Einführung 3 Einführung Veränderlich feste Gesteine nehmen vor allem in Süd- und Mitteldeutschland und den angrenzenden Regionen große Teile der oberflächennah anstehenden Gesteine ein. Die flächenhafte Verbreitung von Röt und Opalinuston, welche in dieser Arbeit für die Untersuchungen herangezogen wurden, zeigt die Karte in Abbildung 1. Dies sind jedoch nur zwei beispielhafte stratigraphische Einheiten – ähnliche wechselfeste Tonsteine sind z.B. auch im Paläozän, im Keuper und in der Kreide zu finden (siehe Anhang B). Im Erd-, Straßen- und Tunnelbau führt das Auftreten von veränderlich festen Tonsteinen immer wieder zu Problemen, da sich der Entfestigungs- bzw. Verwitterungszustand eines überkonsolidierten Tonsteins während der Baumaßnahme so stark verändern kann, dass die Tragfähigkeit des Planums oder die Stabilität von Dämmen und Einschnittsböschungen oder Tunnelquerschnitten nicht mehr gegeben sind. In Gesteinen wie den Röt-Tonsteinen und dem Opalinuston muss mit oberflächennahen Rutschungen in natürlichen und künstlichen Böschungen immer gerechnet werden (WICHTER, HECHT & HOLLINGER 2004). Des Weiteren treten wegen der Veränderlichkeit Unsicherheiten hinsichtlich der Klassifizierung von Bearbeitbarkeit des Materials und Einordnung in geltende Normen auf. Deshalb schlugen NICKMANN et al. (2005) vor, eine Klassifizierung nach der Zerfallsneigung und einem Sammelparameter der Gefügefestigkeit, der sich aus einaxialer Druckfestigkeit, dem Porenvolumen und der Quellfähigkeit zusammensetzt, vorzunehmen. Diese Idee ist ein Schritt in die richtige Richtung, berücksichtigt jedoch noch nicht die mitunter gravierende Veränderlichkeit der Gefügefestigkeit in kürzester Zeit. Alles an Tonminerale gebundene und in Tonsedimenten enthaltene Wasser unterliegt Wechselwirkungen mit dem Feststoff und hat damit unterschiedlichen Einfluss auf die physiko-mechanischen Eigenschaften. Jede Änderung des Wassergehalts bewirkt demnach Änderungen der Eigenschaften des Gesteins, die nur teilweise reversibel sind. Im teilgesättigten Bereich unterliegen sowohl das Porenwasser als auch das Feststoffgerüst zusätzlichen Wechselwirkungen mit der Porenluft. Erschwerend für die Klassifikation und Bewertung der veränderlich festen Gesteine kommt hinzu, dass die Ergebnisse bodenmechanischer und felsmechanischer Laboruntersuchungen zu einem wesentlichen Anteil von der Art der Behandlung der Proben abhängig sind, da die Tone entsprechend ihres Verwitterungsgrades bzw. Gefügezustandes unterschiedlich empfindlich mit spezifischen Gefügeänderungen auf Wassergehaltsänderungen und mechanische Beanspruchung reagieren. Die mit dem Tonsteinaggregatzerfall verbundene Inhomogenität des Gebirges ist schwer einzuschätzen. Die Bedeutung der Problematik führte in den Jahren 1978 bis 1983 zur Einrichtung eines interdisziplinären Schwerpunktprogramms der DFG. Was die Gründe für die wechselnden mechanischen Eigenschaften von überkonsolidierten Tonsedimenten und das gleichzeitige und benachbarte Auftreten unterschiedlich fester Varietäten desselben Tonsedimentes sind, ist trotz intensiver Forschung in den letzten Jahrzehnten noch immer unklar (SCHETELIG & BECKER 2001). Die Vorstellung der Saugspannung im ungesättigten Boden existiert in der Bodenkunde seit mehren Jahrzehnten, eine Verknüpfung mit ingenieurgeologischen und bodenmechanischen Problemstellungen wurde nach eigener Literaturrecherche bislang nicht versucht. Aufbauend auf den Erkenntnissen diverser Autoren über den Einflusses von sedimentärem Environment, der Überlagerungsgeschichte und dem Anteil organischen Kohlenstoffs etc. war das Ziel der hier vorgelegten Arbeit zu versuchen, einen möglichen Erklärungsansatz für die Ursachen dieser veränderlichen Festigkeiten aus Sicht der Wechselwirkung zwischen Porenfluid und Feststoffgerüst im teilgesättigten Porenraum zu finden. 6 Einführung Abbildung 1 Karte der Verbreitung des Oberen Buntsandsteins (enthält Röt-Tonsteine) und des Lias (beinhaltet Opalinuston) in Deutschland (Zusammenstellung aus Geologischer Karte Deutschland, Geologische Karte Baden-Württemberg, Geologische Karte Sachsen-Anhalt und Geologische Karte Thüringen). 7