Die 68er-Generation

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Portrait einer Zielgruppe
Die 68er-Generation:
Zwischen Cola und Corega Tabs
Zeitungsgruppe BILD
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Axel-Springer-Platz 1
20350 Hamburg
Telefon 040/347 254 33
Fax 040/347 252 50
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Index
Editorial
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Vorbemerkung
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Die besten Jahre
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Blick nach vorn
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Gute Einkünfte, bestes Auskommen
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Die Generation der Besitzer und Erben
18
Freizeit mit sozialem Akzent
22
Fitness und Wellness
26
Gesundheit und Vorsorge
28
Eine Generation – drei Rebellionen
32
Indikatoren für die Umwertung
34
Quellen:
Statistisches Bundesamt
Media-Analyse AG.MA
GfK-Nürnberg e.V.: Die neuen Alten
IfD Institut für Demoskopie Allensbach
Hans-Ulrich Klose: Altern hat Zukunft, Altern der Gesellschaft
Enquete: Zwischenbericht der Enquete-Kommission Demografischer Wandel
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Editorial
Nicht mehr jung, noch nicht alt – Dilemma oder Dominanz?
Angetreten zum Protest gegen das Establishment, hat die Generation der 68er diese Republik nachhaltig
verändert.
Einst Bürgerschreck und Feindbild der Konservativen, haben viele der heute um die 50jährigen – nach dem
angekündigten „langen Marsch durch die Institutionen“ – ihre Ziele erreicht; sie geben in allen Bereichen
der Gesellschaft den Ton an; sie repräsentieren im guten Sinne Bürgertum und Elite zugleich.
Aber auch die eher unpolitischen 68er haben inzwischen gelernt, gut zu leben. Sie sind die Leistungsträger
und leisten sich, was ihrem Anspruch an Qualität, Genuß und Lifestyle genügt. Sie laufen nicht jedem Trend
hinterher – Avantgarde waren sie schließlich selber lange genug – sie verkörpern den Mainstream, sie
bilden das Rückgrat der Konsumgesellschaft.
Um so mehr muß auffallen, daß Werbung den Menschen um 50 als Zielgruppe weitgehend ignoriert, so als
gäbe es zwischen Cola und Corega Tabs keine Konsumenten aus Fleisch und Blut.
Für Deutschlands größte freiverkäufliche Printmedien lag es nahe, die 68er soziodemographisch und
soziopsychologisch zu durchleuchten. Nicht zuletzt, um die sich selbst reproduzierende, sich immer wieder
selbst bestätigende Jugendgläubigkeit zu relativieren.
Die Broschüre, die wir Ihnen heute vorlegen, basiert auf einer Studie von Prof. Dr. Margot Berghaus,
Diplomsoziologin an der Universität Mannheim.
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Vorbemerkung
Vor allem in den westlichen, hoch entwickelten Gesellschaften ist Jugendlichkeit zum Ideal geworden.
Gähnende Leere zwischen Jugend und Alter?
Forever young – das ist der Traum. Man will jung sein oder wenigstens jung aussehen und sich jung
fühlen. Mode, Kleidung, Make-up, Frisuren, Sportlichkeit, Freizeitvergnügen: Die 20jährigen geben den
Die mittleren Jahrgänge gibt es also anscheinend nicht. Vielmehr scheint zu gelten: Zwischen Kindheit
Ton an; 30- und 40jährige wollen sich nicht grundsätzlich von ihnen unterscheiden. 40jährige nennen
und Jugend einerseits und Alter andererseits ist nur gähnende Leere. Im Folgenden steht das
sich selbst die pubertäre Generation.
mittlere Lebensalter – definiert als die Altersstufe zwischen etwa 45 und 59 – im Mittelpunkt. Dies, weil die
mittleren Jahrgänge um die 50 aus vielerlei Gründen die besten sind. Weil diese Jahrgänge durch die anti-
Die Jugendphase dehnt sich real immer länger aus: War man früher mit 20 erwachsen und für sich selbst
autoritäre Bewegung von 1968 entscheidend geprägt wurden. Weil diese Jahrgänge die 68er-Generation
verantwortlich, so stehen heute, bedingt durch Jahrzehnte dauernde Ausbildungswege, oft 30-, 32jährige
sind: Die Generation, mit der eine radikale Abkehr von den Werten des traditionellen Deutschland begann.
noch nicht auf eigenen Füßen.
