12.8 Ernährung bei akuten und chronischen Pankreaserkrankungen R. Koch und H. Zoller 1. Anatomie und Funktion der Bauchspeicheldrüse Das Pankreas ist ein etwa 14 –18 cm langes, 65 – 80 g schweres Organ, welches die Form eines flachen schmalen Keiles darstellt. Es liegt retroperitoneal, etwa in der Höhe des zweiten Lendenwirbels quergestellt nach links verjüngend. Das Pankreas ist von einem kapselähnlichen Bindegewebe umhüllt, das sich in den Drüsenkörper hinein fortsetzt und es in makroskopisch sichtbare Läppchen unterteilt. Man unterscheidet drei Teile, den Kopf, Körper und Schwanz. Der Pankreaskopf, Caput, ist der breiteste Teil des Organs und wird vom oberen Dünndarm, dem Duodenum, C-förmig begrenzt. Das Pankreas vereint zwei epitheliale Organe miteinander, eine exokrine Drüse, welche die wichtigste Verdauungsdrüse darstellt sowie eine endokrine Drüse, das Inselorgan. Im exokrinen Drüsenanteil, der den größten Teil des Organs ausmacht sind die endokrinen Anteile zu großen Zellballen vereint als Insel eingebettet. Täglich werden etwa 1000 – 2000 ml exokrines Pankreassekret produziert. Dieses Sekret ist besonders reich an Bicarbonaten, die im Dünndarm gemeinsam mit der Galle und alkalischen Darmdrüsensekreten den sauren Magensaft neutralisieren. Das Pankreassekret enthält zudem Proenzyme, also Vorstufen, der Eiweißverdauung, wie Trypsinogen, Chymotrypsinogen und Procarboxypeptidasen. Trypsinogen wird im Dünndarm durch die Enterokinase im Bürstensaum der Epithelien zu hochwirksamem Trypsin aktiviert, welches die übrigen Proenzyme aktiviert. Zudem beinhaltet das Pankreassekret Enzyme der Kohlehydratverdauung, wie die Pankreas-Amylase, sowie des Fettabbaus, die Pankreas-Lipase, und weitere Enzyme wie Prophospholipase A, Proelastase, Ribonuklease und Desoxyribonuklease. An die Darmschleimhaut gebundene Enterokinasen aktivieren Trypsinogen zu Trypsin, welches Peptidbindungen spaltet, sowie Procarboxypeptidasen zu Carboxypeptidasen, welche C-terminale Aminosäuren abspalten. Trypsin wiederum aktiviert Chymotrypsinogen zu Chymotrypsin und Proelastase zu Elastase sowie Prophospholipase A zu Phospholipase A. Die Elastase spaltet ebenfalls Peptidbindungen auf während die Phospholipase A von Lecithin Fettsäuren abspaltet und somit Lysolecithin bildet, welches Zellmembranen auflösen kann. Die Zusammensetzung des Pankreassekretes ändert sich mit der Zusammensetzung der Nahrung. Die Pankreassekretion wird, ähnlich wie die Magensekretion, zunächst auf nervösem Wege, in weiterer Folge dann durch den Füllungsreiz des Magens und schließlich mit dem Eintritt des Speisebreis in das Duodenum hormonell gesteuert. Die hormonell gesteuerte Pankreassekretion wird durch den anfangs noch sauren Duodenalinhalt in Gang gesetzt. Dieser veranlasst die endokrinen Zellen der Duodenalschleimhaut, Sekretin und Cholecystokinin (CCK) abzusondern. Sekretin aktiviert die Produktion eines alkalischen enzymarmen Sekretes indem es die Epithelien der kleinen Ausführungsgänge, die Wasser und Bicarbonat sezernieren anregt. Zudem wird auch die Gallensekretion angeregt. Cholecystokinin wirkt andererseits auf die Azinuszellen und veranlasst diese zur Ausscheidung eines enzymreichen Pankreassekretes. Der endokrine Anteil des Pankreas ist ½-2 Millionen mal kleiner als der exokrine Anteil. Er wird in etwa einhundert bis zu 200 µm große inselförmige Zellhaufen zusammengefasst. In diesen Zellen wird Insulin gebildet, welches dem Blutkreislauf über spezielle Gefäßverbindungen zwischen dem endokrinen und exokrinen Pankreas zugeführt wird. 235 Buch 1.indb 235 15.10.2009 11:12:05 Kap. 12.8 R. Koch und H. Zoller 2. Die akute Pankreatitis 2.1. Pathogenese der akuten Pankreatitis Eine akute Pankreatitis wird in etwa 55 % der Fälle durch einen mechanischen Verschluss der pankreassekret- und galleabführenden Gänge ausgelöst, welche dann als biliäre oder lithogene Pankreatitis bezeichnet wird. Meist liegt dabei ein Verschluss der Papilla Vateri, welche die an der Einmündungsstelle in das Duodenum bildet, durch einen Gallenstein vor. Diese Form der Pankreatitis unterscheidet sich vor allem in der Therapie von anderen Arten der Pankreatitis, da die Bergung des Gallensteines und somit die Beseitigung des Abflusshindernisses oberste Priorität hat. An zweiter Stelle in der Ätiologie der akuten Pankreatitis steht der Alkoholabusus, welcher bei etwa 35 % anzunehmen ist. Aber auch unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei diversen Medikamenten, wie zum Beispiel Immunosupressiva (Azathioprin), Diuretika, Betablocker, ACE-Hemmer, Methyldopa, Östrogene, Glukokortikoide, Antibiotika, Analgetika und viele mehr können eine auslösende Ursache darstellen. Seltenere Ursachen sind Autoimmunerkrankungen, Virusinfektionen, Duodenaldivertikel, Hypertriglyzeridämien, Hyperkalzämien, Bauchtraumen oder ein Pankreas divisum. 