S P E K T R U M LESERBRIEFE det. Das jetzige System der Leistungspunktehascherei und der Druck zu Sonderverdiensten verdirbt den Arzt als Mensch, macht ihn berufsunlustig und ist unnütz kräfteverschleißend. Dagegen hat der Arzt in Kuba ein vom Geld unabhängiges Verhältnis zu den Patienten. Die dortigen Ärzte sind Companeros der Kranken. Das tut beiden Seiten gut. Für deutsche Verhältnisse hat der bis dahin amtierende Vorsitzende der KV Hessen, Herr Dr. O. P. Schaefer, eine Honorarpauschalierung empfohlen, um ärztliche Ethik zu retten und um den Patienten gerecht zu werden. Ich wollte, er hätte Erfolg mit seinen Vorschlägen. Wie unsere Berufsausübung schön, effektiv und kostengünstig sein kann, ist in dem Buch des Neurologen Wladimir Lindenberg „Schicksalsgefährte sein“, Ernst Reinhardt-Verlag, nachlesbar. Dr. med. Dietmut Thilenius, Zum Quellenpark 46, 65812 Bad Soden Bedarfszulassung Zu dem „Seite eins“-Beitrag „Drei Keulen gegen die Kassenärzte“ von Dr. Harald Clade in Heft 50/1996: Doppelt betrogen . . . Die Zukunft der Praxis macht mir immer mehr Sorgen. Ältere Kollegen, Anfang 60, können ja die Praxis 1998 noch verkaufen. Den Jüngeren (ich bin 58) ist das finanziell nicht möglich. Und obwohl auch ich meine Praxis einem Kollegen abgekauft habe, wird mir dies in München voraussichtlich nicht mehr möglich sein. So ist unser Jahrgang doppelt betrogen. Die Situation wird noch dadurch verschärft, daß es wahrscheinlich nicht einmal möglich sein wird, den eigenen Kindern die Praxis zu übergeben. Ich hoffe nur, daß sich unsere Berufspolitiker mit allen Mitteln gegen dieses Unrecht wehren . . . Dr. med. Volker Leiber, Mendelssohnstraße 7, 81245 München A-410 Ramadan Zu dem Beitrag „Islamische Patienten und das religiöse Fasten: Compliance versus Glauben“ von Dr. med. H.-Thomas Gosciniak in Heft 3/1997: Zum weiteren Verständnis . . . Die Kollegen, die muslimische Patienten betreuen, sollten wissen, daß eine religiöse und durchaus auch eine gesellschaftliche Verpflichtung für den Muslim/die Muslimin besteht, den Fastenmonat einzuhalten. Dies wurde von Herrn Dr. Gosciniak richtig dargelegt. Richtig ist auch, daß viele Glaubensbrüder und -schwestern nicht wissen beziehungsweise in manchen Fällen aufgrund falsch verstandener Glaubenstreue es nicht wagen – wenn auch aus gesundheitlichen Gründen –, die für den gesunden muslimischen Normalbürger geltenden Regeln zu durchbrechen. Muß eine regelmäßige Zufuhr von Arzneimitteln(alles, was vom Körper aufgenommen wird, einschließlich Suppositorien, Salben, sublingualer oder parenteraler Applikationsformen) oder auch von Nahrung/Flüssigkeit stattfinden, so ist der Betroffene von der Pflicht ausgenommen. Handelt es sich um einen vorübergehenden Zustand (Krankheit und OP, Schwangerschaft und Stillzeit, Reisen, Kriegszustand), so werden die nicht gefasteten Tage nachgeholt. Liegt eine chronische Erkrankung/Gesundheitseinschränkung vor, so daß ein Nachholen bis zum Beginn des folgenden Ramadan oder nie möglich sein wird, so soll für jeden Tag ein Armer gespeist beziehungsweise das Geld hierfür zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt auch, wenn nach vorübergehender Krankheit im Monat Ramadan ein Nachholen nicht erfolgen kann, da erneut wichtige Gründe (etwa erneute Krankheit) ein Hindernis darstellen. Die Frau darf während ihrer Menses nicht fasten. Dies (6) Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 8, 21. Februar 1997 hat eigene Gründe, die zu erörtern hier zu weit führen würde (mit Erniedrigung oder Diskriminierung hat es – wie oft angenommen – nichts zu tun). Danach gilt die Regel wie bei vorübergehender Gesundheitseinschränkung. Der betreffende Betrag (zirka 10 DM pro Tag, etwa der Preis für ein selbst zubereitetes Mittagessen) kann an eine Moschee in Deutschland gezahlt werden, der Bedürftige bekannt sind; er kann an muslimische Hilfsorganisationen gespendet werden; er kann auch direkt an Bekannte/Verwandte gezahlt werden, wenn sie es brauchen. Natürlich kann man auch Leute zum täglichen Fastenbrechen (es ist keine Feier) einladen. Alle nachzuholenden Tage müssen bis zum nachfolgenden Ramadan gefastet werden, der Zeitpunkt dafür kann jedoch individuell gewählt werden (etwa kurze Wintertage). Da das Jahr nach islamischer Zeitrechnung ein Mondjahr ist (Ramadan ist der neunte der zwölf Monate), beginnt Ramadan jedes Mal etwa zehn Tage früher, so daß er überall auf der Erde schließlich alle Jahreszeiten (kurze und lange Tage) durchläuft. Zur Zeit liegt der Sonnenaufgang in Deutschland bei 6.25 Uhr, der -untergang bei 17.15 Uhr . . . Der Einnahme von Medikamenten im 1-0-1-Rhythmus steht also momentan nichts entgegen. Fakultative Therapien können verschoben werden. Handelt es sich nicht um vitale Bedrohungen, so sollte man das Selbstbestimmungsrecht des Patienten anerkennen. So kann es sein, daß jemand seine akute Lumbago lieber aushalten oder rein physikalisch als medikamentös behandeln lassen will. Erlauben es die Praxiszeiten, so läßt sich eine Infusionsreihe momentan sogar nach dem Fastenbrechen durchführen; in den kommenden Jahren wird diese Möglichkeit sich ausweiten. Der muslimische Patient muß jedoch auch dann natürlich einverstanden sein, da die Infusion ihn vom täglichen Essen zum Fastenbrechen ausschließt. Dieses stellt zwar kein Fest, wohl aber ein gemeinschaftliches familiäres Ereignis dar, auf das man sich während des ganzen Tages mit ähnlichen Gefühlen und gemeinsamem Hunger freut. Abschließen möchte ich mit einer Frage: Als Muslimin ist es mir fremd, daß ich durch mein jetziges Fasten meine noch nicht begangenen Sünden des kommenden Jahres büße. Welcher Quelle haben Sie diese Information entnommen? Dr. med. Elke Amro, In der Schlehhecke 7, 66459 Kirkel Bedeutung für Kinder und Jugendliche Das Wissen um die Religionsbestimmungen des Fastenmonats Ramadan ist in der Tat für deutsche Arztpraxen unumgänglich geworden. Es ist darüber hinaus aber auch nützlich zu wissen, wie es um die Einhaltung des Ramadan für Kinder und Jugendliche bestellt ist. Kinder lernen schon früh in der Koranschule die Bedeutung des Ramadan. Demnach können Kinder das Anfangsalter ihrer Fastenübung entweder selbst bestimmen oder den Gewohnheiten des Elternhauses folgen. Darüber hinaus gibt es die Bestimmung, wonach das Fastengebot mit dem frühesten Pubertätsansatz zusammenfällt, bei Mädchen mit dem neunten Lebensjahr, bei Buben mit dem zwölften Lebensjahr. Ausnahmen bei Krankheit sind ebenso selbstverständlich wie die individuelle Festlegung des Zeitpunktes zur Fastenverpflichtung. Häufige Übung ist es auch, die Kinder nur am Wochenende fasten zu lassen. Im Schulalltag und bei Lehrverhältnissen will das bedacht und gewußt sein. Dr. med. Christoph Jung, Mainaustraße 40, 78464 Konstanz