vorliegende Manual

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Handbuch
Handbuch
hepatitis C
Prävention & Therapie
Handbuch
Prävention & Therapie
Im Überblick
Hygiene
Krankheitserreger werden oftmals über ungewaschene Hände weitergegeben. Deshalb
ist der Hygiene der Hände grosse Beachtung beizumessen (➞ Kapitel II).
Blut-Aufmerksamkeit
entwickeln
Blut kann immer mit Hepatitis- und HI-Viren verunreinigt sein und muss deshalb ­immer
als möglicherweise infektiös betrachtet werden. Darum gilt: besondere Aufmerk­
samkeit auch bei kleinsten Blutresten – auch eingetrockneten – nicht nur beim intra­
venösen Konsum (➞ Kapitel II.3, Merkblatt Blut-Aufmerksamkeit im Anhang).
Beim Drogenkonsum
immer eigenes steriles
Material benützen
Steriles Injektionsmaterial muss während 24 Stunden am Tag in genügender Menge zur
Verfügung stehen. Dabei ist zu beachten, dass intravenös Kokain-Konsumierende einen
sehr grossen Bedarf haben.
Beim intravenösen Konsum: Auf saubere Unterlage achten. Eigene sterile Spritze und
Nadel, eigenen Filter, eigenen Löffel und eigenes Wasser verwenden. Einstichstelle vor
dem Stechen mit Alkohol desinfizieren (➞ Merkblatt Injektion im Anhang).
Beim Sniffen: Auf saubere Unterlage achten. Eigenes Röhrchen verwenden.
Beim Rauchen/Basen: Eigenes Röhrchen und eigenes Mundstück verwenden.
Saubere Injektionstechnik
Hände gründlich waschen.
Sterile Spritze mit Filter oder notfalls mit einem eigenen Stück Zigarettenfilter verwenden. Zigarettenfilter nach Gebrauch nicht mit den Zähnen, sondern mit gewaschenen Händen entfernen.
Filter nicht teilen/nicht ausleihen/nicht weitergeben.
Eigenen Löffel verwenden. Vor Gebrauch gründlich reinigen (mit Wasser, mit Desinfek­
tionstupfer).
Steriles Wasser oder – falls nicht verfügbar – frisches Wasser direkt vom Wasserhahn
verwenden. (➞ Kapitel II.2)
Safer Sex
Bei eindringendem Geschlechtsverkehr – ob vaginal oder anal – immer ein Präservativ
von guter Qualität benutzen; bei Analverkehr immer Gleitmittel verwenden.
Kein Sperma in den Mund, kein Sperma schlucken.
Kein Menstruationsblut in den Mund nehmen, kein Menstruationsblut schlucken.
SexworkerInnen: auch beim Oralverkehr immer Präservative benutzen (Verhinderung
sexuell übertragbarer Krankheiten).
Impfen lassen
Gegen Hepatitis A und B kann man sich impfen lassen.
Gegen Hepatitis C und HIV gibt es keinen Impfschutz.
(➞ Kapitel I.2.7)
Testen lassen
Eine Infektion mit Hepatitis geschieht oft unbemerkt (ohne Symptome). Je früher aber
eine Infektion erkannt und behandelt wird, desto grösser sind die Besserungs- oder
Heilungschancen. Es ist deshalb wichtig, sich testen zu lassen. (➞ Kapitel I.2)
Behandeln lassen
Die Therapie viraler Hepatitiden bei Drogenkonsumierenden hat ähnlich gute Erfolgschancen wie bei PatientInnen ohne Suchterkrankung (➞ Kapitel III).
Eine gute Beratung durch eine Fachperson ist dabei wichtig (➞ Kapitel III.1.6).
Achtung: bei Hepatitis C ist eine Re-Infektion möglich.
3
VORWORT
In der Schweiz sind ca. 70 000 Personen mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert. Rund zwei
Drittel aller Neuinfektionen betreffen Personen, die intravenös Drogen konsumieren.
Die mit einer Hepatitis-C-Erkrankung verbundenen gesundheitlichen Schädigungen­
bei einem erheblichen Teil der Bevölkerung und die finanziellen Belastungen für das
­Gesundheitswesen und die öffentliche Hand werden in der Fachöffentlichkeit vielfach
nicht wahrgenommen.
Dem Bundesamt für Gesundheit ist es ein grosses Anliegen, die Zahl der Neuinfektionen
zu verringern, den Zugang zu den Hepatitis-C-Behandlungen zu erleichtern, und gleichzeitig einen Beitrag zu leisten zu einer verbesserten Information von Fachleuten und
Drogenkonsumierenden.
Das vorliegende Manual, als Bestandteil der von Infodrog konzipierten Sensibilisierungs­
kampagne hepatitis C, will den Mitarbeitenden aus allen beteiligten Berufsgruppen der
Suchthilfe das nötige Grundwissen zu Hepatitis vermitteln. Ziel ist es, die Fachleute zu
befähigen, ihr Wissen in der Beratung und Behandlung von Drogen­konsumierenden
fachgerecht einsetzen zu können. Dazu werden Schulungen durch­geführt und die Fachleute erhalten zusätzliche umfassende Informations- und Präventionsmaterialien, die
es ihnen ermöglichen, mit wenig Aufwand regelmässige Sensibilisierungsaktionen zu
Hepatitis C durchzuführen.
Aufbauend auf dem «Manual HepCH» der Fachstelle für Schadensminderung (2005) und
dem deutschen Handbuch «Hepatitis C und Drogengebrauch» des Aktionsbünd­nises
Hepatitis und Drogengebrauch (2006) wurden in einer ExpertInnengruppe die neuesten
Entwicklungen in der Prävention und Therapie diskutiert. Um praxisgerechte Informationen zu vermitteln, wurden die Kapitel gestrafft und auf die wichtigsten ­Themen
«Hepatitis | Prävention | Therapie» reduziert. Das Manual sowie die anderen Informations- und Präventionsmaterialien der Sensibilisierungskampagne stehen auch online
zur Verfügung (www.hepCH.ch).
Mein Dank gilt den ExpertInnen Dr. Virginie Masserey, Dr. Catherine Ritter, Dr. Martine
Monnat, Dr. Philip Bruggmann, Dr. Samuel Erny und Prof. Dr. Andreas Cerny, die zusammen mit Infodrog dieses Manual erarbeitet haben. Gleichzeitig möchte ich mich bei den
Fachleuten in den Kontakt- und Anlaufstellen, den Heroin- und Substitutionsprogrammen, den Gefängnissen sowie den ambulanten und stationären Institutionen für ihre
tägliche Arbeit bedanken. Ich möchte Sie ermutigen, das Handbuch und die Informations- und Präventionsmaterialien zu benutzen und Hepatitis zu einem Dauerthema zu
machen.
Bundesamt für Gesundheit
Abteilung Nationale Präventionsprogramme
Der Leiter a.i.
Dr. Martin Büechi, dipl. nat.
5
Inhalt
I. Hepatitis
II. Prävention
1. Allgemeine Informationen
1. Hygiene
Was ist Hepatitis?
1.1 Das Wichtigste in Kürze
1.2 Aufbau und Funktion der Leber
1.3 Was bedeutet Hepatitis?
1.4 Ursachen von Hepatitiden
1.5 Verlaufsformen von Hepatitiden
10
10
12
13
14
14
Die fünf Hepatitis-Viren
1.6Hepatitis-Viren
1.7 Hepatitis A
1.8 Hepatitis B
1.9 Hepatitis C
1.10 Hepatitis D
1.11 Hepatitis E
17
17
17
18
21
22
23
Co-Infektionen
1.12Was sind Co-Infektionen?
1.13 Co-Infektionen mit HIV
1.14 HIV und Hepatitis A
1.15 HIV und Hepatitis B
1.16 HIV und Hepatitis B/D
1.17 HIV und Hepatitis C
1.18Hepatitis A und Hepatitis C
1.19 Hepatitis B und Hepatitis C
23
23
23
24
24
25
25
26
26
2. Abklärung, Beratung & Impfung
6
Sich testen lassen
2.1Allgemeine Informationen zu Hepatitis-Tests
2.2 Wer soll sich auf Hepatitis testen lassen?
2.3 Was zeigen die Testergebnisse?
2.4 Labor- und mikroskopische Untersuchungen
2.5 Testresultate: Kommentare und zusätzliche
Analysen
2.6 Meldepflicht
27
27
28
29
29
Sich impfen lassen
2.7Impfung gegen Hepatitis
2.8Impfung gegen Hepatitis A
2.9Impfung gegen Hepatitis B
32
32
34
34
Hepatitis & Schwangerschaft
2.10Hepatitis B & Schwangerschaft
2.11Hepatitis C & Schwangerschaft
35
35
36
31
32
Handhygiene
1.1Hände waschen
38
38
Wie kann eine Ansteckung verhindert werden?
1.2Verschleppung verschiedener
Krankheitserreger
1.3 Blut-Aufmerksamkeit
1.4 Safer Sex
1.5 Gefahren
39
Wie reagieren bei einer Risikosituation?
1.6 Sofortmassnahmen
1.7 Weitere Behandlung/Prophylaxe
42
42
42
39
39
41
41
2.Konsumregeln
Grundregeln
2.1Allgemeine Informationen
2.2 Konsumregeln für intravenös
Drogenkonsumierende
2.3 Konsumregeln für rauchende und sniffende
Drogenkonsumierende
2.4Entsorgen von Konsum-Materialien
2.5Risikoärmere Injektion
2.6Alternative Konsumformen zur Injektion
2.7 Spezifische Informationen für Kontaktund Anlaufstellen mit Konsumräumen
44
44
44
45
46
47
48
48
3.Rechtliche Bestimmungen &
Vorsorge am Arbeitsplatz
Arbeitsrecht
3.1Rechtliche Bestimmungen
50
50
Vorsorge
3.2 Post-Expositions-Prophylaxe (PEP)
3.3 Risikosituationen
3.4 PEP bei HIV
3.5 PEP bei Hepatitis B
3.6 Versicherungsschutz
50
50
51
51
52
52
III. Therapie
IV.Anhang
1. Verschiedene Hepatitiden –
verschiedene Therapien
1.Glossar Sich behandeln lassen
1.1 Therapie viraler Hepatitiden
1.2 Hepatitis A und E
1.3 Hepatitis B (und D)
1.4 Chronische Hepatitis B (und D)
1.5 Chronische Hepatitis C
1.6 Adhärenz bei Drogenkonsumierenden
54
54
54
55
55
56
56
66
2. Illustrierte Merkblätter
Injektion
Desinfektion
Erste Hilfe/Wundversorgung
Blut-Aufmerksamkeit
69
70
71
72
3. Adressen & Internet
Medikamentöse Behandlung &
Nebenwirkungen
1.7 Chronische Hepatitis B (und D)
1.8 Chronische Hepatitis C
1.9 Besonderheiten bei Drogenkonsumierenden
1.10 Vorurteile zur Hepatitis-C-Therapie
57
57
59
63
64
Notfälle, HIV- und
Hepatitis-Postexpositionsprophylaxe
Anonyme HIV-Test- und Beratungsstellen
Schweizerische Leberzentren
Internet
73
73
76
76
4. Autorinnen und Expertinnen 77
5. Impressum 78
7
I.Hepatitis
9
1.Allgemeine Informationen
Was ist Hepatitis?
1.1 Das Wichtigste in Kürze
10
Hepatitis
(Leberentzündung)
Die Hepatitis wird oft auch als Gelbsucht bezeichnet. Dies ist irreführend, da die Gelbfärbung nur eines von mehreren Krankheitszeichen ist, das nicht bei jeder Hepatitis
auftritt und das auch bei anderen Krankheiten beobachtet werden kann.
Ursachen von
Hepatitiden
Häufigste Ursache für Hepatitiden in den industrialisierten Ländern ist übermässiger
Alkoholkonsum. An zweiter Stelle steht die Infektion mit Hepatitis-Viren. Immer häufiger tritt die Leberentzündung als Folge von Fetteinlagerung bei Übergewicht und Fehl­
ernährung auf. Seltener sind Hepatitis-Erkrankungen im Rahmen von Infektionen mit
anderen Mikroorganismen, welche insbesondere bei Personen mit geschwächter Abwehr ebenfalls zu einer Hepatitis führen können. Hepatitis-Viren brauchen als Wirt die
menschliche Leberzelle.
Verlaufsformen der
viralen Hepatitis
Die akute Infektion verläuft oft unbemerkt oder ist mit Erschöpfung, Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen im rechten Oberbauch verbunden.
Die chronische Infektion hält über Jahre an und kann zu einer Leberzirrhose oder zu
­Leberkrebs (Leberzellkarzinom) führen.
Bei der Leberzirrhose bildet die Leber Narbengewebe als Ersatz für abgestorbenes
­Lebergewebe (mit zunehmender Beeinträchtigung der Leberfunktion). Eine fortgeschrittene Leberzirrhose stellt eine schwerwiegende Störung der Leberfunktion dar
und kann zu Krankheitsbildern mit verschiedensten Symptomen führen.
Nachweis der
Virus-Infektion
Bei Verdacht auf eine virale Hepatitis wird der/die behandelnde Arzt/Ärztin zunächst
eine einfache Primärdiagnose machen. Dazu gehört ein Bluttest zum Nachweis von
Antikörpern, welche das Immunsystem als Reaktion auf das Virus gebildet hat, bzw. der
direkte Nachweis bestimmer Virusbestandteile.
Wer sollte auf Hepatitis
getestet werden?
Generell sollten bei Vorliegen von möglichen Krankheitssymptomen wie Gelbfärbung
der Haut, Müdigkeit und Übelkeit Hepatitis-Tests durchgeführt werden. Die An­steck­ungs­raten von Hepatitis-Erkrankungen sind bei Drogenkonsumierenden hoch. Je
­früher eine Infektion erkannt und behandelt wird, desto grösser sind die Heilungs­
chancen.
Die verschiedenen
Formen der viralen
Hepatitis
Hepatitis A
Virusübertragung: Durch fäkale Verunreinigungen von Wasser, Lebensmitteln oder
­Personen. Oral und durch oro-analen Sexualkontakt.
Verlauf: Bei Erwachsenen entwickeln sich bei ca. 50–70 % der Infizierten Krankheits­
symptome (Übelkeit, Gelbfärbung der Haut, usw.). Die Entzündung wird nie chronisch
und führt immer zur lebenslangen Immunität, d.h. es ist keine Re-Infektion möglich.
Therapie: Es gibt keine akzeptierte medikamentöse antivirale Therapie.
Impfung: Die Hepatitis-A-Impfung und die kombinierte Hepatitis-A- und -B-Impfung
haben sich als sicher und wirksam erwiesen.
Hepatitis B
Virusübertragung: Durch kontaminiertes Blut, bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr, durch gemeinsamen Gebrauch von Injektionsmaterial, bei gemeinsamer Verwendung von Rasierutensilien, Zahnbürsten oder Tätowierungswerkzeugen sowie
von der infizierten Mutter zum Neugeborenen (durch Übertragung von Blut während
der Geburt sowie perkutane oder permukosale Aufnahme, d.h. durch Verletzungen in
der Haut oder Schleimhaut).
Verlauf: Symptome der akuten Hepatitis B treten bei 50–70 % der Erwachsenen auf,
wobei der Verlauf je nach Lebensalter unterschiedlich ist: bei der Geburt Infizierte
entwickeln meist eine chronische Infektion, die bei Jugendlichen und Erwachsenen
nur in 5-10 % der Fälle vorkommt, dann aber zu Leberzirrhose oder Leberkrebs führen
kann. Nur eine ausgeheilte Infektion garantiert Immunität. Ein Leberversagen ist selten (bei ca. 1 % der Fälle).
Therapie: Es existieren zwei Typen antiviraler Therapie: Behandlung mit Interferon
(Injek­tion) oder mit antiviralen Medikamenten (Tabletten). Die Indikation für die jeweilige Behandlung und die Erfolgschancen hängen vom aktuellen Immunstatus ab.
Impfung: Die Hepatitis-B-Impfung ist sicher und wirksam (Erwachsene 3, Jugendliche­­
2 Injektionen).
Hepatitis C
Virusübertragung: Hauptsächlich über kontaminiertes Blut: durch Bluttransfusionen
(vor 1990), durch verletzte Haut (perkutan) oder verletzte Schleimhaut (permukosal),
z.B. bei der gemeinsamen Verwendung von Rasierutensilien, Zahnbürsten oder Tätowierungswerkzeugen.
Verlauf: Die Infektion mit dem Hepatitis–C-Virus führt nur bei 10–20 % der Betroffenen zu einer akuten Hepatitis, d. h. die Krankheit verläuft meist ohne Symptome. Bei
70–80 % der Betroffenen kommt es zu einer chronischen Entzündung, die wiederum
bei 5–50 % der Infizierten nach 5–50 Jahren zu einer Leberzirrhose führt und bei einem
Teil von diesen zu einem Leberkrebs. Eine Re-Infektion nach durchgemachter Erkrankung oder erfolgreicher Therapie ist möglich! Die fulminante Hepatitis (schneller Verlauf bis hin zum Leberversagen) ist möglich bei einer Co-Infektion mit Hepatitis A und
Hepatitis B; sie kann durch die entsprechende Impfung verhindert werden.
Therapie: Die zurzeit akzeptierte medikamentöse antivirale Therapie ist die Kombination von Interferon (subkutan) und Ribavirin mit einer Heilungschance je nach Genotyp des Virus von 50–90 %.
Impfung: Es steht kein Impfstoff zur Verfügung.
Hepatitis D
Das Hepatitis-D-Virus kann sich nur vermehren, indem es die Hülle des Hepatitis-B-­Virus
benützt. Deshalb tritt Hepatitis D nur zusammen mit einer Hepatitis-B-Infektion auf.
Die Übertragung erfolgt wie bei Hepatitis A vor allem fäkal-oral, im Wesentlichen über
verunreinigte Nahrungsmittel und Trinkwasser.
Hepatitis E
Hepatitis E ist in der Schweiz und anderen industrialisierten Ländern selten. Es sind vor
allem Personen gefährdet, die in betroffene Gebiete in Asien oder Afrika gereist sind.
Das Hepatitis-E-Virus verhält sich ähnlich wie das Hepatitis-A-Virus und kann ähnliche
Erkrankungen verursachen. Es wird fäkal-oral übertragen und kann zu einer akuten, nie
aber zu einer chronischen Entzündung führen.
11
Tabelle: Die 5 Formen der viralen Hepatitis im Überblick
Hepatitis A
Hepatitis B
Hepatitis C
Hepatitis D
Hepatitis E
Übertragung
oral
Fäkale Verun­rei­nigungen ­von
Wasser,
Lebensmitteln,
Personen
perkutan/
permukosal
Kontaminiertes
Blut, ungeschützter
Geschlechts­verkehr,
von der Mutter
zum Neugeborenen
perkutan/
permukosal
Kontaminiertes
Blut
perkutan/
permukosal
Wie Hep B und
nur zusammen mit
einer Hep B
(Co-Infektion oder
Supra-Infektion)*
oral
Wie Hep A
Inkubationszeit
15–50 Tage
1–6 Monate
50 Tage–6 Monate
1–6 Monate
15–50 Tage
Verlauf
Symptome
bei 50–70 % der
Betroffenen
(Übelkeit usw.)
Je nach Alter sehr
unterschiedlich
Meist ohne
Symptome,
Spät­folgen sind
Leberzirrhose und
Leberkrebs
Wie Hep B
Wie Hep A;
kann bei Schwan­
geren schweren
Verlauf nehmen
Akute Hepatitis
Ja
Bei 50–70 % aller
Infektionen im
Erwachsenenalter
Selten (bei 5–10 %
der Betroffenen)
Ja
Ja
Chronische
Hepatitis
Nie
Bei 5 % der
Erwach­senen und
90 % der Kinder
bei Geburt
Bei 70–80 %
der Betroffenen
Ja
Nie
Reinfektion
Nein
Nein
Ja
Nein
Nein
VorbeugeImpfung
Ja
Ja. Erw. 3/Jugend­
liche 2 Injektionen;
schützt auch gegen
Hep D
Nein
Ja. Impfung gegen
Hep B schützt auch
gegen Hep D
Ja
Therapie
Nein
Antivirale Medi­
kamente
und Inter­feron;
unterschiedliche
Erfolgsraten < 50 %
Interferon und
Ribavirin;
50–90 % erfolgreich
Interferon und
antivirale Medi­
kamente; geringe
Erfolgsraten
Nein
* Es kann eine Infektion mit beiden Viren gleichzeitig stattfinden, oder eine Person mit Hepatitis B kann sich zusätzlich mit Hepatitis D
anstecken.
Co-Infektionen
Bei einer Co-Infektion sind gleichzeitig mehrere Krankheitserreger aktiv. Bei einer HIV/
HBV- und/oder HIV/HCV- und/oder HIV/HBV/HDV-Co-Infektion ist eine Person sowohl
mit dem HIV als auch mit dem HBV und/oder HCV und/oder HDV angesteckt. Diese
Kombinationen finden sich recht häufig, weil das HIV und einige Hepatitis-Viren auf
ähnlichen Wegen übertragen werden. Von Co-Infektionen spricht man auch, wenn
­Infektionen mit mindestens zwei Hepatitis-Erregern vorliegen, z.B. HBV/HCV. Die häufigste Co-Infektion bei Drogenkonsumierenden ist diejenige mit HIV/HCV.
1.2 Aufbau und Funktion der Leber
12
Die Leber, das grösste innere Organ des Menschen, liegt im rechten Oberbauch direkt
unter dem Zwerchfell, besteht aus einem rechten und linken Leberlappen und wiegt­
ca. 1500–2000 Gramm. Da die Leber selbst nicht schmerzempfindlich ist, werden
L­ ebererkrankungen häufig gar nicht bemerkt. Nur aussen ist das Organ von einer
schmerzempfindlichen Haut umgeben, so dass sich eine Vergrösserung (beispielsweise
auf Grund einer Entzündung) durch einen Spannungsschmerz äussert.
Die Leber ist ein sehr gut durchblutetes Organ. Obwohl sie nur etwa 4 % des Körper­
gewichts ausmacht, wird sie von 28 % des Blutflusses durchströmt und verbraucht etwa
20 % des gesamten Körpersauerstoffs. Der Blutzustrom erfolgt einerseits von den Blutgefässen, die nährstoffreiches Blut vom Darm transportieren, andererseits aus den
­Arterien des grossen Blutkreislaufs vom Herzen. Nach dem Durchströmen der Leber
gelangt das Blut beider zuführenden Systeme zurück in den grossen Kreislauf, von wo es
über das Herz in den Körper verteilt wird.
Als wichtigstes Stoffwechselorgan des menschlichen Körpers ist die Leber an einer
­Vielzahl sehr unterschiedlicher Stoffwechselprozesse beteiligt. Sie baut Nahrungsbestandteile wie Fette, Eiweisse und Zucker in Körperbausteine um, speichert wichtige
körpereigene Substanzen wie Zucker, Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe
und stellt sie anderen Organen zur Verfügung. Sie bildet neben Blutgerinnungsfaktoren
und Enzymen auch einige Hormone; darüber hinaus ist sie an der Aktivierung und am
Abbau von Hormonen beteiligt. Für die Aufnahme von Fetten aus der Nahrung produziert die Leber täglich etwa 600ml Gallensaft, der in der Gallenblase gespeichert und in
den Darm abgegeben wird. Als Entgiftungsorgan baut die Leber Giftstoffe (Alkohol!)
und Medikamente ab und scheidet sie mit der Galle aus.
Eine gesunde Leber hat zudem ein enormes Selbstheilungspotential, d. h. sie kann geschädigtes oder zerstörtes Lebergewebe rasch wieder erneuern.
1.3 Was bedeutet Hepatitis?
«Hepatitis» kommt von «hepar», dem griechischen Wort für Leber, die Endung «-itis»
steht in der medizinischen Fachsprache immer für Entzündung. Als «Hepatitis» (Mehrzahl: Hepatitiden) werden somit ganz allgemein alle Formen von Leberentzündungen
bezeichnet, womit aber noch nichts über deren Ursache oder Art ausgesagt ist.
Die Hepatitis wird oft auch als Gelbsucht bezeichnet. Dies ist irreführend, da die Gelbfärbung nur eines von mehreren Krankheitszeichen ist, das zum einen nicht bei jeder
Hepatitis auftritt und zum andern auch bei anderen Krankheiten beobachtet werden
kann.
Die verschiedenen
Krankheitsbegriffe
Akute Infektion: Befall des Körpers mit Mikroorganismen mit oder ohne Krankheitszeichen.
Akute Erkrankung (akute Hepatitis): Befall des Körpers mit Mikroorganismen mit
Krankheitszeichen/Symptomen
Chronische Infektion: Zustand nach der akuten Infektion oder Erkrankung, wenn der
Mikroorganismus dauernd (mehr als 6 Monate) im Körper bleibt; mit oder ohne
Krankheitszeichen
Chronische Erkrankung: Zustand nach der akuten Infektion oder Erkrankung, wenn
der Mikroorganismus dauernd in der Leber bleibt; mit Symptomen/Krankheits­
zeichen
13
1.4Ursachen von Hepatitiden
In den westlichen Ländern werden Hepatitiden am häufigsten durch übermässigen
­Alkoholkonsum verursacht. Alkohol hat eine direkte leberschädigende Wirkung, wobei
die Leber hauptverantwortlich für den Alkoholabbau im menschlichen Körper ist. Die
Schwellenwerte für eine Leberschädigung bei regelmässigem Alkoholkonsum liegen
beim Mann bei 40–60 g, bei der Frau bei 20 g reinem Alkohol täglich. Ein Standard-Glas
enthält 10 g reinen Alkohol, was 3 dl Bier, 1 dl Wein oder 2 cl Schnaps entspricht.
