Extrasolare Planeten Lew Classen • 15. Dezember 2008 Teil I Was ist ein Planet? ◊ Antike: „Wandelstern“ ◊ Entdeckung immer neuer (transneptunischer) Objekte ◊ Definition der IAU seit 2006: - Objekt bewegt sich auf Keplerbahn um die Sonne - Objekt besitzt Kugelform - Objekt hat seine Umlaufbahn bereinigt ◊ Kein Wasserstoffbrennen (-> Sterne, Massengrenze 75 mJupiter) ◊ Keine Deuteriumbrennen (-> braune Zwerge, Massengrenze 13 mJupiter) ◊ Unklar ob Definitionen auf extrasolare Planeten zutreffen 2 Extrasolare Planeten Teil I Warum sind Exoplaneten interessant? ◊ Vergleich mit Sonnensystem (bisher einziges Beobachtungsobjekt) ◊ Aufschlüsse über Entstehung von Planetensystemen ◊ Suche nach erdähnlichen Planeten ◊ Suche nach extraterrestrischem Leben 3 Extrasolare Planeten Teil I Kurze Geschichte der Exoplaneten ◊ Erste Entdeckungen im 19. Jahrhundert (z.B. 70 Ophiuchi, 1855 Jacob) stellten sich als Doppelsterne heraus ◊ 1988 Entdeckung eines Planeten um γ Cephei A durch Campbell (Zieht seine Behauptung 1992 zurück. Genauere Messungen von 2003 zeigen, dass er recht hatte.) ◊ 1992 Erste bestätigte Entdeckung eines Planeten um einen Pulsar (PSR 1257+12) durch Wolszczan ◊ 1995 Veröffentlichung der Entdeckung eines Planeten um einen Hauptreihenstern (51 Pegasi) durch Mayor ◊ 1997 Erstes Planetensystem (u Andromendae) ◊ Heute (Dezember 2008) sind 331 extrasolare Planeten bekannt 4 Extrasolare Planeten Teil I Nomenklatur 55 Cancri f Name des Sterns 5 kleiner Buchstabe für den Planeten (in Reihenfolge der Entdeckung) Extrasolare Planeten Teil I Nachweismethoden ◊ direkt: - Abbildung - Interferometrie ◊ indirekt: - Radialgeschwindigkeitsmethode - Transit - Reflexbewegung - Gravitationslinseneffekt - Laufzeitvariation (Pulsar-Timing) - Bahnstörungen bekannter Planeten 6 Extrasolare Planeten Teil I Direkte Abbildung ◊ Kontrast LJupiter LSonne ≈ 6 ⋅ 10 − 10 LErde ≈ 10 − 10 LSonne Sehr empfindliche Instrumente notwendig ◊ Auflösung r δ d 7 Extrasolare Planeten Teil I r tan δ = ≈ δ d Auflösung ◊ Entfernung 30 Parsec ◊ Radius δ ≈ 0,033′′ 1 AU ◊ Auflösung eines Teleskops λ ϕ = 1,22 D Bei λ = 500nm ergibt sich Speigeldurchmesser von 3,7 m Prinzipiell wäre Beobachtung möglich, aber Einschränkung durch Atmosphäre 8 Extrasolare Planeten Teil I Seeing ◊ Störung der ebenen Lichtwelle durch Luftturbulenzen 9 Extrasolare Planeten Teil I Seeing ◊ Seeing bei einem Mondkrater 10 Extrasolare Planeten Teil I Seeing ◊ Schwankung auf sehr kurzen Zeitskalen (~1/20 s) ◊ Messung über Halbwertsbreite einer Punktquelle ◊ Angabe in Bogensekunden ◊ Wellenlängenabhängigkeit (kleiner für große Wellenlängen) ◊ Seeing in Erlangen 2“ bis 5“ ◊ An Teleskopstandorten (Atacamawüste, Hawaii…) < 1“ ◊ Im Idealfall 0,4“ Beobachtung mit gewöhnlichen erdgebundenen Teleskopen unmöglich. 