TECHNIKSZENE Es kommt auf die Anwendung an... MOSFET oder bipolarer Transistor? Weiterentwicklungen im Bereich der Bipolar-Technologie haben dazu geführt, dass bipolare Transistoren wieder zu direkten Rivalen der MOSFETs geworden sind. Bipolare Bausteine sind den MOSFETs sogar in vielen Anwendungen überlegen. Daher ist es wichtig, die Kenndaten der Bauelemente sowie die Vorteile jeder einzelnen Technologie genau zu studieren. Nur so lässt sich die beste Systemleistung erzielen. elektronik industrie erklärt, worauf es dabei ankommt. In den meisten Fällen betrachten Entwickler heutzutage zuerst den On-Widerstand (RDS(on)) bei einer vorgegebenen Durchbruchspannung. Trench-MOSFETs weisen einen niedrigeren RDS(on) auf, weil sie eine höhere Kanaldichte ermöglichen. Die Ergebnisse sind vor allem bei niedrigen Durchbruch-Spannungen spektakulär, aber der Stromfluss bleibt auf die engen Kanal-Regionen konzentriert. MOSFETs für höhere Spannungen haben aber ebenso mit dem hohen Widerstand der dünn dotierten Drain-Region zu kämpfen, so dass der OnWiderstand typischerweise proportional zur Durchbruchspannung UBr ansteigt: RDS(on) ~ (UBr)2,6 Man sollte wissen, dass bei ordnungsgemäßer Ansteuerung und bezogen auf die gleiche Chipfläche bipolare Transistoren mindestens den gleichen – wenn nicht einen besseren – On-Widerstand aufweisen als MOSFETs (siehe Bild 1). Durch Optimierung der Prozess-Technologie und des Chip-Layouts werden die Spannungsverhältnisse sowie der Stromfluss gleichmäßig über die Chipfläche verteilt, und damit das Silizium effizient genutzt. Bipolare Transistoren profitieren außerdem von der Möglichkeit, die Leitfähigkeit der widerstandsbehafteten Kollektor-Region zu beeinflussen, wenn sie als gesättigte Schalter betrieben werden. Dadurch verringert sich der RCE(sat) (Kollektor-Emitter-Widerstand in gesättigtem Zustand) signifikant. Bei MOSFETs gibt es keinen derartigen Leitfähigkeits-Mechanismus und genau in ein SOT-23-Gehäuse passt. Ein MOSFET mit ähnlicher Spannungsfestigkeit weist einen derart hohen spezifischen OnWiderstand und schlechte Stromleit-Fähigkeiten auf, dass zur Unterbringung der erforderlichen Chipfläche beispielsweise ein D-PAK oder ein anderes entsprechend großes Bild 1: Spezifischer On-Widerstand eines 20-V-Elements. Gehäuse nötig ist. Außerdem sollte man nicht vergessen, dass hier liegt einer der Vorteile der bipolaren bipolare Transistoren die Spannung in zwei Transistoren. Der lineare Graph in Bild 2 Richtungen sperren - und zwar entsprezeigt die Beziehung zwischen Durchbruchchend der im Datenblatt angegeben WerSpannung UBr und Kollektor-Emitter-Sätte für BVEBO und BVECO. Gerade wenn diese bidirektionale Funktionalität benötigt tigungsspannung der Transistor-Serie der wird, lässt sich eine zusätzlich benötigte Sedritten Generation von Zetex. Sie lautet rien-Diode oder ein antiparallel geschaltetes etwa: MOSFET-Paar einsparen und die daraus resultierenden Leitungsverluste entfallen RCE(sat) ~ (UBr)2 (Siehe Anwendungsbeispiel 1). Der Unterschied der beiden Exponenten in Temperaturabhängigkeit den vorangegangenen Formeln unterEin weiterer wichtiger Faktor bei der Erstreicht den Vorteil, den bipolare Transismittlung des Schaltverhaltens ist die toren