Handbuch Handbuch hepatitis C Prävention & Therapie Handbuch Prävention & Therapie Im Überblick Hygiene Krankheitserreger werden oftmals über ungewaschene Hände weitergegeben. Deshalb ist der Hygiene der Hände grosse Beachtung beizumessen (➞ Kapitel II). Blut-Aufmerksamkeit entwickeln Blut kann immer mit Hepatitis- und HI-Viren verunreinigt sein und muss deshalb ­immer als möglicherweise infektiös betrachtet werden. Darum gilt: besondere Aufmerk­ samkeit auch bei kleinsten Blutresten – auch eingetrockneten – nicht nur beim intra­ venösen Konsum (➞ Kapitel II.3, Merkblatt Blut-Aufmerksamkeit im Anhang). Beim Drogenkonsum immer eigenes steriles Material benützen Steriles Injektionsmaterial muss während 24 Stunden am Tag in genügender Menge zur Verfügung stehen. Dabei ist zu beachten, dass intravenös Kokain-Konsumierende einen sehr grossen Bedarf haben. Beim intravenösen Konsum: Auf saubere Unterlage achten. Eigene sterile Spritze und Nadel, eigenen Filter, eigenen Löffel und eigenes Wasser verwenden. Einstichstelle vor dem Stechen mit Alkohol desinfizieren (➞ Merkblatt Injektion im Anhang). Beim Sniffen: Auf saubere Unterlage achten. Eigenes Röhrchen verwenden. Beim Rauchen/Basen: Eigenes Röhrchen und eigenes Mundstück verwenden. Saubere Injektionstechnik Hände gründlich waschen. Sterile Spritze mit Filter oder notfalls mit einem eigenen Stück Zigarettenfilter verwenden. Zigarettenfilter nach Gebrauch nicht mit den Zähnen, sondern mit gewaschenen Händen entfernen. Filter nicht teilen/nicht ausleihen/nicht weitergeben. Eigenen Löffel verwenden. Vor Gebrauch gründlich reinigen (mit Wasser, mit Desinfek­ tionstupfer). Steriles Wasser oder – falls nicht verfügbar – frisches Wasser direkt vom Wasserhahn verwenden. (➞ Kapitel II.2) Safer Sex Bei eindringendem Geschlechtsverkehr – ob vaginal oder anal – immer ein Präservativ von guter Qualität benutzen; bei Analverkehr immer Gleitmittel verwenden. Kein Sperma in den Mund, kein Sperma schlucken. Kein Menstruationsblut in den Mund nehmen, kein Menstruationsblut schlucken. SexworkerInnen: auch beim Oralverkehr immer Präservative benutzen (Verhinderung sexuell übertragbarer Krankheiten). Impfen lassen Gegen Hepatitis A und B kann man sich impfen lassen. Gegen Hepatitis C und HIV gibt es keinen Impfschutz. (➞ Kapitel I.2.7) Testen lassen Eine Infektion mit Hepatitis geschieht oft unbemerkt (ohne Symptome). Je früher aber eine Infektion erkannt und behandelt wird, desto grösser sind die Besserungs- oder Heilungschancen. Es ist deshalb wichtig, sich testen zu lassen. (➞ Kapitel I.2) Behandeln lassen Die Therapie viraler Hepatitiden bei Drogenkonsumierenden hat ähnlich gute Erfolgschancen wie bei PatientInnen ohne Suchterkrankung (➞ Kapitel III). Eine gute Beratung durch eine Fachperson ist dabei wichtig (➞ Kapitel III.1.6). Achtung: bei Hepatitis C ist eine Re-Infektion möglich. 3 VORWORT In der Schweiz sind ca. 70 000 Personen mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert. Rund zwei Drittel aller Neuinfektionen betreffen Personen, die intravenös Drogen konsumieren. Die mit einer Hepatitis-C-Erkrankung verbundenen gesundheitlichen Schädigungen­ bei einem erheblichen Teil der Bevölkerung und die finanziellen Belastungen für das ­Gesundheitswesen und die öffentliche Hand werden in der Fachöffentlichkeit vielfach nicht wahrgenommen. Dem Bundesamt für Gesundheit ist es ein grosses Anliegen, die Zahl der Neuinfektionen zu verringern, den Zugang zu den Hepatitis-C-Behandlungen zu erleichtern, und gleichzeitig einen Beitrag zu leisten zu einer verbesserten Information von Fachleuten und Drogenkonsumierenden. Das vorliegende Manual, als Bestandteil der von Infodrog konzipierten Sensibilisierungs­ kampagne hepatitis C, will den Mitarbeitenden aus allen beteiligten Berufsgruppen der Suchthilfe das nötige Grundwissen zu Hepatitis vermitteln. Ziel ist es, die Fachleute zu befähigen, ihr Wissen in der Beratung und Behandlung von Drogen­konsumierenden fachgerecht einsetzen zu können. Dazu werden Schulungen durch­geführt und die Fachleute erhalten zusätzliche umfassende Informations- und Präventionsmaterialien, die es ihnen ermöglichen, mit wenig Aufwand regelmässige Sensibilisierungsaktionen zu Hepatitis C durchzuführen. Aufbauend auf dem «Manual HepCH» der Fachstelle für Schadensminderung (2005) und dem deutschen Handbuch «Hepatitis C und Drogengebrauch» des Aktionsbünd­nises Hepatitis und Drogengebrauch (2006) wurden in einer ExpertInnengruppe die neuesten Entwicklungen in der Prävention und Therapie diskutiert. Um praxisgerechte Informationen zu vermitteln, wurden die Kapitel gestrafft und auf die wichtigsten ­Themen «Hepatitis | Prävention | Therapie» reduziert. Das Manual sowie die anderen Informations- und Präventionsmaterialien der Sensibilisierungskampagne stehen auch online zur Verfügung (www.hepCH.ch). Mein Dank gilt den ExpertInnen Dr. Virginie Masserey, Dr. Catherine Ritter, Dr. Martine Monnat, Dr. Philip Bruggmann, Dr. Samuel Erny und Prof. Dr. Andreas Cerny, die zusammen mit Infodrog dieses Manual erarbeitet haben. Gleichzeitig möchte ich mich bei den Fachleuten in den Kontakt- und Anlaufstellen, den Heroin- und Substitutionsprogrammen, den Gefängnissen sowie den ambulanten und stationären Institutionen für ihre tägliche Arbeit bedanken. Ich möchte Sie ermutigen, das Handbuch und die Informations- und Präventionsmaterialien zu benutzen und Hepatitis zu einem Dauerthema zu machen. Bundesamt für Gesundheit Abteilung Nationale Präventionsprogramme Der Leiter a.i. Dr. Martin Büechi, dipl. nat. 5 Inhalt I. Hepatitis II. Prävention 1. Allgemeine Informationen 1. Hygiene Was ist Hepatitis? 1.1 Das Wichtigste in Kürze 1.2 Aufbau und Funktion der Leber 1.3 Was bedeutet Hepatitis? 1.4 Ursachen von Hepatitiden 1.5 Verlaufsformen von Hepatitiden 10 10 12 13 14 14 Die fünf Hepatitis-Viren 1.6Hepatitis-Viren 1.7 Hepatitis A 1.8 Hepatitis B 1.9 Hepatitis C 1.10 Hepatitis D 1.11 Hepatitis E 17 17 17 18 21 22 23 Co-Infektionen 1.12Was sind Co-Infektionen? 1.13 Co-Infektionen mit HIV 1.14 HIV und Hepatitis A 1.15 HIV und Hepatitis B 1.16 HIV und Hepatitis B/D 1.17 HIV und Hepatitis C 1.18Hepatitis A und Hepatitis C 1.19 Hepatitis B und Hepatitis C 23 23 23 24 24 25 25 26 26 2. Abklärung, Beratung & Impfung 6 Sich testen lassen 2.1Allgemeine Informationen zu Hepatitis-Tests 2.2 Wer soll sich auf Hepatitis testen lassen? 2.3 Was zeigen die Testergebnisse? 2.4 Labor- und mikroskopische Untersuchungen 2.5 Testresultate: Kommentare und zusätzliche Analysen 2.6 Meldepflicht 27 27 28 29 29 Sich impfen lassen 2.7Impfung gegen Hepatitis 2.8Impfung gegen Hepatitis A 2.9Impfung gegen Hepatitis B 32 32 34 34 Hepatitis & Schwangerschaft 2.10Hepatitis B & Schwangerschaft 2.11Hepatitis C & Schwangerschaft 35 35 36 31 32 Handhygiene 1.1Hände waschen 38 38 Wie kann eine Ansteckung verhindert werden? 1.2Verschleppung verschiedener Krankheitserreger 1.3 Blut-Aufmerksamkeit 1.4 Safer Sex 1.5 Gefahren 39 Wie reagieren bei einer Risikosituation? 1.6 Sofortmassnahmen 1.7 Weitere Behandlung/Prophylaxe 42 42 42 39 39 41 41 2.Konsumregeln Grundregeln 2.1Allgemeine Informationen 2.2 Konsumregeln für intravenös Drogenkonsumierende 2.3 Konsumregeln für rauchende und sniffende Drogenkonsumierende 2.4Entsorgen von Konsum-Materialien 2.5Risikoärmere Injektion 2.6Alternative Konsumformen zur Injektion 2.7 Spezifische Informationen für Kontaktund Anlaufstellen mit Konsumräumen 44 44 44 45 46 47 48 48 3.Rechtliche Bestimmungen & Vorsorge am Arbeitsplatz Arbeitsrecht 3.1Rechtliche Bestimmungen 50 50 Vorsorge 3.2 Post-Expositions-Prophylaxe (PEP) 3.3 Risikosituationen 3.4 PEP bei HIV 3.5 PEP bei Hepatitis B 3.6 Versicherungsschutz 50 50 51 51 52 52 III. Therapie IV.Anhang 1. Verschiedene Hepatitiden – verschiedene Therapien 1.Glossar Sich behandeln lassen 1.1 Therapie viraler Hepatitiden 1.2 Hepatitis A und E 1.3 Hepatitis B (und D) 1.4 Chronische Hepatitis B (und D) 1.5 Chronische Hepatitis C 1.6 Adhärenz bei Drogenkonsumierenden 54 54 54 55 55 56 56 66 2. Illustrierte Merkblätter Injektion Desinfektion Erste Hilfe/Wundversorgung Blut-Aufmerksamkeit 69 70 71 72 3. Adressen & Internet Medikamentöse Behandlung & Nebenwirkungen 1.7 Chronische Hepatitis B (und D) 1.8 Chronische Hepatitis C 1.9 Besonderheiten bei Drogenkonsumierenden 1.10 Vorurteile zur Hepatitis-C-Therapie 57 57 59 63 64 Notfälle, HIV- und Hepatitis-Postexpositionsprophylaxe Anonyme HIV-Test- und Beratungsstellen Schweizerische Leberzentren Internet 73 73 76 76 4. Autorinnen und Expertinnen 77 5. Impressum 78 7 I.Hepatitis 9 1.Allgemeine Informationen Was ist Hepatitis? 1.1 Das Wichtigste in Kürze 10 Hepatitis (Leberentzündung) Die Hepatitis wird oft auch als Gelbsucht bezeichnet. Dies ist irreführend, da die Gelbfärbung nur eines von mehreren Krankheitszeichen ist, das nicht bei jeder Hepatitis auftritt und das auch bei anderen Krankheiten beobachtet werden kann. Ursachen von Hepatitiden Häufigste Ursache für Hepatitiden in den industrialisierten Ländern ist übermässiger Alkoholkonsum. An zweiter Stelle steht die Infektion mit Hepatitis-Viren. Immer häufiger tritt die Leberentzündung als Folge von Fetteinlagerung bei Übergewicht und Fehl­ ernährung auf. Seltener sind Hepatitis-Erkrankungen im Rahmen von Infektionen mit anderen Mikroorganismen, welche insbesondere bei Personen mit geschwächter Abwehr ebenfalls zu einer Hepatitis führen können. Hepatitis-Viren brauchen als Wirt die menschliche Leberzelle. Verlaufsformen der viralen Hepatitis Die akute Infektion verläuft oft unbemerkt oder ist mit Erschöpfung, Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen im rechten Oberbauch verbunden. Die chronische Infektion hält über Jahre an und kann zu einer Leberzirrhose oder zu ­Leberkrebs (Leberzellkarzinom) führen. Bei der Leberzirrhose bildet die Leber Narbengewebe als Ersatz für abgestorbenes ­Lebergewebe (mit zunehmender Beeinträchtigung der Leberfunktion). Eine fortgeschrittene Leberzirrhose stellt eine schwerwiegende Störung der Leberfunktion dar und kann zu Krankheitsbildern mit verschiedensten Symptomen führen. Nachweis der Virus-Infektion Bei Verdacht auf eine virale Hepatitis wird der/die behandelnde Arzt/Ärztin zunächst eine einfache Primärdiagnose machen. Dazu gehört ein Bluttest zum Nachweis von Antikörpern, welche das Immunsystem als Reaktion auf das Virus gebildet hat, bzw. der direkte Nachweis bestimmer Virusbestandteile. Wer sollte auf Hepatitis getestet werden? Generell sollten bei Vorliegen von möglichen Krankheitssymptomen wie Gelbfärbung der Haut, Müdigkeit und Übelkeit Hepatitis-Tests durchgeführt werden. Die An­steck­ungs­raten von Hepatitis-Erkrankungen sind bei Drogenkonsumierenden hoch. Je ­früher eine Infektion erkannt und behandelt wird, desto grösser sind die Heilungs­ chancen. Die verschiedenen Formen der viralen Hepatitis Hepatitis A Virusübertragung: Durch fäkale Verunreinigungen von Wasser, Lebensmitteln oder ­Personen. Oral und durch oro-analen Sexualkontakt. Verlauf: Bei Erwachsenen entwickeln sich bei ca. 50–70 % der Infizierten Krankheits­ symptome (Übelkeit, Gelbfärbung der Haut, usw.). Die Entzündung wird nie chronisch und führt immer zur lebenslangen Immunität, d.h. es ist keine Re-Infektion möglich. Therapie: Es gibt keine akzeptierte medikamentöse antivirale Therapie. Impfung: Die Hepatitis-A-Impfung und die kombinierte Hepatitis-A- und -B-Impfung haben sich als sicher und wirksam erwiesen. Hepatitis B Virusübertragung: Durch kontaminiertes Blut, bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr, durch gemeinsamen Gebrauch von Injektionsmaterial, bei gemeinsamer Verwendung von Rasierutensilien, Zahnbürsten oder Tätowierungswerkzeugen sowie von der infizierten Mutter zum Neugeborenen (durch Übertragung von Blut während der Geburt sowie perkutane oder permukosale Aufnahme, d.h. durch Verletzungen in der Haut oder Schleimhaut). Verlauf: Symptome der akuten Hepatitis B treten bei 50–70 % der Erwachsenen auf, wobei der Verlauf je nach Lebensalter unterschiedlich ist: bei der Geburt Infizierte entwickeln meist eine chronische Infektion, die bei Jugendlichen und Erwachsenen nur in 5-10 % der Fälle vorkommt, dann aber zu Leberzirrhose oder Leberkrebs führen kann. Nur eine ausgeheilte Infektion garantiert Immunität. Ein Leberversagen ist selten (bei ca. 1 % der Fälle). Therapie: Es existieren zwei Typen antiviraler Therapie: Behandlung mit Interferon (Injek­tion) oder mit antiviralen Medikamenten (Tabletten). Die Indikation für die jeweilige Behandlung und die Erfolgschancen hängen vom aktuellen Immunstatus ab. Impfung: Die Hepatitis-B-Impfung ist sicher und wirksam (Erwachsene 3, Jugendliche­­ 2 Injektionen). Hepatitis C Virusübertragung: Hauptsächlich über kontaminiertes Blut: durch Bluttransfusionen (vor 1990), durch verletzte Haut (perkutan) oder verletzte Schleimhaut (permukosal), z.B. bei der gemeinsamen Verwendung von Rasierutensilien, Zahnbürsten oder Tätowierungswerkzeugen. Verlauf: Die Infektion mit dem Hepatitis–C-Virus führt nur bei 10–20 % der Betroffenen zu einer akuten Hepatitis, d. h. die Krankheit verläuft meist ohne Symptome. Bei 70–80 % der Betroffenen kommt es zu einer chronischen Entzündung, die wiederum bei 5–50 % der Infizierten nach 5–50 Jahren zu einer Leberzirrhose führt und bei einem Teil von diesen zu einem Leberkrebs. Eine Re-Infektion nach durchgemachter Erkrankung oder erfolgreicher Therapie ist möglich! Die fulminante Hepatitis (schneller Verlauf bis hin zum Leberversagen) ist möglich bei einer Co-Infektion mit Hepatitis A und Hepatitis B; sie kann durch die entsprechende Impfung verhindert werden. Therapie: Die zurzeit akzeptierte medikamentöse antivirale Therapie ist die Kombination von Interferon (subkutan) und Ribavirin mit einer Heilungschance je nach Genotyp des Virus von 50–90 %. Impfung: Es steht kein Impfstoff zur Verfügung. Hepatitis D Das Hepatitis-D-Virus kann sich nur vermehren, indem es die Hülle des Hepatitis-B-­Virus benützt. Deshalb tritt Hepatitis D nur zusammen mit einer Hepatitis-B-Infektion auf. Die Übertragung erfolgt wie bei Hepatitis A vor allem fäkal-oral, im Wesentlichen über verunreinigte Nahrungsmittel und Trinkwasser. Hepatitis E Hepatitis E ist in der Schweiz und anderen industrialisierten Ländern selten. Es sind vor allem Personen gefährdet, die in betroffene Gebiete in Asien oder Afrika gereist sind. Das Hepatitis-E-Virus verhält sich ähnlich wie das Hepatitis-A-Virus und kann ähnliche Erkrankungen verursachen. Es wird fäkal-oral übertragen und kann zu einer akuten, nie aber zu einer chronischen Entzündung führen. 11 Tabelle: Die 5 Formen der viralen Hepatitis im Überblick Hepatitis A Hepatitis B Hepatitis C Hepatitis D Hepatitis E Übertragung oral Fäkale Verun­rei­nigungen ­von Wasser, Lebensmitteln, Personen perkutan/ permukosal Kontaminiertes Blut, ungeschützter Geschlechts­verkehr, von der Mutter zum Neugeborenen perkutan/ permukosal Kontaminiertes Blut perkutan/ permukosal Wie Hep B und nur zusammen mit einer Hep B (Co-Infektion oder Supra-Infektion)* oral Wie Hep A Inkubationszeit 15–50 Tage 1–6 Monate 50 Tage–6 Monate 1–6 Monate 15–50 Tage Verlauf Symptome bei 50–70 % der Betroffenen (Übelkeit usw.) Je nach Alter sehr unterschiedlich Meist ohne Symptome, Spät­folgen sind Leberzirrhose und Leberkrebs Wie Hep B Wie Hep A; kann bei Schwan­ geren schweren Verlauf nehmen Akute Hepatitis Ja Bei 50–70 % aller Infektionen im Erwachsenenalter Selten (bei 5–10 % der Betroffenen) Ja Ja Chronische Hepatitis Nie Bei 5 % der Erwach­senen und 90 % der Kinder bei Geburt Bei 70–80 % der Betroffenen Ja Nie Reinfektion Nein Nein Ja Nein Nein VorbeugeImpfung Ja Ja. Erw. 3/Jugend­ liche 2 Injektionen; schützt auch gegen Hep D Nein Ja. Impfung gegen Hep B schützt auch gegen Hep D Ja Therapie Nein Antivirale Medi­ kamente und Inter­feron; unterschiedliche Erfolgsraten < 50 % Interferon und Ribavirin; 50–90 % erfolgreich Interferon und antivirale Medi­ kamente; geringe Erfolgsraten Nein * Es kann eine Infektion mit beiden Viren gleichzeitig stattfinden, oder eine Person mit Hepatitis B kann sich zusätzlich mit Hepatitis D anstecken. Co-Infektionen Bei einer Co-Infektion sind gleichzeitig mehrere Krankheitserreger aktiv. Bei einer HIV/ HBV- und/oder HIV/HCV- und/oder HIV/HBV/HDV-Co-Infektion ist eine Person sowohl mit dem HIV als auch mit dem HBV und/oder HCV und/oder HDV angesteckt. Diese Kombinationen finden sich recht häufig, weil das HIV und einige Hepatitis-Viren auf ähnlichen Wegen übertragen werden. Von Co-Infektionen spricht man auch, wenn ­Infektionen mit mindestens zwei Hepatitis-Erregern vorliegen, z.B. HBV/HCV. Die häufigste Co-Infektion bei Drogenkonsumierenden ist diejenige mit HIV/HCV. 1.2 Aufbau und Funktion der Leber 12 Die Leber, das grösste innere Organ des Menschen, liegt im rechten Oberbauch direkt unter dem Zwerchfell, besteht aus einem rechten und linken Leberlappen und wiegt­ ca. 1500–2000 Gramm. Da die Leber selbst nicht schmerzempfindlich ist, werden L­ ebererkrankungen häufig gar nicht bemerkt. Nur aussen ist das Organ von einer schmerzempfindlichen Haut umgeben, so dass sich eine Vergrösserung (beispielsweise auf Grund einer Entzündung) durch einen Spannungsschmerz äussert. Die Leber ist ein sehr gut durchblutetes Organ. Obwohl sie nur etwa 4 % des Körper­ gewichts ausmacht, wird sie von 28 % des Blutflusses durchströmt und verbraucht etwa 20 % des gesamten Körpersauerstoffs. Der Blutzustrom erfolgt einerseits von den Blutgefässen, die nährstoffreiches Blut vom Darm transportieren, andererseits aus den ­Arterien des grossen Blutkreislaufs vom Herzen. Nach dem Durchströmen der Leber gelangt das Blut beider zuführenden Systeme zurück in den grossen Kreislauf, von wo es über das Herz in den Körper verteilt wird. Als wichtigstes Stoffwechselorgan des menschlichen Körpers ist die Leber an einer ­Vielzahl sehr unterschiedlicher Stoffwechselprozesse beteiligt. Sie baut Nahrungsbestandteile wie Fette, Eiweisse und Zucker in Körperbausteine um, speichert wichtige körpereigene Substanzen wie Zucker, Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe und stellt sie anderen Organen zur Verfügung. Sie bildet neben Blutgerinnungsfaktoren und Enzymen auch einige Hormone; darüber hinaus ist sie an der Aktivierung und am Abbau von Hormonen beteiligt. Für die Aufnahme von Fetten aus der Nahrung produziert die Leber täglich etwa 600ml Gallensaft, der in der Gallenblase gespeichert und in den Darm abgegeben wird. Als Entgiftungsorgan baut die Leber Giftstoffe (Alkohol!) und Medikamente ab und scheidet sie mit der Galle aus. Eine gesunde Leber hat zudem ein enormes Selbstheilungspotential, d. h. sie kann geschädigtes oder zerstörtes Lebergewebe rasch wieder erneuern. 1.3 Was bedeutet Hepatitis? «Hepatitis» kommt von «hepar», dem griechischen Wort für Leber, die Endung «-itis» steht in der medizinischen Fachsprache immer für Entzündung. Als «Hepatitis» (Mehrzahl: Hepatitiden) werden somit ganz allgemein alle Formen von Leberentzündungen bezeichnet, womit aber noch nichts über deren Ursache oder Art ausgesagt ist. Die Hepatitis wird oft auch als Gelbsucht bezeichnet. Dies ist irreführend, da die Gelbfärbung nur eines von mehreren Krankheitszeichen ist, das zum einen nicht bei jeder Hepatitis auftritt und zum andern auch bei anderen Krankheiten beobachtet werden kann. Die verschiedenen Krankheitsbegriffe Akute Infektion: Befall des Körpers mit Mikroorganismen mit oder ohne Krankheitszeichen. Akute Erkrankung (akute Hepatitis): Befall des Körpers mit Mikroorganismen mit Krankheitszeichen/Symptomen Chronische Infektion: Zustand nach der akuten Infektion oder Erkrankung, wenn der Mikroorganismus dauernd (mehr als 6 Monate) im Körper bleibt; mit oder ohne Krankheitszeichen Chronische Erkrankung: Zustand nach der akuten Infektion oder Erkrankung, wenn der Mikroorganismus dauernd in der Leber bleibt; mit Symptomen/Krankheits­ zeichen 13 1.4Ursachen von Hepatitiden In den westlichen Ländern werden Hepatitiden am häufigsten durch übermässigen ­Alkoholkonsum verursacht. Alkohol hat eine direkte leberschädigende Wirkung, wobei die Leber hauptverantwortlich für den Alkoholabbau im menschlichen Körper ist. Die Schwellenwerte für eine Leberschädigung bei regelmässigem Alkoholkonsum liegen beim Mann bei 40–60 g, bei der Frau bei 20 g reinem Alkohol täglich. Ein Standard-Glas enthält 10 g reinen Alkohol, was 3 dl Bier, 1 dl Wein oder 2 cl Schnaps entspricht. Am zweithäufigsten tritt Hepatitis als Folge einer Infektion mit Hepatitis-Viren auf. ­In den Industrienationen hat die nichtalkoholische Leberentzündung durch Fetteinlagerung einen immer höheren Stellenwert. Hauptrisikofaktoren sind Übergewicht und ­erhöhte Blutfettwerte wegen Fehlernährung. Seltener sind Hepatitis-Erkrankungen im Zusammenhang mit Infektionen durch andere Mikroorganismen, die insbesondere bei Menschen mit geschwächter Abwehr zu ­einer Hepatitis führen können. Dies sind z.B. das Zytomegalie-Virus (ZMV), das EpsteinBarr-Virus (EBV, Erreger der Mononukleose, d. h. des Pfeiffer’schen Drüsenfiebers), das Varizella-Zoster-Virus (VZV, Erreger der Windpocken und der Gürtelrose) und das Herpes-Simplex-Virus (HSV). Die Leberentzündung geht in diesen Fällen meistens mit der Entzündung anderer Organe einher. Eine solche Kombination kann bei immungeschwächten Personen (z.B. mit einer HIV-Infektion) ein bedrohliches Ausmass erreichen. Krankheitserreger wie das Gelbfieber- oder das Ebola-Virus spielen bei uns kaum eine Rolle, können aber im Zusammenhang mit Reisen nach Afrika (Demokratische ­Republik Kongo, Kongo-Brazzaville, Sudan, Gabun, Elfenbeinküste oder Uganda) von Bedeutung sein. Auch durch Bakterien verursachte Entzündungen wie Brucellosen (durch Milch übertragbar), Leptospirosen (durch den Urin von Ratten übertragbar) und Typhus führen zu einer Hepatitis. Schliesslich können auch Einzeller eine Hepatitis auslösen. In der Regel sind dabei noch weitere Organe betroffen. Hepatitiden können in seltenen Fällen auch als medikamentöse Nebenwirkungen auftreten, wie bei Eisen- oder Kupfer-Stoffwechselstörungen oder Autoimmunvorgängen, bei denen das Immunsystem körpereigene Zellen angreift. In diesem Manual geht es in erster Linie um Hepatitiden, die durch die Hepatitis-Viren verursacht werden. 