Übungsskript - EAL Lehrstuhl für Elektrische Antriebssysteme und

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Lehrstuhl für Elektrische Antriebssysteme und Leistungselektronik
Technische Universität München
Prof. Dr.-Ing. Ralph Kennel
Arcisstraße 21
Email: [email protected]
Tel.: +49 (0)89 289–28358
D–80333 München Internet: http://www.eal.ei.tum.de Fax: +49 (0)89 289–28336
Leistungselektronik
Grundlagen und
Standardanwendungen
Übung 1: Diodengleichrichter
1
Allgemeines
1.1
Diode
In Abbildung 1.1 sind das Schaltbild und die Kennlinien einer idealen, einer realen und einer
Leistungsdiode aufgetragen. US ist die Schleusenspannung, die Durchbruchspannung wird mit
UR bezeichnet. Im Unterschied zu einer normalen Diode hat eine Leistungsdiode einen gewissen
ohmschen Anteil, der bei der Verlustleistungsberechnung berücksichtigt werden muss.
i
ideal
Anode
real
Kathode
+
p
−
n
Leistungsdiode
u
UR
Sperrbereich
US
Durchlassbereich
Abbildung 1.1: Schaltbild und Kennlinien von Dioden
1.2
Mittelwert
Der Mittelwert eines Signals entspricht dem arithmetischen Mittel. Für ein periodisches Signal
u(t), beispielsweise eine Spannung, berechnet sich der Mittelwert folgendermaßen:
t0 +T
1 Z
u(t) dt
uM =
T
(1.1)
t0
1.3
Effektivwert
Der Effektivwert eines Signals ist der quadratische Mittelwert desselben. Er wird im Englischen
auch als RMS (root mean square) bezeichnet. Bei Spannungen entspricht der Effektivwert genau
der Gleichspannung, die an einem Widerstand im zeitlichen Mittel dieselbe thermische Leistung
liefert.
Der Effektivwert eines periodischen Signals u(t) berechnet sich folgendermaßen:
Ueff =
v
u
0 +T
u 1 tZ
u
t
u2 (t) dt
T
t0
2
(1.2)
Für ein sinusförmiges Signal mit
u(t) = û sin (ωt)
ergibt sich dieser zu
Ueff =
2
1√
2û.
2
(1.3)
Gleichrichterschaltungen
Gleichrichterschaltungen dienen zur Umwandlung von Wechsel- und Gleichspannung. Diese
lassen sich in Mittelpunkt- und Brückenschaltungen unterteilen. Eine weitere Unterscheidung
erfolgt aufgrund der Anzahl der Kommutierungen pro Periode. In den folgenden Kapiteln werden die wichtigsten
• Mittelpunktschaltungen (M1, M2, M3 und M6) und
• Brückenschaltungen (B2 und B6)
zur Gleichrichtung von einphasigem und dreiphasigem Wechselstrom beschrieben.
2.1
Mittelpunkt- und Brückenschaltungen
Die zwei wichtigsten Unterschiede zwischen Mittelpunkt- und Brückenschaltungen sind
1. Bei Mittelpunktschaltungen sind weniger Gleichrichter bzw. Dioden nötig als bei Brückenschaltungen.
2. Bei Mittelpunktschaltungen sind aufwendigere Transformatoren notwendig.
Mittelpunktschaltungen wurden früher (als noch keine Leistungshalbleiter verfügbar waren)
sehr häufig eingesetzt, da Quecksilberdampfgleichrichter sehr teuer waren. Heute werden hauptsächlich Brückenschaltungen eingesetzt.
2.2
Einphasen- und Dreiphasen-Gleichrichter
Die wichtigsten Gleichrichter für einphasigen Wechselstrom sind
• die M1-Schaltung,
• die M2-Schaltung und
• die B2-Schaltung.
Dreiphasiger Wechselstrom wird mittels der
• M3-Schaltung und der
• B6-Schaltung
gleichgerichtet.
3
3
3.1
M1-Schaltung
Schaltbild
In Abbildung 3.1 ist eine M1-Schaltung gezeichnet.
uv
Trafo
U1
il
U2
ul
Abbildung 3.1: M1-Schaltung
3.2
Strom und Spannung bei R-, RC- und RL-Last
Die in Abbildung 3.2 angegebenen Schaltungen (reine R-Last, RL-Last und RC-Last) wurden
mit Hilfe des Programms GeckoCIRCUITS simuliert. Hierbei wurden folgende Zahlenwerte
verwendet:
U
f
R
C
L
=
=
=
=
=
230 V (Effektivwert)
50 Hz
100 Ω
50 µF
50 mH
Die resultierenden Verläufe von Strom und Spannung sind in Abbildung 3.3 angegeben.
Abbildung 3.2: GeckoCIRCUITS-Modelle der M1-Schaltung
Der Strom iR (t) durch den Widerstand R ergibt sich aufgrund des ohmschen Gesetzes
iR =
uR
.
R
Er ist somit proportional zur am Widerstand angelegten Spannung.
Der durch den Kondensator C fließende Strom ergibt sich aufgrund des Zusammenhangs
iC (t) = C ·
4
d
uC (t).
dt
Spannungsverläufe
400
Spannung [V]
300
200
100
uR
uRC
uRL
0
−100
0
5
10
15
20
25
Zeit [ms]
30
35
40
45
Stromverläufe
8
iR
iRC
iRL
6
Strom [A]
50
4
2
0
−2
0
5
10
15
20
25
Zeit [ms]
30
35
40
45
50
Abbildung 3.3: Lastverhalten der M1-Schaltung
Durch den „Knick“ im Spannungsverlauf ergibt sich somit ein Sprung im Stromverlauf, außerdem kommt es zu einer „Stromüberhöhung“. Zu Beginn einer Halbwelle wird der Kondensator
aufgeladen. Ist der Scheitelpunkt der Halbwelle überschritten, speisen kurzzeitig der Kondensator und die Spannungsquelle Strom in den Widerstand R, die Spannung der Quelle sinkt
allerdings schneller als die des Kondensators (bei ausreichend großer Dimensionierung). Sobald
die Spannung am Kondensator größer ist als die an der Spannungsquelle, speist nur noch der
Kondensator den Widerstand. Der Stromfluss durch die Diode kommt zum Erliegen, die Diode sperrt. Da der Kondensator noch nicht vollständig entladen ist, speist dieser nun weiter
den Widerstand, bis entweder die gesamte Ladung des Kondensators durch R abgeflossen ist
oder die nächste Halbwelle beginnt. Ein Kondensator parallel zum Widerstand führt zu einer
„Glättung“ der Spannung.