Am zweithäufigsten tritt Hepatitis als Folge einer Infektion mit Hepatitis-Viren auf. ­In
den Industrienationen hat die nichtalkoholische Leberentzündung durch Fetteinlagerung einen immer höheren Stellenwert. Hauptrisikofaktoren sind Übergewicht und
­erhöhte Blutfettwerte wegen Fehlernährung.
Seltener sind Hepatitis-Erkrankungen im Zusammenhang mit Infektionen durch andere Mikroorganismen, die insbesondere bei Menschen mit geschwächter Abwehr zu
­einer Hepatitis führen können. Dies sind z.B. das Zytomegalie-Virus (ZMV), das EpsteinBarr-Virus (EBV, Erreger der Mononukleose, d. h. des Pfeiffer’schen Drüsenfiebers), das
Varizella-Zoster-Virus (VZV, Erreger der Windpocken und der Gürtelrose) und das Herpes-Simplex-Virus (HSV). Die Leberentzündung geht in diesen Fällen meistens mit der
Entzündung anderer Organe einher. Eine solche Kombination kann bei immungeschwächten Personen (z.B. mit einer HIV-Infektion) ein bedrohliches Ausmass erreichen. Krankheitserreger wie das Gelbfieber- oder das Ebola-Virus spielen bei uns kaum
eine Rolle, können aber im Zusammenhang mit Reisen nach Afrika (Demokratische
­Republik Kongo, Kongo-Brazzaville, Sudan, Gabun, Elfenbeinküste oder Uganda) von
Bedeutung sein. Auch durch Bakterien verursachte Entzündungen wie Brucellosen
(durch Milch übertragbar), Leptospirosen (durch den Urin von Ratten übertragbar) und
Typhus führen zu einer Hepatitis. Schliesslich können auch Einzeller eine Hepatitis auslösen. In der Regel sind dabei noch weitere Organe betroffen.
Hepatitiden können in seltenen Fällen auch als medikamentöse Nebenwirkungen auftreten, wie bei Eisen- oder Kupfer-Stoffwechselstörungen oder Autoimmunvorgängen, bei denen das Immunsystem körpereigene Zellen angreift.
In diesem Manual geht es in erster Linie um Hepatitiden, die durch die Hepatitis-Viren
verursacht werden.
1.5 Verlaufsformen von Hepatitiden
14
Bei viralen Leberentzündungen unterscheidet man grundsätzlich zwischen der akuten
Infektion und der chronischen Infektion.
Die akute Infektion verläuft oft unbemerkt (asymptomatisch) oder ist mit Erschöpfung,
Übelkeit, Erbrechen, Gewichtsverlust und Schmerzen im rechten Oberbauch verbunden. In seltenen Fällen tritt auch Fieber auf. Bei etwa einem Drittel der PatientInnen
kommt es nach ungefähr einer Woche zu einer Gelbsucht mit einer Gelbverfärbung der
Augenschleimhäute (Subikterus) und der Haut (Ikterus). Diese Beschwerden klingen
meistens nach zwei bis sechs Wochen wieder ab. Selten kommt es zu einem akuten
Leberversagen mit tödlichem Ausgang (fulminanter Verlauf).
Eine Gelbfärbung der Haut entsteht durch eine Ausscheidungsstörung von Bilirubin.
Bilirubin ist ein normales Abbauprodukt des Blutfarbstoffes (Hämoglobin) und wird
normalerweise über die Leber mit der Galle in den Stuhl abgegeben. Ist die Ausschei-
dung von Bilirubin gestört, wird ein Teil davon in der Augenschleimhaut und in der Haut
abgelagert, ein weiterer Teil wird über die Nieren ausgeschieden. Als Folge davon wird
der Urin braun, der Stuhl dagegen hell, weil ihm das Bilirubin fehlt, das sonst die Braunfärbung bewirkt. Weil die Gallensäure fehlt, ist auch die Fettaufnahme durch die Darmzellen gestört, was zu Durchfall führen kann.
In dieser Phase fühlen sich die PatientInnen – obwohl sie optisch einen sehr kranken
Eindruck machen – oft bereits deutlich besser als zu Beginn der Erkrankung. Auch das
Ansteckungsrisiko (Infektiosität) lässt zu diesem Zeitpunkt nach; es ist direkt abhängig
von der Anzahl Viren im Blut beziehungsweise im Stuhl.
Die chronische Infektion (> 6 Monate) hält über Jahre an und kann zu einer Leberzirrhose
führen. Mit zunehmender Beeinträchtigung der Leberfunktion bildet die Leber Narbengewebe als Ersatz für abgestorbenes Lebergewebe. Es kann sich auch ein Leberkrebs
(Leberzellkarzinom) entwickeln.
Nur ein Teil der akuten Leberentzündungen geht jedoch in eine chronische Infektion
über. Diese ist vor allem vom Virustyp abhängig; z. B. erfolgt bei Hepatitis B bei 5–10 %
der Erwachsenen eine Chronifizierung, bei Hepatitis C bei ungefähr 70–80 %.
Chronische Verlaufsformen mit eventuellen Spätfolgen gibt es bei Infektionen mit den
Hepatitis-Viren B, C und D. Unter solchen Umständen ist es sehr wichtig, zusätzliche
schädliche Einflüsse möglichst zu vermeiden oder zu minimieren. Bei Einnahme von
­leberschädigenden Medikamenten (z.B. Paracetamol = Panadol) und insbesondere bei
Konsum von Alkohol sollte ein moderater und kontrollierter Umgang befolgt werden.
Die Befindlichkeit, die Werte der Blutuntersuchung und das Gewebsbild stimmen nicht
immer überein. So wird zum Beispiel bei der chronischen Hepatitis C hin und wieder eine
hohe Virusmenge oder Viruslast (➞ Kapitel I.2.4) gemessen, welche Ausdruck einer
­intensiven Virusvermehrung ist, ohne dass aber die Gewebsuntersuchung eine ausgeprägte Leberentzündung belegt. Weiter ist es möglich, dass Befindlichkeit und Laborwerte befriedigend sind, obwohl die Leberzirrhose fortschreitet.
Eine fortgeschrittene Leberzirrhose bedeutet eine schwerwiegende Störung der Leberfunktion. Sie kann zu Krankheitsbildern mit unterschiedlichen Symptomen führen. ­Neben
andauernder Müdigkeit, zunehmendem Verlust der Leistungsfähigkeit, Druck- und Völlegefühl im Oberbauch sowie evtl. Hautjucken, können folgende Anzeichen auftreten:
Verminderung der Muskulatur
Kleine spinnenförmige Blutgefässchen (Spider naevi) unter der Haut, vor allem im
Dekolletee
Rötung der Handinnenflächen und der Fusssohlen (Palmar- bzw. Plantarerythem)
Gelbfärbung der Haut
Verweiblichung des Mannes. Männer bilden in der Nebennierenrinde auch geringe
Mengen an weiblichen Geschlechtshormonen. Sie werden in der gesunden Leber
rasch abgebaut. In der bindegewebig umgebauten (zirrhotischen) Leber ist dieser
­Abbau aber beeinträchtigt, so dass sich allmählich wirksame Konzentrationen an
weiblichen Geschlechtshormonen ergeben. Dadurch wachsen die Brustdrüsen
­(Gynäkomastie), degenerieren die Hoden (Hodenatrophie) und die Behaarung verändert sich (Bauchglatze). In gewissen Fällen stellt sich zuerst eine Erektionsstörung
(Impotentia coeundi), später gelegentlich auch eine Fortpflanzungsunfähigkeit
­(Impotentia generandi, Infertilität) ein.
Menstruationsstörungen bei Frauen, allenfalls Ausbleiben der Menstruationsblutung
(Amenorrhö).
15
Wasserbauch (Aszites) als Folge mehrerer krankhafter Vorgänge. Weil der Fluss des
Blutes von der Pfortader durch die Leber wegen entzündlicher und bindegewebiger
Veränderungen in diesem Organ stark behindert ist, bildet sich dort ein hoher Druck
(Pfortaderhochdruck) aus. Das führt zum Auspressen von klarer Blutflüssigkeit aus
der Pfortader in die freie Bauchhöhle (Transsudation). Dieser Vorgang wird dadurch
begünstigt, dass bestimmte Bluteiweisse (Albumine) in zu geringer Menge vorhanden sind. Eine gesunde Leber bildet in ausreichender Menge Albumine, welche im
Blutgefäss Wasser an sich binden. In einem Teufelskreis spielen aber auch Steuerungsvorgänge durch Hormone mit, die zu einem Ersatz der ausgepressten Flüssigkeit im Gefässsystem führen und damit den Pfortaderhochdruck aufrechterhalten.
Der Entstehung von Pfortaderhochdruck kann medikamentös entgegengewirkt werden (Propanolol). Bestimmte Medikamente können den Pfortaderdruck leicht senken
(Betablocker und Nitrate).
Umgehungskreisläufe: Von der Pfortader führt ein sehr kleines Blutgefäss (oesophagogastrischer Übergang) unter der Schleimhaut der Speiseröhre (Oesophagus) zur
oberen Hohlvene. Bei Pfortaderhochdruck wird dieser Übergang massiv ausgedehnt
und führt so zu einer Krampfader (Oesophagus-Varize). Diese Krampfader kann platzen und zu lebensbedrohlichen Blutungen führen.
Störungen der Blutgerinnung: die Leber ist nicht mehr im Stand, genügend Gerinnungsfaktoren zu bilden. Zudem führt der Pfortaderhochruck zu einer Schwellung
der Milz, wo die Blutplättchen beschleunigt abgebaut werden. Folge davon ist, dass
die Blutplättchen zunehmend fehlen. Die beiden Faktoren – Mangel an Gerinnungsfaktoren und Absinken der Zahl von Blutplättchen – erhöhen das Risiko von Blutungen.
Hepatitische Enzephalopathie (Erkrankung des Gehirns): Psychische Störungen können bei einigen PatientInnen mit Pfortaderhochdruck auftreten. Bei wenigen ent­
wickelt sich eine hepatitische Enzephalopathie aufgrund einer wesentlichen Beeinträchtigung der Leberfunktion. Stoffe, die von Darmzellen aufgenommen werden,
können von der kranken Leber nicht mehr um- und abgebaut werden oder gelangen
von der Pfortader über Umgehungskreisläufe direkt in den Kreislauf, statt in der ­Leber
verarbeitet zu werden. Von besonderer Bedeutung ist dabei Ammoniak, das bei der
Zersetzung von Eiweissen durch Bakterien im Darm entsteht und in der gesunden
Leber zu Harnstoff umgebaut wird. Ammoniak erhöht unter anderem die Durch­
lässigkeit der Hirngefässe, so dass Blutflüssigkeit ins Gehirn austritt. Dies ist die
Hauptursache für den raschen Tod bei Leberversagen. Ein chronischer Verlauf führt
unter anderem zu einem allmählichen Absterben von Nervenzellen (Hirnatrophie)
mit zunehmend ausgeprägteren Störungen. Nach Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörungen folgen Schlafstörungen sowie Unruhe und Desorientierung. Der
­Beeinträchtigung der Feinmotorik, die sich unter anderem in einer Veränderung des
Schriftbildes zeigt, folgen Artikulationsprobleme, Gehunsicherheit, unwillkürliche
rhythmische Augenbewegungen und der Ausfall von Reflexen.
Die Therapie hat zum Ziel, insbesondere den Anfall von Ammoniak zu vermindern.
Das wird durch Reduktion der Eiweisszufuhr, regelmässige Darmentleerung (z.B. mit
Lactulose) und Verminderung der Bakterien im Darm durch eine Behandlung mit
­Antibiotika erreicht. Bei chronischen Verlaufsformen kommen Besserungen vor, auf
längere Zeit ist die Prognose aber eher ungünstig. Blutungen im Magen-Darm-­
Bereich, insbesondere aus den Krampfadern der Speiseröhre, können eine Hepatische
Enzephalopathie rasch verschlechtern.
16
Zu beachten: nur ein Teil der Infektionen mit Hepatitis-Viren werden chronisch, und­
bei chronischem Verlauf müssen nicht alle diese Symptome und Begleiterscheinungen
auftreten.
Die fünf Hepatitis-Viren
1.6 Hepatitis-Viren
Viren können nur ganz bestimmte Wirtsorganismen befallen, die an der der Oberfläche
ihrer Zellen Eigenschaften aufweisen, die dem Virus ein Andocken ermöglichen. Hepatitis-Viren brauchen als Wirt die menschliche Leberzelle. Bei der Infektion wird das Viruserbgut in die Zelle eingeschleust. Es beeinflusst den Stoffwechsel der Leberzelle so,
dass neue Viren hergestellt werden.
Wie im Einzelnen bei Infektionen durch Hepatitis-Viren Schäden entstehen, ist noch
nicht für alle der bisher bekannten Erreger geklärt. Die Hepatitis-Viren A, B, C, D und E
unterscheiden sich in wesentlichen Aspekten, wie der genetischen Struktur, der Übertragungswege, der Gefährlichkeit oder der Behandelbarkeit.
1.7 Hepatitis A
Virusübertragung
Das Hepatitis-A-Virus (HAV) wird fäkal-oral übertragen. Die Viren kommen in den Fäkalien der Infizierten vor und die orale Ansteckung erfolgt z.B. durch oral-anale Sexualpraktiken, verschmutzte Sex-Toys und Joints wie auch über Nahrungsmittel, Getränke,
kontaminierte Gegenstände oder Körperteile. Während der Inkubationszeit, d.h. der
Zeitspanne zwischen der Infektion mit dem Virus und dem Ausbruch der Krankheit (bei
Hepatitis A durchschnittlich 25–30 Tage), ist das Virus auch kurze Zeit im Blut nachweisbar, ­weshalb in sehr seltenen Fällen auch eine Übertragung auf dem Blutweg möglich
ist. Eine infizierte Person ist von der zweiten Hälfte der Inkubationszeit an (also vor
Krankheitsausbruch) bis zu einer Woche nach Krankheitsausbruch ansteckend.
Heute erfolgt die Ansteckung am häufigsten bei Reisen in Länder mit niedrigem Hygienestandard. Deshalb spricht man bei der Hepatitis A auch oft von der Reise-Hepatitis.
Infektionsverlauf
Die Inkubationszeit beträgt 15–50 Tage (Mittelwert 25–30 Tage). Die Infektion verläuft
bei Kleinkindern meist ohne Symptome, nur bei unter 5 % entwickelt sich eine akute
Hepatitis. Bei Erwachsenen entwickeln sich dagegen bei ca. 50–70 % der Infizierten
Krankheitssymptome (Übelkeit usw.). Eine fulminante Hepatitis (schneller Verlauf bis
hin zum Leberversagen) ist bei einer reinen HAV-Infektion selten (0,1 %), in Kombination
mit einer anderen Form der Hepatitis jedoch häufiger.
Die Infektion wird nie chronisch und führt immer zur lebenslangen Immunität.
Diagnose
Der Nachweis von Antikörpern gegen das Hepatitis-A-Virus erlaubt die Unterscheidung
zwischen einer frischen Infektion (Nachweis von Immunoglobulin vom Typ M; IGM) und
einer Immunität (Nachweis von Immunoglobulin vom Typ G; IGG). Die IGM-Antikörper
können 5–10 Tage nach der Ansteckung (also vor der Entwicklung von Symptomen) und
dann noch während ca. 4–6 Monaten nachgewiesen werden.
17
Vorkommen
Gemäss den Meldungen an das Bundesamt für Gesundheit (BAG) traten in den Jahren
bis 2000 jährlich 250–350 Fälle von akuter Hepatitis A auf. Seit 2001 sind es weniger als
200 Fälle pro Jahr.
Weil nur ein Teil der infizierten Personen akut erkrankt, liegt die Zahl der jährlichen
­Neuinfektionen um 2–4 mal höher als die Zahl der Fälle von akuter Hepatitis A. Häufig
waren früher injizierende Drogenkonsumierende betroffen; die Zahlen für diese Personengruppe sind in letzter Zeit etwas zurückgegangen. Heute stecken sich hauptsächlich
Reisende in Hochrisiko-Regionen (Asien, Afrika, Mittel- und Südamerika) an.
Therapie
Es gibt keine akzeptierte medikamentöse antivirale Therapie.
Impfung
Wer gegen Hepatitis A geimpft ist (2 Dosen, bei der kombinierten Impfung A/B: 3 Dosen),
ist über mehrere Jahre, wahrscheinlich aber jahrzehntelang geschützt. Der Impfschutz
tritt ca. 10–14 Tage nach der ersten Impfdosis (aktive Immunisierung) ein.
Neben der aktiven Immunisierung gibt es die passive Immunisierung. Dabei wird Serum
(Immunoglobuline) mit schützenden Antikörpern gespritzt. Die Wirkungsdauer beträgt
aber nur wenige Monate. Die Verabreichung von Immunoglobulin innerhalb von 7 Tagen
nach dem Kontakt mit einer angesteckten Person kann den Ausbruch der Krankheit in
85 % der Fälle verhindern. Nach einer möglichen Risikosituation wird heutzutage die
Impfung innerhalb der ersten 7 Tage empfohlen und der passiven Immunisierung vorgezogen. Die 1992 eingeführte Hepatitis-A-Impfung resp. die 1997 eingeführte kombinierte Hepatitis-A- und -B-Impfung haben sich als hochwirksam und sicher erwiesen.
Bei Drogenkonsumierenden soll geimpft werden, wer HAV-Ak (Hepatitis-A-Virus-Antikörper) negativ ist. Dies gilt auch für Personal, das in engem Kontakt mit Drogenkonsumierenden steht.
Prävention durch
Hygiene
Gefahr besteht vor allem bei Reisen in Risikoländer. Dort gelten folgende Regeln, um
den Kontakt mit infiziertem Kot und verunreinigtem Wasser zu vermeiden:
Nur Getränke in Flaschen konsumieren, keine Eiswürfel und kein Speiseeis, nur selbst
geschälte Früchte essen, Vorsicht beim Verzehr von Salat und rohen Meeresfrüchten.
Hände ­öfters als zu Hause mit Seife waschen, insbesondere auch nach jedem Toilettengang. Das Virus kann sehr lange überleben. Das Kochen von potentiell kontaminierten
Gegenständen (20 Minuten bei 85-90° oder 90 Sekunden im Dampf) und bei Lebens­
mitteln ­(4 Minuten bei 85–90°) tötet das Virus ab.
1.8 Hepatitis B
Virusübertragung
18
Das Hepatitis-B-Virus (HBV) wird durch kontaminiertes Blut und Genitalsekret (Sperma
und Vaginalschleim) übertragen. Dies geschieht vor allem bei ungeschütztem oro-genitalem oder analem Geschlechtsverkehr, durch gemeinsamen Gebrauch von Injektionsmaterial, bei gemeinsamer Benützung von Rasierutensilien, Zahnbürsten und Werkzeugen für Tätowierungen. Eine Übertragung ist auch bei der Geburt von der infizierten
Mutter zum Neugeborenen möglich. Nur noch sehr selten ist die Ansteckung über Bluttransfusionen, die in der Schweiz seit Jahrzehnten auf Hepatitis-B-Viren (HBs-Antigen)
getestet werden.
Kontaminiertes Blut oder Sekrete gelangen durch einen Stich, eine Wunde oder über die
Schleimhäute (ungeschützte Sexualkontakte) in den Blutkreislauf. Eine infizierte Person
ist bereits mehrere Wochen vor Ausbruch der Krankheit ansteckend und bleibt es
­ ährend deren ganzer Dauer. Je mehr Viren im Blut vorhanden sind, desto ansteckenw
der ist der Träger oder die Trägerin.
Infektionsverlauf
Die Inkubationszeit beträgt 1–6 Monate (Mittelwert 60–90 Tage). Die Infektion führt je
nach Alter zu unterschiedlicher Symptomatik (akute Hepatitis B) und zu unterschiedlichem chronischen Verlauf mit entsprechenden Folgen.
Bei Säuglingen (Übertragung durch die Mutter) und Kleinkindern führt eine Infektion
kaum je zur akuten Erkrankung, wird aber in 70–90 % chronisch.
Infektionen bei Jugendlichen und Erwachsenen haben in 20–50 % der Fälle eine akute
Hepatitis zur Folge und werden bei 5–10 % chronisch, unabhängig davon, ob eine akute
Erkrankung auftrat oder nicht.
Nach einer Infektionsdauer von 5–50 Jahren kann in 10–40 % der Fälle eine chronische
Hepatitiserkrankung verbunden mit einer Leberzirrhose und einem Leberzellkarzinom
auftreten.
Diagnose
Es gibt sieben Laboruntersuchungen für den Nachweis von Antikörpern, von Virus-­
Eiweissen, in erster Linie desjenigen der Hülle des HBsAg, sowie von viralem Erbgut.
Dabei kann zwischen Neuinfektion, chronischer Infektion und Immunität unterschieden ­werden. Die Laboruntersuchungen zeigen, ob die Immunität durch eine Impfung
oder aufgrund einer durchgemachten Erkrankung entstanden ist. Der HBsAg-Test zeigt
frühestens 2, in der Regel aber 5–9 Wochen nach der Infektion positiv an (also vor dem
Auftreten von Symptomen), in seltenen Fällen erst nach 6–9 Monaten.
Vorkommen
Dem BAG wurden zwischen 1988–1995 jährlich 350–500 Fälle von akuter Hepatitis B
gemeldet, in den Jahren 1996–2000 noch 200–250 Fälle. Seit 2000 sind es weniger als
200 Fälle jährlich, wobei es sich bei rund 70 % um Männer im Alter von 25 bis 29 Jahren
handelt. Nur ein Teil der infizierten Personen erkrankt akut und wird damit dem BAG
gemeldet. Schätzungen gehen davon aus, dass die Zahl der unbekannten Neuinfektionen um 4 –10 mal höher ist (500–1000 Personen pro Jahr).
Während früher der intravenöse Drogenkonsum der häufigste Grund für eine Infektion
war, sind es heute ungeschützte Sexualkontakte (hetero- und homosexuell). Schon ein
einzelner Sexualkontakt kann zu einer Infektion führen. Nach Schätzungen leiden in der
Schweiz ca. 20 000 Menschen (1 Person auf 200–400 Einwohner) an einer chronischen
Hepatitis-B-Erkrankung. Ein Grossteil davon lebt ohne Symptome, eine kleinere Anzahl
leidet an einer Leberzirrhose oder an einem Leberkrebs.
Therapie
In der Regel werden PatientInnen mit chronischer Hepatitis B medikamentös behandelt. Zur Therapie stehen zwei Typen von antiviralen Substanzen zur Verfügung. Einerseits pegyliertes Interferon (als subkutane Injektion, einmal pro Woche, für die Dauer
eines Jahres) und andererseits orale antivirale Medikamente. Die Indikation wird von
erfahrenen SpezialärztInnen (Infektiologie, Gastroenterologie, Hepatologie oder
­InternistInnen) gestellt. Die Behandlung erfordert eine engmaschige Überwachung.­
Die Wahrscheinlichkeit, eine Hepatitis B komplett zu heilen, ist deutlich geringer als
bei ­einer Hepatitis C; sie liegt bei ca. 20–30 %. Wo die komplette Heilung nicht gelingt, ist
es das Ziel, die Viruslast im Blut zu senken. Dadurch werden der Entzündungsprozess
in der Leber und die damit verbundene Leberschädigung gestoppt. Dieses Therapieziel
wird bei praktisch 100 % der PatientInnen erreicht. Zu erwähnen ist, dass es auch
PatientInnen gibt, welche Hepatitis-B-Viren im Blut aufweisen, aber keine Zeichen einer Entzündung der Leber zeigen. Diese PatientInnen haben keine chronische
19
Hepatitis B, sondern sie werden als inaktive Hepatitis-B–Oberflächen-Antigen-positive
(HBsAg+) TrägerInnen bezeichnet, die in der Regel nicht medikamentös behandelt
­werden müssen.
Impfung
Die Hepatitis-B-Impfung ist hochwirksam und sicher. Kinder und Erwachsene erhalten
3 Injektionen, Jugendliche 2 Injektionen mit einer Dosierung für Erwachsene. Dasselbe
gilt für die kombinierte Impfung A + B bei Kindern. Es gibt zugelassene Kombinationsimpfstoffe, z.B. gegen Hepatitis A und B, aber auch Kombinationen gegen Hepatitis B
und andere Krankheitserreger.
Seit 1982 wird die Hepatitis-B-Impfung für alle Risikogruppen empfohlen, und seit 1998
werden generelle Impfaktionen für alle 11- bis 15-jährige Jugendliche in der Schweiz
durchgeführt.