Die Generation, die mit neuen Themen, extremen Positionen die Entwicklung zur heutigen Gesellschaft
maßgeblich bestimmt hat. Eine also bisher durchaus sichtbare Generation, die – auch in mittlerem Alter –
sichtbar bleiben will.
Ideal und real dominiert die Jugendorientierung. Auf der anderen Seite entfaltet das Alter eine
ähnliche Relevanz. Im gesellschaftlichen Bewußtsein grassiert die Angst vor einer zunehmenden
Überalterung, gar Vergreisung, vor dem Rentnerberg und unbezahlbaren Soziallasten. Das
Alter dehnt sich aus: Nach oben durch die steigende Lebenserwartung, der prozentuale Anteil
alter Menschen nimmt zu. Auch nach unten: Wer es mit 45 beruflich nicht geschafft hat, schafft
es nie mehr; wer in diesem Alter seinen Arbeitsplatz verliert, ist altes Eisen. Frühverrentung und
vorgezogener Ruhestand nehmen zu – Berufsaustritt und Renteneinstieg und damit die Zurechnung zu den Älteren setzen immer früher ein. Und das, obwohl die Menschen länger leben und
länger vital bleiben. Ganz lange – so lange, wie in keiner Epoche zuvor – kann ein Mensch jung,
und doch ganz plötzlich alt sein.
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Die besten Jahre
Die heute 45- bis 59jährigen machen eine Zahl von rund 15,1 Millionen Menschen in der
Die rund 15,1 Millionen Personen dieser Altersgruppe machen etwa 19 Prozent der Bevölkerung der
Bundesrepublik aus – schon von der Quantität her eine gewaltige gesellschaftliche Potenz.
Bundesrepublik aus; wenn man nur die Bevölkerung über 16 Jahre nimmt, haben sie sogar einen
Sie setzt sich wie folgt zusammen:
Anteil von rund 23 Prozent. Der prozentuale Anteil an der Bevölkerung hat künftig ansteigende
Tendenz, weil die jüngeren, nachgeborenen Jahrgänge wegen schwacher Geburtenquoten abnehmen.
12,2 Millionen leben in den alten Bundesländern,
2,9 Millionen leben in den neuen
Bundesländern einschließlich Berlin-Ost,
7,7 Millionen sind Männer,
7,4 Millionen sind Frauen.
Ein weiterer demographischer Trend stärkt die Bedeutung der 45- bis 59jährigen heute
und künftig: die zunehmende Lebenserwartung. Diese Altersgruppen haben, statistisch
gesehen, folgende Lebensjahre vor sich:
45jährige Männer
30,1 Jahre
50jährige Männer
25,7 Jahre
55jährige Männer
21,6 Jahre
45jährige Frauen
35,6 Jahre
Der für die älteren Bevölkerungs-
50jährige Frauen
31,0 Jahre
gruppen typische Überschuß an
55jährige Frauen
26,5 Jahre
Man sieht, daß in diesen Jahrgängen
ein Überschuß an Männern herrscht.
Frauen beginnt jenseits der hier
betrachteten Altersgruppe.
Das heißt: Wenn man das Erwachsenenleben ungefähr mit 20 beginnen läßt, befinden sich
die 45- bis 59jährigen gerade vor der Mitte, in der Mitte oder kurz nach der Mitte ihres
Erwachsenenlebens. 22 bis 36 Jahre weitere Lebenszeit – das ist quantitativ eine lange Lebensspanne, die diese Altersgruppe noch vor sich hat. Auch qualitativ dürften das gute Lebensjahre
werden, stellt man etwa Gesundheit und Finanzkraft dieser Bevölkerungsgruppe in Rechnung.