1.5 Verlaufsformen von Hepatitiden 14 Bei viralen Leberentzündungen unterscheidet man grundsätzlich zwischen der akuten Infektion und der chronischen Infektion. Die akute Infektion verläuft oft unbemerkt (asymptomatisch) oder ist mit Erschöpfung, Übelkeit, Erbrechen, Gewichtsverlust und Schmerzen im rechten Oberbauch verbunden. In seltenen Fällen tritt auch Fieber auf. Bei etwa einem Drittel der PatientInnen kommt es nach ungefähr einer Woche zu einer Gelbsucht mit einer Gelbverfärbung der Augenschleimhäute (Subikterus) und der Haut (Ikterus). Diese Beschwerden klingen meistens nach zwei bis sechs Wochen wieder ab. Selten kommt es zu einem akuten Leberversagen mit tödlichem Ausgang (fulminanter Verlauf). Eine Gelbfärbung der Haut entsteht durch eine Ausscheidungsstörung von Bilirubin. Bilirubin ist ein normales Abbauprodukt des Blutfarbstoffes (Hämoglobin) und wird normalerweise über die Leber mit der Galle in den Stuhl abgegeben. Ist die Ausschei- dung von Bilirubin gestört, wird ein Teil davon in der Augenschleimhaut und in der Haut abgelagert, ein weiterer Teil wird über die Nieren ausgeschieden. Als Folge davon wird der Urin braun, der Stuhl dagegen hell, weil ihm das Bilirubin fehlt, das sonst die Braunfärbung bewirkt. Weil die Gallensäure fehlt, ist auch die Fettaufnahme durch die Darmzellen gestört, was zu Durchfall führen kann. In dieser Phase fühlen sich die PatientInnen – obwohl sie optisch einen sehr kranken Eindruck machen – oft bereits deutlich besser als zu Beginn der Erkrankung. Auch das Ansteckungsrisiko (Infektiosität) lässt zu diesem Zeitpunkt nach; es ist direkt abhängig von der Anzahl Viren im Blut beziehungsweise im Stuhl. Die chronische Infektion (> 6 Monate) hält über Jahre an und kann zu einer Leberzirrhose führen. Mit zunehmender Beeinträchtigung der Leberfunktion bildet die Leber Narbengewebe als Ersatz für abgestorbenes Lebergewebe. Es kann sich auch ein Leberkrebs (Leberzellkarzinom) entwickeln. Nur ein Teil der akuten Leberentzündungen geht jedoch in eine chronische Infektion über. Diese ist vor allem vom Virustyp abhängig; z. B. erfolgt bei Hepatitis B bei 5–10 % der Erwachsenen eine Chronifizierung, bei Hepatitis C bei ungefähr 70–80 %. Chronische Verlaufsformen mit eventuellen Spätfolgen gibt es bei Infektionen mit den Hepatitis-Viren B, C und D. Unter solchen Umständen ist es sehr wichtig, zusätzliche schädliche Einflüsse möglichst zu vermeiden oder zu minimieren. Bei Einnahme von ­leberschädigenden Medikamenten (z.B. Paracetamol = Panadol) und insbesondere bei Konsum von Alkohol sollte ein moderater und kontrollierter Umgang befolgt werden. Die Befindlichkeit, die Werte der Blutuntersuchung und das Gewebsbild stimmen nicht immer überein. So wird zum Beispiel bei der chronischen Hepatitis C hin und wieder eine hohe Virusmenge oder Viruslast (➞ Kapitel I.2.4) gemessen, welche Ausdruck einer ­intensiven Virusvermehrung ist, ohne dass aber die Gewebsuntersuchung eine ausgeprägte Leberentzündung belegt. Weiter ist es möglich, dass Befindlichkeit und Laborwerte befriedigend sind, obwohl die Leberzirrhose fortschreitet. Eine fortgeschrittene Leberzirrhose bedeutet eine schwerwiegende Störung der Leberfunktion. Sie kann zu Krankheitsbildern mit unterschiedlichen Symptomen führen. ­Neben andauernder Müdigkeit, zunehmendem Verlust der Leistungsfähigkeit, Druck- und Völlegefühl im Oberbauch sowie evtl. Hautjucken, können folgende Anzeichen auftreten: Verminderung der Muskulatur Kleine spinnenförmige Blutgefässchen (Spider naevi) unter der Haut, vor allem im Dekolletee Rötung der Handinnenflächen und der Fusssohlen (Palmar- bzw. Plantarerythem) Gelbfärbung der Haut Verweiblichung des Mannes. Männer bilden in der Nebennierenrinde auch geringe Mengen an weiblichen Geschlechtshormonen. Sie werden in der gesunden Leber rasch abgebaut. In der bindegewebig umgebauten (zirrhotischen) Leber ist dieser ­Abbau aber beeinträchtigt, so dass sich allmählich wirksame Konzentrationen an weiblichen Geschlechtshormonen ergeben. Dadurch wachsen die Brustdrüsen ­(Gynäkomastie), degenerieren die Hoden (Hodenatrophie) und die Behaarung verändert sich (Bauchglatze). In gewissen Fällen stellt sich zuerst eine Erektionsstörung (Impotentia coeundi), später gelegentlich auch eine Fortpflanzungsunfähigkeit ­(Impotentia generandi, Infertilität) ein. Menstruationsstörungen bei Frauen, allenfalls Ausbleiben der Menstruationsblutung (Amenorrhö). 15 Wasserbauch (Aszites) als Folge mehrerer krankhafter Vorgänge. Weil der Fluss des Blutes von der Pfortader durch die Leber wegen entzündlicher und bindegewebiger Veränderungen in diesem Organ stark behindert ist, bildet sich dort ein hoher Druck (Pfortaderhochdruck) aus. Das führt zum Auspressen von klarer Blutflüssigkeit aus der Pfortader in die freie Bauchhöhle (Transsudation). Dieser Vorgang wird dadurch begünstigt, dass bestimmte Bluteiweisse (Albumine) in zu geringer Menge vorhanden sind. Eine gesunde Leber bildet in ausreichender Menge Albumine, welche im Blutgefäss Wasser an sich binden. In einem Teufelskreis spielen aber auch Steuerungsvorgänge durch Hormone mit, die zu einem Ersatz der ausgepressten Flüssigkeit im Gefässsystem führen und damit den Pfortaderhochdruck aufrechterhalten. Der Entstehung von Pfortaderhochdruck kann medikamentös entgegengewirkt werden (Propanolol). Bestimmte Medikamente können den Pfortaderdruck leicht senken (Betablocker und Nitrate). Umgehungskreisläufe: Von der Pfortader führt ein sehr kleines Blutgefäss (oesophagogastrischer Übergang) unter der Schleimhaut der Speiseröhre (Oesophagus) zur oberen Hohlvene. Bei Pfortaderhochdruck wird dieser Übergang massiv ausgedehnt und führt so zu einer Krampfader (Oesophagus-Varize). Diese Krampfader kann platzen und zu lebensbedrohlichen Blutungen führen. Störungen der Blutgerinnung: die Leber ist nicht mehr im Stand, genügend Gerinnungsfaktoren zu bilden. Zudem führt der Pfortaderhochruck zu einer Schwellung der Milz, wo die Blutplättchen beschleunigt abgebaut werden. Folge davon ist, dass die Blutplättchen zunehmend fehlen. Die beiden Faktoren – Mangel an Gerinnungsfaktoren und Absinken der Zahl von Blutplättchen – erhöhen das Risiko von Blutungen. Hepatitische Enzephalopathie (Erkrankung des Gehirns): Psychische Störungen können bei einigen PatientInnen mit Pfortaderhochdruck auftreten. Bei wenigen ent­ wickelt sich eine hepatitische Enzephalopathie aufgrund einer wesentlichen Beeinträchtigung der Leberfunktion. Stoffe, die von Darmzellen aufgenommen werden, können von der kranken Leber nicht mehr um- und abgebaut werden oder gelangen von der Pfortader über Umgehungskreisläufe direkt in den Kreislauf, statt in der ­Leber verarbeitet zu werden. Von besonderer Bedeutung ist dabei Ammoniak, das bei der Zersetzung von Eiweissen durch Bakterien im Darm entsteht und in der gesunden Leber zu Harnstoff umgebaut wird. Ammoniak erhöht unter anderem die Durch­ lässigkeit der Hirngefässe, so dass Blutflüssigkeit ins Gehirn austritt. Dies ist die Hauptursache für den raschen Tod bei Leberversagen. Ein chronischer Verlauf führt unter anderem zu einem allmählichen Absterben von Nervenzellen (Hirnatrophie) mit zunehmend ausgeprägteren Störungen. Nach Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörungen folgen Schlafstörungen sowie Unruhe und Desorientierung. Der ­Beeinträchtigung der Feinmotorik, die sich unter anderem in einer Veränderung des Schriftbildes zeigt, folgen Artikulationsprobleme, Gehunsicherheit, unwillkürliche rhythmische Augenbewegungen und der Ausfall von Reflexen. Die Therapie hat zum Ziel, insbesondere den Anfall von Ammoniak zu vermindern. Das wird durch Reduktion der Eiweisszufuhr, regelmässige Darmentleerung (z.B. mit Lactulose) und Verminderung der Bakterien im Darm durch eine Behandlung mit ­Antibiotika erreicht. Bei chronischen Verlaufsformen kommen Besserungen vor, auf längere Zeit ist die Prognose aber eher ungünstig. Blutungen im Magen-Darm-­ Bereich, insbesondere aus den Krampfadern der Speiseröhre, können eine Hepatische Enzephalopathie rasch verschlechtern. 16 Zu beachten: nur ein Teil der Infektionen mit Hepatitis-Viren werden chronisch, und­ bei chronischem Verlauf müssen nicht alle diese Symptome und Begleiterscheinungen auftreten. Die fünf Hepatitis-Viren 1.6 Hepatitis-Viren Viren können nur ganz bestimmte Wirtsorganismen befallen, die an der der Oberfläche ihrer Zellen Eigenschaften aufweisen, die dem Virus ein Andocken ermöglichen. Hepatitis-Viren brauchen als Wirt die menschliche Leberzelle. Bei der Infektion wird das Viruserbgut in die Zelle eingeschleust. Es beeinflusst den Stoffwechsel der Leberzelle so, dass neue Viren hergestellt werden. Wie im Einzelnen bei Infektionen durch Hepatitis-Viren Schäden entstehen, ist noch nicht für alle der bisher bekannten Erreger geklärt. Die Hepatitis-Viren A, B, C, D und E unterscheiden sich in wesentlichen Aspekten, wie der genetischen Struktur, der Übertragungswege, der Gefährlichkeit oder der Behandelbarkeit. 1.7 Hepatitis A Virusübertragung Das Hepatitis-A-Virus (HAV) wird fäkal-oral übertragen. Die Viren kommen in den Fäkalien der Infizierten vor und die orale Ansteckung erfolgt z.B. durch oral-anale Sexualpraktiken, verschmutzte Sex-Toys und Joints wie auch über Nahrungsmittel, Getränke, kontaminierte Gegenstände oder Körperteile. Während der Inkubationszeit, d.h. der Zeitspanne zwischen der Infektion mit dem Virus und dem Ausbruch der Krankheit (bei Hepatitis A durchschnittlich 25–30 Tage), ist das Virus auch kurze Zeit im Blut nachweisbar, ­weshalb in sehr seltenen Fällen auch eine Übertragung auf dem Blutweg möglich ist. Eine infizierte Person ist von der zweiten Hälfte der Inkubationszeit an (also vor Krankheitsausbruch) bis zu einer Woche nach Krankheitsausbruch ansteckend. Heute erfolgt die Ansteckung am häufigsten bei Reisen in Länder mit niedrigem Hygienestandard. Deshalb spricht man bei der Hepatitis A auch oft von der Reise-Hepatitis. Infektionsverlauf Die Inkubationszeit beträgt 15–50 Tage (Mittelwert 25–30 Tage). Die Infektion verläuft bei Kleinkindern meist ohne Symptome, nur bei unter 5 % entwickelt sich eine akute Hepatitis. Bei Erwachsenen entwickeln sich dagegen bei ca. 50–70 % der Infizierten Krankheitssymptome (Übelkeit usw.). Eine fulminante Hepatitis (schneller Verlauf bis hin zum Leberversagen) ist bei einer reinen HAV-Infektion selten (0,1 %), in Kombination mit einer anderen Form der Hepatitis jedoch häufiger. Die Infektion wird nie chronisch und führt immer zur lebenslangen Immunität. Diagnose Der Nachweis von Antikörpern gegen das Hepatitis-A-Virus erlaubt die Unterscheidung zwischen einer frischen Infektion (Nachweis von Immunoglobulin vom Typ M; IGM) und einer Immunität (Nachweis von Immunoglobulin vom Typ G; IGG). Die IGM-Antikörper können 5–10 Tage nach der Ansteckung (also vor der Entwicklung von Symptomen) und dann noch während ca. 4–6 Monaten nachgewiesen werden. 17 Vorkommen Gemäss den Meldungen an das Bundesamt für Gesundheit (BAG) traten in den Jahren bis 2000 jährlich 250–350 Fälle von akuter Hepatitis A auf. Seit 2001 sind es weniger als 200 Fälle pro Jahr. Weil nur ein Teil der infizierten Personen akut erkrankt, liegt die Zahl der jährlichen ­Neuinfektionen um 2–4 mal höher als die Zahl der Fälle von akuter Hepatitis A. Häufig waren früher injizierende Drogenkonsumierende betroffen; die Zahlen für diese Personengruppe sind in letzter Zeit etwas zurückgegangen. Heute stecken sich hauptsächlich Reisende in Hochrisiko-Regionen (Asien, Afrika, Mittel- und Südamerika) an. Therapie Es gibt keine akzeptierte medikamentöse antivirale Therapie. Impfung Wer gegen Hepatitis A geimpft ist (2 Dosen, bei der kombinierten Impfung A/B: 3 Dosen), ist über mehrere Jahre, wahrscheinlich aber jahrzehntelang geschützt. Der Impfschutz tritt ca. 10–14 Tage nach der ersten Impfdosis (aktive Immunisierung) ein. Neben der aktiven Immunisierung gibt es die passive Immunisierung. Dabei wird Serum (Immunoglobuline) mit schützenden Antikörpern gespritzt. Die Wirkungsdauer beträgt aber nur wenige Monate. Die Verabreichung von Immunoglobulin innerhalb von 7 Tagen nach dem Kontakt mit einer angesteckten Person kann den Ausbruch der Krankheit in 85 % der Fälle verhindern. Nach einer möglichen Risikosituation wird heutzutage die Impfung innerhalb der ersten 7 Tage empfohlen und der passiven Immunisierung vorgezogen. Die 1992 eingeführte Hepatitis-A-Impfung resp. die 1997 eingeführte kombinierte Hepatitis-A- und -B-Impfung haben sich als hochwirksam und sicher erwiesen. Bei Drogenkonsumierenden soll geimpft werden, wer HAV-Ak (Hepatitis-A-Virus-Antikörper) negativ ist. Dies gilt auch für Personal, das in engem Kontakt mit Drogenkonsumierenden steht. Prävention durch Hygiene Gefahr besteht vor allem bei Reisen in Risikoländer. Dort gelten folgende Regeln, um den Kontakt mit infiziertem Kot und verunreinigtem Wasser zu vermeiden: Nur Getränke in Flaschen konsumieren, keine Eiswürfel und kein Speiseeis, nur selbst geschälte Früchte essen, Vorsicht beim Verzehr von Salat und rohen Meeresfrüchten. Hände ­öfters als zu Hause mit Seife waschen, insbesondere auch nach jedem Toilettengang. Das Virus kann sehr lange überleben. Das Kochen von potentiell kontaminierten Gegenständen (20 Minuten bei 85-90° oder 90 Sekunden im Dampf) und bei Lebens­ mitteln ­(4 Minuten bei 85–90°) tötet das Virus ab. 1.8 Hepatitis B Virusübertragung 18 Das Hepatitis-B-Virus (HBV) wird durch kontaminiertes Blut und Genitalsekret (Sperma und Vaginalschleim) übertragen. Dies geschieht vor allem bei ungeschütztem oro-genitalem oder analem Geschlechtsverkehr, durch gemeinsamen Gebrauch von Injektionsmaterial, bei gemeinsamer Benützung von Rasierutensilien, Zahnbürsten und Werkzeugen für Tätowierungen. Eine Übertragung ist auch bei der Geburt von der infizierten Mutter zum Neugeborenen möglich. Nur noch sehr selten ist die Ansteckung über Bluttransfusionen, die in der Schweiz seit Jahrzehnten auf Hepatitis-B-Viren (HBs-Antigen) getestet werden. Kontaminiertes Blut oder Sekrete gelangen durch einen Stich, eine Wunde oder über die Schleimhäute (ungeschützte Sexualkontakte) in den Blutkreislauf. Eine infizierte Person ist bereits mehrere Wochen vor Ausbruch der Krankheit ansteckend und bleibt es ­ ährend deren ganzer Dauer. Je mehr Viren im Blut vorhanden sind, desto ansteckenw der ist der Träger oder die Trägerin. Infektionsverlauf Die Inkubationszeit beträgt 1–6 Monate (Mittelwert 60–90 Tage). Die Infektion führt je nach Alter zu unterschiedlicher Symptomatik (akute Hepatitis B) und zu unterschiedlichem chronischen Verlauf mit entsprechenden Folgen. Bei Säuglingen (Übertragung durch die Mutter) und Kleinkindern führt eine Infektion kaum je zur akuten Erkrankung, wird aber in 70–90 % chronisch. Infektionen bei Jugendlichen und Erwachsenen haben in 20–50 % der Fälle eine akute Hepatitis zur Folge und werden bei 5–10 % chronisch, unabhängig davon, ob eine akute Erkrankung auftrat oder nicht. Nach einer Infektionsdauer von 5–50 Jahren kann in 10–40 % der Fälle eine chronische Hepatitiserkrankung verbunden mit einer Leberzirrhose und einem Leberzellkarzinom auftreten. Diagnose Es gibt sieben Laboruntersuchungen für den Nachweis von Antikörpern, von Virus-­ Eiweissen, in erster Linie desjenigen der Hülle des HBsAg, sowie von viralem Erbgut. Dabei kann zwischen Neuinfektion, chronischer Infektion und Immunität unterschieden ­werden. Die Laboruntersuchungen zeigen, ob die Immunität durch eine Impfung oder aufgrund einer durchgemachten Erkrankung entstanden ist. Der HBsAg-Test zeigt frühestens 2, in der Regel aber 5–9 Wochen nach der Infektion positiv an (also vor dem Auftreten von Symptomen), in seltenen Fällen erst nach 6–9 Monaten. Vorkommen Dem BAG wurden zwischen 1988–1995 jährlich 350–500 Fälle von akuter Hepatitis B gemeldet, in den Jahren 1996–2000 noch 200–250 Fälle. Seit 2000 sind es weniger als 200 Fälle jährlich, wobei es sich bei rund 70 % um Männer im Alter von 25 bis 29 Jahren handelt. Nur ein Teil der infizierten Personen erkrankt akut und wird damit dem BAG gemeldet. Schätzungen gehen davon aus, dass die Zahl der unbekannten Neuinfektionen um 4 –10 mal höher ist (500–1000 Personen pro Jahr). Während früher der intravenöse Drogenkonsum der häufigste Grund für eine Infektion war, sind es heute ungeschützte Sexualkontakte (hetero- und homosexuell). Schon ein einzelner Sexualkontakt kann zu einer Infektion führen. Nach Schätzungen leiden in der Schweiz ca. 20 000 Menschen (1 Person auf 200–400 Einwohner) an einer chronischen Hepatitis-B-Erkrankung. Ein Grossteil davon lebt ohne Symptome, eine kleinere Anzahl leidet an einer Leberzirrhose oder an einem Leberkrebs. Therapie In der Regel werden PatientInnen mit chronischer Hepatitis B medikamentös behandelt. Zur Therapie stehen zwei Typen von antiviralen Substanzen zur Verfügung. Einerseits pegyliertes Interferon (als subkutane Injektion, einmal pro Woche, für die Dauer eines Jahres) und andererseits orale antivirale Medikamente. Die Indikation wird von erfahrenen SpezialärztInnen (Infektiologie, Gastroenterologie, Hepatologie oder ­InternistInnen) gestellt. Die Behandlung erfordert eine engmaschige Überwachung.­ Die Wahrscheinlichkeit, eine Hepatitis B komplett zu heilen, ist deutlich geringer als bei ­einer Hepatitis C; sie liegt bei ca. 20–30 %. Wo die komplette Heilung nicht gelingt, ist es das Ziel, die Viruslast im Blut zu senken. Dadurch werden der Entzündungsprozess in der Leber und die damit verbundene Leberschädigung gestoppt. Dieses Therapieziel wird bei praktisch 100 % der PatientInnen erreicht. Zu erwähnen ist, dass es auch PatientInnen gibt, welche Hepatitis-B-Viren im Blut aufweisen, aber keine Zeichen einer Entzündung der Leber zeigen. Diese PatientInnen haben keine chronische 19 Hepatitis B, sondern sie werden als inaktive Hepatitis-B–Oberflächen-Antigen-positive (HBsAg+) TrägerInnen bezeichnet, die in der Regel nicht medikamentös behandelt ­werden müssen. Impfung Die Hepatitis-B-Impfung ist hochwirksam und sicher. Kinder und Erwachsene erhalten 3 Injektionen, Jugendliche 2 Injektionen mit einer Dosierung für Erwachsene. Dasselbe gilt für die kombinierte Impfung A + B bei Kindern. Es gibt zugelassene Kombinationsimpfstoffe, z.B. gegen Hepatitis A und B, aber auch Kombinationen gegen Hepatitis B und andere Krankheitserreger. Seit 1982 wird die Hepatitis-B-Impfung für alle Risikogruppen empfohlen, und seit 1998 werden generelle Impfaktionen für alle 11- bis 15-jährige Jugendliche in der Schweiz durchgeführt. Drogenkonsumierende sollten immer zu einer Impfung motiviert werden. Da diese vielfach Abklärungen oder Behandlungen abbrechen, ist beim Erstkontakt präventiv eine erste Impfdosis zu verabreichen, auch ohne dass Laborresultate vorliegen. Bei positiven antiHBc-Werten, hat sich die Person schon angesteckt, und es ist keine Impfung mehr notwendig. Personal, das beruflich mit Drogenkonsumierenden in Kontakt steht, sollte ebenfalls gegen Hepatitis B geimpft werden. Bei Risikosituationen kann die Verabreichung des Impfstoffes und der Immunglobuline (aktive und passive Impfung) innerhalb von 24–48 Stunden nach einem Blutkontakt mit kontaminiertem Blut vor der Krankheit schützen (➞ Kapitel II.1.7, Post-Expositions-Prophylaxe). 