Drogenkonsumierende sollten immer zu einer Impfung motiviert werden. Da diese vielfach Abklärungen oder Behandlungen abbrechen, ist beim Erstkontakt präventiv eine
erste Impfdosis zu verabreichen, auch ohne dass Laborresultate vorliegen. Bei positiven
antiHBc-Werten, hat sich die Person schon angesteckt, und es ist keine Impfung mehr
notwendig.
Personal, das beruflich mit Drogenkonsumierenden in Kontakt steht, sollte ebenfalls
gegen Hepatitis B geimpft werden. Bei Risikosituationen kann die Verabreichung des
Impfstoffes und der Immunglobuline (aktive und passive Impfung) innerhalb von 24–48
Stunden nach einem Blutkontakt mit kontaminiertem Blut vor der Krankheit schützen
(➞ Kapitel II.1.7, Post-Expositions-Prophylaxe).
20
Testungen im
Blutspendewesen
Seit 1980 werden in der Schweiz alle Blutspenden und Blutprodukte auf HBsAg getestet. Seither gibt es kaum mehr transfusionsbedingte Infektionen. Aufgrund des so genannten diagnostischen Fensters liegt das Restrisiko pro Spende bei 1:300 000. Bei einer
mit Hepatitis B angesteckten Person kann das HBs-Antigen erst nach einigen Tagen
nachgewiesen werden.
Testung von
Schwangeren
Seit 1985 beschränkt und seit 1996 unbeschränkt gilt in der Schweiz die Empfehlung,
alle schwangeren Frauen auf das HBs-Antigen zu testen, mit unmittelbarer Impfung
(und passiver Immunisation) des Neugeborenen, falls die Mutter infiziert ist.
Prävention
durch Hygiene
Die Regeln des Safer Sex (die auch zur Vorbeugung von HIV-Infektionen gelten) sind
strikte zu beachten. Ebenso gilt: kein gemeinsamer Gebrauch und Tausch von potenziell
infizierten Spritzen und Injektionsmaterialien. Weiter sind Verletzungen mit stechenden und schneidenden Geräten zu vermeiden. Dies gilt vor allem beim Drogenkonsum,
aber auch bei Tätowierungen, Piercing und insbesondere bei Gesundheitskuren unter
ungenügenden Hygieneverhältnissen, bei denen Substanzen injiziert werden.
Das Virus kann in der Umwelt bei Raumtemperatur während mindestens einer Woche
überleben. Kontaminierte Gegenstände müssen deshalb sorgsam gewaschen werden,
und potentiell kontaminierte Gegenstände sollten nicht gemeinsam benutzt werden
(Zahnbürsten, Rasierer, Nagelscheren, Maniküreinstrumente usw.).
1.9 Hepatitis C
Virusübertragung
Das Hepatitis-C-Virus (HCV) wird am häufigsten durch kontaminiertes Blut übertragen,
das durch eine Haut- oder Schleimhautverletzung in den Körper eindringt. In den meisten Fällen erfolgt eine Ansteckung beim gemeinsamen Gebrauch von Injektionsmaterial bei intravenösem Drogenkonsum, seltener beim Tätowieren und ausnahmsweise
beim gemeinsamen Gebrauch von Rasierern und Zahnbürsten. Die Hepatitis C gehört
im ­Gegensatz zur Hepatitis B nicht zu den sexuell übertragbaren Erkrankungen. Eine
Übertragung kann bei der Geburt von der Mutter zum Neugeborenen erfolgen, mit
einer Wahrscheinlichkeit von ca. 5 %. Das Risiko, über eine Bluttransfusion angesteckt
zu werden, ist in der Schweiz – anders als in wirtschaftlich wenig entwickelten Ländern
– kaum vorhanden. Die Mehrzahl der infizierten Personen und Nichtbehandelten sind
nach Auftreten der Krankheit innerhalb einer oder mehreren Wochen ansteckend.
Testungen im
Blutspendewesen
1990 wurde in der Schweiz die Testung aller Blutspenden und Blutprodukte auf AntiHCV eingeführt, seit 1999 steht die hochsensible PCR-Methode (➞ unten: Diagnose) zur
Verfügung. Das aktuelle Restrisiko für eine Ansteckung durch eine Transfusion liegt bei
1:1,4 Millionen pro Transfusion. Das entspricht ca. einem Fall innerhalb von 5–10 Jahren
bei Blutspenden unmittelbar nach der Infektion, wenn die PCR-Werte noch ­negativ sind
(diagnostisches Fenster).
Infektionsverlauf
Die Inkubationszeit beträgt zwischen 20 Tagen und 6 Monaten. Die Infektion mit dem
Hepatitis-C-Virus verläuft meist ohne Symptome und führt nur bei 10–20 % der Personen zu einer akuten Hepatitis. Sie führt aber in über 70–80 % zu einer chronischen Infektion und in 5–50 Jahren bei 5–50 % der Infizierten zu einer chronischen Hepatitis. Ein Teil
der Infizierten leidet an einer Leberzirrhose oder an einem Leberzellkarzinom.
Diagnose
Als erstes wird das Blut auf das Vorhandensein von Antikörpern gegen das Hepatitis-CVirus getestet (Screening-Test). Ein positives Ergebnis muss durch eine spezifischere
Methode bestätigt werden (Bestätigungstest). Die Diagnose ist nur gesichert, wenn
auch dieser Test ein positives Resultat aufweist. Der Antikörpertest zeigt innerhalb­
von 15 Wochen (im Durchschnitt 7–8 Wochen) nach der Infektion oder innerhalb von­
6 Wochen nach dem Ausbruch der Symptome positiv an. Mit der PCR-Methode (Polymerase-Kettenreaktion) kann das Erbgut des Virus im Unterschied zum Antikörpertest
schon 1–3 Wochen nach der Infektion festgestellt werden. Die PCR muss also bei Verdacht auf eine akute oder chronische Infektion auch bei negativem Antikörpertest
durchgeführt werden.
Vorkommen
Nach Labormeldungen des BAG und durch ÄrztInnen stagnierten die Fallzahlen von
Personen mit akuter Hepatitis C von 1992 bis 2000 bei 50–65 pro Jahr. Ab 2000 wurde
eine Zunahme auf ca. 80–90 Fälle pro Jahr beobachtet; 2002 traten sogar 133 Fälle auf,
die unter anderem auf eine Hepatitis-C-Kampagne zurückzuführen sind (mehr Tests bei
Drogenkonsumierenden). Im Jahre 2003 sanken die Fallzahlen auf 90. Diese Tendenz
wird auch durch die Zahlen aus dem Jahr 2006 mit 65 Fällen gestützt.
Wie bei Hepatitis A und B ist auch bei der Hepatitis C, bei der nur ein Teil der Infizierten
Symptome entwickelt, davon auszugehen, dass die Zahl der Neuinfektionen um ein 5- bis
10-faches höher ist. Schätzungen gehen von 300–1000 Neuansteckungen pro Jahr aus.
Seit den 80er Jahren sind hauptsächlich intravenös Drogenkonsumierende von Neu­
infektionen betroffen (Anteil: 60–80 %). 60 % davon sind Männer, die meisten im Alter
21
zwischen 25 und 29 Jahren. Allerdings gibt es noch viele Personen mit chronischen
­Infektionen, die sich vor der Einführung der entsprechenden Antikörpertests bei Bluttransfusionen angesteckt haben.
Chronische Infektion
Die HCV-Infektion verläuft in vielen Fällen über Jahre bis Jahrzehnte hinaus ohne klinische Symptome. Das lässt den Schluss zu, dass nur rund die Hälfte der auf 50 000–70 000
geschätzten infizierten Personen von ihrer Ansteckung wissen.
Therapie
Die zurzeit akzeptierte medikamentöse antivirale Therapie ist die Kombination von
­pegyliertem Interferon (Injektion) und Ribavirin. Die Heilungschancen liegen bei 50–90 %,
wenn mit der Therapie möglichst früh, sicher aber vor der Bildung einer Zirrhose,
­begonnen wird. Der Therapieerfolg hängt massgeblich vom Virustyp (Genotyp) ab:
­PatientInnen mit Genotyp 1 und 4 werden in ca. 50 % der Fälle durch eine 48 Wochen
dauernde Therapie geheilt. PatientInnen mit Genotyp 2 oder 3 müssen nur 24 Wochen
behandelt werden und können mit ca. 85 % Heilungswahrscheinlichkeit rechnen. Die
wichtigsten Nebenwirkungen der Therapie sind Müdigkeit, Fieber, Muskel- und Gelenkschmerzen, Veränderungen des Blutbildes und depressive Verstimmungen. Die Behandlung muss deshalb engmaschig überwacht werden. Wie für Hepatitis B, gilt auch für
Hepatitis C, dass PatientInnen mit fortgeschrittenem Leberversagen im Hinblick auf
eine mögliche Lebertransplantation evaluiert werden sollten. Dies geschieht in der
­Regel in einem universitären Zentrum.
Prävention
durch Hygiene
Infektionen über potenziell kontaminierte Utensilien (Spritzen, Nadeln, Löffel, Filter,
Wasser), die beim Drogenkonsum gemeinsam benutzt werden, müssen verhindert
werden, ebenso Infektionen mit anderen stechenden oder schneidenden Geräten. Dies
ist besonders wichtig beim Drogenkonsum, aber auch bei Tätowierungen, Piercing und
insbesondere bei Gesundheitskuren unter ungenügenden Hygieneverhältnissen, bei
denen Substanzen injiziert werden.
Die wichtigsten Massnahmen sind die 24-stündige Verfügbarkeit von kostenlosem
­sterilem Injektionsmaterial für Drogenkonsumierende sowie das Respektieren aller
Safer-Use-Regeln beim Drogenkonsum.
Die Überlebensdauer des Hepatitis-C-Virus in der Umwelt wird auf mehrere Tage geschätzt. Deshalb sind Gegenstände im Zweifelsfall als kontaminiert zu betrachten und
entsprechend zu behandeln (➞ Kapitel II.2, Konsumregeln).
1.10 Hepatitis D
Das Hepatitis-D-Virus (HDV) kann sich nur vermehren, indem es die Hülle des HepatitisB-­Virus benützt. Bei einer Hepatits D besteht also gleichzeitig immer auch eine Hepatitis-B-Infektion.
Die Inkubationszeit beträgt 1–6 Monate. Die Impfung gegen Hepatitis B schützt auch
vor Hepatitis D. Die Erkrankung ist in der Schweiz selten, spielt allerdings im Zusammenhang mit Co-Infektionen eine Rolle.
22
1.11 Hepatitis E
Das Hepatitis-E-Virus (HEV) wird fäkal-oral über­tragen. Die Inkubationszeit beträgt­
2 bis 8 Wochen. Das Virus verhält sich ungefähr wie das Hepatitis-A-Virus und kann zu
ähnlichen Krankheitsbildern und zu einer akuten ­Erkrankung führen; die Infektion wird
aber nie chronisch. Bei schwangeren Frauen kann die Erkrankung gravierende Folgen
haben.
In den letzten Jahren ist es vor allem in Ländern mit niedrigem Hygienestandard zu
Hepatitis-E-Epidemien gekommen. In der Schweiz traten bis jetzt kaum Krankheits­fälle
auf.
Co-Infektionen
1.12 Was sind Co-Infektionen?
Bei einer Co-Infektion sind gleichzeitig mehrere Krankheitserreger aktiv. Wenn man von
einer HIV/HBV- und/oder HIV/HCV- und/oder HIV/HDV-Co-Infektion spricht, meint man
also, dass ein Mensch sowohl mit dem HIV als auch mit dem HBV und/oder HCV und/
oder HDV angesteckt ist. Die HIV/HCV-Co-Infektion findet sich bei Drogenkonsumierenden recht häufig, die übrigen Konstellationen sind selten. Grundsätzlich können alle
Erkrankungen, die mit einer Schwächung des Immunsystems einhergehen, den Verlauf
einer Infektionskrankheit ungünstig beeinflussen.
1.13 Co-Infektionen mit HIV
HIV ist das Virus, das zu Aids führen kann. Der CD4-Wert ist die Anzahl bestimmter
­Helferzellen im Blut. Im Verlauf der unbehandelten HIV-Infektion nimmt die Anzahl­
der CD4-Helferzellen im Blut ständig ab. Je weniger CD4-Zellen im Blut vorhanden sind,
desto stärker ist das Immunsystem geschädigt.
Eine HIV-Infektion ist nicht heilbar. Mit antiretroviralen Therapien kann die Infektion
aber über lange Zeit unter Kontrolle gehalten und das Fortschreiten des durch das HIV
verursachten Immundefekts verhindert werden. Dies hat zu einer deutlichen Ver­bes­
serung von Lebensqualität und Lebenserwartung bei den Betroffenen geführt. Das
­HI-Virus selbst und die Medikamente der HIV-Therapie verursachen über die Jahre eine
grosse Belastung der Leber. Folge davon ist, dass heute Leberversagen eine der häufigsten Todesursachen bei HIV-PatientInnen ist. Oft sind in solchen Situationen auch noch
virale Hepatitiden im Spiel.
Von erheblicher Bedeutung bei Menschen mit einer HIV-Infektion ist die Frage, welche
Impfungen nötig sind. Grundsätzlich sollten sie ihren Impfschutz schon früh aufbauen
und erhalten. Falls die Untersuchungen des Blutserums keine HAV- und HBV-Anste­ck­ung nachweisen, sind Impfungen gegen Hepatitis A und/oder Hepatitis B indiziert.
Wenn im Zusammenhang mit der HIV-Infektion eine Immunschwäche vorliegt, ist der
Impferfolg geringer als sonst, d.h. das Immunsystem ist oftmals unter diesen Bedingungen nicht mehr in der Lage, genügend schützende Antikörper aufzubauen. Aus
23
­ iesem Grund muss bei vorliegender HIV-Erkrankung möglichst früh geimpft werden,
d
bevor das Immunsystem weiter geschwächt wird. Die aktiven Impfungen gegen Hepatitis A und B sind auch bei Vorliegen einer Immunschwäche unbedenklich, da sowohl bei
der aktiven Impfung gegen Hepatitis A als auch bei jener gegen Hepatitis B Totimpfstoffe verwendet werden, die aus inaktivierten HAV beziehungsweise gentechnisch
hergestellten Bestandteilen des HBV (HBs-Antigenen) bestehen.
Die Impfungen verursachen keine stärkeren Nebenwirkungen als im Normalfall, und
der Verlauf der HIV-Infektion wird nicht ungünstig beeinflusst, obschon kurzfristig ein
erhöhter HI-Viral-Load (Viruslast) im Blutplasma zu beobachten ist.
Die HIV/HCV-Co-Infektion ist bei Drogenkonsumierenden von Bedeutung, weil beide
Infektionen über kontaminiertes Blut erfolgen. Ungefähr 90 % aller HIV-positiven
Drogen­konsumierenden sind auch Träger des Hepatitis-C-Virus. Die zwei Infektionskrankheiten beeinflussen sich im Verlauf und in der Behandlungschance gegenseitig
­negativ. Eine Co-Infektion mit einer chronischen Hepatitis ist prognostisch ungünstig.
Lässt sich die chronische Hepatitis nicht behandeln, kann sie die Lebensqualität stark
beeinträchtigen.
Eine chronische Hepatitis C bei Menschen mit einer HIV-Infektion kann mit pegyliertem
Interferon und Ribavirin behandelt werden. Bei der Behandlung von HIV/HBV-Co-Infektionen sind z. T. die gleichen antiviralen Medikamente wirksam.
1.14 HIV und Hepatitis A
Hepatitis A verläuft nicht als chronische Infektion und hat somit als Co-Infektion mit
HIV nur bei Lebervorgeschädigten eine Bedeutung. Es besteht dabei die Gefahr eines
fulminanten Verlaufes der Hepatitis. Zudem ist im Unterschied zu Hepatitis B und C der
Infektionsweg von Hepatitis A nicht derselbe wie bei HIV (vorwiegend fäko-oral). Hepatitis A ist nicht therapierbar, als einzige Massnahme sollten sich HIV-PatientInnen gegen Hepatitis A impfen lassen.
1.15 HIV und Hepatitis B
Diese Co-Infektion ist ebenso wie eine chronische Hepatitis B bei Drogenkonsumierenden viel seltener zu beobachten als eine chronische Hepatitis C. Bei Personen mit einer
HIV-Infektion und fortgeschrittener Immunschwäche verläuft eine Hepatitis B häufiger
(bei ca. 25 % der Betroffenen) chronisch.
24
Die Co-Infektion mit HIV verschlechtert den Verlauf einer Hepatitis B-Infektion. Dabei
wird die Progression der Lebererkrankung beschleunigt und die Gefahr eines Leber­
versagens ist höher als bei einer alleinigen HBV-Infektion. Die langjährige Einnahme von
HIV-Medikamenten (Triple-Therapie) belastet die Leber bei HBV/HIV-Co-Infizierten
stärker, so dass bei diesen Personen eine medikamentöse Unterdrückung des Hepatitis-B-Virus besonders angezeigt ist.
Einzelne Stoffe einer Kombinationsbehandlung gegen HIV wirken auch gegen das Hepatitis-B-Virus. Eine HIV/HBV-Co-Infektion wird mit antiviralen Medikamenten (3TC,
FTC, Tenofovir) behandelt, die gegen beide Viren wirksam sind. So wird Lamivudin (3TC)
in beiden Therapien und vor allem auch bei Co-Infizierten eingesetzt. Beide Viren sind
aber auch in der Lage, Resistenzen gegen diese Substanz zu bilden. Auch Tenofovir wirkt
gegen HBV und HIV, ist zur Zeit aber nur in der HIV-Behandlung zugelassen. Liegen keine
Resistenzen gegen die beiden Substanzen vor, werden diese in HIV-Therapien bei HIV/
HBV-Co-Infizierten bevorzugt verwendet.
Ziel der HIV- und HBV-Therapien ist es, die Viren möglichst zu unterdrücken. Die Folge
davon sind langjährige Behandlungen. Das hauptsächliche Problem ist dabei die Entwicklung von Resistenzen, insbesondere bei der Hepatitis-B-Therapie.
Menschen mit einer HIV-Infektion, die noch nie eine akute Hepatitis B durchgemacht
haben oder nicht an einer chronischen Hepatitis B leiden, wird dringend empfohlen, sich
gegen das Hepatitis-B-Virus aktiv impfen zu lassen.
1.16 HIV und Hepatitis B/D
Der Verlauf der Hepatitis B bestimmt den Verlauf der Hepatitis D. Aus diesem Grund
kommt es bei Menschen mit einer HIV-Infektion, insbesondere bei fortgeschrittener
Immunschwäche, gehäuft zu chronischen Verläufen der Hepatitis D. Die chronische Hepatitis D scheint schwerer zu verlaufen, wenn gleichzeitig eine HIV-Infektion vorliegt.
1.17 HIV und Hepatitis C
Diese Co-Infektion tritt am häufigsten bei Drogenkonsumierenden auf und sollte so
früh als möglich behandelt werden.
Eine chronische Hepatitis C bei Menschen mit einer HIV-Infektion kann mit pegyliertem
Interferon und Ribavirin behandelt werden. Die Behandlung der Hepatitis C bei Personen
mit HIV wird durch die ungünstige gegenseitige Beeinflussung der beiden ­Infek­tionen
erschwert. Bei Menschen mit einer HIV-Infektion verläuft eine chronische Hepatitis C
rascher und führt häufiger zu einem Leberversagen als bei Personen ohne HIV-Infektion.
Im Zeitalter der modernen HIV-Behandlungen sterben in den industrialisierten Ländern
nur noch wenige Menschen an einer HIV-Infektion; unter diesen ist ein Leberversagen
infolge der HCV-Infektion eine der häufigsten Todesursachen. Je fort­geschrittener die
Lebervernarbung ist, umso kleiner sind die Erfolgsaussichten der ­Hepatitis-C-Therapie.
Daher ist eine Hepatitis-C-Behandlung so früh als möglich anzustreben.
Die Erfolgsaussicht einer Hepatitis-C-Behandlung bei HIV-infizierten Personen liegt
zwischen 40 und 80 %, je nach Hepatitis-C-Genotyp. Dies sind etwas tiefere Heilungschancen als bei Personen ohne HIV-Infektion.
Menschen mit einer fortgeschrittenen HIV-Infektion haben einen höheren HC-ViralLoad als solche ohne HIV-Infektion. Man muss im Hinblick auf das Hepatitis-C-Virus also
vermutlich von einer höheren Infektiosität (Ansteckungsfähigkeit) ausgehen. Das äussert sich unter anderem auch darin, dass das HCV wesentlich häufiger von einer Mutter
mit einer HIV-Infektion auf ihr Neugeborenes übertragen wird als von einer Mutter
ohne HIV-Infektion.
Bei HIV-infizierten Drogenkonsumierenden genügt ein einmaliger negativer Anti­
körpertest nicht zum Ausschluss einer Hepatitis C, da in etwa 10 % der Fälle ein Mangel
an Antikörpern gegen das Virus besteht. Es drängt sich dann die Bestimmung der
­Hepatitis-C-RNA (PCR) auf (➞ Kapitel I.2.4).
25
1.18 Hepatitis A und Hepatitis C
Dem Risiko einer Co-Infektion kann mit einer aktiven Impfung gegen das Hepatitis-AVirus begegnet werden.
Eine HAV/HCV-Co-Infektion kommt durch eine Hepatitis A bei vorliegender chronischer
Hepatitis C zustande. Die umgekehrte Situation ist nicht möglich, da die Hepatitis A
nicht chronisch verläuft. Eine solche «Superinfektion» von Hepatitis A bei chronischer
Hepatitis C kann zu einer akuten, gefährlich verlaufenden Hepatitis mit Leberversagen
führen. Eine spezifische Therapiemöglichkeit besteht nicht. Präventiv ist die HepatitisA- und -B-Impfung bei allen PatientInnen mit Hepatitis C dringend zu empfehlen.
1.19 Hepatitis B und Hepatitis C
Diese Co-Infektion ist selten. Bei Menschen mit einer chronischen Hepatitis C lässt sich
der Bestandteil der Hülle des Hepatitis-B-Virus (HBs-Antigen) manchmal nicht finden,
auch wenn eine chronische Hepatitis B vorliegt. Die Vermutung besteht, dass das HCV
die HBV-Vermehrung hemmt.
26
2. Abklärung,
Beratung & Impfung
Sich testen lassen
2.1 Allgemeine Informationen zu Hepatitis-Tests
Die Hepatitis-Ansteckungsraten sind bei Drogenkonsumierenden hoch. Oftmals wird
die erste Infektion nicht bemerkt und es zeigen sich keine Symptome der Krankheit.
Deshalb sollte jedeR Drogenkonsumierende auf Hepatitis A, B und C getestet, und bei
negativem Resultat und fortgesetztem Risikoverhalten mindestens 1 x jährlich gescreent (Reihenuntersuchung nach Antikörpern) werden. Mit den Tests können die
­verschiedenen Kategorien der Antikörper nachgewiesen werden.
Die Testergebnisse geben Auskunft darüber, ob:
eine aktuelle oder durchgemachte Infektion vorliegt
eine ausgeheilte Infektion vorliegt oder
die Person geimpft ist (Impfimmunität)
Grundsätzlich finden zwei Testmethoden Anwendung:
Nachweis von spezifischen Antikörpern gegen die entsprechenden Viren
Nachweis von Viren oder deren Bestandteilen (Proteine oder genetisches Material)
Ein Hepatitis-Test sollte frühestens ca. 3 Wochen nach einer Exposition (Risikosituation)
durchgeführt werden. Bei zu frühen Tests sind die Resultate unzuverlässig.
Zusätzlich zu den Tests sollten regelmässig die Leberwerte bestimmt werden. Bei
erhöh­ten Werten müssen nicht-infektiöse Ursachen wie z.B. Schädigungen durch Alkohol oder Medikamente ausgeschlossen werden.
Die virale Hepatitis verläuft oft asymptomatisch, so dass eine Person infiziert sein kann,
ohne sich jemals krank gefühlt zu haben. Werden Bestandteile des Virus selbst gefunden, bedeutet dies, dass der Virus im Organismus aktiv ist. In diesem Fall ist eine Ansteckung anderer Personen möglich. Werden die Tests für den Nachweis von Antikörpern
und Virenbestandteilen kombiniert, sind folgende Rückschlüsse möglich:
Die Infektion ist ausgeheilt oder es liegt eine chronische Infektion vor.
Aus dem Vorhandensein bestimmter Formen von Antikörpern bei den Hepatitiden A
und B wird aus folgenden Gründen auf eine Immunität geschlossen: Die Person wurde
in der Vergangenheit ­infiziert und die Erkrankung ist ausgeheilt oder die Person wurde
geimpft und ist damit gegen neue Infektionen geschützt. Bei einer ausgeheilten Hepatitis C bieten die Antikörper jedoch keinen Schutz gegen eine erneute Infektion!
