Formalismus der Quantenmechanik

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Kapitel 4
Formalismus der
Quantenmechanik
4.1
Vektorräume von Funktionen
4.1.1
Vektorraum
02
Wie bereits erwähnt, bildet die Menge der quadratintegrablen Funktionen
�
�
�
2
3
3
3
2
0 (� , �) = ψ : � → � ; d r |ψ(�r)| < ∞
einen Vektorraum; im Folgenden schreiben wir abkürzend
deutet, mit ψ, ϕ ∈ 02 gilt
c1 ψ + c2 ϕ ∈
(4.1)
02 = 02 (�3 , �). Das be-
02
(4.2)
für beliebige ci ∈ � (1 ≤ i ≤ 2).
Beweis.
�
d3 r |c1 ψ(�r) + c2 ϕ(�r)|2
�
�
�
≤
d3 r |c1 ψ(�r) + c2 ϕ(�r)|2 + |c1 ψ(�r) − c2 ϕ(�r)|2
�
�
�
= 2 d3 r |c1 |2 |ψ(�r)|2 + |c2 |2 |ϕ(�r)|2 < ∞ .
Bemerkung: In einer formaleren Behandlung dieses Themas wird oft der Schwartz–
Raum S anstatt 02 betrachtet. Dieser ist besteht aus den unendlich oft differenzierbaren Funktionen, die samt ihrer Ableitungen im Unendlichen stärker abfallen als
67
4.1. VEKTORRÄUME VON FUNKTIONEN
jegliche Potenz der Koordinaten anwächst, d.h.
�
n
ψ ∈ C ∞ (�3 → �) ; ∀�
α, β� ∈ �30 : ∃ C > 0 :
S(� ) =
�
�
�
� α ∂ β1 +β2 +β3 ψ(�r) �
i
�r
� < C ∀ �r ∈ �3 .
� i ∂ β1 x ∂ β2 y ∂ β3 z �
In dieser Einführungs–Vorlesung wird mit der Mathematik geschlampt, d.h. wir werden im Wesentlichen 02 –Funktionen betrachten, aber auch verallgemeinerte Funk”
tionen“ wie z.B. δ zulassen.
4.1.2
Operatoren
Operator.
02 ,
Ein Operator A ist (in diesem Kontext) eine Abbildung von
A ψ(�r) = φ(�r) ∈
02 .
02
nach
(4.3)
Beispiele für allgemeine Operatoren:
(1) A ψ = |ψ|,
(2) A ψ =
ψ
.
1 + |ψ|
Linearer Operator. In der QM werden wir hauptsächlich mit linearen Operatoren
arbeiten. A heißt linearer Operator, wenn gilt
A (c1 ψ1 + c2 ψ2 ) = c1 A ψ1 + c2 A ψ2 ,
(4.4)
wobei ci ∈ � (1 ≤ i ≤ 2).
Beispiele für lineare Operatoren:
� 2;
(1) Δ = ∇
(2) Hamilton–Operator H;
�
(3) ∇;
�
(4) Impuls–Operator −i � ∇;
� = �r × �p = −i � (�r × ∇).
�
(5) L
Die drei letztgenannten Operatoren sind linear, bilden aber nicht von 02 (�3 , �) nach
02 (�3 , �) ab.
68
4.1. VEKTORRÄUME VON FUNKTIONEN
Eigenschaften linearer Operatoren.
(c A) ψ = c (A ψ)
für c ∈
�,
(4.5a)
(A + B) ψ = A ψ + B ψ ,
(4.5b)
(A · B) ψ = A (B ψ) .
(4.5c)
Spezielle Operatoren.
• Identität
�·ψ
= 1·ψ = ψ .
(4.6a)
• Null–Operator
0·ψ = 0·ψ = 0.
(4.6b)
Kommutator. Wie wir sehen werden, spielt der sog. Kommutator zwischen zwei
Operatoren A und B, erklärt durch
[A, B] := A B − B A ,
(4.7)
eine wichtige Rolle.
Beispiele für Kommutatoren:
(i) [xi , ∂x∂ j ] = − δij ;
(ii) [Li , Lj ] = i � εijk Lk , wobei der Levi–Civita–Tensor εijk der total antisymmetrische Tensor dritter Stufe ist, d.h.
εijk