2.2. Einteilung der akuten Pankreatitis Die Einteilung bzw. Differenzierung der akuten Pankreatitis ist von entscheidender therapeutischer und vor allem prognostischer Bedeutung, weil die schwere, nekrotisierende Pankreatitis eine frühzeitige intensivmedizinische Überwachung und Therapie erfordert. Obwohl in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte in der Diagnostik möglich waren, blieb die frühe Prädiktion des Schweregrades bis heute unbefriedigend. Mehrere Scoring Systeme wurden und werden zur Einteilung der Pankreatitis verwendet. Der Ranson Score (siehe Tabelle 1) ist nunmehr über 20 Jahre alt und errechnet sich aus Tabelle 1. Ranson Score (Ranson, 1982) Bei Aufnahme nach 48 Stunden Alter > 55 Jahre 1 Punkt HämatokritAbfall > 10 % 1 Punkt Leukozyten > 16 000/mm3 1 Punkt Harnstoff-Anstieg > 5 mg/dl 1 Punkt LDH > 350 U/l 1 Punkt Calcium < 2 mmol/l 1 Punkt AST (GOT) > 250 U/l 1 Punkt PaO2 < 60 mm Hg 1 Punkt Glukose > 200 mg/dl 1 Punkt Basendefizit > 4 mmol/l 1 Punkt Flüssigkeitsbilanz > 6 l/48 h 1 Punkt Letalität der akuten Pankreatitis Beurteilung 0 – 2 Punkte: Letalität < 5 % 0 – 2 Punkte: milde Pankreatitis 3 – 4 Punkte: Letalität 15 – 20 % ≥ 3 Punkte: schwere Pankreatitis 5 – 6 Punkte: Letalität 40 % > 6 Punkte: Letalität > 99 % fünf Parametern bei Aufnahme des Patienten und sechs weiteren Parametern, die erst 48 h später bestimmt werden. Somit ist eine Risikoabschätzung frühestens nach zwei Tagen möglich (Ranson, 1982; Taylor et al., 2005). Der APACHE II-Score ist ein intensivmedizinischer Score, welcher sich aus Temperatur, arteriellem Mitteldruck, Herzfrequenz, Atemfrequenz, Oxygenierung, arteriellem pH-Wert, Serum-Natrium, Serum-Kalium, Serum-Krea­ tinin, Hämatokrit, Leukozyten und Glasgow Coma Scale in Verbindung mit dem Alter und den Vorerkrankungen des Patienten errechnet. Bei mehr als acht Punkten ist von einer schweren Pankreatitis auszugehen. Der Imrie Score (siehe Tabelle 2) beurteilt nach 48 h neben dem Alter ebenfalls Laborpa- 236 Buch 1.indb 236 15.10.2009 11:12:06 Ernährung bei akuten und chronischen Pankreaserkrankungen Tabelle 2. Imrie Score (Imrie, 2003) 2.3. Klinik der akuten Pankreatitis Bei Aufnahme Alter > 55 Jahre 1 Punkt nach 48 Stunden: Leukozyten > 15 000/mm3 1 Punkt Glukose > 200 mg/dl 1 Punkt Serum-Harnstoff 90 mg/dl 1 Punkt PaO2 < 60 mm Hg 1 Punkt Serum-Calcium < 2 mmol/l 1 Punkt Serum Albumin < 32 g/l 1 Punkt LDH > 600 U/l 1 Punkt GOT > 100 U/l 1 Punkt Beurteilung 0 – 2 Punkte: milde Pankreatitis > 3 Punkte: schwere Pankreatitis rameter wie Leukozyten, Glukose, Serum-Harnstoff, Serum-Calzium, Albumin, LDH, und GOT. Sind mindesten drei Werte erhöht, liegt eine schwere Pankreatitis vor (Imrie, 2003). Die Computertomographie erlaubt durch fehlende Kontrastmittelanreicherung Nekrosezonen zu identifizieren. Allerdings besitzt diese Untersuchung in der Akutphase nur einen untergeordneten Stellenwert. Eine während dieser Zeit angefertigte Aufnahme kann das spätere Ausmaß der Erkrankung nicht bildlich darstellen. Erst sieben Tage nach Schmerzbeginn besitz die Computertomographie eine ausreichende Aussagekraft (Balthazar et al., 1994). Einfachster Laborparameter mit hoher Aussagekraft ist das C-reaktive Protein (CRP). Eine Erhöhung des Wertes über 15 mg/dl spricht für eine schwere nekrotisierende Pankreatitis, Werte unter 15 mg/dl für eine milde Verlaufsform. Allerdings gilt auch für diesen Wert, dass er meist erst nach einigen Tagen ansteigt. Das Leitsymptom der akuten Pankreatitis ist der epigastrische Schmerz mit gürtelförmiger Ausstrahlung in den Rücken. Die Schmerzen sind oft sehr heftig und zum Teil auch anhaltend. Die Schmerzen können plötzlich und intensiv sein, oder als leichte Schmerzen beginnen und nach der Einnahme von Nahrung schlimmer werden. Bei der klinischen Untersuchung lassen sich die Schmerzen in 20 % auch im linken phrenicocostalen Winkel (Mallet-Guy‘sches