlos möglich. Beim Einsatz in Mehrachsen-Positioniersystemen können alle Freiheitsgrade gleichzeitig gemessen und Führungsfehler aktiv Bild 8c: Unrundmessung Messbereiche von 20, 50 und 100 µm, auf Anfrage sind sogar Ausführungen für Messabstände bis in den Millimeterbereich verfügbar. Während diese Ein-Elektroden-Sensoren mit Auflösungen im Nanometerbereich arbeiten, lassen sich mit Zwei-Elektroden-Sensoren sogar Werte bis 0,01 nm 42 polyscope 18/07 an. Auch sie erreichen Auflösungen bis unter 1 nm. Weitere typische Applikationen für die Letztgenannten finden sich überall dort, wo wellige Bewegungen erfasst und kompensiert werden müssen (Bild 8c), z.B. bei Constant-Height-Scans oder in der Weisslicht-Interferometrie. Durch die hohe Dynamik sind Vibrations- und Schwingungs- oder Ebenheitsmessungen rotierender Werkstücke (Bild 8d) ebenso möglich wie Dickemessungen von Nichtleitern auf bewegten, leitenden Oberflächen, z.B. einer Walze (Bild 8e). Hier profitiert man vor allem von der berüh- Bild 8e: Schichtdickenmessung Bild 8g: Kraftsensor rungslosen Arbeitsweise und der hohen Dynamik. Kombiniert man zwei Sensoren, sind Verkippungsmessungen realisierbar (Bild 8f). Die Verkippung des bewegten Objekts wird differenziell bestimmt und dann gegebenenfalls kompensiert. Häufig werden kapazitive EinElektroden-Sensoren ausserdem als hochauflösende Kraftsensoren für kontaktlose Messungen im Mikro-NewtonBereich eingesetzt. Über die definierte Steifigkeit des Systems ergibt sich die Kraft (Bild 8g).