27
2.2 Wer soll sich auf Hepatitis testen lassen?
Folgende Symptome und Situationen verlangen eine vollständige medizinische Untersuchung inklusive Hepatitis-Tests:
Hepatitis A
Bei:
Gelbfärbung der Haut, Müdigkeit, Übelkeit
Der Antikörper Test HCA wird empfohlen für:
Personen, die in der Abwasserbehandlung und -aufbereitung tätig sind
Personen mit risikoreichen Sexualkontakten (insbesondere oro-anal)
Drogenkonsumierende, die Hepatitis-B-TrägerInnen sind
PatientInnen mit chronischen Lebererkrankungen (insbesondere Hepatitis B) nach
serologischer Testung
Hepatitis B
Bei:
Gelbfärbung der Haut, Müdigkeit, Übelkeit
Risikoreichen Sexualkontakten
Nicht spezifizierten Beschwerden, Problemen mit Haut, Niere, Gelenkbeschwerden
Die Reihenuntersuchung nach Antikörpern der Hepatitis B (Screening) wird empfohlen
für:
Schwangere Frauen
Familienmitglieder inkl. Kinder, die im gleichen Haushalt leben
SexualpartnerInnen von AgHBs-positiven Personen
Mitarbeitende von Institutionen, die in Kontakt mit Drogenkonsumierenden stehen
Personen aus Gebieten mit hohen Hepatitis-B-Prävalenzen
Intravenös Drogenkonsumierende (auch Ex-User)
Personen mit seropositivem HIV-Status
Hepatitis C
Bei:
Gelbfärbung der Haut
Müdigkeit, Übelkeit, Gelenkbeschwerden
Der Antikörper-Test HCV wird empfohlen für:
Intravenös konsumierende, sniffende und rauchende Drogenkonsumierende (auch
Ex-User)
Personen, die vor 1992 eine Bluttransfusion erhalten haben
Personen, die vor 1987 Blutkonserven erhalten haben (z.B. BluterInnen)
Personen mit Nieren-Insuffizienz unter Blutdialyse (künstliche Niere)
SexualpartnerInnen von Personen, die mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert sind
Kinder von mit dem Hepatitis-C-Virus infizierten Müttern
Personen mit seropositivem HIV-Status
Gesundheitspersonal nach einem Kontakt mit Blut (Verletzung durch Nadel oder
durch anderes kontaminiertes Material)
28
2.3 Was zeigen die Testergebnisse?
Hepatitis A
Antikörper IgM und IgG positiv:
Es liegt eine akute oder kürzlich erfolgte Infektion (IgM sind nur während 4–6 Monaten nachweisbar) vor.
Antikörper IgM negativ und IgG positiv:
Bedeutet eine ausgeheilte Infektion oder das Vorliegen eines Impfschutzes.
Antikörper IgM und IgG negativ:
Bis anhin ist kein Kontakt mit dem Virus erfolgt und es liegt kein Impfschutz vor. Diese
Personen sollten geimpft werden.
Hepatitis B
HBs-Antigen (Virusprotein) positiv:
Das Virus ist im Körper aktiv (akute oder chronische Infektion). Zur weiteren Abklärung gehören in diesem Fall die Viruslastbestimmung (HBV-DNA) und die HBe-Antigen-Bestimmung. Ist das Resultat HBe-Antigen-positiv, handelt es sich um eine
hochaktive chronische Hepatitis B. Zu erwähnen ist, dass es auch PatientInnen gibt,
welche Hepatitis-B-Viren im Blut haben, aber keine Zeichen einer Entzündung der
Leber zeigen. Solche Personen haben keine chronische Hepatitis B, sondern werden
als inaktive Hepatitis-B–Oberflächen-Antigen-positive (HBsAg+) TrägerInnen bezeichnet; sie müssen in der Regel nicht medikamentös behandelt werden.
Antikörper HBc positiv (Screeningtest):
Es liegt (oder lag) eine Infektion mit dem Virus vor.
Antikörper HBs positiv:
Eine ausgeheilte Infektion (wenn auch Anti-HBc-Antikörper positiv) oder eine Immunantwort auf die entsprechende Impfung (wenn Anti-HBc-Antikörper negativ)
liegen vor.
Antikörper HBc und HBs negativ:
Bis anhin ist kein Kontakt mit dem Virus erfolgt. Es liegt kein Impfschutz vor und die
Person sollte geimpft werden.
Hepatitis C
Antikörper Anti-HCV positiv:
Eine Infektion mit dem Virus liegt (oder lag) vor (akut, chronisch oder ausgeheilt).
HCV-RNA (genetisches Material des Virus) positiv:
Das Virus ist im Organismus vorhanden, d.h. es besteht eine akute oder chronische
Infektion.
2.4 Labor- und mikroskopische Untersuchungen
Blutwerte zur Entzündungs- und Funktionsmessung der Leber
Neben der Messung der Reaktion des Körpers auf die Viren (Antikörper) und von Virenbestandteilen selbst (Antigenen) werden die Leberwerte und weitere Funktionsparameter bestimmt.
Einerseits kann damit die Aktivität der Entzündung abgeschätzt werden. Die Erhöhung
von Leberenzymen (Transaminasen/Transferasen) gibt Aufschluss über den Grad der
Zellzerstörung durch die Entzündung. Diese Werte sind vor allem ALAT (Alanin-AminoTransferase; früher GPT: Glutamat-Pyruvat-Transaminase) und ASAT (Aspartat-Amino-Transferase; früher GOT: Glutamat-Oxalacetat-Transaminase).
29
Andererseits kann die Funktion der Leber durch folgende Messungen beurteilt werden:
Nimmt die Syntheseleistung der Leber ab, enthält das Blutplasma weniger CHE(Cholinesterase) Gerinnungsfaktoren und bei schwerer Beeinträchtigung auch weniger Albumin (ein wichtiges Bluteiweiss). Das Bilirubin nimmt bei verminderter Leberfunktion zu, da dessen Abbau durch die Leber eingeschränkt wird (➞ Kapitel 1.5)
Die Funktionstüchtigkeit des Gerinnungssystems wird mit dem Quick- oder dem INRWert (Wirkungskontrolle blutverdünnender Medikamente) erfasst. Störungen des
Gallenflusses äussern sich unter anderem in einer Erhöhung der AP (alkalische Phosphatase). Als Ausdruck einer verminderten Entgiftungsleistung findet sich bei weit
fortgeschrittener Leberzirrhose ein erhöhter Ammoniakspiegel im Blut.
30
Viruslast/Viral Load
Die Messung der Viruslast im Blutplasma, d.h. der Anzahl Virus-Erbgutkopien pro Milli­
liter Blutplasma, erfolgt mittels des gentechnischen Verfahrens Polymerase-KettenReaktion (PCR). Dabei werden Erbgutbausteine vervielfältigt. Die Reihenfolge ihrer
Aminosäuren resp. ihre chemischen Reaktionen sind charakteristisch für einen bestimmten Krankheitserreger.
Die PCR-Diagnostik ist auch von Bedeutung für die Therapiekontrolle. Wird Interferon
(eventuell in Kombination mit einer anderen Substanz) eingesetzt, bestimmt man mit
dieser Methode die Viruslast zur Kontrolle der Wirksamkeit der Therapie. Die Viruslast
kann aufgrund einer spontanen Heilung oder im Rahmen eines günstigen Therapieverlaufs negativ sein.
Leberbiopsie
Bei Verdacht auf eine chronische Hepatitis wird gelegentlich eine Leberbiopsie (Leberpunktion) durchgeführt. Dabei wird mit einer dünnen Nadel ein kleines Stück Gewebe
aus der Leber entnommen. Die Untersuchung mittels Mikroskop erlaubt unter anderem, den Schweregrad der entzündlichen Reaktion und das Ausmass des bindegewe­
bigen Umbaus zu beurteilen. Zudem können allfällige zusätzliche schädliche Einflüsse
(z.B. durch Alkohol) festgestellt werden.
Vor dem Biopsietermin finden ein ärztliches Informationsgespräch und eine Ultraschalluntersuchung der Leber statt. Am Morgen der Biopsie sollte kein Frühstück eingenommen werden. Der Arzt/die Ärztin legt vor der Punktion mit Hilfe des Ultraschallgerätes
den Punktionsweg für die Nadel fest. Dann wird die Haut desinfiziert und der Punktionskanal wird mit einer dünnen Nadel und einem Lokalanästhetikum betäubt. Während der Punktion muss der Atem angehalten werden, damit sich die Leber nicht bewegt. Die Biopsie erfolgt mit einer dünnen Hohlnadel, die 4–5 cm tief in die Leber
eingestochen wird. Mittels Unterdruck wird durch die Nadel ein kleiner Lebergewebezylinder entfernt, der zur weiteren Untersuchung ins Labor geschickt wird. Die Punktion
ist in der Regel nicht schmerzhaft. In seltenen Fällen kann nach der Punktion ein rasch
abheilender Schmerz im Bereich der Einstichstelle oder in der rechten Schulter verspürt
werden.
Die ganze Untersuchung dauert 5 bis 10 Minuten. Im Anschluss an die Punktion erfolgt
eine Überwachung in der Praxis für ca. 4 Stunden, damit eine mögliche Blutung als
­seltene Komplikation nicht übersehen wird.
Nach ca. 5–8 Werktagen liegt der Untersuchungsbericht des Labors vor, der über den
Grad der Leberschädigung, den Schädigungsmechanismus und den Auslöser der Schädigung Auskunft gibt.
Fibroscan®
Als Alternative zur Leberbiopsie steht die Lebersteifigkeitsmessung mittels Fibroscan®
zur Verfügung. Das dazu verwendete Gerät erinnert äusserlich an ein Ultraschallgerät.
Mit einem zwischen den Rippenbogen der rechten Flanke angesetzten Untersuchungskopf wird bei diesem rein äusserlichen Testverfahren die Vernarbung der Leber ermittelt.
Das Prinzip des Fibroscan® beruht auf einer histologischen Tatsache: Je fester die Leber
ist, desto schwerer ist die Fibrose (krankhafte Vermehrung des Bindegewebes). Aufgrund der Festigkeit der Leber kann also der Fibrosegrad prognostiziert werden. Dabei
wird auf der Hautoberfläche eine kleine Schwingung erzeugt, die bis in die Leber dringt.
Mittels Ultraschall wird nun die Geschwindigkeit gemessen, mit der sich diese Stoss­
welle unter der Haut auf einer Distanz von 2 bis 4 Zentimetern fortbewegt. Je schneller
sich die Schwingung fortbewegt, desto fester ist die Leber und desto fortgeschrittener
somit die Fibrose. Diese Messung ist nicht invasiv (d.h. weder ein chirurgischer Eingriff
noch eine Blutentnahme sind nötig), für die PatientInnen mit keinen Schmerzen verbunden und dauert nur fünf Minuten. Der Fibroscan® kann nicht eingesetzt werden­
bei Flüssigkeitsansammlung in der Bauchhöhle (Aszites) oder bei morbider Fettsucht,
die eine Messung verunmöglichen. In der Praxis korrelieren die Ergebnisse einer Leberpunktion von guter Qualität und eines Fibroscans nicht immer. Bisher empfehlen die
SpezialistInnen eher die Leberbiopsie als den Fibroscan®. Letzterer sollte somit bei PatientInnen angewendet werden, die eine Leberpunktion ablehnen und die keine Kontra­
indikation für einen Fibroscan® aufweisen (Fettleibigkeit mit einem BMI > 26, Aszites,
kleine Leber von abnormer Form).
2.5 Testresultate: Kommentare und zusätzliche Analysen
Hepatitis B
Bei Verdacht auf eine Hepatitis B sollte immer nach dem HBs-Antigen (HBsAg) und den
Antikörpern Anti-HBs und Anti-HBc gesucht werden.
Ist das Resultat HBsAg-positiv, liegt eine akute oder chronische Hepatitis B vor. Zu erwähnen ist, dass es auch PatientInnen gibt, welche Hepatitis-B-Viren im Blut haben,
aber keine Zeichen einer Entzündung der Leber zeigen. Solche Personen haben keine
chronische Hepatitis B sondern werden als inaktive Hepatitis-B-Oberflächen-Antigenpositive (HBsAg+) TrägerInnen bezeichnet.
Bei HBsAg-positiven Werten liegt eine akute oder chronische Hepatitis B vor. Die Präsenz von Antikörpern Anti-HBs deuten auf eine ausgeheilte Hepatitis B hin. Die Antikörper Anti-HBs sind im Falle von Hepatitis B immer vorhanden.
Nach der Impfung sind die Antikörper Anti-HBc negativ, die Anti-HBs positiv. Die Werte
erlauben einen Rückschluss darauf, wie die Person auf die Impfung angesprochen hat.
Hepatitis C
Wenn der HCV-Ak-Test positiv ausfällt, muss die HCV-RNA (Erbinformation des HCV)
qualitativ bestimmt werden. Das HCV tritt in vier verschiedenen Genotypen (Virus­
familien) auf. Für eine fachgerechte Beratung ist die Kenntnis des Genotyps und der
­Virenzahl wichtig. Bei positivem HCV-RNA-Test sind eine Genotypbestimmung und­
die quantitative HCV-RNA-Bestimmung durchzuführen. Nach heutigem Wissensstand
liegt der Behandlungserfolg bei den Genotypen 2 und 3 bei 70–90 %, beim Genotyp 1
zwischen 50–70 %, beim seltenen Genotyp 4 sind es etwas mehr.
Chronische Hepatitis
Bei Vorliegen einer chronischen Hepatitis B oder C, bei der (noch) keine Behandlung notwendig oder erwünscht ist, wird eine jährliche Kontrolle der Leberwerte sowie eine
­Leberbiopsie alle 5 Jahre oder alternativ eine jährliche Fibroscan-Messung empfohlen.
31
2.6 Meldepflicht
Verschiedene ansteckende Krankheiten unterstehen gemäss dem Epidemiengesetz
­einer obligatorischen Meldepflicht. Meldungen dienen dazu, ausbrechende Krankheiten
früh zu erkennen und die Notwendigkeit und/oder die Wirksamkeit vorbeugender
Massnahmen laufend zu überprüfen. Hepatitis A, B und C gehören zu diesen meldepflichtigen Krankheiten. Testlaboratorien sind verpflichtet, ihre positiven Tests gleichzeitig dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) und dem zuständigen Kantonsarzt oder
der zuständigen Kantonsärztin mitzuteilen, der/die dann vom Arzt oder der Ärztin, der/
die den Test angeordnet hat, weitere Informationen über die möglichen Ansteckungs­wege verlangt. Diese Informationen werden als Ergänzungsmeldung bezeichnet und
vom Kantonsarzt oder der Kantonsärztin an das BAG weitergeleitet.
Bei Hepatitis A, B und C beinhalten diese Angaben auch die Namen und Adressen der
betroffenen Personen für eventuelle weitere notwendige Massnahmen der Laboratorien, Ärzte/Ärztinnen sowie Spitäler (Suche nach infizierten und exponierten Personen
usw.). Dabei wird folgendes Prozedere durchgeführt:
1.Bei Hepatitis B und C werden die Zusatzangaben von den behandelnden ÄrztInnen
geliefert, um festzustellen, ob es sich im jeweiligen Fall um eine alte oder neue Infektion handelt. Die Angaben der Laboratorien erlauben diese Rückschlüsse nicht.
2.Beim Verdacht einer Ansteckung mittels Bluttransfusionen wird ein Rückblick angeordnet, um eventuell angesteckte BlutspenderInnen zu entdecken und gegebenenfalls noch vorhandene Blutspenden oder Blutprodukte zu vernichten.
3.Bei Hepatitis B und C werden weitere Untersuchungen auch bei einem Verdacht auf
eine Übertragung im Spital oder durch Spitalpersonal angeordnet.
Dasselbe gilt bei Hepatitis A bei einem Verdacht auf Ansteckung durch verseuchte
Gewässer oder Nahrungsmittel.
4.Mögliche Impffehler müssen ausgeschlossen werden.
5.Mögliche Post-Expositionelle-Prophylaxen können angeordnet werden.
Die Namensnennung verhindert auch die Mehrfachnennung von chronisch kranken
Personen, die sich bei verschiedenen ÄrztInnen behandeln lassen.
Alle diese Angaben sind durch Arztgeheimnis und Datenschutzgesetz geschützt. Die
entsprechenden Unterlagen werden nach den Abklärungen vernichtet.
Sich impfen lassen
2.7 Impfung gegen Hepatitis
Gegen Hepatitis A und Hepatitis B gibt es sowohl einen aktiven als auch einen passiven
Impfschutz. Gegen Hepatitis C ist noch kein Impfschutz möglich. Weitergehende Informationen zu den rechtlichen Aspekten, finden sich im ➞ Kapitel II.3.1.
Passive Impfung
32
Bei der selten verwendeten passiven Impfung werden Antikörper gegen das Hepatitis-A- oder das Hepatitis-B-Virus verabreicht.
Der Vorteil des passiven Impfschutzes ist die sofortige Schutzwirkung. Eine Impfung
kann selbst nach einem risikoreichen Verhalten, verbunden mit einer möglichen Infektion, wirksam sein.
Der Nachteil liegt in der kurzen Wirkungsdauer des Impfschutzes, der nur über wenige
Monate anhält. Das Immunsystem der geimpften Person hat nicht gelernt, selber Anti­
körper aufzubauen, die es bei Bedarf nachliefern könnte. Gegen Hepatitis C gibt es keine
Impfung und auch keine Post-Expositions-Prophylaxe.
Aktive Impfung
Bei der aktiven Impfung werden Antigene gespritzt. Dazu werden inaktivierte Erreger
oder gentechnisch hergestellte Virusbestandteile verwendet, die das Immunsystem
dazu anregen, Antikörper gegen das Virus aufzubauen. In den meisten Fällen kann die
aktive Impfung angewendet werden. Der Vorteil ist, dass das Immunsystem der geimpften Person selber immer wieder Antikörper bilden kann, wenn solche benötigt
werden.
Die Nachteile: Der Impfschutz ist nicht sofort wirksam, weil der Organismus zwei bis
drei Wochen Zeit benötigt, um Antikörper zu produzieren.
Bei der Hepatitis A ist jedoch die Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit) länger als die Zeit zum Aufbau eines Impfschutzes, weshalb hier
auch kurz nach einem Risiko noch aktiv geimpft werden kann.
Bei der Hepatitis B muss die Impfung früh genug vor einem Risiko erfolgt sein (viele
­Personen rechnen nicht damit, sich einem Risiko auszusetzen) und in bestimmten Abständen wiederholt werden, damit ein langfristiger Schutz gewährleistet ist (zweimal
für Hepatitis A, dreimal für Hepatitis B).
Es existieren kombinierte Hepatitis-A- und Hepatitis-B-Impfstoffe. Sie werden in der
Regel zum Zeitpunkt null, nach einem Monat und nach sechs Monaten verabreicht und
erweisen sich als sehr wirksam (≥ 90 %) und gut verträglich. Obwohl die Durchführung
der zwei-, resp. dreimaligen Impfung in den oben genannten Abständen sehr emp­
fohlen wird, senkt eine einmalige Impfung das Ansteckungsrisiko schon wesentlich.
Einzelne Menschen antworten auch nach dreimaliger Anwendung auf die aktive Hepatitis-B-Impfung nicht mit der Bildung von Antikörpern (bei ca. 5–10 % der aktiv Geimpften). Sie werden als Non-Responders bezeichnet. Allerdings kann bei fast 70 % der
­Non-Responders die Bildung von Antikörpern ausgelöst werden, wenn die Impfung
fortgesetzt wird (maximal 3 zusätzliche Dosen im Abstand von 3–4 Monaten). In gewissen Fällen bietet diesen Personen nur eine passive Impfung einen gewissen Schutz. Die
Impfung erfolgt am Oberarm, bei kleinen Kindern am Oberschenkel. Wird gleichzeitig
aktiv und passiv geimpft, werden linker und rechter Oberarm beziehungsweise Oberschenkel benützt. Wer im Sinne einer Post-Expositions-Prophylaxe (PEP), wie z.B.
nach einer Nadelstichverletzung eingreift, wird zusätzlich zur aktiven Impfung gegen
Hepatitis B auch die passive vornehmen.
Zusätzlich zur Impfung gibt es Verhaltensempfehlungen, die das Übertragungsrisiko
deutlich vermindern können (➞ Kapitel II, Konsumregeln).
Der Vollständigkeit halber muss zum Thema Prävention/Impfung hier noch erwähnt
werden, dass sich auch kritische Stimmen gegen das Impfen erheben. Einige Argumente und Antworten dazu:
33
Die «Non Responders» leben in der falschen Sicherheit, nicht infiziert zu sein.
Bei Personen mit hohem Risiko(verhalten) kann die Antikörperentwicklung nach einer
Impfung geprüft und beim Fehlen von Antikörpern festgestellt werden, ob die Person
nicht bereits infiziert ist (eine chronische Infektion durch das Hepatitis-B-Virus kann ein
Grund für das Fehlen einer Antikörperentwicklung nach einer Impfung sein).
Die Impfung kann dazu verleiten, die eigenen Schutzmassnahmen zu vernachlässigen
(die Massnahmen zum Schutz vor der Infektion durch die Hepatitisviren nützen auch
gegen das HIV).
Bei der Hepatitis-B-Impfung ist es wichtig zu erklären, dass dieser Impfstoff nicht vor
Infektionen durch andere Viren, insbesondere HIV, schützt. Die Safer-Use-Regeln sind in
jedem Fall anzuwenden! Im Gegensatz zu HIV ist das Hepatitis-B-Virus in der Bevölkerung weiter verbreitet und es besteht ein bedeutend grösseres Risiko sich damit anzustecken. Es lohnt sich deshalb, sich impfen zu lassen, selbst wenn die gebräuchlichen
Vorsichtsmassnahmen gegen HIV ergriffen werden.
Es gab Fälle von multipler Sklerose nach einer Hepatitis-B-Impfung.
Fälle von multipler Sklerose sind in der Tat zeitgleich mit einer Hepatitis-B-Impfung
festgestellt worden. Detaillierte Studien konnten jedoch keinen kausalen Zusammenhang zwischen dem Impfstoff und der Krankheit nachweisen.
2.8 Impfung gegen Hepatitis A
Die Impfung wird
empfohlen für:
Drogenkonsumierende
Personal, das in engem Kontakt mit Drogenkonsumierenden oder mit Personen aus
Risikogebieten steht
Reisende in endemische Zonen (➞ entsprechende Liste unter www.safetravel.ch)
In der Schweiz lebende Kinder aus Endemiegebieten, die in ihr Heimatland reisen
Männer, die Sex mit Männern haben
Personen mit einer chronischen Hepatitis, insbesondere Hepatitis C
Personen mit HIV, HCV und HBV Co-Infizierte
Seit dem 1. Januar 2008 wird diese Impfung bei Personen, die einem höheren Risiko
ausgesetzt sind, über die obligatorische Krankenversicherung abgedeckt; ausge­
nommen davon sind Reisende. Bei den ArbeitnehmerInnen werden die Kosten in den
meisten Fällen durch den Arbeitgeber übernommen. Es wird empfohlen, die Liste der
Medikamente zu überprüfen, die von den Krankenkassen übernommen werden.
2.9 Impfung gegen Hepatits B
34
Seit 1998 wird die Impfung in der Schweiz für Jugendliche von 11 bis 15 Jahren empfohlen. Die Impfung hat präventiven Charakter um das Infektionsrisiko mit Einsetzen der
sexuellen Aktivitäten zu minimieren. Gemäss den Daten der obligatorischen Meldungen ist diese zwischen 20 und 24 Jahren am höchsten. Die Strategie ist wirksam, neuste
Daten zeigen, dass bei 15- bis 19-Jährigen deutlich weniger Fälle von akuter Hepatitis B
registriert worden sind. Für die anderen Altersgruppen wird die Impfung in folgenden
Situationen empfohlen:
Die Impfung wird
empfohlen für:
Personal im Gesundheitswesen, das in Kontakt mit Blut oder mit möglicherweise
­infizierten Körperflüssigkeiten, verunreinigten oder kontaminierten Gegenständen
und infektiösem Material kommt
SozialarbeiterInnen, Gefängnis- und Polizeipersonal, das in häufigem Kontakt mit
Drogenkonsumierenden steht
Drogenkonsumierende
Personen mit häufig wechselnden SexualpartnerInnen
Personen, die im gleichen Haushalt leben wie Virusträger/innen (Antigen HBs) oder
mit solchen Sexualkontakte haben
Personen, die aus Risikogebieten stammen (Afrika, Asien, Ozeanien, gewisse Regionen von Südamerika) (➞ entsprechende Liste unter www.safetravel.ch)
Reisende in endemische Zonen, die engen Kontakt mit der Bevölkerung haben (langer
Aufenthalt oder Risikoverhalten)
Personen mit verminderter Immunfunktion (Immunschwäche), PatientInnen mit
künstlicher Niere (HaemolysepatientInnen), BluterInnen
Personen mit einer chronischen Hepatitis C
HIV und HCV Co-Infizierte
Diese Impfung wird von der obligatorischen Krankenkassen-Versicherung übernommen. Bei Fachpersonen, die in medizinischen/sozialen Bereichen arbeiten, wird die
­Impfung in den meisten Fällen vom Arbeitgeber bezahlt.