 1
−1
=

0
für gerade (zyklische) Permutationen von i, j, k ,
für ungerade (antizyklische) Permutationen von i, j, k ,
sonst .
Eigenschaften des Kommutators:
(1) Antisymmetrie
[A, B] = − [B, A] ;
(4.8a)
(2) Jacobi–Identität
[A B, C] = A [B, C] + [A, C] B .
69
(4.8b)
4.1. VEKTORRÄUME VON FUNKTIONEN
4.1.3
02
Skalarprodukt in
Gegeben seien zwei Funktionen ϕ, ψ ∈
und ψ definiert durch
(ϕ, ψ) :=
�
02 . Dann ist das Skalarprodukt
d3 r ϕ∗ (�r) ψ(�r) .
zwischen ϕ
(4.9)
Dieses Skalarprodukt liefert eine endliche Zahl, denn aus
�
�
(|ϕ(�r)| − |ψ(�r)|)2 ≥ 0 �
|ϕ(�r)|2 + |ψ(�r)|2 ≥ 2 |ϕ(�r)| |ψ(�r)|
∀�r ∈ �3
folgt
�
��
�
�
�
�
3
∗
�(ϕ, ψ)� = � d r ϕ (�r) ψ(�r)�
�
�
�
≤
d3 r |ϕ(�r)| |ψ(�r)|
�
��
�
1
2
2
3
3
d r |ϕ(�r)| + d r |ψ(�r)|
≤
< ∞.
2
Eigenschaften des Skalarprodukts.
(1) Konjugationssymmetrie
(ϕ, ψ)∗ = (ψ, ϕ) .
(4.10a)
(2) Linearität im zweiten Argument1
(ϕ, c1 ψ1 + c2 ψ2 ) = c1 (ϕ, ψ1 ) + c2 (ϕ, ψ2 ) .
(4.10b)
(3) aus (4.10a) und (4.10b) folgt
(c1 ϕ1 + c2 ϕ2 , ψ) = c∗1 (ϕ1 , ψ) + c∗2 (ϕ2 , ψ) .
(4.10c)
(4) Positivität
(ψ, ψ) =
�
3
∗
d r ψ (�r) ψ(�r) =
�
d3 r |ψ(�r)|2 ≥ 0 ,
(4.10d)
wobei das Gleichheitszeichen genau dann gilt, wenn ψ(�r) ≡ 0.
1
Man beachte, dass in Mathematikbüchern oft die Linearität im ersten Argument gefordert wird.
70
4.1. VEKTORRÄUME VON FUNKTIONEN
Operatoren im Skalarprodukt. Es gilt offensichtlich, dass
�
(ϕ, A ψ) =
d3 r ϕ∗ (�r) A ψ(�r) .
(4.11)
Erwartungswerte von Operatoren. Der Erwartungswert eines Operators A im
durch Ψ(�r, t) beschriebenen Zustand ist erklärt durch
�
(4.12)
�A� =
d3 r Ψ∗ (�r, t) A Ψ(�r, t) .
Diese Sandwich“–Struktur hatten wir uns bereits in (2.69) erarbeitet. Hier haben
”
wir bereits zugelassen, dass Ψ zeitabhängig ist.
Orthogonalität.
Zwei
02 –Funktionen ϕ, ψ heißen orthogonal, wenn
(ϕ, ψ) = 0 .
Adjungierter Operator.
�
ϕ, A† ψ
�
(4.13)
Wir erklären den zu A adjungierten Operator A† durch
= (A ϕ, ψ) .
(4.14)
Diese Aussage schreibt sich explizit in der Form
�
�
3
∗
†
d r ϕ (�r) A ψ(�r) =
d3 r (A ϕ(�r))∗ ψ(�r)
4.1.4
für beliebige ϕ, ψ .
(4.15)
Hermitesche Operatoren
Hermitescher Operator.
wenn
Ein Operator A heißt hermitesch (selbstadjungiert),2
A† = A .
(4.16)
2
Streng genommen sind hermitesch“ und selbstadjungiert“ zwei verschiedene Begriffe. Selbstad”
”
jungierte Operatoren sind hermitesch, aber hermitesche Operatoren nicht notwendigerweise selbstadjungiert.
71
4.1. VEKTORRÄUME VON FUNKTIONEN
Einige Eigenschaften der hermiteschen Konjugation.
(1) Man muss auf die Reihenfolge achten, z.B. (Zentralübung 7)
(A B)† = B † A† .
(4.17a)
(2) Die Summe zweier hermiteschen Operatoren ist wieder hermitesch, denn
(A + B)† = A† + B † .
(4.17b)
(3) Verhalten unter Multiplikation mit komplexen Zahlen c
(c A)† = c∗ A† .
(4.17c)
(4) Ist A hermitesch, so ist An (n ∈ �) ebenfalls hermitesch.
(5) Der Kommutator zweier hermitescher Operatoren ist anti–hermitesch (siehe
Übungen),
([A, B])† = − [A, B] .
(4.17d)
Theorem (Erwartungswerte hermitescher Operatoren).
toren A besitzen reelle Erwartungswerte �A�.
Hermitesche Opera-
Beweis. (Wie zuvor lassen wir hier zu, dass Ψ von der Zeit t abhängt.)
��
�∗
∗
3
∗
�A�
=
d r Ψ (�r, t) A Ψ(�r, t)
�
�
�∗
=
d3 r Ψ(�r, t) A Ψ(�r, t)
�
�
�∗
=
d3 r A Ψ(�r, t) Ψ(�r, t)
�
A† =A
=
d3 r Ψ(�r, t)∗ A Ψ(�r, t)
=
�A� .
72
4.1. VEKTORRÄUME VON FUNKTIONEN
Beispiele für hermitesche Operatoren:
(a) Der Ortsoperator �r ist hermitesch, denn
(Φ, �r Ψ) =
=
�
�
d3 r Φ∗ (�r, t) (�r Ψ(�r, t))
d3 r (�r Φ(�r, t))∗ Ψ(�r, t) = (�r Φ, Ψ) .
(b) Der Impulsoperator �p ist hermitesch. Betrachte Φ und Ψ mit
r →±∞
i
−−−→ 0
Φ(�r, t), Ψ(�r, t) −−
∀1≤i≤3.
Dann ist beispielsweise für px
�
�
� ∂
(Φ, px Ψ) =
d r Φ (�r, t)
Ψ(�r, t)
i ∂x
�
�∗
�
∂
�
3
Ψ(�r, t)
d r
Φ(�r, t)
= −
i
∂x
�
�∗
�
� ∂
3
=
d r
Ψ(�r, t) = (px Φ, Ψ) ,
Φ(�r, t)
i ∂x
�
3
∗
wobei wir partiell integriert haben. Analog zeigt man, dass py und pz hermitesch
sind.
(c) Der Hamilton–Operator
H =
�p 2
+ V (�r)
2m
ist ebenfalls hermitesch, da das Potential eine reelle Funktion von �r ist und der
erste Term proportional zu �p 2 mit dem reellen Faktor 1/(2m).
Matrix–Elemente von Operatoren. Sei {ψn (�r)} ein System von 02 –Funktionen,
etwa die Wellenfunktionen für gebundene Zustände im Kastenpotential. Dann sind die
Matrixelemente eines Operators A bzgl. der {ψn } erklärt durch3
�
∗
Amn =
d3 r ψ m
(�r) A ψn (�r) .
(4.18)
Ist A hermitesch, so ist das auch die Matrix (Amn ), d.h.
A∗nm = Amn .
3
Ich danke Herrn Kathan für den Hinweis auf einen Tippfehler.
73
4.2. POSTULATE DER QUANTENMECHANIK (TEIL 1)
Unitärer Operator.
Ein unitärer Operator ist ein Operator U , der
U† U = U U† =
�
(4.19)
erfüllt.
Exponentialfunktion von Operatoren. Die Exponentialfunktion von Operatoren ist durch die Taylor–Reihe der Exponentialfunktion erklärt,
e
A
∞
�
1 n
:= exp(A) =
A .
n!
(4.20)
n=0
Es erweist sich, dass ei A unitär ist, falls A hermitesch ist, denn (vgl. Zentralübung
7(f))
�∞
�†
� in
� i A �† i A
e
e
=
An
ei A
n!
n=0
�
�∞
� (−i)n
† n
(A )
ei A
=
n!
n=0
�
�∞
� (i)n
n
(−A)
ei A
=
n!
= e
4.2
n=0
−i A i A
e
=
�.
Postulate der Quantenmechanik (Teil 1)
Wir haben uns mit Operatoren und Funktionenräumen, auf die diese wirken, befasst.
Nun soll eine erste Version dessen diskutiert werden, wie man damit die Physik beschreiben kann. Die Postulate sind:
Postulat I: Der Zustand eines Teilchens wird durch seine Wellenfunktion Ψ(�r, t)
beschrieben. |Ψ(�r, t)|2 d3 r gibt die Wahrscheinlichkeit an, das Teilchen am Ort
�r im Volumenelement d3 r zu finden. Es gilt die Normierungsbedingung
�
d3 r |Ψ(�r, t)|2 = 1 = (Ψ, Ψ) .
(4.21)
Postulat II: Den Messgrößen (Observablen) der klassischen Mechanik entsprechen
in der Quantenmechanik hermitesche Operatoren. Der Erwartungswert eines
Operators A im durch Ψ(�r, t) beschriebenen Zustand ist gegeben durch
�A� =
�
d3 r Ψ∗ (�r, t) A Ψ(�r, t) = (Ψ, A Ψ) .
74
(4.22)
4.3. EHRENFEST’SCHES THEOREM
Dieser Wert ergibt sich durch Mittelung der Messergebnisse, die man erhält,
wenn man das System sehr oft in dem durch Ψ(�r, t) beschriebenen Zustand
präpariert und die zu A assoziierte Größe misst.
Wir haben bisher die Observablen und zugeordneten Operatoren aus Tabelle 4.1
kennengelernt. Oft wird die Zuordnung
Klassische Größe ↔ Quantenmechanischer Operator
als Korrespondenzprinzip“ bezeichnet.
”
Klassische Größe
Quantenmechanischer Operator
(Ortsdarstellung)
Ort �r
�r = �r
Impuls p�
�
�p = −i � ∇
�
�
� = −i � �r × ∇
�
L
� = �r × p�
Drehimpuls L
�p 2
�2
= −
Δ
2m
2m
�
V (�r, −i � ∇)
p� 2
2m
Potentielle Energie V (�r, p�)
T =
Kinetische Energie T =
Hamilton–Funktion H =
p� 2
+V
2m
H =
p2
�2
+V = −
Δ+V
2m
2m
Tabelle 4.1: Klassische Größen und zugeordnete quantenmechanische Operatoren.
Postulat III. Die zeitliche Entwicklung der Wellenfunktion wird durch die Schrödinger–
Gleichung
i�
∂
Ψ(�r, t) = H Ψ(�r, t)
∂t
(4.23)
beschrieben. Dabei ist H hermitesch, insbesondere ist �H� reell.
4.3
Ehrenfest’sches Theorem
Der Einfachheit halber betrachten wir die Situation für ein Teilchen in einer Dimension; die Verallgemeinerung zu drei Dimensionen bereitet keine Schwierigkeiten. Die
zeitabhängige Schrödinger–Gleichung lautet
i�
∂
Ψ(x, t) = H Ψ(x, t)
∂t
(4.24)
75
4.3. EHRENFEST’SCHES THEOREM
Durch komplexe Konjugation erhält man daraus
−i �
∂ ∗
Ψ (x, t) = H Ψ∗ (x, t) .
∂t
(4.25)
Nun berechnen wir die zeitliche Ableitung des Erwartungswerts eines allgemeinen
Operators A,
d
�A� =
dt
=
=
=
=
=
d
dt
�∞
dx Ψ∗ (x, t) A Ψ(x, t)
−∞
��
�
∂ ∗
∂A
dx
Ψ (x, t) A Ψ(x) + Ψ∗ (x, t)
Ψ(x, t)
∂t
∂t
−∞
�
∂Ψ(x, t)
+ Ψ∗ (x, t) A
∂t
∞
�
��
�
∂A
i
H Ψ∗ (x, t) A Ψ(x, t) + Ψ∗ (x, t)
Ψ(x, t)
dx
�
∂t
−∞
�
i ∗
− Ψ (x, t) A H Ψ(x, t)
�
�
�
i
∂A
i
(H Ψ, A Ψ) + Ψ,
Ψ − (Ψ, A H Ψ)
�
∂t
�
�
�
∂A
i
i
(Ψ, H A Ψ) + Ψ,
Ψ − (Ψ, A H Ψ)
�
∂t
�
�
�
∂A
i
(Ψ, [H, A] Ψ) + Ψ,
Ψ .
�
∂t
�∞
Im vorletzten Schritt wurde benutzt, dass H hermitesch ist. Wir finden also, dass
d
i
�A� =
�[H, A]� +
dt
�
�
∂A
∂t
�
.
(4.26)
Diese Gleichung wird als Ehrenfest’sches Theorem bezeichnet.
Beispiel (Zeitableitung von ri ). Die 3–dimensionale Verallgemeinerung von (4.26)
liefert die Gleichungen