20 Testungen im Blutspendewesen Seit 1980 werden in der Schweiz alle Blutspenden und Blutprodukte auf HBsAg getestet. Seither gibt es kaum mehr transfusionsbedingte Infektionen. Aufgrund des so genannten diagnostischen Fensters liegt das Restrisiko pro Spende bei 1:300 000. Bei einer mit Hepatitis B angesteckten Person kann das HBs-Antigen erst nach einigen Tagen nachgewiesen werden. Testung von Schwangeren Seit 1985 beschränkt und seit 1996 unbeschränkt gilt in der Schweiz die Empfehlung, alle schwangeren Frauen auf das HBs-Antigen zu testen, mit unmittelbarer Impfung (und passiver Immunisation) des Neugeborenen, falls die Mutter infiziert ist. Prävention durch Hygiene Die Regeln des Safer Sex (die auch zur Vorbeugung von HIV-Infektionen gelten) sind strikte zu beachten. Ebenso gilt: kein gemeinsamer Gebrauch und Tausch von potenziell infizierten Spritzen und Injektionsmaterialien. Weiter sind Verletzungen mit stechenden und schneidenden Geräten zu vermeiden. Dies gilt vor allem beim Drogenkonsum, aber auch bei Tätowierungen, Piercing und insbesondere bei Gesundheitskuren unter ungenügenden Hygieneverhältnissen, bei denen Substanzen injiziert werden. Das Virus kann in der Umwelt bei Raumtemperatur während mindestens einer Woche überleben. Kontaminierte Gegenstände müssen deshalb sorgsam gewaschen werden, und potentiell kontaminierte Gegenstände sollten nicht gemeinsam benutzt werden (Zahnbürsten, Rasierer, Nagelscheren, Maniküreinstrumente usw.). 1.9 Hepatitis C Virusübertragung Das Hepatitis-C-Virus (HCV) wird am häufigsten durch kontaminiertes Blut übertragen, das durch eine Haut- oder Schleimhautverletzung in den Körper eindringt. In den meisten Fällen erfolgt eine Ansteckung beim gemeinsamen Gebrauch von Injektionsmaterial bei intravenösem Drogenkonsum, seltener beim Tätowieren und ausnahmsweise beim gemeinsamen Gebrauch von Rasierern und Zahnbürsten. Die Hepatitis C gehört im ­Gegensatz zur Hepatitis B nicht zu den sexuell übertragbaren Erkrankungen. Eine Übertragung kann bei der Geburt von der Mutter zum Neugeborenen erfolgen, mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 5 %. Das Risiko, über eine Bluttransfusion angesteckt zu werden, ist in der Schweiz – anders als in wirtschaftlich wenig entwickelten Ländern – kaum vorhanden. Die Mehrzahl der infizierten Personen und Nichtbehandelten sind nach Auftreten der Krankheit innerhalb einer oder mehreren Wochen ansteckend. Testungen im Blutspendewesen 1990 wurde in der Schweiz die Testung aller Blutspenden und Blutprodukte auf AntiHCV eingeführt, seit 1999 steht die hochsensible PCR-Methode (➞ unten: Diagnose) zur Verfügung. Das aktuelle Restrisiko für eine Ansteckung durch eine Transfusion liegt bei 1:1,4 Millionen pro Transfusion. Das entspricht ca. einem Fall innerhalb von 5–10 Jahren bei Blutspenden unmittelbar nach der Infektion, wenn die PCR-Werte noch ­negativ sind (diagnostisches Fenster). Infektionsverlauf Die Inkubationszeit beträgt zwischen 20 Tagen und 6 Monaten. Die Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus verläuft meist ohne Symptome und führt nur bei 10–20 % der Personen zu einer akuten Hepatitis. Sie führt aber in über 70–80 % zu einer chronischen Infektion und in 5–50 Jahren bei 5–50 % der Infizierten zu einer chronischen Hepatitis. Ein Teil der Infizierten leidet an einer Leberzirrhose oder an einem Leberzellkarzinom. Diagnose Als erstes wird das Blut auf das Vorhandensein von Antikörpern gegen das Hepatitis-CVirus getestet (Screening-Test). Ein positives Ergebnis muss durch eine spezifischere Methode bestätigt werden (Bestätigungstest). Die Diagnose ist nur gesichert, wenn auch dieser Test ein positives Resultat aufweist. Der Antikörpertest zeigt innerhalb­ von 15 Wochen (im Durchschnitt 7–8 Wochen) nach der Infektion oder innerhalb von­ 6 Wochen nach dem Ausbruch der Symptome positiv an. Mit der PCR-Methode (Polymerase-Kettenreaktion) kann das Erbgut des Virus im Unterschied zum Antikörpertest schon 1–3 Wochen nach der Infektion festgestellt werden. Die PCR muss also bei Verdacht auf eine akute oder chronische Infektion auch bei negativem Antikörpertest durchgeführt werden. Vorkommen Nach Labormeldungen des BAG und durch ÄrztInnen stagnierten die Fallzahlen von Personen mit akuter Hepatitis C von 1992 bis 2000 bei 50–65 pro Jahr. Ab 2000 wurde eine Zunahme auf ca. 80–90 Fälle pro Jahr beobachtet; 2002 traten sogar 133 Fälle auf, die unter anderem auf eine Hepatitis-C-Kampagne zurückzuführen sind (mehr Tests bei Drogenkonsumierenden). Im Jahre 2003 sanken die Fallzahlen auf 90. Diese Tendenz wird auch durch die Zahlen aus dem Jahr 2006 mit 65 Fällen gestützt. Wie bei Hepatitis A und B ist auch bei der Hepatitis C, bei der nur ein Teil der Infizierten Symptome entwickelt, davon auszugehen, dass die Zahl der Neuinfektionen um ein 5- bis 10-faches höher ist. Schätzungen gehen von 300–1000 Neuansteckungen pro Jahr aus. Seit den 80er Jahren sind hauptsächlich intravenös Drogenkonsumierende von Neu­ infektionen betroffen (Anteil: 60–80 %). 60 % davon sind Männer, die meisten im Alter 21 zwischen 25 und 29 Jahren. Allerdings gibt es noch viele Personen mit chronischen ­Infektionen, die sich vor der Einführung der entsprechenden Antikörpertests bei Bluttransfusionen angesteckt haben. Chronische Infektion Die HCV-Infektion verläuft in vielen Fällen über Jahre bis Jahrzehnte hinaus ohne klinische Symptome. Das lässt den Schluss zu, dass nur rund die Hälfte der auf 50 000–70 000 geschätzten infizierten Personen von ihrer Ansteckung wissen. Therapie Die zurzeit akzeptierte medikamentöse antivirale Therapie ist die Kombination von ­pegyliertem Interferon (Injektion) und Ribavirin. Die Heilungschancen liegen bei 50–90 %, wenn mit der Therapie möglichst früh, sicher aber vor der Bildung einer Zirrhose, ­begonnen wird. Der Therapieerfolg hängt massgeblich vom Virustyp (Genotyp) ab: ­PatientInnen mit Genotyp 1 und 4 werden in ca. 50 % der Fälle durch eine 48 Wochen dauernde Therapie geheilt. PatientInnen mit Genotyp 2 oder 3 müssen nur 24 Wochen behandelt werden und können mit ca. 85 % Heilungswahrscheinlichkeit rechnen. Die wichtigsten Nebenwirkungen der Therapie sind Müdigkeit, Fieber, Muskel- und Gelenkschmerzen, Veränderungen des Blutbildes und depressive Verstimmungen. Die Behandlung muss deshalb engmaschig überwacht werden. Wie für Hepatitis B, gilt auch für Hepatitis C, dass PatientInnen mit fortgeschrittenem Leberversagen im Hinblick auf eine mögliche Lebertransplantation evaluiert werden sollten. Dies geschieht in der ­Regel in einem universitären Zentrum. Prävention durch Hygiene Infektionen über potenziell kontaminierte Utensilien (Spritzen, Nadeln, Löffel, Filter, Wasser), die beim Drogenkonsum gemeinsam benutzt werden, müssen verhindert werden, ebenso Infektionen mit anderen stechenden oder schneidenden Geräten. Dies ist besonders wichtig beim Drogenkonsum, aber auch bei Tätowierungen, Piercing und insbesondere bei Gesundheitskuren unter ungenügenden Hygieneverhältnissen, bei denen Substanzen injiziert werden. Die wichtigsten Massnahmen sind die 24-stündige Verfügbarkeit von kostenlosem ­sterilem Injektionsmaterial für Drogenkonsumierende sowie das Respektieren aller Safer-Use-Regeln beim Drogenkonsum. Die Überlebensdauer des Hepatitis-C-Virus in der Umwelt wird auf mehrere Tage geschätzt. Deshalb sind Gegenstände im Zweifelsfall als kontaminiert zu betrachten und entsprechend zu behandeln (➞ Kapitel II.2, Konsumregeln). 1.10 Hepatitis D Das Hepatitis-D-Virus (HDV) kann sich nur vermehren, indem es die Hülle des HepatitisB-­Virus benützt. Bei einer Hepatits D besteht also gleichzeitig immer auch eine Hepatitis-B-Infektion. Die Inkubationszeit beträgt 1–6 Monate. Die Impfung gegen Hepatitis B schützt auch vor Hepatitis D. Die Erkrankung ist in der Schweiz selten, spielt allerdings im Zusammenhang mit Co-Infektionen eine Rolle. 22 1.11 Hepatitis E Das Hepatitis-E-Virus (HEV) wird fäkal-oral über­tragen. Die Inkubationszeit beträgt­ 2 bis 8 Wochen. Das Virus verhält sich ungefähr wie das Hepatitis-A-Virus und kann zu ähnlichen Krankheitsbildern und zu einer akuten ­Erkrankung führen; die Infektion wird aber nie chronisch. Bei schwangeren Frauen kann die Erkrankung gravierende Folgen haben. In den letzten Jahren ist es vor allem in Ländern mit niedrigem Hygienestandard zu Hepatitis-E-Epidemien gekommen. In der Schweiz traten bis jetzt kaum Krankheits­fälle auf. Co-Infektionen 1.12 Was sind Co-Infektionen? Bei einer Co-Infektion sind gleichzeitig mehrere Krankheitserreger aktiv. Wenn man von einer HIV/HBV- und/oder HIV/HCV- und/oder HIV/HDV-Co-Infektion spricht, meint man also, dass ein Mensch sowohl mit dem HIV als auch mit dem HBV und/oder HCV und/ oder HDV angesteckt ist. Die HIV/HCV-Co-Infektion findet sich bei Drogenkonsumierenden recht häufig, die übrigen Konstellationen sind selten. Grundsätzlich können alle Erkrankungen, die mit einer Schwächung des Immunsystems einhergehen, den Verlauf einer Infektionskrankheit ungünstig beeinflussen. 1.13 Co-Infektionen mit HIV HIV ist das Virus, das zu Aids führen kann. Der CD4-Wert ist die Anzahl bestimmter ­Helferzellen im Blut. Im Verlauf der unbehandelten HIV-Infektion nimmt die Anzahl­ der CD4-Helferzellen im Blut ständig ab. Je weniger CD4-Zellen im Blut vorhanden sind, desto stärker ist das Immunsystem geschädigt. Eine HIV-Infektion ist nicht heilbar. Mit antiretroviralen Therapien kann die Infektion aber über lange Zeit unter Kontrolle gehalten und das Fortschreiten des durch das HIV verursachten Immundefekts verhindert werden. Dies hat zu einer deutlichen Ver­bes­ serung von Lebensqualität und Lebenserwartung bei den Betroffenen geführt. Das ­HI-Virus selbst und die Medikamente der HIV-Therapie verursachen über die Jahre eine grosse Belastung der Leber. Folge davon ist, dass heute Leberversagen eine der häufigsten Todesursachen bei HIV-PatientInnen ist. Oft sind in solchen Situationen auch noch virale Hepatitiden im Spiel. Von erheblicher Bedeutung bei Menschen mit einer HIV-Infektion ist die Frage, welche Impfungen nötig sind. Grundsätzlich sollten sie ihren Impfschutz schon früh aufbauen und erhalten. Falls die Untersuchungen des Blutserums keine HAV- und HBV-Anste­ck­ung nachweisen, sind Impfungen gegen Hepatitis A und/oder Hepatitis B indiziert. Wenn im Zusammenhang mit der HIV-Infektion eine Immunschwäche vorliegt, ist der Impferfolg geringer als sonst, d.h. das Immunsystem ist oftmals unter diesen Bedingungen nicht mehr in der Lage, genügend schützende Antikörper aufzubauen. Aus 23 ­ iesem Grund muss bei vorliegender HIV-Erkrankung möglichst früh geimpft werden, d bevor das Immunsystem weiter geschwächt wird. Die aktiven Impfungen gegen Hepatitis A und B sind auch bei Vorliegen einer Immunschwäche unbedenklich, da sowohl bei der aktiven Impfung gegen Hepatitis A als auch bei jener gegen Hepatitis B Totimpfstoffe verwendet werden, die aus inaktivierten HAV beziehungsweise gentechnisch hergestellten Bestandteilen des HBV (HBs-Antigenen) bestehen. Die Impfungen verursachen keine stärkeren Nebenwirkungen als im Normalfall, und der Verlauf der HIV-Infektion wird nicht ungünstig beeinflusst, obschon kurzfristig ein erhöhter HI-Viral-Load (Viruslast) im Blutplasma zu beobachten ist. Die HIV/HCV-Co-Infektion ist bei Drogenkonsumierenden von Bedeutung, weil beide Infektionen über kontaminiertes Blut erfolgen. Ungefähr 90 % aller HIV-positiven Drogen­konsumierenden sind auch Träger des Hepatitis-C-Virus. Die zwei Infektionskrankheiten beeinflussen sich im Verlauf und in der Behandlungschance gegenseitig ­negativ. Eine Co-Infektion mit einer chronischen Hepatitis ist prognostisch ungünstig. Lässt sich die chronische Hepatitis nicht behandeln, kann sie die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Eine chronische Hepatitis C bei Menschen mit einer HIV-Infektion kann mit pegyliertem Interferon und Ribavirin behandelt werden. Bei der Behandlung von HIV/HBV-Co-Infektionen sind z. T. die gleichen antiviralen Medikamente wirksam. 1.14 HIV und Hepatitis A Hepatitis A verläuft nicht als chronische Infektion und hat somit als Co-Infektion mit HIV nur bei Lebervorgeschädigten eine Bedeutung. Es besteht dabei die Gefahr eines fulminanten Verlaufes der Hepatitis. Zudem ist im Unterschied zu Hepatitis B und C der Infektionsweg von Hepatitis A nicht derselbe wie bei HIV (vorwiegend fäko-oral). Hepatitis A ist nicht therapierbar, als einzige Massnahme sollten sich HIV-PatientInnen gegen Hepatitis A impfen lassen. 1.15 HIV und Hepatitis B Diese Co-Infektion ist ebenso wie eine chronische Hepatitis B bei Drogenkonsumierenden viel seltener zu beobachten als eine chronische Hepatitis C. Bei Personen mit einer HIV-Infektion und fortgeschrittener Immunschwäche verläuft eine Hepatitis B häufiger (bei ca. 25 % der Betroffenen) chronisch. 24 Die Co-Infektion mit HIV verschlechtert den Verlauf einer Hepatitis B-Infektion. Dabei wird die Progression der Lebererkrankung beschleunigt und die Gefahr eines Leber­ versagens ist höher als bei einer alleinigen HBV-Infektion. Die langjährige Einnahme von HIV-Medikamenten (Triple-Therapie) belastet die Leber bei HBV/HIV-Co-Infizierten stärker, so dass bei diesen Personen eine medikamentöse Unterdrückung des Hepatitis-B-Virus besonders angezeigt ist. Einzelne Stoffe einer Kombinationsbehandlung gegen HIV wirken auch gegen das Hepatitis-B-Virus. Eine HIV/HBV-Co-Infektion wird mit antiviralen Medikamenten (3TC, FTC, Tenofovir) behandelt, die gegen beide Viren wirksam sind. So wird Lamivudin (3TC) in beiden Therapien und vor allem auch bei Co-Infizierten eingesetzt. Beide Viren sind aber auch in der Lage, Resistenzen gegen diese Substanz zu bilden. Auch Tenofovir wirkt gegen HBV und HIV, ist zur Zeit aber nur in der HIV-Behandlung zugelassen. Liegen keine Resistenzen gegen die beiden Substanzen vor, werden diese in HIV-Therapien bei HIV/ HBV-Co-Infizierten bevorzugt verwendet. Ziel der HIV- und HBV-Therapien ist es, die Viren möglichst zu unterdrücken. Die Folge davon sind langjährige Behandlungen. Das hauptsächliche Problem ist dabei die Entwicklung von Resistenzen, insbesondere bei der Hepatitis-B-Therapie. Menschen mit einer HIV-Infektion, die noch nie eine akute Hepatitis B durchgemacht haben oder nicht an einer chronischen Hepatitis B leiden, wird dringend empfohlen, sich gegen das Hepatitis-B-Virus aktiv impfen zu lassen. 1.16 HIV und Hepatitis B/D Der Verlauf der Hepatitis B bestimmt den Verlauf der Hepatitis D. Aus diesem Grund kommt es bei Menschen mit einer HIV-Infektion, insbesondere bei fortgeschrittener Immunschwäche, gehäuft zu chronischen Verläufen der Hepatitis D. Die chronische Hepatitis D scheint schwerer zu verlaufen, wenn gleichzeitig eine HIV-Infektion vorliegt. 1.17 HIV und Hepatitis C Diese Co-Infektion tritt am häufigsten bei Drogenkonsumierenden auf und sollte so früh als möglich behandelt werden. Eine chronische Hepatitis C bei Menschen mit einer HIV-Infektion kann mit pegyliertem Interferon und Ribavirin behandelt werden. Die Behandlung der Hepatitis C bei Personen mit HIV wird durch die ungünstige gegenseitige Beeinflussung der beiden ­Infek­tionen erschwert. Bei Menschen mit einer HIV-Infektion verläuft eine chronische Hepatitis C rascher und führt häufiger zu einem Leberversagen als bei Personen ohne HIV-Infektion. Im Zeitalter der modernen HIV-Behandlungen sterben in den industrialisierten Ländern nur noch wenige Menschen an einer HIV-Infektion; unter diesen ist ein Leberversagen infolge der HCV-Infektion eine der häufigsten Todesursachen. Je fort­geschrittener die Lebervernarbung ist, umso kleiner sind die Erfolgsaussichten der ­Hepatitis-C-Therapie. Daher ist eine Hepatitis-C-Behandlung so früh als möglich anzustreben. Die Erfolgsaussicht einer Hepatitis-C-Behandlung bei HIV-infizierten Personen liegt zwischen 40 und 80 %, je nach Hepatitis-C-Genotyp. Dies sind etwas tiefere Heilungschancen als bei Personen ohne HIV-Infektion. Menschen mit einer fortgeschrittenen HIV-Infektion haben einen höheren HC-ViralLoad als solche ohne HIV-Infektion. Man muss im Hinblick auf das Hepatitis-C-Virus also vermutlich von einer höheren Infektiosität (Ansteckungsfähigkeit) ausgehen. Das äussert sich unter anderem auch darin, dass das HCV wesentlich häufiger von einer Mutter mit einer HIV-Infektion auf ihr Neugeborenes übertragen wird als von einer Mutter ohne HIV-Infektion. Bei HIV-infizierten Drogenkonsumierenden genügt ein einmaliger negativer Anti­ körpertest nicht zum Ausschluss einer Hepatitis C, da in etwa 10 % der Fälle ein Mangel an Antikörpern gegen das Virus besteht. Es drängt sich dann die Bestimmung der ­Hepatitis-C-RNA (PCR) auf (➞ Kapitel I.2.4). 25 1.18 Hepatitis A und Hepatitis C Dem Risiko einer Co-Infektion kann mit einer aktiven Impfung gegen das Hepatitis-AVirus begegnet werden. Eine HAV/HCV-Co-Infektion kommt durch eine Hepatitis A bei vorliegender chronischer Hepatitis C zustande. Die umgekehrte Situation ist nicht möglich, da die Hepatitis A nicht chronisch verläuft. Eine solche «Superinfektion» von Hepatitis A bei chronischer Hepatitis C kann zu einer akuten, gefährlich verlaufenden Hepatitis mit Leberversagen führen. Eine spezifische Therapiemöglichkeit besteht nicht. Präventiv ist die HepatitisA- und -B-Impfung bei allen PatientInnen mit Hepatitis C dringend zu empfehlen. 1.19 Hepatitis B und Hepatitis C Diese Co-Infektion ist selten. Bei Menschen mit einer chronischen Hepatitis C lässt sich der Bestandteil der Hülle des Hepatitis-B-Virus (HBs-Antigen) manchmal nicht finden, auch wenn eine chronische Hepatitis B vorliegt. Die Vermutung besteht, dass das HCV die HBV-Vermehrung hemmt. 26 2. Abklärung, Beratung & Impfung Sich testen lassen 2.1 Allgemeine Informationen zu Hepatitis-Tests Die Hepatitis-Ansteckungsraten sind bei Drogenkonsumierenden hoch. Oftmals wird die erste Infektion nicht bemerkt und es zeigen sich keine Symptome der Krankheit. Deshalb sollte jedeR Drogenkonsumierende auf Hepatitis A, B und C getestet, und bei negativem Resultat und fortgesetztem Risikoverhalten mindestens 1 x jährlich gescreent (Reihenuntersuchung nach Antikörpern) werden. Mit den Tests können die ­verschiedenen Kategorien der Antikörper nachgewiesen werden. Die Testergebnisse geben Auskunft darüber, ob: eine aktuelle oder durchgemachte Infektion vorliegt eine ausgeheilte Infektion vorliegt oder die Person geimpft ist (Impfimmunität) Grundsätzlich finden zwei Testmethoden Anwendung: Nachweis von spezifischen Antikörpern gegen die entsprechenden Viren Nachweis von Viren oder deren Bestandteilen (Proteine oder genetisches Material) Ein Hepatitis-Test sollte frühestens ca. 3 Wochen nach einer Exposition (Risikosituation) durchgeführt werden. Bei zu frühen Tests sind die Resultate unzuverlässig. Zusätzlich zu den Tests sollten regelmässig die Leberwerte bestimmt werden. Bei erhöh­ten Werten müssen nicht-infektiöse Ursachen wie z.B. Schädigungen durch Alkohol oder Medikamente ausgeschlossen werden. Die virale Hepatitis verläuft oft asymptomatisch, so dass eine Person infiziert sein kann, ohne sich jemals krank gefühlt zu haben. Werden Bestandteile des Virus selbst gefunden, bedeutet dies, dass der Virus im Organismus aktiv ist. In diesem Fall ist eine Ansteckung anderer Personen möglich. Werden die Tests für den Nachweis von Antikörpern und Virenbestandteilen kombiniert, sind folgende Rückschlüsse möglich: Die Infektion ist ausgeheilt oder es liegt eine chronische Infektion vor. Aus dem Vorhandensein bestimmter Formen von Antikörpern bei den Hepatitiden A und B wird aus folgenden Gründen auf eine Immunität geschlossen: Die Person wurde in der Vergangenheit ­infiziert und die Erkrankung ist ausgeheilt oder die Person wurde geimpft und ist damit gegen neue Infektionen geschützt. Bei einer ausgeheilten Hepatitis C bieten die Antikörper jedoch keinen Schutz gegen eine erneute Infektion! 