11 Extrasolare Planeten Teil I Lösungsmöglichkeiten ◊ Speckle Interferometrie ◊ Lucky Imaging kurze Belichtungszeiten hohe Intensitäten notwendig ◊ Adaptive Optik ◊ Nulling Interferometrie ◊ Weltraumteleskope 12 Extrasolare Planeten Teil I Weltraumteleskope Ausschalten atmosphärischer Einflüsse 13 Extrasolare Planeten Teil I Erfolge ◊ Entdeckung von Fomalhaut b durch Hubble-Weltraumteleskop (Veröffentlicht im November 2008) Erste Entdeckung eines Exoplaneten durch Beobachtung im Bereich des sichtbaren Lichts 14 Extrasolare Planeten Teil I 15 Extrasolare Planeten Teil I Ausblick-Missionen ◊ Spitzer (2003, NASA) ◊ Herschel (2009, ESA) ◊ James Webb (2013, NASA) 16 Extrasolare Planeten Teil I Adaptive Optik ◊ Entwickelt in den 70ern vom US-Militär Funktionsweise ◊ Strahlteiler spaltet Signal auf ◊ Wellenfrontsensor (Hartmann-Shack) vermisst Welle ◊ Computer berechnet Korrektursignal (in Echtzeit) ◊ Korrekturelemente passen Spiegelform (Tertiärspiegel) an ca. 100 Regelkreisdurchläufe pro Sekunde 17 Extrasolare Planeten Teil I Adaptive Optik-Aufbau 18 Extrasolare Planeten Teil I Hartmann-Shack-Sensor ◊ Entwickelt 1900 als Lochkartentest ◊ Berechnung der notwendigen Korrektur durch Vergleich des Musters mit Idealposition 19 Extrasolare Planeten Teil I Erfolge ◊ Entdeckung des Exoplaneten/Braunen Zwergs GQ Lupi b durch Arbeitsgruppe der Universitätssternwarte Jena am VLT (Veröffentlicht im März 2005) ◊ Entdeckung des Exoplaneten 2M1207 b am VLT (Veröffentlicht im September 2008) Erste direkte Abbildung eines Exoplaneten ◊ Veröffentlichung von HR 8799 b, c, d (November 2008) am HARPS Erste direkte Abbildung eines Planetensystems 20 Extrasolare Planeten Teil I 21 Extrasolare Planeten Teil I 22 Extrasolare Planeten Teil I 23 Extrasolare Planeten Teil I Nulling Interferometrie ◊ Verfahren zur Abbildung lichtschwacher Objekte in der Umgebung von Sternen ◊ Konzipiert 1979 von Bracewell ◊ Erster Einsatz 1997 am Multiple Mirror Telescope Idee ◊ Kombination von zwei oder mehr Signalen ◊ Destruktive Interferenz auf der optischen Achse Ausblenden des Sternlichtes ◊ Konstruktive Interferenz im interessanten Bereich ◊ Anpassung der Phase durch Position der Teleskope 24 Extrasolare Planeten Teil I Nulling Interferometrie ◊ Beispiel: 2 Teleskope I out = I in (1 + V cos ϕ ) ◊ Mit Phasenverschiebung um π durch Teleskopposition I out = I in (1 − V cos ϕ ) ◊ Stern auf optischer Achse (V = 1) φ = 0 25 Iout= 0 Extrasolare Planeten Teil I Nulling Interferometrie 26 Extrasolare Planeten Teil I Nulling Interferometrie ◊ ideale Intensitätsverteilung ◊ Möglichkeit zur Verbreiterung der Flachstelle durch Erhöhung der Anzahl der Teleskope 27 Extrasolare Planeten Teil I Nulling Interferometrie Abweichung vom Idealverhalten ◊ Schwankung der Wellenfronten ◊ Phasenfluktuation ◊ Interne Kontrastverluste Verbesserungsmöglichkeit ◊ Rotation des Aufbaus um optische Achse 28 Extrasolare Planeten Teil I Nulling Interferometrie am VLT mobile Hilfsteleskope 29 Extrasolare Planeten Teil I Ausblick-Missionen ◊ SIM Planetary Quest (eigentlich 2006, Weltraumteleskop für Interferometrie, NASA) ◊ Darwin (2015 Satellitenverband für Interferometrie, ESA) ◊ TPF (2020 ähnlich zu Darwin, verschoben, NASA) 30 Extrasolare Planeten Teil I Radialgeschwindigkeitsmethode ◊ Zweikörperproblem ◊ Planet und Stern umkreisen gemeinsamen Schwerpunkt -> Stern