Die an der Induktivität L anliegende Spannung lässt sich aufgrund des Zusammenhangs
uL (t) = L ·
d
iL (t)
dt
berechnen, der Strom iL durch die Induktivität folglich durch
t0 +T
1 Z
iL (t) =
uL (t) dt.
L
t0
Es ergibt sich ein PT1 -Verlauf bzw. eine Glättung des Stroms. Diese resultiert daraus, dass in
einer Induktivität ein Fluss ψ aufgebaut wird, der seiner Ursache (also dem Strom durch die
Induktivität) entgegenwirkt. Ist die Spannung der Quelle Null geworden, so ist immer noch
magnetische Energie in der Induktivität gespeichert bzw. Fluss vorhanden. Dieser führt dazu,
dass auch bei negativer Spannung der Quelle noch Strom fließt (Sperrbedingung für die Diode:
i = 0). Erst wenn der Fluss vollständig abgebaut ist, kommt der Stromfluss zum Erliegen und
die Diode sperrt.
5
3.3
Wichtige Größen
Bei sinusförmiger Eingangsspannung
u(t) = û sin (ωt)
beträgt die maximale Sperrspannung der Diode
Uvmax = û.
(3.1)
Die ideelle Gleichspannung, also der Mittelwert der gleichgerichteten Spannung, berechnet sich
folgendermaßen:
T
π
1 Z
û2
û2
û2
1Z
uL (t) dt =
û2 sin (ωt) dωt =
(− cos π + cos 0) =
(1 + 1) =
Udi =
T
2π
2π
2π
π
0
0
Mit
U2 =
folgt somit:
Udi =
3.4
1√
2û2
2
√
2
U2 ≈ 0,4502U2
π
(3.2)
Transformator-Bauleistung
Wird die dem Einweg-Gleichrichter zur Verfügung gestellte Wechselspannung von einem Transformator geliefert, muss dieser eine gewisse Bauleistung bezogen auf die Leistung im Gleichspannungsteil haben.
Die Transformator-Bauleistung berechnet sich nach der Formel
X
1 X
PB =
UPi IPi +
USi ISi .
2 i
i
!
(3.3)
Diese ist also der arithmetische Mittelwert der Scheinleistungen auf der Primär- und auf der
Sekundärseite. Für die Ströme und Spannungen müssen jeweils Effektivwerte in Gleichung 3.3
eingesetzt werden.
Die Leistung im Gleichspannungsteil beträgt
Pd = Udi Id .
(3.4)
Bei der M1-Schaltung ist auf der Sekundärseite ein Gleichstrom mit überlagerten Wechselanteilen vorhanden, von der Primärseite können allerdings nur Wechselanteile auf die Sekundärseite
übertragen werden. Der Effektivwert der Lastspannung ul (t) beträgt
Ul =
v
u
u ZT
u1
t
u2l (t) dt.
T
0
Wird eine Fourierzerlegung der Lastspannung durchgeführt, so kann diese in einen Gleichanteil
Udi und Wechselanteile ul∼ (t) zerlegt werden:
ul (t) = Udi +
∞ X
Ul(ν) sin (νωn + ϕν ) = Udi + ul∼ (t)
ν=1
6
Für den Effektivwert der Lastspannung folgt somit
Ul =
=
v
u
u ZT
u1
t
[Udi
T
+ ul∼ (t)]2 dt =
0
v
u
T
T
u ZT
1Z 2
1Z
u1
2
u
Udi dt +
2Udi · ul∼ (t) dt +
ul∼ (t) dt
uT
T
T
u 0
0
0
t
{z
}
|
=
=
b Mittelwert = 0
=
v
u
u
u1
u U 2 [t]T
u
di
0
uT
u
t
T
q
1Z 2
2
.
+
ul∼ (t) dt = Udi2 + Ul∼
T
0
|
{z
}
2
Effektivwert Ul∼
Bei reiner R-Last gilt deshalb
Il =
q
2
Id2 + Il∼
.
Für die Scheinleistung auf der Primärseite gilt:
SP = U1 I1
Der Transformator kann nur Wechselanteile von der Primär- zur Sekundärseite übertragen.
Somit folgt
q
I1 = I2∼ = I22 − Id2 .
Die Scheinleistung im Primärkreis berechnet sich nun zu
s
2
= U1
SP = U1 I22 − Idi
q
UL
R
2
Der Effektivwert der Lastspannung kann zu
Ul =
v
u
u ZT
u1
t
u2l (t) dt
T
0
=
v
u
u
u
t
−
Udi
R
2
=
U1 q 2
Ul − Udi2 .
R
π
1
1√
1 Z 2 2
û sin (ωt) dωt = . . . = û =
2U1
2π
2
2
0
berechnet werden. Somit ergibt sich für die Scheinleistung im Primärkreis, insbesondere auch
unter Berücksichtigung von Gleichung (3.2), folgendes:
U1
SP =
R
s
U1
1 2
U1 − Udi2 =
2
R
s
2
U2
1 2
U1 − 2 U12 = 1
2
π
R
s
2
1
− 2
2 π
Die Scheinleistung auf der Sekundärseite berechnet sich zu
SS = U2 I2 = U1 I2 =
U1 Ul
1 √ U12
=
2 .
R
2
R
Nun kann die Transformator-Bauleistung berechnet werden:
1
1
1 √  U12
1
2
ST = (SP + SS ) = 
− 2+
2
2
2
2 π
2
R
s

Somit ergibt sich das Verhältnis der Transformator-Bauleistung zur Leistung im Gleichspannungsteil zu
q
q
√
√ 1
1
2
1
1
2
2 1
−
+
2
π
2
+
−
2
2
ST
2
2
π
2
2
2
π
=
=
≈ 3,09.
(3.5)
2
Pd
4
π2
Die Bauleistung des Transformators muss bei reiner R-Last also mehr als drei Mal so groß sein
wie die Leistung im Gleichspannungsteil!
