ATOSnews Schwerpunkt: Endoprothetik :: Schulter: Rasante Entwicklung von Material und Technik :: Radiusköpfchen: Stabile Rekonstruktion mit der Prothese :: Sprunggelenk: Prothesendesign noch verbesserungsfähig :: ATOS interdisziplinär Rheumatologie needs Physiotherapie ATOS Kliniken: Ihr Vorteil – Unsere Spezialisten ATOSnews | Ausgabe 26 | Oktober 2015 Anzeige Patientenratgeber zur Behandlung des kindlichen Plattfuß Ist Ihr Kind von einem Plattfuß betroffen? Dann könnte ein kleiner Eingriff helfen. Während der Entwicklung des kindlichen Fußes richtet sich das Fußgewölbe aus einer normalen Plattfußstellung auf. Bei manchen Kindern bleibt diese Aufrichtung aus. Erst dann handelt es sich um eine Fußfehlstellung. Das Sprungbein, welches mit dem Fersenbein einen Teil des unteren Sprunggelenks bildet, kippt dabei zur Fußinnenkante ab. Das ist auch als Vorwölbung an der Fußinnenseite sichtbar. Im Extremfall liegt die Fußfläche vollständig auf dem Boden auf. Ein kindlicher Plattfuß kann schmerzhaft sein, muss es aber nicht. Wird ein kindlicher Plattfuß nicht behandelt, kann er chronisch werden. Bei Kindern ist der Plattfuß meist relativ einfach mit einer kleinen Operation behandelbar. Nachbehandlung Die Belastung bis zur Schmerzgrenze ist in der Regel sofort nach der Operation möglich. Allerdings sollte für ca. 6 Wochen kein Sport, bei dem Laufen oder Springen erforderlich ist, durchgeführt werden. Die Einzelheiten der Nachbehandlung sind grundsätzlich mit dem behandelnden Arzt abzustimmen. Die Schraube sollte nach Wachstumsende wieder entfernt werden. Welche Risiken sind mit dieser Behandlung verbunden? Bei diesem Operationsverfahren sind Komplikationen selten; wie bei jeder Operation besteht ein allgemeines Risiko. Mit dem Arthrex ProStop Arthrorise-Implantat wird das Sprungbein wieder in korrekter Position auf dem Fersenbein platziert (siehe Illustration). Dies reicht meistens aus, um auch die anderen fehlstehenden Strukturen in eine korrekte Position zu bringen. Plattfuß ProStop Sinus Tarsi* Sprungbein Fersenbein Gesundes unteres Sprunggelenk Sprungbein Sprungbein Fersenbein Fersenbein Unteres Sprunggelenk bei Plattfuß Unteres Sprunggelenk mit ProStop *Tunnelförmige Struktur zwischen Sprung- und Fersenbein. http://qr.arthrex.de/1UkC ProStop ® © Arthrex GmbH, 2015. Alle Rechte vorbehalten. AD2-80007-DE_A ::Editorial ATOSnews „Alles, was du dir vorstellen kannst, ist real“ (Pablo Picasso) Liebe Leserinnen und Leser, 1955 wurde der VW Käfer in den Farben schwarz, hellbeige, stratos-silber, polaris-silber und pink angeboten, wobei stratos-silber eher als grau zu bezeichnen war und pink für das Adenauer-Deutschland der 50er Jahre eine undenkbare Farbe gewesen wäre. Heute, 2015, haben wir beim Autokauf einen Konfigurator, mit dem wir im Internet alle Feinheiten des Motors, der Innenausstattung, der Außenlackierung und des Zubehörs in einer großen Auswahl zusammenstellen können. Darüber hinaus wird bei entsprechendem Portemonnaie jede weitere Wunschvorstellung realisiert! Ich denke, auch hier trifft der Satz von Picasso zu: Wenn ich mir ein Auto kaufe und genügend Geld habe, ist alles, was ich mir vorstelle, real. Wenn wir auf die Entwicklung der Knieendoprothetik schauen, so finden wir aus den frühen Anfängen im Jahr 1890 die erste Knieprothese von Themistokles Gluck, einem Berliner Chirurgen. Damals noch aus Elfenbein, was sehr widerstandsfähig war und wenig allergische Reaktion erzeugen sollte. In den 50er Jahren kamen die ersten Schlittenprothesen aus Metall und Polyethylen auf den Markt. Die ersten achsfreien ungekoppelten Rotationsgelenke wurden rund 20 Jahre später eingeführt. Der Bedarf an endoprothetischem Gelenk­ersatz steigt kontinuierlich, und wir sehen bei den arthrotischen Gelenken eine deutliche Verschiebung der Alterspyramide nach unten durch verstärkten Verschleiß (schon mit 50 aufwärts!). Die Bereitschaft zur OP steigt zudem durch die verbesserten technischen Möglichkeiten zur Prothesenimplantation. Nicht zuletzt ist damit verbunden eine Businesskomponente, mit Wertschöpfung für alle Beteiligten. Ergebnis: die Implantationszahlen steigen mehr oder weniger kontinuierlich. Die Medizintechnik-Industrie hat mit Hilfe von Ärzten und Ingenieuren fantastische Weiterentwicklungen in der endoprothetischen Versorgung erreicht. Schulter-, Knie-, Hüft- und teilweise auch Sprunggelenksendoprothesen können Standzeiten von +/- 20 Jahren erreichen. Dank Revisionsendoprothetik gelingt anschließend die Versorgung für die verbleibende Lebenszeit. Da sich große Unternehmen mit hohen wirtschaftlichen Ressourcen hier in einem umkämpften Wettbewerb befinden, wird trotz Refunding Cuts in den USA und Beschränkungen international extrem viel investiert, um sich einen erhöhten Marktanteil und damit einen Vorteil zu verschaffen. Die Frage, die wir uns jetzt stellen, ist viel zitiert: „Wo kommen wir her, wo gehen wir hin, und was sind die Lösungen der Zukunft?“ Die IT-Branche mit ihrer Erfassung und Verarbeitung unglaublicher Datenmengen hat sich eindeutig auch der Endoprothetik bemächtigt. Wir scannen heute Gelenke ein, fertigen über 3D-Printer oder CAD-Verfahren 1:1-Modelle unserer Knie oder Hüfte mit Becken, um diese Informationen dann in die Produktion von „Ersatzteilen“ einfließen zu lassen. In der Endoprothetik stehen wir jetzt in puncto Individualisierung an der Schwelle zu Hajo Thermann ➔ 3| ::Editorial dem oben beschriebenen Konfigurator der Automobilindustrie. Nicht dass wir zwischen Leder oder Alcantara und blau oder grün wählen könnten, sondern die momentane Diskussion dreht sich um die reale Abbildung der individuellen Knochen und den daraus resultierenden Algorithmus für die optimale prothetische Versorgung. Nun muss man jedoch auch die Werbung von Ärzten und Firmen kritisch hinterfragen. Computertomographische oder MR-adaptierte Verfahren zur Prothesenherstellung als größten Meilenstein, um ein „normales Kniegelenk“ zu bekommen? Hier müssen wir leider noch Essig in den Wein schütten. Das Kniegelenk, das Hüft- und das Sprunggelenk oder das Schultergelenk sind keine schlichten Konstrukte aus zwei oder mehreren artikulierenden Knochen. Es handelt sich vielmehr um extrem anfällige, hochkomplizierte, präzise justierte, komplexe kinematische Gebilde, in denen Knochen nur eine Struktur darstellen – vielleicht nicht einmal die wichtigste. Was die erfolgreiche Endoprothetik über Jahrzehnte zeigt. Die Implantation einer „custom made“Prothese führt nicht dazu, dass man ein perfektes Knie hat. Die Funktionsweise, das kinematische dynamische Design zum einen und zum anderen die Qualität der Implantation durch den Operateur sind wichtigere Faktoren zum Erreichen eines optimal funktionierenden Gelenkes als Computer- und ITgesteuerte Produktion der Prothese. Auch wenn es ein 3D-Printer ist. Das Ziel wird sicherlich richtig formuliert, wenn wir die 1:1-Abbildung der Kno- |4 chen anstreben. Aber dann benötigen wir auch Prothesen, die eine 1:1-Kinematik erlauben, was z. B. im Sprunggelenk und im Knie derzeit eindeutig nicht der Fall ist. Fürs Kniegelenk haben wir jetzt eine neue Generation Kreuzband-erhaltender Prothesen zur Verfügung, die das vordere und hintere Kreuzband als wichtigste Struktur in der Kniekinematik erhalten und somit in Hinblick auf Bewegungsabläufe und vor allem auch in Hinblick auf die Propriozeption bei guter Implantation Meilensteine für eine bessere Performance des ersetzten Kniegelenks sein können. Dies ist in kinematischen Studien eindeutig bewiesen. Im Bereich des Sprunggelenks sind wir weit von anatomischen, kinematischen oder gar physiologischen Implantationen entfernt, was auch daran liegt, dass die Wertschöpfung bei diesem Gelenkersatz nicht optimal ist. Kugelgelenke wie Schulter- und Hüftgelenk sind vom Prothesendesign und der kinematischen Ausrichtung deutlich einfacher zu konstruieren. Hier sind der Weichteilmantel als Determinierung und die Muskulatur für optimale Hebel und Übertragung die entscheidenden Faktoren. In Hinblick auf Werkstoffe wie Polyethylene, Keramiklegierungen, PEEK, Carbon-Derivate mit einem knochenvergleichbaren Elastizitätsmodul und viele andere, uns bisher unbekannte Werkstoffe in den „Küchen“ der Industrie, wird die Zukunft deutliche Verbesserungen bringen in Hinblick auf die Standdauer der Prothesen, also auf Gewebeverträglichkeit und geringeren Abrieb. Gut durchgeführte Endoprothetik mit weiter optimierten Implantaten ist der Garant dafür, dass wir im mittleren bis hohen Lebensalter unsere Mobilität und Aktivität nicht verlieren. Sie hat sich durch gesetzliche Reglementierung im Zulassungsverfahren selbst noch weiter gestärkt, so dass wirklich nur valide Implantate auf den Markt kommen. In der Zukunft werden wir in einen großen Scanner geschickt, der unsere Gelenke 1:1 abbildet. Implantate werden sofort von einem 3D-Printer ausgespuckt! Anschließend werden wir in einen Operationssaal geschoben, wo ein Roboter die Operation dann hoffentlich…genauso gut ausführen wird wie ein Herzblut-Chirurg?! „Alles, was du dir vorstellen kannst, ist real…..“ Prof. Dr. Hajo Thermann ATOSnews ::Inhalt ::Editorial 3 ::Schwerpunkt: Endoprothetik Die Zukunft der Schulterendoprothetik Von Peter Habermeyer, Frank Martetschläger und Mark Tauber Die Rolle der Radiuskopf-Prothese bei schwierigen Ellenbogenfrakturen 16 Fußball-Profi Peter Pekarik in der ATOS Klinik München operiert 20 Patienteninformationsabende der ATOS Klinik München 22 Vorankündigung: 27 26 Vorankündigung: 28 33 Von Rainer Siebold Sprunggelenkprothese – aktueller Stand Dr. Martin A. Thome neuer Partner im PPC Heidelberg Gesundheitsgespräche in der ATOS Klinik Heidelberg Von Hajo Thermann Kniegelenkarthrose: Gelenkerhalt oder Teilersatz? 