3
�
p2j
i�
, xi  = −
p
[H, r i ] = 
2m
m i
j=1
76
4.4. UNSCHÄRFERELATION
für 1 ≤ i ≤ 3. Damit ist die zeitliche Ableitung des Erwartungswerts des Ortsoperators
�r
d
i
��
p�
��r � =
�[H, �r ]� =
.
dt
�
m
(4.27)
Beispiel (Zeitableitung von pi ). Analog zum vorhergehenden Beispiel finden wir,
dass
�
�
� ∂
∂V
[H, pi ] = V,
.
= i�
i ∂ri
∂ri
Damit gilt
i
d
��p� =
�[H, �p]� = −
dt
�
�
∂V
∂�r
�
=
� �
F� .
(4.28)
Durch Zeitableitung von (4.27) und Einsetzen von (4.27) erhalten wir
� �
d2
F�
= m 2 ��r � .
dt
(4.29)
Diese Beispiele illustrieren, dass sich die Mittelwerte wie die zugeordneten klassischen Größen verhalten.
4.4
Unschärferelation
Nun wollen wir die Unschärferelation für zwei allgemeine hermitesche Operatoren A
und B herleiten (siehe Übungsaufgabe 4). Dazu betrachtet man (für gegebenes t) die
Gleichung
�
�
�2
�
�
(4.30)
I(λ) =
d3 r � [λ (A − �A�) − i (B − �B�)] Ψ(�r, t)� .
Wir definieren δA := A − �A� und δB := B − �B�. Unter der Verwendung der
Definition des Skalarprodukts kann man schreiben
I(λ) = ([λ δA − i δB] Ψ, [λ δA − i δB] Ψ)
�
�
=
Ψ, [λ δA − i δB]† · [λ δA − i δB] Ψ
= (Ψ, [λ δA + i δB] · [λ δA − i δB] Ψ)
� �
� �
= Ψ, λ2 (δA)2 + i λ (δB δA − δA δB) + (δB)2 Ψ .
Nun gilt offensichtlich, dass
δB δA − δA δB = [B, A] .
Somit ergibt sich für das Integral
�
�
�
�
I(λ) = λ2 Ψ, (δA)2 Ψ + i λ �[B, A]� + Ψ, (δB)2 Ψ .
77
(4.31)
4.4. UNSCHÄRFERELATION
Den ersten Term kann man vereinfachen,
�
�
�
�
Ψ, (δA)2 Ψ =
Ψ, [A − �A�]2 Ψ
� �
� �
=
Ψ, A2 − 2 �A� A + �A�2 Ψ
�
�
�
�
= Ψ, A2 Ψ − 2 (Ψ, �A� A Ψ) + Ψ, �A�2 Ψ
� �
= A2 − �A�2 = (ΔA)2 .
Damit erhält man
I(λ) = λ2 (ΔA)2 + (ΔB)2 + λ �i [B, A]� ≥ 0 .
(4.32)
Nun nehmen wir an, dass eines der beiden Schwankungsquadrate nicht verschwindet,
etwa ΔA �= 0. Dann haben wir
�
�
�i [B, A]�2
�i [B, A]� 2
2
2
+ (ΔB) −
≥ 0
(ΔA) λ +
2 (ΔA)2
4 (ΔA)2
bzw.
(ΔA)
2
�
�i [B, A]�
λ+
2 (ΔA)2
�2
+ (ΔB)2 ≥
�i [B, A]�2
.
4 (ΔA)2
Diese Gleichung gilt für beliebige λ ∈ �. Wir können die linke Seite der Gleichung
möglichst klein machen, indem wir λ so wählen, dass die eckigen Klammern verschwinden. Dann ergibt sich
1
(4.33)
�i [B, A]�2 .
4
Da ΔA ≥ 0 und ΔB ≥ 0 und �i [B, A]� reell ist, finden wir die allgemeine Relation
für hermitesche Operatoren
(ΔA)2 (ΔB)2 ≥
(ΔA) · (ΔB) ≥
�
1 ��
�
� �[B, A]� � .
2
(4.34)
Dies ist die allgemeine Unschärferelation.
Beispiel (Heisenberg’sche Unschärferelation). Wähle etwa A = px und B =
x. Dann folgt aus (4.34) die Heisenberg’sche Unschärferelation
Δp · Δx ≥
�
.
2
(4.35)
78
4.4. UNSCHÄRFERELATION
Interpretation. Betrachten wir ein Teilchen, das sich
durch einen Spalt bewegt. Die Aussage, dass sich das
Teilchen durch den Ort bewegt, kann als Messung des
Ortes verstanden werden. Im Spalt ist die Ortsunschärfe
Δx durch die Breite des Spalts gegeben, dementsprechend hat man eine nicht–verschwindende Impulsunschärfe
Δp. Ein Teilchen, das sich durch einen engen Spalt bewegt, wird also abgelenkt, wobei Δp ein Maß für die
Unschärfe der Bewegungsrichtung ist.
Energie–Zeit–Unschärfe.
relation
ΔE · Δt ≥
Δx
Δp
Wir wollen das Analogon zur Heisenberg’sche Unschärfe-
�
2
begründen. Dazu muss man sich überlegen, wie man Zeit misst. Zeit wird durch
Änderung einer Beobachtungsgröße gemessen, etwa, indem man einen Sekundenzeiger
beobachtet, der um 6◦ springt. Nennen wir diese Größe Q. Aus dem Ehrenfest’schen
Theorem (4.26) wissen wir, dass für nicht explizit zeitabhänge Q
i
d
�Q� =
�[H, Q]� .
dt
�
Wir betrachten nun die allgemeine Unschärferelation (4.34) mit A = H und B = Q,
�
�
1
� �� d �Q� ��
ΔE · ΔQ ≥
.
|�[H, Q]�| =
2
2 � dt �
Wir definieren
ΔQ
�.
Δt := ��
�
d
�Q�
�
�
� dt �
Δt ist hierbei die Zeit, in der sich �Q� um eine Standardabweichung ändert, und
offenbar ein Maß dafür, wie genau man Zeit–Differenzen messen kann. Dies liefert uns
die sog. Energie–Zeit–Unschärfe–Relation
ΔE · Δt ≥
�
.
2
(4.36)
Anschaulich bedeutet das, dass man lange hinschauen“ muss, um Energien sehr genau
”
messen zu können.
79
4.5. EIGENWERTGLEICHUNGEN
Bemerkung: Die Energie–Zeit–Unschärfe–Relation (4.36) bedeutet nicht, dass Energie–
Erhaltung auf mikroskopischem Niveau notwendigerweise verletzt ist. Energie–Erhaltung
ist eine klassische Symmetrie, die aus der Zeit–Translationsinvarianz der Theorie folgt.
Sie wird nicht durch Quanteneffekte verletzt. (Allerdings gibt es in der allgemeinen
Relativitätstheorie keine Energie–Erhaltung in dieser Form.)
4.5
Eigenwertgleichungen
Die zeitunabhängige Schrödinger–Gleichung
H ψ(�r) = E ψ(�r)
kann man als Eigenwertgleichung verstehen, wobei E den Eigenwert von H bezeichnet
und ψ(x) die entsprechende Eigenfunktion ist. Solche Eigenwertgleichungen haben die
allgemeine Struktur
A ϕ(�r) = a ϕ(�r) ,
(4.37)
wobei ϕ ∈ F liegt. F ist ein allgemeiner Funktionenraum, wie zum Beispiel
eine Abbildung von F → F.
Theorem (Spektrum hermitescher Operatoren).
sitzen nur reelle Eigenwerte.
02 . A ist
Hermitesche Operatoren be-
Beweis. Siehe Übung.
Bemerkung: Die Umkehrung gilt i.A. nicht, wie man auch aus der linearen Algebra
weiss. Es gibt Matrizen A, die nicht diagonalisierbar sind, sich jedoch auf Jordan–
Normalform bringen lassen. Sind für solche Matrizen die Eigenwerte reell, sind sie
offenbar nicht hermitesch, A† �= A. Ist andererseits A diagonalisierbar mit reellen
Eigenwerten, ist A auch hermitesch, denn offenbar ist A dann in der Diagonal–Basis
hermitesch und die Aussage, ob eine Matrix hermitesch ist oder nicht, hängt nicht
von der Basis ab.
Theorem (Orthogonalität von Eigenfunktionen hermitescher Operatoren).
Eigenfunktionen hermitescher Operatoren zu verschiedenen Eigenwerten sind orthogonal.
Beweis. Betrachte ψm und ψn mit
A ψ m = am ψ m
und
A ψn = an ψ n .
80
4.5. EIGENWERTGLEICHUNGEN
Dann gilt
an (ψm , ψn ) = (ψm , A ψn ) = (A ψm , ψn ) = a∗m (ψm , ψn ) .
Nun sind die Eigenwerte reell, a∗m = am . Also
an (ψm , ψn ) = am (ψm , ψn ) .
Nun hat man zwei Möglichkeiten: Entweder ist am = an , was aber nach Voraussetzung
nicht möglich ist, oder
(ψm , ψn ) = 0 .
Also sind die Eigenfunktionen orthogonal.
Vollständigkeit. Sei {ψn }n≥1 ein Satz orthogonaler (Eigen-)Funktionen. Wir nehmen o.B.d.A. an, dass die ψn auch normiert sind, d.h.
(ψm , ψn ) = δmn .
(4.38)
{ψn }n≥1 heißt vollständig in einem Funktionenraum F, falls sich eine beliebige Funktion ϕ ∈ F als (unendliche) Linearkombination der ψn ausdrücken lässt,
ϕ(�r) =
�
cn ψn (�r)
cn ∈ � .
mit
n
(4.39)
Die Koeffizienten ergeben sich durch Projektion,
�
∗
d3 r ψ m
(�r) ϕ(�r) ,
cm = (ψm , ϕ) =
denn
�
d
3
∗
r ψm
(�r) ϕ(�r)
=
=
�
�
n
=
∗
d3 r ψ m
(�r)
�
cn
�
�
∗
(�r) ψn (�r)
d3 r ψ m
cn (ψm , ψn ) =
n
Aus dieser Relation folgt
�
n
cn ψn (�r)
n
�
cn δmn = cm .
n
ψn (�r) ψn∗ (�r � ) = δ (3) (�r − �r � ) ,
(4.40)
81
4.5. EIGENWERTGLEICHUNGEN
denn
�
d3 r �
�
ψn (�r) ψn∗ (�r � ) ϕ(�r � ) =
n
=
�
�n
cn ψn (�r) = ϕ(�r)
d3 r� δ(�r − �r � ) ϕ(�r � ) .
Theorem (Simultane Diagonalisierung). Zwei untereinander kommutierende
hermitesche Operatoren A und B besitzen einen gemeinsamen Satz von Eigenfunktionen.
Beweis. Wir setzen voraus, dass
Aψ = aψ ,
[A, B] = 0 .
Wir nehmen zunächst an, dass die Eigenfunktionen nicht entartet sind, d.h. ψ ist die
einzige Eigenfunktion zum Eigenwert a. Dann ist
B (A ψ) = A (B ψ) = a (B ψ) ,
d.h. B ψ ist Eigenfunktion zu A und damit ist B ψ proportional zu ψ. Folglich gibt
es ein b so dass B ψ = b ψ, d.h. ψ ist auch Eigenfunktion zu B.
Nun betrachten wir den Fall, dass die Eigenfunktionen entartet sind, d.h. es gibt
mehrere Eigenfunktion ψ1 , . . . ψr zum Eigenwert a. Das obige Argument sagt uns
nun, dass B ψi eine Linearkombination der ψi ist. Nun können wir im Raum der ψi
Eigenfunktionen B diagonalisieren, und der Satz ist bewiesen.
Quantenzahlen (Charakterisierung von Zuständen durch Eigenwerte). Seien A, B . . . ein Satz kommutierender hermitescher Operatoren. Dann kann man die
simultanen Eigenfunktionen ψab... , definiert durch
A ψab... = a ψab... ,
(4.41a)
B ψab... = b ψab... ,
..
.
(4.41b)
zur Beschreibung von physikalischen Zuständen verwenden. Die Eigenwerte a, b . . .
werden als Quantenzahlen bezeichnet.
Beispiel (Energieeigenzustände im Kastenpotential). In der Diskussion des
Potential–Kastens mit unendlich hohen Wänden hatten wir die Lösungen (3.40) gefunden,

