Interaktionen mit Cytochrom-P450

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10 2013 • Hessisches Ärzteblatt
Fortbildung
Interaktionen mit Cytochrom-P450
Die Wechselwirkungen der Betablocker
Abstract:
Für die Einschätzung des jeweiligen Interak­
tionspotentials der Betablocker auf Ebene
der Cytochrom-P450-Enzyme (CYP) ist das
Verhalten der einzelnen Substanzen zum
Isoenzym CYP2D6 von entscheidender
Bedeutung (Tab 1). Unabhängig weiterer
Medikamente kann das klinische Ansprechen der Patienten auf Standarddosen
einiger Betablocker stark voneinander abweichen. Dies ist auf den genetischen Po-
lymorphismus von CYP2D6 zurück zu führen. Anhand der beiden aktuellen Leitsubstanzen der kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Bisoprolol und Metoprolol
werden die pharmakokinetischen Besonderheiten dargestellt.
Einleitung:
Die beiden Leitsubstanzen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Bisoprolol und Metoprolol zeigen ein stark un­
terschiedliches Verhalten zu CytochromP450-Enzymen. Während die Verstoffwech­
selung von Bisoprolol weitgehend unabhängig der Cytochrome erfolgt, wird Meto­
prolol nahezu ausschließlich über das
Isoenzym CYP2D6 abgebaut. Gleichzeitig
hemmt Metoprolol dieses Enzym, wodurch
Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen,
die über CYP2D6 abgebaut werden, möglich sind.
Substrat von CYP2D6:
Das Antidepressivum Fluoxetin ist ein starker CYP2D6-Hemmer (Abb 1). Eine Kombination mit Metoprolol hat zur Folge, dass
die sogenannte AUC (Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve, area under the curve)
des Betablockers um 400 – 600% steigen
kann. Sollte die Standarddosis nicht entsprechend reduziert werden, drohen unter
anderem eine unerwünschte Blutdrucksen­
kung und Bradykardie. Sollte das Antidepressivum im Verlauf der Therapie abgesetzt werden, droht ein Therapieversagen
wegen subtherapeutischer MetoprololPlasmaspiegel, da der Abbau nun nicht mehr
gehemmt wird. Folglich sind Dosiserhöhun­
gen zu erwägen. Der Metabolismus von
Bisoprolol ist von einer Komedikation mit
CYP2D6-Hemmern unabhängig.
Hemmung von CYP2D6:
Abb. 1: Auswahl von modulierenden Substanzen (stark wirkende fettgedruckt) mit klinisch relevanter
Wirkung auf einzelne CYP450-Isoenzyme (Stand: 02/ 2013) [Quelle: mediQ-Interaktionsprogramm).
Metoprolol hemmt in klinisch relevantem
Maß CYP2D6. Nimmt ein Patient unter
Metoprolol-Therapie beispielsweise den
nicht rezeptpflichtigen Hustenstiller Dextromethorphan ein, so können zentralnervöse Nebenwirkungen von Detromethorphan wie Schwindel, Dysphorie oder Müdigkeit verstärkt auftreten. Grund hierfür
ist, dass der Hauptabbauweg des Antitussivums über CYP2D6 durch diesen Betablocker gehemmt wird. Im Gegensatz dazu
hat Bisoprolol keinen Einfluss auf die Biotransformation von Dextromethorphan.
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Tab. 1: Übersicht der Cytochrom-P450-assoziierten Interaktionen von Betablockern (Stand: 1/2013)
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Fortbildung
Pharmakogenetik:
Unabhängig von weiteren Medikamente
kann das klinische Ansprechen der Patien­
ten unter Standarddosen von Metoprolol
interindividuell stark abweichen. Ursache
hierfür ist, dass die Bildung funktionsfähiger CYP2D6-Enyzme genetisch bedingt
variiert. Je nach Status unterscheidet sich
die Eliminationsgeschwindigkeit bis um den
Faktor 100. Es werden abhängig von der
Metabolisierungsaktivität vier Typen unter­
­schieden.
• L angsame Metabolisierer
(Poor metabo­lizer; PM)
>> stark reduzierter Stoffwechsel
• Intermediäre Metabolisierer
(Inter­me­dia­­te metabolizer; IM)
>> reduzierter Stoffwech­sel
• Extensive Metabolisierer
(Extensive metabolizer; EM)
>> normaler Stoffwechsel
• Ultraschnelle Metabolisierer
(Ultrarapid metabolizer; UM)
>> beschleunigter Stoffwechsel
Bei einem Patienten mit PM-Status ist der
Abbau von Metoprolol unter Standarddosis soweit reduziert, dass das Risiko für
Bradykardie, Hypotonie und andere unerwünschte Arzneimittelwirkungen deutlich
erhöht ist. Bei einem Patienten mit UM-
Status ist hingegen der Abbau dieses Betablockers dermaßen beschleunigt, dass
für therapeutische Effekte ggf. eine über
die Zulassung hinaus gehende Tagesdosis
benötigt wird. Die Interaktionstabelle ent­
hält Angaben zur Häufigkeit von genetischen Polymorphismen, auch unter Berück­
sichtigung ethnischer Gruppen. Die Biotransformation von Bisoprolol ist unabhän­
gig vom Metabolisierungsstatus des Patienten.
Fazit:
Auf Ebene der Cytochrom-P450-Isoenzyme
bietet Bisoprolol (Verordnungszahl 2011:
677,5 Mio definierte Tagesdosen, DDD)
überzeugende Vorteile gegenüber der
zweiten Leitsubstanz der KBV, Metoprolol
(2011: 900,8 Mio DDD). Zum einen ist der
Abbau von Bisoprolol weitgehend unabhängig von den Cytochromen, auf der anderen Seite sind keine hemmenden Einflüsse auf diese bekannt. Verschiedene
Meto­prololhaltige Präparate sind zur Mi­
gräneprophylaxe zugelassen. Hier empfiehlt
sich eine Überprüfung auf Wechselwirkun­
gen mit Hilfe einer Interaktionsdatenbank.
Bei Ausbleiben des klinischen Erfolgs resp.
un­erwarteten Nebenwirkungen unter Stan­
­darddosen sollte auch an genetische Poly­
morphismen gedacht werden.
Anschrift des Verfassers:
Holger Petri
Fachapotheker für Arzneimittelinformation
Fachapotheker für Klinische Pharmazie
Zentral-Apotheke der Wicker Kliniken
Tel.: 05621 803 290
Fax: 05621 803 841
E-Mail: [email protected]
Werner-Wicker-Klinik,
Orthopädisches Schwerpunktklinikum
Werner Wicker KG
Im Kreuzfeld 4
34537 Bad Wildungen-Reinhardshausen
Literatur beim Verfasser
Siehe auch folgenden Link im Internet:
http://www.aerzteblatt.de/archiv/132954/
Rahmenvorgaben-nach-84-Abs-7-SGB-VArzneimittel-fuer-das-Jahr-2013-vereinbartzwischen-dem-Spitzenverband-Bund-derKrankenkassen-(GKV-Spitzenverband)und-der-Kassenaerztlichen-Bundesvereinigung-nachst?s=betablocker
Dieser Beitrag stellt den zweiten Artikel
einer Serie dar, die in regelmäßigen Ab­
ständen erscheinen wird.
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