Zeichen) oder am Rücken im linken costovertebralen Winkel (Mayo-Robson‘sches Zeichen) lokalisieren. Der Bauch kann geschwollen und sehr empfindlich sein. Charakteristisch sind in etwa 60 % der Fälle ein „Gummibauch“ , der durch Meteorismus und eine aufgrund der retroperitonealen Lage des Pankreas nur mäßige Abwehrspannung bedingt ist. Bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten, über 80 %, ist der Schmerz von Übelkeit und Erbrechen begleitet, welches stundenlang andauern kann. Abhängig vom Schweregrad der Erkrankung finden sich zudem Fieber (60 %), Herzrasen und Atemnot. Die typischen Hautveränderungen bei der schweren Pankreatitis sind livide oder bräunliche Verfärbungen periumbilikal (Cullen-Zeichen) oder in der Flankenregion (Grey-Turner-Zeichen), welche durch eine Einblutung in das Retroperitoneum entstehen. Diese Hautzeichen treten selten auf und sind prognostisch ungünstig. Bei 70 % der Patienten kann die Erkrankung von einem paralytischen (Sub)-Ileus begleitet werden. Ein klinisch frühes Zeichen hierfür ist das geblähte Abdomen der Patienten und der tympanitische Klopfschall über dem Colon transversum (Goblet-Guyot‘sches Zeichen) (Huber et al., 2007). 2.4. Diagnostik der akuten Pankreatitis Bei einer akuten Pankreatitis steigt die Serum-Lipase im Blut vier bis acht Stunden nach Schmerzbeginn an, erreicht ein Maximum nach etwa 24 Stunden und bleibt für 8 –14 Tage erhöht. 237 Buch 1.indb 237 15.10.2009 11:12:06 Kap. 12.8 R. Koch und H. Zoller Die diagnostische Sensitivität beträgt für die Methode nach Imamura 100 % bei einer Spezifität von 91 %. Bei einem Grenzwert von über dem dreifachen des Referenzbereiches kann sogar von einer Spezifität von über 99 % ausgegangen werden. Die Serum-Lipase ist in der Diagnostik der akuten Pankreatitis der Serum-Amylase an Sensitivität überlegen, eine zusätzliche Bestimmung der Serum-Amylase bringt keine weitere diagnostische Information. Der Lipase- oder Amylase-Spiegel ist jedoch kein verlässlicher Parameter für den Schweregrad der Pankreatitis (Bahrani et al., 2005; Matull et al., 2006; Ueda et al., 2007). Die Bestimmung des TrypsinogenActivation-Peptid (TAP) oder Trypsinogen-2 aus dem Harn spielen mehreren Studien zufolge eine zunehmende Rolle in der frühen Diagnostik der akuten Pankreatitis (Lempinen et al., 2003). Von Seiten der Bildgebung sind die konventionelle Sonographie, die Endosonographie, die Computertomographie (CT) sowie die MagnetResonanztomographie (MRT) zu nennen. Diese haben jedoch in der frühen Prognoseabschätzung nur einen untergeordneten Stellenwert. Allerdings spielen die bildgebenden Verfahren vor allem in der Klärung der Genese der akuten Pankreatitis und somit in der Beurteilung der Gallenwege eine wichtige Rolle. Aufgrund des fulminanten Verlaufs einer biliären Pankreatitis muss der Galle- und Pankreassekretaufstau innerhalb der ersten 72 Stunden nach Schmerzbeginn behoben und ein Abfluss des Sekrets wieder ermöglich werden. Eine unverzügliche Diagnosestellung ist daher oberstes Gebot um den Patienten der therapeutischen endoskopischen retrograden Cholangio- Pankreatikographie (ERCP) mit dem Ziel der Stein- und Sludgebergung innerhalb der ersten 72 Stunden zuführen zu können. Patienten bei denen keine Besserung der klinischen Symptome innerhalb von 6 –10 Tagen auftritt, brauchen eine Bildgebung mittels CT. Die dabei nachweisbaren Veränderungen können nach der Schweregradeinteilung von Balthazar klassifiziert werden (Balthazar et al., Tabelle 3. Schweregradeinteilung nach CT-morphologischen Veränderungen basierend auf Balthazar (Balthazar et al., 1994) CT Grad A Normales Pankreas 0 B Ödematöses Pankreas 1 C Ödematöses Pankreas plus milde extrapankreatische Veränderungen 2 D Schwere extrapankreatische Veränderungen einschliesslich einer Flüssigkeitsansammlung 3 E Mehrere oder extensive Flüssigkeitsansammlungen 4 Nekrose Keine 0 < 1/3 2 > 1/3, < 1/2 4 > 1/2 6 Schweregradeinteilung = CT Grad + Nekrose Score Komplikationsrate Mortalitätsrate 0 – 3 8 % 3 % 4 – 6 35 % 6 % 7–10 92 % 17 % 1994). Diese Einteilung dient zur Abschätzung des weiteren Verlaufs (siehe Tabelle 3). 