„Politische Bildung“ vs. „Demokratiepädagogik“ ?! -eine Diskussion über die Zukunft des Politikunterrichts Gliederung 1. Gerhard Himmelmann- „Demokratie- Lernen“ als Aufgabe der politischen Bildung 1.Bernhard Sutor- „Demokratie- Lernen“? Demokratisch Politik lernen! 3. Peter Fauser- „Demokratiepädagogik“ und „politische Bildung“ Wie können die Jugendlichen der „Ego- Gesellschaft“ in einer individualisierten Welt, angesichts der Orientierungslosigkeit und vielfältiger Verführungen, für das demokratische Gemeinswesen aktiviert werden? 1. Gerd Himmelmann: “Demokratie- Lernen” als Aufgabe der politischen Bildung Soll es in der politischen Bildung zu einer Schwerpunktverlagerung von „Politik- Lernen“ hin zu „DemokratieLernen“ geben? Um diese Frage zu beantworten muss sich das „Demokratie- Lernen“ dem „magischen Viereck“ (Abb.1) der politischen Bildung stellen und auf dessen Fragen befriedigende Antworten geben. Was also spricht für die Fortentwicklung des „PolitikLernens“ zum „DemokratieLernen“? „Der mündige Bürger fällt nicht vom Himmel“ (Theodor Eschenburg) „Noch nie war Demokratie ein Selbstläufer“ (Siegfried Schiele) „Demokratie muss gelernt werden, um gelebt werden zu können“ (Kurt Gerhard Fischer) 1999 Erklärung der noch lebenden Bundespräsidenten: Sie rufen dazu auf, dass Erlernen und Erfahren von Demokratie in der politischen Bildung zu verstärken. Um dies zu leisten muss die politische Bildung weg vom üblichen Begriff der Demokratie als Herrschaftsform. Dieser Begriff grenzt Demokratie auf den Bereich des Staates und seiner Funktionen/ Aufgaben ein. Demokratie sollte als: ...ständiger gesellschaftlicher Lernprozess, ...gesellschaftlicher Selbst- und Neuschöpfungsprozess , ...nicht gesicherter Zustand, und als Experiment mit ständig neuer Bewährung definiert werden. damit gewinnt der Demokratiebegriff eine eigentümliche, zukunftsgerichtete, auch normative Dynamik und wird in den Mittelpunkt des Blickfelds von Lernen, Schule, Bildung und Erziehung gerückt Demokratie = Herrschaftsform, Gesellschaftsform und Lebensform (Abb. 2) nur mit diesem breit gefächertem Politikbegriff läst sich „Demokratie- Lernen“, Lernen Schulische Relevanz: Demokratie- Lernen (in Dreiteilung) kann in der Praxis an die Dreiteilung der Schulstufen geknüpft werden. Zielperspektive: Die politische Bildung sollte eine generalisierende und experimentelle- erfahrungsorientierte Herausbildung einer „demokratie- kompetenten Bürgerschaftlichkeit“ bei den Schülern anstreben. „Wir unterrichten nicht Fächer, sondern Schüler. Ihr „Wachstum an Erfahrung“ in Sachen der Demokratie sollte daher im „didaktischen Zentrum“ der politischen Bildung stehen.“ G. Himmelmann 2. Bernhard Sutor- Demokratie- Lernen?Demokratisch Politik lernen! „Wer Demokratie so sehr, wie Himmelmann das tut, zum Zentrum politischer Didaktik macht, der muss eine überzeugende Definition vorlegen.“ Himmelmanns erweiterter Demokratiebegriff und die daraus resultierenden 3 Ebenen, stellt keine Definition dar, sondern lediglich die Unterscheidung von Dimensionen der Anwendung des Begriffs. Was macht den Kern von Demokratie aus? 1.Politisches Gleichgewicht aller, die zu einem politischen Corpus gehören. 2. Die Souveränität dieses Corpus. 3. Die Legitimation politischer Organe und Akteure aus dem „Volkswillen“, durch Wahlen und Abstimmungen. Also wird Demokratie nur praktikabel, wenn sie freiheitlich verfasst ist, wenn der Souverän sich selbst an eine freiheitliche Verfassung bindet und damit auf absolute Souveränität verzichtet. “Demokratie zum didaktischen Zentrum politischer Bildung zu erklären, nötigt Klärung des Politikbegriffs ab.