7
4
M2-Schaltung
Die M2-Schaltung verwendet einen Transformator mit Mittenanzapfung. Bei diesem ist die
Wicklung der Sekundärseite nach der Hälfte der Wicklungen aufgetrennt und nach außen geführt.
4.1
Schaltbild
In Abbildung 4.1 ist eine M2-Schaltung gezeichnet.
D1
Trafo
US1
ul
U1
US2
il
D2
Abbildung 4.1: M2-Schaltung
4.2
Grundsätzliche Funktionsweise
Die in Abbildung 4.2 dargestellte Schaltung wurde in einer ersten Simulation mit GeckoCIRCUITS mit einer reinen R-Last simuliert, um die grundsätzliche Funktionsweise zu verdeutlichen. Es wurden wiederum die in Kapitel 3.2 angegebenen Werte verwendet. Hierbei ist allerdings anzumerken, dass für jede der beiden Spannungsquellen nur jeweils
U = 115V (Effektivwert)
verwendet wurden, was einem Transformator mit Mittelanzapfung und dem Übersetzungsverhältnis 1 entspricht. In Abbildung 4.3 sind die Transformator-Spannungen, die Spannung am
Abbildung 4.2: GeckoCIRCUITS-Modell zur Funktionsweise der M2-Schaltung
Widerstand, die Ströme durch die beiden Dioden und der Strom durch den Widerstand aufgetragen. Wie aus der Abbildung hervorgeht, ist bei einer positiven Halbwelle die obere Diode
(D1) leitend, bei einer negativen Halbwelle die untere (D2), d. h. immer diejenige Diode, die
gerade positives Potential hat.
8
Trafo-Spannungen
Spannung [V]
200
100
US1
US2
0
−100
−200
0
5
10
Zeit [ms]
15
20
25
15
20
25
15
20
25
15
20
25
15
20
25
Strom durch D1
2
iD1 [A]
1.5
1
0.5
0
0
5
10
Zeit [ms]
Strom durch D2
2
iD2 [A]
1.5
1
0.5
0
0
5
10
Zeit [ms]
Spannung an R
200
ul [V]
150
100
50
0
0
5
10
Zeit [ms]
Strom durch R
2
il [A]
1.5
1
0.5
0
0
5
10
Zeit [ms]
Abbildung 4.3: Verläufe von Strom und Spannung bei der M2-Schaltung
9
4.3
Strom und Spannung bei R-, RC- und RL-Last
Mit GeckoCIRCUITS wurde eine weitere Simulation durchgeführt, um die Verläufe von Strom
und Spannung bei reiner R-, einer RC- und einer RL-Last zu plotten. Die Verläufe lassen sich
analog zu Kapitel 3.2 erklären. Die Modelle sind in Abbildung 4.4 dargestellt, die Verläufe
von Strom und Spannung in Abbbildung 4.5. Hierbei ist anzumerken, dass, im Gegensatz zur
M1-Schaltung, bereits ein kleinerer Kondensator C zur Glättung der Lastspannung ausreicht,
da nun zwei Halbwellen pro Periode „genutzt“ werden anstatt nur einer.
Abbildung 4.4: GeckoCIRCUITS-Modelle der M2-Schaltung mit verschiedenen Lasten
Spannungsverläufe
200
Spannung [V]
150
100
50
uR
uRC
uRL
0
−50
0
5
10
15
20
25
Zeit [ms]
30
35
40
45
Stromverläufe
4
iR
iRC
iRL
3
Strom [A]
50
2
1
0
0
5
10
15
20
25
Zeit [ms]
30
35
Abbildung 4.5: Lastverhalten der M2-Schaltung
10
40
45
50
4.4
Wichtige Größen
Bei sinusförmiger Eingangsspannung beträgt die maximale Sperrspannung der Dioden
Uvmax = 2ûSi .
(4.1)
√
2 2
Udi =
USi ≈ 0,901USi .
π
(4.2)
Die ideelle Gleichspannung beträgt
Wichtig: Hiervon muss noch der Spannungsverlust durch die Kommutierung subtrahiert werden!
4.5
4.5.1
Transformator-Bauleistung
Reine R-Last
Bei reiner R-Last beträgt das Verhältnis zwischen Transformator-Bauleistung und Leistung im
Gleichspannungsteil
ST
≈ 1,48.
(4.3)
Pd
Auf eine Herleitung soll hier verzichtet werden.
4.5.2
RL-Last mit L → ∞
Für den Spezialfall, dass die Induktivität L sehr groß ist, kann der Laststrom als ideal geglättet,
d. h. konstant angenommen werden. Dies ist in Abbildung 4.6 schematisch dargestellt. iN (t) ist
hierbei der Netzstrom, IP der Primärstrom. Es gilt:
id (t) = Id = const.
Es gilt für die Spannung auf der Sekundärseite des Trafos (zur Vereinfachung wird hier von
ü = 2, d. h. doppelt soviel Windungen auf der Sekundärseite wie auf der Primärseite ausgegangen):
π
US = √ Udi
2 2
Für den Effektivwert des Stroms auf der Sekundärseite des Trafos folgt:
IS =
v
u
u
u
t
s
π
1 Z 2
1 2
1√
iSi dωt =
Id π =
2Id
2π
2π
2
0
Weiterhin gilt
IP = Id
Mit UP = US (wegen ü = 2) folgt für die Scheinleistung auf der Primärseite
π
SP = UP · IP = √ Udi · Id
2 2
11
ul (t)
Lastspannung
0
π
il (t)
2π
ωt
2π
ωt
Laststrom
Id
0
π
iN (t)
Netzseitiger Strom (Primärseite)
IP = Id
2π
0
π
ωt
Abbildung 4.6: Strom und Spannung bei L → ∞
Die Scheinleistung auf der Primärseite ergibt sich zu
Id
π
π
SS = 2US · IS = 2 √ Udi · √ = Udi · Id
2
2 2
2
Die Scheinleistung des Transformators berechnet sich somit zu
1
1
ST = (SP + SS ) =
2
2
!