27 2.2 Wer soll sich auf Hepatitis testen lassen? Folgende Symptome und Situationen verlangen eine vollständige medizinische Untersuchung inklusive Hepatitis-Tests: Hepatitis A Bei: Gelbfärbung der Haut, Müdigkeit, Übelkeit Der Antikörper Test HCA wird empfohlen für: Personen, die in der Abwasserbehandlung und -aufbereitung tätig sind Personen mit risikoreichen Sexualkontakten (insbesondere oro-anal) Drogenkonsumierende, die Hepatitis-B-TrägerInnen sind PatientInnen mit chronischen Lebererkrankungen (insbesondere Hepatitis B) nach serologischer Testung Hepatitis B Bei: Gelbfärbung der Haut, Müdigkeit, Übelkeit Risikoreichen Sexualkontakten Nicht spezifizierten Beschwerden, Problemen mit Haut, Niere, Gelenkbeschwerden Die Reihenuntersuchung nach Antikörpern der Hepatitis B (Screening) wird empfohlen für: Schwangere Frauen Familienmitglieder inkl. Kinder, die im gleichen Haushalt leben SexualpartnerInnen von AgHBs-positiven Personen Mitarbeitende von Institutionen, die in Kontakt mit Drogenkonsumierenden stehen Personen aus Gebieten mit hohen Hepatitis-B-Prävalenzen Intravenös Drogenkonsumierende (auch Ex-User) Personen mit seropositivem HIV-Status Hepatitis C Bei: Gelbfärbung der Haut Müdigkeit, Übelkeit, Gelenkbeschwerden Der Antikörper-Test HCV wird empfohlen für: Intravenös konsumierende, sniffende und rauchende Drogenkonsumierende (auch Ex-User) Personen, die vor 1992 eine Bluttransfusion erhalten haben Personen, die vor 1987 Blutkonserven erhalten haben (z.B. BluterInnen) Personen mit Nieren-Insuffizienz unter Blutdialyse (künstliche Niere) SexualpartnerInnen von Personen, die mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert sind Kinder von mit dem Hepatitis-C-Virus infizierten Müttern Personen mit seropositivem HIV-Status Gesundheitspersonal nach einem Kontakt mit Blut (Verletzung durch Nadel oder durch anderes kontaminiertes Material) 28 2.3 Was zeigen die Testergebnisse? Hepatitis A Antikörper IgM und IgG positiv: Es liegt eine akute oder kürzlich erfolgte Infektion (IgM sind nur während 4–6 Monaten nachweisbar) vor. Antikörper IgM negativ und IgG positiv: Bedeutet eine ausgeheilte Infektion oder das Vorliegen eines Impfschutzes. Antikörper IgM und IgG negativ: Bis anhin ist kein Kontakt mit dem Virus erfolgt und es liegt kein Impfschutz vor. Diese Personen sollten geimpft werden. Hepatitis B HBs-Antigen (Virusprotein) positiv: Das Virus ist im Körper aktiv (akute oder chronische Infektion). Zur weiteren Abklärung gehören in diesem Fall die Viruslastbestimmung (HBV-DNA) und die HBe-Antigen-Bestimmung. Ist das Resultat HBe-Antigen-positiv, handelt es sich um eine hochaktive chronische Hepatitis B. Zu erwähnen ist, dass es auch PatientInnen gibt, welche Hepatitis-B-Viren im Blut haben, aber keine Zeichen einer Entzündung der Leber zeigen. Solche Personen haben keine chronische Hepatitis B, sondern werden als inaktive Hepatitis-B–Oberflächen-Antigen-positive (HBsAg+) TrägerInnen bezeichnet; sie müssen in der Regel nicht medikamentös behandelt werden. Antikörper HBc positiv (Screeningtest): Es liegt (oder lag) eine Infektion mit dem Virus vor. Antikörper HBs positiv: Eine ausgeheilte Infektion (wenn auch Anti-HBc-Antikörper positiv) oder eine Immunantwort auf die entsprechende Impfung (wenn Anti-HBc-Antikörper negativ) liegen vor. Antikörper HBc und HBs negativ: Bis anhin ist kein Kontakt mit dem Virus erfolgt. Es liegt kein Impfschutz vor und die Person sollte geimpft werden. Hepatitis C Antikörper Anti-HCV positiv: Eine Infektion mit dem Virus liegt (oder lag) vor (akut, chronisch oder ausgeheilt). HCV-RNA (genetisches Material des Virus) positiv: Das Virus ist im Organismus vorhanden, d.h. es besteht eine akute oder chronische Infektion. 2.4 Labor- und mikroskopische Untersuchungen Blutwerte zur Entzündungs- und Funktionsmessung der Leber Neben der Messung der Reaktion des Körpers auf die Viren (Antikörper) und von Virenbestandteilen selbst (Antigenen) werden die Leberwerte und weitere Funktionsparameter bestimmt. Einerseits kann damit die Aktivität der Entzündung abgeschätzt werden. Die Erhöhung von Leberenzymen (Transaminasen/Transferasen) gibt Aufschluss über den Grad der Zellzerstörung durch die Entzündung. Diese Werte sind vor allem ALAT (Alanin-AminoTransferase; früher GPT: Glutamat-Pyruvat-Transaminase) und ASAT (Aspartat-Amino-Transferase; früher GOT: Glutamat-Oxalacetat-Transaminase). 29 Andererseits kann die Funktion der Leber durch folgende Messungen beurteilt werden: Nimmt die Syntheseleistung der Leber ab, enthält das Blutplasma weniger CHE(Cholinesterase) Gerinnungsfaktoren und bei schwerer Beeinträchtigung auch weniger Albumin (ein wichtiges Bluteiweiss). Das Bilirubin nimmt bei verminderter Leberfunktion zu, da dessen Abbau durch die Leber eingeschränkt wird (➞ Kapitel 1.5) Die Funktionstüchtigkeit des Gerinnungssystems wird mit dem Quick- oder dem INRWert (Wirkungskontrolle blutverdünnender Medikamente) erfasst. Störungen des Gallenflusses äussern sich unter anderem in einer Erhöhung der AP (alkalische Phosphatase). Als Ausdruck einer verminderten Entgiftungsleistung findet sich bei weit fortgeschrittener Leberzirrhose ein erhöhter Ammoniakspiegel im Blut. 30 Viruslast/Viral Load Die Messung der Viruslast im Blutplasma, d.h. der Anzahl Virus-Erbgutkopien pro Milli­ liter Blutplasma, erfolgt mittels des gentechnischen Verfahrens Polymerase-KettenReaktion (PCR). Dabei werden Erbgutbausteine vervielfältigt. Die Reihenfolge ihrer Aminosäuren resp. ihre chemischen Reaktionen sind charakteristisch für einen bestimmten Krankheitserreger. Die PCR-Diagnostik ist auch von Bedeutung für die Therapiekontrolle. Wird Interferon (eventuell in Kombination mit einer anderen Substanz) eingesetzt, bestimmt man mit dieser Methode die Viruslast zur Kontrolle der Wirksamkeit der Therapie. Die Viruslast kann aufgrund einer spontanen Heilung oder im Rahmen eines günstigen Therapieverlaufs negativ sein. Leberbiopsie Bei Verdacht auf eine chronische Hepatitis wird gelegentlich eine Leberbiopsie (Leberpunktion) durchgeführt. Dabei wird mit einer dünnen Nadel ein kleines Stück Gewebe aus der Leber entnommen. Die Untersuchung mittels Mikroskop erlaubt unter anderem, den Schweregrad der entzündlichen Reaktion und das Ausmass des bindegewe­ bigen Umbaus zu beurteilen. Zudem können allfällige zusätzliche schädliche Einflüsse (z.B. durch Alkohol) festgestellt werden. Vor dem Biopsietermin finden ein ärztliches Informationsgespräch und eine Ultraschalluntersuchung der Leber statt. Am Morgen der Biopsie sollte kein Frühstück eingenommen werden. Der Arzt/die Ärztin legt vor der Punktion mit Hilfe des Ultraschallgerätes den Punktionsweg für die Nadel fest. Dann wird die Haut desinfiziert und der Punktionskanal wird mit einer dünnen Nadel und einem Lokalanästhetikum betäubt. Während der Punktion muss der Atem angehalten werden, damit sich die Leber nicht bewegt. Die Biopsie erfolgt mit einer dünnen Hohlnadel, die 4–5 cm tief in die Leber eingestochen wird. Mittels Unterdruck wird durch die Nadel ein kleiner Lebergewebezylinder entfernt, der zur weiteren Untersuchung ins Labor geschickt wird. Die Punktion ist in der Regel nicht schmerzhaft. In seltenen Fällen kann nach der Punktion ein rasch abheilender Schmerz im Bereich der Einstichstelle oder in der rechten Schulter verspürt werden. Die ganze Untersuchung dauert 5 bis 10 Minuten. Im Anschluss an die Punktion erfolgt eine Überwachung in der Praxis für ca. 4 Stunden, damit eine mögliche Blutung als ­seltene Komplikation nicht übersehen wird. Nach ca. 5–8 Werktagen liegt der Untersuchungsbericht des Labors vor, der über den Grad der Leberschädigung, den Schädigungsmechanismus und den Auslöser der Schädigung Auskunft gibt. Fibroscan® Als Alternative zur Leberbiopsie steht die Lebersteifigkeitsmessung mittels Fibroscan® zur Verfügung. Das dazu verwendete Gerät erinnert äusserlich an ein Ultraschallgerät. Mit einem zwischen den Rippenbogen der rechten Flanke angesetzten Untersuchungskopf wird bei diesem rein äusserlichen Testverfahren die Vernarbung der Leber ermittelt. Das Prinzip des Fibroscan® beruht auf einer histologischen Tatsache: Je fester die Leber ist, desto schwerer ist die Fibrose (krankhafte Vermehrung des Bindegewebes). Aufgrund der Festigkeit der Leber kann also der Fibrosegrad prognostiziert werden. Dabei wird auf der Hautoberfläche eine kleine Schwingung erzeugt, die bis in die Leber dringt. Mittels Ultraschall wird nun die Geschwindigkeit gemessen, mit der sich diese Stoss­ welle unter der Haut auf einer Distanz von 2 bis 4 Zentimetern fortbewegt. Je schneller sich die Schwingung fortbewegt, desto fester ist die Leber und desto fortgeschrittener somit die Fibrose. Diese Messung ist nicht invasiv (d.h. weder ein chirurgischer Eingriff noch eine Blutentnahme sind nötig), für die PatientInnen mit keinen Schmerzen verbunden und dauert nur fünf Minuten. Der Fibroscan® kann nicht eingesetzt werden­ bei Flüssigkeitsansammlung in der Bauchhöhle (Aszites) oder bei morbider Fettsucht, die eine Messung verunmöglichen. In der Praxis korrelieren die Ergebnisse einer Leberpunktion von guter Qualität und eines Fibroscans nicht immer. Bisher empfehlen die SpezialistInnen eher die Leberbiopsie als den Fibroscan®. Letzterer sollte somit bei PatientInnen angewendet werden, die eine Leberpunktion ablehnen und die keine Kontra­ indikation für einen Fibroscan® aufweisen (Fettleibigkeit mit einem BMI > 26, Aszites, kleine Leber von abnormer Form). 2.5 Testresultate: Kommentare und zusätzliche Analysen Hepatitis B Bei Verdacht auf eine Hepatitis B sollte immer nach dem HBs-Antigen (HBsAg) und den Antikörpern Anti-HBs und Anti-HBc gesucht werden. Ist das Resultat HBsAg-positiv, liegt eine akute oder chronische Hepatitis B vor. Zu erwähnen ist, dass es auch PatientInnen gibt, welche Hepatitis-B-Viren im Blut haben, aber keine Zeichen einer Entzündung der Leber zeigen. Solche Personen haben keine chronische Hepatitis B sondern werden als inaktive Hepatitis-B-Oberflächen-Antigenpositive (HBsAg+) TrägerInnen bezeichnet. Bei HBsAg-positiven Werten liegt eine akute oder chronische Hepatitis B vor. Die Präsenz von Antikörpern Anti-HBs deuten auf eine ausgeheilte Hepatitis B hin. Die Antikörper Anti-HBs sind im Falle von Hepatitis B immer vorhanden. Nach der Impfung sind die Antikörper Anti-HBc negativ, die Anti-HBs positiv. Die Werte erlauben einen Rückschluss darauf, wie die Person auf die Impfung angesprochen hat. Hepatitis C Wenn der HCV-Ak-Test positiv ausfällt, muss die HCV-RNA (Erbinformation des HCV) qualitativ bestimmt werden. Das HCV tritt in vier verschiedenen Genotypen (Virus­ familien) auf. Für eine fachgerechte Beratung ist die Kenntnis des Genotyps und der ­Virenzahl wichtig. Bei positivem HCV-RNA-Test sind eine Genotypbestimmung und­ die quantitative HCV-RNA-Bestimmung durchzuführen. Nach heutigem Wissensstand liegt der Behandlungserfolg bei den Genotypen 2 und 3 bei 70–90 %, beim Genotyp 1 zwischen 50–70 %, beim seltenen Genotyp 4 sind es etwas mehr. Chronische Hepatitis Bei Vorliegen einer chronischen Hepatitis B oder C, bei der (noch) keine Behandlung notwendig oder erwünscht ist, wird eine jährliche Kontrolle der Leberwerte sowie eine ­Leberbiopsie alle 5 Jahre oder alternativ eine jährliche Fibroscan-Messung empfohlen. 31 2.6 Meldepflicht Verschiedene ansteckende Krankheiten unterstehen gemäss dem Epidemiengesetz ­einer obligatorischen Meldepflicht. Meldungen dienen dazu, ausbrechende Krankheiten früh zu erkennen und die Notwendigkeit und/oder die Wirksamkeit vorbeugender Massnahmen laufend zu überprüfen. Hepatitis A, B und C gehören zu diesen meldepflichtigen Krankheiten. Testlaboratorien sind verpflichtet, ihre positiven Tests gleichzeitig dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) und dem zuständigen Kantonsarzt oder der zuständigen Kantonsärztin mitzuteilen, der/die dann vom Arzt oder der Ärztin, der/ die den Test angeordnet hat, weitere Informationen über die möglichen Ansteckungs­wege verlangt. Diese Informationen werden als Ergänzungsmeldung bezeichnet und vom Kantonsarzt oder der Kantonsärztin an das BAG weitergeleitet. Bei Hepatitis A, B und C beinhalten diese Angaben auch die Namen und Adressen der betroffenen Personen für eventuelle weitere notwendige Massnahmen der Laboratorien, Ärzte/Ärztinnen sowie Spitäler (Suche nach infizierten und exponierten Personen usw.). Dabei wird folgendes Prozedere durchgeführt: 1.Bei Hepatitis B und C werden die Zusatzangaben von den behandelnden ÄrztInnen geliefert, um festzustellen, ob es sich im jeweiligen Fall um eine alte oder neue Infektion handelt. Die Angaben der Laboratorien erlauben diese Rückschlüsse nicht. 2.Beim Verdacht einer Ansteckung mittels Bluttransfusionen wird ein Rückblick angeordnet, um eventuell angesteckte BlutspenderInnen zu entdecken und gegebenenfalls noch vorhandene Blutspenden oder Blutprodukte zu vernichten. 3.Bei Hepatitis B und C werden weitere Untersuchungen auch bei einem Verdacht auf eine Übertragung im Spital oder durch Spitalpersonal angeordnet. Dasselbe gilt bei Hepatitis A bei einem Verdacht auf Ansteckung durch verseuchte Gewässer oder Nahrungsmittel. 4.Mögliche Impffehler müssen ausgeschlossen werden. 5.Mögliche Post-Expositionelle-Prophylaxen können angeordnet werden. Die Namensnennung verhindert auch die Mehrfachnennung von chronisch kranken Personen, die sich bei verschiedenen ÄrztInnen behandeln lassen. Alle diese Angaben sind durch Arztgeheimnis und Datenschutzgesetz geschützt. Die entsprechenden Unterlagen werden nach den Abklärungen vernichtet. Sich impfen lassen 2.7 Impfung gegen Hepatitis Gegen Hepatitis A und Hepatitis B gibt es sowohl einen aktiven als auch einen passiven Impfschutz. Gegen Hepatitis C ist noch kein Impfschutz möglich. Weitergehende Informationen zu den rechtlichen Aspekten, finden sich im ➞ Kapitel II.3.1. Passive Impfung 32 Bei der selten verwendeten passiven Impfung werden Antikörper gegen das Hepatitis-A- oder das Hepatitis-B-Virus verabreicht. Der Vorteil des passiven Impfschutzes ist die sofortige Schutzwirkung. Eine Impfung kann selbst nach einem risikoreichen Verhalten, verbunden mit einer möglichen Infektion, wirksam sein. Der Nachteil liegt in der kurzen Wirkungsdauer des Impfschutzes, der nur über wenige Monate anhält. Das Immunsystem der geimpften Person hat nicht gelernt, selber Anti­ körper aufzubauen, die es bei Bedarf nachliefern könnte. Gegen Hepatitis C gibt es keine Impfung und auch keine Post-Expositions-Prophylaxe. Aktive Impfung Bei der aktiven Impfung werden Antigene gespritzt. Dazu werden inaktivierte Erreger oder gentechnisch hergestellte Virusbestandteile verwendet, die das Immunsystem dazu anregen, Antikörper gegen das Virus aufzubauen. In den meisten Fällen kann die aktive Impfung angewendet werden. Der Vorteil ist, dass das Immunsystem der geimpften Person selber immer wieder Antikörper bilden kann, wenn solche benötigt werden. Die Nachteile: Der Impfschutz ist nicht sofort wirksam, weil der Organismus zwei bis drei Wochen Zeit benötigt, um Antikörper zu produzieren. Bei der Hepatitis A ist jedoch die Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit) länger als die Zeit zum Aufbau eines Impfschutzes, weshalb hier auch kurz nach einem Risiko noch aktiv geimpft werden kann. Bei der Hepatitis B muss die Impfung früh genug vor einem Risiko erfolgt sein (viele ­Personen rechnen nicht damit, sich einem Risiko auszusetzen) und in bestimmten Abständen wiederholt werden, damit ein langfristiger Schutz gewährleistet ist (zweimal für Hepatitis A, dreimal für Hepatitis B). Es existieren kombinierte Hepatitis-A- und Hepatitis-B-Impfstoffe. Sie werden in der Regel zum Zeitpunkt null, nach einem Monat und nach sechs Monaten verabreicht und erweisen sich als sehr wirksam (≥ 90 %) und gut verträglich. Obwohl die Durchführung der zwei-, resp. dreimaligen Impfung in den oben genannten Abständen sehr emp­ fohlen wird, senkt eine einmalige Impfung das Ansteckungsrisiko schon wesentlich. Einzelne Menschen antworten auch nach dreimaliger Anwendung auf die aktive Hepatitis-B-Impfung nicht mit der Bildung von Antikörpern (bei ca. 5–10 % der aktiv Geimpften). Sie werden als Non-Responders bezeichnet. Allerdings kann bei fast 70 % der ­Non-Responders die Bildung von Antikörpern ausgelöst werden, wenn die Impfung fortgesetzt wird (maximal 3 zusätzliche Dosen im Abstand von 3–4 Monaten). In gewissen Fällen bietet diesen Personen nur eine passive Impfung einen gewissen Schutz. Die Impfung erfolgt am Oberarm, bei kleinen Kindern am Oberschenkel. Wird gleichzeitig aktiv und passiv geimpft, werden linker und rechter Oberarm beziehungsweise Oberschenkel benützt. Wer im Sinne einer Post-Expositions-Prophylaxe (PEP), wie z.B. nach einer Nadelstichverletzung eingreift, wird zusätzlich zur aktiven Impfung gegen Hepatitis B auch die passive vornehmen. Zusätzlich zur Impfung gibt es Verhaltensempfehlungen, die das Übertragungsrisiko deutlich vermindern können (➞ Kapitel II, Konsumregeln). Der Vollständigkeit halber muss zum Thema Prävention/Impfung hier noch erwähnt werden, dass sich auch kritische Stimmen gegen das Impfen erheben. Einige Argumente und Antworten dazu: 33 Die «Non Responders» leben in der falschen Sicherheit, nicht infiziert zu sein. Bei Personen mit hohem Risiko(verhalten) kann die Antikörperentwicklung nach einer Impfung geprüft und beim Fehlen von Antikörpern festgestellt werden, ob die Person nicht bereits infiziert ist (eine chronische Infektion durch das Hepatitis-B-Virus kann ein Grund für das Fehlen einer Antikörperentwicklung nach einer Impfung sein). Die Impfung kann dazu verleiten, die eigenen Schutzmassnahmen zu vernachlässigen (die Massnahmen zum Schutz vor der Infektion durch die Hepatitisviren nützen auch gegen das HIV). Bei der Hepatitis-B-Impfung ist es wichtig zu erklären, dass dieser Impfstoff nicht vor Infektionen durch andere Viren, insbesondere HIV, schützt. Die Safer-Use-Regeln sind in jedem Fall anzuwenden! Im Gegensatz zu HIV ist das Hepatitis-B-Virus in der Bevölkerung weiter verbreitet und es besteht ein bedeutend grösseres Risiko sich damit anzustecken. Es lohnt sich deshalb, sich impfen zu lassen, selbst wenn die gebräuchlichen Vorsichtsmassnahmen gegen HIV ergriffen werden. Es gab Fälle von multipler Sklerose nach einer Hepatitis-B-Impfung. Fälle von multipler Sklerose sind in der Tat zeitgleich mit einer Hepatitis-B-Impfung festgestellt worden. Detaillierte Studien konnten jedoch keinen kausalen Zusammenhang zwischen dem Impfstoff und der Krankheit nachweisen. 2.8 Impfung gegen Hepatitis A Die Impfung wird empfohlen für: Drogenkonsumierende Personal, das in engem Kontakt mit Drogenkonsumierenden oder mit Personen aus Risikogebieten steht Reisende in endemische Zonen (➞ entsprechende Liste unter www.safetravel.ch) In der Schweiz lebende Kinder aus Endemiegebieten, die in ihr Heimatland reisen Männer, die Sex mit Männern haben Personen mit einer chronischen Hepatitis, insbesondere Hepatitis C Personen mit HIV, HCV und HBV Co-Infizierte Seit dem 1. Januar 2008 wird diese Impfung bei Personen, die einem höheren Risiko ausgesetzt sind, über die obligatorische Krankenversicherung abgedeckt; ausge­ nommen davon sind Reisende. Bei den ArbeitnehmerInnen werden die Kosten in den meisten Fällen durch den Arbeitgeber übernommen. Es wird empfohlen, die Liste der Medikamente zu überprüfen, die von den Krankenkassen übernommen werden. 