hat Geschwindigkeitsanteil in Richtung des Beobachters (Radialgeschwindigkeit) ◊ Periodischer Wechsel der Richtung -> Messbar im Spektrum durch Dopplereffekt λ − λ 0 Vrad = λ0 c 31 Extrasolare Planeten Teil I 32 Extrasolare Planeten Teil I 33 Extrasolare Planeten Teil I 34 Extrasolare Planeten Teil I Radialgeschwindigkeitsmethode ◊ Messgrößen: Vrad , Priode P ◊ Aus P: mStern>> mPlanet aStern<< aPlanet ◊ Aus a (mit FZ=FG) : 35 ( aStern + aPlanet ) 3 G ( mStern + mPlanet ) 2 = P 2 4π 2 a 3 Planet GmStern 2 = P 4π ² VPlanet = GmStern a Planet Extrasolare Planeten Teil I Radialgeschwindigkeitsmethode ◊ Aus VPlanet: mPlanet VStern = mStern VPlanet Allerdings: Projektionseffekt mit unbekannter Inklination VBeob = VStern sin i VBeob mPlanet sin i = mStern VPlanet Nur untere Massengrenze 36 Extrasolare Planeten Teil I Vergleich mit Sonnensystem ◊ Was misst ein Beobachter? ◊ Beiträge der einzelnen Planeten Planet 37 ∆VStern [m/s] Merkur 0,008 Venus 0,086 Erde 0,089 Mars 0,008 Jupiter 12,400 Saturn 2,750 Uranus 0,297 Neptun 0,281 Extrasolare Planeten Teil I Vergleich mit Sonnensystem ◊ Was misst ein Beobachter in der Ekliptikebene? Verhalten von Jupiter dominiert 38 Extrasolare Planeten Teil I Probleme ◊ thermische Aufweitung der Linien im Stern 1 2 m AtomVth ~ kT 2 Vth ~ T m Atom -> Effekt überwiegt v.a. für leichte Elemente & hohe Temperaturen -> Wasserstoff: km Vth ≈ 10 s ∆λ ~ 10 − 5 λ ◊ Große Anzahl von Linien notwendig ◊ Lange Umlaufperioden ◊ Dopplereffekt sehr schwach: Jupiter 39 Extrasolare Planeten Teil I ∆λ −8 ~ 10 λ Lösungen ◊ Beobachtung kühler Sterne ◊ Spektren mit vielen Linien ◊ V.a. schwere Elemente verwenden ◊ Langzeitstabiles Vergleichsspektrum ◊ Niedrige (konstante) Temperaturen des Vergleichselements (TJod =35°C) ◊ Lange Messzeiten ◊ Extreme Genauigkeit der Instrumente VSternMin 40 m ≈1 s Extrasolare Planeten Teil I Messung ◊ Vergleich der Spektren mit bekannten stabilen Spektrallinien hier: Jodzelle 41 Extrasolare Planeten Teil I Erfolge ◊ Entdeckung des ersten Exoplaneten bei einem sonnenähnlichen Stern (51 Pegasi b 1995 durch Michel Mayor, Universität Genf) ◊ Bisher effektivste aller Nachweismethoden ◊ Eventuell Entdeckung von Planeten in der habitablen Zone (Gliese 581 c bzw. Gliese 581 d im April 2007) 42 Extrasolare Planeten Teil I Ausblick ◊ Detektion erdähnlicher Planeten auf sternnahen Bahnen ◊ Senkung der Untergrenze für Radialgeschwindigkeiten ◊ Bisher VStern Min ≈ 1 m/s Planet mit d = 1AU muss bisher für Entdeckung mindestens 11-fache Erdmasse besitzen 43 Extrasolare Planeten Teil I Ergebnisse-Zusammenfassung 44 Extrasolare Planeten Teil I Ergebnisse-Zusammenfassung ◊ 331 bekannte Planeten ◊ 34 Systeme mit mehr als einem Planeten ◊ Nur 12 Planeten leichter als 10 Erdmassen ◊ Die meisten bisher entdeckten Planeten sind Gasgiganten, zum Teil auf sehr engen Umlaufbahnen (-> Hot Jupiters) -> Auswahleffekte der Messvervahren ◊ Teilweise hohe Exzentritäten Herausforderung an Erklärungsmodelle der Entstehung von Planetensystemen 45 Extrasolare Planeten Teil I Fragen? 46 Extrasolare Planeten Teil I