π
π
π
√ Udi Id + Udi Id = . . . =
2
4
2 2
12
1√
2 + 1 Pd ≈ 1,34Pd
2
(4.4)
5
B2-Schaltung
Die B2-Schaltung ist die heutzutage in Netzteilen am häufigsten eingesetzte Schaltung zur
Gleichrichtung von einphasiger Wechselspannung.
5.1
Schaltbild
In Abbildung 5.1 ist eine B2-Schaltung gezeichnet.
Trafo
U1
D1
D2
il
ul
U2
D3
D4
Abbildung 5.1: B2-Schaltung
5.2
Grundsätzliche Funktionsweise
Die in Abbildung 5.2 dargestellte Schaltung wurde ebenfalls simuliert, hier insbesondere zur
Verdeutlichung der grundsätzlichen Funktionsweise. Auch hier wurden die in Kapitel 3.2 angegebenen Werte verwendet. In Abbildung 5.3 sind die Verläufe von Strom und Spannung
angegeben. Bei einer positiven Halbwelle fließt der Strom durch die Dioden D1 und D4, bei
einer negativen Halbwelle durch D2 und D3, da diese dann positives Potential haben. Es werden
also beide Halbwellen „genutzt“.
Abbildung 5.2: GeckoCIRCUITS-Modell zur Funktionsweise der B2-Schaltung
5.3
Strom und Spannung bei R-, RC- und RL-Last
Eine weitere Simulation wurde durchgeführt, um die Verläufe von Strom und Spannung bei
reiner R-, einer RC- und einer RL-Last zu plotten. Die Verläufe lassen sich analog zu Kapitel 3.2
13
Trafo-Spannung
400
U2 [V]
200
0
−200
−400
0
5
10
iD1 [A]
25
15
20
25
15
20
25
15
20
25
15
20
25
15
20
25
15
20
25
2
1
0
5
10
Zeit [ms]
Strom durch D2
4
iD2 [A]
20
3
0
3
2
1
0
0
5
10
Zeit [ms]
Strom durch D3
4
iD3 [A]
15
Strom durch D1
4
3
2
1
0
0
5
10
Zeit [ms]
Strom durch D4
4
iD4 [A]
Zeit [ms]
3
2
1
0
0
5
10
Zeit [ms]
Spannung an R
400
ul [V]
300
200
100
0
0
5
10
Zeit [ms]
Strom durch R
4
il [A]
3
2
1
0
0
5
10
Zeit [ms]
Abbildung 5.3: Verläufe von Strom und Spannung bei der B2-Schaltung
14
erklären. Die Modelle sind in Abbildung 5.4 dargestellt, die Verläufe von Strom und Spannung
in Abbbildung 5.5. Hierbei ist anzumerken, dass, im Gegensatz zur M1-Schaltung (und genauso
wie bei der M2-Schaltung), bereits ein kleinerer Kondensator C zur Glättung der Lastspannung
ausreicht, da nun zwei Halbwellen pro Periode „genutzt“ werden anstatt nur einer.
Abbildung 5.4: GeckoCIRCUITS-Modelle der B2-Schaltung mit verschiedenen Lasten
Spannungsverläufe
400
200
100
uR
uRC
uRL
0
−100
0
5
10
15
20
25
Zeit [ms]
30
35
40
45
50
Stromverläufe
8
iR
iRC
iRL
6
Strom [A]
Spannung [V]
300
4
2
0
0
5
10
15
20
25
Zeit [ms]
30
35
Abbildung 5.5: Lastverhalten der B2-Schaltung
15
40
45
50
5.4
Wichtige Größen
Die ideelle Gleichspannung beträgt
√
2 2
US ≈ 0,901US .
Udi =
π
(5.1)
Die maximale Sperrspannung der Dioden beträgt
Uvmax = ûS .
5.5
5.5.1
(5.2)
Transformator-Bauleistung
Reine R-Last
Bei einer reinen Widerstands-Last gilt, da jede der beiden Halbwellen „genutzt“ wird:
SP = SS
(5.3)
Für die Leistung im Gleichspannungsteil gilt
Pd = Udi Id =
Die Scheinleistung auf der Sekundärseite beträgt
Udi2
.
R
2
2
√ U
π 2 Udi2
U2
di
=
.
SS = US · IS = S = 2 2
R
R
8 R
Aufgrund von Gleichung (5.3) folgt für die Transformator-Bauleistung
ST =
5.5.2
π
π 2 Udi2
π2
= Pd ≈ 1,23Pd .
8 R
8
(5.4)
RL-Last mit L → ∞
Die Zeitkonstante der RL-Last kann bei der Netzfrequenz f = 50 Hz zu unendlich angenommen
werden, falls gilt:
L
T =
20 ms
R
In diesem Fall gilt für den Strom auf der Sekundärseite:
id (t) = Id = IS = const.
Auch hier ist Gleichung (5.3) gültig, somit folgt für die Scheinleistung des Transformators:
π
SS = S = US · Id = √ Udi Id ≈ 1,11Pd
(5.5)
2 2
5.5.3
RC-Last mit C → ∞
Die Zeitkonstante der RC-Last kann bei der Netzfrequenz f = 50 Hz zu unendlich angenommen
werden, falls gilt:
T = RC 20 ms
(5.6)
Die Scheinleistung des Transformators ergibt sich zu
S = 1,21 (Udi + 2US ) Id
Auf eine Herleitung soll an dieser Stelle verzichtet werden.
16
(5.7)
6
Gleichrichter mit Netzspannungsumschalter
Falls ein Gleichrichter bei zwei unterschiedlichen Eingangsspannungen (110 V. . . 127 V und
60 Hz bzw. 220 V. . . 240 V und 50 Hz) die gleiche Ausgangsspannung liefern soll, muss ein Gleichrichter mit Netzspannungsumschalter verwendet werden.
6.1
Schaltbild
In Abbildung 6.1 ist ein Gleichrichter mit Netzspannungsumschalter zu sehen. In Schalterstellung 1 arbeitet dieser wie eine gewöhnliche B2-Schaltung und ist für Eingangsspannungen von
220 V bis 240 V geeignet. Wird der Schalter in Position 2 gebracht, so reicht bereits die halbe
Netzspannung, typischerweise 110 V bis 117 V.