10 21 Von Fritz Thorey Kreuzbanderhaltende Knie-Endoprothetik PD Dr. Frank Martetschläger verstärkt das Team des Deutschen Schulterzentrums München ATOS Champions League Meeting: Orthopädisches Update München Von Hans Gollwitzer Kasuistik: Pfannenwanderung bei Hüft-TEP mit großem Knochenverlust 17 Von Fritz Thorey Individualisierte Hüftprothese – die Ausnahme? 11 Von Andreas Klonz Hüftendoprothese – aktueller Stand 6 ::News & Notes 36 Von Hajo Thermann Ankündigung: Shoulder Convention 2015 44 54 Prof. Siebold auf medizinischen Spuren in Japan 55 Vorankündigung: 10. Heidelberger Schlosskongress 2016 56 Das adViva Handbike-Team: Volle Power auf drei Rädern 58 Impressum 32 ::Fachbeiträge Kernspinresonanztherapie bei Arthrose und Sportverletzungen Von Raimund Völker „Ich habe Rheuma und will wieder tanzen!“ – Rheumatologie needs Physiotherapie 46 Von Verena Schmitt, Ines Dornacher und Tobias Baierle Botox: Ein hervorragendes Therapeutikum, zu Unrecht in Verruf! 41 51 Von Claudia Jäger ATOS Klinik Heidelberg Bismarckstraße 9–15 69115 Heidelberg www.atos.de ATOS Klinik München Tel. 06221/983-0 [email protected] Effnerstraße 38 81925 München www.atos-muenchen.de Tel. 089/20 4000-0 [email protected] 5| ::Schwerpunkt Endoprothetik Die Zukunft der Schulterendoprothetik Von Peter Habermeyer, Frank Martetschläger und Mark Tauber Keywords: Schulterendoprothetik, HemiCap-Prothese, inverse Prothese, Prothesenversagen, Pyrocarbon Die Zukunft der Schulterendoprothetik liegt in der Weiterentwicklung bestehender Implantate, der Verbesserung und Vereinfachung der OP Planung, der ­Instrumente und der OP-Techniken sowie im Bereich biologischer Verfahren, neuer Werkstoffe und in mit 3D Druckern „personalisierten“ Spezialimplantaten. Schaftprothesen für die Schulter gibt es seit 1951. Analog zur Hüftprothese wurden sie als Langschaftprothesen entwickelt. Die Schulter ist aber kein Hüftgelenk, verfügt über keinen „Schulterhals“ analog zum Schenkelhals und braucht keine diaphysäre Verankerung, weil sich das Drehzentrum mitten in der Metaphyse befindet.1 Also führte der Weg in der Schulterendoprothetik in den letzten Jahren weg von der Schaftprothese hin zu schaftfreien Prothesen oder metaphysären Kurzschäften. Für die schaftfreien Kopfprothesen liegen nun bis zu 10 Jahre Erfahrung vor, ohne dass es zu anfangs befürchteten Prothesenlockerungen gekommen wäre (Abb. 1).2 Langschaftprothesen sind nur noch zu empfehlen, wenn sie konvertierbar, also ohne Schaftwechsel in eine inverse Prothese umbaubar sind. overconstrained sind, den Pfanneneinbau erschweren und es unter der Kappe zu heftigem remodelling bis zur Osteolyse kommt. Darüberhinaus wird in der Literatur häufig eine Varusfehlstellung beschrieben (Abb. 2). HemiCap-Prothesen Im Gegensatz zu den Kappenprothesen – Onlay-Technik – handelt es sich beim Teilgelenkflächenersatz um eine Inlay-Technik, Cup-Prothesen Die noch vor einigen Jahren als en vogue geltenden Cup-Prothesen haben heute als „onlay“ resurfacing Implantate ihre Bedeutung fast völlig verloren, weil sie meistens |6 Abb. 1: Schaftfreie Prothese Typ Eclipse (Fa. Arthrex) Abb. 2: Cup Prothese der Fa. Tornier ATOSnews da der Oberflächenersatz mit dem angrenzenden Knorpel bündig abschließt. Für den Indikationsbereich der zirkumskripten viertgradigen Chondralschäden bei sonst intakter Gelenkfläche, besonders des jüngeren Patienten, wurde der Teilgelenkflächenersatz in Form von sog. HemiCap–Prothesen als Alternative zur Cup–Prothese entwickelt. Die Besonderheit des Implantats liegt in den verschiedenen wählbaren Größen und Krümmungsradien, um die elliptische Form der Humeruskopfgeometrie in Inlaytechnik nachbilden zu können. Die Verankerung erfolgt zementfrei mittels Schraubsystem. Bei diesem auch rein arthroskopischen Teilgelenkflächerersatz kann über eine transhumerale Zielbohrung in das Zentrum des Chondraldefektes die Pin-geführte Knochenlagerpräparation erfolgen und schließlich das Implantat eingebracht werden (Abb.3). Der große Vorteil dieser Methode liegt im Erhalt des M. subscapularis und der somit möglichen frühfunktionellen Rehabilitation.3 Inverse Prothesen Mit der von Grammont 1985 entwickelten inversen Schultertotalprothese liegt uns ein nicht mehr ganz neues Implantat vor, das sich gegenwärtig in einem erheblichen Evolutionsprozess befindet. Der klassischen Grammont-Prothese werden das glenoidale Notching mit mechanisch ausgelöster und durch PE-wear induzierter Osteolyse angekreidet. Durch die starke Kaudalisierung des Humerus können nach Jahren Acromionermüdungsbrüche oder auch zunehmende Deltaschwäche auftreten. Das stark medialisierte Rotationszentrum schwächt die Außenrotation und birgt die Gefahr der Prothesenluxation. Letzteres gleicht man durch Lateralisation der Glenosphäre entweder durch Knocheninterposition (Bio-RSA) oder durch Verwendung von Glenosphären mit grösserem Durchmesser aus. Zur Vermeidung des glenoidalen Notchings hat sich ein steilerer Inklinationswinkel (135°) der humeralen Gelenkfläche bewährt, der den mechanischen Kontakt mit dem Scapulahals vermeidet und gleichzeitig auch die Adduktion und die Rotation verbessert. In Zukunft werden die inversen Implantate eine modulare Anpassung des Inklinationswinkels – zwischen 135° und 155° – erlauben, damit man den verschiedenen Arthroseformen gerecht wird. Letztlich wird nicht mehr die Anatomie des Gelenkes der Prothese angepasst, sondern die Prothese der Pathologie der Schulter. Somit kann man den Grad der Kaudalisierung des Humerus und der Medialisierung der Glenosphäre patientengerecht einstellen. Darüberhinaus sind im Schaftbereich metaphysär verankerte Kurzschaftprothesen in der klinischen Erprobung, genauso wie Veränderungen der Gleitpaarung mit epiphysärer Metallpfanne und PE- Glenosphären. Gegenwärtig vollzieht sich ein Trend hin zum frühen Einsatz der inversen Prothesen. Dieser Trend ist aufgrund der bisweilen hohen Komplikationsraten und der fraglichen Langlebigkeit der Prothese jedoch als kritisch anzusehen und die Indikation vor Implantation sollte streng gestellt werden.4 Zu empfehlen sind, wie eingangs bereits erwähnt, sogenannte Plattformsysteme, die bei Versagen der Rotatorenmanschette jederzeit konvertierbar sind. Frakturprothesen Eine besonders kritische Situation ergibt sich bei den Frakturprothesen, die im Falle einer ausbleibenden Einheilung der Tuberkula zwangsweise zum Funktionsausfall und damit zum Prothesenwechsel führen.5 Da die anatomischen Frakturprothesen aufgrund des eingetretenen Prothesenhochstandes nur technisch sehr schwierig unter Inkaufnahme von massiver Kaudalisierung umbaubar sind, liegt die künftige Richtung im umgekehrten Vorgehen. Indem man primär ein Implantat verwendet, auf das bei jungen Personen eine anatomische Kalotte aufgebaut wird und im Versagensfall auf invers konvertiert werden kann, begünstigt man die Gelenkmechanik, da es nicht zur Überspannung des Gelenks kommt. Abb. 3: Partieller Oberflächenersatz Typ Partial Eclipse (Fa. Arthrex) 3D-Planung Um die Präzision der Pfannenimplantation zu verbessern, kommen verbesserte Planungssoftware und 3D Animationen zur Anwendung nachdem die Navigation auf diesem Gebiet enttäuscht hatte,. Durch 3D Rekonstruktion des Pfannenverbrauchs werden patientenspezifische Frässchablonen und Bohr- und Resektionshilfen präoperativ angefertigt, die eine präzise Pfannenbearbeitung erlauben. Es ist von der 3D Planung kein sehr weiter Schritt, bis in Zukunft mit Hilfe von 3D Druckern Patienten spezifische und pathologiekonforme Prothesen maßgeschneidert werden könnten.6 Prothesenversagen: Ursachen und Abhilfe Die mit Abstand häufigste Ursache für Prothesenversagen liegt im Bereich der Glenoidkomponenten. Dabei unterscheiden sich ­zementierte von unzementierten Systemen. Beide Systeme weisen hohe Lockerungsraten auf, wobei bei den metal back-Systemen hohe Raten an Metallosen hinzukommen. Diese Systeme haben sich daher bislang nicht durchsetzen können. Polyethylen hat als Werkstoff per se das Problem des PE-Abriebs, was zwangsweise zur Osteolyse führt. Wo liegen die Lösungen für die Zukunft? Biologische Verfahren wie die nach Matsen benannte Methode des „ream and ➔ 7| ::Schwerpunkt Endoprothetik Abb. 4: Konvertierbare Glenoidkomponente (Fa. Arthrex) Abb. 5: Kurzschaftprothese Typ Ascend (Fa. Tornier), die auch mit einer Pyrocarbonkalotte erhältlich ist. |8 run“ mit Wiederherstellung der Pfannenkonkavität durch konzentrische Abrasionsarthroplastik des Pfannenbodens können noch zusätzlich durch eine azelluläre dermale Matrix abgedeckt werden, welche Wachstumsfaktoren, Elastin und natives Kollagen als Gerüst enthält. Diese wird wiederum mit platelet rich plasma unterspritzt. Dieses „bio­ logische resurfacing“, das immer mit einem „ream and run“ kombiniert werden sollte, ist in Erprobung. Bislang konnte sich diese Technik aufgrund hoher Versagensraten jedoch nicht durchsetzen.7 Um die Zementschäden zu vermeiden sind neue Konzepte der Verankerung auf dem Weg. Das sind völlig zementfreie PEPfannen mit einem zentralen aufgefächerten Peg, in den der Knochen einwachsen kann. Sogenannte „augmentierte“ PE-Pfannen können den exzentrischen dorsalen Glenoidverbrauch ausgleichen und korrigieren gleichzeitig die pathologische Retroversion der Pfanne. Der Glenoidverschleiß geht mit einer Pfannenabflachung einher, weswegen