PHYSIOLOGIE Institut für Neurophysiologie Direktor: Prof. Dr. Christoph Fahlke Tel.: 0511 / 532-2777 • E-Mail: [email protected] • www.mh-hannover.de/neurophysiologie.html Forschungsprofil Unser wissenschaftliches Hauptinteresse gilt der molekularen und zellulären Physiologie erregbarer Zellen. Schwerpunkte unserer Arbeit sind die Aufgaben, die diese Transportproteine auf der Organebene erfüllen, zelluläre Prozesse, die dem Einbau dieser Proteine in bestimmten Membranabschnitten zu Grunde liegen und die molekularen Mechanismen, mit denen sie Ionen durch Membranen transportieren. Wir bearbeiten hierbei nicht nur normale Vorgänge in gesunden Zellen und Organen, sondern untersuchen auch pathologischen Prozesse in erblichen Formen von Schwerhörigkeit, Myotonie, Epilepsie oder Nierenfunktionsstörungen sowie in neurodegenerativen Erkrankungen. Weitere Themengebiete sind die Regulation und Modulation neuronaler Entwicklung und die Kommunikation auf Zell- und Netzwerk-Ebene. Im Mittelpunkt dieser Arbeiten stehen die räumlich-zeitliche Dynamik intrazellulärer Signalwege und die molekulare Signalverarbeitung auf Einzelzell- und Netzwerk-Ebene. Forschungsprojekte Modulation des neuronalen Wachstums und der synaptischen Plastizität durch serotonerge Signalwege Der Neurotransmitter Serotonin (5-HT) spielt bei der Regulation vieler verschiedener Vorgänge im Gehirn eine wichtige Rolle. Vor kurzem konnten wir zeigen, dass der 5-HT4 Serotoninrezeptor nicht nur an das heterotrimere Gs Protein gekoppelt ist sondern auch an das G13 Protein. Die Aktivierung dieses Signalwegs resultiert aus einer über RhoA vermittelten Modulation der Gentranskription und aus einer Reorganisation des Aktinzytoskeletts. Darüber hinaus konnten wir zeigen, dass der Serotoninrezeptor 5-HT7 das heterotrimere G12 Protein aktivieren kann, was zu einer selektiven Aktivierung der kleinen GTPase Cdc42 führt. Die Agonist-abhängige Aktivierung des 5-HT7 Rezeptors induziert über den Cdc42 vermittelten Signalweg eine ausgeprägte Bildung von Filopodien. Aktuell beschäftigen wir uns mit der Frage, ob diese Serotonin-vermittelten morphologischen Veränderungen eine direkte Auswirkung auf die Synaptogenese und synaptische Plastizität haben können. Modulation der neuronalen Morphologie und synaptischen Aktivität durch Aktivierung des 5-HT7/G12 Signalweges In dieser Studie untersuchten wir den Einfluss des 5-HT7/G12 Signalwegs auf morphologische Veränderungen in hippokampalen Neuronen. Wir verglichen die Anzahl der synaptischen Cluster, die Anzahl der Spines sowie die Anzahl der dendritischen Filopodien in Neuronen, die mit dem 5-HT7 Agonisten 5-CT behandelt wurden. Als Kontrolle wurden unbehandelte Neuronen verwendet. Diese Studie zeigt eine signifikante Erhöhung der Dichte der synaptischen Cluster, der Anzahl der Spines sowie der Anzahl der Filopodien bei Aktivierung des 5-HT7 Rezeptors und liefert so einen Hinweis darauf, dass der 5-HT7/G12 Signalweg nicht nur das Wachstum der Neuriten unterstützt sondern auch die Synaptogenese. Um die Beteiligung des Galpha12 Proteins im 5-HT7 vermittelten Signalweg zu verifizieren, untersuchten wir die morphologischen Veränderungen in primären hippokampalen Neuronen aus G12 knock-out Mäusen. Diese Experimente zeigen im Vergleich zu den Kontrollmäusen, dass für die G12 knock-out Tiere schon unter basalen Bedingungen eine signifikante Verringerung in der Anzahl der Synapsen, der Spines sowie der Filopodien auftritt. Beachtenswert war Forschungsbericht 2009 27 PHYSIOLOGIE der Befund, dass bei der Stimulation des 5-HT7 Rezeptors mit spezifischen Agonisten nur die Kontroll-Neurone eine wesentliche Erhöhung der Zahl der Spines und Synapsen zeigten. Diese Ergebnisse weisen stark darauf