D1
D2
S1
Uin
S2
D3
C1
1
2
Udc
1
2
D4
C2
Abbildung 6.1: Gleichrichter mit Netzspannungsumschalter
6.2
Grundsätzliche Funktionsweise
Wie bereits erwähnt, arbeitet die Schaltung in Abbildung 6.1 in Schalterstellung 1 wie eine gewöhnliche B2-Brücke. Die Kondensatoren C1 und C2 dienen zur Spannungsglättung. In
Schalterstellung 2 werden sowohl die Dioden D1 und D2, als auch die Dioden D3 und D4 parallel geschalten. Die Spannungsquelle wird auf der einen Seite zwischen die Dioden, auf der
anderen Seite zwischen die Kondensatoren C1 und C2 geschalten. Somit kann eine positive
Halbwelle den Kondensator C1 auf den Scheitelwert der Eingangsspannung aufladen und eine
negative Halbwelle den Kondensator C2 . Die Ausgangsspannung Udc ist die Summe der beiden
Kondensatorspannungen. Da die Eingangsspannung für Schalterstellung 2 nur halb so groß ist
wie für Schalterstellung 1, ergibt sich somit in etwa die gleiche Ausgangsspannung.
Wichtig hierbei zu beachten ist, dass die Kondensatoren C1 und C2 der Last entsprechend
ausreichend groß dimensioniert werden müssen, da es sonst (insbesondere in Schalterstellung 2)
zu unerwünschten Spannungseinbrüchen kommen kann.
Um die grundsätzliche Funktionsweise des Gleichrichters mit Netzspannungsumschalter zu verdeutlichen, wurde die in Abbildung 6.1 dargestellte Schaltung für beide Schalterstellungen mit
GeckoCIRCUITS simuliert (siehe Abbildung 6.2). Hierbei wurden folgende Zahlenwerte verwendet:
17
U1
U2
C
R
=
=
=
=
230 V (Effektivwert), f1 = 50 Hz, Schalterstellung 1
115 V (Effektivwert), f2 = 60 Hz, Schalterstellung 2
820 µF
300 Ω
Abbildung 6.2: GeckoCIRCUITS-Modell des Gleichrichters mit Netzspannungsumschalter
Netzspannungen
Spannung [V]
400
200
0
230 V eff.
115 V eff.
−200
−400
0
10
Strom [A]
Zeit [ms]
30
40
50
Kondensatorströme (Schalterstellung 2)
60
iC3
iC4
40
20
0
0
10
20
Zeit [ms]
30
40
50
Lastspannungen (Spannungen an R)
400
Spannung [V]
20
300
200
230 V eff.
115 V eff.
100
0
0
10
20
Zeit [ms]
30
40
50
Abbildung 6.3: Verläufe von Strom und Spannung (Gleichrichter mit Netzspannungsumschalter)
18
7
7.1
M3-Schaltung
Schaltbild
In Abbildung 7.1 ist eine M3-Schaltung gezeichnet. Der Transformator ist auf der Primär- und
auf der Sekundärseite im Stern verschaltet.
D1
Trafo
D2
D3
il
ul
Abbildung 7.1: M3-Schaltung
7.2
Grundsätzliche Funktionsweise
Die in Abbildung 7.2 dargestellte Schaltung wurde ebenfalls simuliert, hier insbesondere zur
Verdeutlichung der grundsätzlichen Funktionsweise. Auch hier wurden die in Kapitel 3.2 angegebenen Werte verwendet, hier allerdings eine dreiphasige Spannungsquelle, aber auch mit
US = 230 V. In Abbildung 7.3 sind die Verläufe von Strom und Spannung angegeben. Wie zu
erkennen ist, führt immer diejenige Diode Strom, die gerade das höchste Potential hat, d. h.
wenn U1 am höchsten ist, fließt Strom durch D1, wenn U2 am höchsten ist, durch D2, selbiges
gilt für U3 und D3.
7.3
Strom und Spannung bei R-, RC- und RL-Last
Eine weitere Simulation wurde durchgeführt, um die Verläufe von Strom und Spannung bei
reiner R-, einer RC- und einer RL-Last zu plotten. Die Verläufe lassen sich analog zu Kapitel 3.2
erklären. Die Modelle sind in Abbildung 7.4 dargestellt, die Verläufe von Strom und Spannung
in Abbbildung 7.5.
Abbildung 7.2: GeckoCIRCUITS-Modell zur Funktionsweise der M3-Schaltung
19
Trafo-Spannungen
400
U1
U2
U3
ul [V]
200
0
−200
−400
0
5
10
Zeit [ms]
15
20
25
15
20
25
15
20
25
15
20
25
15
20
25
15
20
25
Strom durch D1
4
iD1 [A]
3
2
1
0
0
5
10
Zeit [ms]
Strom durch D2
4
iD2 [A]
3
2
1
0
0
5
10
Zeit [ms]
Strom durch D3
4
iD3 [A]
3
2
1
0
0
5
10
Zeit [ms]
Spannung an R
400
ul [V]
300
200
100
0
0
5
10
Zeit [ms]
Strom durch R
4
il [A]
3
2
1
0
0
5
10
Zeit [ms]
Abbildung 7.3: Verläufe von Strom und Spannung bei der M3-Schaltung
20
Abbildung 7.4: GeckoCIRCUITS-Modelle der M3-Schaltung mit verschiedenen Lasten
Spannungsverläufe
350
Spannung [V]
300
250
200
150
100
uR
uRC
uRL
50
0
0
5
10
Zeit [ms]
15
25
Stromverläufe
7
iR
iRC
iRL
6
5
Strom [A]
20
4
3
2
1
0
0
5
10
Zeit [ms]
15
20
25
Abbildung 7.5: Lastverhalten der M3-Schaltung
7.4
Wichtige Größen
Wie in Kapitel 7.2 gezeigt wurde, ist immer jeweils nur eine der Dioden stromführend, während die anderen beiden gesperrt sind. Die gesperrten Dioden werden also mit der verketteten
Spannung der Transformator-Sekundärseite beansprucht.
