Institut für medizinische & molekulare Diagnostik AG 14 · CH-8008 Zürich · Telefon 0041 44 497 Falkenstrasse 30 60 Streptococcus agalactiae 1. Bedeutung Streptococcus agalactiae bzw. β hämolytische Streptokokken der Gruppe B (GBS) gehören zu den wichtigsten Erregern von Sepsis und Meningitis des Neugeborenen in Industrieländern. Die Übertragung erfolgt bei der Passage durch den besiedelten Geburtskanal. Als zusätzliche Risikofaktoren gelten Urogenitalinfektionen und GBS-Bakteriurie während der Schwangerschaft, vorzeitiger Blasensprung sowie Früh- und Mangelgeburt, welche mit einem unreifen Immunsystem korrelieren. Es werden "early onset" Erkrankungen mit Beginn in den ersten Lebenstagen von "late onset" im Alter von 1 Woche bis 3 Monaten unterschieden [1]. Die Untersuchung aller Schwangeren auf eine Kolonisation von Streptococcus agalactiae dient der Verhinderung dieser Infektionen, indem die Trägerinnen während der Geburt prophylaktisch antibiotisch behandelt werden. Die CDC haben 1996 Richtlinien festgelegt, die kürzlich revidiert wurden [2]. Das Risiko für eine Infektion des Neugeborenen ist bei besiedelten Frauen mehr als 25mal höher als bei solchen mit pränatal negativem Erregernachweis. Die Trägerrate liegt zwischen 10 und 30%. Es wurde gezeigt, dass die Kolonisation des Genitaltrakts mit GBS im Verlauf der Schwangerschaft Schwankungen unterworfen ist. Darum wird empfohlen, die Untersuchung nahe am Geburtstermin, zwischen der 35. und 37. Woche, durchzuführen. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine zu diesem Zeitpunkt nachgewiesene positive bzw. negative Besiedelung der Schwangeren auch bei der bevorstehenden Geburt noch vorliegt, wird als hoch eingeschätzt. Dennoch werden für die Zukunft raschere Methoden gewünscht, die letzten Endes eine Untersuchung bei Beginn der Wehentätigkeit erlauben sollten. Um dies zu erreichen, müssten dann allerdings auch die notwendigen organisatorischen Strukturen geschaffen werden wie etwa flächendeckender Zugang zu solchen Techniken und Labortätigkeit rund um die Uhr [2]. 2. Nachweismethoden Die aktuelle Diagnostik bedient sich der Anreicherungskultur von Vaginal- und Rektal-abstrichen in Selektivmedien, welche wenigstens 36 Stunden beansprucht. Sie gilt zur Zeit als Standard, an dem sich alternative Methoden messen müssen. Es wird eine Empfindlichkeit von mindestens 85% gefordert. Bei direktem Ausstrich auf Agarplatten muss mit 50% falsch negativen Resultaten gerechnet werden [2]. Verschiedene kommerzialisierte Teste zum Antigennachweis im Abstrich haben sich als zu wenig empfindlich erwiesen und sind deshalb zum Nachweis von Trägertum nicht geeignet [3,4,5]. Wir haben eine Real Time PCR (LightCycler) evaluiert und validiert, die auf den Publikationen einer kanadischen Gruppe beruht [6,7]. Als Zielsequenzen für die Amplifikation wurden solche im cfb Gen gewählt, welches für den CAMP-Faktor codiert und in faktisch allen Isolaten von Streptococcus agalactiae vorliegt [8]. Da anogenitale Proben erfahrungsgemäss häufig Inhibitoren der PCR enthalten, werden sie mit einem speziellen, bewährten Verfahren aufgearbeitet. Zusätzlich wird für jede Probe eine interne Inhibitionskontrolle mitgeführt. Die Nachweisgrenze liegt unter 10 CFU/ml (Sensitivität Institut für medizinische & molekulare Diagnostik AG 14 · CH-8008 Zürich · Telefon 0041 44 497 Falkenstrasse 30 60 97%), die Spezifität bei 100% und die Resultate der Untersuchung liegen in weniger als 2 Stunden vor. 3. Chemoprophylaxe Die zitierten Empfehlungen basieren auf einer positiven Kultur, es darf jedoch davon ausgegangen werden, dass sie, unabhängig von der Art des Erregernachweises, weiterhin Gültigkeit haben werden: erste Wahl ist Penicillin, alternativ kann Ampicillin eingesetzt werden. Sie werden intravenös während des ganzen Geburtsvorgangs verabreicht. Bei bekannter Penicillin-Allergie erfolgt die Prophylaxe mit Clindamycin oder Erythromycin [2,9]. 4. Untersuchungsmaterialien Folgende Materialien sind für eine Untersuchung auf Streptococcus agalactiae geeignet: • Vaginalabstrich • Rektalabstrich _______________________________________________________________________________________________ _________ Literatur: [1] K.L. Ruoff. Streptococcal diseases, p. 257-275, Vol. 3. In: Topley & Wilson’s Microbiology and Microbial Infections, 9th edition. L. Collier, A. Balows, M. Sussmann (ed.). Arnold, London 1998. [2] Centers for Disease Control and Prevention. Prevention of perinatal group B streptococcal disease. Revised guidelines. Morb. Mortal. Wkly. Rep. 2002, 51 (no RR-11):1-24. [3] M.K. Yancey, T. Armer, P. Clark, P. Duff. Assessment of rapid identification tests for genital carriage of group B streptococci. Obstet. Gynecol. 1992, 80:1038-1047. [4] C.K. Walker, W.R. Crombleholme, M.J. Ohm-Smith, R.L. Sweet. Comparison of rapid tests for detection of group B streptococcal colonization. Am. J. Perinatol. 1992, 9:304-308. [5] J. Thinkhamrop, S. Limpongsanurak, M.R. Festin, S. Daly, A. Schuchat, P. Lumbiganon, E. Zell et al. Infections in international pregnancy study: performance of the optical immunoassay test for detection of group B streptococci. J. Clin. Microbiol. 2003, 41:5288-5290. [6] D. Ke, C. Ménard, F.J. Picard, M. Boissinot, M. Ouellette, P.H. Roy, M.G. Bergeron. Development of conventional and real-time PCR assays for the rapid detection of group B streptococci. Clin. Chem. 2000, 46:324-331. [7] M.G. Bergeron, D. Ke, C. Ménard, F.J. Picard, M. Gagnon, M. Bernier, M Ouellette, P.H. Roy, S. Marcoux, W.D. Fraser. Rapid detection of group B streptococci in pregnant women at delivery. N. Engl. J. Med. 2000, 343:175-179. [8] A. Podbielski, O. Blankenstein, R. Lütticken. Molecular characterization of the cfb gene encoding group B streptococcal CAMP-factor. Med. Microbiol. Immunol. 1994, 183:239-256. [9] D.N. Gilbert, R.C. Moellering, M.A. Sande. The Sanford guide to antimicrobial therapy. Antimicrobial Therapy Inc. Hyde Park, USA, 2002.