Hepatitis & Schwangerschaft
2.10 Hepatitis B & Schwangerschaft
Die Übertragung des Virus von einer akut oder chronisch infizierten Schwangeren auf
das Ungeborene erfolgt in den meisten Fällen im letzten Schwangerschaftsdrittel, insbesondere während der Geburt. Eine Ansteckung über die Muttermilch wird vermutet,
die vorhandenen Forschungsresultate dazu sind aber ungenügend; im Gegensatz zu
den Risiken beim Geburtsvorgang ist dieses Übertragungsrisiko aber gering, selbst bei
Vorhandensein des Antigens HBs in der Muttermilch.
Ob das Kind tatsächlich infiziert wird, ist von der Viruskonzentration bei der Mutter und
der übertragenen Virusmenge abhängig. Falls keine Impfprophylaxe bei der Geburt vorgenommen wird, beträgt das Risiko bei positiven HBe Ag bei der Mutter zwischen 70–
90 %.
Bei positivem Antigen HBs bei der Mutter beträgt das Risiko zwischen 10–40 %. Bei einer
akuten Hepatitis B besteht eine Übertragungsgefahr von 60–70 % am Ende der Schwangerschaft.
Als grösstes Problem bei infizierten Kindern gilt die hohe Rate an chronisch verlaufenden Hepatitiden, die später zu Leberzirrhose oder Leberzellkrebs führen können.
Durch die Bestimmung des Antigens HBs der Mutter im letzten Schwangerschafts­
drittel wird abgeklärt, welche Frauen das Virus potenziell auf das Kind übertragen
können. Kinder von Antigen HBs-positiven Frauen erhalten im direkten ­Anschluss an
die Entbindung innerhalb der ersten 12 Stunden eine passive und aktive Hepatitis-B-
35
Impfung, die nach vier Wochen und sechs Monaten wiederholt wird. Mit dieser Impfung
hat das Neugeborene eine Chance von 95 %, nicht von der Mutter angesteckt zu werden.
Das Impfen des Kindes ermöglicht auch das Stillen.
Das Risiko einer Übertragung auf das Kind ist bei Hepatitis B wesentlich höher als bei
Hepatitis C. Mit den oben beschriebenen Massnahmen ist jedoch eine Mutterschaft
ohne Ansteckung des Kindes möglich.
2.11 Hepatitis C & Schwangerschaft
Eine Übertragung der Hepatitis-C-Viren im Mutterleib ist zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, kommt aber selten vor (bei ca. 5 % der Fälle). Eine Hepatitis C ist jedoch kein
Grund, einer Frau von einer Schwangerschaft abzuraten oder während der Schwangerschaft und Geburt über normale Hygieneregeln hinausgehende Massnahmen zu ergreifen. Eine durch Hepatitis C infizierte Mutter kann ihr Kind unter der Voraussetzung stillen, dass sie keine offene Wunde auf der Brustwarze hat. Der Zusammenhang zwischen
der Viruslast während des Geburtsvorganges und dem Übertragungsrisiko ist empirisch
nicht nachgewiesen. Das gleiche gilt für Kaiserschnitt und Geburtsvorgang.
Eine Ausnahme bildet die HIV/HCV-Co-Infektion. Hier ist die Mutter-Kind Übertragung
von Hepatitis C um 8–30 % höher. Aufgrund der HIV-Infektion wird die Geburt per Kaiser­
schnitt durchgeführt.
36
II. Prävention
37
1.Hygiene
Handhygiene
1.1 Hände waschen
Krankheitserreger werden oftmals über ungewaschene Hände weitergegeben. Gerade
im Umfeld illegaler Drogen ist deshalb der Hygiene der Hände grosse Beachtung beizumessen. Das gilt gleichermassen für Personal und Klientel. Die nachfolgenden Hygieneregeln basieren auf den Merkblättern für Angestellte und Klientel im Umfeld illegaler
Drogen, die von Fixpunkt Berlin erstellt wurden (www.fixpunkt.org).
Warum sollten Sie
Ihre Hände waschen?
Krankheitserreger (Viren und Bakterien) sind sehr klein und oft nicht erkennbar von
blossem Auge. Einige dieser Erreger können zum Beispiel Durchfall oder Erkältungen,
aber auch ernsthaftere, ja manchmal lebensbedrohende Erkrankungen verursachen.
Wenn Sie Ihre Hände gründlich mit Seife waschen, werden Sie die meisten Keime entfernen.
Krankheitserreger können in Ihren Körper gelangen, wenn Sie mit ungewaschenen
Händen Ihre Nase, Ihren Mund oder offene Wunden berühren.
MitarbeiterInnen des Gesundheitswesens (in Arztpraxen, Krankenhäusern usw.) haben
eine berufliche Verpflichtung zur besonderen Sorgfalt beim Händewaschen.
Sie sollten dem Händewaschen eine hohe Priorität einräumen!
Wann sollten Sie sich
die Hände waschen?
Vor und nach jedem intravenösen Drogenkonsum
Nach jedem Kontakt mit eigenem oder fremdem Blut oder mit blutkontaminierten
Flächen
Wenn Sie nach Hause kommen
Bevor Sie eine Mahlzeit zubereiten oder essen
Bevor Sie Kontaktlinsen einsetzen oder entfernen
Nachdem Sie ungekochte Lebensmittel (vor allem Fisch, Fleisch oder Geflügel) berührt haben
Nach jedem Toiletten-Gang bzw. nach Kontakt mit eigenem oder fremdem Stuhl
Nach intensivem Kontakt mit Tieren (Streicheln)
Verwenden Sie alkalifreie Seife mit einem pH-Wert von 5,5 um den Säureschutzmantel
der Haut nicht zu zerstören.
Wie waschen Sie
Ihre Hände richtig?
38
Wie Sie Ihre Hände waschen, ist ebenso wichtig wie die Frage, wann Sie die Hände waschen. Nur schnell etwas Wasser über die Hände laufen zu lassen, reicht nicht aus!
Verwenden Sie Seife und warmes, fliessendes Wasser.
Waschen Sie die gesamte Handoberfläche, die Handinnenflächen und die Rückseite
der Hände, die Finger und gegebenenfalls auch unter den Fingernägeln.
Reiben Sie die Hände mindestens 10 bis 15 Sekunden aneinander.
Verwenden Sie beim Händetrocknen nur ein sauberes Handtuch, in einer öffentlichen
Toilette nur Einweg-Papier. Statt abrubbeln ist es besser, die Haut abzutupfen, um sie
nicht zu sehr zu belasten.
Berühren Sie nach dem Händewaschen die (keimbelasteten) Wasserhähne nicht mit
den sauberen Händen; schliessen Sie den Wasserhahn mit Hilfe eines Papiertuchs.
Pflegen Sie Ihre Hände regelmässig mit Handcreme, um ein Austrocknen zu verhindern.
Wie kann eine Ansteckung
verhindert werden?
1.2 Verschleppung verschiedener Krankheitserreger
Nachstehende Tabelle gibt Auskunft über die mögliche Verschleppung von Hepatitisund von HI-Viren auf verschiedenen Wegen:
Hepatitis
A
Kontakt- und Schmierinfektion (Stuhlgang)
Tröpfcheninfektion (Husten, Niesen)
–
via Nahrungsmittel und Wasser
HIV
B
C
D
–
–
–
–
–
–
–
–
–
E
–
–
–
via Blut
–
via Spermien und Vaginalflüssigkeit
–
via Speichel
–
via Hände und Zwischenwirte
via Gegenstände
(Injektionsmaterial, Inhalationsröhrchen)
–
( )
–
–
–
–
–
–
–
*
*
–
–
–
*
**
*kontaminierte (=verseuchte) Gegenstände, die in Kontakt mit verletzter Haut oder verletzten
Schleimhäuten kommen, können Hepatitis B, C und D übertragen (Spritzen, Löffel, Filter usw.).
Hepatitis B und C Viren überleben einige Tage an der Luft in kleinsten Mengen getrocknetem
Bluts!
** v.a. Nadeln!
(➞ Merkblatt Wundversorgung im Anhang)
1.3 Blut-Aufmerksamkeit
Neben den bekannten Infektionswegen und Risikosituationen und den entsprechenden
Hauptbotschaften zu deren Vermeidung (eigenes steriles Injektionsmaterial, Safer Sex
etc.) gilt es, Drogenkonsumierende, ihre Angehörigen und PartnerInnen sowie Personal
von Institutionen zu motivieren, Blut-Aufmerksamkeit zu entwickeln.
Da bei bestimmten Viren bereits kleinste Mengen unsichtbaren Blutes für eine Ansteck­
ung ausreichen können, genügt es nicht, einzelne Risikosituationen und Präventionsmassnahmen aufzuzählen. Es geht primär um die Frage, wo im Alltagsleben Kontakte
mit Blut oder mit Gegenständen entstehen können, an denen Blut oder Blutreste –
auch eingetrocknete – haften könnten.
Besondere Aufmerksamkeit ist geboten bei:
Schnittverletzungen in der Küche, beim Handwerken usw.
Verletzung durch fremde Nadel, Messer usw.
Erste Hilfe: direkter Kontakt mit offenen Wunden (immer Handschuhe tragen!)
Sexualpraktiken mit (auch nur kleinen) Verletzungen
Beatmen ohne Beatmungsmaske bei Menschen mit Nasenbluten oder Mundverletzungen
Bisse von Menschen mit Mundverletzungen
39
Zahnbürsten, Rasierapparate und -klingen, Nagelscheren, Nagelfeilen
Piercing- oder Tätowierinstrumente (nicht oder nicht vollständig gereinigt und ste­
rilisiert)
Ablageflächen und Unterlagen, auf denen vorher verunreinigtes Material abgelegt
wurde (Tische, Papierunterlagen)
Blutreste an den Fingern z.B. durch Aufkratzen von Wunden, Insektenstichen, Ekzemen usw.
Abtasten von bereits angestochenen Venen mit schmutzigen, blutverschmierten
Fingern (bei Injektionshilfe bei einer anderen Person)
Abdrücken der Einstichstelle mit schmutzigen Fingern nach dem Herausziehen der
Nadel (Trockentupfer verwenden!)
Inhalationsröhrchen beim Sniffen oder Basen
Filter (mit schmutzigen Händen/mit Blutresten an den Fingern berührt)
Löffel (nicht oder unvollständig gereinigt und sterilisiert)
Blutreste (auch eingetrocknete) an Feuerzeug, Stauschlauch, Wasserbehälter oder
am Messer (beim Teilen von Stoff usw.)
Wasserbehälter, aus denen mit einer gebrauchten Spritze Wasser entnommen wurde
Spritzen (gebrauchte) beim Aufteilen von Stoff
Diese Liste ist nicht vollständig. Sie soll vielmehr deutlich machen, dass in vielen Situa­
tionen Blutkontakt möglich ist und ein Infektionsrisiko besteht!
Eine ganze Anzahl von Krankheiten wird durch Blut übertragen. Im Alltag oder beim
Zusammenleben mit Drogenkonsumierenden stellen vor allem HIV, Hepatitis B und
­Hepatitis C eine Gefahr dar.
Zur Verhinderung einer Ansteckung haben der sichere Umgang mit Materialien und
eine saubere Arbeitstechnik höchste Priorität.
Alltag und Zusammen­
leben mit Hepatitis-­
B- und/oder Hepatitis-CInfizierten
Potentiell blutverschmutzte Utensilien mit Verletzungsgefahr
(Rasierapparate, Nagelscheren, Zahnbürsten etc.)
ausschliesslich persönlich verwenden und zur Sicherheit mit
Namen versehen.
Verhinderung von
Blutexposition
Nach Blutkontakt:
Handschuhwechsel
((
((
((
((
40
Bei allen Verrichtungen,
bei denen ein Kontakt mit Blut
und bluthaltigen Körper­
flüssigkeiten vorhersehbar ist,
müssen Latexhandschuhe
getragen werden.
Nach dem Tragen von
Handschuhen:
Hände desinfizieren
Verhinderung von
Nadelstichverletzungen
Im geschützten/überwachten Raum (Konsumraum) gilt für Spritzen und Kanülen
(Nadeln) das medizinische Setting:
Kein Wiederaufsetzen der Plastikkappe auf die Nadel (kein Recapping), sondern
­direktes Entsorgen der Spritze samt Nadel in einen für diesen Zweck vorgesehenen
Entsorgungsbehälter.
Ausserhalb des Konsumraums gilt:
Immer Wiederaufsetzen der Plastikkappe auf die eigene gebrauchte Nadel und entsorgen der Spritze samt Nadel in stich- und bruchfesten Behälter (z.B. leere Alu-Dose), dann regulär in den Abfall.
((
((
Kehrichtsäcke nicht mit der Hand,
sondern zum Beispiel mit dem Besen stopfen.
Beim Tragen der Säcke
Abstand zum Bein halten.
1.4 Safer Sex
bei eindringendem Geschlechtsverkehr – ob vaginal oder anal – immer ein Präservativ
von guter Qualität benutzen; bei Analverkehr immer Gleitmittel verwenden
kein Sperma in den Mund, kein Sperma schlucken
kein Menstruationsblut in den Mund nehmen, kein Menstruationsblut schlucken
SexworkerInnen: auch beim Oralverkehr immer Präservative benutzen (Verhinderung
sexuell übertragbarer Krankheiten)
1.5 Gefahren
Durch eine Nadelstichverletzung und durch Kontakt mit Blut, z.B. auf Schleimhäute
oder vorgeschädigte Hautpartien (Ekzem, Wunde usw.) können vor allem HIV, Hepatitis B
und Hepatitis C übertragen werden.
Risikofaktoren für eine Infektion nach einer Stichverletzung mit einer durch ent­sprechende Viren kontaminierten Nadel im Spitalbereich:
für eine HIV-Infektion: etwa 0,3 %
für eine HBV-Infektion: 30–40 %
für eine HCV-Infektion: etwa 3 %
41
Wie reagieren bei einer Risikosituation?
1.6 Sofortmassnahmen
Nadelstichverletzung
Vollständiges Entfernen des Fremdkörpers.
Gründlich mit Seife und Wasser waschen. Wunde bluten lassen, grosszügig desinfizieren mit Betadine, 70 % Alkohol oder Isopropanol (während mindestens 1 Minute).
Hautkontakt mit Blut
Gründlich mit Seife und Wasser waschen.
Grosszügig desinfizieren mit Betadine, 70 % Alkohol oder Isopropanol (während mindestens 1 Minute).
Mund- oder Nasenschleimhautkontakt
mit Blut
Nase schnäuzen und mit Wattestäbchen und wässeriger Betadine-Lösung mindestens 1 Minute desinfizieren.
Mund mit wässeriger Betadine-Lösung spülen und während mindestens 1 Minute
einwirken lassen.
Blutspritzer ins Auge
Auge ausgiebig mit grossen Mengen Kochsalzlösung, Leitungswasser oder sonst
­einer sauberen Flüssigkeit (Getränk) auswaschen. Dies gelingt am besten im Liegen
und mit Unterstützung einer Hilfsperson.
Schnittverletzungen
(➞ Merkblatt Erste Hilfe – Wundversorgung im Anhang)
1.7 Weitere Behandlung/Prophylaxe
Bei Personen, die beruflich häufig mit infiziertem Blut zu tun haben, sollte ein HepatitisA- und -B-Impfschutz sowie eine Titerbestimmung von HBs-Ak vorliegen, der aussagt,
ob der Impfschutz genügend ist. Jede Institution sollte über die entsprechenden Daten
ihrer MitarbeiterInnen rasch verfügen können, damit mit entsprechenden post-expositions-prophylaktischen Massnahmen keine Zeit verloren geht.
Heute stehen zur Verhinderung einer Infektion wirksame Medikamente gegen das
­HI-Virus zur Verfügung. Diese so genannte Post-Expositions-Prophylaxe muss möglichst rasch nach dem Blutkontakt angewendet werden. Personen ohne ausreichenden
Impfschutz gegen Hepatitis B können ferner durch die Gabe von Hepatitis-B-Immunglobulinen vor dieser Krankheit geschützt werden.
Bei:
jeder Nadelstichverletzung
jeder Bissverletzung
jedem Kontakt von verletzter Haut mit Blut (Ekzem, Wunde usw.)
jedem Kontakt von Schleimhaut mit Blut muss deshalb unverzüglich der/die Hausoder NotfallärztIn oder eine spezialisierte HIV-Sprechstunde kontaktiert werden, um
das weitere Vorgehen abzusprechen.
42
Auch wenn eine Post-Expositions-Prophylaxe abgelehnt wird, muss aus versicherungsrechtlichen Gründen so bald als möglich ein Arzt oder eine Ärztin zur Blutentnahme
aufgesucht werden. Blutuntersuchungen müssen nach 3 und nach 6 Monaten wieder-
holt werden. In der Zwischenzeit ist die betroffene Person als möglicherweise infiziert
und damit als möglicherweise ansteckend zu betrachten (➞ Kapitel III).
Zudem müssen die Safer-Sex-Regeln strikte eingehalten werden.
43
2. Konsumregeln
Grundregeln
2.1. Allgemeine Informationen
Die Hepatitis-Viren A, B und C sind weitaus leichter übertragbar und weiter verbreitet
als z.B. das HI-Virus. So lässt sich auch die extrem hohe Ansteckungsrate unter Drogenkonsumierenden erklären.
Um eine Ansteckung zu verhindern sind die untenstehenden Konsumregeln für Drogen­
konsumierende elementar. Bei Befolgung der Regeln lässt sich die durch Drogenkonsum bedingte Verbreitung von Hepatitis und von anderen Infektionen stark ein­dämmen
und eine Ansteckung kann mit grosser Sicherheit vermieden werden (➞ Illustrierte
Merkblätter im Anhang).
2.2 Konsumregeln für intravenös Drogenkonsumierende
Bei intravenösem Drogenkonsum müssen folgende Grundregeln eingehalten werden:
Nur mit eigenen, neuen, sterilen Spritzen, Nadeln und Filtern und mit gründlich ge­
reinigtem Material (Wasserbehälter und Löffel) Drogen konsumieren. Injektions­
material niemals tauschen!
Hände vor und nach jedem Konsum gründlich waschen.
Teilen (frontloading) nur mit je eigenen, neuen, sterilen Spritzen, Nadeln und Filtern.
Wasserbehälter und Löffel müssen sehr gründlich gereinigt werden. An ihnen können bei mehrfacher Verwendung Krankheitserreger haften, die lange Zeit infektiös
bleiben können. Löffel und Wasserbehälter können mit Alkoholtupfern, Bleichmittel
oder Javelwasser desinfiziert werden: Tupfer (oder Ähnliches) mit viel Desinfektionsmittel tränken und die Flüssigkeit auf die Geräte auftragen. Mindestens 5 Minuten
einwirken lassen. Mit trockenem Tupfer nachtrocknen. Dann mit kaltem Wasser gut
spülen. Zuletzt nachtrocknen.
Achtung: Reste von Javelwasser oder Bleichmittel in Spritze oder Nadel können fatale
Folgen haben! Daher auch das Spülen sehr gründlich vornehmen (➞ Merkblatt
­Desinfektion im Anhang).
Jegliche Form von Filtern darf nur einmal verwendet werden. Dies gilt auch für den
Fall, dass noch etwas Stoff im Filter vorhanden ist (kein Filterelen). In gebrauchten
Filtern finden sich Blutresten, die neben Viren oft grosse Kulturen von Bakterien
enthalten, die sich gerade bei Körpertemperatur sehr schnell vermehren (z. B. wenn
die Filter in der Hosentasche getragen werden).
Auch Drogenkonsumierende müssen für die so genannte Blut-Aufmerksamkeit sensibilisiert werden. Blut – auch getrocknetes, auch in kleinsten Mengen – kann grundsätzlich kontaminiert sein und ist deshalb immer als infektiös einzustufen.
Vor dem intravenösen
Konsum
44
Freie und saubere Unterlage wählen.
Behälter für das Entsorgen der gebrauchten Tupfer, Taschentücher usw. vorbereiten.
Hände gründlich waschen.
1 Injektion = 1 sterile Filterspritze. Im Notfall kann ein Zigarettenfilter verwendet
werden. Dann immer zuerst die Hände waschen und den Filter mit den sauberen
Händen entfernen. Nie mit den Zähnen!
Seine eigenen Filter nie teilen/ausleihen – auch nicht um zu helfen.
Eigenen, persönlichen Löffel verwenden; vor Gebrauch mit Wasser/Desinfektionstupfer reinigen.
Steriles Wasser verwenden – falls nicht verfügbar: frisches Wasser direkt ab Wasserhahn.
Vor der Injektion immer frisches Desinfektionsmittel (Alkoholtupfer) verwenden.
Beim Heroinkonsum: steriles Ascorbin statt Zitronensaft verwenden. Darauf achten,
dass das Wasser in der Spritze klar ist und keine Verunreinigungen enthält.
Während der
Konsumation
Stauschlauch anbringen (lässt die Venen hervortreten).
Vor dem Einstich Haut mit Alkoholtupfer desinfizieren.
Wenn rotes, helles Blut von allein in die Spritze dringt, wurde eine Arterie getroffen.
In diesem Fall die Nadel zurückziehen und die Injektionsstelle während mindestens­
5 Minuten fest pressen.
Wenn die Nadel richtig platziert ist: vor dem Drücken des Kolbens den Stauschlauch
lösen.
Nach der Konsumation
Vene zusammenpressen und den Bluttropfen mit sauberem Trockentupfer ab­
wischen.
Pflaster aufkleben.
Spritze in einen Entsorgungsbehälter werfen, um Wiederverwendung zu vermeiden.
Gebrauchte Tupfer in einen Abfalleimer oder anderen geeigneten Behälter werfen.
Die Unterlage reinigen (resp. wegwerfen) und den Löffel putzen. Hände gründlich
waschen.
Bei erneuter Injektion: nicht die gleiche Vene wie beim letzten Mal verwenden.
➞ Grundsätzlich gilt: Benutze immer dein eigenes, steriles Injektionsmaterial!
2.3 Konsumregeln für rauchende und sniffende Drogenkonsumierende
Grundregeln
Rauchen
Hände gründlich waschen vor und nach jedem Konsum.
Kein gemeinsamer Gebrauch von Inhalationsröhrchen (Verletzungsgefahr).
Beim Basen Pfeife nicht tauschen oder neues Mundstück aufsetzen.
Beim Sniffen eigenes Röhrchen verwenden.
➞ Grundsätzlich gilt: Kokain-Free-Base an Stelle von Crack verwenden!
«Free basing» nennt sich der Vorgang, mit welchem Kokain-Hydrochlorid (Kokain) in
Kokain-Base (rauchbares Kokain) zurückverwandelt wird. Man unterscheidet zwischen
folgenden zwei Methoden:
1. Free-Base-Methode
Backpulver (Natriumbicarbonat NaBic) oder Ammoniak sowie Äther werden mit KokainHydrochlorid und Wasser vermischt. Die Mischung wird erhitzt, der Äther verdampft.
Nach dem Auskühlen und Auskristallisieren wird die Mischung mit Äther oder Chloroform
gewaschen. Das Resultat: Kokain-Free-Base. Durch das Miterhitzen von Äther entsteht
bei der Herstellung ein hoch entflammbares Gemisch, das sich auch selbst entzünden und
zu heftigen Explosionen führen kann! Der Herstellungsprozess dauert etwa 24 Stunden.
45
2. Crack-Methode
Ammoniak wird mit Kokain-Hydrochlorid und Wasser vermischt. Die Mischung wird
erhitzt und abgekühlt. Dann werden die Kristalle herausgefiltert. Das Resultat: KokainBase (Crack). Crack enthält Reste von Ammoniak, die beim Konsum der bereits strapazierten Lunge weiter schaden. Daher ist das Rauchen von Kokain-Free-Base – der beim
«Waschen» allfällige Ammoniak-Reste entzogen werden – vorzuziehen. Der aufwendige und gefährliche Prozess der Kokain-Free-Base-Herstellung führt aber dazu, dass in
vielen Fällen Crack geraucht wird.
Begriffsklärung: In der Schweiz wird Crack oft als Base oder gar Free Base bezeichnet.
Sniffen
Fläche zum Zubereiten der Linien desinfizieren.
Bei Inhalation der Drogen und beim Sniffen darauf achten, dass ein eigenes Röhrchen
verwendet und nicht weiter gegeben wird.
Nie gerollte Banknoten verwenden.
Bei verletzter Nasenschleimhaut einer sniffenden Person können die von ihr benutzten
Röhrchen (auch gerollte Banknoten) mit Blut – und damit auch mit Hepatitis-B- oder
-C-Viren verunreinigt sein. Bei Weitergabe des Röhrchens oder der Banknote können
auf diesem Weg Viren übertragen werden.
Kokainkonsum schwächt die Abwehrfunktion des Organismus. Daher kann bereits eine
geringe Anzahl Viren ansteckend sein.
➞ Grundätzlich gilt: Das Hepatitis-C-Virus kann beim Rauchen/Sniffen übertragen
­werden!
2.4Entsorgen von Konsum-Materialien
Alles beim Drogenkonsum benutzte Material muss rasch und auf möglichst sichere Art
entsorgt werden.
Nicht stechendes
Material
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Gebrauchte Tupfer, Filter usw. müssen in einen geeigneten Behälter entsorgt werden.
Ausserhalb des Konsumraums: z.B. in eine leere Alu-Dose und dann regulär in den
Abfall.