durch ihren spezifisch günstigeren Temperaturabhängigkeit des HalbleiterFlächenwiderstand im Vergleich zu MOSschalters. Da die Verstärkung bipolarer FETs bei ansteigenden DurchbruchspanTransistoren mit der Temperatur ansteigt, nungen aufweisen. So hat beispielsweise gleichzeitig aber die UBE-Komponente von der mit 450 V spezifizierte npn-Transistor UBE(sat) verringert, ist der Wert des RCE(sat) bei FMMT459 bei 150 mA einen typischen bipolaren Transistoren in der Regel halb RCE(sat) von lediglich 1,4 Ω, wobei der Chip so groß wie der RDS(on) eines äquivalenten MOSFETs. Diese Eigenschaft führt dazu, dass Bipolar-Transistoren bei hohen Stromdichten und/oder höheren Dauerströmen kühler arbeiten als MOSFETs mit vergleichbarer Chipfläche. ˘ AUTOR Ansteuerung Peter Blair arbeitet als Discrete Product Development Manager bei Zetex plc in Großbritannien. 26 Bild 2: Durchbruchspannung über RCE(sat) bei den Bausteinen der dritten Transistor-Generation von Zetex. Zweifellos unterscheiden sich Bipolar-Transistoren und MOSFETs am meisten durch die Art der Ansteuerung. Bei sorgfältigen Vergleichen zwischen den beiden Techno- elektronik industrie 11 - 2004 TECHNIKSZENE ˙ KOMPAKT Wichtig für Entwickler: logien muss man daher auch die Ansteuert werden. Ironischerweise werden bisteuerungsbedingungen mit betrachten. polare Transistoren oft als Treiber zur AnBipolare Transistoren benötigen beisteuerung von MOSFETs genutzt, wobei spielsweise einen ausreichend hohen Baman die Hochstrom-Fähigkeiten sowie die sis-Strom, um niedrigste RCE(sat)-Werte zu hohe Schaltgeschwindigkeit der bipolaerreichen. Bei der Berechnung der Gesamtren Transistoren ausnutzt, um im linearen Verlustleistung müssen die Verluste zur Bereich zu arbeiten (siehe AnwendungsAnsteuerung der Basis mit einbezogen beispiel 2). Wenn Bipolar-Transistoren als werden. Bauteile mit hoher Verstärkung migesättigte Schalter betrieben werden, vernimieren derartige Verluste und die Tatlängern sich die Schaltzyklen auf Grund sache, dass Bipolar-Transistoren weniger als der notwendigen Ausräumzeit der Basis. 1 V zum vollständigen Einschalten beDieser Effekt begrenzt Anwendungen auf nötigen sowie eine bessere Temperaturein paar hundert kHz. Stabilität aufweisen, kann in NiederESD spannungs-Anwendungen sowie in MOSFETs sind bauartbedingt empfindlich Applikationen mit Batteriebetrieb nützgegenüber ESD (Elektrostatische Entlalich sein. Im Gegensatz dazu benötigt ein dung), so dass es zu katastrophalen AusMOSFET lediglich einen Gate-Strom zum Lafällen kommt, wenn von außen eine den bzw. Entladen seiner Gate-Kapazitäten. elektrostatische Ladung die DurchbruchBei Gleichstrombetrieb ist dieser Ansteuspannung des Gates übersteigt, und daerstrom natürlich vernachlässigbar. Die durch die Zerstörung herbeigeführt wird. Ansteuerungsspannung des Gates ist jeGeht man bei der Fertigung oder im Umdoch von enormer Bedeutung, um beim gang mit MOSFETs ordentlich und sorgRDS(on) niedrigste Werte zu erzielen. Der On-Widerstand steigt dramatisch an, wenn fältig vor, kann man potentielle Ausfälle die Ansteuerungs-Spannung in die Nähe durch ESD fast vermeiden. Bipolare Trander Schwellenspannung des Gates kommt. sistoren sind im Vergleich hierzu recht roAus diesen Gründen