neue zementierte PE-Pfannensysteme einen grösseren Pfannenradius aufweisen und damit auch der Pfannenboden weniger tief aufgereamt werden muß. Auch im Glenoidbereich ist die Konvertierbarkeit der Glenoidkomponenten ein grosses Thema. Dies ist jedoch nur mit zementfreien Metal BackPfannen möglich. Beim Pfannenträger aus Titan kann sowohl eine PE Komponente als auch eine Glenosphäre aufgebracht werden, weswegen bei fortgeschrittenem Pfannenschaden (Typ B2) oder bei kritischen Zustand der Rotatorenmanschette auf eine konvertierbare Pfanne zurückgegriffen werden sollte (Abb. 4).8 Für die Herstellung von hochvernetztem Polyethylen kann die Quervernetzung über radiochemische Prozesse (Gamma-Bestrahlung, Bestrahlung mittels Elektronenstrahl) und chemische Prozesse (Peroxid-Behandlung, Siliziumwasserstoff-Behandlung) erreicht werden. Der crosslinking-Effekt führt zu einer komplexen Änderung der molekularen Anordnung der Polymerketten. Dies führt, mechanisch gesehen, zu einer Zunahme der Abriebfestigkeit und zum anderen auch der Zugfestigkeit des PE. Jedoch führt es auch zu einer Abnahme des kristallinen, soliden Teils des Kunststoffs und somit auch des E-moduls. Ein geringeres E-modul führt zu größeren Kontaktflächen, geringerem Kontaktstress und so potenziell weniger Abrieb. Ein Nachteil hoch quervernetzter Polyethylene aber ist, dass die entstehenden Partikel verglichen mit konventionellem PE vermehrt im Bereich von <1μm liegen und somit schneller zu einer aseptischen Lockerung der Prothese führen können. Letztlich ist auch hochvernetztes Polyethylen zu weich und abriebgefährdet, was zur Suche nach besserem Material auf der Kopfseite führt. Literatur 1.Magosch P, Habermeyer P, Bachmeier S, Metcalfe N. Biomechanische Grundlagen des metaphysär verankerten Humeruskopfersatzes. Obere Extremität. 2012;7:11-16. 2.Habermeyer P, Lichtenberg S, Tauber M, Magosch P. Midterm results of stemless shoulder arthroplasty: A prospective study. J Shoulder Elbow Surg. 2015. 3.Matis N, Ortmaier R, Moroder P, Resch H, Auffarth A. Posttraumatic arthrosis of the glenohumeral joint : From partial resurfacing to reverse shoulder arthroplasty. Unfallchirurg. 2015;118:592-600. 4.Smithers CJ, Young AA, Walch G. Reverse shoulder arthroplasty. Curr Rev Musculoskelet Med. 2011;4:183-190. 5.Tauber M, Magosch P, Habermeyer P. Humeral head replacement in acute proximal humerus fractures. Unfallchirurg. 2013;116:691-697. ATOSnews Schon seit Jahren ist der Werkstoff Keramik als Material für die Kopfkalotten im Gebrauch, hat aber ein zu hartes Elastizitätsmodul. Ein ideales Kopfersatz-Material sollte dieselben elastischen Eigenschaften wie Knochen aufweisen und mechanischen Stress natürlich weiterleiten. Pyrocarbon hat ähnliche elastische Eigenschaften wie Knochen und eine Oberflächenmorphologie, die eine Osteointegration zulässt. Seit 2009 sind Pyrocarbon-Kopfkalotten in der klinischen Anwendung und werden als Kurzschaft Prothesen oder als schaftfreie Humerus CupProthesen erprobt (Abb. 5). Zugangstechnik Eine letzte wichtige Weiterentwicklung gilt der Zugangstechnik. Da der klassische deltopektorale Zugang obligat zur Abtrennung und damit zur potentiellen Insuffizienz des M.subscapularis führt, wird zur Vermeidung einer Subscapularisablösung am Rotatorenintervall-Zugang gearbeitet. Dabei präpariert man minimal invasiv durch die Kapsellücke zwischen Subscapularis und Supraspinatus, osteotomiert „gedeckt“ den Humeruskopf und gewinnt damit ausreichend Zugang zur Pfanne. Spezialinstrumente sind hierfür erforderlich. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob sich dieser neue Zugangsweg durchsetzten wird.9 Fazit 6.Walch G, Vezeridis PS, Boileau P, Deransart P, Chaoui J. Threedimensional planning and use of patient-specific guides improve glenoid component position: an in vitro study. J Shoulder Elbow Surg. 2015;24:302-309. 7.Puskas GJ, Meyer DC, Lebschi JA, Gerber C. Unacceptable failure of hemiarthroplasty combined with biological glenoid resurfacing in the treatment of glenohumeral arthritis in the young. J Shoulder Elbow Surg. 2015. 8.Habermeyer P, Magosch P. Zementfreier anatomischer Glenoidersatz. Obere Extremität. 2015;10:80-87. 9.Ding DY, Mahure SA, Akuoko JA, Zuckerman JD, Kwon YW. Total shoulder arthroplasty using a subscapularis-sparing approach: a radiographic analysis. J Shoulder Elbow Surg. 2015;24:831837. Der vorliegende Artikel zeigt die rasante Evolution der Schulterendoprothetik in den letzten 65 Jahren und stellt die derzeitigen Trends und Schwerpunkte der Forschung und Produktentwicklung dar. In der engen Zusammenarbeit zwischen Industrie, Grundlagenforschung und spezialisierten Schulterchirurgen steckt ein enormes Potential für die Schulterendoprothetik der Zukunft, das in der Lage sein wird, die Zufriedenheit unserer Patienten nach Prothesenimplantation weiter zu verbessern. Prof. Dr. Peter Habermeyer PD Dr. Frank Martetschläger PD Dr. Mark Tauber Deutsches Schulterzentrum ATOS Klinik München [email protected] 9| ::Schwerpunkt Endoprothetik N O T E S & N E W S :: PD Dr. Frank Martetschläger verstärkt das Team des Deutschen Schulterzentrums und leitet die Ambulanz für sportorthopädische Notfälle in der ATOS Klinik München Stöckle und an der Abteilung für Sportorthopädie unter der Leitung von Prof. Dr. Andreas Imhoff. Die Zeit bei Prof. Imhoff sei für ihn ein entscheidender Meilenstein gewesen, um die Standardeingriffe der Sportorthopädie zu erlernen und seine Spezialisierung auf Schulter- und Ellenbogenchirurgie voranzutreiben. PD Dr. Frank Martetschläger Zu Beginn des Jahres 2015 wechselte Dr. Frank Martetschläger von der Abteilung für Sportorthopädie des Klinikums rechts der Isar (Leitung Prof. Imhoff) an das Deutsche Schulterzentrum in der ATOS Klinik München. Im Rahmen seiner Facharztausbildung war Dr. Martetschläger bereits 2007/2008 einmal an der ATOS Klinik tätig. Damals arbeitete er als Assistenzarzt in der Abteilung für Schulter- und Ellenbogenchirurgie der ATOS Klinik Heidelberg unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Habermeyer und Dr. Sven Lichtenberg. „Dieses Jahr hat mich sehr geprägt und den Grundstein für meine Spezialisierung auf Schulterund Ellenbogenchirurgie gelegt“ berichtet der 37-jährige gebürtige Würzburger. Seine weitere Ausbildung genoss Dr. Martetschläger am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München in der Abteilung für Unfallchirurgie unter der Leitung von Prof. Dr. Ulrich | 10 Das Internationale Schulter Fellowship der Deutschen Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie (AGA) führte Dr. Martetschläger 2011/12 in die USA an die renommierte „Steadman Clinic“ nach Vail, Colorado. Dort arbeitete er ein Jahr lang mit dem international anerkannten Schulterchirurgen Dr. Peter Millett und konnte neben der klinischen Arbeit zahlreiche wissenschaftliche Beiträge publizieren. 2014 bekam Dr. Martetschläger das Reise­ stipendium der Europäischen Schulterund Ellenbogengesellschaft (SECEC) und verbrachte jeweils 3 Wochen bei ausgewiesenen Schulter- und Ellenbogenspezialisten in Japan und Südkorea. „Die asiatischen Kollegen zeichneten sich nicht nur durch eine enorme Gastfreundlichkeit aus, sondern auch durch ihr bemerkenswertes wissenschaftliches Arbeiten und ihr hervorragendes chirurgisches Arbeiten“, berichtet Dr. Martetschläger im Gespräch über den „exzellenten Erfahrungsaustausch“. Nach seiner Rückkehr stellte er die Habilitationsarbeit fertig und wurde von der Technischen Universität München zum Privatdozenten ernannt. Für die Arbeit zum Thema „Neue Aspekte zur Therapie häufiger Instabilitäten des Schultergürtels“ erhielt er den Habilitationspreis 2014 der Technischen Universität München. „Das Konzept der ATOS Kliniken, an denen die Patienten von Orthopäden und Unfallchirurgen mit hohem Spezialisierungsgrad behandelt werden, hat mich von Anfang an überzeugt, da die hohe Spezialisierung und die damit verbundene Qualität der Behandlung direkt dem Patienten zu Gute kommt“, berichtet Dr. Martetschläger auf die Frage nach dem Erfolgsrezept der ATOS Kliniken. Zudem freue er sich, seine klinische und wissenschaftliche Tätigkeit in einem optimalen Umfeld und zusammen mit den Schulterspezialisten Prof. Dr. Habermeyer und PD Dr. Tauber ausüben zu können. Neben seiner Arbeit im Deutschen Schulterzentrum hat Dr. Martetschläger die Leitung der Ambulanz für sportorthopädische Notfälle der ATOS Klinik München übernommen. „Wir sind an der ATOS Klinik München in der Lage, jegliche Art von Sportverletzungen zu diagnostizieren und in unserem Team von Spezialisten zu behandeln“, so Dr. Martetschläger. Dr. Martetschläger ist ordentliches Mitglied nationaler und internationaler Fach­gesellschaften. Im Rahmen seiner Forschungstätigkeit hat er zahlreiche Vorträge auf nationalen wie internationalen Kongressen gehalten und weit über 50 wissenschaftliche Artikel und Buchbeiträge zum Thema der Schulter- und Ellenbogenchirurgie verfasst. ATOSnews Rekonstruktion von schwierigen Brüchen am Ellenbogen: Rolle der Radiuskopf-Prothese Von Andreas Klonz Keywords: Radiusköpfchen-Prothese, Ellenbogenfraktur, Monteggia-Verletzung, Essex-Lopresti-Läsion Die Bedeutung der Funktion und Beweglichkeit des Ellenbogengelenkes wird häufig unterschätzt. Dabei ist eine Beugung des Ellenbogens von ca. 120° unverzichtbar, um die Hand zum Gesicht und zum Kopf zu führen. Zudem ist eine Supination von 30–40° wichtig, um die taktile Handinnenfläche zum Gesicht zu drehen. Einschränkung der Streckung und der Pronation können