In Drehstromsystemen lassen sich die verketteten Spannungen (Leiter-Leiter-Spannungen) aus
den Strangspannungen (Leiter-Erde-Spannungen) folgendermaßen berechnen:
√
UV = 3US
(7.1)
Für die maximale Sperrspannung der Dioden ergibt sich folgendes:
√
√ √
√
Uvmax = 2UV = 2 3US = 6US ≈ 2,45US
21
(7.2)
Zur Berechnung des ideellen Gleichspannungsmittelwerts bietet es sich an, nur über ein Drittel
. Hier soll über die Spannung U1 integriert werden.
einer Periode zu integrieren, also über 2π
3
Die untere Integrationsgrenze ergibt sich aus dem Schnittpunkt zwischen U1 und U2 , die obere
aus dem Schnittpunkt von U1 mit U3 . Die Grenzen können durch Gleichsetzen der Gleichungen
für die einzelnen Spannungen erhalten werden.
Die ideelle Gleichspannung lässt sich somit zu
5
π
√
6
5
3 Z √
3√
3 6
π
6
Udi =
2US sin (ωt) dωt =
2US [− cos (ωt)] π = . . . =
US ≈ 1,17US
6
2π π
2π
2π
(7.3)
6
berechnen. Wird stattdessen mit der verketteten Spannung gerechnet, so ergibt sich
√
3 2
Udi =
UV ≈ 0,68UV .
2π
22
(7.4)
8
B6-Schaltung
Die B6-Schaltung ist die heutzutage am häufigsten eingesetzte Schaltung, um dreiphasige Wechselspannungen gleichzurichten.
8.1
Schaltbild
In Abbildung 8.1 ist eine B6-Schaltung gezeichnet.
D1
D2
D3
Trafo
il
ul
D4
D5
D6
Abbildung 8.1: B6-Schaltung
8.2
Grundsätzliche Funktionsweise
Die in Abbildung 8.2 dargestellte Schaltung wurde ebenfalls simuliert, hier insbesondere zur
Verdeutlichung der grundsätzlichen Funktionsweise. Auch hier wurden die in Kapitel 3.3 angegebenen Werte verwendet. In Abbildung 8.3 sind die Verläufe von Strom und Spannung
angegeben. Von den oberen Dioden (D1, D2 und D3) führt immer diejenige Diode mit dem
höchsten Potential Strom, d. h. die Diode, an deren Phase gerade die höchste Spannung anliegt. Bei den unteren Dioden (D4, D5 und D6) ist es genau diejenige Diode mit dem niedrigsten
Potential.
Abbildung 8.2: GeckoCIRCUITS-Modell zur Funktionsweise der B6-Schaltung
23
ul [V]
400
200
0
−200
−400
Trafo-Spannungen
U1
U2
U3
0
5
10
iD1 [A]
2
0
0
5
10
iD2 [A]
iD3 [A]
Zeit [ms]
15
20
25
15
20
25
15
20
25
15
20
25
15
20
25
15
20
25
15
20
25
15
20
25
4
2
0
0
5
10
Zeit [ms]
Strom durch D3
4
2
0
0
5
10
Zeit [ms]
Strom durch D4
6
iD4 [A]
25
Strom durch D2
6
4
2
0
0
5
10
Zeit [ms]
Strom durch D5
6
iD5 [A]
20
4
6
4
2
0
0
5
10
Zeit [ms]
Strom durch D6
6
iD6 [A]
15
Strom durch D1
6
4
2
0
0
5
10
Zeit [ms]
Spannung an R
600
ul [V]
Zeit [ms]
400
200
0
0
5
10
Strom durch R
6
il [A]
Zeit [ms]
4
2
0
0
5
10
Zeit [ms]
Abbildung 8.3: Verläufe von Strom und Spannung bei der B6-Schaltung
24
8.3
Strom und Spannung bei R-, RC- und RL-Last
Eine weitere Simulation wurde durchgeführt, um die Verläufe von Strom und Spannung bei
reiner R-, einer RC- und einer RL-Last zu plotten. Die Verläufe lassen sich analog zu Kapitel 3.2
erklären. Die Modelle sind in Abbildung 8.4 dargestellt, die Verläufe von Strom und Spannung
in Abbildung 8.5. Um die Spannungsglättung sichtbar zu machen, wurde hier allerdings ein
Wert C = 500 µF gewählt.
Abbildung 8.4: GeckoCIRCUITS-Modelle der B6-Schaltung mit verschiedenen Lasten
8.4
Wichtige Größen
Die B6-Schaltung kann als eine Reihenschaltung von zwei M3-Schaltungen interpretiert werden.
Somit ist die ideelle Gleichspannung doppelt so hoch wie bei dieser:
√
3 6
3√
6US =
US ≈ 2,34US
(8.1)
Udi = 2 ·
2π
π
Bezogen auf die verkettete Spannung UV ergibt sich folgender Zusammenhang:
√
3 2
Udi =
UV ≈ 1,35UV
π
(8.2)
Die maximale Sperrspannung der Dioden beträgt (ohne Herleitung)
Uvmax = 1,05Udi .
(8.3)
Die B6-Schaltung wird in der Industrie auch in Schaltschränken zur Bereitstellung von 24 V
Gleichspannung verwendet. Zuerst wird die Spannung über einen Dreiphasen-Transformator auf
UV = 18 V (verkettete Spannung) transformiert, die ideelle Gleichspannung ergibt sich dann
nach Gleichung (8.2) zu ca. 24 V. Wird die Spezifikation für die Spannungswelligkeit breit genug
ausgelegt, so ist kein Glättungskondensator nötig, was diesen Aufbau äußerst robust gegenüber
Leistungsschwankungen macht.
25
Spannungsverläufe
600
Spannung [V]
500
400
300
200
uR
uRC
uRL
100
0
0
5
10
Zeit [ms]
15
20
25
Stromverläufe
6
Strom [A]
5
4
3
2
iR
iRL
1
0
0
5
10
Zeit [ms]
15
20
25
20
25
Strom durch RC-Glied
30
25
iRC [A]
20
15
10
5
0
0
5
10
Zeit [ms]
15
Abbildung 8.5: Lastverhalten der B6-Schaltung
26
9
Übungsaufgaben
9.1
Dimensionierung des Ladekondensators
Gegeben sein die B2-Schaltung nach Abbildung 9.1. Da die von den sinusförmigen Halbwellen
hervorgerufenen starken Spannungsschwankungen unerwünscht sind, wird in der Regel ein Kondensator C zur Spannungsglättung eingesetzt. Die von der Last verbrauchte Maximalleistung
ist Pmax = 250 W, die Netzspannung beträgt U1 = 230 V bei f = 50 Hz. Der Transformator
hat ein Wicklungsverhältnis von 1. Der Der Ausgangsspannungs-Rippel ∆u soll maximal 10%
betragen.
