RINDERGESUNDHEIT Landwirtschaftliches Wochenblatt Globuli zur Kalbung Besonders während der Zeit rund um die Kalbung lassen sich homöopathische Mittel gut beim Milchvieh einsetzen. Welche Präparate geeignet sind, erklärt Tierheilpraktikerin Angela Esser. H omöopathische Mittel werden nicht nur bei Menschen eingesetzt, auch bei Tieren finden sie zunehmend ihre Daseinsberechtigung. Wer glaubt, hierbei handelt es sich nur um Kleintiere oder Pferde, der irrt – auch bei Kühen kommen sie vor allem in Form von Kügelchen (Globuli) zum Einsatz. Besonders häufig werden homöopathische Präparate rund um die Kalbung angewendet. Ähnlich wie bei Medikamenten muss der Anwender aber wissen, welches Präparat wann für welche Krankheitssymptome eingesetzt werden darf. Die Geburtsphase In der Regel beträgt die Dauer der Kuh und Kalb sind wohlauf. Die richtigen Globuli können den Tragezeit beim Rind 280 Tage. Geburtsvorgang unterstützen. Foto: Richard Durch eine rektale Untersuchung kann die Trächtigkeit etwa von der sechsten Woche an festgestellt werden. So die am Euter, an der Scheide und am Unterbauch liegen bei der Kuh die etwa walnussgroßen Ei- zu beobachten sind. Bei älteren Kühen können erstöcke (Ovarien) innerhalb der Bauchhöhle diese Erscheinungen jedoch so ausgeprägt sein, und sind bei der Rektaluntersuchung mit der dass sie durch das Hängeeuter zu Beschwerden, Hand zu erreichen und so einer Untersuchung wie Bewegungsstörungen oder Hautrissen, fühzugänglich. Die Eierstöcke produzieren die Hor- ren. In diesem Fall ist die Gabe von Apis hilfmone, die für die Fruchtbarkeit und die Träch- reich, da sie zu einer Normalisierung des Euters tigkeit verantwortlich sind. Es sind die brunst- führt. Das heißt, ein bis zwei Gaben Apis D 12 erzeugenden Östrogene und die trächtigkeitsför- im Abstand von 24 Stunden sollten dem Tier in dernden Progesterone. Mit der Befruchtung der die Scheide oder ins Flotzmaul gegeben werden. Eizelle und deren Einnistung in die Schleim- Eine Gabe entspricht hierbei zehn Globuli. haut des Uterus beginnt die Trächtigkeit. Die leere Gebärmutter (Uterus) einer Kuh ist Globuli können unterstützen etwa so groß wie eine starke Männerfaust. Damit ein Kalb von rund 30 bis 50 kg plus 25 l Frucht- Durch die Auflockerung der Bindegewebe, der wasser und etwa 9 kg Eihäute in den Uterus hi- Muskulatur sowie die Veränderungen an den neinpassen, muss sich dieses Hohlorgan wäh- Schleimhäuten erweitert sich der Geburtsweg. rend der Trächtigkeit stark dehnen. Nach der Ge- Genauer gesagt, unter der Wirkung von Östrogeburt bildet sich die Gebärmutter zwar zurück, nen dehnt sich der aus drei Teilen bestehende dennoch bleibt sie bei Kühen, die mehrfach ge- knöcherne Geburtskanal (Kreuzbein, Darmbein, kalbt haben, oft größer als vorher. Beckensymphyse). Hierdurch entstehen SpielDie Geburt besteht darin, dass der geburtsreife räume bis zu mehreren Zentimetern, die für die Fetus in die Außenwelt hinüberwechselt. Dazu Austreibungsphase der Geburt und für deren Gegehört das Ausstoßen der Nachgeburt (Eihäute). lingen entscheidend sein können. Der weiche Da die Geburt aus mehreren Phasen besteht, gilt Geburtsweg (Scheide und Scham) produziert in ab hier besondere Aufmerksamkeit gegenüber dieser Phase – bedingt durch den Einfluss der der trächtigen Kuh bzw. dem Rind. Mehrere Tage östrogenen Hormone – dünnflüssigen, gleitfähioder auch Wochen vor der Geburt beobachtet gen Schleim, der für das Gelingen der Geburt man