2.5. Therapie der akuten Pankreatitis Eine adäquate Flüssigkeitszufuhr ist das Grund­element in der initialen Therapie der akuten Pankreatitis und dient zur Prävention von systemischen Komplikationen. Obwohl die Mehrzahl der Pankreatitiden mild verläuft und spontan abheilt, ist es sehr schwierig bereits in der Frühphase abzuschätzen, welcher Patient eine schwere Verlaufsform mit Komplikationen entwickelt. Es konnte gezeigt werden, dass eine frühe Sauerstoffgabe und ausreichende 238 Buch 1.indb 238 15.10.2009 11:12:07 Ernährung bei akuten und chronischen Pankreaserkrankungen Flüssigkeitszufuhr mit einer verringerten Mortalität vergesellschaftet sind (Buter et al., 2002; Johnson et al., 2004). Es sollte soviel Flüssigkeit intravenös zugeführt werden, dass die Harnausscheidung 0,5 ml/kg Körpergewicht/h nicht unterschreitet. Die Flüssigkeitszufuhr sollte mittels Zentralvenösem Druck (ZVD) überwacht werden (Toouli et al., 2002). Bis heute existiert keine spezifische Therapie für die akute Pankreatitis (Dervenis et al., 1999; Toouli et al., 2002). Trotz einiger anfänglich vielversprechender Ergebnisse bei der Anwendung von Antiproteasen wie Gabexat, antisekretorischer Substanzen wie Oktreotid und antiinflamatorischer Substanzen wie Lexipafant konnten diese Substanzen in großen randomisierten Studien jedoch nicht überzeugen (Büchler et al., 1993; Johnson et al., 2001; Uhl et al., 1999). Bei der milden Pankreatitis hat die prophylaktische antibiotische Therapie nur einen untergeordneten Stellenwert. Da jedoch Infektionen von Nekrosehöhlen eine der am meisten gefürchteten Komplikationen bei der schweren Pankreatitis darstellen und mit einer hohen Mortalität (40 %) vergesellschaftet sind, scheint eine prophylaktische antibiotische Therapie hier durchaus einen Sinn zu machen (Eatcock et al.,2000; Nakad et al., 1998; Oleynikow et al., 1998; Scolapio et al.,1999; Stabile et al., 1981). 2.6. Ernährung bei der akuten Pankreatitis Lange Zeit hinweg galt die strikte Nahrungskarenz und die ergänzende parenterale Ernährung als fundamental in der Therapie der akuten Pankreatitis, einer Erkrankung bei der es bis heute keine spezifische Therapie gibt. Die Ratio für diese Nahrungskarenz war, die Pankreassekretion zu minimieren und dadurch das Abheilen der Pankreatitis zu unterstützen. Ein Nachteil der Nahrungskarenz ist, dass infolge der Darmträgheit eine Transmigration der Darmbakterien mit nachfolgender Besiedelung der Nekrosehöhlen begünstigt werden kann. Eine Vielzahl meist kleiner Studien zeigte die Nachteile einer strikten Nahrungskarenz und belegte den Vorteil einer frühen enteralen Ernährung. Im Jahr 2005 wurden unter der Schirmherrschaft der Europäischen Gesellschaft für klinische Ernährung und Stoffwechsel (ESPEN) Leitlinien zur enteralen Ernährung unter anderem bei Pankreaserkrankungen festgelegt (Lochs et al., 2006; Meier et al., 2006; Schütz et al., 2006). Nach strukturierter Literatursuche wurde die Evidenz nach publizierten Standards bewertet. Auf dieser Grundlage wurden Empfehlungen erarbeitet, die dann in einer Konsensuskonferenz verabschiedet wurden (siehe Tabelle 4). Empfehlungsgrade A sind belegt durch schlüssige Literatur von guter Qualität (Evidenzgrad Ia, Ib), die mindestens eine randomisierte Studie enthalten. Grad B ist belegt durch gut durchgeführte, nicht randomisierte klinische Studien (Evidenzgrad IIa, IIb, III). Grad C ist belegt durch Berichte und Meinungen von Experten oder klinische Erfahrung anerkannter Autoritäten. Direkt anwendbare klinische Studien guter Qualität fehlen (Evidenzgrad IV). Bei der milden akuten Pankreatitis ist der klinische Verlauf meist unkompliziert. Diese Form der Pankreatitis hat nur einen minimalen Einfluss auf den Ernährungszustand und auf die Energiebilanz. Somit ist es nicht erforderlich innerhalb der ersten fünf bis sieben Tage mit einer enteralen Ernährung zu beginnen. Initial sollten lediglich Flüssigkeit und Elektrolyte parenteral substituiert werden. Sobald es dem Patienten von Seiten der Schmerzen wieder möglich ist, kann die orale Ernährung fortgeführt werden. Empfohlen wird eine kohlenhydrat- und proteinreiche jedoch fettarme Ernährung, wobei sich der Fettgehalt bei < 30 % der Gesamtenergiezufuhr bewegen soll. Sollte die orale Ernährung nach fünf bis sieben Tagen noch immer nicht möglich sein, wird eine enterale Ernährung empfohlen (Meier et al., 2006). Bei der schweren Pankreatitis konnte gezeigt werden, dass eine frühe enterale Ernährung den Verlauf positiv beeinflusst. Gegebenenfalls muss die enterale durch eine parenterale Ernährung 239 Buch 1.indb 239 15.10.2009 11:12:07 