2.9 Impfung gegen Hepatits B 34 Seit 1998 wird die Impfung in der Schweiz für Jugendliche von 11 bis 15 Jahren empfohlen. Die Impfung hat präventiven Charakter um das Infektionsrisiko mit Einsetzen der sexuellen Aktivitäten zu minimieren. Gemäss den Daten der obligatorischen Meldungen ist diese zwischen 20 und 24 Jahren am höchsten. Die Strategie ist wirksam, neuste Daten zeigen, dass bei 15- bis 19-Jährigen deutlich weniger Fälle von akuter Hepatitis B registriert worden sind. Für die anderen Altersgruppen wird die Impfung in folgenden Situationen empfohlen: Die Impfung wird empfohlen für: Personal im Gesundheitswesen, das in Kontakt mit Blut oder mit möglicherweise ­infizierten Körperflüssigkeiten, verunreinigten oder kontaminierten Gegenständen und infektiösem Material kommt SozialarbeiterInnen, Gefängnis- und Polizeipersonal, das in häufigem Kontakt mit Drogenkonsumierenden steht Drogenkonsumierende Personen mit häufig wechselnden SexualpartnerInnen Personen, die im gleichen Haushalt leben wie Virusträger/innen (Antigen HBs) oder mit solchen Sexualkontakte haben Personen, die aus Risikogebieten stammen (Afrika, Asien, Ozeanien, gewisse Regionen von Südamerika) (➞ entsprechende Liste unter www.safetravel.ch) Reisende in endemische Zonen, die engen Kontakt mit der Bevölkerung haben (langer Aufenthalt oder Risikoverhalten) Personen mit verminderter Immunfunktion (Immunschwäche), PatientInnen mit künstlicher Niere (HaemolysepatientInnen), BluterInnen Personen mit einer chronischen Hepatitis C HIV und HCV Co-Infizierte Diese Impfung wird von der obligatorischen Krankenkassen-Versicherung übernommen. Bei Fachpersonen, die in medizinischen/sozialen Bereichen arbeiten, wird die ­Impfung in den meisten Fällen vom Arbeitgeber bezahlt. Hepatitis & Schwangerschaft 2.10 Hepatitis B & Schwangerschaft Die Übertragung des Virus von einer akut oder chronisch infizierten Schwangeren auf das Ungeborene erfolgt in den meisten Fällen im letzten Schwangerschaftsdrittel, insbesondere während der Geburt. Eine Ansteckung über die Muttermilch wird vermutet, die vorhandenen Forschungsresultate dazu sind aber ungenügend; im Gegensatz zu den Risiken beim Geburtsvorgang ist dieses Übertragungsrisiko aber gering, selbst bei Vorhandensein des Antigens HBs in der Muttermilch. Ob das Kind tatsächlich infiziert wird, ist von der Viruskonzentration bei der Mutter und der übertragenen Virusmenge abhängig. Falls keine Impfprophylaxe bei der Geburt vorgenommen wird, beträgt das Risiko bei positiven HBe Ag bei der Mutter zwischen 70– 90 %. Bei positivem Antigen HBs bei der Mutter beträgt das Risiko zwischen 10–40 %. Bei einer akuten Hepatitis B besteht eine Übertragungsgefahr von 60–70 % am Ende der Schwangerschaft. Als grösstes Problem bei infizierten Kindern gilt die hohe Rate an chronisch verlaufenden Hepatitiden, die später zu Leberzirrhose oder Leberzellkrebs führen können. Durch die Bestimmung des Antigens HBs der Mutter im letzten Schwangerschafts­ drittel wird abgeklärt, welche Frauen das Virus potenziell auf das Kind übertragen können. Kinder von Antigen HBs-positiven Frauen erhalten im direkten ­Anschluss an die Entbindung innerhalb der ersten 12 Stunden eine passive und aktive Hepatitis-B- 35 Impfung, die nach vier Wochen und sechs Monaten wiederholt wird. Mit dieser Impfung hat das Neugeborene eine Chance von 95 %, nicht von der Mutter angesteckt zu werden. Das Impfen des Kindes ermöglicht auch das Stillen. Das Risiko einer Übertragung auf das Kind ist bei Hepatitis B wesentlich höher als bei Hepatitis C. Mit den oben beschriebenen Massnahmen ist jedoch eine Mutterschaft ohne Ansteckung des Kindes möglich. 2.11 Hepatitis C & Schwangerschaft Eine Übertragung der Hepatitis-C-Viren im Mutterleib ist zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, kommt aber selten vor (bei ca. 5 % der Fälle). Eine Hepatitis C ist jedoch kein Grund, einer Frau von einer Schwangerschaft abzuraten oder während der Schwangerschaft und Geburt über normale Hygieneregeln hinausgehende Massnahmen zu ergreifen. Eine durch Hepatitis C infizierte Mutter kann ihr Kind unter der Voraussetzung stillen, dass sie keine offene Wunde auf der Brustwarze hat. Der Zusammenhang zwischen der Viruslast während des Geburtsvorganges und dem Übertragungsrisiko ist empirisch nicht nachgewiesen. Das gleiche gilt für Kaiserschnitt und Geburtsvorgang. Eine Ausnahme bildet die HIV/HCV-Co-Infektion. Hier ist die Mutter-Kind Übertragung von Hepatitis C um 8–30 % höher. Aufgrund der HIV-Infektion wird die Geburt per Kaiser­ schnitt durchgeführt. 36 II. Prävention 37 1.Hygiene Handhygiene 1.1 Hände waschen Krankheitserreger werden oftmals über ungewaschene Hände weitergegeben. Gerade im Umfeld illegaler Drogen ist deshalb der Hygiene der Hände grosse Beachtung beizumessen. Das gilt gleichermassen für Personal und Klientel. Die nachfolgenden Hygieneregeln basieren auf den Merkblättern für Angestellte und Klientel im Umfeld illegaler Drogen, die von Fixpunkt Berlin erstellt wurden (www.fixpunkt.org). Warum sollten Sie Ihre Hände waschen? Krankheitserreger (Viren und Bakterien) sind sehr klein und oft nicht erkennbar von blossem Auge. Einige dieser Erreger können zum Beispiel Durchfall oder Erkältungen, aber auch ernsthaftere, ja manchmal lebensbedrohende Erkrankungen verursachen. Wenn Sie Ihre Hände gründlich mit Seife waschen, werden Sie die meisten Keime entfernen. Krankheitserreger können in Ihren Körper gelangen, wenn Sie mit ungewaschenen Händen Ihre Nase, Ihren Mund oder offene Wunden berühren. MitarbeiterInnen des Gesundheitswesens (in Arztpraxen, Krankenhäusern usw.) haben eine berufliche Verpflichtung zur besonderen Sorgfalt beim Händewaschen. Sie sollten dem Händewaschen eine hohe Priorität einräumen! Wann sollten Sie sich die Hände waschen? Vor und nach jedem intravenösen Drogenkonsum Nach jedem Kontakt mit eigenem oder fremdem Blut oder mit blutkontaminierten Flächen Wenn Sie nach Hause kommen Bevor Sie eine Mahlzeit zubereiten oder essen Bevor Sie Kontaktlinsen einsetzen oder entfernen Nachdem Sie ungekochte Lebensmittel (vor allem Fisch, Fleisch oder Geflügel) berührt haben Nach jedem Toiletten-Gang bzw. nach Kontakt mit eigenem oder fremdem Stuhl Nach intensivem Kontakt mit Tieren (Streicheln) Verwenden Sie alkalifreie Seife mit einem pH-Wert von 5,5 um den Säureschutzmantel der Haut nicht zu zerstören. Wie waschen Sie Ihre Hände richtig? 38 Wie Sie Ihre Hände waschen, ist ebenso wichtig wie die Frage, wann Sie die Hände waschen. Nur schnell etwas Wasser über die Hände laufen zu lassen, reicht nicht aus! Verwenden Sie Seife und warmes, fliessendes Wasser. Waschen Sie die gesamte Handoberfläche, die Handinnenflächen und die Rückseite der Hände, die Finger und gegebenenfalls auch unter den Fingernägeln. Reiben Sie die Hände mindestens 10 bis 15 Sekunden aneinander. Verwenden Sie beim Händetrocknen nur ein sauberes Handtuch, in einer öffentlichen Toilette nur Einweg-Papier. Statt abrubbeln ist es besser, die Haut abzutupfen, um sie nicht zu sehr zu belasten. Berühren Sie nach dem Händewaschen die (keimbelasteten) Wasserhähne nicht mit den sauberen Händen; schliessen Sie den Wasserhahn mit Hilfe eines Papiertuchs. Pflegen Sie Ihre Hände regelmässig mit Handcreme, um ein Austrocknen zu verhindern. Wie kann eine Ansteckung verhindert werden? 1.2 Verschleppung verschiedener Krankheitserreger Nachstehende Tabelle gibt Auskunft über die mögliche Verschleppung von Hepatitisund von HI-Viren auf verschiedenen Wegen: Hepatitis A Kontakt- und Schmierinfektion (Stuhlgang) Tröpfcheninfektion (Husten, Niesen) – via Nahrungsmittel und Wasser HIV B C D – – – – – – – – – E – – – via Blut – via Spermien und Vaginalflüssigkeit – via Speichel – via Hände und Zwischenwirte via Gegenstände (Injektionsmaterial, Inhalationsröhrchen) – ( ) – – – – – – – * * – – – * ** *kontaminierte (=verseuchte) Gegenstände, die in Kontakt mit verletzter Haut oder verletzten Schleimhäuten kommen, können Hepatitis B, C und D übertragen (Spritzen, Löffel, Filter usw.). Hepatitis B und C Viren überleben einige Tage an der Luft in kleinsten Mengen getrocknetem Bluts! ** v.a. Nadeln! (➞ Merkblatt Wundversorgung im Anhang) 1.3 Blut-Aufmerksamkeit Neben den bekannten Infektionswegen und Risikosituationen und den entsprechenden Hauptbotschaften zu deren Vermeidung (eigenes steriles Injektionsmaterial, Safer Sex etc.) gilt es, Drogenkonsumierende, ihre Angehörigen und PartnerInnen sowie Personal von Institutionen zu motivieren, Blut-Aufmerksamkeit zu entwickeln. Da bei bestimmten Viren bereits kleinste Mengen unsichtbaren Blutes für eine Ansteck­ ung ausreichen können, genügt es nicht, einzelne Risikosituationen und Präventionsmassnahmen aufzuzählen. Es geht primär um die Frage, wo im Alltagsleben Kontakte mit Blut oder mit Gegenständen entstehen können, an denen Blut oder Blutreste – auch eingetrocknete – haften könnten. Besondere Aufmerksamkeit ist geboten bei: Schnittverletzungen in der Küche, beim Handwerken usw. Verletzung durch fremde Nadel, Messer usw. Erste Hilfe: direkter Kontakt mit offenen Wunden (immer Handschuhe tragen!) Sexualpraktiken mit (auch nur kleinen) Verletzungen Beatmen ohne Beatmungsmaske bei Menschen mit Nasenbluten oder Mundverletzungen Bisse von Menschen mit Mundverletzungen 39 Zahnbürsten, Rasierapparate und -klingen, Nagelscheren, Nagelfeilen Piercing- oder Tätowierinstrumente (nicht oder nicht vollständig gereinigt und ste­ rilisiert) Ablageflächen und Unterlagen, auf denen vorher verunreinigtes Material abgelegt wurde (Tische, Papierunterlagen) Blutreste an den Fingern z.B. durch Aufkratzen von Wunden, Insektenstichen, Ekzemen usw. Abtasten von bereits angestochenen Venen mit schmutzigen, blutverschmierten Fingern (bei Injektionshilfe bei einer anderen Person) Abdrücken der Einstichstelle mit schmutzigen Fingern nach dem Herausziehen der Nadel (Trockentupfer verwenden!) Inhalationsröhrchen beim Sniffen oder Basen Filter (mit schmutzigen Händen/mit Blutresten an den Fingern berührt) Löffel (nicht oder unvollständig gereinigt und sterilisiert) Blutreste (auch eingetrocknete) an Feuerzeug, Stauschlauch, Wasserbehälter oder am Messer (beim Teilen von Stoff usw.) Wasserbehälter, aus denen mit einer gebrauchten Spritze Wasser entnommen wurde Spritzen (gebrauchte) beim Aufteilen von Stoff Diese Liste ist nicht vollständig. Sie soll vielmehr deutlich machen, dass in vielen Situa­ tionen Blutkontakt möglich ist und ein Infektionsrisiko besteht! Eine ganze Anzahl von Krankheiten wird durch Blut übertragen. Im Alltag oder beim Zusammenleben mit Drogenkonsumierenden stellen vor allem HIV, Hepatitis B und ­Hepatitis C eine Gefahr dar. Zur Verhinderung einer Ansteckung haben der sichere Umgang mit Materialien und eine saubere Arbeitstechnik höchste Priorität. Alltag und Zusammen­ leben mit Hepatitis-­ B- und/oder Hepatitis-CInfizierten Potentiell blutverschmutzte Utensilien mit Verletzungsgefahr (Rasierapparate, Nagelscheren, Zahnbürsten etc.) ausschliesslich persönlich verwenden und zur Sicherheit mit Namen versehen. Verhinderung von Blutexposition Nach Blutkontakt: Handschuhwechsel (( (( (( (( 40 Bei allen Verrichtungen, bei denen ein Kontakt mit Blut und bluthaltigen Körper­ flüssigkeiten vorhersehbar ist, müssen Latexhandschuhe getragen werden. Nach dem Tragen von Handschuhen: Hände desinfizieren Verhinderung von Nadelstichverletzungen Im geschützten/überwachten Raum (Konsumraum) gilt für Spritzen und Kanülen (Nadeln) das medizinische Setting: Kein Wiederaufsetzen der Plastikkappe auf die Nadel (kein Recapping), sondern ­direktes Entsorgen der Spritze samt Nadel in einen für diesen Zweck vorgesehenen Entsorgungsbehälter. Ausserhalb des Konsumraums gilt: Immer Wiederaufsetzen der Plastikkappe auf die eigene gebrauchte Nadel und entsorgen der Spritze samt Nadel in stich- und bruchfesten Behälter (z.B. leere Alu-Dose), dann regulär in den Abfall. (( (( Kehrichtsäcke nicht mit der Hand, sondern zum Beispiel mit dem Besen stopfen. Beim Tragen der Säcke Abstand zum Bein halten. 1.4 Safer Sex bei eindringendem Geschlechtsverkehr – ob vaginal oder anal – immer ein Präservativ von guter Qualität benutzen; bei Analverkehr immer Gleitmittel verwenden kein Sperma in den Mund, kein Sperma schlucken kein Menstruationsblut in den Mund nehmen, kein Menstruationsblut schlucken SexworkerInnen: auch beim Oralverkehr immer Präservative benutzen (Verhinderung sexuell übertragbarer Krankheiten) 1.5 Gefahren Durch eine Nadelstichverletzung und durch Kontakt mit Blut, z.B. auf Schleimhäute oder vorgeschädigte Hautpartien (Ekzem, Wunde usw.) können vor allem HIV, Hepatitis B und Hepatitis C übertragen werden. Risikofaktoren für eine Infektion nach einer Stichverletzung mit einer durch ent­sprechende Viren kontaminierten Nadel im Spitalbereich: für eine HIV-Infektion: etwa 0,3 % für eine HBV-Infektion: 30–40 % für eine HCV-Infektion: etwa 3 % 41 Wie reagieren bei einer Risikosituation? 1.6 Sofortmassnahmen Nadelstichverletzung Vollständiges Entfernen des Fremdkörpers. Gründlich mit Seife und Wasser waschen. Wunde bluten lassen, grosszügig desinfizieren mit Betadine, 70 % Alkohol oder Isopropanol (während mindestens 1 Minute). Hautkontakt mit Blut Gründlich mit Seife und Wasser waschen. Grosszügig desinfizieren mit Betadine, 70 % Alkohol oder Isopropanol (während mindestens 1 Minute). Mund- oder Nasenschleimhautkontakt mit Blut Nase schnäuzen und mit Wattestäbchen und wässeriger Betadine-Lösung mindestens 1 Minute desinfizieren. Mund mit wässeriger Betadine-Lösung spülen und während mindestens 1 Minute einwirken lassen. Blutspritzer ins Auge Auge ausgiebig mit grossen Mengen Kochsalzlösung, Leitungswasser oder sonst ­einer sauberen Flüssigkeit (Getränk) auswaschen. Dies gelingt am besten im Liegen und mit Unterstützung einer Hilfsperson. Schnittverletzungen (➞ Merkblatt Erste Hilfe – Wundversorgung im Anhang) 1.7 Weitere Behandlung/Prophylaxe Bei Personen, die beruflich häufig mit infiziertem Blut zu tun haben, sollte ein HepatitisA- und -B-Impfschutz sowie eine Titerbestimmung von HBs-Ak vorliegen, der aussagt, ob der Impfschutz genügend ist. Jede Institution sollte über die entsprechenden Daten ihrer MitarbeiterInnen rasch verfügen können, damit mit entsprechenden post-expositions-prophylaktischen Massnahmen keine Zeit verloren geht. Heute stehen zur Verhinderung einer Infektion wirksame Medikamente gegen das ­HI-Virus zur Verfügung. Diese so genannte Post-Expositions-Prophylaxe muss möglichst rasch nach dem Blutkontakt angewendet werden. Personen ohne ausreichenden Impfschutz gegen Hepatitis B können ferner durch die Gabe von Hepatitis-B-Immunglobulinen vor dieser Krankheit geschützt werden. Bei: jeder Nadelstichverletzung jeder Bissverletzung jedem Kontakt von verletzter Haut mit Blut (Ekzem, Wunde usw.) jedem Kontakt von Schleimhaut mit Blut muss deshalb unverzüglich der/die Hausoder NotfallärztIn oder eine spezialisierte HIV-Sprechstunde kontaktiert werden, um das weitere Vorgehen abzusprechen. 42 Auch wenn eine Post-Expositions-Prophylaxe abgelehnt wird, muss aus versicherungsrechtlichen Gründen so bald als möglich ein Arzt oder eine Ärztin zur Blutentnahme aufgesucht werden. Blutuntersuchungen müssen nach 3 und nach 6 Monaten wieder- holt werden. In der Zwischenzeit ist die betroffene Person als möglicherweise infiziert und damit als möglicherweise ansteckend zu betrachten (➞ Kapitel III). Zudem müssen die Safer-Sex-Regeln strikte eingehalten werden. 43 2. Konsumregeln Grundregeln 2.1. Allgemeine Informationen Die Hepatitis-Viren A, B und C sind weitaus leichter übertragbar und weiter verbreitet als z.B. das HI-Virus. So lässt sich auch die extrem hohe Ansteckungsrate unter Drogenkonsumierenden erklären. Um eine Ansteckung zu verhindern sind die untenstehenden Konsumregeln für Drogen­ konsumierende elementar. Bei Befolgung der Regeln lässt sich die durch Drogenkonsum bedingte Verbreitung von Hepatitis und von anderen Infektionen stark ein­dämmen und eine Ansteckung kann mit grosser Sicherheit vermieden werden (➞ Illustrierte Merkblätter im Anhang). 2.2 Konsumregeln für intravenös Drogenkonsumierende Bei intravenösem Drogenkonsum müssen folgende Grundregeln eingehalten werden: Nur mit eigenen, neuen, sterilen Spritzen, Nadeln und Filtern und mit gründlich ge­ reinigtem Material (Wasserbehälter und Löffel) Drogen konsumieren. Injektions­ material niemals tauschen! Hände vor und nach jedem Konsum gründlich waschen. Teilen (frontloading) nur mit je eigenen, neuen, sterilen Spritzen, Nadeln und Filtern. Wasserbehälter und Löffel müssen sehr gründlich gereinigt werden. An ihnen können bei mehrfacher Verwendung Krankheitserreger haften, die lange Zeit infektiös bleiben können. Löffel und Wasserbehälter können mit Alkoholtupfern, Bleichmittel oder Javelwasser desinfiziert werden: Tupfer (oder Ähnliches) mit viel Desinfektionsmittel tränken und die Flüssigkeit auf die Geräte auftragen. Mindestens 5 Minuten einwirken lassen. Mit trockenem Tupfer nachtrocknen. Dann mit kaltem Wasser gut spülen. Zuletzt nachtrocknen. Achtung: Reste von Javelwasser oder Bleichmittel in Spritze oder Nadel können fatale Folgen haben! Daher auch das Spülen sehr gründlich vornehmen (➞ Merkblatt ­Desinfektion im Anhang). Jegliche Form von Filtern darf nur einmal verwendet werden. Dies gilt auch für den Fall, dass noch etwas Stoff im Filter vorhanden ist (kein Filterelen). In gebrauchten Filtern finden sich Blutresten, die neben Viren oft grosse Kulturen von Bakterien enthalten, die sich gerade bei Körpertemperatur sehr schnell vermehren (z. B. wenn die Filter in der Hosentasche getragen werden). Auch Drogenkonsumierende müssen für die so genannte Blut-Aufmerksamkeit sensibilisiert werden. Blut – auch getrocknetes, auch in kleinsten Mengen – kann grundsätzlich kontaminiert sein und ist deshalb immer als infektiös einzustufen. Vor dem intravenösen Konsum 44 Freie und saubere Unterlage wählen. Behälter für das Entsorgen der gebrauchten Tupfer, Taschentücher usw. vorbereiten. Hände gründlich waschen. 1 Injektion = 1 sterile Filterspritze. Im Notfall kann ein Zigarettenfilter verwendet werden. Dann immer zuerst die Hände waschen und den Filter mit den sauberen Händen entfernen. Nie mit den Zähnen! Seine eigenen Filter nie teilen/ausleihen – auch nicht um zu helfen. Eigenen, persönlichen Löffel verwenden; vor Gebrauch mit Wasser/Desinfektionstupfer reinigen. Steriles Wasser verwenden – falls nicht verfügbar: frisches Wasser direkt ab Wasserhahn. Vor der Injektion immer frisches Desinfektionsmittel (Alkoholtupfer) verwenden. Beim Heroinkonsum: steriles Ascorbin statt Zitronensaft verwenden. Darauf achten, dass das Wasser in der Spritze klar ist und keine Verunreinigungen enthält. Während der Konsumation Stauschlauch anbringen (lässt die Venen hervortreten). Vor dem Einstich Haut mit Alkoholtupfer desinfizieren. Wenn rotes, helles Blut von allein in die Spritze dringt, wurde eine Arterie getroffen. In diesem Fall die Nadel zurückziehen und die Injektionsstelle während mindestens­ 5 Minuten fest pressen. Wenn die Nadel richtig platziert ist: vor dem Drücken des Kolbens den Stauschlauch lösen. Nach der Konsumation Vene zusammenpressen und den Bluttropfen mit sauberem Trockentupfer ab­ wischen. Pflaster aufkleben. Spritze in einen Entsorgungsbehälter werfen, um Wiederverwendung zu vermeiden. Gebrauchte Tupfer in einen Abfalleimer oder anderen geeigneten Behälter werfen. Die Unterlage reinigen (resp. wegwerfen) und den Löffel putzen. Hände gründlich waschen. Bei erneuter Injektion: nicht die gleiche Vene wie beim letzten Mal verwenden. ➞ Grundsätzlich gilt: Benutze immer dein eigenes, steriles Injektionsmaterial! 2.3 Konsumregeln für rauchende und sniffende Drogenkonsumierende Grundregeln Rauchen Hände gründlich waschen vor und nach jedem Konsum. Kein gemeinsamer Gebrauch von Inhalationsröhrchen (Verletzungsgefahr). Beim Basen Pfeife nicht tauschen oder neues Mundstück aufsetzen. Beim Sniffen eigenes Röhrchen verwenden. ➞ Grundsätzlich gilt: Kokain-Free-Base an Stelle von Crack verwenden! «Free basing» nennt sich der Vorgang, mit welchem Kokain-Hydrochlorid (Kokain) in Kokain-Base (rauchbares Kokain) zurückverwandelt wird. Man unterscheidet zwischen folgenden zwei Methoden: 1. Free-Base-Methode Backpulver (Natriumbicarbonat NaBic) oder Ammoniak sowie Äther werden mit KokainHydrochlorid und Wasser vermischt. Die Mischung wird erhitzt, der Äther verdampft. Nach dem Auskühlen und Auskristallisieren wird die Mischung mit Äther oder Chloroform gewaschen. Das Resultat: Kokain-Free-Base. Durch das Miterhitzen von Äther entsteht bei der Herstellung ein hoch entflammbares Gemisch, das sich auch selbst entzünden und zu heftigen Explosionen führen kann! Der Herstellungsprozess dauert etwa 24 Stunden. 45 2. Crack-Methode Ammoniak wird mit Kokain-Hydrochlorid und Wasser vermischt. Die Mischung wird erhitzt und abgekühlt. Dann werden die Kristalle herausgefiltert. Das Resultat: KokainBase (Crack). Crack enthält Reste von Ammoniak, die beim Konsum der bereits strapazierten Lunge weiter schaden. Daher ist das Rauchen von Kokain-Free-Base – der beim «Waschen» allfällige Ammoniak-Reste entzogen werden – vorzuziehen. Der aufwendige und gefährliche Prozess der Kokain-Free-Base-Herstellung führt aber dazu, dass in vielen Fällen Crack geraucht wird. Begriffsklärung: In der Schweiz wird Crack oft als Base oder gar Free Base bezeichnet. Sniffen Fläche zum Zubereiten der Linien desinfizieren. Bei Inhalation der Drogen und beim Sniffen darauf achten, dass ein eigenes Röhrchen verwendet und nicht weiter gegeben wird. Nie gerollte Banknoten verwenden. Bei verletzter Nasenschleimhaut einer sniffenden Person können die von ihr benutzten Röhrchen (auch gerollte Banknoten) mit Blut – und damit auch mit Hepatitis-B- oder -C-Viren verunreinigt sein. Bei Weitergabe des Röhrchens oder der Banknote können auf diesem Weg Viren übertragen werden. Kokainkonsum schwächt die Abwehrfunktion des Organismus. Daher kann bereits eine geringe Anzahl Viren ansteckend sein. ➞ Grundätzlich gilt: Das Hepatitis-C-Virus kann beim Rauchen/Sniffen übertragen ­werden! 