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Blick nach vorn
Die 68er-Bewegung war vor allem anti: anti -autoritär, anti -kapitalistisch, anti -imperialistisch –
„Schafft alles ab!“, stand als Motto an der Mensa der Freien Universität Berlin. Aber in der
negativen Verpackung steckten große Ziele, viel positive Power, ebenfalls viel Witz und
Wünsche nach Lebenserfüllung. Allerdings verlangte der praktische Lebensalltag der folgenden
Jahre von den jungen Erwachsenen auch pro-Entscheidungen: für Studienabschluß- oder
abbruch, für freie Liebe oder Familie, für bestimmte Formen des Wohnens und Geldverdienens.
Es ist charakteristisch für Erwachsene um die 50, über ihr bisheriges Leben nachzudenken
und Bilanz zu ziehen. Das ist Teil der jetzt anstehenden Rückbesinnung auf sich selbst und einer
neuen Offenheit in diesem Alter.
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„Egal, was kommt – ich bin zuversichtlich“
Die bisher getroffenen Entscheidungen, Handlungen und Lebensweisen werden jetzt, im Nachhinein, überwiegend positiv bewertet – auch angesichts der Pläne und Ideale, die man als junger
Mensch hatte. Mehr als drei Viertel der um die 50jährigen sagen pauschal:
„Ich bin mit dem zufrieden, was ich erreicht habe.“
Die Zeitkategorien Vergangenheit und Zukunft finden dabei gleich viel Beachtung.
Der positive Blick zurück wird von einem gleichermaßen positiven Blick voraus begleitet.
Es sagen die Vergangenheit betreffend:
Bin mit Erreichtem zufrieden
77 %
Erinnerungen sind mir kostbar
38 %
Es sagen die Zukunft betreffend:
Zukunftspläne sind mir wichtig
75 %
Egal was kommt – bin zuversichtlich 68 %
Das ist die typische Haltung von Menschen in der „Mitte“: Mit gleichem optimistischem Interesse
werden die schon zurückgelegte und die noch kommende Wegstrecke abgemessen.
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Gute Einkünfte, bestes Auskommen
Dennoch: Auf Dauer hat die 68er-Bewegung nicht vermocht, den Ehrgeiz dieser Generation
auszulöschen, innerhalb der Gesellschaft, in Institutionen und Unternehmen nach den geltenden
gesellschaftlichen Regeln Erfolg zu suchen – und zu haben – auch materiell.
Sie wollten im Geld sitzen – jetzt sitzen sie im Geld.
Den heute 45- bis 59jährigen liegen „gute finanzielle Verhältnisse und sich viel leisten können“
außerordentlich am Herzen. 66 % halten das für ein wichtiges Lebensziel, für das drittwichtigste
nach Familie und guten Freunden. Sie setzen den Wert des Geldes für sich noch etwas höher
an als jüngere und ältere Jahrgänge; denn mit der finanziellen Unabhängigkeit hängt indirekt
auch die Unabhängigkeit von anderen Menschen zusammen. Auch diese ist ein hoch bejahtes
Lebensziel der 45- bis 59jährigen (mit 58 Prozent Zustimmung).
Mehr als ein Drittel der 45- bis 59jährigen geben an, diese Ziele erreicht zu haben: 34 Prozent gute
Finanzen, 40 Prozent Unabhängigkeit von anderen Menschen.
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Überdurchschnittliche Kaufkraft
Die Haushalte mit 50- bis 59jährigem Vorstand verfügen über recht hohe laufende Einkünfte: 36 Prozent
haben 3.000 bis 5.000 DM, 22 Prozent sogar über 5.000 DM an monatlichen Nettoeinkünften. Das gilt
Die finanzielle Situation dieser Generation ist ausgesprochen rosig. Die Finanzen sind einer
jedoch nur für die alten Bundesländer, in den neuen ist das Einkommen nicht so hoch.
der beruhigenden, stabilen Lebensbereiche in dieser Altersphase, die in anderen Bereichen –
Von den monatlichen Nettoeinkünften sind natürlich zunächst die laufenden Lebenshaltungskosten zu
vor allem im Privaten – durch Offenheit in Richtung neue Rollen und neue Lebensformationen
bestreiten. Aber einiges bleibt übrig, und zwar nicht wenig. Nach Abzug aller notwendigen Ausgaben
charakterisiert ist.
bleibt in den alten Bundesländern im Schnitt ein Betrag von monatlich 597 DM übrig.