Stechendes Material
Medizinisches Setting
(inkl. Konsumräume):
Nach Injektionen ausserhalb
überwachter (Konsum-)Räume:
Kein Aufsetzen der Plastikkappe auf eine
gebrauchte Kanüle (Nadel).
Kanülen müssen samt Spritzen am Ort in
bruch- und stichfesten Behälter entsorgt
werden können.
Immer Aufsetzen der Plastikkappe auf
eine gebrauchte Kanüle und samt Spritze
entsorgen: in festen Behälter
(z.B. leere Alu-Dose) und regulär in den Abfall.
2.5Risikoärmere Injektion
Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass der Klientel während 24 Stunden am Tag Injektionsmaterial in genügendem Masse zur Verfügung steht. Insbesondere intravenös
­Kokain Konsumierende haben einen sehr grossen Bedarf an Injektionsmaterialien.
Dieser Grundsatz gilt nicht nur für Konsumräume, sondern generell. Nur so kann verhindert werden, dass gebrauchtes Injektionsmaterial weiter gegeben bzw. getauscht wird.
((
Sterile Spritzen und Nadeln sind nach wie vor allen anderen Möglichkeiten vorzuziehen.
Allen Institutionen inkl. Gefängnissen wird mit Nachdruck empfohlen, ihrer Drogenkonsumierenden Klientel steriles Injektionsmaterial während 24 Stunden in ausreichendem Mass zur Verfügung zu stellen.
Falls kein steriles Injektionsmaterial zur Verfügung steht, sollte auf den Konsum verzichtet werden.
((
Bezug von Spritzen
Spritzen können unter Gewährung der Anonymität an folgenden Orten bezogen werden:
in Apotheken
bei Spritzenbussen
in Kontakt- und Anlaufstellen
an Spritzenautomaten (in grösseren Städten)
in Gefängnissen (selten)
Diese Konsumregeln sind der Klientel auf geeignete Weise und mit Nachdruck zu
­vermitteln. Es ist besonders darauf zu achten, dass dieses Regeln auch ausserhalb­
der Konsumräume durch die Drogenkonsumierenden befolgt werden (➞ Merkblatt
Injek­tion im Anhang).
47
2.6 Alternative Konsumformen zur Injektion
Neben Injektion, Inhalation oder Sniffen gibt es andere, risikoärmere Konsumformen:
Wenn nur eine Spritze zur Verfügung steht oder der/die Drogenkonsumierende über
sehr schlechte Venen verfügt, kann die Droge mittels Spritze ohne Nadel auch in den
Anus gespritzt werden. Die Applikation erfolgt im Liegen. Die Spritze wird 1–2 cm eingeführt. Nach dem Konsum sollte die Person für 2–3 Minuten liegen bleiben.
Die Hygieneregeln (Hände waschen, eigene, sterile Spritze verwenden) gelten auch
hier!
2.7 Spezifische Informationen für Kontakt- und Anlaufstellen
Räumliche
Voraussetzungen
Konsumräume erfüllen einen wichtigen Auftrag der Infektionsprophylaxe und damit
auch der öffentlichen Sicherheit. Die untenstehenden spezifischen Informationen
­basieren auf den im 2001 erarbeiteten Standards für Kontakt- und Anlaufstellen des
Fachverbandes Sucht.
Raumangebot
Folgende Innen- und Aussenräume müssen zur Verfügung stehen:
Personalbüro/Personalraum
Nasszellen (WC, Dusche, Waschküche)
Aufenthaltsraum
Küche/Theke
Konsumraum
Medizinischer Raum (Gesundheitsraum)
Vorplatz bzw. Eingangsbereich
Die Grösse der einzelnen Räume muss den angesichts des Einzugsgebiets zu erwartenden BesucherInnenfrequenzen angemessen sein.
48
Zweck und Einrichtung der einzelnen Räume
Personalbüro/Personalraum:
Das Personal verfügt über ein Büro oder einen Personalraum mit einer dem Betrieb
angemessenen Infrastruktur.
Nasszellen:
– Für die körperliche Pflege braucht es WCs (je für Frauen und Männer), Dusche,
Waschmaschine/Tumbler.
– Das Personal verfügt über ein separates WC.
Aufenthaltsraum:
– Der Aufenthaltsraum bietet den BenützerInnen Rückzugsmöglichkeiten von der
Gasse.
– Der Raum ist pflegeleicht und zweckmässig eingerichtet.
– Es sollen Spiele, Bücher, Zeitschriften usw. angeboten werden.
– Ein überschaubarer Sitzplatz im Freien (Innenhof) kann regional (z.B. auf dem Land)
von Vorteil sein.
Küche/Theke :
Sie ermöglichen die hygienisch einwandfreie Herstellung und Abgabe von Lebens­
mitteln
Konsumraum:
– Der Konsumraum entspricht grundsätzlich den Rahmenbedingungen zur rechtlichen Zulässigkeit von Fixerräumen (Dr. iur. Hans Schultz, BAG, Bern, Juni 1989).
– Der Konsumraum verfügt über einen angemessenen Warteraum oder -platz im
Aufenthaltsraum oder auf dem Vorplatz/im Vorraum der Anlaufstelle.
– Der Konsumraum muss von den übrigen Räumlichkeiten klar abgetrennt sein.
– Im Konsumraum muss fliessendes Wasser zur Verfügung stehen.
Medizinischer Raum/Gesundheitsraum:
– Die medizinische Versorgung soll in einem von den übrigen Räumen abgegrenzten
Raum stattfinden.
– Die nötige Infrastruktur (inkl. fliessendes Wasser) muss vorhanden sein.
Vorplatz/Eingangsbereich:
– Der Vorplatz bzw. Eingangsbereich der Konsum- und Anlaufstelle sollte betreut
sein.
– Eine allfällige Überwachung des öffentlichen Raums vor der K & A (z. B. durch Securitas) ist Sache des Gemeinwesens.
Reinigung und
Desinfektion
Haut-Desinfektionsmittel (Gebrauchsanweisung beachten)
Wird für die hygienische und chirurgische Händedesinfektion gebraucht.
Platzieren der Spender:
in der Nähe der Waschbecken
im Konsumraum
im Gesundheitsraum
hinter der Theke
am Waschbecken im Personalbüro
Flüssigseife (zum Händewaschen; Gebrauchsanweisung beachten)
Platzieren der Spender: wie Haut-Desinfektionsmittel (siehe oben)
Alkohol 70 % (nur unverdünnt anwenden!)
zur Desinfektion der Beatmungsmaske (nach jedem Gebrauch)
zur Reinigung der Spritzenumtausch-Stelle
Im Konsumraum: an jedem Sitzplatz, in Sprühflasche
– zur Löffeldesinfektion (mindestens 15 Minuten einwirken lassen)
– zur Hautdesinfektion vor der Injektion
– zur Tischreinigung nach der Injektion
Im medizinischen Raum:
– zur Instrumenten-Desinfektion
– zur Tisch- und Stuhlreinigung (nach jedem/jeder KlientIn)
– zur Reinigung von Geräten (Telefon u. ä.)
Flächen-Desinfektionsmittel (nur unverdünnt anwenden! Gebrauchsanweisung be­
achten)
Im Konsumraum: zur umfassenden Desinfektion (unmittelbar nach der täglichen
Schliessung)
– der Konsumationsplätze
– des Waschbeckens
– der Türen
In den Nasszellen (komplett)
49
3.Rechtliche Bestimmungen &
Vorsorge am Arbeitsplatz
Arbeitsrecht
3.1 Rechtliche Bestimmungen
Nach Art. 82 des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (UVG; SR 832.20) ist der/die
ArbeitgeberIn verpflichtet, zur Verhütung von Berufsunfällen und Berufskrank­heiten alle
Massnahmen zu treffen, die notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und
den gegebenen Verhältnissen angemessen sind. Die anfallenden Kosten hat der/die ArbeitgeberIn zu übernehmen. Die ArbeitnehmerInnen sind zur Mitwirkung verpflichtet.
In Bezug auf Hepatitis lassen sich daraus folgende Erkenntnisse ableiten: Mitarbeitende, die im Rahmen ihrer Tätigkeit Blut oder potentiell infektiösen Körperflüssigkeiten
ausgesetzt sind, sollen gegen Hepatitis B geimpft sein. Die Kosten für diese Impfung
gehen zu Lasten des/der ArbeitgeberIn. Die Angestellten werden angehalten, die Richtlinien der Institution betreffend Arbeitssicherheit zu befolgen. Angesichts des invasiven
Charakters der Impfung (Injektion) kann Mitarbeitenden die Impfung nur empfohlen
werden, eine Verpflichtung besteht aber nicht. Bei Verweigerung einer Impfung durch
den Mitarbeitenden, wird dem/der ArbeitgeberIn empfohlen:
die Person nochmals über die Nützlichkeit der Impfung zu informieren.
die Person an einem Arbeitsplatz ohne Infektionsrisiko einzusetzen.
die Verweigerung der Impfung trotz wiederholter Aufforderung schriftlich festzu­
halten.
Nicht geimpfte Personen haben sich nach Bedarf regelmässigen ärztlichen Untersuchungen zu unterziehen, um festzustellen, ob sie mit einer übertragbaren Krankheit
angesteckt wurden.
Im Fall des Verdachts auf eine berufsbedingte Infektion muss der Fall bei der BetriebsUnfallversicherung angemeldet werden. Der Fall ist durch diese Versicherung gedeckt,
ausser wenn die Infektion durch den/die Versicherte/n vorsätzlich provoziert worden
ist.
Jeder Betrieb muss eine Ärztin oder einen Arzt bestimmen, bei dem/der sich die Mitarbeitenden melden können, die potenziell infektiösem Material oder einem sonstigen
Infektionsrisiko (Stich- oder Bissverletzung) ausgesetzt waren. Die sofortige Einleitung
einer Post-Expositions-Prophylaxe (z.B. aktive und passive Impfung) kann angezeigt
sein.
Vorsorge
3.2 Post-Expositions-Prophylaxe (PEP)
50
Bei Personen, die beruflich häufig mit infiziertem Blut zu tun haben, sollten ein Hepa­
titis-B-Impfschutz sowie eine Titerbestimmung von HBs-Ak vorliegen, um nachzu­
weisen, ob der Impfschutz in ausreichendem Ausmass vorhanden ist. Jede Institution
sollte über die entsprechenden Daten ihrer Mitarbeitenden rasch verfügen können, damit mit entsprechenden PEP-Massnahmen keine Zeit verloren geht.
Personen, die an ihrem Arbeitsplatz in Kontakt mit intravenös Drogenkonsumierenden
stehen, sollten zusätzlich zum Hepatitis-B-Impfschutz auch gegen Hepatitis A geimpft
werden.
Heute stehen zur Verhinderung einer Infektion wirksame Medikamente gegen das­
HI- und Hepatitis-B-Virus zur Verfügung. Die PEP muss möglichst rasch nach dem Blutkontakt angewendet werden.
Für Hepatitis C gibt es keine PEP. Bei Hepatitis A ist eine aktive Impfung möglich.
3.3 Risikosituationen
In jedem Falls muss bei
Nadelstichverletzung
Bissverletzung
Exposition von verletzter Haut mit Blut (Ekzem, Wunde usw.)
Exposition von Schleimhaut mit Blut
unverzüglich der/die Haus- oder NotfallärztIn oder eine spezialisierte HIV-Sprechstunde
kontaktiert werden, um das weitere Vorgehen abzusprechen.
Wenn immer möglich, sollte dem Indexpatienten oder der Indexpatientin, welche die
exponierte Person angesteckt haben könnte, Blut für die HIV-, Hepatitis-C- und
­Hepatitis-B-Testung abgenommen werden. Weiter sollten die Personalien erfasst
­werden.
Auch wenn eine PEP abgelehnt wird, muss aus versicherungsrechtlichen Gründen
­sobald als möglich eine Ärztin oder ein Arzt zur Blutentnahme aufgesucht werden.
Blutuntersuchungen müssen nach 3 und nach 6 Monaten wiederholt werden. In der
Zwischenzeit ist die betroffene Person als möglicherweise infiziert und damit an­
steckend zu betrachten, d.h. die Regeln des Safer Sex müssen beachtet werden.
3.4 PEP bei HIV
In jeder Institution, in der RisikopatientInnen betreut werden, sollte ein Notfallset mit
ausreichend Tabletten und Kapseln für einen Tag bereit liegen (Viracept 2 x 5 Tabletten à
250 mg pro Tag und Combivir 2 x 1 Kapsel pro Tag).
Bei bekannter HIV-Infektion des/der IndexpatientIn, sollte die erste Dosis für den/die
Betroffene/n unverzüglich (maximal zwei Stunden!) nach dem Expositionsereignis eingenommen werden (5 Tabletten Viracept und 1 Kapsel Combivir). Sollte eine Institution
nicht über diese Medikamente verfügen, muss gewährleistet werden, dass diese Medikamente innerhalb zweier Stunden verordnet (z. B. durch den telefonischen Notfalldienst der Uni-Kliniken), beschafft und durch die betroffene Person eingenommen
­werden können (rund um die Uhr!).
Diese Massnahmen sind nach Möglichkeit mit dem/der Haus-, Notfall- oder HIV-spe­
zialisierten Arzt/Ärztin abzusprechen. Auch bei unbekanntem HIV-Status des/der
­Indexpatient/in oder bisher negativem Resultat ist eine ärztliche Beurteilung unerlässlich, um das Infektionsrisiko abzuwägen.
51
Im Notfall gilt
Bei Unsicherheit die erste Dosis Medikamente einnehmen, um sich Zeit zu verschaffen
für weitergehende Abklärungen. Der Nachteil allfälliger kurz auftretender Nebenwirkungen ist gegenüber einer möglichen HIV-Infektion vernachlässigbar.
3.5 PEP bei Hepatitis B
Wurde bei dem/der IndexpatientIn ein positiver HBs-Ag-Wert nachgewiesen oder ist
diese/r unbekannt und vermutlich drogenabhängig handelt es sich um eine/n Risiko­
patient/in.
Vorgehen
Bei ungenügend (HBs-Ak < 10) oder nicht geimpften Exponierten muss innerhalb von­
48 Stunden nach der Exposition Hepatitis-B-Immunglobulin verabreicht werden und
zusätzlich mit einer aktiven Impfung begonnen werden. Bei unbekanntem Impfstatus
bleibt also Zeit, um notfallmässig den Impfstatus (HBs-Ak) zu bestimmen. Bei einem
HBs-Ak-Wert zwischen 10 und 100 reicht eine aktive Impfung aus. Bei Werten über 100
sind bezüglich Hepatitis B keine weiteren Massnahmen notwendig, der Impfschutz ist
dann langzeitig ausreichend.
Ist der/die Indexpatient/in bekannt, aber sein/ihr HBsAg-Wert unbekannt:
Vorgehen
Es bleiben nach dem Ereignis 48 Stunden, um eine notfallmässige Bestimmung des
HBs-Ag-Wertes beim/bei der IndexpatientIn durchzuführen.
3.6 Versicherungsschutz
Jede Nadelstichverletzung und jede Exposition der Schleimhaut oder von geschädigter
Haut mit Blut muss der Betriebsunfallversicherung gemeldet werden. Diese übernimmt
die Kosten von Blutentnahmen und medizinischen Konsultationen. Im Falle einer
­Ansteckung sind die Leistungen der Betriebsunfallversicherung besser als diejenigen
der Krankenkasse.
Dazu sind jedoch eine sorgfältige Dokumentation und der Nachweis mittels Blutentnahmen unmittelbar nach der Verletzung sowie nach 3 und 6 Monaten unerlässlich.
52
III. Therapie
53
1.Verschiedene Hepatitiden –
verschiedene Therapien
Sich behandeln lassen
1.1 Therapie viraler Hepatitiden
Die bisherigen Erfahrungen in der Praxis haben gezeigt, dass die Therapie viraler Hepatitiden bei Drogenkonsumierenden ähnlich gute Erfolgschancen hat wie bei PatientInnen
ohne Suchterkrankung. Die Behandlung sollte jedoch von ÄrztInnen bzw. in medizinischen Institutionen durchgeführt werden, die über Erfahrung und das nötige Wissen zu
Suchterkrankungen und über die spezielle Problematik viraler Hepatitis-Infektionen
verfügen. Psychische und/oder somatische Begleiterkrankungen, die bei PatientInnen
mit einer Suchterkrankung gehäuft auftreten, müssen berücksichtigt bzw. behandelt
werden.
Wichtige Voraussetzung für die medikamentöse Therapie einer viralen Hepatitis bei
Drogenkonsumierenden ist eine möglichst grosse körperliche, psychische und soziale
Stabilität. So können Unterbrüche oder vorzeitige Abbrüche der Therapie verhindert
werden. Auch die Gefahr, erneut mit dem Virus (Reexposition gegenüber dem Hepatitis-C-Virus) und/oder leberschädigenden Substanzen (vor allem Alkohol) in Kontakt zu
kommen, ist bei instabilen PatientInnen höher als bei anderen. Entzugsbehandlungen
und die Monate unmittelbar nach dem Entzug sind in der Regel als instabile Phasen zu
betrachten, weshalb die Vor- und Nachteile einer Hepatitis-Behandlung in dieser Zeit
genau abzuwägen sind. Dagegen ist eine Behandlung während einer gut etablierten
ambulanten Substitutionsbehandlung oder im Rahmen eines längeren Aufenthalts in
einer Institution – auch im Rahmen eines Strafvollzugs – häufig gut durchführbar.
Betrachtet man die verschiedenen Arten viraler Hepatitiden, so steht bei Drogen­
konsumierenden die Behandlung der chronischen Hepatitis C eindeutig im Vordergrund.
Die Erfolgschance hängt bei korrekt durchgeführter Behandlung von individuellen Faktoren und vom Genotyp des Hepatitis-C-Virus ab (➞ Kapitel III.1.5). Sie liegt zwischen­
50 und 90 %. Der Genotyp bestimmt hauptsächlich auch die Dauer der medikamentösen
Therapie (24 oder 48 Wochen).
Weil die Hepatitis B deutlich weniger häufig chronisch verläuft als die Hepatitis C und
weil man sich gegen Hepatitis B impfen lassen kann, stellt sich die Frage nach einer medikamentösen Behandlung viel seltener. Die Indikation sollte an einem spezialisierten
Zentrum und unter Berücksichtigung allfälliger Kontraindikationen gestellt werden.
Weil das Hepatitis-D-Virus nur gemeinsam mit dem Hepatitis-B-Virus auftritt, muss
diese Infektion nur bei bestehender chronischer Hepatitis B berücksichtigt und allenfalls
behandelt werden.
Die Hepatitiden A und E verlaufen nie chronisch und heilen immer aus. Eine medikamentöse Therapie ist deshalb nicht notwendig.
1.2 Hepatitis A und E
54
Hepatitis A und Hepatitis E verlaufen nie chronisch. Bei einer akuten Erkrankung ist
­keine medikamentöse, antivirale Therapie nötig. Allfällige Symptome, wie zum Beispiel
Übelkeit, können behandelt werden. Es wird allerdings empfohlen, vorher eine medizinische Untersuchung durchführen zu lassen. Es kann vorkommen, dass eine Behandlung die Blutgerinnung beeinflusst. Falls der/die PatientIn in der akuten Phase schneller
­blutet (z.B. beim Zähneputzen), wird eine Untersuchung der Blutgerinnung empfohlen;
eine erhöhte Blutungsneigung kann Ausdruck eines akuten Lebergeschehens sein. Die
Ernährung muss nicht grundsätzlich umgestellt werden, auf schwere und fette Mahlzeiten sollte aber verzichtet werden.
1.3 Hepatitis B (und D)
Bei den meisten PatientInnen mit einer im Erwachsenenalter erworbenen akuten
­Hepatitis-B-Infektion heilt die Krankheit ohne Komplikationen aus, so dass keine medikamentöse Therapie nötig ist. Nur selten verläuft eine Hepatitis B akut, meistens in
Verbindung mit einer Einschränkung der Leberfunktion. In diesem Fall wird die frühzeitige Verlegung in ein Transplantationszentrum empfohlen, um allenfalls eine lebensrettende Lebertransplantation zu ermöglichen.
1.4 Chronische Hepatitis B (und D)
Weil das Hepatitis-D-Virus nur gemeinsam mit dem Hepatitis-B-Virus auftritt, gelten
für diese beiden Typen dieselben Behandlungsrichtlinien.
Beim Entscheid, ob eine chronische Hepatitis B behandelt werden soll, müssen folgende
Aspekte berücksichtigt und sorgfältig abgeklärt werden:
die Aktivität der Virusinfektion
das Ausmass der Leberschädigung
das Alter der Patientin/des Patienten
das voraussichtliche Ansprechen auf die Behandlung
die mit der Behandlung verbundenen möglichen Nebenwirkungen
Vor allem PatientInnen mit deutlich erhöhten Leberwerten (über doppelte obere
Normwerte) und fortschreitender resp. fortgeschrittener Leberschädigung (Fibrose/
Zirrhose) profitieren von einer antiviralen Therapie.
Es existieren zwei Typen chronischer Hepatitis B:
starke Virusvermehrung (Replikation): die Antigene HBs und HBe sind im Blut nachweisbar > HBe-Antigen-positive Hepatitis B. In diesem Fall ist die Gefahr von Langzeitschäden und Ansteckung hoch.
geringe Virusvermehrung: HBs-Antigen positiv, HBe-Antigen negativ, HBe-Anti­
körper positiv > HBe-Antigen-negative Hepatitis B.
(➞ Kapitel III.1.7)
Bezüglich Kontraindikationen und Behandlung von PatientInnen mit einer Sucht­
erkrankung gelten die gleichen Grundsätze wie bei der chronischen Hepatitis C (siehe
unten). Es sollte in jedem Fall eine erfahrene ärztliche Fachperson kontaktiert werden.
Die Behandlung erfolgt in der Regel mit antiviralen Medikamenten (Nukleosid- und
­Nukleotidanaloga) oder mit pegyliertem Interferon. Das Ziel ist eine anhaltende Unterdrückung der Viren sowie eine Reduktion der Leberwerte im Blut. Die Therapiedauer
liegt je nach Verlauf zwischen 6 Monaten und mehreren Jahren. Bei der Behandlung mit
Nukleosid- oder Nukleotidanaloga können Resistenzen auftreten, was den zusätzlichen
Einsatz weiterer Substanzen aus dieser Wirkstoffklasse erfordert. Die Viruselimination
mit Ausbildung von HBs-Antikörpern (HBs-Serokonversion) wird häufiger mit einer
­Interferontherapie erreicht (in ca. 7 % der Fälle).
55
Lebertransplantation
Bei fortgeschrittener Zirrhose kann heute auch eine Lebertransplantation erfolgreich
sein. Zur Verhinderung des erneuten Auftretens der Erkrankung (Rezidiv) ist eine
­lebenslange medikamentöse Prophylaxe mit einem antiviralen Medikament und die
­regelmässige passive Immunisierung mit Hepatitis-B-Antikörpern nötig.
Lebensführung
Wichtig sind eine ausgewogene Ernährung und ein eingeschränkter Alkoholkonsum.
Bezüglich der körperlichen Aktivität in Beruf und Sport gibt es keine grundsätzlichen
Vorbehalte. Bei Übergewichtigen mit Leberverfettung (Steatose) gibt es Hinweise dafür, dass eine sportliche Betätigung den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen kann.
1.5 Chronische Hepatitis C
Durch Leberschäden bedingte Todesfälle nehmen bei Drogenkonsumierenden zu. Dabei
spielt die Hepatitis-C-Erkrankung eine wichtige Rolle. Eine konsequente Information
und Abklärung aller Hepatitis-C-positiven Drogenkonsumierenden bezüglich einer
­Therapie ist unabdingbar.
Zentrales Behandlungsziel ist die Elimination der Hepatits-C-Viren, um die möglichen
Folgeerscheinungen der Infektion, insbesondere die chronisch fortschreitende Leberschädigung, zu verhindern bzw. zu stoppen.
In Westeuropa treten vier Hepatitis-C-Virus-Untergruppen auf (Genotyp 1 bis 4). Die
Art der Untergruppe hat nebst der Virusmenge im Blut einen wesentlichen Einfluss auf
den Erfolg einer Behandlung und spielt bei der Wahl des Behandlungsschemas und bei
den Verlaufskontrollen eine wichtige Rolle. Auf Grund der heute bekannten Daten ist
davon auszugehen, dass die Erfolgsrate einer Therapie bei den Genotypen 2 und 3 zwischen 70 % und 90 % liegt. Beim Genotyp 1 kann in ca. 50 % der Fälle mit einer Ausheilung
gerechnet werden, beim seltenen Genotyp 4 sind es etwas mehr.
1.6 Adhärenz bei Drogenkonsumierenden
Eine gute Adhärenz ist von höchster Bedeutung für eine gelingende Hepatitis- (und
auch HIV-) Therapie. Unter Adhärenz ist die Fähigkeit zur Einhaltung der von Arzt/Ärztin
und PatientIn gemeinsam festgesetzten Therapieschritte gemeint.
