Friedrich Schillers Turandot

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ARBEITSBLATT
Friedrich Schillers Turandot-Rätsel
Für sein Theaterstück Turandot, Prinzessin von China schrieb Friedrich Schiller folgende Rätsel, die Prinzessin Turandot dem unbekannten Prinzen stellt
(2. Aufzug, 4. Auftritt). Um das Publikum nach der Uraufführung in Weimar am 30. Januar 1802 zu weiteren Theaterbesuchen zu animieren, erfand Schiller
immer neue Rätsel und ersetzte die Verse bei jeder Vorstellung. Kannst du die Rätsel lösen?
1. rätsel
Der Baum, auf dem die Kinder
Der Sterblichen verblühn,
Steinalt, nichts desto minder
Stets wieder jung und grün.
Er kehrt auf einer Seite
Die Blätter zu dem Licht,
Doch kohlschwarz ist die zweite
Und sieht die Sonne nicht.
Er setzet neue Ringe,
So oft er blühet, an,
Das Alter aller Dinge
Zeigt er den Menschen an.
In seine grüne Rinden
Drückt sich ein Name leicht,
Der nicht mehr ist zu finden,
Wenn sie verdorrt und bleicht.
So sprich, kannst du’s ergründen
Was diesem Baume gleicht?
2. rätsel
Kennst du das Bild auf zartem Grunde?
Es gibt sich selber Licht und Glanz.
Ein andres ist’s zu jeder Stunde,
Und immer ist es frisch und ganz.
Im engsten Raum ist’s ausgeführet,
Der kleinste Rahmen fasst es ein,
Doch alle Größe, die dich rühret,
Kennst du durch dieses Bild allein.
Und kannst du den Kristall mir nennen?
Ihm gleicht an Wert kein Edelstein;
Er leuchtet, ohne je zu brennen,
Das ganze Weltall saugt er ein.
Der Himmel selbst ist abgemalet
In seinem wundervollen Ring;
Und doch ist, was er von sich strahlet,
Oft schöner, als was er empfing.
4. rätsel
5. rätsel
Von Perlen baut sich eine Brücke
Hoch über einen grauen See,
Sie baut sich auf im Augenblicke,
Und schwindelnd steigt sie in die Höh.
Ein Bruder ist’s von vielen Brüdern,
In allem ihnen völlig gleich,
Ein nötig Glied zu vielen Gliedern
In eines großen Vaters Reich,
Jedoch erblickt man ihn nur selten,
Fast wie ein eingeschoben Kind,
Die andern lassen ihn nur gelten,
Da wo sie unvermögend sind.
Der höchsten Schiffe höchste Masten
Ziehn unter ihrem Bogen hin,
Sie selber trug noch keine Lasten
Und scheint, wie du ihr nahst, zu fliehn.
Sie wird erst mit dem Strom, und
schwindet,
Sowie des Wassers Flut versiegt.
So sprich, wo sich die Brücke findet,
Und wer sie künstlich hat gefügt?
3. rätsel
Wie heißt das Ding, das Wen’ge schätzen,
Doch ziert’s des größten Kaisers Hand;
Es ist gemacht, um zu verletzen,
Am nächsten ist’s dem Schwert verwandt.
Kein Blut vergießt’s und macht doch
tausend Wunden,
Niemand beraubt’s und macht doch reich,
Es hat den Erdkreis überwunden,
Es macht das Leben sanft und gleich.
Die größten Reiche hat’s gegründet,
Die ältsten Städte hat’s erbaut;
Doch niemals hat es Krieg entzündet,
Und Heil dem Volk, das ihm vertraut.
Fremdling, kannst du das Ding nicht raten,
So weich aus diesen blühenden Staaten!
ARBEITSBLATT
6. rätsel
Unter allen Schlangen ist eine,
Auf Erden nicht gezeugt,
Mit der an Schnelle keine,
An Wut sich keine vergleicht.
Sie stürzt mit furchtbarer Stimme
Auf ihren Raub sich los,
Vertilgt in einem Grimme
Den Reiter und sein Roß.
7. rätsel
Sie liebt die höchsten Spitzen,
Nicht Schloss, nicht Riegel kann
Vor ihrem Anfall schützen,
Der Harnisch lockt sie an.
Ich wohne in einem steinernen Haus,
Da lieg ich verborgen und schlafe,
Doch ich trete hervor, ich eile heraus,
Gefordert mit eiserner Waffe.
Sie bricht wie dünne Halmen
Den stärksten Baum entzwei,
Sie kann das Erz zermalmen,
Wie dicht und fest es sei.
Und dieses Ungeheuer
Hat zweimal nie gedroht,
Es stirbt im eignen Feuer,
Wie’s tötet, ist es tot.
Erst bin ich unscheinbar und schwach
und klein,
Mich kann dein Atem bezwingen,
Ein Regentropfe schon saugt mich ein,
Doch mir wachsen im Siege die Schwingen,
Wenn die mächtige Schwester sich zu mir
gesellt,
Erwachs ich zum furchtbarn Gebieter der
Welt.
8. rätsel
9. rätsel
Zwei Eimer sieht man ab und auf
In einem Brunnen steigen,
Und schwebt der eine voll herauf,
Muss sich der andre neigen.
Sie wandern rastlos hin und her,
Abwechselnd voll und wieder leer,
Und bringst du diesen an den Mund,
Hängt jener in dem tiefsten Grund,
Nie können sie mit ihren Gaben
In gleichem Augenblick dich laben.
Ein Vogel ist es, und an Schnelle
Buhlt es mit eines Adlers Flug,
Ein Fisch ist’s und zerteilt die Welle,
Die noch kein größres Untier trug,
Ein Elefant ist’s, welcher Türme
Auf seinem schweren Rücken trägt,
Der Spinnen kriechendem Gewürme
Gleicht es, wenn es die Füße regt,
Und hat es fest sich eingebissen
Mit seinem spitz’gen Eisenzahn,
So steht’s gleichwie auf festen Füßen
Und trotzt dem wütenden Orkan.
Lösungen: 1. Rätsel: Das Jahr mit seinen Tagen und Nächten. / 2. Rätsel: Das Aug’, in das die Welt sich drückt. / 3. Rätsel: Der Pflug, der allen diesen Segen schuf. / 4. Rätsel: Der Regenbogen im
Himmel, der mit dem Strome wird. / 5. Rätsel: Der Schalttag, welcher wie ein Tag dem Tage gleicht. / 6. Rätsel: Der Blitz, der aus der Wolke fährt. / 7. Rätsel: Der Funke, der aus dem Zündstein
springt. / 8. Rätsel: Der Tag ist’s und die Nacht, die nie gemeinsam sind. / 9. Rätsel: Das Schiff, das durch die Meere fliegt.
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