Lösung 11

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Theorie der Wärme
Musterlösung 11.
Übung 1.
FS 2015
Prof. Thomas Gehrmann
Edelgas im Schwerefeld
Berechne den Erwartungswert der Energie eines monoatomaren idealen Gases (z. B. eines Edelgases) in
einem zylindrischen Gefäss mit Radius R und Höhe h unter dem Einfluss eines parallel zur Zylinderachse
gerichteten homogenen Schwerefeldes.
Was ergibt sich im Grenzfall eines schwachen Feldes oder sehr hoher Temperatur?
Hinweis: Zeige und benutze die Entwicklung
x
x
= 1 − + O(x2 )
ex − 1
2
Lösung.
für x → 0 .
Die Hamiltonfunktion von N wechselwirkungsfreien Teilchen im Schwerefeld ist
H(p, q) =
N 2
X
p~
i
2m
i=1
+ mgzi
,
(L.1)
wobei p~i der Impuls und zi die Position des i-ten Teilchens entlang der Zylinderachse ist. Die
mittlere Energie berechnet sich daher zu
RR 3N 3N
d q d p H e−βH
hHi = RR 3N 3N −βH
(L.2)
d qd pe
P 2
Rh
R
P
−βmgzi
1 d3N p i p~i2 e−β i p~i /2m X
0 dzi zi e
P 2
,
(L.3)
=
+
mg
R
R
h
−βmgzi
2m
d3N p e−β i p~i /2m
dz
e
i
i
0
wobei im ersten Term die q-Integration und im zweiten Term die Integration über alle p und
alle q bis auf zi herausgekürzt wurde. Mit dem Hinweis aus Serie 8, Aufgabe 3 berechnet sich
der erste Term in 3N -dimensionalen Kugelkoordinaten zu
−3N/2−1
R∞
β
1
2 /2m
3N
+1
−β|P
|
Γ 3N
e
2 +1
1 0 d|P | Ω3N |P |
1 2 2m
R
=
(L.4)
−3N/2
2m 0∞ d|P | Ω3N |P |3N −1 e−β|P |2 /2m
2m
β
3N
1
Γ
2 2m
2
1 2m 3N
2m β 2
3
= N kB T .
2
=
(L.5)
(L.6)
Dies ist die erwartete kinetische Energie eines monoatomaren idealen Gases.
Der zweite Term von (L.3) lautet (nach partieller Integration im Zähler) mit α = βmg
1
(1 − e−αh − αhe−αh )
N mg
e−αh
α2
N mg
=
1 − αh
1
−αh )
α
1 − e−αh
α (1 − e
mgh
1
= N kB T 1 −
.
kB T emgh/kB T − 1
Dies ist die potentielle Energie im Schwerefeld. Insgesamt ergibt sich damit
5 mgh
1
hHi = N kB T
−
.
2 kB T emgh/kB T − 1
1
(L.7)
(L.8)
(L.9)
Im Grenzfall eines schwachen Feldes oder einer hohen Temperatur gilt mgh kB T und daher
mit dem Hinweis in erster Näherung
3
1
hHi = N kB T + N mgh .
2
2
(L.10)
Bei hoher Temperatur sind also die Teilchen trotz der Schwerkraft gleichmässig im Zylinder
verteilt und haben daher die mittlere potentielle Energie 12 mgh.
Übung 2.
Entropie und Wärmekapazität eines ultrarelativistischen Gases
Finde den Druck, die Entropie und die Wärmekapazität eines idealen Gases ununterscheidbarer wechselwirkungsfreier Teilchen in einem festen Volumen im ultrarelativistischen Limes, in welchem die Energie
eines Teilchens von dessen Impuls durch ε = c|~
p| abhängt. Gib die Antwort als Funktion des Volumens
V , der Teilchenzahl N und der Temperatur T an.
Lösung.
Mit der Energie εi = c|~
pi | pro Teilchen lautet die kanonische Zustandssumme
ZZ
P
1
ZN (V, T ) = 3N
d3N q d3N p e− i c|~pi |/kB T
(L.11)
h N!
Z
N
1 V
3
−c|~
p|/kB T
d pe
(L.12)
=
N ! h3
1 8πV N
=
(kB T )3N ,
(L.13)
N ! h3 c3
wobei für jedes Teilchen separat über 3-dimensionale Kugelkoordinaten integriert wurde. Nun
ergibt sich mittels F = −kB T log ZN und dF = −SdT − pdV + µdN :
∂F
kB T ∂ZN
N kB T
p=−
=
=
,
(L.14)
∂V T,N
ZN
∂V T,N
V
∂F
kB T ∂ZN
S=−
= kB log ZN +
(L.15)
∂T V,N
ZN
∂T V,N
8πV
= N kB log 3 3 − kB log N ! + 3N kB log kB T + 3N kB
h c
8πV
≈ N kB log
+ 3 log kB T + 4 ,
N h3 c3
∂ log ZN
U = kB T 2
= 3N kB T ,
∂T
V,N
∂U
CV =
= 3N kB .
