Perspektive Standort: Lemgo, Lindenhaus Das Problem: Wie kann man ein (dreidimensionales) Gebäude oder eine Landschaft auf einem (zweidimensionalen) Blatt so zeichnen, daß der räumliche Eindruck erhalten bleibt? Handlungsanweisung: Schauen Sie durch das Loch im vorderen Brett auf das Modell hinter der Folie. Zeichnen Sie so die wichtigsten Kanten des Modells auf der Folie nach. Es entsteht eine verzerrte Abbildung, die aber ‘echt’ wirkt. Ausprobieren: Achten Sie darauf, wie parallele Linien abgebildet werden. (Zur Erinnerung: Parallele Linien haben die gleiche Richtung) Wie wirkt es sich auf die Zeichnung aus, wenn das Modell ganz dicht hinter der Folie oder etwas entfernt von der Folie aufgestellt wird? Wie ändert sich das Bild, wenn der ‘Augpunkt’ oberhalb oder unterhalb des Modells liegt? (Vogel- bzw. Froschperspektive). Geschichte: Schon um 500 v. Chr. konnten griechische Maler einen räumlichen Eindruck erzeugen. Später ging diese Technik wieder verloren. Für wichtige Themen mittelalterlicher Malerei (Christus, die Jungfrau Maria, Heilige) wurde sie nicht benötigt. Die dreidimensionale Illusion mußte jedoch erzielt werden, wenn auch die Umgebung der Personen dargestellt werden sollte. Daher bemühten sich italienische Maler etwa ab 1250 wieder um die perspektivische Darstellung. Giotto (1266-1337) ist bereits berühmt für die Tiefenwirkung seiner Bilder. Brunelleschi (1377 - 1446) fand ein Verfahren, mit dem sich eine perfekte räumliche Darstellung erreichen ließ, und das auch mathematisch faßbar war; der Versuch in der Experimenta geht auf Brunelleschis Methode zurück. Die Begeisterung für die Perspektive führte zu großartigen Darstellungen von Innenräumen und architektonischen Phantasien (Beispiele finden sich auch im Weser-Renaissance-Museum), oft machte jedoch die Bemühung, Raumwirkung zu erzeugen, das eigentliche Thema zur Nebensache. Dem Zwang zur Perspektive verweigerten sich erst die Impressionisten (im 19. Jhdt.) und später die Kubisten (mit simultanen MehrfachAnsichten). Ein perspektivisches Bild kann man sozusagen ‘mechanisch’ herstellen. Dazu bringt man das Auge in eine feste Position (Augpunkt). Betrachtet man nun einen Gegenstand, dann dringt von jedem seiner Punkte Licht auf kürzestem Weg in die Pupille (Öffnung) des Auges. Umgekehrt kann man sich auch Sehstrahlen von der Pupille zu allen markanten Punkten auf dem Gegenstand denken. Setzt man irgendwo dazwischen eine Folie und markiert, wo die Sehstrahlen sie durchstoßen, dann erhält man ein Bild, das zwar verzerrt ist, aber für das Auge genauso aussieht wie der Gegenstand selbst.