eher kompensiert werden, führen aber ebenfalls zu erheblichen Behinderungen. Neben der Beweglichkeit ist wie bei jedem anderen Gelenk auch die Gelenkstabilität wichtige Voraussetzung für die Funktion, d. h. um die Hand im Raum zu positionieren und die Kraft von Rumpf, Schulter und Arm auf die Hand zu übertragen. Das gesunde Ellenbogengelenk ist durch den Formschluss der korrespondierenden Gelenkanteile knöchern sehr gut stabilisiert. So zeigt ein luxiertes Ellenbogengelenk ohne knöcherne Verletzungen nach der Reposition in den meisten Fällen bereits wieder eine relativ gute Stabilität und kann in einigen Fällen ohne weitere operative Versorgung des Bandapparates konservativ mit sehr gutem Ergebnis behandelt werden. Kommt es im Rahmen einer Luxation dagegen zu knöchernen Verletzungen, so müssen diese fast immer operativ rekonstruiert werden, um die Stabilität des Gelenkes wieder herzustellen. Häufig liegen in diesen Fällen zusätzlich schwere Verletzungen des Bandapparates vor. Hinzu kommt, dass aufgrund des bereits erwähnten guten Formschlusses des Gelenkes bereits kleine Fehlstellungen der knöchernen Strukturen zu deutlichen Einschränkungen der Beweglichkeit führen können, indem sie das Gelenk in seiner Beweglichkeit blockieren. Als weiterer problematischer Faktor neigt die Gelenkkapsel des Ellenbogengelenkes mehr als bei jedem anderen Gelenk zu einer verletzungsbedingten Entzündung und Fibrosierung und mit der Folge einer Einsteifung des Gelenkes. Nicht selten kommt es sogar zu Verknöcherungen der Kapsel im Sinne von heterotopen Ossifikationen. Auslösender Faktor für diese Komplikation sind neben dem initialen Trauma fortbestehende mechanische Unregelmäßigkeiten durch Instabilität, Inkongruenzen des Gelenkes oder lange Ruhigstellungen. Es ergibt sich, dass die stabile Wiederherstellung der knöchernen Anatomie absolute Priorität in der Versorgung von Faktoren am Ellenbogen hat. Die ligamentäre Stabilisierung tritt dagegen in der Bedeutung zurück, wird aber natürlich im Rahmen der Knochenbruchversorgung in der Regel zusätzlich durchgeführt. Der vorliegende Artikel beschäftigt sich insbesondere mit der Rolle des Radiusköpfchens und dessen operativer Versorgung. Funktionen des Radiusköpfchens Das Radiusköpfchen ist essenzieller Stabilisator für Valguskräfte zusammen mit dem medialen/ulnaren Kollateralband. Des weiteren trägt es als wesentlicher Faktor zur posterolateralen Stabilität bei – zusammen mit dem Processus coronoideus und dem radialen (lateralen) Bandapparat. Zudem dient das Radiusköpfchen der axialen Kraftübertragung vom Oberarm zur Hand und nimmt dabei ca. 60 % der Kraft auf. Die uneingeschränkte Drehung des Radiusköpfchens im proximalen radioulnaren ➔ 11 | ::Schwerpunkt Endoprothetik Gelenk ist unverzichtbar für die Drehung der Hand im Sinne der Pronation und Supination. Einteilung der Radiusköpfchen-Frakturen Frakturen des Radiusköpfchens sind häufig und werden nach der Klassifikation von Mason (1954) eingeteilt: I. Mason Typ I: Nicht dislozierte Radiuskopffraktur II. Mason Typ II: Dislozierte Randfraktur des Radiuskopfes mit sichtbarer Gelenkstufe von mehr als 2 mm und mehr als 25 % der Gelenkfläche betreffend. III. Mason Typ III: Mehrfragment- oder Trümmerfraktur des Radiuskopfes ohne Begleitverletzungen. Mason Typ IV: Mehrfragment- oder IV. Trümmerfraktur des Radiuskopfes mit Begleitverletzungen. Frakturen Typ I und II sind unkompliziert und werden meist konservativ und frühfunktionell behandelt. Bei Typ II ergibt sich eine OP-Indikation, wenn eine mechanische Blockierung durch das Fragment klinisch oder radiologisch (CT) vorliegt. Wichtig ist aber, auch bei diesen einfachen Brüchen nach Begleitverletzungen zu suchen. Dies beinhaltet insbesondere die klinische Beurteilung des medialen und lateralen Bandapparates sowie auch der Membrana interossa und des distalen Radioulnargelenkes am Handgelenk. In Zweifelsfällen sollte ergänzend eine Bildwandleroder MRT-Untersuchung erfolgen. Bei den Frakturen Mason Typ III und IV ergibt sich nahezu ausnahmslos eine OP-Indikation. Isolierte Radiusköpfchen-Mehrfragmentoder Trümmerfrakturen ohne Begleit­ verletzung (Mason Typ III) Bei diesen schwierigen Gelenkfrakturen muss eine anatomische Wiederherstellung und stabile Situation zur früh-funktionellen Behandlung unbedingt angestrebt werden, um ein optimales funktionelles Ergebnis zu erreichen. Die Möglichkeiten zur Osteosynthese haben sich hier speziell durch die | 12 Entwicklung winkelstabiler Implantate und zunehmend auch speziell auf das Radiusköpfchen vorgeformter Implantate deutlich entwickelt. Trotzdem ist eine entsprechende Rekonstruktion nicht immer sinnvoll und möglich und führt immer wieder zu unbefriedigenden Ergebnissen. Lange Zeit wurde die Resektion des Radiusköpfchens als gute Option gesehen. Tatsächlich gibt es immer wieder Patienten, die auch nach Resektion des Radiusköpfchens lange Zeit sehr gut zurechtkommen. Allerdings führt diese Situation zu einer Überlastung des humeroulnaren Gelenkes und häufig zu dessen vorzeitigem arthrotischem Verschleiß. Außerdem ist zu bedenken, dass eine isolierte Trümmerfraktur des Radiusköpfchens ohne assoziierten Bandschaden eher unwahrscheinlich und selten ist, sodass in den meisten Fällen doch eher eine Fraktur des Typs Mason IV (s.u.) vorliegt, die eine Rekonstruktion des radialen Pfeilers erfordert. Trümmerfrakturen des Radiuskopfes mit Begleitverletzung (Typ Mason IV) Bei dieser Verletzung ist die Radiusköpfchenfraktur mit einer Verletzung des Bandapparates und/oder weiterer knöcherner Strukturen assoziiert. Immer hat eine Luxation oder Subluxation des Gelenkes stattgefunden. Häufigste Begleitverletzungen sind eine Fraktur oder Avulsion am Processus coronoideus sowie Rupturen des lateralen und des medialen Bandapparates. Je mehr Strukturen verletzt sind, desto instabiler ist das Gelenk. Eine Resektion des Radiusköpfchens führt hier zu einer kaum mehr beherrschbaren Situation. Auch die Naht des Bandapparates oder Refixation des Processus coronoideus führen nicht zu einer ausreichenden Stabilisierung, um das Gelenk früh-funktionell zu behandeln. Eine längere Ruhigstellung führt unweigerlich zur Einsteifung des Gelenkes. Eine Option stellt hier der Bewegungsfixateur dar, der die früh-funktionelle Behandlung unter Schutz der rekonstruierten ligamentären Strukturen ermöglicht. Vorteilhaft ist aber die anatomische Rekonstruktion des radialen knöchernen Pfeilers durch stabile Osteosynthese des Radiusköpfchens oder die Implantation einer Radiusköpfchen-Prothese. Hierdurch kann in den allermeisten Fällen eine übungsstabile Situation ohne Anlage des Bewegungsfixateurs erreicht werden. Kasuistiken Anhand von drei Kasuistiken wird im Folgenden die Versorgung von komplexen Ellen­ bogenverletzungen unter Einsatz von Radiusköpfchenprothesen beschrieben. Fall 1: 24jähriger Sportstudent mit Radiusköpfchentrümmerfraktur nach Luxation Röntgenbefund und intraoperativer Befund siehe Abb. 1.1.1 – 1.1.4. Primäre Implantation einer Prothese und Weichteilrekonstruktion (Abb. 1.2.1-1.2.2). Ergebnis nach 9 Jahren röntgenologisch (Abb. 1.3.1 – 1.3.2) und funktionell (Abb. 1.4.1 – 1.4.4). Der Patient konnte sein Studium beenden und ist inzwischen Sportlehrer. Er ist beschwerdefrei und kann sportliche Aktivitäten ohne Einschränkung auf hohem Niveau durchführen. Lediglich Maximalbelastungen am Reck oder Barren werden (sicherheitshalber) vermieden. Spezielle Situationen: Monteggia-Verletzung Proximale Unterarm-Frakturen mit assoziierter Luxation des Radiusköpfchens werden als Monteggia-Verletzung oder Monteggialike-Läsionen beschrieben (s. auch Einteilung nach Bado). Ziel der Therapie ist die anatomische Wiederherstellung der proximalen Ulna, die Reposition des Radiusköpfchens und die Wiederherstellung der anatomischen Stellung zwischen Radius und Ulna. Liegt in diesen Fällen zusätzlich eine Trümmerfraktur des Radiusköpfchens vor, ➔ ATOSnews Fall 1 Abb. 1 .1.1 – 1.1.4: OP 2006 (siehe Text) Abb. 1 .2.1 – 1.2.2: post OP 2006 Abb. 1 .3.1 – 1.3.2: Ergebnis 2015 Abb 1.4.1 – 1.4.4: Klinischer Befund 2015 13 | ::Schwerpunkt Endoprothetik Fall 2 Abb. 2 .1.1 Abb. 2 .2.1 – 2.2.2: Auswärtige Primärversorgung Situation nach 3 Monaten so muss diese anatomisch rekonstruiert oder durch eine Radiusköpfchen-Prothese versorgt werden, um die anatomische Einstellung des radioulnaren Gelenks, des humero­ radialen Gelenkes und des humeroulnaren Gelenkes zu ermöglichen. Die Resektion des Radiusköpfchens führt hier unweigerlich zum Therapieversagen. Fall 2: 47jähriger Patient mit 2°offener Monteggia-like-Verletzung und traumatischer Radialisläsion. Abb. 2 .3.1 – 2.3.2: 2 Monate nach Revision Ausgangsbefund siehe Abb. 2.1.1. Primär unzureichende Versorgung mit Drittelrohrplatte und RK-Resektion. Im Verlauf Psseudarthrose der Ulna, Instabilität des Gelenkes, Subluxation des RK im Humeroradialgelenk und Radioulnargelenk. Heterotope Ossifikationen. Massive Funktionseinschränkung und Schmerzen (Abb. 2.2.1-2.2.3). Revision mit Reosteosynthese mit Spongiosa, Entfernung der Ossifikationen, Arthrolyse, RK-Prothese, Bandrekonstruktion (Abb. 2.3.1- 2.3.2 und Abb. 2.4.1-2.4.2). Im Verlauf nahezu freie Funktion des Ellenbogens bei leider verbleibender Radialisparese. Eine motorische Ersatzoperation wurde bislang vom Patienten abgelehnt. | 14 Abb. 2 .4.1 – 2.4.2: Nach Implantatentfernung ATOSnews Fall 3 Spezielle Situationen: Essex-Lopresti-Läsion Bei Frakturen des Radiusköpfchens muss immer an das Vorliegen einer Essex-LoprestiLäsion