Im Durchschnitt der Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren ist der entsprechende Betrag mit 377 DM viel
niedriger. Das heißt, die mittlere Altersgruppe hat monatlich fast 600 DM zusätzlich zum Konsum, zur
schönen, aufwendigeren Lebensgestaltung, zum Sparen, Verschenken oder Verschwenden zur freien
Verfügung.
Ein Blick auf die Quellen, aus denen künftig „im Alter“ die laufenden Einkünfte fließen
werden. 45- bis 59jährige, die derzeit noch nicht überwiegend von einer Rente oder Pension
leben, gaben an, daß sie bzw. der Ehepartner folgendes zu erwarten haben:
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Rente, Pension
zu 87 %
Zinseinnahmen
zu 36 %
Lebensversicherungs-Rente
zu 33 %
Betriebliche Altersversorgung
zu 22 %
Einnahmen aus Haus, Grundstück
zu 18 %
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Die Generation der Besitzer und Erben
In den Haushalten der 45- bis 59jährigen sind enorme Vermögen angesammelt. Bereits 1993
hatte jeder Haushalt von 45- bis 59jährigen im Schnitt ein Geldvermögen von 90.400 DM – eine
beträchtliche Summe, besonders wenn man bedenkt, daß arme Haushalte, beispielsweise von
Sozialhilfeempfängern, einbezogen und andererseits Haushalte extrem gut Verdienender nicht
hineingerechnet sind.
Für die Zukunft ist bestens gesorgt: Die 45- bis 59jährigen geben an, was sie, zusammen
mit ihrem Ehepartner, zusätzlich zur Verfügung haben werden, wenn ihre Altersversorgung
einsetzt:
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Eigentumswohnung
zu 40 %
Lebensversicherungen
zu 30 %
Kapital
zu 29 %
Erbschaft usw.
zu 8 %
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Reicher Erbschaftssegen am Horizont
Aber nicht genug, daß es sowohl mit den laufenden Einkünften als auch mit dem Geldvermögen
dieser Generation außerordentlich gut bestellt ist. Am Horizont zeichnet sich zusätzlich ein reicher
Erbschaftssegen ab; die 68er-Generation ist vor allem die Generation der Erben.
Es steht ein Vererbungspotential an, das es noch nie in der Geschichte gegeben hat! Wenn man das
stetig wachsende Volumen fälliger Lebensversicherungen mit einbezieht, dann werden in den nächsten Jahren in der Bundesrepublik Deutschland Werte von ca. 1,7 Billionen DM vererbt.
In Prognosen der Kreditinstitute wird davon ausgegangen, daß das Geldvermögen der Älteren
überproportional ansteigen wird. Die über 65jährigen westdeutschen Haushalte verfügten schon
Mitte der 80er Jahre über das zweithöchste Nettogeldvermögen. Übertroffen wurden sie nur
von der Gruppe der 55- bis 65jährigen. Verstärkt können ältere Menschen Haus-, Grundvermögen
und Sparguthaben an ihre Kinder vererben. In den nächsten Jahren wird über die Generation
der jetzt 50jährigen eine „Erbschaftswelle“ in Form ererbten Vermögens aus den akkumulierten
Ersparnissen der Aufbaugeneration oder aus fällig werdenden Lebensversicherungen kommen.
In den 90er Jahren ist mit einem Gesamtvolumen von 800 Milliarden DM an Geldvermögen,
700 Milliarden DM an Immobilienwerten und über 360 Milliarden aus fälligen Lebensversicherungen, das heißt insgesamt ca. 2 Billionen DM, zu rechnen.
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Freizeit mit sozialem Akzent
Was wird nun mit dem Geld getan?
