Betablocker - Deutsches Ärzteblatt

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INTERAKTIONEN MIT CYTOCHROM-P450
Wechselwirkungen
der Betablocker
Das klinische Ansprechen der Patienten auf Standarddosen einiger Betablocker
kann stark voneinander abweichen, insbesondere unter Polypharmazie.
etablocker hemmen die aktivierende Wirkung
von Adrenalin und Noradrenalin auf die
β-Adrenozeptoren, wodurch der stimulierende Effekt
des Sympathikus auf die Zielorgane gedämpft wird.
Zwei Typen von β-Adrenozeptoren spielen dabei eine Rolle: Über β1-Adrenozeptoren wird vor allem
die Herzleistung (Herzkraft und -frequenz) und direkt der Blutdruck angeregt. Der β1-Adrenozeptor
findet sich auch in der Niere, wo er die Ausschüttung
des blutdrucksteigernden Enzyms Renin steuert.
Eine Stimulation der β2-Adrenozeptoren wirkt
dagegen auf die glatten Muskeln von Bronchien,
Uterus und Gefäßen. Eine Blockierung dieser Rezeptoren wirkt kontrahierend auf die glatte Muskulatur.
Obstruktive Bronchialerkrankungen (Asthma bronchiale, COPD) sind deshalb Kontraindikationen für
eine Therapie mit β2-wirksamen Betablockern.
Für die Einschätzung des jeweiligen Interaktionspotenzials der Betablocker auf Ebene der Cytochrom-P450-Enzyme (CYP) ist das Verhalten der
einzelnen Substanzen zum Isoenzym CYP2D6 von
entscheidender Bedeutung (Tabelle). Unabhängig
weiterer Medikamente kann das klinische Ansprechen der Patienten auf Standarddosen einiger Betablocker stark voneinander abweichen. Dies ist auf
den genetischen Polymorphismus von CYP2D6 zurückzuführen. Anhand der beiden aktuellen Leitsubstanzen der kassenärztlichen Bundesvereinigung
(KBV) Bisoprolol und Metoprolol, werden die
pharmakokinetischen Besonderheiten dargestellt.
Beide Betablocker zeigen ein stark unterschiedliches Verhalten zu CytochromP450-Enzymen.
Während die Verstoffwechselung von Bisoprolol
weitgehend unabhängig der Cytochrome erfolgt,
wird Metoprolol nahezu ausschließlich über das lsoenzym CYP2D6 abgebaut. Gleichzeitig hemmt Metoprolol dieses Enzym, wodurch Wechselwirkungen
mit anderen Wirkstoffen, die über CYP2D6 abgebaut
werden, möglich sind.
Substrat von CYP2D6
Das Antidepressivum Fluoxetin ist ein starker
CYP2D6-Hemmer (Abbildung 1). Eine Kombination mit Metoprolol hat zur Folge, dass die sogenannte AUC (Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve, area under the curve) des Betablockers um 400
Foto: picture alliance
B
bis 600 Prozent steigen kann. Sollte die Standarddosis nicht entsprechend reduziert werden, drohen unter anderem eine unerwünschte Blutdrucksenkung
und Bradykardie.
Sollte das Antidepressivum im Verlauf der Therapie abgesetzt werden, droht ein Therapieversagen
wegen subtherapeutischer Metoprolol-Plasmaspiegel, da der Abbau nun nicht mehr gehemmt wird.
Folglich sind Dosiserhöhungen zu erwägen.
Der Metabolismus von Bisoprolol ist von einer
Komedikation mit CYP2D6-Hemmern unabhängig.
Hemmung von CYP2D6
Metoprolol hemmt in klinisch relevantem Maß
CYP2D6. Nimmt ein Patient unter Metoprolol-Therapie beispielsweise den nicht rezeptpflichtigen Hustenstiller Dextromethorphan ein, so können zentralnervöse Nebenwirkungen von Detromethorphan
wie Schwindel, Dysphorie oder Müdigkeit verstärkt auftreten. Grund hierfür ist, dass der Hauptabbauweg des Antitussivums über CYP2D6 durch diesen Betablocker gehemmt wird.
Im Gegensatz dazu hat Bisoprolol keinen Einfluss
auf die Biotransformation von Dextromethorphan.