Trafo
U1
D1
D2
ic
U2
C
D3
il
Last
ul
D4
Abbildung 9.1: B2-Schaltung mit Ladekondensator und Last
Berechnen Sie die Größe des Kondensators (Worst Case) formel- und zahlenmäßig für den Fall,
dass
1. keine Netzspannungshalbwelle ausfällt und
2. zwei Netzspannungswellen ausfallen.
Wählen Sie anschließend passende Kondensatoren nach der E12-Reihe (Tabelle 9.1) aus!
1
3,3
1,2
3,9
1,5
4,7
1,8
5,6
2,2
6,8
2,7
8,2
Tabelle 9.1: Normreihe E12
27
9.2
Leitende Ventile bei der B6-Brücke
Gegeben sind die B6-Schaltung in Abbildung 9.2 und die Strang- und Leiter-Leiter-Spannungen
in Abbildung 9.3. Die Schaltung wird von einer dreiphasigen Spannungsquelle mit Ueff = 230 V
(Strangspannung) und f = 50 Hz gespeist.
Bestimmen Sie
1. wenn nur die Strangspannungen gegeben sind und
2. wenn nur die Leiter-Leiter-Spannungen gegeben sind
die Intervalle und die Ventile, welche zum jeweiligen Zeitpunkt leitend sind. Zeichnen Sie diese
in Abbildung 9.3 ein!
Hinweise:
• Uxy = Ux − Uy
• Oberes Ventil mit höchstem Potential leitet
• Unteres Ventil mit höchstem Potential leitet
28
D1
D2
D3
U1
U2
Udc
U3
D4
D5
D6
Abbildung 9.2: B6-Schaltung
Strangspannungen
400
U1
U2
U3
Spannung [V]
200
0
−200
U2
−400
0
U3
2.5
5
7.5
U1
10
Zeit [ms]
12.5
15
17.5
20
Leiter-Leiter-Spannungen
600
U32
U12
U13
U23
U21
U31
U32
Spannung [V]
300
0
−300
−600
0
2.5
5
7.5
10
Zeit [ms]
12.5
15
Abbildung 9.3: Eingangsspannungen der B6-Brücke
29
17.5
20
10 Lösung der Übungsaufgaben
10.1
Dimensionierung des Ladekondensators
In Abbildung 10.1 ist nochmals die B2-Schaltung mit Pufferkondensator C und unbekannter
Last dargestellt. Von der Last ist lediglich bekannt, dass sie eine maximale Leistungsaufnahme
von 250 W besitzt.
Trafo
U1
D1
D2
ic
U2
C
D3
il
Last
ul
D4
Abbildung 10.1: B2-Schaltung mit Ladekondensator und Last
U
Umax
∆u
Umin
tHW
tLP
0
t
0
Abbildung 10.2: Ausgangsspannungs-Rippel der B2-Schaltung
Abbildung 10.2 zeigt den Effekt des Pufferkondensators C auf die Ausgangsspannung ul .
Die maximale Spannung Umax ist gleich der Amplitude der Sinus-Halbwelle, sie lässt sich zu
√
√
Umax = 2U1 = 2 · 230 V ≈ 325,3 V
berechnen (Transformator mit Wicklungsverhältnis 1, daher gilt U1 = U2 ).
Der Ausgangsspannungs-Rippel ergibt sich somit zu
∆u = 10%Umax = 0.1 · Umax = 0.1 ·
Die minimale Ausgangsspannung Umin ergibt sich zu
Umin = 90%Umax = 0.9 · Umax = 0.9 ·
30
√
2 · 230 V ≈ 32,53 V.
√
2 · 230 V ≈ 292,74 V.
Während der Ladepausendauer tLP wird die Last nur vom Kondensator gespeist, d. h.
ic = −il .
Der Kondensator wird bis zum Scheitelwert Umax der Spannung aufgeladen. Die Ladepausendauer tLP ist (ein unendlich großer Kondensator vorausgesetzt) gleich der Dauer einer Spannungshalbwelle tHW . Da in diesem Fall eine Worst-Case-Abschätzung vorgenommen werden
soll, kann für die Ladepausendauer
tLP ≈ tHW
angenommen werden. Somit ergibt sich die Ladepausendauer tLP zu
tLP ≈ tHW = 0, 5 ·
1
= 10 ms.
50 Hz
Für zwei ausfallende Halbwellen verlängert sich tLP um die Dauer dieser zwei Halbwellen, also
um 20 ms. In diesem Fall ist die Ladepausendauer
tLP = 30 ms.
Die Differentialgleichung des Kondensators für die Schaltung in Abbildung 10.1 lautet
ic (t) = C
d
ul (t).
dt
Für eine finite Zeitdauer ∆t ergibt sich somit
∆ic = C
∆ul
.
∆t
Im Worst Case muss angenommen werden, dass während der kompletten Ladepausendauer der
Maximalstrom imax aus dem Kondensator gezogen wird. Weiterhin muss angenommen werden,
dass währenddessen (nur Angabe der Maximalleistung) die minimale Spannung Umin an der
Last anliegt. Der Maximalstrom kann deshalb zu
imax =
250 W
Pmax
≈
≈ 0,85 A
Umin
292,74 V
berechnet werden.
Die Größe des Kondensators C kann somit abschließend zu
C=
imax · tLP
0,85 A · 10 ms
≈
≈ 262,5 µF
∆u
32,53 V
berechnet werden. Für zwei ausfallende Netzhalbwellen ergibt sich
C = 783,9 µF.
Da real erhältliche Kondensatoren nur nach den E-Normreihen erhältlich sind, muss daraus der
nächstgrößere passende Wert gewählt werden. Für den ersten Fall (keine ausfallende Netzspannungshalbwelle) ist ein ein Kondensator mit 270 µF passend; für zwei ausfallende Halbwellen
muss ein Kondensator mit 820 µF gewählt werden.