1


 √ cos(qn x) f ür n = 0, 2, 4, . . . ,
a
ψn (x) =
1


 √ sin(qn x) f ür n = 1, 3, 5, . . . ,
a
82
4.5. EIGENWERTGLEICHUNGEN
wobei
qn =
�
n+1
2
�
π
.
a
Diese sind Eigenzustände sowohl zum Hamilton–Operator H als auch zum Paritäts–
Operator P , die beide kommutieren. Die entsprechenden Zustände sind also charakterisiert durch den Energie–Eigenwert (3.42)
�
�
�2
n + 1 2 π2
�2 qn2
=
En =
2m
2m
2
a2
und die Parität. In diesem Fall legt der Energie–Eigenwert bereits den Zustand fest,
i.A. ist dies jedoch nicht so, wie wir später sehen werden.
Aus der Mathematik ist der Begriff der Fourier–Reihe bekannt: Eine beliebige (stetige) Funktion ϕ auf einem Intervall I, etwa I = [−a, a], kann durch eine Fourier–Reihe
approximiert werden durch
ϕN (x) = a0 +
N
�
[an cos(n ω x) + bn sin(n ω x)]
(4.42)
n=1
mit ω = π/a. Diese ϕN konvergieren im Sinne der
sind gegeben durch die Projektionen
an =
bn =
1
a
1
a
�a
−a
�a
02 –Norm gegen ϕ. Die an und bn
dx cos (n ω x) ϕ(x) ,
(4.43a)
dx sin (n ω x) ϕ(x) .
(4.43b)
−a
M.a.W. die Sinus und Kosinus–Funktionen sind vollständig.
Wir betrachten Sinus und Kosinus–Funktionen mit einer doppelt so großen Frequenz, die erst recht vollständig sind, verwerfen jedoch Funktionen, die nicht bei
x = ±a verschwinden. Die Lösungen ψn (x) der Schrödinger–Gleichung sind dann
vollständig in dem Sinn, dass sich jede Funktion auf dem Intervall [−a, a], die bei
x = ±a verschwindet, nach den ψn entwickeln lässt — völlig analog zur Fourier–
Reihe. D.h. die Funktionenfolge
ϕN (x) =
N
�
cn ψn (x)
n=0
mit
cn =
�a
dx ψn∗ (x) ϕ(x)
−a
konvergiert gegen ϕ.
83
4.5. EIGENWERTGLEICHUNGEN
Implikationen und Interpretation. Die obigen Betrachtungen zeigen, dass die
stationären Zustände ψn , d.h. die Lösungen von
H ψn = En ψn ,
eine Basis für die Funktionen bilden. Beispielsweise im Potentialkasten bedeutet das,
dass eine beliebige Funktion ϕ auf dem Intervall [−a, a] mit ϕ(±a) = 0 durch die ψn
ausgedrückt werden kann,
ϕ(x) =
∞
�
cn ψn (x) .
n=0
Sei ein Zustand durch ϕ beschrieben. Nun wollen wir die Energie des Zustands messen.
Um das zu tun, müssen wir das System in irgend einer Weise beeinflussen; wie das
genau vor sich geht, werden wir uns später ansehen, wenn wir realistischere Systeme
untersuchen. Aber es soll bereits jetzt beschrieben werden, was passiert.
Es gibt nun drei Aussagen (bzw. Axiome), die wesentlich sind für die Interpretation
der Quantenmechanik:
1. Die Messung kann nur einen der diskreten Eigenwerte En liefern.
2. Die Wahrscheinlichkeit, En zu messen, ist durch |cn |2 gegeben.
3. Nach der Messung ist das System im Zustand ψn .
Wir werden alle Axiome der QM am Ende diese Kapitels zusammenstellen.
Beispiel (Übungsaufgabe 14).
tion
�
N · (a2 − x2 ) ,
ψ(x) =
0
Der Zustand, beschrieben durch die Wellenfunk|x| < a ,
sonst
kann durch die ψn ausgedrückt werden. Die erlaubt es uns, den Erwartungswert der
Energie zu bestimmen.
Zeitliche Entwicklung beliebiger Zustände in einer Dimension. Wir hatten
gesehen (siehe Gleichung (2.26)), dass für stationäre Systeme die zeitliche Entwicklung der Lösungen der Schrödinger–Gleichung, d.h. der Energie–Eigenzustände, durch
einen Phasen–Faktor gegeben ist,
�
�
i
Ψn (x, t) = ψn (x) exp − En t .
�
84
4.5. EIGENWERTGLEICHUNGEN
Betrachte nun eine (beliebige) Wellen–Funktion ϕ(x, t). Aufgrund der Vollständigkeit
der ψn können wir sie entwickeln,
ϕ(x, t)
=
=
�∞
−∞
�∞
dy δ(x − y) ϕ(y, t)
dy
−∞
=
�
n
=:
�
n