erhebliche Veränderungen am Tier, die auf wichtig ist. die Einwirkungen der östrogenen und progeste- ■ Alle diese beschriebenen Vorgänge können ronen Hormone zurückzuführen sind. Während vom Landwirt unterstützt werden, indem er vier im Laufe der Trächtigkeit die Progesterone re- Wochen vor der Geburt seiner melk werdenden gieren, verlieren sie zum Ende ihre Wirkung. Kuh Pulsatilla D 30, als einmalige Gabe, verabNach und nach stellt sich dann die Wirkung der reicht. Es genügen zehn Globuli, die möglichst Östrogene ein. Das Gemüt des Rindes verändert ins Flotzmaul eingegeben werden sollten. Wichsich, es kommt zu Nestbauverhalten, zu Unruhe, tig ist generell der Schleimhautkontakt bei der oft zu Brunstsymptomen, sodass der Landwirt Eingabe der Globuli. Mit Pulsatilla kalbt eine meinen könnte, das Rind sei gar nicht trächtig. Kuh leichter ab, da sich durch das homöopathiZudem lockern die Gewebe auf und es wird Ge- sche Mittel die zur Geburt benötigten Hormone webswasser eingelagert, welches die Erweite- besser einstellen. rung der Geburtswege fördert. Diese Wasseran- ■ Bewährt haben sich auch die sogenannten sammlungen (Ödeme) sind normale Symptome, „Flutschtropfen“, Caudophyllum D 4. Sie erwei- 42 37 / 2011 Homöopathische Mittel in Form von Globuli werden bei Kühen oft während des Geburtszeitraums eingesetzt. Foto: Esser tern die Geburtsgänge und „befeuchten“ die Geburtswege. Caudophyllum D 4 sollte daher eine Woche vor dem errechneten Geburtstermin einmal täglich als eine Gabe in die Scheide oder ins Flotzmaul verabreicht werden. ■ Bei älteren Kühen kommt gelegentlich auch Wehenschwäche vor. Das homöopathische Mittel Sabina D 6 kann in diesem Fall eingesetzt werden. Sabina führt zu einer rhythmischen Kontraktion der glatten Muskulatur – vor allem am Uterus und ist in allen Fällen hilfreich, bei denen eine mangelhafte Beweglichkeit der Uterusmuskulatur die Ursache für eine Störung ist. Die Kalbung findet ihren Abschluss mit dem Abgang der Nachgeburt. Oft liegt bei verzögertem Abgang der Nachgeburt beim Rind eine Störung bei der Ablösung der Eihäute von der Gebärmutterschleimhaut vor. Entzündungsvorgänge im Körper des Rindes, wie zum Beispiel Klauenerkrankungen oder Euterentzündungen, können das Nachgeburtsverhalten entscheidend beeinträchtigen. Die Gefahr einer bakteriellen Zersetzung der Eihäute, die nach der Geburt ein totes Gewebe darstellen, kann das Allgemeinbefinden der Kuh mehr oder weniger beeinträchtigen. So ist es sinnvoll, der abgekalbten Kuh unmittelbar nach der Geburt eine Gabe Sabina D 6 zu verabreichen. Das Mittel wirkt schnell und hat sich in der Praxis bewährt. Es sorgt wie oben erwähnt für eine gesteigerte Beweglichkeit der Uterusmuskulatur und fördert hierdurch das Herauskommen der Nachgeburt. ■ Ist die Kuh durch eine lang andauernde Geburt erschöpft, kann auch eine Gabe Arnica D 30 hilfreich sein. ■ Fazit: Durch homöopathische Mittel wird der Kuh bzw. dem Rind die Kalbung erleichtert. Daneben beugen die Präparate Krankheiten und Schmerzen vor und damit auch wirtschaftlichem Schaden. Die meisten Präparate können in der Apotheke bestellt werden, wie die oben genannten Mittel. Sprechen Sie die Behandlung jedoch vorher mit Ihrem Tierheilpraktiker ab. Homöopathika, die nicht für Lebensmittel liefernde Tiere zugelassen sind, müssen von einem Tierarzt vor der Anwendung umgewidmet werden. Nicht vergessen: Auch die Verwendung von Globuli muss in das Bestandsbuch eingetragen werden. ■