Im Falle von Hepatitis C sind dies:
die Respektierung der regelmässigen Kontrolltermine während und nach der Behandlung
die wöchentlichen Injektionen sowie
die Einnahme der verschriebenen Medikamente
Die Adhärenz von Drogenkonsumierenden kann infolge psychischer Begleiterkrankungen und unter Einfluss psychotroper Substanzen vermindert sein. Gelingt es, eine
­möglichst umfassende psychosoziale und somatische Versorgung und Betreuung an
einem Ort durchzuführen, hat dies positive Auswirkungen auf die Adhärenz, nicht nur
im Zusammenhang mit einer Hepatitis-C-Therapie. Je mehr verschiedene Institutionen
und Praxen von den PatientInnenen aufgesucht werden müssen, umso grösser ist die
Gefahr, dass Termine verpasst oder die Therapie ganz abgebrochen werden.
56
Ein intensives Betreuungssetting kann die Adhärenz bei Drogenkonsumierenden ebenfalls positiv beeinflussen. Ein ideales Setting für die Durchführung der Hepatitis-C-­
Therapie bietet die Opioidsubstitution. Eine Hepatitis-C-Therapie sollte daher, wenn
immer möglich, im Rahmen der Substitutions- bzw. einer heroingestützten Behandlung durchgeführt werden.
Eine Co-Infektion mit Hepatitis-B- oder HI-Viren schliesst eine Therapie nicht aus, auch
nicht bei PatientInnen unter Opioidsubstitution. Im Gegenteil: Bei diesen PatientInnen
ist eine Hepatitis-C-Therapie so rasch wie möglich anzustreben. Die Indikationsstellung
und die Therapie von Co-Infizierten gehört aber in die ­Hände von dafür spezialisierten
Zentren/Praxen.
Medikamentöse Behandlung &
Nebenwirkungen
1.7 Chronische Hepatitis B (und D)
Die Indikation zur Behandlung einer chronischen Hepatitis B sollte nur durch spezialisiertes fachärztliches Personal gestellt werden, da eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen sind. Ziel der antiviralen Therapie ist eine anhaltende Unterdrückung der
­HBV-DNA verbunden mit einer Normalisierung der Transaminasen. Letztere sind in
­ihrer Höhe entscheidend bei der Medikamentenwahl. Eine Leberbiopsie ist nicht zwingend notwendig.
Zur Verfügung stehen folgende Substanzen: Lamivudine (Zeffix), Telbivudine (Sebivo),
Entecavir (Baraclude) (alles Nukleosidanaloga); Adefovir (Hepsera), ein Nukleotidanalogon und pegyliertes Interferon (Pegasys, Pegintron).
Grundsätzlich lässt sich eine grobe Einteilung der Therapien anhand der Verlaufsform
vornehmen:
HBe-Antigen-positive
chronische Hepatitis B
Das Vorhandensein von HBe-Antigen weist auf eine hohe Vermehrungsrate des Virus
im Körper hin. Entscheidend für die Medikamentenwahl ist die Höhe der Transaminasen. Dabei gibt es folgende Varianten:
Bei über fünffach über der oberen Norm erhöhten Transaminasen, fehlender Kontraindikation (➞ Kapitel III.1.4) und guter Aussicht auf Adhärenz ist die Therapie mit
pegyliertem Interferon über 6 Monate die erste Wahl. Alternativen sind: Adefovir
oder Entecavir.
Bei zwei- bis fünffach über dem oberen Normwert liegenden Transaminasen ist eine
Therapie mit Lamivudin angezeigt. Die Therapie dauert bis 6 Monate nach HBe-Antigen-Serokonversion oder bis zum Auftreten einer Lamivudin-Resistenz. Alternativen
sind: Adefovir, Entecavir und pegyliertes Interferon.
Bei Transaminasewerten unter maximal zweifacher oberer Norm wird in der Regel
keine Therapie durchgeführt.
HBe-Antigen-negative
chronische Hepatitis B
Bei Hepatitis-B-PatientInnen mit Transaminasewerten über der doppelten oberen Norm
wird eine Lamivudintherapie als Dauertherapie bis zum Auftreten von Resistenzen bzw. bis
1 Jahr nach HBV-DNA-Verlust empfohlen. PatientInnen mit tieferen Werten werden in der
Regel nicht behandelt. Alternativen sind: Adefovir, Entecavir oder pegyliertes Interferon.
57
Inaktives HBs-Antigen
Die Prognose dieser PatientInnen ist in der Regel gut. Eine Behandlung ist deshalb nicht
notwendig.
Therapie
Grundsätzlich steigen die Erfolgsaussichten einer Therapie mit der Therapietreue der
Patientin/des Patienten. Eine hohe Therapietreue trägt auch wesentlich zur Verhinderung von frühzeitiger Resistenzentstehung bei.
Pegyliertes Interferon
Interferon ist ein natürliches, körpereigenes Eiweiss, das die körpereigene Abwehr
aktiviert, so dass Viren an der Vermehrung gehindert werden. Die Immunabwehr des
Körpers wird also unterstützt. Das pegylierte Interferon ist ein abgeändertes Inter­
feron, bei dem eine Polyethylenglykolseitenkette an das ursprüngliche Interferon­
molekül fixiert wurde. Dadurch wird erreicht, dass das Medikament langsamer in den
Körper aufgenommen und auch langsamer ausgeschieden wird, so dass nur noch eine
Injektion pro Woche nötig ist. Pegyliertes Interferon weist eine höhere Therapie­
erfolgsrate und weniger Nebenwirkungen auf als herkömmliches Interferon. Die Behandlung mit pegyliertem Interferon führt im günstigsten Fall zu einer «Immunclearance» (HBsAg/Anti-HBs-Serokonversion) und damit zur serologischen Ausheilung. Die
Therapie muss aber einsetzen, bevor eine Zirrhose vorliegt.
Für die Therapie von Hepatitis B ist nur pegyliertes Interferon alpha-2a zugelassen.
Lamivudin/Adefovir/Telbivudin/Entecavir/Tenofovir
Nukleosid-Analoga ( Lamivudin, Telbivudine, Entecavir) und Nukleotid-Analoga (Ade­
fovir, Tenofvir) sind chemische Substanzen, die sehr ähnlich aufgebaut sind wie die Bausteine der viralen Erbsubstanz. Sie werden deshalb vom Virus als normale Bausteine
erkannt. Im Gegensatz zu den normalen Bausteinen kann aber nach dem Einbau eines
Nukleosid- oder Nukleotid-Analogons die Erbsubstanz nicht mehr weitergebaut werden und es kommt zu einem Abbruch. Dadurch wird die Vermehrung des Virus gestoppt.
Diese Medikamente sind sehr wirksam und gut verträglich und können im Gegensatz
zum Interferon als Tablette eingenommen werden. Leider verlieren diese Medikamente, die in der Regel über Jahre eingenommen werden sollten, mit der Zeit ihre Wirksamkeit (Resistenzentwicklung, die je nach Medikament und individuellen Faktoren unterschiedlich schnell eintritt). In diesem Fall werden Kombinationstherapien notwendig.
Der primäre Einsatz von Kombinationstherapien analog der HIV-Behandlung wird
­momentan kontrovers diskutiert.
58
Nebenwirkungen
Lamivudin (Nukleosidanalogon) wird in der Regel sehr gut vertragen, bei Entacavir ist
auf die Nierenfunktion zu achten. Adefovir kann Nebenwirkungen im Magen-Darm­
bereich (Übelkeit, Durchfall) verursachen. Auf die Nebenwirkungen von Interferon wird
im folgenden Kapitel bei der Therapie der chronischen Hepatitis C eingegangen.
Kontrollen
unter Therapie
Unter einer laufenden Hepatitis-B-Therapie sind regelmässige Laborkontrollen notwendig.
Bei einer Nukleosid-/Nukleotidanalogatherapie ist eine vierteljährliche Transaminasenkontrolle sowie ein halbjährliche virologische Kontrolle (HBs-Antigen, HBe-Antigen,
­Anti-HBe, HBV-DNA quantitativ) empfehlenswert.
Bei der Behandlung mit pegyliertem Interferon sollten zusätzlich das Blutbild und die
Leberwerte regelmässig kontrolliert werden. Es wird empfohlen, im ersten Monat alle
zwei Wochen, danach alle vier Wochen eine Kontrolle durchführen zu lassen. Zudem
sollte vierteljährlich das TSH (Schilddrüsenwert) überprüft werden.
1.8 Chronische Hepatitis C
Indikationen
Über die Frage, ab welchem Zeitpunkt eine Hepatitis-C-Therapie durchzuführen ist, sind
sich die SpezialistInnen nach wie vor nicht einig. Nach heutigem Wissensstand basiert
die Entscheidung zur Durchführung einer Hepatitis-C-Therapie auf folgenden Kriterien:
1. Das Virus (HCV-RNA) ist im Blut nachweisbar
und die Indikation ist histologisch gegeben, d. h. es sind unabhängig vom Entzündungsgrad mindestens portale Fibrosen und Septen nachweisbar (score Metavir = F2)
oder es liegt ein Genotyp 2 oder 3 mit erhöhten Transaminasen vor
oder der/die PatientIn wünscht in jedem Fall eine Therapie
und/oder die Indikation beruht auf extrahepatischen Manifestationen, d. h. es
­treten Symptome der Hepatitis C ausserhalb der Leber auf.
> In all diesen Fällen kann auf eine Leberbiopsie verzichtet werden.
2.Es bestehen keine Kontraindikationen wie Depression oder Psychose, unkontrollierter Alkohol- oder intravenöser Drogenkonsum, fortgeschrittenes Herz-/Lungenoder neurologisches Leiden, Autoimmunerkrankung, maligne Vorerkrankung (ausser unter Langzeitremission), schwere Anämie (<10g/dl, allenfalls unter
Erythropoetingabe trotzdem möglich), schlecht eingestellter Diabetes mellitus.
> Hinweise für dekompensierte Lebererkrankung: Behandlung in diesem Fall nur in
hepatologischen Zentren.
3. Die Bereitschaft der Patientin/des Patienten, die eingehend über die Erfolgschancen
einer ­Therapie, die potentiellen Nebenwirkungen und die Risiken einer Krankheitsprogression bei Therapieverzicht informiert wurde.
4. Die Adhärenzfähigkeit der Patientin oder des Patienten zur Therapie und zu Kontrollen, resp. Schaffung eines Adhärenz-fördernden Settings für die Durchführung der
Therapie. (➞ Kapitel III.1.6).
Es wird empfohlen, eine Hepatitis-C-Therapie möglichst mit einer Substitutionstherapie
und entsprechender Betreuung zu kombinieren. Oftmals ist eine temporäre Erhöhung
der Methadon- oder Heroindosis während der Therapie sinnvoll. Eine Hepatitis-C-­
Therapie unter Drogenentzugsbehandlung oder weniger als ein halbes Jahr danach ist
aufgrund erhöhter Rückfallgefährdung kontraindiziert.
Bei GefängnisinsassInnen und PatientInnen in stationären Langzeitinstitutionen ist eine
Hepatitis-C-Therapie durchführbar. Die Therapie- und Kontrolladhärenz ist dort besonders gut gewährleistet.
Therapie
Die chronische Heptatitis C wird heute mit einer Kombination von pegyliertem Inter­
feron und Ribavirin behandelt. Das pegylierte Interferon wird einmal wöchentlich unter
die Haut gespritzt. Die Injektion erfolgt nach entsprechender Instruktion durch die
­Patientin/den Patienten selbst oder durch eine Fachperson. Das zweite Medikament,
Ribavirin, wird zweimal täglich in Tablettenform eingenommen. Die empfohlenen
­Therapieregime unterscheiden sich durch die Wahl der zwei auf dem Markt erhältlichen
pegylierten ­Interferone (peg. Interferon alpha-2a und peg. Interferon alpha-2b). Die
beiden Medikamente sind in ihrer Wirkung gleichwertig. Welches Medikament zur
59
­Anwendung ­gelangt, sollte deshalb individuell entschieden werden. Mögliche Kriterien
sind die ­Applikationsart (unterschiedliche Spritzentypen für die beiden Medikamente)
sowie die Kosten.
Dosierung
Pegyliertes Interferon alpha-2a
Genotyp 1 und 4:
180 ug peg. Interferon alpha-2a sc 1x /Woche plus Ribavirin 5 oder 6 x 200 mg (je nach
Körpergewicht, < oder >75 kg), per os (über den Mund) in zwei Dosen pro Tag, für­
48 Wochen.
Genotyp 2 und 3:
180 ug peg. Interferon alpha-2a sc 1x /Woche plus Ribavirin 4 x 200 mg per os in
2 Dosen pro Tag, für 24 Wochen.
Pegyliertes Interferon alpha-2b
Hier ist auch die Interferondosis angepasst ans Körpergewicht:
1,5 ug/kg einmal wöchentlich für 48 Wochen.
Plus Ribavirin:
< 65 kg: 800 mg/Tag (je 2 Kapseln morgens und abends)
65–85 kg:1000 mg/Tag (2 Kapseln morgens, 3 abends)
> 85kg: 1200 mg/Tag (3 morgens, 3 abends)
Genotyp 1 und 4: 48 Wochen
Genotyp 2 und 3: 24 Wochen
Dauer der Therapie
Der Genotyp und die Viruslast vor und während der Therapie bestimmen die Länge der
Therapie. Die Therapiedauer beträgt in der Regel 24 oder 48 Wochen.
Genotyp 1+ 4: 48 Wochen im Normalfall. Falls die Viruslast nach 3 Monaten nicht negativ oder nicht um wenigstens 2 log (100 x) kleiner ist, wird die Behandlung abgebrochen, weil die Heilungschancen im Verhältnis zu den Nebenwirkungen zu klein sind.
Genotyp 2 + 3: 24 Wochen im Normalfall. (➞ abgekürzte Therapien).
Eine negative Viruslast nach einmonatiger Behandlung (Rapid virological response, RVR)
zeigt auf, dass die Heilungschancen gross sind, der/die PatientIn gut auf die Medikamente angesprochen, und diese nach Vorschriften eingenommen hat. Dies kann die
Motivation bei Drogenkonsumierenden, insbesondere bei schweren Nebenwirkungen,
steigern. Zudem kann bei RVR unter Umständen die Therapie abgekürzt werden.
Therapiekontrollen
60
1x wöchentliche Blutentnahmen während 8 Wochen, danach monatlich Blutbild­
kontrollen.
ALAT (Leberwert): alle 2 Wochen während des ersten Monats, danach monatlich.
TSH (Schilddrüsenwert): alle 3 Monate.
HCV-RNA Kontrolle: nach 4, 12 und zusätzlich bei Genotyp 1 und 4 nach 24 Wochen
Therapiedauer.
Woche 4: Falls die Viruslast bereits nicht mehr nachweisbar ist (Rapid virological
­response, RVR), kann eine Abkürzung der Therapie erwogen werden.
Woche 12: Falls der Abfall der Viruslast weniger als 2 log beträgt, kann die Therapie
gestoppt werden, da kaum noch Heilungsaussichten bestehen.
Woche 24: Bei Genotyp 1 und 4 Therapiefortsetzung nur, wenn HCV-RNA nicht mehr
nachweisbar ist.
Nachkontrollen
Bei erfolgreicher Therapie wird nach 6 Monaten eine Untersuchung auf Leberwerte
(ALAT) und Viruslast (HCV-RNA) durchgeführt. Falls im Verlauf der Therapie Auffällig­
keiten im Blutbild auftreten, werden die entsprechenden Parameter nach 3 und 6 Monaten kontrolliert.
Erfolgschancen
Eine erfolgreiche Therapie ist definiert durch einen negativen HCV-RNA-Nachweis und
normale Transaminasen 6 Monate nach Therapie-Ende (sustained virological response,
SVR).
Der Therapieerfolg liegt zwischen 50 und 90 % je nach Genotyp, wobei Genotyp 2 und 3
am besten auf die Therapie ansprechen.
Nach erfolgreicher Therapie (sustained virological response 6 Monate nach Therapie­
ende) besteht eine Rückfallrate von 1–2 % während den folgenden 2 Jahren (late relapse). Auch bei Therapieabbruch kann der/die PatientIn einen weiteren Therapieversuch
unternehmen, die Heilungschancen bleiben gleich.
Abgekürzte Therapien
Falls nach 4 Wochen Therapie bereits keine Viren im Blut mehr nachweisbar sind, kann
die Therapie unter besonderen Umständen abgekürzt werden, auf 16 Wochen bei Genotyp 2 und 3, resp. auf 24 Wochen bei Genotyp 1. Voraussetzung ist das Vorhandensein weiterer prognostisch günstiger Faktoren, wie eine tiefe Viruslast vor Beginn der
Therapie (<600 000 IU/ml) sowie eine gute Adhärenz während der Therapie. Es empfiehlt sich, eine problemlos verlaufende Therapie über die volle vorgesehene Länge
durchzuführen; die Erfolgsaussichten sind unter diesen Bedingungen am besten. Eine
Abkürzung sollte nur ins Auge gefasst werden, wenn die oben genannten Bedingungen
erfüllt sind und erhebliche Nebenwirkungen auftreten.
Unerwünschte
Wirkungen
Das Auftreten und das Ausmass von Nebenwirkungen sind individuell sehr verschieden.
Die meisten Nebenwirkungen treten in den ersten vier Wochen auf und klingen im Verlauf der Behandlung oft allmählich ab.
Somatische
Nebenwirkungen
Am häufigsten treten einige Stunden nach Interferon-Injektionen grippeähnliche
Symptome wie Fieber, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Muskel-, Gelenk- und Gliederschmerzen auf. Diese können ohne weiteres prophylaktisch mittels Einnahme eines
Grippemittels (Paracetamol, 500 mg, 30–60 Minuten vor der Interferon-Injektion)
behandelt werden.
Müdigkeit, die im Verlauf der Therapie abklingt und erst nach Abschluss der Behandlung vollständig verschwindet.
Übelkeit, oftmals am Anfang nach Einnahme von Ribavirin; kann medikamentös
­behandelt werden.
Appetitlosigkeit, verbunden mit Gewichtsverlust.
Haarausfall, dünnes Haar.
Trockene Haut, kann durch Anwendung einer Hautcrème von Behandlungsbeginn an
verhindert werden.
Störung der Schilddrüsenfunktion oder andere Autoimmunkrankheiten (selten).
Die beschriebenen unerwünschten Wirkungen bilden sich alle vollständig zurück, wenn
die Dosis reduziert oder die Medikamente gestoppt werden; einzig die Schilddrüsen­
unterfunktion (und andere autoimmune Erkrankungen) verschwinden nicht immer
vollständig.
61
Weil die Behandlung belastend sein kann (aber nicht muss) ist es wichtig, dass sich der/
die PatientIn bei einer ärztlichen Fachperson vorgängig ausführlich über Auswirkungen
auf die Lebensqualität informiert und während der Therapie allenfalls auftauchende
Probleme besprechen kann.
Schwangerschaft
Ribavirin schädigt das werdende Kind im Mutterleib und die Qualität der Spermien.
Während der Behandlung und bis sechs Monate danach dürfen Frauen deshalb nicht
schwanger werden und Männer keine Kinder zeugen. Eine adäquate Empfängnis­ver­
hütung ist somit während der gesamten Therapiedauer und für sechs Monate darüber
hinaus unerlässlich.
Nebenwirkungen
auf das Blutbild
Die Hepatitis-C-Behandlung hat auch auf die Blutzellen (weisse und rote Blutkörperchen, Blutplättchen) Nebenwirkungen, daher sind regelmässige Blutuntersuchungen
sehr wichtig.
Nebenwirkungen
von Interferon
Interferon senkt die Anzahl der weissen Blutkörperchen (Leukopenie) und/oder der
Blutplättchen (Thrombopenie).
Das Ausmass dieser Nebenwirkungen auf das Blut ist individuell verschieden und kann
zur Dosisreduktion des Interferons oder im schlimmsten Fall zum Therapieabbruch
­führen.
Nebenwirkungen
von Ribavirin
Der Hämoglobinwert (roter Blutfarbstoff) sinkt bis hin zur Anämie (Blutarmut), die
häufig mit Müdigkeit oder schneller Erschöpfbarkeit einhergeht. Auch bei normalen
Blutwerten klagt ein Teil der PatientInnen in den ersten Monaten der Behandlung über
vermehrte Müdigkeit.
Psychische/psychiatrische Problemstellungen
bei der Hepatitis-CInfektion und -Behandlung
Sowohl bei einer Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus wie auch bei deren Therapie besteht das Risiko psychiatrischer Erkrankungen.
Verschiedene Studien belegen eine erhöhte Prävalenz von depressiven Störungen (bei
22–28 % der Infizierten) und Angstzuständen (bei 10–25 %) bei einer nicht behandelten
Erkrankung. Oft sind der Infektion vorausgehende Persönlichkeitsstörungen mit erhöhtem Risikoverhalten zu beobachten.
Die verschiedenen psychiatrischen Störungen können die Entwicklung und die Behandlung der Hepatitis C erheblich beeinflussen. Es ist deshalb wichtig, die psychiatrische
­Komorbidität der PatientInnen einzubeziehen.
Die Verabreichung von Interferon kann neuro-psychiatrische Nebenwirkungen haben,
die eine Reduktion der Dosis oder sogar den Therapiestopp zur Folge haben können.
Psychische Nebenwirkungen von Interferon
62
Reizbarkeit
Emotionale Schwankungen
Depressive Zustände
Schlafstörungen
Angstzustände
Manische Zustände (selten)
Kognitive Störungen (Gedächtnis, Konzentration)
Verwirrungszustände
Therapien bei Drogenkonsumierenden nehmen vor allem aufgrund dieser Komplikationen oftmals einen negativen Verlauf. Ein Vertrauensverhältnis zwischen Arzt/Ärztin
und PatientIn ist deshalb wichtig.
Während der Behandlung sollte immer auf folgende Punkte geachtet werden:
Die PatientInnen und ihre Angehörigen müssen auch über mögliche Verwirrungs­
zustände informiert und auf entsprechende Fragen soll eingegangen werden.
Bei depressiven Verstimmungen ist eine entsprechende, evtl. medikamentöse Behandlung einzuleiten.
Den PatientInnen muss bewusst sein, dass es sich bei der Hepatitis-C-Behandlung um
eine Langzeitbehandlung handelt, die einige Monate über die antivirale Therapie hinaus dauert. Sie sollten mindestens einmal pro Monat zur Sprechstunde erscheinen.
In bestimmten Fällen, wie bei durchgemachten Depressionen mit oder ohne Suizid­alität
der Patientin oder des Patienten, wird eine präventive antidepressive Behandlung vorgeschlagen.
Bei PatientInnen mit instabilen psychiatrischen Erkrankungen gehört eine allfällige
Therapie in die Hände von spezialisierten und erfahrenen Zentren/Praxen.
1.9Besonderheiten bei Drogenkonsumierenden
Anhaltender, unkontrollierter Drogenkonsum erhöht das Risiko einer Re-Infektion
während der Therapie, unabhängig davon, ob die Substanzen intravenös, durch inhalieren oder durch sniffen konsumiert werden. In diesem Falle ist von einer Therapie ab­
zusehen.
Dies gilt nicht für Drogenkonsumierende mit kontrolliertem Konsum.
Ein sporadischer Konsum unter hygienisch einwandfreien Bedingungen und in Mengen,
die keine kognitive Beeinträchtigung bedingen, ist möglich und stellt weder ein
Re-Infektionsrisiko noch eine Gefährdung der laufenden Therapie dar.
Es wird empfohlen eine Hepatitis-C-Therapie möglichst mit einer Substitutions­therapie
und entsprechender Betreuung zu kombinieren.
Alkohol und HepatitisC-Therapie
Wenn immer möglich sollte während einer Hepatitis-C-Therapie kein Alkohol konsumiert werden. Alkohol hat keinen direkten negativen Einfluss auf die Wirksamkeit der
Therapie, der Konsum kann aber die Adhärenzfähigkeit der PatientInnen verschlechtern und so die Durchführung einer Therapie erschweren. Daher ist bei Personen, die vor
einer Therapie nicht ganz auf Alkohol verzichten können, besonders auf die Fähigkeit
zur Therapieadhärenz zu achten, und es sind allenfalls Massnahmen zu ergreifen, um
diese zu verbessern.
63
1.10 Vorurteile zur Hepatitis-C-Therapie
64
Behauptung
«Wenn man drogenabhängig ist und/oder auf der Gasse lebt, kann man keine Therapie
machen.»
«Man kann nur eine Therapie machen, wenn man in einem Methadon- oder Heroin­
programm ist.»
Antwort
Regelmässiger Drogenkonsum und/oder auf der Gasse leben sprechen nicht gegen eine
Hepatitis-Behandlung. Entscheidend ist, dass die Patientin oder der Patient willens und
in der Lage ist, eine Therapie durchzuführen, die ein hohes Mass an Disziplin und Zuverlässigkeit verlangt. Wie die Chancen im Einzelfall sind, müssen PatientIn, ÄrztIn und allenfalls weitere Bezugspersonen auf Grund gemeinsamer Gespräche und gestützt auf
frühere Erfahrungen abschätzen.
Behauptung
«Die Nebenwirkungen sind so furchtbar, dass man lieber keine Therapie macht.»