gedacht werden, ggf. sollten vergleichende Aufnahmen des Handgelenks oder eine Bildwandleruntersuchung erfolgen. Die Verletzung der Membrana interossea führt zur Verschiebung des gesamten Radius nach proximal mit relativer Dislokation und Überlänge der Ulna am Handgelenk. Leichtere Formen dieser Situation liegen bei Radiusköpfchen-Frakturen häufig vor. Man beobachtet, dass die Patienten über Beschwerden im Bereich des Unterarms und des Handgelenks klagen, obwohl radiologisch lediglich die Radiusköpfchen-Fraktur nachweisbar ist. Die Reposition des Radius nach distal ist nur möglich, wenn die Länge des Radius durch hochstabile Osteosynthese oder Radiusköpfchen-Prothese wieder hergestellt wird. Abb. 3 .1.1 – 3.1.3 Abb. 3 .2.1 – 3.2.2: Essex-Lopresti-Verletzung (siehe Text) Fall 3: 43 jähriger Patient nach Fahrradsturz Trümmerbruch des Radiusköpfchens (Abb. 3.1.1. – 3.1.2). Der gesamte Radius ist gegenüber der Ulna nach proximal verlagert, was insbesondere bei der vergleichenden Aufnahme der Handgelenke deutlich wird (Abb. 3.1.3). Abb. 3.2.1 – 3.2.3: Nach Implantation der Radiusköpfchen-Prothese (Abb. 3.2.1 – 3.2.2) ist die Länge wieder ausgeglichen. Das distale radioulnare Gelenk stellt sich korrekt ein (Abb. 3.2.3). Aspekte des operativen Vorgehens zur Implantation der RadiusköpfchenProthese Zur Implantation der Radiusköpfchen-Prothese nutzen wir in aller Regel den sogenannten Zugang nach Kocher, der in das Intervall zwischen Musculus anconeus und den Extensoren eingeht. Im Falle einer stattgehabten Luxation findet man hier oft Läsionen der Kapsel und des Bandapparates, die den Zugang zum Gelenk vorgeben und die im Rahmen des Rückzuges dann durch Refixation mit Ankerhaken rekonstruiert werden können. Der Eingriff kann in Rückenlage mit radialer Hautinzision oder auch in Bauchlage mit dorsaler Inzision erfolgen. Die dorsale Inzision hat den Vorteil, dass auch epifaszial nach ulnar präpariert werden kann und der ulnare Bandapparat ohne weitere Inzisionen angegangen werden kann. Alternativ ist hier aber auch ein weiterer ulnarer Hautschnitt ergänzend zum radialen Schnitt möglich. Nach Entfernung der Fragmente des Radiusköpfchens kann auch das Coronoid gut eingesehen und häufig von dorsal reponiert und mit Schrauben oder transossären Fäden refixiert werden. Auch kleinere Avulsionen und Kapselausrisse können so an der Ulna refixiert werden, was die postoperative Stabilität deutlich erhöht. ➔ Abb. 3.2.3 15 | ::Schwerpunkt Endoprothetik Wichtigster Aspekt der Implantation der Prothese ist die absolut korrekte Wiederherstellung der Länge des Radius. Am sichersten und einfachsten gelingt dies, wenn die entfernten Fragmente auf dem Tisch zusammengelegt werden und somit die resezierte Länge genau bestimmt werden kann. Auch der Durchmesser des Radiusköpfchens kann so auf die anatomischen Verhältnisse abgestimmt werden. Soweit dies nicht möglich ist, muss die Länge klinisch und radiologisch eingestellt werden. Klinisch sollte dabei die Radiusköpfchen-Prothese die Gelenkfläche der Ulna nicht überragen. Radiologisch sollte ebenfalls die Prothese auf Höhe der Gelenkfläche der Ulna abschließen. Der ulnohumerale Gelenkspalt muss symmetrisch verlaufen. Eine Überlänge der Prothese führt zu einen ‚OverStuffing‘ mit entsprechenden Schmerzen, Bewegungseinschränkung und Knorpelverschleiß am Capitulum humeri. Bei korrekter Implantation der Prothese sind in aller Regel von dieser Seite keine Komplikationen zu erwarten. Der Prothesenschaft lockert sich häufig asymptomatisch. Einige Modelle sehen von vorneherein ein lockere Implantation vor (‚intentionally loose‘). Fazit Bei den komplexen Verletzungen des Ellenbogens ist die anatomische Rekonstruktion des radialen Pfeilers essenzieller Faktor für das Gesamtergebnis. Ist das Radiusköpfchen nicht stabil zu rekonstruieren, bietet die Radiusköpfchenprothese heute ein unverzichtbares Instrument zur Stabilisierung des Gelenkes. Dr. Andreas Klonz Praxis für Unfallchirurgie und Orthopädie Notfallambulanz, Sportmedizin, D-Arzt für Schul- und Arbeitsunfälle ATOS Klinik Heidelberg [email protected] www.unfallchirurgie-atos.de | 16 N O T E S & N E W S :: Dr. Martin A. Thome neuer Partner im PPC Dr. med. Martin A. Thome Der Facharzt für Chirurgie, Proktologie und Notfallmedizin Dr. med. Martin A. Thome ist neuer Partner im PPC – dem Phlebologisch-Proktochirurgischen Zentrum an der ATOS Klinik Heidelberg. Nach dem Medizinstudium an der Universität Heidelberg und Praktischem Jahr unter anderem im Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York begann Dr. Thome seine chirurgische Ausbildung in der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg, wo er zum Thema Darmkrebs promovierte. Im Laufe seiner weiteren, breiten chirurgischen Ausbildung in der Chirurgischen Klinik München-Pasing mit mehrmonatiger Rotation in die Gefäßchirurgie entwickelte sich sein tieferes Interesse für die End- und Dickdarmerkrankungen, weshalb er anschließend als Facharzt im Kompetenzzentrum für chirurgische Koloproktologie am St.-Josefs-Hospital Wiesbaden arbeitete. Hier erwarb er die Zusatzbezeichnungen Proktologie und Notfallmedizin. Zur Abrundung seines ärztlichen Spektrums erwarb Herr Dr. Thome in der Zentralen Interdisziplinären Endoskopie der Chirurgischen Universitätsklinik Mannheim Kenntnisse auf dem Gebiet der Magen- und Darmspiegelungen sowie der Polypenabtragung. Sein klinischer Schwerpunkt liegt in der schonenden konservativen und operativen Behandlung von End- und Dick­ darmerkrankungen (Koloproktologie), der Endoskopie des Magen- und Darmtraktes (Gastroskopie und Koloskopie), sowie der konservativen und operativen modernen Venenbehandlungen (Phlebologie). Dr. Thome besucht regelmäßig nationale und internationale wissenschaftliche Fachkongresse, um den hohen Qualitätsanspruch der ATOS Klinik zu gewährleisten und seinen Patienten die bestmögliche Behandlung auf höchstem fachlichen Niveau zu ermöglichen. ATOSnews Hüftendoprothese – Aktueller Stand Von Fritz Thorey Keywords: Minimal-invasiv, Kurzschaft, Gleitpaarungen, Hemicap Die Anzahl an Hüftendoprothesen-Implantationen steigt stetig: Aktuell werden in Deutschland über 150.000 Hüftendoprothesen pro Jahr implantiert. Dabei nimmt der Anteil an jüngeren Patienten deutlich zu, die einen hohen Anspruch an ihr neues Gelenk haben. Sportlich aktive und jung gebliebene Patienten erwarten von einem neuen Gelenk, dass sie ihre bisherigen Freizeitaktivitäten weiterführen können. Daneben steigt das Interesse an muskelschonenden minimal-invasiven Techniken, die nach dem Gelenkersatz eine zügige Mobilisation und damit eine schnelle Rückkehr in das berufliche Umfeld und zu sportlichen ­Aktivitäten ermöglichen. Beides stellt den Operateur vor die Aufgabe, sowohl das passende Implantat als auch eine muskelschonende Operationstechnik zu wählen, um neben der Aktivität des Patienten eine lange Prothesenstandzeit zu erreichen. Entstehung der Hüftgelenk-Arthrose Operative Behandlungsmöglichkeiten In vielen Fällen der Grund für das Auftreten des Knorpelverschleißes unbekannt (primäre Arthrose). Es gibt jedoch Fehlstellungen am Hüftgelenk, die zu einer vorzeitigen Arthrose des Hüftgelenkes führen können (sekundäre Arthrose). Neben dem Alter und Geschlecht spielen ebenfalls systemische Risikofaktoren bei der Entstehung der Arthrose eine Rolle. In zunehmendem Alter verändert sich der Aufbau des Knorpels, so dass die stabilisierenden Kollagene abnehmen und zusammen mit anderen Faktoren zu einem Abbau und Destabilisierung des Gelenkknorpels beitragen. In der Anfangsphase mit einer nur leichten Schädigung helfen daher noch Injektionen in das Hüftgelenk, die dem Abbau der Knorpelstruktur entgegen wirken sollen. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer Verdünnung des Gelenkknorpels, bis im Röntgenbild der Gelenkspalt aufgehoben erscheint (Abb. 1). Ebenso hängt der Verlauf der Knorpelabnutzung dabei stark vom individuellen Belastungsgrad des Gelenkes ab. Führt eine konservative Behandlung nicht mehr zu einer Besserung und können auch arthroskopische Maßnahmen keine Beschwerdelinderung mehr schaffen, muss über einen künstlichen Ersatz des Hüft- Abb. 1: Hüftgelenk-Arthrose mit bereits aufgehobenen Gelenkspalt als Hinweis auf einen fortgeschrittenen Knorpelverschleiß gelenkes nachgedacht werden. Die in der Vergangenheit häufig beim Vorliegen einer Arthrose durchgeführten Korrekturen des Knochens am Oberschenkel (Femur-Osteotomien) oder am Becken (acetabuläre Osteo­ tomien) wurden in der letzten Jahren weitgehend verlassen. Die Gründe dafür sind die nur schwer vorhersehbaren patientenindividuellen Ergebnisse, die häufig nicht vollständige Beschwerdefreiheit und der sehr lange Behandlungsverlauf. Die Wahl des Prothesentypes spielt beim Hüftgelenkersatz eine entscheidende Rolle und sollte dem Aktivitätsgrad und dem biologischen Alter des Patienten angepasst sein, um eine möglichst lange Prothesenstandzeit zu erreichen. Ebenfalls ist die Wahl der Operationstechnik durch den orthopädischen Chirurgen wichtig. Neue minimal-invasive Techniken ermöglichen heutzutage eine schnelle Rehabilitation, eine zügige Rückkehr in das berufliche Umfeld und Aufnahme der gewohnten Freizeitaktivitäten. ➔ 17 | ::Schwerpunkt Endoprothetik Minimal-invasive Operationstechniken Die minimal-invasive Chirurgie (MIS) hat sich in den letzten Jahren aufgrund des steigenden Anspruches der Patienten entwickelt, einen möglichst kurzen Krankenhausaufenthalt und eine schnelle Rehabilitation zu haben. Vor einigen Jahren waren