Pharmakogenetik
Unabhängig von weiteren Medikamente kann das
klinische Ansprechen der Patienten unter Standarddosen von Metoprolol interindividuell stark abwei-
Perspektiven der Kardiologie 1/2015 | Deutsches Ärzteblatt
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TABELLE
Übersicht der Cytochrom-P450-assoziierten Interaktionen von Betablockern
Substanz
CYP450: Metabolisierung
und modulierende
Wirkungen
Interaktion durch
CYP450-Modulatoren
Atenolol
unbeteiligt
nicht bekannt
Bisoprolol
nicht relevant
nicht relevant
Leitsubstanz der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
Carvedilol
Substrat von CYP2D6 und
CYP2C9
CYP2D6-Inhibitoren
Nichtselektiver Betablocker
Metoprolol
Substrat von CYP2D2
mittelstarker Inhibitor von
CYP2D6
CYP2D6-Inhibitoren
Nebivolol
Substrat von CYP2D6 und
CYP2C)
CYP2D6-Inhibitoren
Propranolol
Substrat von CYP1A2 und
CYP2D6
mittelstarker Inhibitor von
CYP2D6
CYP2D6-Inhibitoren
CYP1A2-Inhibitoren und
-Induktoren
CYP2C9-Inhibitoren
und -Induktoren
Interaktionsrisiko
Bemerkungen
Pharmakogenetik
CYPD6: 7–10 Prozent der
Mitteleuropäer und Afroamerikaner sind langsame
Metabolisierer, bei Asiaten
sind es 1–2 Prozent
CHECK
CHECK
1–10 Prozent der Mitteleuropäer sind ultraschnelle
Metabolisierer, bei Nordafrikanern und Orientalen
sind es 10–29 Prozent
Leitsubstanz der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
CHECK
Nichtselektiver Betablocker
!
!
Vor einer Kombinationstherapie ist die Anwendung eines Interaktionsprogramms unverzichtbar
CHECK
Vor einer Kombinationstherapie ist die Anwendung eines Interaktionsprogramms zu empfehlen
CHECK
Es gibt mehrere klinisch bedeutsame Interaktionen. Die Anwendung eines Interaktionsprogramms ist ratsam.
Es sind vereinzelte Interaktionen zu beachten
chen. Ursache hierfür ist, dass die Bildung funktionsfähiger CYP2D6-Enyzme genetisch bedingt variiert.
Je nach Status unterscheidet sich die Eliminationsgeschwindigkeit bis um den Faktor l00. Es werden abhängig von der Metabolisierungsaktivität vier Typen
unterschieden.
● Langsame Metabolisierer (Poor metabolizer;
PM) » stark reduzierter Stoffwechsel
● Intermediäre Metabolisierer (Intermediate metabolizer; IM) » reduzierter Stoffwechsel
● Extensive Metabolisierer (Extensive metabolizer; EM) » normaler Stoffwechsel
● Ultraschnelle Metabolisierer (Ultrarapid metabolizer; UM) » beschleunigter Stoffwechsel
Bei einem Patienten mit PM-Status (Langsamer
Metabolisierer) ist der Abbau von Metoprolol unter Standarddosis soweit reduziert, dass das Risiko
für Bradykardie, Hypotonie und andere unerwünschte Arzneimittelwirkungen deutlich erhöht ist.
Bei einem Patienten mit UM-Status (Ultraschneller Metabolisierer) hingegen ist der Abbau dieses
Betablockers dermaßen beschleunigt, dass für therapeutische Effekte gegebenenfalls eine über die Zulassung hinausgehende Tagesdosis benötigt wird
(siehe Tabelle, auch unter Berücksichtigung ethnischer Gruppen)
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Die Biotransformation von Bisoprolol ist unabhängig vom Metabolisierungsstatus des Patienten.
Fazit
● Auf Ebene der Cytochrom-P450-Isoenzyme
bietet Bisoprolol überzeugende Vorteile gegenüber
Metoprolol. Zum einen ist der Abbau von Bisoprolol
weitgehend unabhängig von den Cytochromen, auf
der anderen Seite sind keine hemmenden Einflüsse
auf diese bekannt.
● Verschiedene Metoprolol-haltige Präparate sind
zur Migräneprophylaxe zugelassen. Hier empfiehlt
sich eine Überprüfung auf Wechselwirkungen mit
Hilfe einer Interaktionsdatenbank.
● Bei Ausbleiben des klinischen Erfolgs respektive unerwarteten Nebenwirkungen unter Standarddosen sollte auch an genetische Polymorphismen ge▄
dacht werden.
DOI: 10.3238/PersKardio.2015.03.20.08
Holger Petri
Fachapotheker für Arzneimittelinformation,
Fachapotheker für Klinische Pharmazie Zentral-Apotheke der Wicker Kliniken
Interessenkonflikt: Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Literatur beim Verfasser
Perspektiven der Kardiologie 1/2015 | Deutsches Ärzteblatt
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