Kap. 12.8 R. Koch und H. Zoller Tabelle 4. ESPEN-Leitlinien für die enterale Ernährung bei akuter Pankreatitis (Meier et al., 2006) Empfehlungen Indikationen Milde akute Pankreatitis Grad Eine enterale Ernährung ist nicht erforderlich, wenn sich der Patient innerhalb von 5 –7 Tagen wieder wie gewohnt ernähren kann. B Eine enterale Ernährung innerhalb der ersten 5 –7 Tage hat keine positive Wirkung auf den Verlauf der Pankreatitis und ist daher nicht empfehlenswert. A Sollte die orale Nahrungsaufnahme wegen anhaltender Schmerzen mehr als 5 Tage nicht möglich sein, sollte eine Sondenernährung erwogen werden. C Schwere (nekrotisierende) Eine enterale Ernährung ist indiziert, sofern diese möglich ist. Pankreatitis A Die enterale Ernährung sollte bei Bedarf durch eine parenterale Ernährung ergänzt werden. C Auch bei einer schweren akuten Pankreatitis mit Komplikationen, wie Fisteln, Aszites oder Pseudozysten, kann eine Sondenernährung erfolgreich durchgeführt werden. C Eine Sondenernährung ist in der Mehrzahl der Patienten möglich, muss aber gegenenfalls durch eine parenterale Ernährung ergänzt werden. A Eine orale Ernährung (normale Kost oder Trinknahrung) kann schrittweise versucht werden, sobald sich eine Magenentleerungsstörung zurückgebildet hat. Vorausgesetzt, dass dies keine Schmerzen verursacht und die Komplikationen unter Kontrolle sind. Bei Verbesserung der oralen Nahrungsaufnahme kann die Sondenernährung stufenweise reduziert werden wenn. C Schwere Pankreatitis Eine kontinuierliche enterale Ernährung sollte bei allen Patienten durchgeführt werden, die diese tolerieren. C Applikationsweg Wenn eine gastrale Ernährung nicht toleriert wird, sollte ein jejunaler Zugang erwogen werden. C Im Falle einer chirurgischen Intervention soll die Anlage einer intraoperativen Jejunostomie zur postoperativen Sondenernährung in Betracht gezogen werden. C Beim Vorliegen einer Magenausgangsstenose sollte die Sondenspitze distal der Stenose im proximalen Jejunum liegen. Ist dies nicht möglich, sollte eine parenterale Ernährung erfolgen. C Niedermolekulare Lösungen können problemlos verwendet werden. A Standardnahrung kann verwendet werden, falls diese toleriert wird. C Durchführung Enterale Nahrung ergänzt werden. Besonders wichtig ist die frühe Ernährung, wenn mit der Erkrankung eine chronische Alkoholkrankheit und damit verbunden meist eine Unterernährung vergesellschaftet ist. Flüssigkeit und Elektrolyte sollten von Anfang an intravenös substituiert werden. Nach Expertenmeinung sollten Patienten mit einer schweren Pankreatitis bereits früh mittels einer jejunalen Sonde enteral ernährt werden. Vorteil der jejunalen Sonden-Ernährung gegenüber der gastralen Sonden-Ernährung oder oralen Ernährung ist, dass es dadurch zu einer geringeren Simulation der Pankreassekretion kommt. Die gastrale Sonden-Ernährung wird jedoch ebenfalls als sicher angesehen, da zwischen den beiden enteralen Ernährungsformen nur margi- 240 Buch 1.indb 240 15.10.2009 11:12:07 Ernährung bei akuten und chronischen Pankreaserkrankungen nale Unterschiede in punkto Schmerz, Analgetikabedarf, CRP-Anstieg und klinischen Outcome zu beobachten waren (Eatcock et al., 2000). Häufig erschwert oder limitiert jedoch eine Magenentleerungsstörung oder eine Magenausgangsstenose die Anwendung einer gastralen Sonde. Eine enterale Ernährung ist auch bei Aszites, pankreatischen Pseudozyten sowie pankreatischen Fisteln möglich (Meier et al., 2006). Bei Gabe von glutaminhältiger Sondennahrung konnte in einer kleinen Studie ein positiver Effekt auf den Krankheitsverlauf nachgewiesen werden (Hallay et al., 2001). Eine weitere Studie zeigte ein geringeres Auftreten von septischen Komplikationen bei der Verwendung von Probiotika (Oláh et al., 2002). In einer weiteren Studie wurde bei Patienten mit akuter Pankreatitis eine Selendefizit nachgewiesen, und eine Selengabe führte zu einem günstigeren Krankheitsverlauf (Kuklinski et al., 1995). Diese Beobachtungen sind zwar bemerkenswert, jedoch nicht die Grundlage für generelle Empfehlungen, solange diese Erkenntnisse nicht in größeren Studien bestätigt wurden. 