statio­ näre Aufenthalte von 3–4 Wochen nach einem Hüftgelenkersatz keine Seltenheit. Diese haben sich jedoch in letzter Zeit bis auf wenige Tage verkürzt. Um diese kurzen Krankenhausaufenthalte zu ermöglichen, wurden die herkömmlichen Operationstechniken verlassen, die vielfach ein Ablösen von Muskulatur erforderten. Minimal-invasive Techniken respektieren den Verlauf der Muskulatur und streben eine möglichst geringe Schädigung von gelenknahen Muskeln an. Neben der Modifikation der bisherigen operativen Zugänge wurden Hüftimplantate entwickelt, die eine muskelschonende Implantation ermöglichen. Häufig werden der antero-laterale (modifiziert nach Watson-Jones) oder anteriore Zugang (modifiziert nach SmithPeterson) als minimal-invasiver Zugang zum Hüftgelenk gewählt (Abb. 2). Beim anterolateralen Zugang wird beispielsweise durch die Muskellücke zwischen dem M. tensor fasciae latae und dem M. gluteus medius, beim anterioren Zugang zwischen dem M. sartorius und dem M. tensor fasciae latae auf den Schenkelhals des Hüftgelenks zugegangen, ohne die umgebende Muskulatur zu verletzten (Abb. 3). Nach Eröffnung der Gelenkkapsel kann der Hüftkopf aus der Hüftpfanne luxiert und die beiden Gelenkanteile für die Aufnahme einer Endoprothese vorbereitet werden. Nach der Implantation des Gelenkersatzes wird das Gelenk wieder reponiert und die Gelenkkapsel geschlossen. Die Muskelanteile legen sich anschließend wieder aneinander und die Haut kann verschlossen werden. Abb. 2: MIS Zugänge zum Hüftgelenk: antero-lateraler (weißer Pfeil), anteriorer Zugang (schwarzer Pfeil) zum Hüftgelenk. (1) M. sartorius, (2) M. tensor fasciae latae, (3) M. rectus femoris, (4) M. glutaeus medius, (5/6) Schenkelhals mit Hüftkopf, (7) Hüftpfanne. doprothetische Versorgung mit schneller Rehabilitation vorangetrieben. Im letzten Jahrzehnt wurden vermehrt Prothesen entwickelt, die eine muskelschonende Implantation ermöglichen und dabei eine physiologische Krafteinleitung in den Knochen haben. Im Hinblick auf den Anspruch jedes Patienten an sein neues Hüftgelenk und dem zukünftigen demographischen Wandel werden viele Patienten ein bis zwei Wechseloperationen in ihrem Leben erhalten. Um einen Prothesenwechsel durchzuführen, sind gute knöcherne Verhältnisse zur Verankerung der Wechselprothese notwendig. Die heutzutage verwendeten Prothesentypen für Patienten mit guten Knochenverhältnissen verklemmen sich weit proximal im Bereich des Oberschenkels (Kurzschaft-Prothesen). Sollte es im Laufe des Lebens zu einer Lockerung des Prothese kommen, kann das Implantat relativ einfach entfernt und eine herkömmliche Standardprothese in den unberührten Knochen eingesetzt werden. Aufgrund der mittlerweile 10-jährigen vielversprechenden klinischen Ergebnisse der Kurzschaftprothesen hat deren Anteil an allen implantierten Hüftendoprothesen in den letzten Jahren in Deutschland deutlich zugenommen. Diese Zunahme begründet sich unter anderen durch die aktuellen Ansprüche an moderne Endoprothesen, die sowohl minimal-invasiv und knochenerhaltend implantierbar sein sollten. Oberflächenersatz Die Idee des Oberflächenersatzes mit einer Überkronung des Hüftkopfes wurde bereits 1928 von Smith-Petersen verfolgt und in den 90er Jahren mit neueren Werkstoffen erneut in den Markt eingeführt. Aufgrund der jedoch massiv erhöhten MetallionenKonzentrationen im Blut wurde diese Technik vor wenigen Jahren erneut vom Markt genommen und sollte heutzutage nicht mehr eingesetzt werden. Kurzschaftprothesen Aktuelle Hüftendoprothesen Die Weiterentwicklung im Bereich der operativen Zugangswege zum Hüftgelenk wurde durch den Anspruch der Patienten und Chirurgen an eine patientenindividuelle en- | 18 Abb. 3: Kurzschaftprothese bei einem 56-jährigen Patienten Ab 1985 wurde die Mayo-Prothese als Vorbild vieler neuer Kurzschaftprothesen weltweit eingesetzt. Die Idee hinter dieser Konstruktion war eine Design-Änderung der herkömmlichen Schaftprothesen, die einen Knochener- ATOSnews Abb. 4: HemiCap Versorgung bei einem 24-­jährigen Patienten mit einem lokalisierten Knorpeldefekt des Femurkopfes. Die weißen Pfeile markieren den Defekt. halt ermöglichen sollte. Gerade bei Patienten mit einem deformierten Hüftkopf oder einer Hüftkopfnekrose bot dieses Implantat die Möglichkeit, weniger Knochen als bei einer herkömmlichen Schaftprothese zu resezieren und damit knochensparend in Hinblick auf zukünftige Wechseloperationen zu arbeiten. Die Einleitung der Kraft erfolgte im proximalen, gelenknahen Femurbereich und entsprach annähernd einer physiologischen Belastung des Knochens. In den letzten Jahren wurde dieses Prinzip weiterentwickelt, so dass aktuell eine Vielzahl neuer Kurzschaftprothesen zur Verfügung steht (Abb. 3). Bei einigen Kurzschaftprothesen liegen aktuell 10-Jahresergebnisse vor, die sehr vielversprechend sind. Neben der Möglichkeit einer knochensparenden Implantation und der verbesserten Oberflächeneigenschaften für eine bessere Implantat-Osteointegration ist diesen Prothesentypen gemeinsam, dass sie über minimal-invasive weichteilschonende Operationstechniken eingesetzt werden können. Ebenso kann der orthopädische Chirurg unterschiedliche Gleitpaarungen für die Gelenkanteile wählen, die einen möglichst geringen Abrieb garantieren (Keramik-Keramik, Keramik-Polyethylen). Mit Kurzschaftprothesen erhalten somit Patienten moderne knochensparende Implantate, die weichteilschonend eingesetzt werden können und durch weiterentwickelte Oberflächenbeschichtungen und Gleitpaarungen eine lange Prothesenstandzeit versprechen. HemiCap – Teilersatz des Hüftgelenkes Seit einigen Jahren ist der Teilersatz von Anteilen des Hüftkopfes bei lokal umschriebenen Knorpeldefekten des Hüftkopfes möglich, die in der Vergangenheit häufig nur mit einer Hüft-Endoprothese versorgt werden konnten. Mit dieser Methode kann über einen minimal-invasiven Zugang zum Hüftgelenk der Defekt dargestellt und dieser dann durch eine kleine Metallkappe (HemiCap) ersetzt werden. Durch eine muskelschonende Operationstechnik ist eine sehr schnelle Mobilisation der Patienten möglich, so dass mitunter nach wenigen Wochen die gewohnten sportlichen Aktivitäten wieder aufgenommen werden können (Abb. 4). Dieses Verfahren hat sich vor allem bei jüngeren Patienten bewährt, die ansonsten bereits in jungen Jahren mit einem Gelenkersatz versorgt worden wären. Standard-Hüftprothese Seit Sir John Charnley in den 1960 Jahren die Hüftendoprothetik revolutioniert hat, kam es über die Jahrzehnte zu einer Weiterentwicklung, aus der sich unterschiedliche Implantat-Befestigungen (zementiert, unzementiert) und -Verankerungen (proximal, distal) entwickelt haben. Diese Verankerungsprinzipien werden in verschiedenen Ländern unterschiedlich genutzt, wobei in Deutschland überwiegend unzementierte Implantate bei Patienten mit altersentsprechender Knochenqualität eingesetzt werden. Diese zeigen hervorragende klinische Langzeiter- Abb. 5: „Standard“ Hüftendoprothese bei einem 84-jährigen Patienten gebnisse und können ebenfalls als WechselProthesen im Falle einer Lockerung eingesetzt werden. Bei jüngeren Patienten sollten jedoch auch die bereits beschriebenen knochensparenden Kurzschaftprothesen in Betracht gezogen werden, um für spätere Wechseloperationen noch genug Knochen vorzufinden. Gleitpaarungen Die am häufigsten in der Vergangenheit eingesetzten Gleitpaarungen waren ein Metallkopf und ein Polyethylen-Insert. Aufgrund der damaligen Technik war die Herstellung von ultra-hochvernetzten Polyethylen-Insert noch nicht möglich und es kam in vielen Fällen zu starken abriebbedingten Fremdkörperreaktionen, die zu einer Knochenosteolyse mit anschließender Prothesenlockerung ➔ 19 | ::Schwerpunkt Endoprothetik führten. Dieses zog in den meisten Fällen eine Wechseloperation nach sich. Aufgrund des gesteigerten Aktivitätsgrades der Patienten müssen die gewählten Gleitpaarungen immer höhere Anforderungen erfüllen. Daher wurden in den vergangenen Jahren nicht nur die Metallimplantate weiterentwickelt, sondern auf die Gleitpaarungen. Ziel dabei war es, die Materialeigenschaften der Gleitpaarungen so zu ändern, dass ein möglichst geringer Abrieb der Oberflächen entsteht. Dieses führte zur Weiterentwicklung der Polythylene zu ultra-hochvernetzten Polyethylen (XLPE) und daraufhin zu ultra-hochvernetzten Polyethylen (XLPE) mit Vitamin E mit einer deutlich geringeren Abriebrate. Ebenso wurden die bereits bekannten Keramiken verbessert, so dass derzeit Keramik-Köpfe und Keramik-Inserts mit sehr guten mechanischen Eigenschaften und einer hohen chemischen und hydrothermalen Stabilität N O T E S & ausgestattet sind. Letztere weisen eine hohe Biokompatibilität und sehr gute tribologische Eigenschaften (Abriebverhalten) auf. Die Auswahl verschiedener KeramikkopfDurchmesser ermöglicht zusätzlich eine verbesserte Stabilität und einen größeren Bewegungsumfang (ROM) des Hüftgelenkes, was die Gefahr einer Hüftluxation minimiert. Metall-Metall-Gleitpaarungen sollten jedoch aufgrund des bereits beschriebenen massiven Metall-Abriebes nicht mehr eingesetzt werden. verbesserte Prothesentypen ermöglichen bei aktiven Patienten einen knochensparenden Einsatz. Zusammen mit den neuen Gleitpaarungen bietet die Hüftendoprothetik derzeit moderne Versorgungsmöglichkeiten, die sowohl eine schnelle Mobilisation und Rückkehr zur normalen Aktivität als auch eine lange Prothesenstandzeit versprechen. Literatur beim Verfasser Fazit In den letzten Jahren gab es einen deutlichen Wandel in der Hüftendoprothetik. Es wurden die bisherigen operativen Zugangstechniken zum Hüftgelenk weiterentwickelt, so dass vermehrt muskelschonende minimal-invasive Zugangstechniken genutzt wurden. Neue und Prof. Dr. Fritz Thorey Internationales Zentrum für Hüft-, Knieund Fußchirurgie (hkf) ATOS Klinik Heidelberg [email protected] www.hkf-ortho.de N E W S :: Fußball-Profi Peter Pekarík in der ATOS Klinik München operiert Nach seiner SchulterOP in der ATOS Klinik ­München ist Peter ­Pekarík bereits wieder guter Dinge. Nach einer Schulterverletzung ließ sich Hertha BSC-Profi ­Peter Pekarík erneut von Prof. Dr. Peter Habermeyer in der Münchener ATOS Klinik operieren. Bereits 2012 hatte sich Pekarík mit einer verletzten Schulter in die erfahrenen Hände von Prof. H ­ abermeyer gegeben. Auf die Frage, weshalb er sich wieder für Herrn Prof. ­Habermeyer und den Aufenthalt in der ATOS Klinik München entschieden hat, antwortete Pekarík: „Diese Entscheidung ist mir sehr | 20 leicht gefallen! Ich war mit der letzten OP super zufrieden. Herr Prof. Habermeyer ist einer der besten – wenn nicht der beste – Schulterspezialist. Und in der ATOS Klinik kann man sich richtig wohl fühlen; sie ist auf einem absoluten Top Level.