�
ψn (x) ψn∗ (y) ϕ(y, t)
n
�∞
−∞

dy ψn∗ (y) ϕ(y, t) · ψn (x)
cn (t) · ψn (x) .
Anwenden des Hamilton–Operators H liefert
�
�
H
cn (t) ψn (x) =
cn (t) En ψn (x)
n
n
= i�
�
�
En t
∂ �
cn (0) exp −i
ψn (x) .
∂t n
�
Wir sehen also, dass ϕ(y, t) eine Lösung der Schrödinger–Gleichung ist, falls für die
Koeffizienten
�
�
En t
cn (t) = cn (0) exp −i
�
gilt. Folglich ist die Zeitabhängigkeit von ϕ(x, t) gegeben durch
�
�
�
�
�
En t
�
exp −i
ϕ(x, t) =
(ψn , ϕ)�
ψn (x) .
�
�
n
t=0
M.a.W., für vorgegebenes ϕ(x, t = 0) erhält man die zeitabhängige Lösung der Schrödinger–
Gleichung durch Projektion auf die ψn und Einsetzen der (offensichtlichen) Zeitabhängigkeit der Energie–Eigenzustände.
�
�
Zeitentwicklungsoperator. Für zeitunabhängige H ist exp − �i H t der Zeitentwicklungsoperator (vgl. Übungen), d.h.
�
�
i
Ψ(�r, t) = exp − H t Ψ(�r, 0) .
(4.44)
�
löst die Schrödingergleichung
∂
Ψ(�r, t) = H Ψ(�r, t) .
∂t
�
�
exp − �i H t ist unitär und transportiert“ Ψ von der Zeit 0 zur Zeit t.
”
i�
85
(4.45)
4.5. EIGENWERTGLEICHUNGEN
Erhaltungsgrößen.
tion Ψ,
Betrachte einen zeitunabhängigen Operator A mit Eigenfunk-
Aψ = aΨ
(4.46)
zur Zeit t = 0. Der Hamilton–Operator H sei zeitunabhängig. Nun nehmen wir an,
dass A mit H kommutiert,
[A, H] = 0 .
(4.47)
Daraus folgt, dass A auch mit Funktionen des Hamilton–Operators kommutiert, insbesondere auch mit dem Zeitentwicklungsoperator,
�
�
��
i
A, exp − H t
= 0.
(4.48)
�
Damit ist
�
�
i
A Ψ(�r, t) = exp − H t A Ψ(�r, 0)
�
�
�
i
= exp − H t a Ψ(�r, 0)
�
= a Ψ(�r, t) .
(4.49)
Ψ ist also eine Eigenfunktion zu A für alle Zeiten t. Daraus folgt:
Falls A mit H kommutiert, beschreibt A eine Erhaltungsgröße.
Dieses Ergebnis hätten wir uns auch aus dem Ehrenfest’schen Theorem erschließen
können, denn für zeitunabhängige Operatoren A folgt aus (4.26), dass
d
i
�A� =
�[H, A]� = 0 .
dt
�
Matrix–Darstellung von Operatoren. Sei {ψn (�r)} ein vollständiges Orthonormalsystem (VONS), d.h. eine Basis von 02 –Funktionen mit den Eigenschaften
�
(4.50a)
d3 r ψn∗ (�r) ψm (�r) = δnm
und
�
n
ψn (�r) ψn∗ (�r � ) = δ (3) (�r − �r � ) .
(4.50b)
Sei weiter A ein Operator. Dann sind die Matrix–Elemente von A bezüglich der Basis
{ψn (�r)} gegeben durch (4.18),
�
∗
Amn =
d3 r ψ m
(�r) A ψn (�r) .
86
4.5. EIGENWERTGLEICHUNGEN
Ist A hermitesch, d.h. A† = A, so sind das auch die Matrix–Elemente,
A∗mn = Anm .
Falls ψn Eigenfunktionen zu A sind, d.h. A ψn = an ψn , dann ist die Matrix Amn
diagonal,
Amn = an δmn .
(4.51)
Beispiel (Impuls–Eigenfunktionen in einer Dimension).
funktionen ϕp mit der Eigenschaft
p ϕp (x) =
Wir suchen Eigen-
� d
!
ϕp (x) = p ϕp (x) .
i dx
Also ist
1
exp
ϕp (x) = √
2π �
�
ipx
�
�
.
(4.52)
Die ϕp werden nicht durch einen diskreten Parameter sondern durch den kontinuierlichen Impuls p parametrisiert. Die Orthonormalitätsrelationen für diese Funktionen
lauten
�∞
(ϕp , ϕq ) =
dx ϕ∗p (x) ϕq (x)
=
−∞
�∞
dx i (q−p) x
e�
2π �
−∞
= δ(p − q) .
(4.53)
Man spricht von der Kontinuumsnormierung der Impuls–Eigenfunktionen ϕp . In diesem Fall muss man in den Vollständigkeitsrelationen (4.39) und (4.40) die diskrete
Summe durch ein kontinuierliches Integral ersetzen. Die kontinuierliche Variante von
(4.40) ist
�
ϕp (x) ϕ∗p (y)
p
→
�∞
dp ϕ∗p (y) ϕp (x) .
−∞
Man rechnet leicht nach, dass
�∞
dp ϕ∗p (y) ϕp (x)
−∞
=
�∞
−∞
dp i p (x−y)
= δ(x − y) .
e�
2π �
Die kontinuierliche Variante der Vollständigkeitsrelation (4.39) lautet nun
ψ(x) =
�∞
−∞
dp (ϕp , ψ) ϕp (x) =:
�
(ϕp , ψ) ϕp (x) ,
p
87
(4.54)
4.6. DIRAC–SCHREIBWEISE UND HILBERT–RAUM
wobei
�∞
(ϕp , ψ) =
=
−∞
�∞
−∞
dx ϕ∗p (x) ψ(x)
i
dx
�
e− � p x ψ(x) = ψ(p)
(2π �)1/2
(4.55)
durch die Fourier–Transformierte von ψ gegeben ist. (4.39) bzw. in diesem konkreten
Fall (4.54) ist damit nichts als die Fourier–Rücktransformation.
Notation. Wir haben gesehen, dass die Vollständigkeitsrelationen sowohl für diskrete als auch kontinuierliche Parametrisierungen der (Eigen-)Funktionen formuliert
werden können. Um nicht immer in der Notation springen zu müssen, hat sich eingebürgert, die Vollständigkeitsrelationen so umzuschreiben, dass beide Fälle beinhaltet sind. (4.39) wird dann zu
ϕ(�r) =
�
�
cn ψn (�r) ,
(4.56)
n
wobei
�
�
n
 �

cn ψn (�r) ,


n
cn ψn (�r) =
�


 dn c(n) ψn (�r) ,
für n diskret ,
für n kontinuierlich .
Aus Relation (4.40) wird
�
�
ψn (x) ψn∗ (y) = δ(x − y) .
(4.57)
n
4.6
Dirac–Schreibweise und Hilbert–Raum
Im Folgenden geht es darum, die Diskussion in einer etwas abstrakteren Notation zu
führen.
4.6.1
Abstrakte Zustandsvektoren und Hilbert–Raum
Abstrakter Zustand. Abstrakte Zustände werden durch Ket–Vektoren |ψ� dargestellt. Diese Darstellung ist unabhängig von Koordinaten.
Eine besondere Rolle spielen die Energie–Eigenzustände |n�. Die stationäre Schrödinger–
Gleichung ist dann eine Eigenwert–Gleichung für |n�,
88
4.6. DIRAC–SCHREIBWEISE UND HILBERT–RAUM
H |n� = En |n� .
(4.58)
Hilbert–Raum. Die Zustände |ψ� sind Vektoren in einem (i.A. unendlich–dimensionalen)
Vektorraum, dem sog. Hilbert–Raum H. Ein Hilbert–Raum ist ein vollständiger Vektorraum mit Innenprodukt. Das Innenprodukt wird geschrieben als
|ψ� , |ϕ� �→ �ψ|ϕ� .
(4.59)
Dieses Innenprodukt hat alle Eigenschaften (4.9) des Skalarprodukts im Funktionenraum 02 , d.h.
(1) Konjugationssymmetrie
�ϕ|ψ�∗ = �ψ|ϕ� .
(4.60a)
(2) Linearität im zweiten Argument
�ϕ|c1 ψ1 + c2 ψ2 � = c1 �ϕ|ψ1 � + c2 �ϕ|ψ2 � .
(4.60b)
(3) aus (4.60a) und (4.60b) folgt, dass
�c1 ϕ1 + c2 ϕ2 |ψ� = c∗1 �ϕ1 |ψ� + c∗2 �ϕ2 , ψ� .
(4.60c)
(4) Positivität
�ψ|ψ� ≥ 0 ,
(4.60d)
4 Damit ist die
wobei das Gleichheitszeichen genau dann gilt, wenn |ψ� ≡ |0�.�
�ψ|ψ�.
Norm eines Hilbertraum–Vektors |ψ� erklärt durch � |ψ� � :=
Dies führt auf folgende Rechenregeln und Konventionen in H (mit a, b ∈ �):
(1) |ψ1 + ψ2 � = |ψ1 � + |ψ2 �;
(2) (a + b) |ψ� = a |ψ� + b |ψ�;
(3) �ψ|a ϕ� = a �ψ|ϕ�;
(4) �a ψ|ϕ� = a∗ �ψ|ϕ�.
4
|0� bezeichnet hier das neutrale Element bzgl. Addition in H. Später werden wir mit |0� den
Eigenzustand zur tiefsten Energie E0 bezeichnen; diese beiden Zustände sollen nicht verwechselt
werden.
89
4.6. DIRAC–SCHREIBWEISE UND HILBERT–RAUM
Dual–Raum. Wie in der linearen Algebra kann man einen zum Hilbert–Raum dualen Raum H∗ erklären, der die Linearformen enthält, d.h.
Dual–Raum = {lineare Abbildungen H →
�} .
Diese werden wie üblich über das Innenprodukt erklärt. Konkret assoziieren wir die
Linearformen mit den sog. Bra–Vektoren �ϕ|,
�ϕ| : |ψ� �→ �ϕ|ψ� ∈
�.
(4.61)
Bemerkung. Das Problem von vielen undendlichdimensionalen Vektorräumen, wie
z.B. 02 , ist, dass, im Gegensatz zum endlich–dimensionalen Fall, der Dual–Raum
nicht isomorph zum ursprünglichen Vektorraum ist (siehe z.B. [Cohen–Tannoudji 1,
S. 111 ff.]). Das hindert uns daran, abstrakte Hilbert–Raum–Zustände eins–zu–eins
mit 02 –Funktionen zu identifizieren. Wir werden das Problem weitestgehend ignorieren.
Impuls–Eigenzustände.
Die Impuls–Eigenzustände erfüllen
p |q� = q |q� .
Man assoziiert sie mit den Eigenfunktionen des Impulsoperators im Ortsraum (in
einer Dimension), die gegeben sind durch (siehe Gleichung (4.52))
ϕp (x) = √
ipx
1
e � .
2π �
Diese Eigenfunktionen entsprechen physikalischen Impuls–Eigenzuständen, die man
mit |p� bezeichnet,
ϕp (x) → |p� .
Das Innenprodukt im Hilbertraum wird dann über das Skalarprodukt im
�p|q� = (ϕp , ϕq ) .
02 erklärt,
(4.62)
Damit hat man
�p|ψ� = (ϕp , ψ)
�∞
=
dx ϕ∗p (x) ψ(x)
−∞
=
1
√
2π �
�∞
dx e−
ipx
�
ψ(x)
−∞
�
= ψ(p)
.
Die Projektion von |ψ� auf einen Impuls–Eigenzustand liefert also die Fourier–Transformierte
der Wellenfunktion im Ortsraum bzw. die Impulsverteilung.
90
4.6. DIRAC–SCHREIBWEISE UND HILBERT–RAUM
Orts–Eigenzustände. Analog zu (4.52) kann man die Eigenfunktionen zum Ortsoperators im Ortsraum bestimmen,
!
x ϕx� (x) = x ϕx� (x) = x� · ϕx� (x) ,
(4.63)
wobei x� ein Punkt im Ortsraum ist. Es gilt ϕx� ≡ 0 für x �= x� , demzufolge ist ϕx� (x)
proportional zu δ(x − x� ). Aufgrund der Normierung hat man also
ϕx� (x) = δ(x − x� ) .
(4.64)
Analog zur Diskussion der Impuls–Eigenzustände bezeichnen wir die (abstrakten)
Zustände mit |x� �. Sie erfüllen
x |x� � = x� |x� � .
Orthogonalität der Orts–Eigenzustände.
ϕx� (x) von |x� � erhalten wir
�
�∞
��
�x |x � =
=
dx ϕ∗x� (x) ϕx�� (x)
−∞
� ∞
−∞
Zwei Zustände
|x� �
Durch Einsetzen der Ortsdarstellung
dx δ(x − x� ) δ(x − x�� ) = δ(x� − x�� ) .
und |x�� � mit x� �= x�� sind also orthogonal.
Vollständigkeit der Orts–Eigenzustände. Es gilt
�
� ∞
�
∗
��
ϕx� (x) ϕx� (x ) =
dx δ(x − x� ) · δ(x�� − x� ) = δ(x − x�� ) .
−∞
x�
Also bilden die {|x� �} ein vollständiges Orthonormalsystem (VONS). Die {|p�} bilden
ebenfalls ein VONS.
Wir finden weiter, dass
�x� |ψ� = (ϕx� (x), ψ(x))
�∞
=
dx ϕ∗x� (x) ψ(x)
=
−∞
�∞
−∞
dx δ(x − x� ) ψ(x)
= ψ(x� ) .
Die Wellenfunktion ψ(x) am Ort x eines (abstrakten) Zustands |ψ� ergibt sich also
durch Projektion von |ψ� auf den Ortseigenzustand |x�,
ψ(x) = �x|ψ� .
(4.65)
91
4.6. DIRAC–SCHREIBWEISE UND HILBERT–RAUM
Dies ist die Ortsdarstellung des abstrakten Zustandes |ψ�. Entsprechend ist die Impulsdarstellung des abstrakten Zustandes |ψ� gegeben durch
�
ψ(p)
= �p|ψ� .
(4.66)
Damit haben wir
�x� |p� = (ϕx� , ϕp )
�∞
=
dx ϕ∗x� (x) ϕp (x)
=
−∞
�∞
−∞
=
4.6.2
√
dx δ(x − x� ) √
i
1
e�px
2π �
i
1
�
e � p x = ϕp (x� ) .
2π �
Operatoren im Hilbert–Raum
Bisher waren wir es gewohnt, Operatoren durch Differentialoperatoren, die auf Funktionen wirken, darzustellen. Durch den Übergang zu den abstrakten Zuständen |ψ�
werden Operatoren auch zu abstrakten Operatoren, etwa
�
�
d
→ H.
H x, p = − i �
dx
Abstrakte Operatoren bilden Elemente des Hilbert–Raums H auf andere Elemente
von H ab.
Lineare Operatoren im Hilbert–Raum.
A : |ψ� �→ A |ψ� =: |A ψ�
Sei A ein linearer Operator mit
∈H.
(4.67)
Linearität bedeutet, dass
A [a |ψ1 � + b |ψ2 �] = a A |ψ1 � + b A |ψ2 � = a |A ψ1 � + b |A ψ2 � .
(4.68)
Adjungierter Operator. Den zu A adjungierten Operator A† erklären wir über
� �
�
�
�ψ | A ϕ� = A† ψ � ϕ
(4.69)
für beliebige |ψ� und |ϕ�.5
5
Es genügt, die Beziehung (4.69) nur für |ψ� = |ϕ� zu fordern [Griffiths].
92
4.6. DIRAC–SCHREIBWEISE UND HILBERT–RAUM
Hermitesche Operatoren im Hilbert–Raum.
H † = H, d.h.
Hermitesche Operatoren H erfüllen
�ψ | H ϕ� = �H ψ | ϕ� .
(4.70)
Ein wichtiges Beispiel für einen hermiteschen Operator ist der Hamilton–Operator.
Eigenwerte und Eigenvektoren hermitescher Operatoren sind erklärt durch
H |n� = hn |n� .
(4.71)
Hermitesche Operatoren haben wichtige Eigenschaften:
(1) Die Erwartungswerte hn sind reell. Das folgt aus
hn = �n| H |n�
und
h∗n = (�n| H |n�)∗
= �n| H † |n�
= �n| H |n�
= hn .
Damit folgt auch, dass die Eigenwerte hermitescher Operatoren reell sind.
(2) Eigenzustände |m� und |n� zu verschiedenen Eigenwerten sind orthogonal.
(3) Die Eigenvektoren |n� von den meisten für die Quantenmechanik relevanten
hermiteschen Operatoren sind vollständig, d.h. jeder beliebige Zustand lässt
sich schreiben als
�
�
|n� �n|ψ� .
(4.72)
|ψ� =
n
Dies muss im Prinzip für die einzelnen Systeme explizit verifiziert werden und
ist i.A. nicht–trivial. Daraus folgt dann, dass {|n�} eine Basis ist.
Schreibweise. Man schreibt
�
�
|n� �n| .
� =
n
93
4.6. DIRAC–SCHREIBWEISE UND HILBERT–RAUM
Beispiel (Eigenzustände des Hamilton–Operators).
Eigenzustände des Hamilton–Operators |n�, d.h.
H |n� = En |n�
Wir betrachten nun die
(4.73)
mit �m|n� = δmn . Wir nehmen an, dass
�
|n� �n| = � ,
n
die {|n�} seien also vollständig; die {|n�} bilden also ein VONS. Aus dem abstrakten
|n� erhält man die Wellenfunktion durch Projektion,
ψn (x) = �x|ψn � = �x|n� .
Aufgrund der Vollständigkeit kann ein beliebiger Zustand |ψ� ∈ H durch die Energie–
Eigenzustände {|n�} ausgedrückt werden,
�
|ψ� =
cn |n� ,
(4.74a)
n
�ψ| =
�
n
c∗n �n| ,
(4.74b)
wobei cn = �n|ψ�. Es folgt
�
cn c∗n� �n� |n�
1 = �ψ|ψ� =
n,n�
=
�
cn c∗n� δnn�
n,n�
=
�
n
|cn |2 .
Die Normierungsbedingung der Zustände |ψ� übersetzt sich also in eine Bedingung
an die Absolut–Quadrate der Entwicklungskoeffizienten cn . |cn |2 gibt die Wahrscheinlichkeit an, im Zustand |ψ� die Energie En zu messen.
Matrix–Darstellung der Schrödinger–Gleichung. Ausgangspunkt ist der Hamilton Operator H eines nicht explizit zeitabhängig Systems. Die Lösungen des stationären Eigenwert–Problems sind durch die zeitunabhängige Schrödinger–Gleichung
H |ψα � = Eα |ψα �
(4.75)
bestimmt, wobei α einen Satz von Quantenzahlen darstellt.
Sei {|i�} eine beliebige (weitere) Basis von H. Dann können wir die |ψα � in |n�
entwickeln,
�
|ψα � =
ciα |i� mit ciα = �i|ψα � .
i
94
4.6. DIRAC–SCHREIBWEISE UND HILBERT–RAUM
Die Schrödinger–Gleichung (4.75) schreibt sich nun als
�
H |i� �i|ψα �
H |ψα � =
i
bzw. in Matrix–Schreibweise
�
�
�j| H |i� �i|ψα � = Eα
�j| H |ψα � =
ciα �j|i� .
� �� � � �� �
����
i
i
=: Hji = ciα
= δji
Dies führt auf die Matrix–Gleichung
�
[Hji − Eα δji ] ciα = 0
(4.76)
i
mit den Lösungsbedingungen
det(Hji − E δji ) = 0 .
(4.77)
Komponentenweise heißt das, dass

