FAKULTÄT FÜR PHYSIK, UNIVERSITÄT KARLSRUHE PHYSIKALISCHES PRAKTIKUM 2 FÜR PHYSIKER UND LEHRAMTSKANDIDATEN Versuch P2-12: : Vorbereitungshilfe zu ‘Dispersion und Absorption’ Die Maxwellgleichungen im Vakuum lauten r r ∂B rot E = − ∂t r r ∂E rot B = µ0 ε 0 ∂t r div B = 0 r div E = 0 Durch Differenzieren und Kombinieren dieser Gleichungen erhält man die Wellengleichungen für das elektrische und für das magnetische Feld: r r −1 r ∂2 E ∇ 2 E = µ0 ε 0 2 ∂t r ∂2 B ∇ 2 B = µ0 ε 0 2 ∂t und Darin ist c = (µ0 ⋅ ε0 ) 2 die Phasengeschwindigkeit der Welle im Vakuum. Geht man vom Vakuum zum Dielektrikum über, so ändern sich in den Maxwellgleichungen nur die Konstanten: ε0 → ε = ke ε0 und µ0 → µ = km µ0 . ke ist die relative Dielektrizitätskonstante, k m ist bei fast allen Stoffen nahe 1. Die Phasen−1 geschwindigkeit im Dielektrikum ist v = (µ ⋅ ε ) 2 . € Der Brechungsindex ist definiert als n = c/v, also folgt n = √k e . Diese sogenannte Maxwell-Beziehung wird im Experiment nur für einige Gase bestätigt. Für andere Medien ergeben sich große Abweichungen. Es zeigt sich, daß der Brechungsindex frequenzabhängig ist. Dispersion tritt also auf. Die Wechselwirkung Licht-Materie muß genauer untersucht werden. r r Unter dem Einfluß eines Feldes E erhält die Materie eine Polarisation (=Dipolmoment/Volumeneinheit) P . Das kann geschehen entweder durch Orientierungspolarisation von polaren Molekülen (z.B. H2 O) oder durch Elektronenpolarisation in nichtpolaren Molekülen bzw. Atomen oder auch durch lonenpolarisation (z.B. NaCl). Moleküle sind recht ‘träge’ Gebilde, die den hohen Frequenzen des Lichts nicht immer folgen können. Beispielsweise hat Wasser bis etwa 10 GHz eine Dielektrizitätskonstante von 80, aber darüber nimmt die Polarisierbarkeit und damit die Dielektrizitätskonstante schnell ab. Elektronen sind viel weniger träge und bleiben auch bei der Frequenz des sichtbaren Lichts (≅1000THz = 101 5Hz) für die Polarisierbarkeit wirksam. Wie verhält sich ein Elektron des Dielektrikums in einem periodisch sich ändernden Feld? Die Bewegungsgleichung einer erzwungenen Schwingung, wie sie sich für dieses Problem ergibt, lautet e⋅E0 ⋅cos ωt - m⋅ω0 2 ⋅x Kraft auf e durch äußeres Feld ‘Federkraft’ der Bindung von e an Rumpf m⋅d2 x/dt2 = . Masse mal Beschleunigung e/ m ⋅ E(t) . ω 02 − ω 2 Das Dipolmoment des Dielektrikums pro Volumeneinheit ist P(t) = N⋅e⋅x(t). x(t) ist dabei die Auslenkung des Schwerpunktes der Elektronenverteilung gegenüber dem der Ionen, N ist die Anzahl der mitwirkenden Elektronen pro Volumeneinheit, m ist die Elektronenmasse und e die Elementarladung. r r ε (ω ) P(t ) Ne2 1 Mit P = (ε − ε0 ) ⋅ E folgt n 2 (ω ) = = 1+ = 1+ ⋅ 2 . (#) ε0 ε0 E(t) ε 0m ω0 − ω 2 Es ergibt sich x(t ) = Bei der Herleitung dieser ‘Dispersionsgleichung’ wurde vernachlässigt, a) daß Atome und Moleküle mehrere Eigenfrequenzen haben können, b) daß in dichteren Medien Dämpfung durch Wechselwirkungen mit den umgebenden Oszillatoren zu erwarten ist, c) daß wegen der umgebenden Atome ein einzelnes Atom nicht nur E(t) sieht, sondern auch das durch seine Nachbarn induzierte Feld P(t)/3ε0 . (Siehe dazu z.B. ‘Pohl: Elektrizitätslehre’ oder ‘Dransfeld/Kienle: Elektrizitätslehre', jeweils bei ‘Elektrische Polarisation von Materie’) Wird das alles berücksichtigt, so ergibt sich schließlich für den komplexen Brechungsindex die Beziehung n 2 −1 N ⋅e2 = ⋅ n 2 +1 3ε0 m ∑ω j fj 2 0j − ω 2 + i γ jω . f j ist