Es sei daran erinnert, daß Mann und Frau um die 50 meinen, es verdient zu haben, an sich zu
Als häufigste Aktivitäten wurden genannt:
denken und ihr Geld für sich auszugeben. Wo? Vielfach in der Freizeit. Rund drei Viertel der um
die 50jährigen betreiben ein Hobby oder mehrere. Diese Tätigkeiten können sich im einzelnen
auf sehr verschiedene Lebensbereiche und Interessengebiete erstrecken.
22
Fernsehen
95 %
Besuche
90 %
Spazierengehen
90 %
Gespräche mit Nachbarn
80 %
Feiern
60 %
Gaststättenbesuche
60 %
Mich mit meiner Familie beschäftigen
57 %
Gartenarbeit
50 %
Reisen
50 %
Ausflüge
40 %
Basteln
40 %
Vereinsleben
35 %
Schwimmen
35 %
Radfahren
35 %
Mit Kindern beschäftigen
31 %
Mich um meine Nachbarn/Mitmenschen
kümmern
26 %
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Zeit für die Medien
Auffallend ist tatsächlich die Breite der Freizeitaktivitäten und Interessenbereiche. Ferner die
große Zahl und die Häufigkeit von Aktivitäten mit sozialen Kontakten: das Zusammensein in
der Familie, mit Kindern, mit Nachbarn, alles Gesellige informeller Art, bis hin zum
karitativ-mitmenschlichen Engagement.
Sehr große Bedeutung für die Freizeitgestaltung haben die Massenmedien. Sie sind ein zuverlässiges Gerüst, um die täglichen Mußestunden auszufüllen und sich immer wieder zu
entspannen, ohne allzu aufwendige Aktivitäten entfalten zu müssen.
Von allen 40- bis 49jährigen bzw. 50- bis 59jährigen lesen über 90 Prozent mehrmals in der Woche
die Zeitung, über 45 Prozent Zeitschriften, über 90 Prozent sehen fern, über 85 Prozent hören Radio.
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Fitness und Wellness
Gesundheit war nie Thema der 68er-Bewegung. Sport, Fitness, gesunde Ernährung, Körperpflege,
Das alles lief eher auf einen exzessiven Gebrauch von Körper und Gesundheit als auf deren Pflege
sorgsamer Umgang mit den eigenen körperlichen Ressourcen – das gehörte nicht zur Ideologie.
hinaus. Eigentlich nicht verwunderlich, denn es handelte sich schließlich um eine Jugend-
Dabei war die Bewegung nicht körperfeindlich, im Gegenteil. Im Mittelpunkt stand das Lust-
Bewegung, und Jugend setzt im Zweifelsfall mehr auf Spaß als auf Gesundheit. Auch die Jugend
prinzip. Man wollte die Zerstörung der Repression und die Selbstbefreiung der Menschen durch
heute ist eher mit einem Begriff wie Fitness als mit Gesundheit zu locken.
Lust, Lust an den unverstellten körperlichen Bedürfnissen, bis hin zur Lust an der Stimulation
durch Haschisch und LSD.
Heute ist die 68er-Generation allerdings an Gesundheitsfragen sehr interessiert. Das ist normal
für ein Alter, in welchem die Kräfte nicht mehr unbegrenzt sind. Jung und vital bleiben ist
ihnen ein wichtiges Lebensziel – von 60 Prozent der 45- bis 59jährigen bejaht und von
Zu dieser Variante bildete sich damals eine eigene Szene: So forderte z.B. der Zentralrat der umher-
31 Prozent nach eigener Ansicht erreicht.
schweifenden Haschrebellen: „Wir kämpfen für eigene freie Entscheidung über Körper und Lebensform
(...) Scheißt auf die Gesellschaft der Halbgreise und Tabus. Werdet wild und tut schöne Sachen.
Über 50jährige nennen als Sorgen und Befürchtungen:
Have a Joint.“
zu 4 %
Finanzprobleme
zu 5 %
Partnerverlust, Einsamkeit
zu 15 %
Pflegebedürftigkeit
zu 31 %
Gesundheit, gesund bleiben
Positiv gesehen: Einem guten Drittel fallen überhaupt keine Sorgen und Befürchtungen ein.