2.4Entsorgen von Konsum-Materialien Alles beim Drogenkonsum benutzte Material muss rasch und auf möglichst sichere Art entsorgt werden. Nicht stechendes Material 46 Gebrauchte Tupfer, Filter usw. müssen in einen geeigneten Behälter entsorgt werden. Ausserhalb des Konsumraums: z.B. in eine leere Alu-Dose und dann regulär in den Abfall. Stechendes Material Medizinisches Setting (inkl. Konsumräume): Nach Injektionen ausserhalb überwachter (Konsum-)Räume: Kein Aufsetzen der Plastikkappe auf eine gebrauchte Kanüle (Nadel). Kanülen müssen samt Spritzen am Ort in bruch- und stichfesten Behälter entsorgt werden können. Immer Aufsetzen der Plastikkappe auf eine gebrauchte Kanüle und samt Spritze entsorgen: in festen Behälter (z.B. leere Alu-Dose) und regulär in den Abfall. 2.5Risikoärmere Injektion Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass der Klientel während 24 Stunden am Tag Injektionsmaterial in genügendem Masse zur Verfügung steht. Insbesondere intravenös ­Kokain Konsumierende haben einen sehr grossen Bedarf an Injektionsmaterialien. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für Konsumräume, sondern generell. Nur so kann verhindert werden, dass gebrauchtes Injektionsmaterial weiter gegeben bzw. getauscht wird. (( Sterile Spritzen und Nadeln sind nach wie vor allen anderen Möglichkeiten vorzuziehen. Allen Institutionen inkl. Gefängnissen wird mit Nachdruck empfohlen, ihrer Drogenkonsumierenden Klientel steriles Injektionsmaterial während 24 Stunden in ausreichendem Mass zur Verfügung zu stellen. Falls kein steriles Injektionsmaterial zur Verfügung steht, sollte auf den Konsum verzichtet werden. (( Bezug von Spritzen Spritzen können unter Gewährung der Anonymität an folgenden Orten bezogen werden: in Apotheken bei Spritzenbussen in Kontakt- und Anlaufstellen an Spritzenautomaten (in grösseren Städten) in Gefängnissen (selten) Diese Konsumregeln sind der Klientel auf geeignete Weise und mit Nachdruck zu ­vermitteln. Es ist besonders darauf zu achten, dass dieses Regeln auch ausserhalb­ der Konsumräume durch die Drogenkonsumierenden befolgt werden (➞ Merkblatt Injek­tion im Anhang). 47 2.6 Alternative Konsumformen zur Injektion Neben Injektion, Inhalation oder Sniffen gibt es andere, risikoärmere Konsumformen: Wenn nur eine Spritze zur Verfügung steht oder der/die Drogenkonsumierende über sehr schlechte Venen verfügt, kann die Droge mittels Spritze ohne Nadel auch in den Anus gespritzt werden. Die Applikation erfolgt im Liegen. Die Spritze wird 1–2 cm eingeführt. Nach dem Konsum sollte die Person für 2–3 Minuten liegen bleiben. Die Hygieneregeln (Hände waschen, eigene, sterile Spritze verwenden) gelten auch hier! 2.7 Spezifische Informationen für Kontakt- und Anlaufstellen Räumliche Voraussetzungen Konsumräume erfüllen einen wichtigen Auftrag der Infektionsprophylaxe und damit auch der öffentlichen Sicherheit. Die untenstehenden spezifischen Informationen ­basieren auf den im 2001 erarbeiteten Standards für Kontakt- und Anlaufstellen des Fachverbandes Sucht. Raumangebot Folgende Innen- und Aussenräume müssen zur Verfügung stehen: Personalbüro/Personalraum Nasszellen (WC, Dusche, Waschküche) Aufenthaltsraum Küche/Theke Konsumraum Medizinischer Raum (Gesundheitsraum) Vorplatz bzw. Eingangsbereich Die Grösse der einzelnen Räume muss den angesichts des Einzugsgebiets zu erwartenden BesucherInnenfrequenzen angemessen sein. 48 Zweck und Einrichtung der einzelnen Räume Personalbüro/Personalraum: Das Personal verfügt über ein Büro oder einen Personalraum mit einer dem Betrieb angemessenen Infrastruktur. Nasszellen: – Für die körperliche Pflege braucht es WCs (je für Frauen und Männer), Dusche, Waschmaschine/Tumbler. – Das Personal verfügt über ein separates WC. Aufenthaltsraum: – Der Aufenthaltsraum bietet den BenützerInnen Rückzugsmöglichkeiten von der Gasse. – Der Raum ist pflegeleicht und zweckmässig eingerichtet. – Es sollen Spiele, Bücher, Zeitschriften usw. angeboten werden. – Ein überschaubarer Sitzplatz im Freien (Innenhof) kann regional (z.B. auf dem Land) von Vorteil sein. Küche/Theke : Sie ermöglichen die hygienisch einwandfreie Herstellung und Abgabe von Lebens­ mitteln Konsumraum: – Der Konsumraum entspricht grundsätzlich den Rahmenbedingungen zur rechtlichen Zulässigkeit von Fixerräumen (Dr. iur. Hans Schultz, BAG, Bern, Juni 1989). – Der Konsumraum verfügt über einen angemessenen Warteraum oder -platz im Aufenthaltsraum oder auf dem Vorplatz/im Vorraum der Anlaufstelle. – Der Konsumraum muss von den übrigen Räumlichkeiten klar abgetrennt sein. – Im Konsumraum muss fliessendes Wasser zur Verfügung stehen. Medizinischer Raum/Gesundheitsraum: – Die medizinische Versorgung soll in einem von den übrigen Räumen abgegrenzten Raum stattfinden. – Die nötige Infrastruktur (inkl. fliessendes Wasser) muss vorhanden sein. Vorplatz/Eingangsbereich: – Der Vorplatz bzw. Eingangsbereich der Konsum- und Anlaufstelle sollte betreut sein. – Eine allfällige Überwachung des öffentlichen Raums vor der K & A (z. B. durch Securitas) ist Sache des Gemeinwesens. Reinigung und Desinfektion Haut-Desinfektionsmittel (Gebrauchsanweisung beachten) Wird für die hygienische und chirurgische Händedesinfektion gebraucht. Platzieren der Spender: in der Nähe der Waschbecken im Konsumraum im Gesundheitsraum hinter der Theke am Waschbecken im Personalbüro Flüssigseife (zum Händewaschen; Gebrauchsanweisung beachten) Platzieren der Spender: wie Haut-Desinfektionsmittel (siehe oben) Alkohol 70 % (nur unverdünnt anwenden!) zur Desinfektion der Beatmungsmaske (nach jedem Gebrauch) zur Reinigung der Spritzenumtausch-Stelle Im Konsumraum: an jedem Sitzplatz, in Sprühflasche – zur Löffeldesinfektion (mindestens 15 Minuten einwirken lassen) – zur Hautdesinfektion vor der Injektion – zur Tischreinigung nach der Injektion Im medizinischen Raum: – zur Instrumenten-Desinfektion – zur Tisch- und Stuhlreinigung (nach jedem/jeder KlientIn) – zur Reinigung von Geräten (Telefon u. ä.) Flächen-Desinfektionsmittel (nur unverdünnt anwenden! Gebrauchsanweisung be­ achten) Im Konsumraum: zur umfassenden Desinfektion (unmittelbar nach der täglichen Schliessung) – der Konsumationsplätze – des Waschbeckens – der Türen In den Nasszellen (komplett) 49 3.Rechtliche Bestimmungen & Vorsorge am Arbeitsplatz Arbeitsrecht 3.1 Rechtliche Bestimmungen Nach Art. 82 des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (UVG; SR 832.20) ist der/die ArbeitgeberIn verpflichtet, zur Verhütung von Berufsunfällen und Berufskrank­heiten alle Massnahmen zu treffen, die notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den gegebenen Verhältnissen angemessen sind. Die anfallenden Kosten hat der/die ArbeitgeberIn zu übernehmen. Die ArbeitnehmerInnen sind zur Mitwirkung verpflichtet. In Bezug auf Hepatitis lassen sich daraus folgende Erkenntnisse ableiten: Mitarbeitende, die im Rahmen ihrer Tätigkeit Blut oder potentiell infektiösen Körperflüssigkeiten ausgesetzt sind, sollen gegen Hepatitis B geimpft sein. Die Kosten für diese Impfung gehen zu Lasten des/der ArbeitgeberIn. Die Angestellten werden angehalten, die Richtlinien der Institution betreffend Arbeitssicherheit zu befolgen. Angesichts des invasiven Charakters der Impfung (Injektion) kann Mitarbeitenden die Impfung nur empfohlen werden, eine Verpflichtung besteht aber nicht. Bei Verweigerung einer Impfung durch den Mitarbeitenden, wird dem/der ArbeitgeberIn empfohlen: die Person nochmals über die Nützlichkeit der Impfung zu informieren. die Person an einem Arbeitsplatz ohne Infektionsrisiko einzusetzen. die Verweigerung der Impfung trotz wiederholter Aufforderung schriftlich festzu­ halten. Nicht geimpfte Personen haben sich nach Bedarf regelmässigen ärztlichen Untersuchungen zu unterziehen, um festzustellen, ob sie mit einer übertragbaren Krankheit angesteckt wurden. Im Fall des Verdachts auf eine berufsbedingte Infektion muss der Fall bei der BetriebsUnfallversicherung angemeldet werden. Der Fall ist durch diese Versicherung gedeckt, ausser wenn die Infektion durch den/die Versicherte/n vorsätzlich provoziert worden ist. Jeder Betrieb muss eine Ärztin oder einen Arzt bestimmen, bei dem/der sich die Mitarbeitenden melden können, die potenziell infektiösem Material oder einem sonstigen Infektionsrisiko (Stich- oder Bissverletzung) ausgesetzt waren. Die sofortige Einleitung einer Post-Expositions-Prophylaxe (z.B. aktive und passive Impfung) kann angezeigt sein. Vorsorge 3.2 Post-Expositions-Prophylaxe (PEP) 50 Bei Personen, die beruflich häufig mit infiziertem Blut zu tun haben, sollten ein Hepa­ titis-B-Impfschutz sowie eine Titerbestimmung von HBs-Ak vorliegen, um nachzu­ weisen, ob der Impfschutz in ausreichendem Ausmass vorhanden ist. Jede Institution sollte über die entsprechenden Daten ihrer Mitarbeitenden rasch verfügen können, damit mit entsprechenden PEP-Massnahmen keine Zeit verloren geht. Personen, die an ihrem Arbeitsplatz in Kontakt mit intravenös Drogenkonsumierenden stehen, sollten zusätzlich zum Hepatitis-B-Impfschutz auch gegen Hepatitis A geimpft werden. Heute stehen zur Verhinderung einer Infektion wirksame Medikamente gegen das­ HI- und Hepatitis-B-Virus zur Verfügung. Die PEP muss möglichst rasch nach dem Blutkontakt angewendet werden. Für Hepatitis C gibt es keine PEP. Bei Hepatitis A ist eine aktive Impfung möglich. 3.3 Risikosituationen In jedem Falls muss bei Nadelstichverletzung Bissverletzung Exposition von verletzter Haut mit Blut (Ekzem, Wunde usw.) Exposition von Schleimhaut mit Blut unverzüglich der/die Haus- oder NotfallärztIn oder eine spezialisierte HIV-Sprechstunde kontaktiert werden, um das weitere Vorgehen abzusprechen. Wenn immer möglich, sollte dem Indexpatienten oder der Indexpatientin, welche die exponierte Person angesteckt haben könnte, Blut für die HIV-, Hepatitis-C- und ­Hepatitis-B-Testung abgenommen werden. Weiter sollten die Personalien erfasst ­werden. Auch wenn eine PEP abgelehnt wird, muss aus versicherungsrechtlichen Gründen ­sobald als möglich eine Ärztin oder ein Arzt zur Blutentnahme aufgesucht werden. Blutuntersuchungen müssen nach 3 und nach 6 Monaten wiederholt werden. In der Zwischenzeit ist die betroffene Person als möglicherweise infiziert und damit an­ steckend zu betrachten, d.h. die Regeln des Safer Sex müssen beachtet werden. 3.4 PEP bei HIV In jeder Institution, in der RisikopatientInnen betreut werden, sollte ein Notfallset mit ausreichend Tabletten und Kapseln für einen Tag bereit liegen (Viracept 2 x 5 Tabletten à 250 mg pro Tag und Combivir 2 x 1 Kapsel pro Tag). Bei bekannter HIV-Infektion des/der IndexpatientIn, sollte die erste Dosis für den/die Betroffene/n unverzüglich (maximal zwei Stunden!) nach dem Expositionsereignis eingenommen werden (5 Tabletten Viracept und 1 Kapsel Combivir). Sollte eine Institution nicht über diese Medikamente verfügen, muss gewährleistet werden, dass diese Medikamente innerhalb zweier Stunden verordnet (z. B. durch den telefonischen Notfalldienst der Uni-Kliniken), beschafft und durch die betroffene Person eingenommen ­werden können (rund um die Uhr!). Diese Massnahmen sind nach Möglichkeit mit dem/der Haus-, Notfall- oder HIV-spe­ zialisierten Arzt/Ärztin abzusprechen. Auch bei unbekanntem HIV-Status des/der ­Indexpatient/in oder bisher negativem Resultat ist eine ärztliche Beurteilung unerlässlich, um das Infektionsrisiko abzuwägen. 51 Im Notfall gilt Bei Unsicherheit die erste Dosis Medikamente einnehmen, um sich Zeit zu verschaffen für weitergehende Abklärungen. Der Nachteil allfälliger kurz auftretender Nebenwirkungen ist gegenüber einer möglichen HIV-Infektion vernachlässigbar. 3.5 PEP bei Hepatitis B Wurde bei dem/der IndexpatientIn ein positiver HBs-Ag-Wert nachgewiesen oder ist diese/r unbekannt und vermutlich drogenabhängig handelt es sich um eine/n Risiko­ patient/in. Vorgehen Bei ungenügend (HBs-Ak < 10) oder nicht geimpften Exponierten muss innerhalb von­ 48 Stunden nach der Exposition Hepatitis-B-Immunglobulin verabreicht werden und zusätzlich mit einer aktiven Impfung begonnen werden. Bei unbekanntem Impfstatus bleibt also Zeit, um notfallmässig den Impfstatus (HBs-Ak) zu bestimmen. Bei einem HBs-Ak-Wert zwischen 10 und 100 reicht eine aktive Impfung aus. Bei Werten über 100 sind bezüglich Hepatitis B keine weiteren Massnahmen notwendig, der Impfschutz ist dann langzeitig ausreichend. Ist der/die Indexpatient/in bekannt, aber sein/ihr HBsAg-Wert unbekannt: Vorgehen Es bleiben nach dem Ereignis 48 Stunden, um eine notfallmässige Bestimmung des HBs-Ag-Wertes beim/bei der IndexpatientIn durchzuführen. 3.6 Versicherungsschutz Jede Nadelstichverletzung und jede Exposition der Schleimhaut oder von geschädigter Haut mit Blut muss der Betriebsunfallversicherung gemeldet werden. Diese übernimmt die Kosten von Blutentnahmen und medizinischen Konsultationen. Im Falle einer ­Ansteckung sind die Leistungen der Betriebsunfallversicherung besser als diejenigen der Krankenkasse. Dazu sind jedoch eine sorgfältige Dokumentation und der Nachweis mittels Blutentnahmen unmittelbar nach der Verletzung sowie nach 3 und 6 Monaten unerlässlich. 52 III. Therapie 53 1.Verschiedene Hepatitiden – verschiedene Therapien Sich behandeln lassen 1.1 Therapie viraler Hepatitiden Die bisherigen Erfahrungen in der Praxis haben gezeigt, dass die Therapie viraler Hepatitiden bei Drogenkonsumierenden ähnlich gute Erfolgschancen hat wie bei PatientInnen ohne Suchterkrankung. Die Behandlung sollte jedoch von ÄrztInnen bzw. in medizinischen Institutionen durchgeführt werden, die über Erfahrung und das nötige Wissen zu Suchterkrankungen und über die spezielle Problematik viraler Hepatitis-Infektionen verfügen. Psychische und/oder somatische Begleiterkrankungen, die bei PatientInnen mit einer Suchterkrankung gehäuft auftreten, müssen berücksichtigt bzw. behandelt werden. Wichtige Voraussetzung für die medikamentöse Therapie einer viralen Hepatitis bei Drogenkonsumierenden ist eine möglichst grosse körperliche, psychische und soziale Stabilität. So können Unterbrüche oder vorzeitige Abbrüche der Therapie verhindert werden. Auch die Gefahr, erneut mit dem Virus (Reexposition gegenüber dem Hepatitis-C-Virus) und/oder leberschädigenden Substanzen (vor allem Alkohol) in Kontakt zu kommen, ist bei instabilen PatientInnen höher als bei anderen. Entzugsbehandlungen und die Monate unmittelbar nach dem Entzug sind in der Regel als instabile Phasen zu betrachten, weshalb die Vor- und Nachteile einer Hepatitis-Behandlung in dieser Zeit genau abzuwägen sind. Dagegen ist eine Behandlung während einer gut etablierten ambulanten Substitutionsbehandlung oder im Rahmen eines längeren Aufenthalts in einer Institution – auch im Rahmen eines Strafvollzugs – häufig gut durchführbar. Betrachtet man die verschiedenen Arten viraler Hepatitiden, so steht bei Drogen­ konsumierenden die Behandlung der chronischen Hepatitis C eindeutig im Vordergrund. Die Erfolgschance hängt bei korrekt durchgeführter Behandlung von individuellen Faktoren und vom Genotyp des Hepatitis-C-Virus ab (➞ Kapitel III.1.5). Sie liegt zwischen­ 50 und 90 %. Der Genotyp bestimmt hauptsächlich auch die Dauer der medikamentösen Therapie (24 oder 48 Wochen). Weil die Hepatitis B deutlich weniger häufig chronisch verläuft als die Hepatitis C und weil man sich gegen Hepatitis B impfen lassen kann, stellt sich die Frage nach einer medikamentösen Behandlung viel seltener. Die Indikation sollte an einem spezialisierten Zentrum und unter Berücksichtigung allfälliger Kontraindikationen gestellt werden. Weil das Hepatitis-D-Virus nur gemeinsam mit dem Hepatitis-B-Virus auftritt, muss diese Infektion nur bei bestehender chronischer Hepatitis B berücksichtigt und allenfalls behandelt werden. Die Hepatitiden A und E verlaufen nie chronisch und heilen immer aus. Eine medikamentöse Therapie ist deshalb nicht notwendig. 1.2 Hepatitis A und E 54 Hepatitis A und Hepatitis E verlaufen nie chronisch. Bei einer akuten Erkrankung ist ­keine medikamentöse, antivirale Therapie nötig. Allfällige Symptome, wie zum Beispiel Übelkeit, können behandelt werden. Es wird allerdings empfohlen, vorher eine medizinische Untersuchung durchführen zu lassen. Es kann vorkommen, dass eine Behandlung die Blutgerinnung beeinflusst. Falls der/die PatientIn in der akuten Phase schneller ­blutet (z.B. beim Zähneputzen), wird eine Untersuchung der Blutgerinnung empfohlen; eine erhöhte Blutungsneigung kann Ausdruck eines akuten Lebergeschehens sein. Die Ernährung muss nicht grundsätzlich umgestellt werden, auf schwere und fette Mahlzeiten sollte aber verzichtet werden. 1.3 Hepatitis B (und D) Bei den meisten PatientInnen mit einer im Erwachsenenalter erworbenen akuten ­Hepatitis-B-Infektion heilt die Krankheit ohne Komplikationen aus, so dass keine medikamentöse Therapie nötig ist. Nur selten verläuft eine Hepatitis B akut, meistens in Verbindung mit einer Einschränkung der Leberfunktion. In diesem Fall wird die frühzeitige Verlegung in ein Transplantationszentrum empfohlen, um allenfalls eine lebensrettende Lebertransplantation zu ermöglichen. 1.4 Chronische Hepatitis B (und D) Weil das Hepatitis-D-Virus nur gemeinsam mit dem Hepatitis-B-Virus auftritt, gelten für diese beiden Typen dieselben Behandlungsrichtlinien. Beim Entscheid, ob eine chronische Hepatitis B behandelt werden soll, müssen folgende Aspekte berücksichtigt und sorgfältig abgeklärt werden: die Aktivität der Virusinfektion das Ausmass der Leberschädigung das Alter der Patientin/des Patienten das voraussichtliche Ansprechen auf die Behandlung die mit der Behandlung verbundenen möglichen Nebenwirkungen Vor allem PatientInnen mit deutlich erhöhten Leberwerten (über doppelte obere Normwerte) und fortschreitender resp. fortgeschrittener Leberschädigung (Fibrose/ Zirrhose) profitieren von einer antiviralen Therapie. Es existieren zwei Typen chronischer Hepatitis B: starke Virusvermehrung (Replikation): die Antigene HBs und HBe sind im Blut nachweisbar > HBe-Antigen-positive Hepatitis B. In diesem Fall ist die Gefahr von Langzeitschäden und Ansteckung hoch. geringe Virusvermehrung: HBs-Antigen positiv, HBe-Antigen negativ, HBe-Anti­ körper positiv > HBe-Antigen-negative Hepatitis B. (➞ Kapitel III.1.7) Bezüglich Kontraindikationen und Behandlung von PatientInnen mit einer Sucht­ erkrankung gelten die gleichen Grundsätze wie bei der chronischen Hepatitis C (siehe unten). Es sollte in jedem Fall eine erfahrene ärztliche Fachperson kontaktiert werden. Die Behandlung erfolgt in der Regel mit antiviralen Medikamenten (Nukleosid- und ­Nukleotidanaloga) oder mit pegyliertem Interferon. Das Ziel ist eine anhaltende Unterdrückung der Viren sowie eine Reduktion der Leberwerte im Blut. Die Therapiedauer liegt je nach Verlauf zwischen 6 Monaten und mehreren Jahren. Bei der Behandlung mit Nukleosid- oder Nukleotidanaloga können Resistenzen auftreten, was den zusätzlichen Einsatz weiterer Substanzen aus dieser Wirkstoffklasse erfordert. Die Viruselimination mit Ausbildung von HBs-Antikörpern (HBs-Serokonversion) wird häufiger mit einer ­Interferontherapie erreicht (in ca. 7 % der Fälle). 