Antwort
Die Nebenwirkungen sind individuell sehr verschieden und im Einzelfall kaum vorauszusagen. So gibt es immer wieder Fälle von sehr zerbrechlich wirkenden PatientInnen, bei
denen die Therapie absolut nebenwirkungsfrei verläuft. Andererseits können bei ­robust
Scheinenden schwere Nebenwirkungen auftreten, die einen Abbruch der ­Therapie nötig machen. Die grosse Mehrheit der PatientInnen bewegt sich zwischen diesen Extremen. Es treten zwar unerwünschte Wirkungen auf, diese sind aber in ­vielen Fällen nicht
gravierend und lassen sich auch medikamentös lindern. Die Nebenwirkungen dauern
gleich lange wie eine Behandlung, die Symptome einer chronischen Erkrankung hingegen oft über viele Jahre.
Behauptung
«Man wird sehr depressiv.»
Antwort
Nur eine kleine Gruppe wird wirklich stark depressiv. Die Erfahrung zeigt, dass es bei einem Teil der PatientInnen vermehrt zu Stimmungsschwankungen kommt, was oft verwechselt wird mit sehr depressiv. Von einer ernsthaften Depression im psychiatrischen
Sinn sind jedoch nur wenige PatientInnen betroffen. In solchen Fällen ist es in der Regel
sinnvoll, antidepressiv wirkende Medikamente einzusetzen, die häufig eine gute Wirkung zeigen.
Behauptung
«Die Therapie nützt nur bei wenigen Leuten.»
Antwort
Je nach Hepatitis-Art und Genotyp sowie eingesetzten Medikamenten liegt die Erfolgsrate einer Therapie zwischen 50 und 90 %. Man kann mit gutem Gewissen sagen, dass
die Behandlung für viele erfolgreich ist.
Behauptung
«Die Therapie wird von niemandem bezahlt.»
Antwort
ÄrztInnenkonsultationen und die meisten verwendeten Medikamente müssen von den
Krankenkassen bezahlt werden. Die Hepatitis-C-Behandlung ist also eine Pflichtleistung der Grundversicherung.
IV. Anhang
65
1.Glossar
A
AdhärenzEinhaltung der von Arzt/Ärztin und PatientIn festgesetzten Therapieziele AkAntikörper
ALATAlanin-Aminotransferase, auch ALAT, früher GPT. Leberenzym,
zeigt Leberschädigung an
Antigen
Stoff, der zur Antikörperbildung führt
Anti-HBsAntikörper gegen das Hbs-Antigen
Anti-HBcAntikörper gegen das HBc-Antigen
ArbeitsrechtRechtliche Bestimmungen
asymptomatisch nicht den erwarteten Symptomen entsprechend
56
18
29
18
31
31
50
14
B
Base
Bilirubin
Blut-Aufmerksamkeit
eigentlich: Kokain Base = Crack
normales Abbauprodukt des Blutfarbstoffes (Hämoglobin)
hinsichtlich Kontakte mit Blut oder mit Gegenständen an denen Blut
oder Blutreste – auch eingetrocknete – haften könnten
45
29
C
CD4 Wert
Crack
Co-Infektion
zeigt die Anzahl bestimmter Helferzellen im Blut (bei HIV) auf
Kokain Base, aus Kokain-Hydrochlorat (Kokain) gewonnen, rauchbar,
enthält Reste von Ammoniak
gleichzeitiges Aktiv-sein von mehr als einem Krankheitserreger
23
39
45
23
D
DNAauch DNS; Desoxyribonukleinsäure, ein sehr grosses Molekül, das als Träger der
Erbinformation dient. Anhand dieser Information, die in einer bestimmten Form,
dem genetischen Code, in die DNA eingeschrieben ist, werden Proteine produziert 29
E
Exposition
medizinisch: Kontakt
F
fäkal, Fäkalien(Exkremente), vom tierischen und menschlichen Organismus nicht weiter
verwertbare, ausgeschiedene Stoffe (Kot und Urin)
fäkal-oral
(bei Ansteckungswegen gebraucht) von menschlichen Exkrementen zum Mund
Free Base eigentlich: Kokain Free Base, in aufwendigem Verfahren aus Kokain-Hydrochlorat
(Kokain) gewonnen, rauchbar
Fibroscan
Lebersteifigkeitsmessung; Alternative zu Leberbiopsie
frontloadingTeilen einer zur Injektion bestimmten aufbereiteten Dosis einer Droge
durch Aufziehen in eine Spritze und Umfüllen von Teilmengen in eine oder
mehrere weitere Spritzen durch die vordere(n) Öffnung(en) (den Konus). fulminant
im medizinischen Sinne: starker, schneller Verlauf
G
Genitalsekret
Flüssigkeit der Genitalien: Sperma und Vaginalschleim
GenotypHepatitis-C-Virus-Untergruppen
66
27
12
11
45
30
44
11
18
54
H
HändehygieneHände waschen HAVHepatitis-A-Virus HAV-AkHepatitis-A-Antikörper
HBc AgHepatitis-B-c-Antigen; ein Teil des Kerns (engl. core) des Hepatitis-B-Virus
HBeHepatitis-B-envelope (Antigen)
HBsAg-positivVorliegen einer akuten Hepatitis B
HBeAgHepatitis-B-e-Antigen; Entstehen bei der Virusvermehrung, Funktion unbekannt
HBsAgHepatitis-B-surface-Antigen, ist in der Regel der erste nachweisbare Marker
einer Hepatitis-B-Infektion; Teil der Oberfläche (engl. surface)
des Hepatitis-B-Virus; früher auch Australia (Au) Antigen oder HAA
(Hepatitis-assoziiertes Antigen) genannt.
HBVHepatitis-B-Virus
HBV-DNAHepatitis-B-Virus Deoxyribonucleic Acid, dt. Desoxyribonukleinsäure,
die Erbsubstanz des Virus, also ein Teil des Virus
HCVHepatitis-C-Virus
HDVHepatitis-D-Virus
Hepatitis
Leberentzündung
HEVHepatitis-E-Virus
HIVHuman Immunodeficiency Virus, Auslöser der Aids-Krankheit
I
IgG oder IGGImmunglobuline (Antikörper) der Klasse G
IgM oder IGMImmunglobuline (Antikörper) der Klasse M
Immunität
Unempfänglichkeit gegenüber Krankheitskeimen infolge:
1. Bildung von Antikörpern nach überstandener Infektionskrankheit;
2. Bildung von Antikörpern nach Impfung
Impfung
gegen Hepatitis
IndexpatientIn
Person, welche die exponierte Person angesteckt haben könnte
InfektionAnsteckung mit (Krankheits-)Erregern; sagt nichts aus über Symptome Infertilität
Unfruchtbarkeit
InkubationszeitZeitraum zwischen Infektion und Auftreten klinischer Zeichen
der Infektionskrankheit
INR-Wertzur Wirkungskontrolle blutverdünnender Medikamente wird der so genannte INRWert nach einer Blutentnahme im Labor bestimmt
K
Konsumregeln
kontaminiert
Krankheit
für Drogenkonsumierende
verseucht
ist ein Ausnahmezustand des Körpers mit Vorliegen
von (Krankheits-)Symptomen
38
17
17
18
29
31
55
19
18
29
21
22
12
23
12
17
17
10
32
51
10
15
12
29
44
41
41
67
L, M, N, O, P
Nebenwirkungen
bei der Therapie von Hepatitis C
Leberbiopsie
Gewebsentnahme bei Verdacht auf chronische Hepatitis
Leberzirrhose
schwerwiegende Störung der Leberfunktion
Post-Expositions-ProphylaxeMassnahmen, die nach einem möglichem Kontakt mit Erregern einer
Infektionserkrankung getroffen werden
PCR-MethodePolymerasen-Kettenreaktion; Methode, um DNS zu vervielfältigen,
ohne einen lebenden Organismus, wie z.B. Escherichia coli oder Hefe zu benutzen
pegyliertes InterferonInterferon mit verzögerter Wirkstofffreisetzung
68
61
30
10
50
21
58
Q, R
Rezidiv
erneutes Auftreten einer Krankheit
Risikosituation
Sofortmassnahmen nach einer Risikosituation
RNAinternational gebräuchliche englische Abkürzung für Ribonukleinsäure;
die RNA ist eine Nukleinsäure, die in lebenden Zellen gelegentlich anstelle
der DNA als Träger des Erbguts dient.
59
S
Schwangerschaft
mögliche Übertragungswege
ScreeningReihenuntersuchung nach Antikörpern
35
21
T, U
Testen
bei Verdacht auf Ansteckung
Therapie
von Hepatitiden
TransaminasenLeberenzyme, die mit den Leberwerten ermittelt werden
27
54
29
V, W, X, Y, Z
viral
verwandt mit oder bedingt durch ein Virus
Viral LoadVirenbelastung
10
30
56
42
1
2
2. Illustrierte Merkblätter
injektion
1
1
1
3
32
1
3
1
43
6
62
32
6
4
9
7
69
4
6
9
5
7
10
9
Hände gründlich waschen
3
32
2
4
4
61
4
64
61
2
5
73
5
7
2
9
5
7
93
4
9
7
10458
10
68
Saubere Unterlage vorbereiten.
Immer frisches, eigenes Injektionsmaterial ver­wen­den: Spritze,
Nadel, Wasser­gefäss, Wasser, Löffel,
Filter, Ascorbin­säure, Alkoholund Trockentupfer, Stauschlauch,
Pflaster.
Injektionsmaterial nie weitergeben
oder teilen! Auch Filter nicht – auch
nicht, um «zu helfen»!
Sterile Spritze mit Filter
(notfalls ein Stück Zigarettenfilter)
verwenden. Filter nicht mit
Zähnen entfernen. Die Flüssigkeit
in der Spritze muss sauber und
klar sein.
Stauschlauch anbringen
(lässt die Venen «hervortreten»).
Einstichstelle mit Alkoholtupfer
desinfizieren.
5
10
678
10
Wenn hellrotes Blut von selbst
in die Spritze dringt, wurde
eine Arterie getroffen. Nadel zurück
ziehen und die Einstichstelle
während mindestens 5 Minuten
fest pressen.
8
9
10
Im Konsumraum: gebrauchte
Spritze ohne Plastikkappe
auf Nadel in speziellen Behälter
werfen.
78
9
10
5
5
72
Wenn die Nadel richtig platziert
ist (dunkles Blut): vor dem Drücken
des Kolbens Stauschlauch lösen.
84
8
10
Nach der Injektion: Vene pressen und
den Bluttropfen mit sauberem
Trockentupfer abwischen. Danach
Heftpflaster aufkleben.
5
7
Überall sonst: gebrauchte Spritze mit
Plastikkappe auf Nadel in soliden
Behälter (z.B. leere Alu-Dose) stecken
und Dose in den Abfall werfen.
8
10
Unterlage reinigen. Benutzte
Spritze (ohne Nadel!), Tupfer, Filter
usw. in den Abfall werfen.
Hände gründlich waschen
69
7
9
8
10
desinfektion
Alc
Alc
Alc
Alc
Alc
Löffel und Wassergefäss desinfizieren
1 1 1
1 1 1
2 2 2
2 2 2
4 4 4
4 4 4
5 5 5
5 5 5
Alc
Löffel und Wasserbehälter mit
Alkoholtupfern oder Bleichmittel
(z.B. Javel) desinfizieren.
Mit frischem Tupfer oder
Papiertaschentuch trocknen.
70
Viel Desinfektionsmittel mit Tupfer
oder Papiertaschentuch auf Löffel
und Wasserbehälter auftragen.
Mit frischem Wasser gründlich
spülen.
3 3 3
3 3 3
Mindestens 5 Minuten einwirken
lassen.
6 6 6
6 6 6
Zuletzt mit frischem Tupfer oder
Papiertaschentuch trocknen.
erste hilfe/wundversorgung
PatientIn
Wunde kurz bluten lassen.
Pflegeperson
1 1 1
1 1
1 1 1
1
2 2 2
2 2
2 2 2
2
Hände gründlich waschen…
3 3 3
3 3
3 3 3
3
…und mit desinfizierender Lösung
einreiben.
4 4 4
4 4
4 4 4
42
3
7 7 7
7 7
7 7 74
7
8 8 8
8 8
8 8 8
8
Latex-Handschuhe anziehen
(Nach Blutkontakt: Handschuhe
entsorgen und frische anziehen).
Wunde desinfizieren.
5 5 5
5 5 1
5 5 5
5
6 6 6
6 6
6 6 6
6
5
Kleinere Wunden mit Heftpflaster,
grössere mit Verband abdecken.
6
Bluttropfen auf
Arbeitsfläche
mit desinfizierender
Lösung entfernen.
Gebrauchte, blutbe­
fleckte Lappen,
Tupfer, Handschuhe usw.
sofort entsorgen.
7
Hände gründlich waschen…
9 9 9
9 9
9 9 9
9
8
…und mit desinfizierender Lösung
einreiben.
71
Blut-aufmerksamkeit
Bei bestimmten Viren können bereits unsichtbar kleine Mengen von Blut für
eine Ansteckung ausreichen. Auch im Alltagsleben können Kontakte
entstehen mit Blut oder mit Gegenständen, an denen Blut oder Blutreste –
auch eingetrocknete – haften:
Schnittverletzungen in der Küche,
beim Handwerken usw.
Verletzung durch fremde Nadel,
Messer usw.
Erste Hilfe: direkter Kontakt mit
offenen Wunden
(immer Handschuhe tragen!)
Sexualpraktiken mit (auch nur
kleinen) Verletzungen
Beatmen ohne Beatmungsmaske
von Menschen mit Nasenbluten oder
Mundverletzungen
Bisse von Menschen mit
Mundverletzungen
Zahnbürsten, Rasierapparate
und -klingen, Nagelscheren,
Nagelfeilen Piercing- oder
Tätowier-Instrumente (nicht oder
unvollständig gereinigt und
sterilisiert)
Ablageflächen und Unterlagen,
auf denen verunreinigtes Material
abgelegt wurde (Tische, Papier­unterlagen)
Blutreste an den Fingern durch
Aufkratzen von Wunden,
Insektenstichen, Ekzemen usw.
Abtasten von bereits angestochenen
Venen mit schmutzigen,
blutverschmierten Fingern
(bei Injektionshilfe bei einer anderen
Person)
Abdrücken der Einstich­stelle mit
schmutzigen Fingern nach dem
Herausziehen der Nadel (Trockentupfer verwenden!)
Inhalationsröhrchen beim Sniffen
oder Basen
Filter (mit schmutzigen Händen/mit
Blutresten an den Fingern berührt)
Löffel (nicht oder unvollständig
gereinigt und sterilisiert)
Blutreste (auch eingetrocknete)
an Feuerzeug, «Abbindi»,
Wasserbehälter, Messer beim Teilen
von Stoff usw.
Wasserbehälter, aus denen mit
einer gebrauchten Spritze Wasser
entnommen wurde
Spritzen (gebrauchte) beim Aufteilen
von Stoff
72
3.Adressen & Internet
Notfälle, HIV- und
Hepatitis-Post-expositionsprophylaxe
Basel
Universitätsspital Basel
Medizinische Poliklinik
Petersgraben 4
4031 Basel
Telefon 061 265 50 05
Fax 061 265 46 04
www.medpol.ch
Bern
Inselspital
Poliklinik für Infektiologie und
Reisemedizin
Polikliniktrakt 2, Eingang 29, Stock B
3010 Bern
Telefon 031 632 27 45
Genève
Hôpital cantonal HUG
Service des maladies infectieuses
Rue Micheli-du-Crest 24
1211 Genève
Telefon 022 372 96 17
Lausanne
Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV)
Consultation ambulatoire Maladies Infectieuses
Rue de Bugnon 46
1011 Lausanne
Telefon 021 314 10 06
Lugano
Ospedale Regionale di Lugano
Servizio Malattie Infettive (SMI)
Via Tesserete 46
6900 Lugano
Telefon 091 811 60 21
St. Gallen
Kantonsspital St. Gallen
Infektiologische Sprechstunde
Rorschacher Strasse 95
9007 St. Gallen
Telefon 071 494 10 28
Zürich
Universitätsspital Zürich
Klinik für Infektionskrankheiten
Rämistrasse 100
8091 Zürich
Telefon 044 255 33 22, 044 255 25 41 oder 044 255 88 31
Klinik Im Park
Zentrum für Infektionskrankheiten
Haus Bellaria
Bellariastrasse 38
8038 Zürich
Telefon 044 209 20 60
Anonyme HIV-Testund Beratungsstellen
Aargau
Aids-Hilfe Aargau
Entfelderstrasse 17
Postfach 2140
5001 Aarau
Telefon 062 824 44 50
Telefon 062 824 30 50 (anonyme Beratung)
Fax 062 824 44 09
[email protected]
www.safersex.ch
Appenzell
Fachstelle für Aids- und Sexualfragen
Tellstrasse 4
Postfach 8
9001 St. Gallen
Telefon 071 223 68 08
Telefon 071 223 38 68 (Beratung)
Fax 071 223 66 07
[email protected]
www.ahsga.ch
Basel
Aids-Hilfe beider Basel
Clarastrasse 4
4058 Basel
Telefon 061 685 25 00
Fax 061 685 25 01
[email protected]
www.ahbb.ch
73
Bern
Aids-Hilfe Bern
Monbijoustrasse 32
3011 Bern
Telefon 031 390 36 36 (deutsch)
Telefon 031 390 36 38 (französisch)
Fax 031 390 36 37
[email protected]
www.aids-be.ch
Jura
Groupe Sida Jura
Route de Porrentruy 6
Case postale 459
2800 Delémont 1
Telefon 032 423 23 43
Fax 032 423 23 76
[email protected]
www.sida-ju.ch
Fribourg
Centre Empreinte
Bd. de Pérolles 57
1700 Fribourg
Telefon 026 424 24 84
Fax 026 424 24 83
[email protected]
www.tremplin.ch
Liechtenstein
fa6
Fachstelle für Sexualfragen und HIV-Prävention
Im Malarsch 4
Postfach 13
FL-9494 Schaan
Telefon 00423 232 05 20
Fax 00423 233 25 20
[email protected]
www.fa6.li
Genève
Dialogai
Rue de la Navigation 11–13
1211 Genève
Telefon 022 906 40 40
Fax 022 906 40 44
[email protected]
www.dialogai.org
Groupe Sida Genève
Rue Pierre Fatio 17
1204 Genève
Telefon 022 700 15 00
Fax 022 700 15 47
[email protected]
www.groupesida.ch
Graubünden
Aids-Hilfe Graubünden
Lürlibadstrasse 15
7000 Chur
Telefon 081 252 49 00
[email protected]
www.aidshilfe-gr.ch
74
Luzern
Aids-Hilfe Luzern
Museggstrasse 27
Postfach
6004 Luzern
Telefon 041 410 69 60
Fax 041 410 68 48
[email protected]
www.aidsluzern.net
Neuchâtel
Groupe Sida Neuchâtel
Grand-Rue 18
2034 Peseux
Telefon 032 737 73 37
Fax 032 737 73 39
[email protected]
www.info-sida.ch
Schaffhausen
Aids-Hilfe Thurgau-Schaffhausen
Rathausbogen 15
8200 Schaffhausen
Telefon 052 625 93 38
Fax 052 625 93 39
[email protected]
www.aids-sh.ch
Schwyz
Fachstelle für Aids-Fragen
Centralstrasse 5d
6410 Goldau
Telefon 041 859 17 27
Fax 041 859 17 29
[email protected]
www.gesundheit-schwyz.ch
www.aids-sz.ch
St. Gallen
Fachstelle für Aids- und Sexualfragen
Tellstrasse 4
Postfach 8
9001 St. Gallen
Telefon 071 223 68 08
Telefon 071 223 38 68 (Beratung)
Fax 071 223 66 07
[email protected]
www.ahsga.ch
Thurgau
Aids-Hilfe Thurgau-Schaffhausen
Zeughausstrasse 16
Postfach 28
8501 Frauenfeld
Telefon 052 722 30 33
Fax 052 720 46 33
[email protected]
www.aids-tg.ch
Ticino
Aiuto Aids Ticino
Via Bagutti 2
6904 Lugano
Telefon 091 923 80 40
Telefon 091 923 17 17 (consultazione anonima)
Fax 091 923 80 41
[email protected]
www.aids-ti.ch
Valais/Wallis
Antenne Sida du Valais romand
Rue des Condémines 14
CP 888
1951 Sion
Telefon 027 329 04 23
Fax 027 329 04 30
[email protected]
www.sida-vs.ch
Aids-Hilfe Oberwallis
Spittelgasse 2
3930 Visp
Telefon 027 946 46 68
Fax 027 946 57 49
[email protected]
www.aidsvs.ch
Vaud
Policlinique médicale universitaire
Rue du Bugnon 44
1011 Lausanne
Telefon 021 314 60 60
Fax 021 314 48 88
[email protected]
www.sida-vd.ch
Zug
Fachstelle Aids-Hilfe Zug
Zeughausgasse 9, 6. Stock
6300 Zug
Telefon 041 710 48 65
Fax 041 710 48 74
[email protected]
www.zug.ch/aidshilfe
Zürich
Zürcher Aids-Hilfe
Kanzleistrasse 80
8003 Zürich
Telefon 01 455 59 00 (Telefonberatung Mo–Fr 14–17 Uhr)
Fax 01 455 59 19
[email protected]
www.zah.ch
Aids-Infostelle Winterthur
Technikumstrasse 84
8401 Winterthur
Telefon 052 212 81 41
Fax 052 212 80 95
[email protected]
www.aidsinfo.ch
75
Schweizerische
Leberzentren
Basel
Universitätsspital Basel
Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie
Petersgraben 4
4031 Basel
Telefon 061 265 51 74
Fax 061 265 53 52
Zürich
Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie
Departement Innere Medizin
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich
Telefon 044 255 43 68
Internet
Bern
Institut für klinische Pharmakologie
Murtenstrasse 35
3010 Bern
Telefon 031 632 31 91
Fax 031 632 49 97
Genève
Hôpital cantonal universitaire
Service de gastro-entérologie et d’hépatologie
Rue Micheli-du-Crest 24
1211 Genève 14
Telefon 022 372 93 40
Lausanne
CHUV
Centre Hospitalier Universitaire Vaudois
Service de gastro-entérologie et d’hépatologie
Rue du Bugnon 46
1011 Lausanne
Telefon 021 314 06 90
Lugano
Ospedale Regionale di Lugano
Sede Civico
Via Tesserete 46
6903 Lugano
Telefon 091 811 61 11
Fax 091 811 69 90
Neuchâtel
Hôpital des Cadolles
Avenue des Cadolles 4
2002 Neuchâtel
Telefon 032 722 91 11
76
www.bag.admin.ch
Bundesamt für Gesundheit, BAG
www.sevhep.ch
SWISS EXPERTS IN VIRAL HEPATITIS
www.sasl.ch
Swiss association for the study of the liver
www.ssam.ch
Schweizerische Gesellschaft für Suchtmedizin
www.aids.ch
Aids-Hilfe Schweiz
www.infodrog.ch
Schweizerische Koordinations-und Fachstelle Sucht
www.akzept.org
Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit
und humane Drogenpolitik
www.soshepatites.org
Fédération SOS-Hépatites
www.epac.it
Epac – Associazione Onlus
➞ mehr Links auf www.hepCH.ch
4.AutorInnen & ExpertInnen
Herr Dr. med. Philip Bruggmann
ARUD Zürich Poliklinik für methadongestützte Behandlungen ZOKL 1
Sihlhallenstrasse 30
8026 Zürich
[email protected]
Madame Dr. med. Virginie Masserey
Bundesamt für Gesundheit BAG
Übertragbare Krankheiten, Sektion Impfungen
Postfach
3003 Bern
[email protected]
Madame Dr. med. Martine Monnat
Centre Saint-Martin DUPA, DUMSC
Rue Saint-Martin 7
1003 Lausanne
[email protected]
Madame Dr. med. Catherine Ritter
Chemin du Vignoble 38
1232 Confignon
[email protected]
Herr Dr. Samuel Erny
Bundesamt für Gesundheit BAG
Übertragbare Krankheiten, Sektion Aids
Postfach
3003 Bern
[email protected]
Herr Prof. Dr. med. Andreas Cerny
Innere Medizin, Infektiologie und Farmazeutische Medizin FMH
Clinica Luganese, Moncucco
Zentrum für Hepatologie
Via Moncucco 10
6900 Lugano
[email protected]
77
5.Impressum
Herausgeber
Im Auftrag &
in Zusammenarbeit mit
Infodrog
Schweizerische Koordinations- und Fachstelle Sucht
Bundesamt für Gesundheit BAG
Projektleitung
Peter Menzi
Aline Bernhardt Keller
Redaktion
Peter Menzi
Cristina Monterrubio Leu
Maria Lucia Galgano
Lektorat
Marianne König
Bernhard Meili
Gestaltung
visu’l AG, Bern
Illustrationen
Hans Peter Wermuth, infopub, Bern
Übersetzung
Agata Vetterli, Genf
Peter Menzi
Auflage
2. überarbeitete & aktualisierte Auflage
Druck
Merkur Druck, Langenthal
ISBN
978-3-9522791-2-0
Bestelladresse
Infodrog
Eigerplatz 5 | Postfach 460 | 3000 Bern 14
[email protected] | www.infodrog.ch
©Infodrog 2008
78
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