“ Prof. Dr. Habermeyer, Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie, Orthopädie und Sportmedizin, kann auf über 25.000 Schulter­ operationen verweisen und ist regelmäßig auf den Listen der besten Chirurgen Deutschlands aufgeführt. Zur Person: Peter Pekarík Seit Sommer 2012 steht Peter Pekarik bei Hertha BSC in der 1. Fußball-Bundesliga unter Vertrag. Der 1986 geborene slowakische Fußballspieler stieß im Jahr 2004 zum Profikader des FK ZTS Dubnica. Nach guten Leistungen und dem vierten Platz in der slowakischen Corgoňliga wurde der Defensivspieler von Ligakonkurrent MŠK Žilina abgeworben. Beim Serienmeister der 2000er Jahre gewann P­ ekarík 2007 seinen ersten nationalen Titel. In der Winterpause der Saison 2008/09 wechselte er schließlich aus seiner Heimat in die Fußball-Bundesliga zum VfL Wolfsburg. Sein Debüt in der deutschen Bundesliga gab der rechte Außenverteidiger am 31. ­Januar 2009 beim 1 : 1 gegen den 1. FC Köln. ATOSnews Individualisierte Hüftprothese – die Ausnahme? Von Hans Gollwitzer Keywords: individualisierte Hüftprothese, Beinlängendifferenz, dreidimensionale Planung, patient matched technology Bei der Vielzahl an implantierten Hüftprothesen werden meist Standardprothesen verwendet. Etabliert ist der Einsatz individuell hergestellter ­Hüftimplantate vor allem in der Wechselchirurgie, wenn gerade beckenseitig große Knochendefekte gefüllt und überbrückt werden müssen. Oberschenkelseitig werden Individualimplantate heute in eher geringer Zahl bei knöchernen Fehlstellungen eingesetzt. Eine der größten Herausforderungen der primären Hüftendoprothetik ist aktuell die präzise individuelle Rekonstruktion von Beinlänge und muskulären Hebelarmen, da ein Großteil postoperativer Beschwerden auf eine Veränderung der Biomechanik zurückgeführt wird. Voraussetzung dafür ist eine präzise dreidimensionale Planung der Rekonstruktion, welche auf Basis einer Computertomographie angefertigt wird, um auch Rotationskomponenten wie die Femurantetorsion zu berücksichtigen. Diverse aktuelle Entwicklungen zielen daher auf eine Individualisierung der Operationsplanung und der intraoperativen Umsetzung ab und könnten sich in der Zukunft zu Standardverfahren der modernen Hüftendoprothetik entwickeln. Seit mehr als 40 Jahren werden Hüftprothesen mit großem Erfolg eingesetzt. Ursprünglich waren die Funktionsansprüche gering. Eine Operation galt als erfolgreich, wenn ein stabiles Gelenk und eine Schmerzreduktion erreicht wurden. Heutzutage sind die Ansprüche an eine Hüftendoprothese drastisch gestiegen, und normale schmerzfreie Funktion mit Sportfähigkeit wird erwartet. Zudem sollte eine „forgotten hip“ erreicht werden, d. h. die Patienten sollen nicht mehr merken, dass ein künstliches Implantat eingesetzt wurde. Wesentliche Voraussetzung dafür ist eine präzise Rekonstruktion der „Hüftarchitektur“ im Hinblick auf Rotationszentrum, Implantatorientierung, Hebelarme, femorales Offset, Anteversion und Beinlänge [7]. Bei diesen morphologischen Parametern gibt es eine große individuelle Varianz, weshalb die Notwendigkeit individualisierter Implantate immer wieder diskutiert wird. Aktueller Stand: individualisierte Hüftprothesen Die individuelle Hüftprothetik stellt aktuell nur einen sehr kleinen Anteil der knapp 200.000 jährlich in Deutschland implantierten Hüftprothesen dar. Zuallermeist werden gerade in der Primärendoprothetik Standardprothesen verwendet, und diese werden auf Basis einer zweidimensionalen Röntgenaufnahme des Beckens geplant. Die Navigation konnte zwar gute Ergebnisse im Hinblick auf die Rekonstruktion des vorbestehenden femoralen Offsets und der Beinlänge zeigen, hat sich jedoch aufgrund des erhöhten zeitlichen, technischen und finanziellen Aufwands und Limitationen in der präoperativen Planung nicht flächendeckend durchgesetzt. Primärendoprothetik: Pfannenseitig besitzt die Individualprothetik aktuell keinen wesentlichen Stellenwert, da moderne hemisphärische Pfannen und Schraubpfannen sehr gute Ergebnisse zeigen. Bei knöchernen Defekten z. B. durch Dysplasie wird zumeist eine Auffüllung des Knochenlagers mittels körpereigenen Knochens zur anatomischen Rekonstruktion des Drehzentrums und gleichzeitig Verkleinerung des Knochendefektes angestrebt (Abb. 3). Bei größeren Defekten bieten ovaläre Pfannen oder modulare Pfannenaugmente die Möglichkeit der Defektüberbrückung [6]. Nur bei ausgedehnten Knochendefekten wird eine Anfertigung eines Individualimplantates notwendig (siehe Revisionsendoprothetik) [6]. Individuell angefertigte Hüftstiele sind bereits seit vielen Jahren auf dem Markt und erlauben bei knöchernen Fehlstellungen – wie nach Umstellungsoperationen oder Knochenbrüchen – eine möglichst optimale Knochenverankerung. Bei der Indikationsstellung sollte dabei abgewogen werden, ob ein Individualimplantat angefertigt wird ➔ 21 | ::Schwerpunkt Endoprothetik | 22 ATOSnews Abb. 1: Planung eines maßangefertigten Femurimplantates. a (a) Nach Einpassung der Hüftpfanne erfolgt die virtuelle Rekonstruktion von Antetorsion, Offset und Beinlänge mit Prüfung der impingementfreien Beweglichkeit. Die blaue Fläche innerhalb der Grafik zeigt Bereiche mit einer sehr guten Flexion (>120°) in Abhängigkeit von AbAdduktion (horizontal) und Rotation (vertikal) an. Idealerweise sollten sowohl der Nullpunkt, als auch die drei dunkel umrandeten Kästchen (Region Of Special Interest) innerhalb des blauen Bereichs liegen. (b) Nach optimierter Rekonstruktion der Biomechanik wird die intramedulläre Verankerung individuell angepasst. b oder ob die Fehlstellung nicht durch Osteotomie korrigiert wird, um die Implantation eines Standardimplantates – auch für den Fall einer späteren Revision mit einem längeren Hüftstiel – zu ermöglichen. Zur Planung wird eine Computertomographie (CT) angefertigt, anhand welcher die optimale Implantateinpassung und Rekonstruktion von Offset, Torsion des Schenkelhalses und Beinlänge simuliert wird (Abb. 1). Ebenfalls wird der impingementfreie Bewegungsumfang simuliert und basierend darauf die Implantatorientierung (Pfanneninklination, Pfannenversion und femorale Anteversion) optimiert, um das Luxationsrisiko zu minimieren (Abb. 1a). Für die passgenaue Präparation des femoralen Markraums werden zudem Instrumente wie Femurraspeln individuell angefertigt. Derart maßangefertigte Hüftschäfte sind bereits seit mehreren Jahrzehnten auf dem Markt und können als etablierte Verfahren angesehen werden. gepasst und derart geformt, dass ein möglichst großflächiger Kontakt mit autochthonem Knochen (Abb. 2b) für eine optimierte Integration und Sekundärstabilität erfolgt. Die Primärstabilität des Implantates wird zudem durch individuell geplante intramedulläre Stiele und Schrauben verbessert (Abb. 2b). Durch Simulation des Bewegungsumfanges kann schließlich die Pfannenorientierung im azetabulären Konstrukt zur Maximierung des impingementfreien Bewegungsumfanges optimiert werden (vgl. Abb. 1a). Die gesamte Planung erfolgt in Interaktion mit dem Operateur rein digital und auch spezifische Erfordernisse wie Resektionsgrenzen bei Tumoren können berücksichtigt werden. Die Ergebnisse und Standzeiten sind dabei insbesondere von den biologischen Faktoren wie Knochenqualität und Infektresistenz des Patienten abhängig und können aufgrund der individuell unterschiedlichen Defekte nur schwer pauschalisiert werden. Aktuelle Weiterentwicklungen: Revisionsendoprothetik: Die steigende Anzahl an Mehrfachwechseln mit großen – insbesondere azetabulären – Knochendefekten erfordert in der rekonstruktiven Gelenkchirurgie neue Strategien. In den letzten Jahrzehnten wurde die individuelle Rekonstruktion großer Knochendefekte, welche mit konfektionierten Implantaten nicht mehr rekonstruiert werden können, kontinuierlich weiterentwickelt. Die Planung erfolgt wiederum auf Basis einer CT des Beckens (Abb. 2a) mit zusätzlicher Abbildung von Kniegelenk und Sprunggelenksbasis zur Darstellung von Beinlänge und Rotationsachsen. Da das Drehzentrum aufgrund der Knochendefekte zumeist kranialisiert ist, kann eine Spiegelung von der gesunden Gegenseite bzw. nach der Methode von Pierchon et al. [9] erfolgen. Nach Rekonstruktion des Pfannenzentrums (Abb.2a) wird im nächsten Schritt das Implantat ein- Betrachtet man die Standzeiten der heute eingesetzten Hüftimplantate, so werden durchwegs sehr gute Ergebnisse mit