Statistische Thermodynamik II Lösungen zur Serie 9 Ideales Fermigas 18. November 2016 1. Grundzustand des idealen Fermigases. (a) Zeige, dass die mittlere Besetzungszahl hn()i eines Fermigases als Funktion der Energie für T → 0 durch die Stufenfunktion Θ(µ − ) gegeben ist. Die mittlere Besetzungszahl für Fermionen in Abhängigkeit der Temperatur T lautet: 1 1 hn()i = β(−µ) = 1 (−µ) e +1 e kb T +1 Damit müssen für T → 0 die folgenden beiden Fälle unterschieden werden: 0 < ( − µ): 1 lim hn()i = lim T →0 T →0 e − k 1T (µ−) b =1 +1 0 > ( − µ): lim hn()i = lim T →0 T →0 1 1 kb T (−µ) =0 e +1 Somit entspricht die mittlere Besetzungszahl eines Fermiongases für T → 0 der Stufenfunktion Θ(µ − ): ( 1 für 0 < ( − µ) lim hn()i = Θ(µ − ) = T →0 0 für 0 > ( − µ) Der Wert der Energie für welche das Argument der Stufenfunktion verschwindet bezeichnet man als Fermienergie F = µ(T = 0) (oder auch Fermikante). (b) Die dem Fermiimpuls pF entsprechende Wellenlänge λF ist von der Grössenordnung R, wobei R den mittleren Teilchenabstand bezeichne. Begründe diese Aussage. Der mittlere Teilchenabstand ist R = (V /N )1/3 . Mit der de Broglie Formel finden wir λF = h/pF ∝ (V /N )1/3 mit pF = (3π 2 )1/3 ~/v 1/3 . (c) Kommentiere und begründe die Aussage, dass in einem idealen Fermigas im Grenzfall verschwindender Temperatur T → 0 alle Zustände mit einer Wellenlänge λ > λF besetzt und alle Zustände mit λ < λF unbesetzt sind. Da für das Fermigas jeder Zustand höchstens einfach belegt sein darf, sind im Grundzustand alle N niederenergetischsten Zustände besetzt. Diese besitzen wegen ∝ p2 /2m auch die kleinsten Impulse. In Wellenlängen ausgedrückt besitzen sie die höchsten Wellenlängen, da p = h/λ. Alle anderen Zustände sind unbesetzt, da es sonst ein energetisch tiefere Belegung gäbe und es sich nicht um den Grundzustand handeln würde. 1 3 2. Schätze die Fermienergie F für Kupfer mit v = V /N = 12Å ab. Berechne die zugehörige Fermitemperatur TF = F /kB . Was ist deren Bedeutung? F = (3π 2 )2/3 ~2 ≈ 7eV ≈ 8 · 104 kB K 2me v 2/3 TF = F /kB ≈ 8 · 104 K Die Fermitemperatur stellt eine Vergleichsgrösse für endliche Temperaturen T 6= 0 dar. Unterhalb der Fermitemperatur dominieren die Effekte der Fermistatistik über thermische Effekte. Dies verdeutlicht sich in der mittleren Besetzungszahl der Zustände eines Fermigases im Bereich 0 < T << TF . Steigt die Temperatur eines Fermigases, so können zunehmend einzelne Fermionen die Fermikante F überschreiten. Die Funktion der Besetzungszahlen des Fermigases entspricht dann nicht mehr exakt der Stufenfunktion, allerdings behält sie, bis auf die aufgeweichte Fermikante, weitgehend ihre Form. 3. Skizziere die mittlere Besetzungszahl hn()i und berechne deren Werte für (a) = µ, (b) = µ ± kB T , (c) = µ ± 3kB T . Die Funktion der Besetzungszahlen ist hier skizziert: (Quelle: Fliessbach, Statistische Physik). Mit hn()i = 1/(eβ(−µ) + 1) für die mittlere Besetzungszahl erhält man =µ 0.50 n() = 0.50 ± 0.23 = µ ∓ kB T 0.50 ± 0.45 = µ ∓ 3kB T 4. Berechne die Zustandsdichte ρ() für ein Gas aus freien Fermionen mit Dispersionsrelation (p) = A · pα . Wir arbeiten in d Raumdimensionen. Betrachte dazu die Summe über Quantenzahlen nx1 , ..., nxi , ..., nxd bzw. nach dem thermodynamischen Limes das Integral im Impulsraum Z dd p f (p) , für irgendeine thermodynamische Größe f . Wegen Isotropie in allen Raumrichtungen, dies ist als Function nur des Impulsbetrages p ≡ |~ p| anzunehmen. Erst wecheln wir zu verallgemeinerten Polarkoordinaten im Impulsraum (Winkelintegration ist trivial wegen der erwähnten Isotropie): Z Z ∞ Z ∞ dΩd dp pd−1 f (p) = Ωd dp pd−1 f (p) , Ωd 0 0 2 √ d 2 π wobei Ωd = Γ(d/2) den d-dimensionalen Raumwinkel darstellt. Jetzt, verwenden wir die angegebene Dispersionsrelation (p) = A · pα , und führen die eindimensionale Koordinatentransformation p → ein, sodass Z Z d−α dp pd−1 f (p) ∼ d α f (p()) . Daraus lesen wir die interessante Energieabhängigkeit der gefragten Zustandsdichte ab, d−α ρ() = const · α . Diese hängt sowohl vom kritischen Exponent α als auch von der Anzahl der Raumdimensionen ab. O. Loukas, U. Wenger 3