der Anteil der Antwort des Atoms oder Moleküls auf die Anregung mit der Frequenz ω, der durch die Schwingungsform mit der Eigenfrequenz ω0j gegeben wird. i⋅γj ist die Dämpfung der Schwingungsform mit ω 0j , wobei i die imaginäre Einheit ist. 1. Dielektrikum, kleine Dämpfung: In Abb.1 sieht man, daß der Brechungsindex in den meisten Gebieten mit steigender Frequenz zunimmt. Dieses Verhalten nennt man ‘normale Dispersion’. Kommt man mit der anregenden Frequenz in die Nähe einer Eigenfrequenz, so wird n zunächst groß, da die Amplituden x(t) der Elektronen zunehmen. Dann aber, bei ω ≅ ω 0 , überwiegt der Dämpfungsterm im Nenner der obigen Beziehung. Der Realteil des Brechungsindex nimmt ab mit steigender Frequenz und die Dämpfung ist groß. Dies ist ein Bereich ‘anomaler Dispersion’ bei gleichzeitig starker Absorption. 2. Metalle unterscheiden sich von den Dielektrika durch ihre Leitungselektronen, die als freie Elektronen ohne rücktreibende Kraft gegen Auslenkungen zu beschreiben sind. Zu einer groben Abschätzung des metallischen Verhaltens dient die vereinfachte Dispersionsgleichung n 2 (ω ) = 1 − ω 2P Ne 2 = 1 − , wobei ε 0 mω 2 ω2 in (#) ω 0 =0 gesetzt wurde. Solange ω2 < ω P2 ist, bleibt n2 (ω) negativ, n imaginär. Das Metall absorbiert 1 2 also bis zur Frequenz ω P, darüber ist es transparent (n reell). Die Frequenz ω P = (Ne / ε 0 m) 2 ist die ’Plasmafrequenz’, mit der die Ionen- und Elektronendichte oszilliert. Oberhalb dieser Frequenz kann das Licht keine Schwingungen mehr anregen und die Absorption verschwindet. 3. Halbleiter besitzen keine freien Elektronen und damit auch nicht die hohe Absorption im InfrarotBereich. Andererseits können bei genügend hoher Frequenz Elektronen vom Valenz- in das Leitungsband angeregt werden. Die dafür benötigte Energie E = hν = hc/λ beträgt für Silizium 1,14eV (1088nm), für Germanium 0,67eV (1851nm) und für Cadmiumsulfid 2,42eV (512nm). Das bedeutet, daß Silizium bis ins nahe Infrarot transparent ist und im sichtbaren Bereich zu absorbieren beginnt. Die Absorption ist nicht nur frequenzabhängig, sie ist natürlich auch dickenabhängig. Die transmittierte Intensität beträgt I(d) = I0 ⋅e-αd. α = 2ω⋅ni/c hängt ab von der Frequenz ω des einfallenden Lichtes und vom Imaginärteil des Brechungsindex, ni. c ist die Lichtgeschwindigkeit. 2 (n −1) + n Für das Reflexionsvermögen bei senkrechtem Einfall gilt die Beersche Formel: R = . (n +1) + n 2 2 i 2 i Man sieht, daß bei großem Imaginärteil des Brechungsindex das Reflexionsvermögen gegen 1 geht. Das ist zu verstehen, wenn man die geringe Eindringtiefe bei hoher Absorption berücksichtigt. Dann trägt nämlich nur ein kleiner Teil der Elektronen in einem Metallklotz zur Absorption bei. Das meiste Licht wird reflektiert. Die wichtigen 404,7nm 435,8nm 467,8nm 480,0nm Linien der Hg-Cd-Spektrallampe: violett 508,6nm grün blau 546,1nm gelbgrün blau 579,5nm gelb blaugrün 643,9nm rot Hinweis zu den Messungen mit der Fotodiode (Fotoelement, Stromquelle, hoher Innenwiderstand): Messverstärker mit S2 auf ‘I’ schalten (kleiner Eingangswiderstand, sehr klein gegen den Innenwiderstand der Fotodiode) und I-Eingang benutzen. Am Ausgang des Messverstärkers (hier: ‘Strom-SpannungsWandler’) Spannungsmessgerät (geeignet ist ein 1V-Bereich) richtig gepolt anschließen. Messstrom I = (Stromwert am Wahlschalter S1)⋅(Maßzahl der in Volt abgelesenen Ausgangsspannung) _______________________ Version: Mai-06