31
Um die Berechnungen zu verifizieren, wurden diese simulativ mittels GeckoCIRCUITS überprüft. In Abbildung 10.3 ist das Simulationsmodell gezeigt. Um die Ausgangsspannung der
B2-Brücke ohne Last zu plotten, wurde diese ebenfalls zusätzlich simuliert. Da der Worst Case überprüft werden sollte, wurde als Last eine Konstantstromquelle mit dem von der Last
aufgenommenen Maximalstrom (imax = 0.85 A) verwendet. Die Simulationsergebnisse sind in
Abbildung 10.3: GeckoCIRCUITS-Modell (B2 mit Kondensator), keine ausfallenden Halbwellen
Spannungsverläufe mit und ohne Last
350
300
ul [V]
250
200
150
100
ul , ohne Last
ul
50
0
0
5
10
15
20
Zeit [ms]
25
30
35
40
30
35
40
Spannungsverlauf mit Last (Zoom)
330
ul [V]
320
310
300
290
0
5
10
15
20
Zeit [ms]
25
Abbildung 10.4: Simulationsergebnisse, keine ausfallenden Halbwellen
Abbildung 10.4 zu sehen: Der obere Plot zeigt die Ausgangsspannung einer B2-Brücke ohne
Last und zusätzlich die Kondensatorspannung. Es ist deutlich ersichtlich, dass der Kondensator
zu einer starken Glättung der Ausgangsspannung führt. Um zu überprüfen, ob die maximale
Spannungsschwankung ∆u = 32,53 V eingehalten wird, sind die Ergebnisse im unteren Plot
nochmals gezoomt dargestellt. Nach dem ersten Ladevorgang des Kondensators beträgt die
minimale Spannung Umin ≈ 297 V. Da die maximale Spannung Umax ≈ 325,3 V beträgt, ergibt
sich somit ∆u ≈ 28,3 V. Die Schaltung ist also für den Worst Case korrekt dimensioniert.
32
Abbildung 10.5 zeigt das Simulationsmodell für zwei ausfallende Netzspannungshalbwellen. Die
beiden ausfallenden Halbwellen wurden über einen Schalter realisiert, welcher während dieser
Zeit geöffnet ist. Die Simulationsergebnisse sind in Abbildung 10.6 zu sehen: Der obere Plot
Abbildung 10.5: GeckoCIRCUITS-Modell (B2 mit Kondensator), zwei ausfallende Halbwellen
Spannungsverläufe mit und ohne Last
350
300
ul [V]
250
200
150
100
ul , ohne Last
ul
50
0
0
5
10
15
20
Zeit [ms]
25
30
35
40
30
35
40
Spannungsverlauf mit Last (Zoom)
330
ul [V]
320
310
300
290
0
5
10
15
20
Zeit [ms]
25
Abbildung 10.6: Simulationsergebnisse, zwei ausfallende Halbwellen
zeigt die Ausgangsspannung einer B2-Brücke ohne Last, wobei die ausgefallenen Netzhalbwellen
gestrichelt gezeichnet sind. Auch in diesem Fall ist die Spannung immer noch geglättet, trotz
der beiden fehlenden Halbwellen. Dies ist auf den größeren Kondensator zurückzuführen. In
diesem Fall beträgt die minimale Spannung Umin ≈ 294 V. Die Spannungsschwankung kann
somit zu ∆u ≈ 31,3 V berechnet werden. Auch in diesem Fall wurde die Schaltung für den
Worst Case korrekt dimensioniert.
Hinweis: Diese Simulationen dienen nur zur groben Überprüfung der Berechnungen. Da mit
GeckoCIRCUITS keine idealen Bauteile simuliert werden können, ist die Ausgangsspannung in
den Simulationen geringfügig (ca. 2–3 V) niedriger als angenommen (325,3 V). Somit kann sich
in den Simulationen auch ein geringfügig höherer Spannungsrippel ∆u ergeben als berechnet.
33
10.2
Leitende Ventile bei der B6-Brücke
Wenn nur die Strangspannungen gegeben sind, leitet von den oberen Ventilen (D1, D2 und D3)
immer das Ventil, bei welchem die zugehörige (angelegte) Spannung gerade am höchsten ist:
Ist z. B. U1 gerade am höchsten, so leitet D1; wenn U3 am höchsten ist, führt D3 Strom.
Bei den unteren Ventilen (D4, D5 und D6) ist es genau umgekehrt: Es leitet immer das Ventil,
bei welchem die zugehörige Spannung gerade am niedrigsten ist: Ist z. B. U1 am niedrigsten, so
leitet D4; wenn U2 am niedrigsten ist, führt D5 Strom.
Sind nur die Leiter-Leiter-Spannungen gegeben, muss die verkettete Spannung betrachtet werden, welche im Moment das höchste Potential hat. Die verketteten Spannungen berechnen sich
nach der Formel Uxy = Ux − Uy . Somit kann im Schaltbild einfach der Weg des Stroms von Ux
nach Uy nachvollzogen werden und die leitenden Ventile können daraus ermittelt werden. Ist z.
B. die Spannung U12 gerade am höchsten, so fließt der Strom vom ersten Leiter der dreiphasigen
Spannungsquelle (U1 ) zum dritten Leiter (U3 ). Der Strom fließt dabei durch die Ventile D1 und
D6.
Die Lösung ist in Abbildung 10.8 eingezeichnet.
34
D1
D2
D3
U1
U2
Udc
U3
D4
D5
D6
Abbildung 10.7: B6-Schaltung
Strangspannungen
400
U1
U2
U3
D1
D2
D3
Spannung [V]
200
D3
0
D5
D6
D4
U3
U1
D5
−200
U2
−400
0
2.5
5
7.5
10
Zeit [ms]
12.5
15
17.5
20
Leiter-Leiter-Spannungen
600
U32
U12
U13
U23
U21
D1
D6
D2
D6
D2
D4
U31
U32
Spannung [V]
300
D3 D1
D5 D5
0
D3 D3
D4 D5
−300
−600
0
2.5
5
7.5
10
Zeit [ms]
12.5
15
Abbildung 10.8: Eingangsspannungen der B6-Brücke
35
17.5
20
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