H01
H02
H03
H00 − E
 H10
H11 − E
H12
H13

 H20
H
H
−
E
H
21
22
23
det 
 H30
H
H
H
31
32
33 − E

..
..
..
..
.
.
.
.
...
...
...
...
..
.




 = 0.


Falls N die Dimension der Basis {|i�} ist, so ist Hji eine N × N Matrix und (4.76) ist
eine Gleichung N –ten Grades für E. Es ergeben sich also N Eigenwerte (Lösungen)
Eα , wobei noch Entartungen auftreten können, d.h. Eα = Eβ für α �= β.
von ciα . Dabei ergeben
Einsetzen der Eigenwerte Eα in (4.76) führt zur Bestimmung
�
c
|i�,
wodurch
man eine neue
sich die Eigenzustände (Eigenvektoren) |ψα � =
iα
i
Basis {|ψα �} erhält, bezüglich der H diagonal ist.
Die Lösung der Schrödinger–Gleichung als partielle Differentialgleichung ist ein Eigenwertproblem, welches in algebraischer Darstellung auf die Diagonalisierung der
Hamilton–Matrix zurückgeführt werden kann.
Beispiel (Eindimensionaler harmonischer Oszillator).
für den eindimensionalen harmonischen Oszillator ist
H = −
1
� 2 d2
+ m ω 2 x2 .
2m dx2 2
Der Hamilton–Operator
(4.78)
Damit lautet die Schrödinger–Gleichung (in Ortsdarstellung)
H ψn (x) = En ψn (x) .
(4.79)
Die ψn lassen sich explizit darstellen durch
�
�
� �
1 x2
x
,
ψn (x) = Nn exp − 2 · Hn
2 x0
x0
95
(4.80)
4.6. DIRAC–SCHREIBWEISE UND HILBERT–RAUM
�
�
wobei x0 =
m ω , die Nn Normierungs–Faktoren und Hn die Hermite–Polynome
bezeichnen. Die {ψn (x)} bilden ein VONS, d.h.
�
�n|m� = δnm ,
ψn (x) ψn∗ (x� )
n
(4.81a)
�
= δ(x − x ) .
(4.81b)
Die Matrix–Darstellung von H bezüglich {ψn (x)} ist damit
Hmn = �m| H |n�
�∞
∗
=
dx ψm
(x) H ψn (x) = En δmn
−∞




= 



0
0 ...
E0 0
0 ... 
0 E1 0

0
0 E2 0 . . . 
 = �ω

0
0
0 E3

..
..
..
..
.
.
.
.

1
2
 0

 0

 0

..
.
0
3
2
0
0
..
.
0
0
5
2
0
..
.

0 ...
0 ... 

0 ... 
 .
7


2
..
.
Wir hatten in Abschnitt 3.6.2 eine algebraische Lösung des harmonischen Oszillators
diskutiert. Mit den Operatoren
X =
x
x0
x0 =
�
wobei
und
�
mω
P =
and
p
,
p0
p0 =
�
,
x0
hatten wir Ab- bzw. Aufsteiger definiert,
a− =
a+ =
1
√ (X + i P ) =: a ,
2
1
√ (X − i P ) =: a† .
2
Die Umkehrungen sind (mit den neuen“ Operatoren a und a† )
”
�
1 � †
X = √ a +a ,
2
�
i � †
P = √ a −a .
2
Wesentlich ist, dass der Kommutator von a und a† nicht verschwindet,
�
�
a, a† = 1 .
96
4.6. DIRAC–SCHREIBWEISE UND HILBERT–RAUM
Wir haben weiterhin den Besetzungszahl–Operator
N = a† a
eingeführt, mit dem sich der Hamilton–Operator schreibt als
�
�
1
H = �ω N +
.
2
Die Lösungen der Schrödinger–Gleichung sind Eigenzustände von N . In der Dirac–
Schreibweise, die wir schon zuvor in Abschnitt 3.6.2 verwendet hatten, finden wir
also
N |n� = n |n� ,
�
�
1
� ω |n� .
H |n� =
n+
2
(4.82)
(4.83)
Die Operatoren a und a† vermitteln zwischen den |n�,
a |n� =
√
n |n − 1�
(n > 0) ,
(4.84a)
a |0� = 0 ,
√
a† |n� =
n + 1 |n + 1� .
(4.84b)
(4.84c)
Die Matrix–Darstellung von a und a† ist nun
√
√
(a)mn = �m| a |n� = n �m|n − 1� = n δm,n−1 ,
√
√
(a† )mn = �m| a† |n� = n + 1 �m|n + 1� = n + 1 δm,n+1 .
In Matrix–Schreibweise ist das
√

1 √0
0
0
 0 0
2

√0
 0 0
3
0
(a)mn = 
 0 0
0
0

..
..
..
.
.
.