∂T V,N
(L.16)
(L.17)
(L.18)
(L.19)
Hierbei wurde im letzten Schritt von S die Stirlingsche Näherung log N ! ≈ N log N − N für
grosse N benutzt.
Wie wir sehen, gilt für die Energiedichte U/V = 3p wie für das Photonengas in Serie 2 und 6.
Übung 3.
Teilchenzahlschwankung im grosskanonischen Ensemble
2
Zeige, dass im grosskanonischen Ensemble die Schwankung ∆N der Teilchenzahl durch
∂N (T, V, µ)
2
(∆N ) = kB T
∂µ
T,V
(1)
gegeben ist, wobei N (T, V, µ) = hN i der Mittelwert über die Mikrozustände ist. Zeige hiermit, dass die
isotherme Kompressibilität
1 ∂V
κT = −
>0
(2)
V
∂p N,T
positiv ist. Schreibe dazu in N dµ = V dp−SdT das Differential dp für p(T, V, N ) aus und lies (∂N/∂µ)T,V
daraus ab. Verwende nun p = p(T, V /N ) = p(T, v). Begründe ∆N/N = O(N −1/2 ).
Lösung.
Für grosse V ist die Zustandsdichte im grosskanonischen Ensemble
ρ(T, V, N, µ) =
z N ZN (T, V )
Z(T, V, µ)
(L.20)
mit z = eβµ der Fugazität, ZN (T, V ) der kanonischen Zustandssumme und
Z(T, V, z) =
∞
X
z N ZN (T, V )
(L.21)
N =0
der grosskanonischen Zustandssumme.
Die mittlere Teilchenzahl ist
∞
X
1
N (T, V, µ) = hN i =
N z N ZN (T, V ) .
Z(T, V, z)
(L.22)
N =0
In der folgenden Rechnung verwenden wir
∂Z
= βZhN i .
∂µ
(L.23)
Nun leiten wir den Mittelwert der Teilchenzahl nach dem chemischen Potential ab:
!
∞
∂N (T, V, µ)
∂
1 X
N
=
N z ZN (T, V )
∂µ
∂µ Z
(L.24)
N =0
= −βhN i2 + βhN 2 i =
(∆N )2
,
kB T
(L.25)
was (1) entspricht.
Wir stellen nun einen Zusammenhang zwischen (∆N )2 und der Kompressibilität her. Dazu
schreiben wir in N dµ = V dp − SdT das Differential dp für p(T, V, N ) aus:
"
#
∂p
∂p
∂p
N dµ = V
dT +
dV +
dN − SdT .
(L.26)
∂T V,N
∂V T,N
∂N T,V
Hieraus lesen wir ab:
N
∂µ
∂N
=V
T,V
3
∂p
∂N
.
T,V
(L.27)
In der intensiven Grösse Druck können die extensiven Grössen V und N nur als Quotient vorkommen, also p(T, V, N ) = p(T, V /N ) = p(T, v). Hieraus folgt mit der Kettenregel
∂p
V ∂p(T, v)
=− 2
.
(L.28)
∂N T,V
N
∂v
Wir kombinieren die letzten beiden Gleichungen zu
1
V2
=− 3
∂p(T, v)/∂v
N
∂N
∂µ
.
(L.29)
T,V
Mit dem zentralen Resultat (1) für ∂N (T, V, µ)/∂µ berechnen wir nun die isotherme Kompressibilität:
N ∂v
1 ∂V
=−
(L.30)
κT = −
V ∂p N,T
V ∂p T
=−
N
1
V (∆N )2
= 2
≥0.
V ∂p(T, v)/∂v
N kB T
(L.31)
Die Breite ∆N könnte nur für T = 0 verschwinden. Für T 6= 0 haben wir damit gezeigt, dass die
isotherme Kompressibilität positiv ist. Die Kompressibilität ist eine intensive Grösse, κ ∝ N 0 .
Dasselbe gilt für die Temperatur T , wohingegen das Volumen extensiv ist, V ∝ N . Daraus folgt
∆N
1
∼√ .
N
N
(L.32)
Dies entspricht dem Gesetz der grossen Zahlen.
Übung 4*.
Wärmekapazität eines idealen anharmonischen zweiatomigen Gases
Die Hamiltonfunktion für ein zweiatomiges Molekül hat im Allgemeinen die Form
HMol. =
p~12
p~ 2
+ 2 + V (|~r1 − ~r2 |) .