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Gesundheit und Vorsorge
Das Interesse an allem, was mit Gesundheit zu tun hat und mit diesem Begriff beschrieben wird,
„Diese wundervolle Maschine ordentlich pflegen“
wächst mit zunehmendem Alter. Zunächst einige Befunde nur über Frauen.
Das Nachdenken über die Gesundheit ist die erste Stufe, die zweite Stufe ist die eigene aktive
Am Thema Gesundheitsvorsorge sehr interessiert sind vor allem:
Arbeit für den Körper und sein Gesundheitskapital. In diesem Alter ist es noch wichtiger als in
jungen Jahren, „daß wir diese wundervolle Maschine ordentlich pflegen“.
21 % der Frauen von 21 bis 29
29 % der Frauen von 40 bis 49
35 % der Frauen von 50 bis 59
Über die Gesundheit denken häufig nach:
32 % der Frauen von 21 bis 29
45 % der Frauen von 40 bis 49
62 % der Frauen von 50 bis 59
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Die Bereitschaft, das Leben darauf einzustellen, steigt mit dem Alter. Zu denjenigen, die auf
Auf die Frage: „Wie würden Sie zur Zeit im großen und ganzen Ihren Gesundheitszustand
ihre Gesundheit achten, zählen sich:
beschreiben?“ werden mit zunehmendem Alter die Antworten zurückhaltender; in mittleren
Jahren ist die Zufriedenheit mit der eigenen Gesundheit nicht mehr so groß.
21 % der 25- bis 29jährigen
24 % der 45- bis 49jährigen
28 % der 50- bis 54jährigen
Es fühlen sich gesundheitlich
„gut“
33 % der 55- bis 59jährigen
Was wird im einzelnen dafür getan?
63 % der Frauen von 40 bis 49
44 % der Frauen von 50 bis 59
„gut“
Mit 68 Prozent steht ganz oben die „bewußte Ernährung“. Als fast gleich wichtig gelten „viel Ruhe und
65 % der Männer von 40 bis 49
57 % der Männer von 50 bis 59
Entspannung“ und „sich über Gesundheitsthemen informieren“. Auch noch wichtig ist die „regelmäßige
ärztliche Untersuchung“, die von mehr als der Hälfte genannt wird. Und noch immerhin 38 Prozent der
50- bis 54jährigen machen „regelmäßig Sport bzw. Gymnastik“, um etwas für die Gesundheit zu tun.
Schließlich läßt sich auch objektiv – anhand der Kosten für die gesetzlichen Krankenversicherungen – ablesen, daß wir uns hier tatsächlich im mittleren Lebensalter bewegen, denn die
Krankheitskosten dieser Altersstufen halten sich auf mittlerem Niveau, das heißt etwa im unteren
Mittelfeld aller Erwachsenen-Altersstufen.
Z.B. „kosteten“ im Jahr 1991:
20- bis 25jährige
Frauen rund 1.900 DM
Männer rund 1.100 DM
45- bis 50jährige
Frauen rund 2.800 DM
Männer rund 2.100 DM
50- bis 55jährige
Frauen rund 3.200 DM
Männer rund 2.500 DM
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Eine Generation – drei Rebellionen
Es ist nicht das erste Mal, daß die Generation der heute 45- bis 59jährigen dem gesellschaftlichen Denken und Handeln eine fundamental neue Wendung gibt. Diese Altersgruppe hat im
Lauf ihres Lebens drei revolutionäre Umwertungen ins Rollen gebracht. Immer wurden dabei
traditionelle Autoritäten in Frage gestellt:
1958, als Teenager, zettelten sie die Halbstarken-Revolte gegen deutsche Ordnung und
Bravheit an. Rock’n Roll, Pop, Jeans, Kaugummi und Coca Cola symbolisierten ein neues,
freies, westlich-amerikanisch inspiriertes Lebensgefühl.
1968, als junge Erwachsene, entzündeten sie die Studenten-Revolten gegen Autoritäten in
Hochschulen und Gesellschaft. Der lustvolle Protest war nun theoretisch und intellektuell
untermauert. Die Auflehnung gegen autoritäre Personen, Institutionen und Normen drang
als „Fundamentalliberalisierung“ (Habermas) in alle gesellschaftlichen Bereiche ein und
veränderte nachhaltig das Wertegefüge der Bundesrepublik.