3. Die chronische Pankreatitis 3.1. Pathogenese der chronischen Pankreatitis Die Ursachen chronischer Entzündungen der Bauchspeicheldrüsen sind heterogen und in der TIGAR-O Klassifikation zusammengefasst. T Toxisch (Alkohol, Medikamente, Skorpiongifte) I Idioathothisch (ca. 30 %) G Genetisch (Genmutationen im TrypsinogenGen (PRSS), Protease-Inhibitoren (SPINK2) oder Cystischen-Fibrosegen CFTR)) A Autoimmun (assoziiiert mit ANA, IgG4 Erhöhung) R Rekurrent akut O Obstriktiv (Gallensteinleiden, Pankreas divisum) Im Gegensatz zur akuten Pankreatitis kann sich bei der chronischen Pankreaitis aus meist ungeklärter Ursache die Funktion des exokrinen Pankreas nach der akuten Entzündung nicht vollständig erholen und es kommt zu einer chronisch-entzündlichen Infiltration des Organs und seiner Umgebung, welche sich insbesondere entlang der Nervenscheiden ausbreitet. Darüber hinaus sind eine Fibrose der Bauchspeicheldrüse und Verkalkungen strukturelle Merkmale einer chronischen Pankreatitis. Pathogenetisch ist unklar, ob es bei der Verkalkung im Rahmen chronischer Pankreatitiden zu einer verminderten Sekretion von ‚Pankreatischem-Stein-Protein‘ kommt, was eine Prezipitation von Kalzium und anderen Sekretionsprodukten in kleinen Ausführungsgängen des Pankreas bewirkt. Bei der alkoholischen Pankreatitis erfolgt wahrscheinlich eine direkt toxische Schädigung durch Alkohol. Im Gegensatz zur akuten Pankreatitis gibt es bei der chronischen Pankreatitis keine direkte Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen Alkohol und der Organschädigung. Da nur etwa 10 % der chronisch alkoholkranken Patienten eine Pankreatitis entwickeln, müssen auch andere bislang nicht bekannte Mechanismen eine Rolle spielen. Die Hypothese, dass eine akute alkoholische Pankreatitis in jedem Fall eine chronische Pankreatitis zur Folge hat, ist nicht haltbar. Bei chronischer Abflussbehinderung aus dem Pankreas im Rahmen einer Cystischen Fibrose oder bei Pankreasgangobstruktion kommt es durch den chronischen Rückstau zur Entwicklung einer chronischen Pankreatitis. 3.2. Klinik der chronischen Pankreatitis Das Leitsymptom bei einem Schub einer chronischen Pankreatitis ist in über 90 % der Fälle der gürtelförmige Oberbauchschmerz, der nach beiden Seiten bis in den Rücken ausstrahlen kann. Häufig korreliert der Schmerz mit der Nahrungsaufnahme. Die Schmerzen treten unabhängig davon auf, wie sehr die Pankreasfunktion be241 Buch 1.indb 241 15.10.2009 11:12:08 Kap. 12.8 R. Koch und H. Zoller einträchtigt ist. Auch besteht kein Zusammenhang zwischen dem Schmerzausmaß und dem Ausmaß der strukturellen Veränderungen des Pankreas, wie Verkalkungen oder Veränderungen des Gangsystems. Der Mangel an Pankreasenzymen macht sich in weiterer Folge durch Fettstühle (Steatorrhö) , Gewichtsabnahme, Meteorismus und Diarrhoe bemerkbar. Diese Symptome der Maldigestion treten jedoch erst auf, wenn die exokrine Pankreasfunktion auf unter 10 % abgesunken ist. Eine pathologische Glukosetoleranz findet man bei 40 – 90 % aller Fälle einer schweren Pankreasinsuffizienz, jedoch ist ein echter pankreatopriver Diabetes mellitus Typ 3 als Folge einer chronischen Pankreatitis selten. Bei etwa 20 – 30 % der Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung manifestiert sich ein Diabetes mellitus (Havala et al., 1989; Holt, 1993; Latifi et al., 1991). Als Komplikationen einer chronischen Pankreatitis finden sich häufig pankreatische Pseudozysten. Diese können aufgrund ihrer Größe sowie Lokalisation Schmerzen auslösen. Zudem kann die Milzvene oder die Pfortader thrombosieren, was häufig eine meist linksseitige portale Hypertension nach sich zieht. Eine portale Hypertension wiederum kann gastrointestinale Blutungen begünstigen (Kakizaki et al., 2005). Durch den kontinuierlichen entzündlichen Prozess können verschiedenste Veränderungen im Pankreasgang auftreten. Die Veränderungen können entzündliche oder narbige Stenosen sowie Verkalkungen im Pankreasgang, sogenannte Pankreolithen sein (Testoni, 2007). 