55 Lebertransplantation Bei fortgeschrittener Zirrhose kann heute auch eine Lebertransplantation erfolgreich sein. Zur Verhinderung des erneuten Auftretens der Erkrankung (Rezidiv) ist eine ­lebenslange medikamentöse Prophylaxe mit einem antiviralen Medikament und die ­regelmässige passive Immunisierung mit Hepatitis-B-Antikörpern nötig. Lebensführung Wichtig sind eine ausgewogene Ernährung und ein eingeschränkter Alkoholkonsum. Bezüglich der körperlichen Aktivität in Beruf und Sport gibt es keine grundsätzlichen Vorbehalte. Bei Übergewichtigen mit Leberverfettung (Steatose) gibt es Hinweise dafür, dass eine sportliche Betätigung den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen kann. 1.5 Chronische Hepatitis C Durch Leberschäden bedingte Todesfälle nehmen bei Drogenkonsumierenden zu. Dabei spielt die Hepatitis-C-Erkrankung eine wichtige Rolle. Eine konsequente Information und Abklärung aller Hepatitis-C-positiven Drogenkonsumierenden bezüglich einer ­Therapie ist unabdingbar. Zentrales Behandlungsziel ist die Elimination der Hepatits-C-Viren, um die möglichen Folgeerscheinungen der Infektion, insbesondere die chronisch fortschreitende Leberschädigung, zu verhindern bzw. zu stoppen. In Westeuropa treten vier Hepatitis-C-Virus-Untergruppen auf (Genotyp 1 bis 4). Die Art der Untergruppe hat nebst der Virusmenge im Blut einen wesentlichen Einfluss auf den Erfolg einer Behandlung und spielt bei der Wahl des Behandlungsschemas und bei den Verlaufskontrollen eine wichtige Rolle. Auf Grund der heute bekannten Daten ist davon auszugehen, dass die Erfolgsrate einer Therapie bei den Genotypen 2 und 3 zwischen 70 % und 90 % liegt. Beim Genotyp 1 kann in ca. 50 % der Fälle mit einer Ausheilung gerechnet werden, beim seltenen Genotyp 4 sind es etwas mehr. 1.6 Adhärenz bei Drogenkonsumierenden Eine gute Adhärenz ist von höchster Bedeutung für eine gelingende Hepatitis- (und auch HIV-) Therapie. Unter Adhärenz ist die Fähigkeit zur Einhaltung der von Arzt/Ärztin und PatientIn gemeinsam festgesetzten Therapieschritte gemeint. Im Falle von Hepatitis C sind dies: die Respektierung der regelmässigen Kontrolltermine während und nach der Behandlung die wöchentlichen Injektionen sowie die Einnahme der verschriebenen Medikamente Die Adhärenz von Drogenkonsumierenden kann infolge psychischer Begleiterkrankungen und unter Einfluss psychotroper Substanzen vermindert sein. Gelingt es, eine ­möglichst umfassende psychosoziale und somatische Versorgung und Betreuung an einem Ort durchzuführen, hat dies positive Auswirkungen auf die Adhärenz, nicht nur im Zusammenhang mit einer Hepatitis-C-Therapie. Je mehr verschiedene Institutionen und Praxen von den PatientInnenen aufgesucht werden müssen, umso grösser ist die Gefahr, dass Termine verpasst oder die Therapie ganz abgebrochen werden. 56 Ein intensives Betreuungssetting kann die Adhärenz bei Drogenkonsumierenden ebenfalls positiv beeinflussen. Ein ideales Setting für die Durchführung der Hepatitis-C-­ Therapie bietet die Opioidsubstitution. Eine Hepatitis-C-Therapie sollte daher, wenn immer möglich, im Rahmen der Substitutions- bzw. einer heroingestützten Behandlung durchgeführt werden. Eine Co-Infektion mit Hepatitis-B- oder HI-Viren schliesst eine Therapie nicht aus, auch nicht bei PatientInnen unter Opioidsubstitution. Im Gegenteil: Bei diesen PatientInnen ist eine Hepatitis-C-Therapie so rasch wie möglich anzustreben. Die Indikationsstellung und die Therapie von Co-Infizierten gehört aber in die ­Hände von dafür spezialisierten Zentren/Praxen. Medikamentöse Behandlung & Nebenwirkungen 1.7 Chronische Hepatitis B (und D) Die Indikation zur Behandlung einer chronischen Hepatitis B sollte nur durch spezialisiertes fachärztliches Personal gestellt werden, da eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen sind. Ziel der antiviralen Therapie ist eine anhaltende Unterdrückung der ­HBV-DNA verbunden mit einer Normalisierung der Transaminasen. Letztere sind in ­ihrer Höhe entscheidend bei der Medikamentenwahl. Eine Leberbiopsie ist nicht zwingend notwendig. Zur Verfügung stehen folgende Substanzen: Lamivudine (Zeffix), Telbivudine (Sebivo), Entecavir (Baraclude) (alles Nukleosidanaloga); Adefovir (Hepsera), ein Nukleotidanalogon und pegyliertes Interferon (Pegasys, Pegintron). Grundsätzlich lässt sich eine grobe Einteilung der Therapien anhand der Verlaufsform vornehmen: HBe-Antigen-positive chronische Hepatitis B Das Vorhandensein von HBe-Antigen weist auf eine hohe Vermehrungsrate des Virus im Körper hin. Entscheidend für die Medikamentenwahl ist die Höhe der Transaminasen. Dabei gibt es folgende Varianten: Bei über fünffach über der oberen Norm erhöhten Transaminasen, fehlender Kontraindikation (➞ Kapitel III.1.4) und guter Aussicht auf Adhärenz ist die Therapie mit pegyliertem Interferon über 6 Monate die erste Wahl. Alternativen sind: Adefovir oder Entecavir. Bei zwei- bis fünffach über dem oberen Normwert liegenden Transaminasen ist eine Therapie mit Lamivudin angezeigt. Die Therapie dauert bis 6 Monate nach HBe-Antigen-Serokonversion oder bis zum Auftreten einer Lamivudin-Resistenz. Alternativen sind: Adefovir, Entecavir und pegyliertes Interferon. Bei Transaminasewerten unter maximal zweifacher oberer Norm wird in der Regel keine Therapie durchgeführt. HBe-Antigen-negative chronische Hepatitis B Bei Hepatitis-B-PatientInnen mit Transaminasewerten über der doppelten oberen Norm wird eine Lamivudintherapie als Dauertherapie bis zum Auftreten von Resistenzen bzw. bis 1 Jahr nach HBV-DNA-Verlust empfohlen. PatientInnen mit tieferen Werten werden in der Regel nicht behandelt. Alternativen sind: Adefovir, Entecavir oder pegyliertes Interferon. 57 Inaktives HBs-Antigen Die Prognose dieser PatientInnen ist in der Regel gut. Eine Behandlung ist deshalb nicht notwendig. Therapie Grundsätzlich steigen die Erfolgsaussichten einer Therapie mit der Therapietreue der Patientin/des Patienten. Eine hohe Therapietreue trägt auch wesentlich zur Verhinderung von frühzeitiger Resistenzentstehung bei. Pegyliertes Interferon Interferon ist ein natürliches, körpereigenes Eiweiss, das die körpereigene Abwehr aktiviert, so dass Viren an der Vermehrung gehindert werden. Die Immunabwehr des Körpers wird also unterstützt. Das pegylierte Interferon ist ein abgeändertes Inter­ feron, bei dem eine Polyethylenglykolseitenkette an das ursprüngliche Interferon­ molekül fixiert wurde. Dadurch wird erreicht, dass das Medikament langsamer in den Körper aufgenommen und auch langsamer ausgeschieden wird, so dass nur noch eine Injektion pro Woche nötig ist. Pegyliertes Interferon weist eine höhere Therapie­ erfolgsrate und weniger Nebenwirkungen auf als herkömmliches Interferon. Die Behandlung mit pegyliertem Interferon führt im günstigsten Fall zu einer «Immunclearance» (HBsAg/Anti-HBs-Serokonversion) und damit zur serologischen Ausheilung. Die Therapie muss aber einsetzen, bevor eine Zirrhose vorliegt. Für die Therapie von Hepatitis B ist nur pegyliertes Interferon alpha-2a zugelassen. Lamivudin/Adefovir/Telbivudin/Entecavir/Tenofovir Nukleosid-Analoga ( Lamivudin, Telbivudine, Entecavir) und Nukleotid-Analoga (Ade­ fovir, Tenofvir) sind chemische Substanzen, die sehr ähnlich aufgebaut sind wie die Bausteine der viralen Erbsubstanz. Sie werden deshalb vom Virus als normale Bausteine erkannt. Im Gegensatz zu den normalen Bausteinen kann aber nach dem Einbau eines Nukleosid- oder Nukleotid-Analogons die Erbsubstanz nicht mehr weitergebaut werden und es kommt zu einem Abbruch. Dadurch wird die Vermehrung des Virus gestoppt. Diese Medikamente sind sehr wirksam und gut verträglich und können im Gegensatz zum Interferon als Tablette eingenommen werden. Leider verlieren diese Medikamente, die in der Regel über Jahre eingenommen werden sollten, mit der Zeit ihre Wirksamkeit (Resistenzentwicklung, die je nach Medikament und individuellen Faktoren unterschiedlich schnell eintritt). In diesem Fall werden Kombinationstherapien notwendig. Der primäre Einsatz von Kombinationstherapien analog der HIV-Behandlung wird ­momentan kontrovers diskutiert. 58 Nebenwirkungen Lamivudin (Nukleosidanalogon) wird in der Regel sehr gut vertragen, bei Entacavir ist auf die Nierenfunktion zu achten. Adefovir kann Nebenwirkungen im Magen-Darm­ bereich (Übelkeit, Durchfall) verursachen. Auf die Nebenwirkungen von Interferon wird im folgenden Kapitel bei der Therapie der chronischen Hepatitis C eingegangen. Kontrollen unter Therapie Unter einer laufenden Hepatitis-B-Therapie sind regelmässige Laborkontrollen notwendig. Bei einer Nukleosid-/Nukleotidanalogatherapie ist eine vierteljährliche Transaminasenkontrolle sowie ein halbjährliche virologische Kontrolle (HBs-Antigen, HBe-Antigen, ­Anti-HBe, HBV-DNA quantitativ) empfehlenswert. Bei der Behandlung mit pegyliertem Interferon sollten zusätzlich das Blutbild und die Leberwerte regelmässig kontrolliert werden. Es wird empfohlen, im ersten Monat alle zwei Wochen, danach alle vier Wochen eine Kontrolle durchführen zu lassen. Zudem sollte vierteljährlich das TSH (Schilddrüsenwert) überprüft werden. 1.8 Chronische Hepatitis C Indikationen Über die Frage, ab welchem Zeitpunkt eine Hepatitis-C-Therapie durchzuführen ist, sind sich die SpezialistInnen nach wie vor nicht einig. Nach heutigem Wissensstand basiert die Entscheidung zur Durchführung einer Hepatitis-C-Therapie auf folgenden Kriterien: 1. Das Virus (HCV-RNA) ist im Blut nachweisbar und die Indikation ist histologisch gegeben, d. h. es sind unabhängig vom Entzündungsgrad mindestens portale Fibrosen und Septen nachweisbar (score Metavir = F2) oder es liegt ein Genotyp 2 oder 3 mit erhöhten Transaminasen vor oder der/die PatientIn wünscht in jedem Fall eine Therapie und/oder die Indikation beruht auf extrahepatischen Manifestationen, d. h. es ­treten Symptome der Hepatitis C ausserhalb der Leber auf. > In all diesen Fällen kann auf eine Leberbiopsie verzichtet werden. 2.Es bestehen keine Kontraindikationen wie Depression oder Psychose, unkontrollierter Alkohol- oder intravenöser Drogenkonsum, fortgeschrittenes Herz-/Lungenoder neurologisches Leiden, Autoimmunerkrankung, maligne Vorerkrankung (ausser unter Langzeitremission), schwere Anämie (<10g/dl, allenfalls unter Erythropoetingabe trotzdem möglich), schlecht eingestellter Diabetes mellitus. > Hinweise für dekompensierte Lebererkrankung: Behandlung in diesem Fall nur in hepatologischen Zentren. 3. Die Bereitschaft der Patientin/des Patienten, die eingehend über die Erfolgschancen einer ­Therapie, die potentiellen Nebenwirkungen und die Risiken einer Krankheitsprogression bei Therapieverzicht informiert wurde. 4. Die Adhärenzfähigkeit der Patientin oder des Patienten zur Therapie und zu Kontrollen, resp. Schaffung eines Adhärenz-fördernden Settings für die Durchführung der Therapie. (➞ Kapitel III.1.6). Es wird empfohlen, eine Hepatitis-C-Therapie möglichst mit einer Substitutionstherapie und entsprechender Betreuung zu kombinieren. Oftmals ist eine temporäre Erhöhung der Methadon- oder Heroindosis während der Therapie sinnvoll. Eine Hepatitis-C-­ Therapie unter Drogenentzugsbehandlung oder weniger als ein halbes Jahr danach ist aufgrund erhöhter Rückfallgefährdung kontraindiziert. Bei GefängnisinsassInnen und PatientInnen in stationären Langzeitinstitutionen ist eine Hepatitis-C-Therapie durchführbar. Die Therapie- und Kontrolladhärenz ist dort besonders gut gewährleistet. Therapie Die chronische Heptatitis C wird heute mit einer Kombination von pegyliertem Inter­ feron und Ribavirin behandelt. Das pegylierte Interferon wird einmal wöchentlich unter die Haut gespritzt. Die Injektion erfolgt nach entsprechender Instruktion durch die ­Patientin/den Patienten selbst oder durch eine Fachperson. Das zweite Medikament, Ribavirin, wird zweimal täglich in Tablettenform eingenommen. Die empfohlenen ­Therapieregime unterscheiden sich durch die Wahl der zwei auf dem Markt erhältlichen pegylierten ­Interferone (peg. Interferon alpha-2a und peg. Interferon alpha-2b). Die beiden Medikamente sind in ihrer Wirkung gleichwertig. Welches Medikament zur 59 ­Anwendung ­gelangt, sollte deshalb individuell entschieden werden. Mögliche Kriterien sind die ­Applikationsart (unterschiedliche Spritzentypen für die beiden Medikamente) sowie die Kosten. Dosierung Pegyliertes Interferon alpha-2a Genotyp 1 und 4: 180 ug peg. Interferon alpha-2a sc 1x /Woche plus Ribavirin 5 oder 6 x 200 mg (je nach Körpergewicht, < oder >75 kg), per os (über den Mund) in zwei Dosen pro Tag, für­ 48 Wochen. Genotyp 2 und 3: 180 ug peg. Interferon alpha-2a sc 1x /Woche plus Ribavirin 4 x 200 mg per os in 2 Dosen pro Tag, für 24 Wochen. Pegyliertes Interferon alpha-2b Hier ist auch die Interferondosis angepasst ans Körpergewicht: 1,5 ug/kg einmal wöchentlich für 48 Wochen. Plus Ribavirin: < 65 kg: 800 mg/Tag (je 2 Kapseln morgens und abends) 65–85 kg:1000 mg/Tag (2 Kapseln morgens, 3 abends) > 85kg: 1200 mg/Tag (3 morgens, 3 abends) Genotyp 1 und 4: 48 Wochen Genotyp 2 und 3: 24 Wochen Dauer der Therapie Der Genotyp und die Viruslast vor und während der Therapie bestimmen die Länge der Therapie. Die Therapiedauer beträgt in der Regel 24 oder 48 Wochen. Genotyp 1+ 4: 48 Wochen im Normalfall. Falls die Viruslast nach 3 Monaten nicht negativ oder nicht um wenigstens 2 log (100 x) kleiner ist, wird die Behandlung abgebrochen, weil die Heilungschancen im Verhältnis zu den Nebenwirkungen zu klein sind. Genotyp 2 + 3: 24 Wochen im Normalfall. (➞ abgekürzte Therapien). Eine negative Viruslast nach einmonatiger Behandlung (Rapid virological response, RVR) zeigt auf, dass die Heilungschancen gross sind, der/die PatientIn gut auf die Medikamente angesprochen, und diese nach Vorschriften eingenommen hat. Dies kann die Motivation bei Drogenkonsumierenden, insbesondere bei schweren Nebenwirkungen, steigern. Zudem kann bei RVR unter Umständen die Therapie abgekürzt werden. Therapiekontrollen 60 1x wöchentliche Blutentnahmen während 8 Wochen, danach monatlich Blutbild­ kontrollen. ALAT (Leberwert): alle 2 Wochen während des ersten Monats, danach monatlich. TSH (Schilddrüsenwert): alle 3 Monate. HCV-RNA Kontrolle: nach 4, 12 und zusätzlich bei Genotyp 1 und 4 nach 24 Wochen Therapiedauer. Woche 4: Falls die Viruslast bereits nicht mehr nachweisbar ist (Rapid virological ­response, RVR), kann eine Abkürzung der Therapie erwogen werden. Woche 12: Falls der Abfall der Viruslast weniger als 2 log beträgt, kann die Therapie gestoppt werden, da kaum noch Heilungsaussichten bestehen. Woche 24: Bei Genotyp 1 und 4 Therapiefortsetzung nur, wenn HCV-RNA nicht mehr nachweisbar ist. Nachkontrollen Bei erfolgreicher Therapie wird nach 6 Monaten eine Untersuchung auf Leberwerte (ALAT) und Viruslast (HCV-RNA) durchgeführt. Falls im Verlauf der Therapie Auffällig­ keiten im Blutbild auftreten, werden die entsprechenden Parameter nach 3 und 6 Monaten kontrolliert. Erfolgschancen Eine erfolgreiche Therapie ist definiert durch einen negativen HCV-RNA-Nachweis und normale Transaminasen 6 Monate nach Therapie-Ende (sustained virological response, SVR). Der Therapieerfolg liegt zwischen 50 und 90 % je nach Genotyp, wobei Genotyp 2 und 3 am besten auf die Therapie ansprechen. Nach erfolgreicher Therapie (sustained virological response 6 Monate nach Therapie­ ende) besteht eine Rückfallrate von 1–2 % während den folgenden 2 Jahren (late relapse). Auch bei Therapieabbruch kann der/die PatientIn einen weiteren Therapieversuch unternehmen, die Heilungschancen bleiben gleich. Abgekürzte Therapien Falls nach 4 Wochen Therapie bereits keine Viren im Blut mehr nachweisbar sind, kann die Therapie unter besonderen Umständen abgekürzt werden, auf 16 Wochen bei Genotyp 2 und 3, resp. auf 24 Wochen bei Genotyp 1. Voraussetzung ist das Vorhandensein weiterer prognostisch günstiger Faktoren, wie eine tiefe Viruslast vor Beginn der Therapie (<600 000 IU/ml) sowie eine gute Adhärenz während der Therapie. Es empfiehlt sich, eine problemlos verlaufende Therapie über die volle vorgesehene Länge durchzuführen; die Erfolgsaussichten sind unter diesen Bedingungen am besten. Eine Abkürzung sollte nur ins Auge gefasst werden, wenn die oben genannten Bedingungen erfüllt sind und erhebliche Nebenwirkungen auftreten. Unerwünschte Wirkungen Das Auftreten und das Ausmass von Nebenwirkungen sind individuell sehr verschieden. Die meisten Nebenwirkungen treten in den ersten vier Wochen auf und klingen im Verlauf der Behandlung oft allmählich ab. Somatische Nebenwirkungen Am häufigsten treten einige Stunden nach Interferon-Injektionen grippeähnliche Symptome wie Fieber, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Muskel-, Gelenk- und Gliederschmerzen auf. Diese können ohne weiteres prophylaktisch mittels Einnahme eines Grippemittels (Paracetamol, 500 mg, 30–60 Minuten vor der Interferon-Injektion) behandelt werden. Müdigkeit, die im Verlauf der Therapie abklingt und erst nach Abschluss der Behandlung vollständig verschwindet. Übelkeit, oftmals am Anfang nach Einnahme von Ribavirin; kann medikamentös ­behandelt werden. Appetitlosigkeit, verbunden mit Gewichtsverlust. Haarausfall, dünnes Haar. Trockene Haut, kann durch Anwendung einer Hautcrème von Behandlungsbeginn an verhindert werden. Störung der Schilddrüsenfunktion oder andere Autoimmunkrankheiten (selten). Die beschriebenen unerwünschten Wirkungen bilden sich alle vollständig zurück, wenn die Dosis reduziert oder die Medikamente gestoppt werden; einzig die Schilddrüsen­ unterfunktion (und andere autoimmune Erkrankungen) verschwinden nicht immer vollständig. 61 Weil die Behandlung belastend sein kann (aber nicht muss) ist es wichtig, dass sich der/ die PatientIn bei einer ärztlichen Fachperson vorgängig ausführlich über Auswirkungen auf die Lebensqualität informiert und während der Therapie allenfalls auftauchende Probleme besprechen kann. Schwangerschaft Ribavirin schädigt das werdende Kind im Mutterleib und die Qualität der Spermien. Während der Behandlung und bis sechs Monate danach dürfen Frauen deshalb nicht schwanger werden und Männer keine Kinder zeugen. Eine adäquate Empfängnis­ver­ hütung ist somit während der gesamten Therapiedauer und für sechs Monate darüber hinaus unerlässlich. Nebenwirkungen auf das Blutbild Die Hepatitis-C-Behandlung hat auch auf die Blutzellen (weisse und rote Blutkörperchen, Blutplättchen) Nebenwirkungen, daher sind regelmässige Blutuntersuchungen sehr wichtig. Nebenwirkungen von Interferon Interferon senkt die Anzahl der weissen Blutkörperchen (Leukopenie) und/oder der Blutplättchen (Thrombopenie). Das Ausmass dieser Nebenwirkungen auf das Blut ist individuell verschieden und kann zur Dosisreduktion des Interferons oder im schlimmsten Fall zum Therapieabbruch ­führen. Nebenwirkungen von Ribavirin Der Hämoglobinwert (roter Blutfarbstoff) sinkt bis hin zur Anämie (Blutarmut), die häufig mit Müdigkeit oder schneller Erschöpfbarkeit einhergeht. Auch bei normalen Blutwerten klagt ein Teil der PatientInnen in den ersten Monaten der Behandlung über vermehrte Müdigkeit. Psychische/psychiatrische Problemstellungen bei der Hepatitis-CInfektion und -Behandlung Sowohl bei einer Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus wie auch bei deren Therapie besteht das Risiko psychiatrischer Erkrankungen. Verschiedene Studien belegen eine erhöhte Prävalenz von depressiven Störungen (bei 22–28 % der Infizierten) und Angstzuständen (bei 10–25 %) bei einer nicht behandelten Erkrankung. Oft sind der Infektion vorausgehende Persönlichkeitsstörungen mit erhöhtem Risikoverhalten zu beobachten. Die verschiedenen psychiatrischen Störungen können die Entwicklung und die Behandlung der Hepatitis C erheblich beeinflussen. Es ist deshalb wichtig, die psychiatrische ­Komorbidität der PatientInnen einzubeziehen. Die Verabreichung von Interferon kann neuro-psychiatrische Nebenwirkungen haben, die eine Reduktion der Dosis oder sogar den Therapiestopp zur Folge haben können. Psychische Nebenwirkungen von Interferon 62 Reizbarkeit Emotionale Schwankungen Depressive Zustände Schlafstörungen Angstzustände Manische Zustände (selten) Kognitive Störungen (Gedächtnis, Konzentration) Verwirrungszustände Therapien bei Drogenkonsumierenden nehmen vor allem aufgrund dieser Komplikationen oftmals einen negativen Verlauf. Ein Vertrauensverhältnis zwischen Arzt/Ärztin und PatientIn ist deshalb wichtig. Während der Behandlung sollte immer auf folgende Punkte geachtet werden: Die PatientInnen und ihre Angehörigen müssen auch über mögliche Verwirrungs­ zustände informiert und auf entsprechende Fragen soll eingegangen werden. Bei depressiven Verstimmungen ist eine entsprechende, evtl. medikamentöse Behandlung einzuleiten. Den PatientInnen muss bewusst sein, dass es sich bei der Hepatitis-C-Behandlung um eine Langzeitbehandlung handelt, die einige Monate über die antivirale Therapie hinaus dauert. Sie sollten mindestens einmal pro Monat zur Sprechstunde erscheinen. In bestimmten Fällen, wie bei durchgemachten Depressionen mit oder ohne Suizid­alität der Patientin oder des Patienten, wird eine präventive antidepressive Behandlung vorgeschlagen. Bei PatientInnen mit instabilen psychiatrischen Erkrankungen gehört eine allfällige Therapie in die Hände von spezialisierten und erfahrenen Zentren/Praxen. 