Heute sind sie Schrittmacher einer revolutionären Umwertung des Alters und Alterns. Mit
dieser Generation beginnt ein anderes Älterwerden. Alter als Definitionsmerkmal verliert an
Bedeutung; das Bevölkerungssegment in mittlerem und gehobenem Alter gewinnt an
Bedeutung. Diese dritte Rebellion ist eine sanfte. Sie richtet sich nicht gegen die Autorität
von Personen und Institutionen, sondern gegen die Autorität von Altersgrenzen und Altersbildern. Offenbar kommt hier etwas zum Durchbruch, wozu die Zeit reif und die Gesellschaft
bereit ist. Diese Umwertung des Alters und Alterns wird anscheinend auch von Jüngeren
getragen.
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Indikatoren für die Umwertung
Der deutlichste Indikator ist die Wandlung des Schönheitsideals.
Die Alten sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren
Schönheit wird von Jugend losgelöst. Das wird besonders
augenfällig beim Blick auf Frauen, denn bislang hieß es restriktiv:
Schließlich weisen die Schlagworte von den jungen Alten und den neuen Alten für Leute über 55
Nur eine junge Frau kann äußerlich schön sein. Nun kommt
ebenfalls auf die Umwertung hin. Hierin kommt eine respektvolle, mit Irritation gemischte öffent-
es zu einer schleichenden Revision: Als schön können genau-
liche Aufmerksamkeit gegenüber diesen Altersgruppen zum Ausdruck.
sogut Frauen über 45 gelten. Beispiele sind etwa Iris Berben,
Die Wortverbindungen verraten noch eine gewisse Verlegenheit, wie dieses neue Phänomen über-
Hannelore Elsner, Catherine Deneuve, Meryl Streep, Faye
haupt zu benennen ist – Zeichen für die Neuheit des Wertewandels.
Dunaway, Ali McGraw, sogar Frauen über 60, wie Joan
Collins, Linda Evans, Sophia Loren, Tina Turner.
Die heute 45- bis 59jährigen verfügen über eine außergewöhnlich große Offenheit in der Gestaltung ihrer jetzigen und künftigen Lebenssituation und Erlebnismöglichkeiten. Auch dieses kommt
Die Beziehung zum Körper wandelt sich ebenfalls. Nicht mehr
durch die Verbindung von biographischen Erfahrungen der 68er mit typischen Bedingungen
nur junge Körper werden als vital, bewegungsfreudig und
dieser Altersphase zustande.
leistungsfähig angesehen. Gerade dort, wo sowohl Muskelstärke als auch Persönlichkeitsstärke gefragt sind, stehen
1968 wurden Autoritäten in Frage gestellt, Konventionen über den Haufen geworfen; stattdessen
zunehmend Leute um die 50 im Lichte der Öffentlichkeit.
wurde mit neuen Lebensformen im Wohnen, Lernen, Lieben, Leben ganz offen experimentiert.
Das ist etwa bei Städte-Marathonläufen der Fall, aber auch
Selbst wenn im Lauf des Lebens Alltag und Normalität zurückgekehrt sind: Die Erfahrungen
beim Tanzen, Reiten, Bergsteigen, Golfspielen. Und es ist
bleiben unterschwellig erhalten.
in mittleren Jahren selbstverständlich das Alter anzugeben,
anstatt es zu vertuschen.
Jetzt, um die 50, ist es typisch, daß viele eingefahrene Muster erneut zur Disposition stehen, weil
sich die Lebensumstände ändern: Die Kinder gehen aus dem Haus, die Partner stehen sich erneut
zu zweit gegenüber, neue Orientierungen im Wohnen, Zusammenleben, in der Sexualität und der
Partnerschaft werden möglich oder nötig.
Diese Generation wird im gesellschaftlichen Denken und Handeln als prägende Kraft weiterwirken.
Allein das macht sie zu einer Generation mit Präsenz und mit Zukunft.
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Zugehörige Unterlagen
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