hin, dass dem G12 Protein bei der Regulation der Morphologie und der Synaptogenese eine wichtige Rolle zukommt. Abb. 1: Morphologische Analysen hippokampaler Neurone. Aktivierung des 5-HT7 Rezeptors mit 5-CT führt zu einer signifikanten Erhöhung der Dichte der synaptischen Cluster und der Anzahl der Spines. Der 5-HT7 Antagonist SB269970 blockiert den beobachteten Effekt komplett und demonstriert damit die spezifische Rolle des 5-HT7 Rezeptors. Diese Ergebnisse zeigen, dass der 5-HT7/G12 Signalweg nicht nur das Wachstum der Neurite unterstützt, sondern auch die Synaptogenese ansteuert. Da die Stimulation des 5-HT7/G12 Signalwegs die Synaptogenese verstärkt, wollten wir testen, ob die synaptische Aktivität dadurch auch beeinflusst wird. Dafür wurde die spontane synaptische Aktivität primärer hippokampaler Neurone durch die patch-clamp Methode analysiert. Die Resultate zeigen einen signifikanten Anstieg sowohl in der EPSP- als auch in der Aktionspotential-Frequenz in den mit 5-HT7 Agonisten behandelten Zellen. Der spezifische 5-HT7 Antagonist SB269970 blockierte den beobachteten Effekt komplett und demonstriert damit die spezifische Rolle des 5-HT7 Rezeptors. Diese Ergebnisse liefern einen starken Beleg dafür, dass die Aktivierung des 5-HT7/G12 Signalwegs zu einer Erhöhung der synaptischen Aktivität führt. 5-HT7/G12 Signalweg und Modulation der synaptischen Plastizität in intakten neuronalen Netzwerken Nach den Analysen in primären Kulturen wurde untersucht, ob sich diese Ergebnisse auch in in vivo ähnlichen Bedingungen wiederholen lassen. Dafür etablierten wir organotypische Schnittkulturen aus dem Hippokampus der juvenilen Maus. Für die morphologische Analyse nutzten wir ein 3D Rekonstruktionsverfahren, das ermöglichte, die geometrischen Parameter der dendritischen Spines von konfokal aufgenommenen Bildern auszuwerten. Die Ergebnisse dieser Versuche zeigten auch in organotypischen Kulturen eine signifikante Erhöhung der Dichte dendritischer Spines nach der Stimulation des 5-HT7 Rezeptors. Abb. 2: Elektrophysiologische Messungen in hippokampalen Neuronen. Die hippokampalen Neurone wurden mit dem 5-HT7 Rezeptor Agonist 5-CT für 4 Tage inkubiert. Danach wurde die spontane synaptische Aktivität durch die patch-clamp Methode analysiert. Die Untersuchungen in den mit 5-CT behandelten Zellen zeigten einen signifikanten Anstieg sowohl in der EPSP- als auch in der Aktionspotential-Frequenz. Diese Ergebnisse demonstrieren, dass die Aktivierung des 5-HT7/G12 Signalwegs zu einer Erhöhung der synaptischen Aktivität führt. 28 Forschungsbericht 2009 PHYSIOLOGIE Um die mögliche Modulation der synaptischen Aktivität durch den 5-HT7/G12 Signalweg im Kontext intakter neuronalen Netzwerken zu untersuchen, nahmen wir die postsynaptischen Ströme aus der CA3 Region des Hippokampus auf. Die Amplitude der mPSCs nach einer chronischen Stimulation des 5-HT7 Rezeptors war deutlich erhöht. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass 5-HT7 Rezeptoraktivierung zu erhöhter synaptischer Transmission führt. Als nächstes haben wir getestet, ob die synaptische Plastizität durch Stimulation des 5-HT7/G12 Signalweges auch berührt ist. Dafür untersuchten wir die Langzeitpotenzierung (LTP) in organotypischen Kulturen. Bemerkenswert war bei diesen Messungen der Befund, dass nach der Stimulation des 5-HT7/G12 Signalwegs die Neurone eine signifikant erhöhte basale Erregbarkeit aufweisen. Untersuchungen der LTP zeigten auch die wesentliche Verringerung des Signals nach der 5-HT7 Rezeptorstimulation. Eine logische Erklärung für diese Beobachtung ist, dass die durch die Aktivierung des 5-HT7/G12 Signalwegs ausgelöste Erhöhung der basalen Erregbarkeit der Neurone zu einer relativen