0
0 0
√0
 1 0
0 0

√
 0
†
2
(a )mn = 
√0 0
 0
3 0
0

..
..
..
.
.
.
...
...
...
..
.
...
...
...
..
.
97




 ,






 .


(4.85a)
(4.85b)
(4.86a)
(4.86b)
4.6. DIRAC–SCHREIBWEISE UND HILBERT–RAUM
Dabei assoziieren wir die |n� zu den euklidischen Vektoren gemäß
 
 
0
1
 1 
 
 
|0� ↔  0  , |1� ↔  0  . . . ,
 
..
..
.
.
d.h.


0
 .. 
 . 
 
 0 

|n� ↔ 
 1 
 
 0 
 
..
.
(n + 1–te Stelle) .
Damit lautet die Matrix–Darstellung des Ortsoperators x
(x)mn = x0 (X)mn
�
��
x0 �
†
√
a+a
=
2
mn
√

1 √0
0 ...
0
√

�
2 √0 . . .
 1 √0
�
 0
2
0
3 ...
=
·
√
2m ω  0
3 0 ...
0

..
..
..
.. . .
.
.
.
.
.




 .


EnergieEigenzustände sind also offensichtlich keine Orts–Eigenzustände.
Die Wellenfunktion im Impulsraum erhält man durch Fourier–Transformation,
�
1
ψ�n (p) = √
2π �
Die ψ�n (p)
�
�∞
i
dx e− � p x ψn (x) .
−∞
bilden ebenfalls eine Basis mit
�ψ�m |ψ�n � =
�∞
−∞
∗
dp ψ�m
(p) ψ�n (p) = δmn
und damit ein vollständiges Orthonormalsystem (VONS). Es existieren also verschiedene, äquivalente Darstellungen der selben Zustände |n� mit den Quantenzahlen n.
98
4.7. AXIOME DER QUANTENMECHANIK
E






x












kontinuierlich
diskret
Abbildung 4.1: Allgemeiner Potentialtopf.
Allgemeines Bild. Im Allgemeinen werden die Probleme auf gemischte Spektra,
also Spektra mit diskreten und kontinuierlichen Spektralanteilen, führen. Bestrachte
z.B. einen allgemeinen Potentialtopf (Abbildung 4.6.2). Die Eigenfunktionen ψE (x)
des Hamiltons zum Eigenwert E bilden ein vollständiges Orthonormalsystem.6 Das
bedeutet, dass
 �
∗

ψE
(x) ψE (x� )
für E diskret




�
E

�
∗
�+E
ψE
(x) ψE (x� ) :=

∗


dE ψE
(x) ψE (x� )
für E kontinuierlich
E



−E
=
4.7
δ(x − x� ); .
(4.87)
Axiome der Quantenmechanik
I. Der quantenmechanische Zustand eines Systems wird durch einen Zustandsvektor in einem Hilbertraum, |Ψ� ∈ H, beschrieben.
II. Physikalische Messgrößen werden durch hermitesche Operatoren A dargestellt.
III. Erwartungswerte von Operatoren A im Zustand |Ψ� sind gegeben durch
�A� = �Ψ| A |Ψ� .
(4.88)
Diese beschreiben die Mittelwerte über viele Messungen der zu A assoziierten
Größe.
6
Wir werden später sehen, dass der Energie–Eigenwert E die Eigenzustände nicht notwendigerweise
vollständig charakterisiert. Die folgende Aussage muss dann entsprechend angepasst werden.
99
4.7. AXIOME DER QUANTENMECHANIK
IV. Die Zeitentwicklung eines Zustandes ist durch die Schrödinger–Gleichung
i�
∂
|Ψ(t)� = H |Ψ(t)�
∂t
(4.89)
mit dem Hamilton–Operator H gegeben. Falls H nicht explizit von der Zeit
abhängt, gilt
i
|Ψ(t)� = e− � E t |Ψ(t = 0)�
i
= e− � E t |ψ�
wobei |ψ� durch die stationäre Schrödinger–Gleichung
H |ψ� = E |ψ�
(4.90)
bestimmt ist.
V. Bei einer Messung der zu A assoziierten Größe mit dem Ergebnis a geht das
System in den Eigenzustand |a� über.
Interpretation.
Seien |n� Eigenzustände einer Observablen A mit
A |n� = an |n� .
Das System befinde sich im Zustand
�
�
|ψ� =
|n� �n|ψ� =
cn |n� .
n
n
Die Messung der zu A assoziierten Messgröße liefert einen Eigenwert an . Damit wissen
wir, dass sich das System nach der Messung im Zustand |n� befindet. Die Wahrscheinlichkeit den Messwert an zu finden ist also gleich der Wahrscheinlichkeit den Zustand
|n� zu finden,
P (an ) = | �n|ψ� |2 = |cn |2 .
Also ist die Wahrscheinlichkeit, den Messwert an zu erhalten |cn |2 . Nach der Messung
befindet sich das System im Zustand |n�, man spricht vom Kollaps“ der Wellen”
funktion. Ein wesentlicher Punkt ist, dass, gemäß der Diskussion auf Seite 86, ein
Eigenzustand von A unter der zeitlichen Entwicklung ein Eigenzustand bleibt, falls
A mit dem Hamilton–Operator H kommutiert. Das bedeutet, dass, falls die Messung der mit A assoziierten Observablen einen Wert a liefert und man die Messung
wiederholt, man wieder den Wert a erhält. D.h., durch die Messung kollabiert“ die
”
Wellenfunktion in eine Eigenfunktion von A und bleibt eine Eigenfunktion von A.
Der Messprozess ist ein Eingriff von außen“, also um eine Wechselwirkung mit der
”
Messapparatur, die nicht quantenmechanisch beschrieben wird. Hieraus resultiert eine
Asymmetrie in der Beschreibung, die viel Kopfzerbrechen bereiten kann.
Die Axiome der Quantenmechanik liefern gewissermassen ein Rezept, das es uns
erlaubt, Wahrscheinlichkeit–Aussagen für den Ausgang eines Experiments zu machen.
Eine sehr intuitive Interpretation der Quantenmechanik zu erhalten erweist sich als
schwieriger.
100
4.8. GUTE QUANTENZAHLEN
4.8
Gute Quantenzahlen
Im Allgemeinen werden wir mehrere Operatoren O i finden, die mit dem Hamilton–
Operator H und untereinander kommutieren,
[H, O i ] = 0 ,
[O i , O j ] = 0
(4.91a)
∀ i, j .
(4.91b)
Sei {O i }N
i=1 ein Satz solcher Operatoren. Wir können dann eine Basis des Hilbertraums
finden, die simultan Eigenzustände zu H und allen O i sind,
H |E, o1 , . . . oN � = E |E, o1 , . . . oN � ,
O i |E, o1 , . . . oN � = oi |E, o1 , . . . oN � .
(4.92a)
(4.92b)
Die Eigenschaft der Vollständigkeit muss im Prinzip Fall für Fall überprüft werden.
E und die oi bezeichnen dann einen Satz sog. guter Quantenzahlen, denn wir können
das System in dem Zustand |E, o1 , . . . oN � präparieren, so dass eine Messung der von
O i beschriebenen Größe die Eigenschaft, dass sich das System in einem Eigenzustand
zu O j befindet, nicht zerstört.
Haben wir es hingegen mit nicht–kommutierenden Operatoren, etwa A und B, zu
tun, dann ergibt sich folgendes Bild:
(1) Eine Messung der von A beschriebenen Größe mit dem Ergebnis a führt dazu,
dass das System in Zustand |a, . . .� befindet, wobei
A |a, . . .� = a |a, . . .� .
( . . .“ bezeichnet einen möglichen Satz von Eigenwerten von mit A kommutie”
renden Operatoren.)
(2) Wir können |a, . . .� in Eigenzuständen von B entwickeln,
|a, . . .� =
�
�
�b, . . .� |a, . . .� |b, . . .� � .
b
Eine Messung der von B beschriebenen Größe liefert mit der Wahrscheinlichkeit
| �b, . . .� |a, . . .� |2 den Wert b. Nach der Messung befindet sich das System im
Zustand
�
�
�
�a, . . . |b, . . .� � |a, . . .� .
|b, . . . � =
a
(3) Eine nun anschließende Messung der von A beschriebenen Größe liefert nun nur
noch mit einer Wahrscheinlichkeit | �a, . . . |b, . . .� � |2 den ursprünglichen Eigenwert a; im Allgemeinen ergibt sich ein neuer Messwert a� .
101
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