3.3. Diagnostik der chronischen Pankreatitis Von laborchemischer Seite findet sich im Schub einer chronischen Pankreatitis eine Erhöhung der Pankreasenzyme wie Serum-Lipase und Serum-Amylase. Bleiben die Pankreasenzyme jedoch im Normbereich, kann eine chronische Pankreatitis nicht ausgeschlossen werden. Der Goldstandard in der Diagnostik der exokrinen Pankreasinsuffizienz ist der SekretinPankreozymin-Test. Dabei wird mit intravenösem Sekretin die Wasser- und Bikarbonatsekretion stimuliert und mittels Duodenalsonde fraktioniert gemessen. In weiterer Folge wird das Pankreas mit Pankreozymin stimuliert und die Menge an Amylase, Lipase, Trypsin und Chymotrypsin bestimmt. Diese empfindliche jedoch aufwendige, invasive Untersuchung wird nun an wenigen Zentren durchgeführt, und ist damit nur limitiert im klinischen Alltag einsetzbar (Steinet al., 1993). Ein weiterer Test zur Bestimmung der exokrinen Pankreasfunktion ist der Fluorescein-Dilaurat-Test auch als Pankreolauryl-Test bezeichnet. Hierbei wird oral appliziertes Fluorescein-Dilaurat durch die pankreasspezifische Arylesterase gespalten. Das abgespaltene Fluorescein wird resorbiert und letztendlich renal ausgeschieden. Somit korrelieren die Fluoresceinspiegel im Harn mit der Arylesterasesekretion des Pankreas (Elphick et al., 2005). Die einfachste Methode zum Nachweis einer Pankreasinsuffizienz ist die Bestimmung der pankreatischen Elastase 1 aus dem Stuhl. Diese ist eine pankreasspezifische Protease, die im Gegensatz zu Chymotrypsin und Trypsin während der Darmpassage nicht inaktiviert wird. Der Stuhl nimmt die im Laufe eines Tages während der basalen und der durch Nahrungsaufnahme stimulierten Pankreassekretion abgegebene Elastase auf. Die Menge der im Stuhl bestimmten Pankreaselastase ist daher ein Maß für die exokrine Pankreasfunktion (Scheefers-Borchel et al., 1992). Eine normale exokrine Pankreasfunktion ist gekennzeichnet von Pankreaselastase Werten >200 μg/g Stuhl. Eine leichte Pankreasinsuffizienz zeigt Werte von 100 – 200 μg/g und eine schwere Werte < 100 μg/g. Die Konzentration von Pankreaselastase im Stuhl korrelliert mit den Befunden des Sekretin-PankreozyminTests (Walkowiak et al., 1999). Wegen der Spezifität der Methode kann auch unter Substitution mit Pankreasenzymen die exokrine Pankreas- 242 Buch 1.indb 242 15.10.2009 11:12:08 Ernährung bei akuten und chronischen Pankreaserkrankungen funktion durch Bestimmung von Pankreaselastase im Stuhl beurteilt werden. Als bildgebende Verfahren sind wie auch bei der akuten Pankreatitis die konventionelle Sonographie, die Endosonographie, die Computertomographie (CT) sowie die Magnet-Resonanztomographie (MRT) zu nennen. Die Endosonographie eignet sich auch optimal zum Nachweis von pankreatischen Pseudozysten, da diese anschließend minimal invasiv endoskopisch drainiert werden können. Gallen- sowie Pankreasgangabnormalitäten lassen sich mittels MRCP und ERCP dargestellen. Beim Nachweis von Stenosen in Gallen- sowie Pankreasgang können diese im Rahmen einer ERCP aufgedehnt und anschließend mittels Plastikstent versorgt werden. 3.4. Therapie der chronischen Pankreatitis Die Therapie der chronischen Pankreatitis ist, wie auch bei der akuten Pankreatitis die Beseitigung der auslösenden Ursache sowie der, nach langem Verlauf auftretenden Komplikationen. Nachdem die chronische Pankreatitis meist durch abdominelle Schmerzen domiert wird, ist eine adäquate Schmerztherapie oberstes Ziel. Ein weiterer wichtiger Parameter in der Therapie der chronischen Pankreatitis ist die Behandlung der Maldigestion sowie eine richtige Ernährungstherapie. 3.5. Ernährung bei der chronischen Pankreatitis Eine chronische Pankreatitis ist vor allem in der Endphase durch eine ausgeprägte Unterernährung gekennzeichnet. Das Ausmaß dieser Unterernährung bestimmt die Prognose (Meier et al., 2006). Aus diesem Grund ist die adäquate Ernährungstherapie eine Hauptaufgabe in der Behandlung der chronischen Pankreatitis. Da in 60 –70 % der Fälle ein chronischer Alkoholkonsum für die Erkrankung verantwortlich ist, ist eine Alkoholkarenz notwendig (Steer et al., 1995). Ein weiterer wichtiger Punkt ist die optimale Schmerzkontrolle. Da häufig postprandiale Schmerzen auftreten können, welche das Essverhalten zudem noch negativ beeinflussen können, sollte die Schmerzmedikation vor dem Essen verabreicht werden. Mit diesen Maßnahmen alleine kann der Ernährungsstatus meist schon verbessert werden. Eine exokrine Pankreasinsuffizienz präsentiert sich durch eine Steatorrhö, wobei der Fettgehalt im Stuhl 7 g pro Tag überschreitet. Bereits durch eine Reduktion der Fettaufnahme auf unter 0,5 g Fett/kg Körpergewicht/Tag ist eine teilweise Reduzierung der Steatorrhö möglich. Die wichtigste Maßnahme ist jedoch bei normalem Fettgehalt in der Nahrung (ca. 30 % der Gesamtkalorienzufuhr) die Substitution von Pankreasenzymen. Mehr als 80 % aller Patienten mit chronischer Pankreatitis können mit dieser Substitution suffizient behandelt werden. Neben