wurden für den Ansteuerungs-Strom bzw. die Ansteuerungs-Spannung die höchsten praktischen Werte ausgewählt, um in Bild 1 den fairsten Vergleich zwischen den Bausteinen zu ermöglichen. Als Majoritätsladungsträger können MOSFETs bis über 1 MHz schalten, wenn man sicherstellt, dass sie von einer Schaltung mit ausreichend hohem Treiberstrom zur Umladung der parasitären Kapazitäten ange- Bild 3: Schaltbild eines typischen Linear-Ladegeräts. elektronik industrie 11 - 2004 ˘ ˘ ˘ ˘ ˘ Trench-MOSFETs weisen vor allem bei niedrigen Durchbruch-Spannungen einen geringen On-Widerstand auf. Je höher die Durchbruchspannung, um so mehr Vorteile haben die bipolaren Transistoren im Vergleich zu MOSFETs. Bipolare Transistoren sperren in zwei Richtungen, so dass man sich eine zusätzliche Serien-Diode oder einen zweiten, antiparallel geschalteten MOSFET sparen kann. Bipolar-Transistoren benötigen weniger als 1 V zum vollständigen Einschalten. Andererseits ist die Ansteuerungsspannung des MOSFETGates von enormer Bedeutung für einen niedrigen On-Widerstand. MOSFETs sind bauartbedingt empfindlich gegenüber ESD. bust und meistern Standard-ESD-Tests nach dem Human-Body-Modell ohne Schwierigkeiten. Fazit Letztendlich beeinflussen viele der hier diskutierten Faktoren die Gesamtkosten einer Schaltung. Mit dem Verständnis der relativen Stärken und Schwächen der einzelnen Technologien lässt sich das optimale Preis-Leistungsverhältnis erzielen. Als Zusammenfassung zeigt Tabelle 1 die wichtigsten Unterschiede in den Parametern der konkurrierenden Technologien. Anwendungsbeispiel 1: Batterieladung Als erstes Anwendungsbeispiel soll eine Schaltung zur Batterieladung im LinearModus dienen. Lineare Ladegeräte sind einfach aufgebaut, klein und geben ˘ 27 TECHNIKSZENE keine elektromagnetischen Strahlungen ab, so dass sie auch für „Low-Noise“-Umgebungen geeignet sind. Sie nutzen einen externen Halbleiterwiderstand, um so den Spannungsabfall zwischen der ungeregelten Eingangsspannung und der Batteriespannung zu erzielen. Dabei wird in diesem externen Bauelement eine hohe Verlustleistung frei, die in Form von Wärme abgeführt werden muss. Weiter unten wird eine typische Schaltung für solch ein lineares Ladegerät gezeigt, in dem der ZXT13P20 von Zetex zum Einsatz kommt. Die Leistungsverluste werden hauptsächlich von den Kollektor-Emitter-Verlusten verursacht : PD(CE) = ICHG * (UIN - UDCD - USENSE) (W) wobei gilt: USENSE = ICHG * RSENSE (V) Zu den Auswahlkriterien gehören auch der Maximalstrom, die Stromverstärkung sowie die Kosten für die Kühlung und für das Gehäuse. In dieser Anwendung weisen bipolare pnp-Transistoren auf Grund ihres bidirektionalen Sperrverhaltens Vorteile auf, während ein MOSFET eine in Reihe geschaltete Schottky-Diode benötigt,um den Stromfluss von der Batterie zum Ladegerät durch die Substrat-Diode zu verhindern. Anwendungsbeispiel 2: MOSFET-Gate-Treiber Hochstrom-MOSFETs mit niedrigem RDS(on) können Gate-Kapazitäten aufweisen, die Treiberströme von einigen Ampere benötigen, um das Bauelement bei hohen Frequenzen erfolgreich einsetzen zu können. In der Regel steuern entsprechende Treiber den MOSFET über einen Widerstand an, so dass die Gate-Spannung einer charakteristischen RC-Zeitkonstante