Narziss im Supermarkt? Konsumgesellschaft zu Beginn des 21. Jahrhunderts Konsum im Visier der Wissenschaft Soziologie Literatur: Wiswede, G.: Konsumsoziologie –eine vergessene Disziplin. In: Rosenkranz,D.: Schneider,F. (Hg): Konsum. Opladen 2000, S. 23-72 Referat von Christina Fink und Miriam Gerkens Konsumsoziologie Entwicklung der Konsumsoziologie: - Soziologische Konsumforschung stark zersplittert, relativ spät entwickelt, wenig theoretisch-empirische Bezugsorientierung. Bis heute hat sie noch keine klaren Konturen. - 50er Jahre: es gab viele historisch-morphologische Analysen über die Wohlstandsgesellschaft. Namen: Riesman, Schulze, Featherstone. - 60er Jahre: empirisch gehaltvolle Untersuchungen verfasst in den Lehrbüchern „consumer research“. Aber: Themenstellung einseitig auf Marketing orientiert. Namen: Engel, Zaltman, Wiswede. - 70er Jahre: Blütezeit der Konsumsoziologie. Arbeiten blieben aber folgenlos, da kein eigenständiger Bereich. Konsumsoziologie als „vergessene Disziplin“. Namen: Hörning, Hillman, Wiswede, Scheuch, Scherhorn. - 80er und 90er Jahre: zweite Blütezeit. Wiederaufleben der Konsumsoziologie. Konsumkultur (verschiedene Sinngebungen). Viele Lebensstilkonzepte von Soziologen werden über Konsumstile definiert. Sozialhistorische Entwicklungslinien der Konsumgesellschaft: - Den Konsumenten, wie er heute existiert, gibt es noch nicht so lange. Das unterschiedliche Konsumverhalten ist auf die unterschiedlichen Lebensbedingungen und kulturellen Bedingungen zurückzuführen. - Es gibt drei Entwicklungsphasen: 1. Die Traditionskultur: Konsum dient der Existenzsicherung. 2. Die Arbeitskultur: Arbeit wird zur Lebenserfüllung. Konsum, Vergnügen, Spiel wird zur Nebensache. 3. Die Konsumkultur: Im Zeitalter des Spätkapitalismus. Der wechselseitige ansteckende Prozess zwischen Produktion und Konsum muss in Gang gehalten werden (nach Habermas). à Die Tendenz der Beliebigkeit hat den Begriff der Konsumkultur für die Vertreter der Soziologie hoffähig gemacht. Vor allem britische Soziologen haben zentrale Gedanken von Baudrillar aufgegriffen. Auch hier wird Konsum zur dominanten Charakteristik zeitgenössischer Kultur. Konsum: sämtliche Verhaltensweisen, die auf die Erlangung und private Nutzung wirtschaftlicher Güter und Dienstleistungen gerichtet sind. Verstanden als Prozess. Konsum und Konsumverhalten als genetische Abfolge verschiedener Stadien. Konsum heute: heute eher Wahl- oder Wunschkonsum, nur ein geringer Anteil der Konsumgüter ist für den Lebensnotwendigen Bedarf bestimmt. Die Funktionalität und der Grundnutzen tritt zurück. Güter werden mit sozialer und psychischer Symbolik beladen und dienen dem persönlichen Ausdruck der Lebensstile. - Signalwirkungen der Konsumgüter: 1. Die Expressionsfunktion: Personen wollen ein bestimmtes Selbstwertgefühl zum Ausdruck bringen. 2. Die Kompetenzfunktion: ist mit der Kontrollüberzeugung verbunden, Konsumgüter entsprechend nutzen zu können. 3. Die Positionsfunktion: Dient der Wahrung und Erreichung der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht, Berufsgruppe, Bezugsgruppe. Dies geschieht durch Homogenisierung und Anpassung an Normen und Werte der entsprechenden Gruppe. Dient auch zur Abhebung von anderen Gruppen, denen man nicht angehören möchte. – Anpassung nach innen, Abhebung nach außen. Was ist sozial am Konsum? : soziale Ausrichtung des Konsums/ soziale Hinwendung und Orientierung. Konsumverhalten im Sinne Max Webers: Konsumverhalten ist komparativ und normativ an anderen Personen/ Gruppen orientiert. Hauptprobleme der Konsumsoziologie: - Soziale Bedingungen des Konsumverhaltens - Zusammenhänge zwischen Konsumverhalten und Sozialstruktur - Position des Konsumenten auf dem Markt - Die signalisierende und symbolisch artikulierte Funktion des Konsums (Zugang für Lebensstile) - Aspekte der Konsumgesellschaft, Ablösung arbeitsorientierter Entwicklungsphasen, Prioritäten, Wertewandel, Güterstrukturen, Sättigung. Soziale Grundlagen des Konsumentenverhaltens Konsumentensozialisation: Übernahme bestimmter Konsum-Muster im Rahmen von Lernprozessen. - Vermittlung zentraler Werte, Normen und Einstellungen in der Herkunftsfamilie. - Intrafamiliale Kommunikation: Vorlieben für Produkte, Marken. Aufbau personaler und sozialer Identität Eltern bestimmen instrumentellen Aspekt des Konsumverhaltens. - Prägender Einfluss von Bezugspersonen/ -gruppen. Konsumverhalten und Sozialstruktur: - Einbettung des Konsumverhaltens in soziale Bezüge. - Unterscheidung zwischen engem sozialen Kontext (Familie und relevante Bezugspersonen) Versus Weiter sozialer Kontext (Sozialschicht, Subkulturen, umgreifende Gesamtkultur) - Enger sozialer Kontext: Bezugspersonen und -gruppen: haben normativen Einfluss (Verhaltensnormen, Sanktionen, „in“ oder „out“). Haben auch komparativen Einfluss: bietet Vergleichsmöglichkeiten in Bezug auf eigenes Leben, Leistung -> Positionierung im sozialen Raum. - Weiter sozialer Kontext: - Entschichtungstheorien: Auflösung des Bindenden Charakters allgemeiner und auch rollenspezifischer Konsumnormen. Auflösung homogener schichtspezifischer Konsumstile. - Kulturspezifische Konsumverhaltensweisen: Entwicklung: Angleichung von Konsummustern/ Auflösung interkultureller Differenzierung Anzeichen: McDonaldisierung Trotz äußerlich gleichem Kaufverhalten andere Motive und Bedeutungsmuster. Konsum und Wertewandel: - Wertewandel wurde auch auf den Konsumbereich bezogen. Allerdings haben einige Sozialwissenschaftler die Existenz eines Wertewandels bestritten und andere Forscher diskutieren, ob der Wertewandel schon stattgefunden hat oder immer noch wirkt, so dass die wissenschaftliche Diskussion zu Irritationen beiträgt. - Postmaterialismusthese: Jüngere Generationen werten materielle Güter zur Selbstverständlichkeit ab. Diese These konnte empirisch bestätigt werden. - Drei Faktoren des Wertewandels: 1. Die Hedonismusthese (bezieht sich auf die Erlebnisgesellschaft) 2. Die Sublimierungsthese (ist verwandt mit Bourdieus Studien zur Bedeutung der feinen Unterschiede von 1982). 3. Die Individualisierungsthese (Menschen setzen individuelle Akzente) à Die Hauptmotive des Konsumverhaltens sind, dass man sich von den anderen abheben möchte – Forderung der personalen Identität – und man soziale Identität gewinnen möchte in Form einer Gruppenzugehörigkeit. Erlebniskonsum, Erlebnismarketing und Erlebnismanagement sind weiter Schlagwörter.