1.9Besonderheiten bei Drogenkonsumierenden Anhaltender, unkontrollierter Drogenkonsum erhöht das Risiko einer Re-Infektion während der Therapie, unabhängig davon, ob die Substanzen intravenös, durch inhalieren oder durch sniffen konsumiert werden. In diesem Falle ist von einer Therapie ab­ zusehen. Dies gilt nicht für Drogenkonsumierende mit kontrolliertem Konsum. Ein sporadischer Konsum unter hygienisch einwandfreien Bedingungen und in Mengen, die keine kognitive Beeinträchtigung bedingen, ist möglich und stellt weder ein Re-Infektionsrisiko noch eine Gefährdung der laufenden Therapie dar. Es wird empfohlen eine Hepatitis-C-Therapie möglichst mit einer Substitutions­therapie und entsprechender Betreuung zu kombinieren. Alkohol und HepatitisC-Therapie Wenn immer möglich sollte während einer Hepatitis-C-Therapie kein Alkohol konsumiert werden. Alkohol hat keinen direkten negativen Einfluss auf die Wirksamkeit der Therapie, der Konsum kann aber die Adhärenzfähigkeit der PatientInnen verschlechtern und so die Durchführung einer Therapie erschweren. Daher ist bei Personen, die vor einer Therapie nicht ganz auf Alkohol verzichten können, besonders auf die Fähigkeit zur Therapieadhärenz zu achten, und es sind allenfalls Massnahmen zu ergreifen, um diese zu verbessern. 63 1.10 Vorurteile zur Hepatitis-C-Therapie 64 Behauptung «Wenn man drogenabhängig ist und/oder auf der Gasse lebt, kann man keine Therapie machen.» «Man kann nur eine Therapie machen, wenn man in einem Methadon- oder Heroin­ programm ist.» Antwort Regelmässiger Drogenkonsum und/oder auf der Gasse leben sprechen nicht gegen eine Hepatitis-Behandlung. Entscheidend ist, dass die Patientin oder der Patient willens und in der Lage ist, eine Therapie durchzuführen, die ein hohes Mass an Disziplin und Zuverlässigkeit verlangt. Wie die Chancen im Einzelfall sind, müssen PatientIn, ÄrztIn und allenfalls weitere Bezugspersonen auf Grund gemeinsamer Gespräche und gestützt auf frühere Erfahrungen abschätzen. Behauptung «Die Nebenwirkungen sind so furchtbar, dass man lieber keine Therapie macht.» Antwort Die Nebenwirkungen sind individuell sehr verschieden und im Einzelfall kaum vorauszusagen. So gibt es immer wieder Fälle von sehr zerbrechlich wirkenden PatientInnen, bei denen die Therapie absolut nebenwirkungsfrei verläuft. Andererseits können bei ­robust Scheinenden schwere Nebenwirkungen auftreten, die einen Abbruch der ­Therapie nötig machen. Die grosse Mehrheit der PatientInnen bewegt sich zwischen diesen Extremen. Es treten zwar unerwünschte Wirkungen auf, diese sind aber in ­vielen Fällen nicht gravierend und lassen sich auch medikamentös lindern. Die Nebenwirkungen dauern gleich lange wie eine Behandlung, die Symptome einer chronischen Erkrankung hingegen oft über viele Jahre. Behauptung «Man wird sehr depressiv.» Antwort Nur eine kleine Gruppe wird wirklich stark depressiv. Die Erfahrung zeigt, dass es bei einem Teil der PatientInnen vermehrt zu Stimmungsschwankungen kommt, was oft verwechselt wird mit sehr depressiv. Von einer ernsthaften Depression im psychiatrischen Sinn sind jedoch nur wenige PatientInnen betroffen. In solchen Fällen ist es in der Regel sinnvoll, antidepressiv wirkende Medikamente einzusetzen, die häufig eine gute Wirkung zeigen. Behauptung «Die Therapie nützt nur bei wenigen Leuten.» Antwort Je nach Hepatitis-Art und Genotyp sowie eingesetzten Medikamenten liegt die Erfolgsrate einer Therapie zwischen 50 und 90 %. Man kann mit gutem Gewissen sagen, dass die Behandlung für viele erfolgreich ist. Behauptung «Die Therapie wird von niemandem bezahlt.» Antwort ÄrztInnenkonsultationen und die meisten verwendeten Medikamente müssen von den Krankenkassen bezahlt werden. Die Hepatitis-C-Behandlung ist also eine Pflichtleistung der Grundversicherung. IV. Anhang 65 1.Glossar A AdhärenzEinhaltung der von Arzt/Ärztin und PatientIn festgesetzten Therapieziele AkAntikörper ALATAlanin-Aminotransferase, auch ALAT, früher GPT. Leberenzym, zeigt Leberschädigung an Antigen Stoff, der zur Antikörperbildung führt Anti-HBsAntikörper gegen das Hbs-Antigen Anti-HBcAntikörper gegen das HBc-Antigen ArbeitsrechtRechtliche Bestimmungen asymptomatisch nicht den erwarteten Symptomen entsprechend 56 18 29 18 31 31 50 14 B Base Bilirubin Blut-Aufmerksamkeit eigentlich: Kokain Base = Crack normales Abbauprodukt des Blutfarbstoffes (Hämoglobin) hinsichtlich Kontakte mit Blut oder mit Gegenständen an denen Blut oder Blutreste – auch eingetrocknete – haften könnten 45 29 C CD4 Wert Crack Co-Infektion zeigt die Anzahl bestimmter Helferzellen im Blut (bei HIV) auf Kokain Base, aus Kokain-Hydrochlorat (Kokain) gewonnen, rauchbar, enthält Reste von Ammoniak gleichzeitiges Aktiv-sein von mehr als einem Krankheitserreger 23 39 45 23 D DNAauch DNS; Desoxyribonukleinsäure, ein sehr grosses Molekül, das als Träger der Erbinformation dient. Anhand dieser Information, die in einer bestimmten Form, dem genetischen Code, in die DNA eingeschrieben ist, werden Proteine produziert 29 E Exposition medizinisch: Kontakt F fäkal, Fäkalien(Exkremente), vom tierischen und menschlichen Organismus nicht weiter verwertbare, ausgeschiedene Stoffe (Kot und Urin) fäkal-oral (bei Ansteckungswegen gebraucht) von menschlichen Exkrementen zum Mund Free Base eigentlich: Kokain Free Base, in aufwendigem Verfahren aus Kokain-Hydrochlorat (Kokain) gewonnen, rauchbar Fibroscan Lebersteifigkeitsmessung; Alternative zu Leberbiopsie frontloadingTeilen einer zur Injektion bestimmten aufbereiteten Dosis einer Droge durch Aufziehen in eine Spritze und Umfüllen von Teilmengen in eine oder mehrere weitere Spritzen durch die vordere(n) Öffnung(en) (den Konus). fulminant im medizinischen Sinne: starker, schneller Verlauf G Genitalsekret Flüssigkeit der Genitalien: Sperma und Vaginalschleim GenotypHepatitis-C-Virus-Untergruppen 66 27 12 11 45 30 44 11 18 54 H HändehygieneHände waschen HAVHepatitis-A-Virus HAV-AkHepatitis-A-Antikörper HBc AgHepatitis-B-c-Antigen; ein Teil des Kerns (engl. core) des Hepatitis-B-Virus HBeHepatitis-B-envelope (Antigen) HBsAg-positivVorliegen einer akuten Hepatitis B HBeAgHepatitis-B-e-Antigen; Entstehen bei der Virusvermehrung, Funktion unbekannt HBsAgHepatitis-B-surface-Antigen, ist in der Regel der erste nachweisbare Marker einer Hepatitis-B-Infektion; Teil der Oberfläche (engl. surface) des Hepatitis-B-Virus; früher auch Australia (Au) Antigen oder HAA (Hepatitis-assoziiertes Antigen) genannt. HBVHepatitis-B-Virus HBV-DNAHepatitis-B-Virus Deoxyribonucleic Acid, dt. Desoxyribonukleinsäure, die Erbsubstanz des Virus, also ein Teil des Virus HCVHepatitis-C-Virus HDVHepatitis-D-Virus Hepatitis Leberentzündung HEVHepatitis-E-Virus HIVHuman Immunodeficiency Virus, Auslöser der Aids-Krankheit I IgG oder IGGImmunglobuline (Antikörper) der Klasse G IgM oder IGMImmunglobuline (Antikörper) der Klasse M Immunität Unempfänglichkeit gegenüber Krankheitskeimen infolge: 1. Bildung von Antikörpern nach überstandener Infektionskrankheit; 2. Bildung von Antikörpern nach Impfung Impfung gegen Hepatitis IndexpatientIn Person, welche die exponierte Person angesteckt haben könnte InfektionAnsteckung mit (Krankheits-)Erregern; sagt nichts aus über Symptome Infertilität Unfruchtbarkeit InkubationszeitZeitraum zwischen Infektion und Auftreten klinischer Zeichen der Infektionskrankheit INR-Wertzur Wirkungskontrolle blutverdünnender Medikamente wird der so genannte INRWert nach einer Blutentnahme im Labor bestimmt K Konsumregeln kontaminiert Krankheit für Drogenkonsumierende verseucht ist ein Ausnahmezustand des Körpers mit Vorliegen von (Krankheits-)Symptomen 38 17 17 18 29 31 55 19 18 29 21 22 12 23 12 17 17 10 32 51 10 15 12 29 44 41 41 67 L, M, N, O, P Nebenwirkungen bei der Therapie von Hepatitis C Leberbiopsie Gewebsentnahme bei Verdacht auf chronische Hepatitis Leberzirrhose schwerwiegende Störung der Leberfunktion Post-Expositions-ProphylaxeMassnahmen, die nach einem möglichem Kontakt mit Erregern einer Infektionserkrankung getroffen werden PCR-MethodePolymerasen-Kettenreaktion; Methode, um DNS zu vervielfältigen, ohne einen lebenden Organismus, wie z.B. Escherichia coli oder Hefe zu benutzen pegyliertes InterferonInterferon mit verzögerter Wirkstofffreisetzung 68 61 30 10 50 21 58 Q, R Rezidiv erneutes Auftreten einer Krankheit Risikosituation Sofortmassnahmen nach einer Risikosituation RNAinternational gebräuchliche englische Abkürzung für Ribonukleinsäure; die RNA ist eine Nukleinsäure, die in lebenden Zellen gelegentlich anstelle der DNA als Träger des Erbguts dient. 59 S Schwangerschaft mögliche Übertragungswege ScreeningReihenuntersuchung nach Antikörpern 35 21 T, U Testen bei Verdacht auf Ansteckung Therapie von Hepatitiden TransaminasenLeberenzyme, die mit den Leberwerten ermittelt werden 27 54 29 V, W, X, Y, Z viral verwandt mit oder bedingt durch ein Virus Viral LoadVirenbelastung 10 30 56 42 1 2 2. Illustrierte Merkblätter injektion 1 1 1 3 32 1 3 1 43 6 62 32 6 4 9 7 69 4 6 9 5 7 10 9 Hände gründlich waschen 3 32 2 4 4 61 4 64 61 2 5 73 5 7 2 9 5 7 93 4 9 7 10458 10 68 Saubere Unterlage vorbereiten. Immer frisches, eigenes Injektionsmaterial ver­wen­den: Spritze, Nadel, Wasser­gefäss, Wasser, Löffel, Filter, Ascorbin­säure, Alkoholund Trockentupfer, Stauschlauch, Pflaster. Injektionsmaterial nie weitergeben oder teilen! Auch Filter nicht – auch nicht, um «zu helfen»! Sterile Spritze mit Filter (notfalls ein Stück Zigarettenfilter) verwenden. Filter nicht mit Zähnen entfernen. Die Flüssigkeit in der Spritze muss sauber und klar sein. Stauschlauch anbringen (lässt die Venen «hervortreten»). Einstichstelle mit Alkoholtupfer desinfizieren. 5 10 678 10 Wenn hellrotes Blut von selbst in die Spritze dringt, wurde eine Arterie getroffen. Nadel zurück ziehen und die Einstichstelle während mindestens 5 Minuten fest pressen. 8 9 10 Im Konsumraum: gebrauchte Spritze ohne Plastikkappe auf Nadel in speziellen Behälter werfen. 78 9 10 5 5 72 Wenn die Nadel richtig platziert ist (dunkles Blut): vor dem Drücken des Kolbens Stauschlauch lösen. 84 8 10 Nach der Injektion: Vene pressen und den Bluttropfen mit sauberem Trockentupfer abwischen. Danach Heftpflaster aufkleben. 5 7 Überall sonst: gebrauchte Spritze mit Plastikkappe auf Nadel in soliden Behälter (z.B. leere Alu-Dose) stecken und Dose in den Abfall werfen. 8 10 Unterlage reinigen. Benutzte Spritze (ohne Nadel!), Tupfer, Filter usw. in den Abfall werfen. Hände gründlich waschen 69 7 9 8 10 desinfektion Alc Alc Alc Alc Alc Löffel und Wassergefäss desinfizieren 1 1 1 1 1 1 2 2 2 2 2 2 4 4 4 4 4 4 5 5 5 5 5 5 Alc Löffel und Wasserbehälter mit Alkoholtupfern oder Bleichmittel (z.B. Javel) desinfizieren. Mit frischem Tupfer oder Papiertaschentuch trocknen. 70 Viel Desinfektionsmittel mit Tupfer oder Papiertaschentuch auf Löffel und Wasserbehälter auftragen. Mit frischem Wasser gründlich spülen. 3 3 3 3 3 3 Mindestens 5 Minuten einwirken lassen. 6 6 6 6 6 6 Zuletzt mit frischem Tupfer oder Papiertaschentuch trocknen. erste hilfe/wundversorgung PatientIn Wunde kurz bluten lassen. Pflegeperson 1 1 1 1 1 1 1 1 1 2 2 2 2 2 2 2 2 2 Hände gründlich waschen… 3 3 3 3 3 3 3 3 3 …und mit desinfizierender Lösung einreiben. 4 4 4 4 4 4 4 4 42 3 7 7 7 7 7 7 7 74 7 8 8 8 8 8 8 8 8 8 Latex-Handschuhe anziehen (Nach Blutkontakt: Handschuhe entsorgen und frische anziehen). Wunde desinfizieren. 5 5 5 5 5 1 5 5 5 5 6 6 6 6 6 6 6 6 6 5 Kleinere Wunden mit Heftpflaster, grössere mit Verband abdecken. 6 Bluttropfen auf Arbeitsfläche mit desinfizierender Lösung entfernen. Gebrauchte, blutbe­ fleckte Lappen, Tupfer, Handschuhe usw. sofort entsorgen. 7 Hände gründlich waschen… 9 9 9 9 9 9 9 9 9 8 …und mit desinfizierender Lösung einreiben. 71 Blut-aufmerksamkeit Bei bestimmten Viren können bereits unsichtbar kleine Mengen von Blut für eine Ansteckung ausreichen. Auch im Alltagsleben können Kontakte entstehen mit Blut oder mit Gegenständen, an denen Blut oder Blutreste – auch eingetrocknete – haften: Schnittverletzungen in der Küche, beim Handwerken usw. Verletzung durch fremde Nadel, Messer usw. Erste Hilfe: direkter Kontakt mit offenen Wunden (immer Handschuhe tragen!) Sexualpraktiken mit (auch nur kleinen) Verletzungen Beatmen ohne Beatmungsmaske von Menschen mit Nasenbluten oder Mundverletzungen Bisse von Menschen mit Mundverletzungen Zahnbürsten, Rasierapparate und -klingen, Nagelscheren, Nagelfeilen Piercing- oder Tätowier-Instrumente (nicht oder unvollständig gereinigt und sterilisiert) Ablageflächen und Unterlagen, auf denen verunreinigtes Material abgelegt wurde (Tische, Papier­unterlagen) Blutreste an den Fingern durch Aufkratzen von Wunden, Insektenstichen, Ekzemen usw. Abtasten von bereits angestochenen Venen mit schmutzigen, blutverschmierten Fingern (bei Injektionshilfe bei einer anderen Person) Abdrücken der Einstich­stelle mit schmutzigen Fingern nach dem Herausziehen der Nadel (Trockentupfer verwenden!) Inhalationsröhrchen beim Sniffen oder Basen Filter (mit schmutzigen Händen/mit Blutresten an den Fingern berührt) Löffel (nicht oder unvollständig gereinigt und sterilisiert) Blutreste (auch eingetrocknete) an Feuerzeug, «Abbindi», Wasserbehälter, Messer beim Teilen von Stoff usw. Wasserbehälter, aus denen mit einer gebrauchten Spritze Wasser entnommen wurde Spritzen (gebrauchte) beim Aufteilen von Stoff 72 3.Adressen & Internet Notfälle, HIV- und Hepatitis-Post-expositionsprophylaxe Basel Universitätsspital Basel Medizinische Poliklinik Petersgraben 4 4031 Basel Telefon 061 265 50 05 Fax 061 265 46 04 www.medpol.ch Bern Inselspital Poliklinik für Infektiologie und Reisemedizin Polikliniktrakt 2, Eingang 29, Stock B 3010 Bern Telefon 031 632 27 45 Genève Hôpital cantonal HUG Service des maladies infectieuses Rue Micheli-du-Crest 24 1211 Genève Telefon 022 372 96 17 Lausanne Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV) Consultation ambulatoire Maladies Infectieuses Rue de Bugnon 46 1011 Lausanne Telefon 021 314 10 06 Lugano Ospedale Regionale di Lugano Servizio Malattie Infettive (SMI) Via Tesserete 46 6900 Lugano Telefon 091 811 60 21 St. Gallen Kantonsspital St. Gallen Infektiologische Sprechstunde Rorschacher Strasse 95 9007 St. Gallen Telefon 071 494 10 28 Zürich Universitätsspital Zürich Klinik für Infektionskrankheiten Rämistrasse 100 8091 Zürich Telefon 044 255 33 22, 044 255 25 41 oder 044 255 88 31 Klinik Im Park Zentrum für Infektionskrankheiten Haus Bellaria Bellariastrasse 38 8038 Zürich Telefon 044 209 20 60 Anonyme HIV-Testund Beratungsstellen Aargau Aids-Hilfe Aargau Entfelderstrasse 17 Postfach 2140 5001 Aarau Telefon 062 824 44 50 Telefon 062 824 30 50 (anonyme Beratung) Fax 062 824 44 09 [email protected] www.safersex.ch Appenzell Fachstelle für Aids- und Sexualfragen Tellstrasse 4 Postfach 8 9001 St. Gallen Telefon 071 223 68 08 Telefon 071 223 38 68 (Beratung) Fax 071 223 66 07 [email protected] www.ahsga.ch Basel Aids-Hilfe beider Basel Clarastrasse 4 4058 Basel Telefon 061 685 25 00 Fax 061 685 25 01 [email protected] www.ahbb.ch 73 Bern Aids-Hilfe Bern Monbijoustrasse 32 3011 Bern Telefon 031 390 36 36 (deutsch) Telefon 031 390 36 38 (französisch) Fax 031 390 36 37 [email protected] www.aids-be.ch Jura Groupe Sida Jura Route de Porrentruy 6 Case postale 459 2800 Delémont 1 Telefon 032 423 23 43 Fax 032 423 23 76 [email protected] www.sida-ju.ch Fribourg Centre Empreinte Bd. de Pérolles 57 1700 Fribourg Telefon 026 424 24 84 Fax 026 424 24 83 [email protected] www.tremplin.ch Liechtenstein fa6 Fachstelle für Sexualfragen und HIV-Prävention Im Malarsch 4 Postfach 13 FL-9494 Schaan Telefon 00423 232 05 20 Fax 00423 233 25 20 [email protected] www.fa6.li Genève Dialogai Rue de la Navigation 11–13 1211 Genève Telefon 022 906 40 40 Fax 022 906 40 44 [email protected] www.dialogai.org Groupe Sida Genève Rue Pierre Fatio 17 1204 Genève Telefon 022 700 15 00 Fax 022 700 15 47 [email protected] www.groupesida.ch Graubünden Aids-Hilfe Graubünden Lürlibadstrasse 15 7000 Chur Telefon 081 252 49 00 [email protected] www.aidshilfe-gr.ch 74 Luzern Aids-Hilfe Luzern Museggstrasse 27 Postfach 6004 Luzern Telefon 041 410 69 60 Fax 041 410 68 48 [email protected] www.aidsluzern.net Neuchâtel Groupe Sida Neuchâtel Grand-Rue 18 2034 Peseux Telefon 032 737 73 37 Fax 032 737 73 39 [email protected] www.info-sida.ch Schaffhausen Aids-Hilfe Thurgau-Schaffhausen Rathausbogen 15 8200 Schaffhausen Telefon 052 625 93 38 Fax 052 625 93 39 [email protected] www.aids-sh.ch Schwyz Fachstelle für Aids-Fragen Centralstrasse 5d 6410 Goldau Telefon 041 859 17 27 Fax 041 859 17 29 [email protected] www.gesundheit-schwyz.ch www.aids-sz.ch St. Gallen Fachstelle für Aids- und Sexualfragen Tellstrasse 4 Postfach 8 9001 St. Gallen Telefon 071 223 68 08 Telefon 071 223 38 68 (Beratung) Fax 071 223 66 07 [email protected] www.ahsga.ch Thurgau Aids-Hilfe Thurgau-Schaffhausen Zeughausstrasse 16 Postfach 28 8501 Frauenfeld Telefon 052 722 30 33 Fax 052 720 46 33 [email protected] www.aids-tg.ch Ticino Aiuto Aids Ticino Via Bagutti 2 6904 Lugano Telefon 091 923 80 40 Telefon 091 923 17 17 (consultazione anonima) Fax 091 923 80 41 [email protected] www.aids-ti.ch Valais/Wallis Antenne Sida du Valais romand Rue des Condémines 14 CP 888 1951 Sion Telefon 027 329 04 23 Fax 027 329 04 30 [email protected] www.sida-vs.ch Aids-Hilfe Oberwallis Spittelgasse 2 3930 Visp Telefon 027 946 46 68 Fax 027 946 57 49 [email protected] www.aidsvs.ch Vaud Policlinique médicale universitaire Rue du Bugnon 44 1011 Lausanne Telefon 021 314 60 60 Fax 021 314 48 88 [email protected] www.sida-vd.ch Zug Fachstelle Aids-Hilfe Zug Zeughausgasse 9, 6. Stock 6300 Zug Telefon 041 710 48 65 Fax 041 710 48 74 [email protected] www.zug.ch/aidshilfe Zürich Zürcher Aids-Hilfe Kanzleistrasse 80 8003 Zürich Telefon 01 455 59 00 (Telefonberatung Mo–Fr 14–17 Uhr) Fax 01 455 59 19 [email protected] www.zah.ch Aids-Infostelle Winterthur Technikumstrasse 84 8401 Winterthur Telefon 052 212 81 41 Fax 052 212 80 95 [email protected] www.aidsinfo.ch 75 Schweizerische Leberzentren Basel Universitätsspital Basel Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie Petersgraben 4 4031 Basel Telefon 061 265 51 74 Fax 061 265 53 52 Zürich Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie Departement Innere Medizin Universitätsspital Zürich Rämistrasse 100 8091 Zürich Telefon 044 255 43 68 Internet Bern Institut für klinische Pharmakologie Murtenstrasse 35 3010 Bern Telefon 031 632 31 91 Fax 031 632 49 97 Genève Hôpital cantonal universitaire Service de gastro-entérologie et d’hépatologie Rue Micheli-du-Crest 24 1211 Genève 14 Telefon 022 372 93 40 Lausanne CHUV Centre Hospitalier Universitaire Vaudois Service de gastro-entérologie et d’hépatologie Rue du Bugnon 46 1011 Lausanne Telefon 021 314 06 90 Lugano Ospedale Regionale di Lugano Sede Civico Via Tesserete 46 6903 Lugano Telefon 091 811 61 11 Fax 091 811 69 90 Neuchâtel Hôpital des Cadolles Avenue des Cadolles 4 2002 Neuchâtel Telefon 032 722 91 11 76 www.bag.admin.ch Bundesamt für Gesundheit, BAG www.sevhep.ch SWISS EXPERTS IN VIRAL HEPATITIS www.sasl.ch Swiss association for the study of the liver www.ssam.ch Schweizerische Gesellschaft für Suchtmedizin www.aids.ch Aids-Hilfe Schweiz www.infodrog.ch Schweizerische Koordinations-und Fachstelle Sucht www.akzept.org Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik www.soshepatites.org Fédération SOS-Hépatites www.epac.it Epac – Associazione Onlus ➞ mehr Links auf www.hepCH.ch 4.AutorInnen & ExpertInnen Herr Dr. med. Philip Bruggmann ARUD Zürich Poliklinik für methadongestützte Behandlungen ZOKL 1 Sihlhallenstrasse 30 8026 Zürich [email protected] Madame Dr. med. Virginie Masserey Bundesamt für Gesundheit BAG Übertragbare Krankheiten, Sektion Impfungen Postfach 3003 Bern [email protected] Madame Dr. med. Martine Monnat Centre Saint-Martin DUPA, DUMSC Rue Saint-Martin 7 1003 Lausanne [email protected] Madame Dr. med. Catherine Ritter Chemin du Vignoble 38 1232 Confignon [email protected] Herr Dr. Samuel Erny Bundesamt für Gesundheit BAG Übertragbare Krankheiten, Sektion Aids Postfach 3003 Bern [email protected] Herr Prof. Dr. med. Andreas Cerny Innere Medizin, Infektiologie und Farmazeutische Medizin FMH Clinica Luganese, Moncucco Zentrum für Hepatologie Via Moncucco 10 6900 Lugano [email protected] 77 5.Impressum Herausgeber Im Auftrag & in Zusammenarbeit mit Infodrog Schweizerische Koordinations- und Fachstelle Sucht Bundesamt für Gesundheit BAG Projektleitung Peter Menzi Aline Bernhardt Keller Redaktion Peter Menzi Cristina Monterrubio Leu Maria Lucia Galgano Lektorat Marianne König Bernhard Meili Gestaltung visu’l AG, Bern Illustrationen Hans Peter Wermuth, infopub, Bern Übersetzung Agata Vetterli, Genf Peter Menzi Auflage 2. überarbeitete & aktualisierte Auflage Druck Merkur Druck, Langenthal ISBN 978-3-9522791-2-0 Bestelladresse Infodrog Eigerplatz 5 | Postfach 460 | 3000 Bern 14 [email protected] | www.infodrog.ch ©Infodrog 2008 78