Verminderung der maximalen LTP Amplitude führt. All diese Ergebnisse wurden in Neuronen beobachtet, die aus juvenilen Mäusen (P2 bis P12) isoliert wurden. Zur unseren Überraschung zeigten die Ergebnisse der elektrophysiologischen Untersuchungen und der Verhaltensexperimente in erwachsenen Tieren, die mit dem 5-HT7 Antagonisten behandelt waren, keine bedeutsamen Unterschiede gegenüber der Kontrollgruppe. Diese Befunde lassen sich darauf zurückführen, dass die Expression von 5-HT7 und G12 Proteinen im Hippocampus während der Entwicklung signifikant verringert ist. Diese Ergebnisse zeigen, dass Serotonin, zusätzlich zu seiner klassischen Rolle als Neurotransmitter, eine prominente Rolle bei der Regulation der neuronalen Zytoarchitektur und der synaptischen Plastizität spielt. Diese Effekte sind insbesondere in den juvenilen Tieren ausgeprägt, d.h. zu einem Zeitpunkt, bei dem der funktionelle Einfluss der synaptischen Reifung besonders stark ist. Projektleitung: Evgeni Ponimaskin (Prof. Dr.); Kooperationspartner: Prof. Dr.Tatyana Voyno-Yasenetskaya University of Illinois College of Medicine Department of Pharmacology Prof. Dr. Aline Dumuis CNRS UPR 9023 CCIPE (Centre CNRS-INSERM de Pharmacologie-Endocrinologie) Montpellier, France Prof. Dr. Melitta Schachner Zentrum für Molekulare Neurobiologie Universität Hamburg; Förderung: DFG Weitere Forschungsprojekte Funktion neuronaler Glutamat-Transporter Projektleitung: Christoph Fahlke (Prof. Dr.); Förderung: DFG Molekulare Mechanismen von ClC Anionenkanälen und -Transportern Projektleitung: Christoph Fahlke (Prof. Dr.); Förderung: DFG Pathophysiologie der Myotonia congenita Projektleitung: Christoph Fahlke (Prof. Dr.); Förderung: MDA Funktion eines membranständigen Motorproteins, Prestin Projektleitung: Christoph Fahlke (Prof. Dr.) Struktur und Funktion eines prokaryotischen Glutamattransporters Projektleitung: Christoph Fahlke (Prof. Dr.), Patricia Hidalgo (Dr. Universidad de Chile); Förderung: DFG Molekulare Mechanismen der Regulation von spannungsabhängigen Kalziumkanälen durch zytoplasmatische akzessorische Untereinheiten Projektleitung: Patricia Hidalgo (Dr. Universidad de Chile); Kooperationspartner: CNV Valparaiso; Förderung: DFG Forschungsbericht 2009 29 PHYSIOLOGIE Regulation serotonerger Signaltransduktion: Molekulare Mechanismen und Bedeutung von posttranslationaler Rezeptormodifikationen. Projektleitung: Evgeni Ponimaskin (Prof. Dr.); Förderung: DFG Homo- und Heterooligomerisierung von Serotoninrezeptoren: strukturelle Voraussetzungen und funktionelle Bedeutung. Projektleitung: Evgeni Ponimaskin (Prof. Dr.); Förderung: DFG Computational and experimental analysis of serotonin 5-HT1A and 5-HT7 receptor oligomerization. Projektleitung: Evgeni Ponimaskin (Prof. Dr.); Förderung: Niedersächsisch-israelische Projektförderung Quantitative Analyse dynamischer Verteilung intrazellulärer Signalprozessen: Bedeutung für die Regulation neuronaler Netzwerke. Projektleitung: Andre Zeug (Dr.), Evgeni Ponimaskin (Prof. Dr.); Förderung: BMBF Originalpublikationen Alekov AK, Fahlke C. Channel-like slippage modes in the human anion/proton exchanger ClC-4. J Gen Physiol 2009;133(5):485-496 Bannister RA, Papadopoulos S, Haarmann CS, Beam KG. Effects of inserting fluorescent proteins into the alpha1S II-III loop: insights into excitation-contraction coupling. 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Dynastie in der Oase Bahria Weitere Tätigkeiten in der Forschung Christoph Fahlke (Prof. Dr.): Sprecher der DFG Forschergruppe FOR 45O, Gutachter für DFG und diverse Zeitschriften. Evgeni Ponimaskin: Gutachter für DFG und diverse Zeitschriften. Patricia Hidalgo: Gutachter für diverse Zeitschriften. Forschungsbericht 2009 31