2m1
2m2
(3)
Für kleine Änderungen des Gleichgewichtsabstandes r0 der beiden Atome lässt sich V (r) entwickeln; eine
zweckmässige Darstellung ist
V (x) = V0 +
µω 2 r02 2
(x − ax3 + bx4 ) .
2
(4)
Dabei bezeichnet µ die reduzierte Masse, ω die Kreisfrequenz der harmonischen Näherung, a und b sind
dimensionslose positive Konstanten, und x ist gegeben als
x=
|~r1 − ~r2 |
−1 .
r0
(5)
Berechne für ein klassisches ideales Gas solcher Moleküle die für kleine T führende Korrektur zur Wärmekapazität. Gib eine physikalische Interpretation des Resultats.
Hinweis: Die kanonische Zustandssumme ist nicht direkt berechenbar; entwickle den Ausdruck in geeigneter Weise nach Potenzen von T .
4
Lösung.
Die Zustandssumme beträgt
ZZ
ZN (V, T ) = α
d6N p d6N q e−βH
(L.33)
mit α = const., woraus sich die innere Energie mittels
U (V, T, N ) = kB T 2
∂
log ZN (V, T )
∂T
(L.34)
berechnet. Dabei haben wir benutzt, dass jedes Molekül aus zwei Atomen mit zwei verschiedenen
Impulsen und Ortsvektoren besteht. Da sich die Zustandssumme als Produkt des Orts- (Potential) und Impulsanteils (kinetischer Teil) schreiben lässt, berechnet sich der kinetische Teil auf
die mittlerweile gewohnte Art zu 3N kB T . Mit r = |~r1 − ~r2 | hat der Ortsanteil die Gestalt
N
N
Z ∞
Z ∞
2 −βγ(x2 −ax3 +bx4 )
0
−βV0
2 −βV (r)
, (L.35)
dx (1 + x) e
= const. · e
const. ·
dr r e
−1
0
wobei γ = 12 µω 2 r02 definiert wurde.
Der Exponent −βγ(x2 − ax3 + bx4 ) ist für x < 0 negativ und streng monoton steigend; auch für
grosse positive x wird der Ausdruck negativ und streng monoton fallend. Für grosse β tragen
daher nur x in der Nähe von 0 zum Integral bei, weshalb wir die untere Integralgrenze in guter
Näherung durch −∞ ersetzen können. Schreiben wir das Integral nun als
Z ∞
Z ∞
2
2 −βγx2 βγ(ax3 −bx4 )
dx (1 + x) e
e
=
dx (x) e−βγx
(L.36)
−∞
−∞
mit
3 −bx4 )
(x) := (1 + x)2 eβγ(ax
.
(L.37)
Dann tragen aus demselben Grund nur die ersten Terme der Taylorentwicklung von um x = 0
bei:
1 2 2 2
2
3
4
5
(x) = 1 + 2x + x + βγax + βγ(2a − b)x + βγ(a − 2b)x +
β γ a − b x6 + O x7 . (L.38)
2
Die ungeraden Potenzen tragen nichts zum Integral bei; für die geraden gilt der Hinweis von
Serie 8, Aufgabe 3 in der Form:
Z ∞
n+1
n+1
2
xn e−βγx dx = (βγ)− 2 Γ
.
(L.39)
2
−∞
Somit berechnet sich das Integral in (L.36) zu
1
√
βγ
Γ(3/2)
Γ(5/2) a2 Γ(7/2)
−2
+ (2a − b)
+
+O β
Γ(1/2) +
βγ
βγ
2 βγ
r
π
8 + 24a − 12b + 15a2
−2
=
1+
+O β
. (L.40)
βγ
16βγ
Wir benutzen die Näherung log(1 + x) ≈ x für kleine x und erhalten die innere Energie
U (T, V, N ) = −
∂
log ZN
∂β
(L.41)
1
N
= 3N kB T + N V0 + N kB T +
2
µω 2 r02
5
3
15 2
1 + 3a − b + a (kB T )2 + O T 3
2
8
(L.42)
und
CV =
∂U
∂T
(L.43)
V,N
kB T
7
= N kB + N kB 2 2
2
µω r0
15 2
2 + 6a − 3b + a + O T 2 .
4
(L.44)
Der erste Term ist die erwartete Wärmekapazität für ein zweiatomiges Gas, bei dem alle 7 Freiheitsgrade angeregt sind (3 Translations-, 2 Rotations- und ein Schwingungsfreiheitsgrad, wobei
letzterer doppelt zählt). Der zweite Term gibt die gesuchte Korrektur. Sie entspricht der unvollständigen Aktivierung eines weiteren Freiheitsgrades. Beachte, dass selbst im harmonischen Fall
a = b = 0 ein Korrekturterm auftritt.
6
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