folgt. Diese Zeit muss kurz genug sein, um den linearen Bereich ohne besondere Verluste zu durchlaufen, darf aber auch nicht so kurz sein, dass es EMV-Probleme gibt. Der durchschnittliche Gate-Strom beim Schalten ergibt sich folgendermaßen: IG = Q/t, wobei gilt: IG ist der durchschnittliche Gate-Strom, Q ist die Gesamt-Ladung am Gate (QGS + QGD) und t bezeichnet die Einschwing- bzw. Abfall-Zeit (ton oder toff). So benötigt ein typischer 100-V-MOSFET mit 35 mΩ etwa eine Ladung von 50 nC, so dass für einen Schaltvorgang binnen 20ns ein Gate-Strom von 2,5 A benötigt wird. Zum Treiben des Gates bieten sich spezielle IC-Treiber, Logik-ICs, diskrete MOSFETs und bipolare Transistoren an. Als Auswahlkriterien ziehen Entwickler meist die Schaltgeschwindigkeit, Stromfähigkeit, Stromverstärkung, Kosten und die Baugröße ins Kalkül. Im Rahmen dieser Optionen sind Bipolar-Transistoren sehr geeignet, weil sie ein schnelles Schalten im Linear-Modus ermöglichen und dabei einen hohen Impuls-Strom bei hoher Stromdichte liefern, so dass sich kleine Abmessungen und geringe Kosten ergeben. Bild 4: Gegentakt-Treiberstufe für einen PowerMOSFET Eine der beliebtesten und kostengünstigsten Ansteuerschaltungen ist ein nichtinvertierender bipolarer Gegentakt-Treiber, wie er in Bild 4 dargestellt ist. Wenn der MOSFET in diesem Beispiel mit einer Treiberspannung von 5 V bei 1 MHz schalten muss, dann ergibt sich die abgegebene maximale Verlustleistung pro Treiber-Transistor annähernd wie folgt: PD = ((Udrive * I * t * f) / 2) + (UB * (IC / HFE)) * Duty Cycle = ((5 * 2,5 * 2*10-8 * 1 * 106) / 2) + ((0,8 * 8,3 * 10-3) * 0,02) = 125,1 mW Wenn man davon ausgeht, dass der Basisstrom durch Udrive geliefert wird, dann lassen sich die Verluste pro Transistor etwa so beziffern: PD = ((Udrive * I * t * f) / 2) + (Udrive * (IC / HFE)) / * Duty Cycle = ((5 * 2,5 * 2*10-8 * 1 * 106) / 2) + ((5 * 8,3 * 10-3) * 0,02) = 125,8 mW Eigenschaft Bipolar-Transistor MOSFET On-Widerstand Exzellent: bis zu 50% geringer als beim besten MOSFET (abhängig vom verfügbaren Treiberstrom) Gut bei voller Sättigung, moderat bei geringer Gate-Ansteuerung Sperrspannung Sperrt in beide Richtungen. BUCES, BUCEV oder BUCBO können für einige Anwendungen angemessen sein. Sperrt nur in eine Richtung. Kann in einigen Anwendungen eine in Reihe geschaltete Schottky-Diode oder zwei antiparallel geschaltete MOSFETs erforderlich machen. Impulsstrom Hoch Moderat Ansteuer-Spannung Unter 1 V 1,8 V bis 10 V; Abhängig vom Typ Temperatur-Stabilität Exzellent: UBE: etwa 2 mV/°C RCE(sat): etwa 0,38 %/°C Moderat: Uth: etwa 4 bis 6 mV/°C RDS(on): etwa 0,64 %/°C Ansteuer-Leistung Moderat DC und niedrige Frequenz: Exzellent Hohe Frequenzen: Moderat ˙ Geschwindigkeit Schnell Sehr schnell KONTAKT ESD-Empfindlichkeit Sehr robust und unempfindlich Empfindlich Preis pro Silizium-Fläche Vergleichbar Vergleichbar Da beide Bauteile nur 251,6 mW abgeben sind kleine oberflächenmontierbare Transistoren ideal. Dies gilt besonders, wenn sie bei Anbietern wie Zetex als komplementäres Paar in einem Gehäuse untergebracht sind. (av) Zetex Kennziffer 427 www.zetex.com Tabelle 1: Unterschiede in den Parametern von MOSFETs und bipolaren Transistoren. 28 elektronik industrie 11 - 2004