“ Himmelmanns 3 Ebenen werden durch das Politische auf allen Ebenen zusammengehalten. Aber: Gibt es einen richtigen Politikbegriff? Politik ist überall dort zu erwarten, wo das Zusammenleben der Menschen ein Problem geworden ist. Alles soziale Handeln, dass sich auf eine gesamtgesellschaftliche verbindliche Ordnung bezieht, ist Politik im engeren Sinne. Daher kann man sagen, dass Politik die verbindende Klammer um Himmelmanns 3 Ebenen ist! Natürlich muss Politik auf allen 3 Ebenen demokratisch vollzogen werden, also kann man auf allen 3 Ebenen „Demokratisch- Lernen“. ABER: Das was dabei gelernt wird ist politisches Handeln. Politische Bildung kann viele Gegenstände haben, sie bleibt aber nur politische Bildung, wenn ihre leitende Perspektive, unter der die unterschiedlichen Gegenstände betrachtet werden, Politik heißt. B. Sutor 3. Peter Fauser „Demokratiepädagogik“ und „politische Bildung“ Demokratiepädagogik ist der Dachbegriff für die Aufgabe, die mit Erhalt und Erneuerung der Demokratie verbunden ist. Sie ist eine übergreifende Kategorie, der sich „politische Bildung“, „demokratische Erziehung“, „Demokratisches Handeln“ oder „Demokratie Lernen“ als Teilaspekt zuordnen lassen. Der Begriff der „Politischen Bildung“ seit Jahrzehnten Praxis und „lieb gewonnener” Bildungsalltag. Aber: Eigennamen bilden keinen Wert an sich, sie müssen darauf hinterfragt werden, ob sie das Gemeinte sprachlich noch angemessen repräsentieren. „Wie das Verhältnis von Erziehung, von Unterricht und Schule zu Politik und Demokratie gesehen und bezeichnet wird, ist eine Kernfrage für unser Bild von der Stellung des Einzelnen in der Gesellschaft.“ Begriffliche Überlegungen zur „Demokratiepädagogik“ Demokratiepädagogik: Integrationsbegriff für alle Bemühungen, Demokratie zu fördern. Der primäre Unterschied zur „politischen Bildung“, ist der, dass sich die „Demokratiepädagogik“ als pädagogische Aufgabe und nicht als fachwissenschaftliche Aufgabe versteht. Grundlagen: Die Normen des MenschenrechtsUniversalismus und eines demokratisch und sozialen Rechtsstaats. Vergleich der Begriffe „Demokratiepädagogik“ und „Politische Bildung“ Politische Bildung ist: stärker fachwissenschaftlich zentriert, mehr auf Wissen und weniger auf Können und Handeln angelegt, stärker auf systematische und staatliche Ebene, auf Regierung und Herrschaft ausgerichtet und empfänglicher bzw. anfälliger für Instrumentalisierungen. Demokratiepädagogik: Hat stärker die übergreifende Aufgabe der Erziehung im Blick. Betrachtet die Schule insgesamt- über den Unterricht hinaus. Ist mehr auf Kompetenz und Handeln ausgelegt. Ist primär verankert im Sinne eines Menschenrechts- Universalismus. Fasst mehr das Ganze der Kultur auf und thematisiert Demokratie als Lebens-, Gesellschafts- und Herrschaftsform. Literatur: Fauser, Peter: Demokratiepädagogik und politische Bildung. Ein Diskussionsbeitrag, in: Beutel, Wolfgang/ Fauser, Peter (Hrsg.): Demokratiepädagogik. Lernen für die Zivilgesellschaft (=Politik und Bildung Bd. 43), Schwalbach/ Ts. 2007, S. 16- 41. Himmelmann, Gerhard: Demokratie- Lernen als Lebens-, Gesellschafts- und Herrschaftsform, in: Breit, Gotthard/ Schiele, Siegfried (Hrsg.): Demokratie- Lernen als Aufgabe der politischen Bildung, Schwalbach/ Ts. 2002, S. 21- 39. Sutor, Bernhard: Demokratie- Lernen?- Demokratisch Politik lernen! Zu den Thesen von Gerhard Himmelmann, in: Breit Gotthard/ Schiele, Siegfried (Hrsg.) DemokratieLernen als Aufgabe der politischen Bildung, Schwalbach/ Ts. 2002, S,40- 52. Schließen „politische Bildung“ und „Demokratiepädagogik“ einander aus?