der Substitution von Pankreasenzymen ist eine Ernährungsberatung des Patienten notwendig (DiMagno, 1979). Es wird empfohlen häufig kleine Mahlzeiten zu verabreichen, wobei die Nahrung hauptsächlich auf Kohlenhydraten und Proteinen basieren sollte. Eine Proteinzufuhr von 1,0 –1,5 g/kg Körpergewicht ist ausreichend und wird gut toleriert. Der Fettgehalt der Nahrung kann bei etwa 30 % liegen, wobei pflanzlichen Fetten der Vorzug zu geben ist. Wenn unter diesen Maßnahmen die Steatorrhö persistiert und keine Gewichtszunahme zu verzeichnen ist, sollten mittelkettige Triglyzeride (MCT) verabreicht werden (Caliari et al., 1996; Scolapio et al., 1999). MCT bestehen aus 8 bis 12 Kohlenstoffatomen und kommen natürlicherweise in der Muttermilch, Kuhmilch und der Milch anderer Säugetiere vor. Die Fettsäuren der MCT zeichnen sich dadurch aus, dass sie wesentlich besser in Wasser löslich sind als Fette, die aus langkettigen Fettsäuren bestehen. Folglich sind zur Verdauung der MCT lediglich geringe Mengen an Lipase notwendig. Es gibt sogar Anzeichen, dass der Konsum von MCT den postprandialen Schmerz vermindern kann 243 Buch 1.indb 243 15.10.2009 11:12:09 Kap. 12.8 R. Koch und H. Zoller Tabelle 5. ESPEN-Leitlinien für die enterale Ernährung bei chronischer Pankreatitis (Meier et al., 2006) Empfehlungen Grad Allgemeines Eine geeignete Ernährungs- sowie Schmerztherapie kann den Ernährungszustand positiv beeinflussen. Die Kalorienzufuhr soll nach Verringerung der postprandialen Schmerzen erhöht werden. C Indikationen Chronische Pankreatitis Mehr als 80 % der Patienten können ausreichend mit oraler Kost und der Supplementierung von Pankreasenzymen behandelt werden. B 10 –15 % der Patienten benötigen Trinknahrungen. C Bei etwa 5 % der Patienten mit chronischer Pankreatitis ist eine Sondenernährung notwendig. C Duodenalstenose C Spezifische Kontraindikationen (Shea et al., 2003). Allerdings haben MCT eine geringere Energiedichte (8,3 kcal/g), schmecken nicht sehr gut und können unerwünschte Wirkungen wie Bauchschmerzen Übelkeit und Diarrhoe hervorrufen. Die Ernährung sollte zudem weniger Ballaststoffe enthalten, da diese Vitamine binden und somit einen Vitaminmangel begünstigen können. Aufgrund der schlechten Fettverdauung kommt es häufig zu einem Mangel an fettlöslichen Vitaminen, wie Vitamin A, D, E und K. Diese Vitamine sollten regelmäßig substituiert werden (Havala et al., 1989). Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen Präparaten, die Pankreasenzyme in unterschiedlichen Dosierungen und Präparationen enthalten. Die konventionellen Enzympräparate bestehen meist aus Extrakten von Schweine- oder Rinderpankreas. Diese sind im sauren Milieu des Magens nicht stabil und bedürfen der Zugabe von Säure blockierenden Arzneistoffen wie H2Blockern oder Protonenpumpenblockern oder von Säure neutralisierenden Substanzen (Antazida) um ihre optimale Wirkung zu entfalten. Speziell verkapselte Enzympräparate verlegen den Auflösungsort in das alkalische Milieu des Duodenums und gewährleisten so die Stabilität der Enzyme. Die Wirksamkeit dieser Präparate wird entscheidend von der Partikelgröße bestimmt. Mikrokapseln, die größer als 2 µm sind, werden möglicherweise getrennt vom Chymus aus dem Magen entleert. Ein erfolgversprechender Ansatz liegt im Einsatz säurefester Lipasen, welche sich aus Pilzspezies oder gentechnologisch gewinnen lassen. Ihre Aktivität ist sowohl im sauren wie auch im alkalischen Milieu gegeben, allerdings ist ein Aktivitätsverlust durch Gallensäuren, welche im Duodenum vorkommen, beschrieben (Heijerman et al., 1991; Regan et al., 1977). Eine enterale Ernährung ist nur dann notwendig, wenn trotz aller Maßnahmen keine ausreichende Kalorienzufuhr möglich ist. Für eine Langzeiternährung sollte eine perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) mit einer jejunalen Sonde überlegt werden. Literaturverzeichnis Al-Bahrani AZ, Ammori BJ (2005) Clinical laboratory assessment of acute pancreatitis. Clin Chim Acta 362(1– 2): 26 – 48 Balthazar EJ, Freeny PC, van Sonnenberg E (1994) Imaging and intervention in acute pancreatitis. Radiology 193: 297– 306 Büchler M, Malfertheiner P, Uhl W, Schölmerich J, Stöckmann F, Adler G, Gaus W, Rolle K, Beger HG (1993) Gabexate mesilate in human acute pancreatitis. German Pancreatitis Study Group. 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