Standzeiten von über 90 % nach mehr als 15 Jahren erreicht. Auch die Patientenzufriedenheit ist als hoch einzustufen, allerdings berichtet ein wesentlicher Anteil der Patienten über bleibende Beschwerden. So konnte eine dänische Studie bei 28 % der Patienten chronische Schmerzen beobachten, und 12 % hatten moderate oder starke Einschränkungen bei den Aktivitäten des täglichen Lebens [8]. Diese sind vor allem zurückzuführen auf [3]: -- operationsbedingte Muskel- und Sehnenschäden, -- Beinlängendifferenzen sowie -- Offsetveränderungen. Die oben genannten Ursachen von Beschwerden nach Hüftprothetik können durch eine optimierte und individuell angepasste Planung und Operationstechnik vermieden werden. So sind die immer wieder berichteten seitlichen Hüftschmerzen nach Hüftgelenkersatz häufig auf chronische Sehnen- und Muskelschäden der kleinen ➔ 23 | ::Schwerpunkt Endoprothetik a b Abb. 2: (a) Virtuelle dreidimensionale Darstellung des azetabulären Knochendefektes (ober) und Einsetzen einer virtuellen Pfanne in das anatomische Drehzentrum (unten); (b) Ergänzung der knöchernen Verankerung mit optimierter Auflagefläche auf dem vorhandenen Beckenknochen (oben) und Ergänzen von intramedullärem Stiel und Schrauben für die verbesserte Primärstabilität (unten). Glutealmuskeln (M. gluteus medius und M. gluteus minimus) zurückzuführen [5]. Gerade muskelstarke und sportliche Patienten – die auch den höchsten Funktionsanspruch haben – haben ein erhöhtes Risiko, operationsbedingt eine Muskelschädigung zu erleiden. Diese empfindliche Muskulatur kann speziell durch den vorderen Zugang zum Hüftgelenk – wie bei der von mir präferierten AMIS-Technik – geschützt werden („AMIS“ – anterior minimally-invasive surgery) [4]. Die anatomische Rekonstruktion von Beinlänge, Antetorsion und Offset (= seitlicher Abstand des Oberschenkelschaftes zum Hüftdrehzentrum) besitzt für eine gute Hüftgelenksfunktion eine herausragende Bedeutung [7]. Eine Verkürzung von Beinlänge und/oder Offset kann zu einem Hinken bis hin zu einer instabilitätsbedingten Luxation des Kunstgelenkes durch zu geringe Muskelspannung führen. Eine Beinverlängerung bzw. Offsetvermehrung führt hingegen zu einer vermehrten Muskelspannung, die massive Schmerzen bis hin zur Immobilität verursachen kann [1]. Auch eine zwar schmerzfreie, doch deutliche Beinverlängerung wird von den Patienten selten toleriert und führt zu Hinken und Unzufriedenheit mit dem Operationsergebnis. Eine | 24 Veränderung der Antetorsion hat wiederum Einfluss auf das Offset und die Hüftstabilität. Für die Rekonstruktion von Offset, Femurantetorsion und Beinlänge sind drei Aspekte entscheidend: 1. Die präoperative Operationsplanung, 2.die Auswahl des optimalen Implantates und 3.die intraoperative Umsetzung der Planung. Die Implantation einer Hüftprothese wird standardisiert mittels einer Röntgenaufnahme des Beckens geplant. Verschiedene Studien konnten jedoch bestätigen, dass die zweidimensionale Projektionsaufnahme eine gewisse Ungenauigkeit in der Darstellung des femoralen Offsets besitzt [7]. Dies ist auf die unterschiedliche Rotationsstellung des Oberschenkelhalses zurückzuführen, was einen direkten Einfluss auf die Projektion des Offsets hat [7]. Dabei wird das Offset auf der nativen Röntgenaufnahme nach Lecerf et al. in 28 % um mehr als 5mm unterschätzt. Zudem kann die Antetorsion auf einer Beckenübersicht nicht geplant werden. Derzeit gibt es mehrere verschiedene Entwicklungen, um eine dreidimensionale Operationsplanung zur ermöglichen. Diese werden wie in der Individualprothetik CT-basiert durchgeführt, wodurch rotationsbedingte Projektionsfehler ausgeschlossen werden. Insbesondere die femorale Helitorsion (Rotationswinkel der Hüftschaftimplantation) und die Antetorsion des Prothesenhalses können nur mittels CT geplant werden. Ein Nachteil ist die vermehrte Strahlenbelastung durch das notwendige CT, welches vom Beckenkamm bis zum Oberschenkel mit weiteren Schichten durch Knie- und Sprunggelenke reicht. Nach virtueller Rekonstruktion von Drehzentrum, Beinlänge und Offset erfolgt die Auswahl des am besten passenden Implantates (Abb. 3). Um die individuellen Re- Literatur 1.Dora C, Houweling M, Koch P et al. (2007) Iliopsoas impingement after total hip replacement: The results of non-operative management, tenotomy or acetabular revision. J Bone Joint Surg. British volume 89:10311035 2.Esposito CI, Wright TM, Goodman SB et al. (2014) What is the trouble with trunnions? Clin Orthop Rel Res 472:3652-3658 3.Forster-Horvath C, Egloff C, Valderrabano V et al. (2014) The painful primary hip replacement – review of the literature. Swiss Medical Weekly 144:w13974 4.Gollwitzer H (2013) Minimal-invasive Hüftendoprothetik in AMIS-Technik: Gute Übersicht bei muskel- und nervenschonender Implantationstechnik. ATOS News 22:30-35 5.Gollwitzer H, Opitz G, Gerdesmeyer L et al. (2014) Greater trochanteric ATOSnews Abb. 3: (a) Schwere Dysplasiekoxarthrose mit dreidimensionaler Planung der anatomischen R ­ ekonstruktion mittels Standardimplantat. (b) Geplante Resektion des Hüftkopfes (K) entlang einer individuell angefertigten Schablone und Vergleich des entfernten Knochens mit dem Knochenmodell sowie dem Probeimplantat. Wird die Osteotomie präzise durchgeführt, so dient die Osteotomielinie als zuverlässige intraoperative Orientierung für die Implantateinbringung. Postoperative Röntgenaufnahme mit physiologischer femoraler Rekonstruktion entsprechend der Planung. konstruktionsmöglichkeiten zu verbessern, wurden sogenannte modulare Implantate entwickelt, bei denen der Prothesenhals mit verschiedenen Winkeln und Längen auf den Prothesenkörper aufgesetzt wird. Allerdings zeigten sich bei einzelnen Modellen selten Brüche an diesen modularen Komponenten [10], weshalb andere Implantathersteller einteilige Hüftstiele mit großer Variabilität und teilweise über 50 verschiedenen Größenund Offset-Varianten eines Modells anbieten. pain syndrome. Der Orthopäde 43:105-118 6.Gollwitzer H, Von Eisenhart-Rothe R, Holzapfel BM et al. (2010) Revision arthroplasty of the hip: acetabular component. Der Chirurg 81:284-292 7.Lecerf G, Fessy MH, Philippot R et al. (2009) Femoral offset: Anatomical concept, definition, assessment, implications for preoperative templating and hip arthroplasty. Ortho Traumat Surg Res: OTSR 95:210-219 8.Nikolajsen L, Brandsborg B, Lucht U et al. (2006) Chronic pain following total Auch von uns werden nicht-modulare Implantate bevorzugt, da auch die Auswirkung der Korrosion an den Verbindungsstellen heute noch nicht abschließend beurteilt werden kann [2]. Mittels der verfügbaren Implantatvarianten ist in den allermeisten Fällen eine anatomische Rekonstruktion von Offset und Beinlänge möglich. Allerdings hat der Operateur bei rechteckigen zementfreien Implanten nur einen geringen Spielraum in der Korrektur pathologischer Drehfehler und Antetorsi- hip arthroplasty: a nationwide questionnaire study. Acta Anaesthesiologica Scandinavica 50:495-500 9.Pierchon F, Migaud H, Duquennoy A et al. (1993) Radiologic evaluation of the rotation center of the hip. Revue de Chirurgie Orthopédique et Réparatrice de l‘Appareil moteur 79:281-284 10.Wodecki P, Sabbah D, Kermarrec G et al. (2013) New type of hip arthroplasty failure related to modular femoral components: breakage at the neckstem junction. Ortho Traumat Surg Res: OTSR 99:741-744. onen, so dass in diesen Fällen die Verwendung sternförmiger Stielprofile, zementierter Stiele oder auch die Anfertigung von Individualimplantaten erwogen werden sollte. Nach virtuellem Einbringen der Implantate kann dann in einer digitalen Simulation der impingementfreie Bewegungsumfang geprüft werden. Abhängig vom Ergebnis können Anpassungen der Implantatorientierung zur Vermeidung von Impingement und Luxation erfolgen. Der abschließende und mindestens genauso wichtige Schritt betrifft dann die präzise Umsetzung der dreidimensionalen Planung während der Operation. Verschiedene knöcherne Landmarken – wie der Trochanter minor – die auch in der 3D-Planung berücksichtigt werden, unterstützen den Operateur bei der Orientierung. Zusätzlich könnte die Entwicklung individueller Instrumente und Schablonen – die mittels 3D-Printer hergestellt werden – die Präzision verbessern. Dieses auch als „patient-matched technology“ bezeichnete Verfahren ist in der Knieprothetik bereits verbreitet. An der Hüfte zielen aktuelle Entwicklungen auf eine Fertigung von Schnittblöcken zur präzisen femoralen Resektion (Abb. 3b) und Frässchablonen für ➔ 25 | ::Schwerpunkt Endoprothetik Fazit die Pfannenpositionierung ab. Da über 95 % der Beinlängendifferenzen auf das Femurimplantat zurückzuführen sind [7], könnte bereits ein alleiniger femoraler Schnittblock zur Festlegung der femoralen Osteotomie (Abb. 3b) als sichere Orientierung für die Implantateinbringung dienen. Schließt das femorale Implantat entsprechend der Planung mit der Osteotomie ab und stimmt die Größe überein, so kann von einer korrekten Rekonstruktion der femoralen Morphologie ausgegangen werden. Diese Schnittblöcke befinden sich aktuell jedoch in der Entwicklung und sind im klinischen Alltag außerhalb von Studien bisher nicht verfügbar. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Individualisierung in der Hüftendoprothetik aktuell vor allem bei komplexen Deformitäten und großen beckenseitigen Knochendefekten etabliert ist. Allerdings könnten die Erkenntnisse der virtuellen dreidimensionalen Prothesenplanung helfen, Herausforderungen und Probleme der Standardprothetik wie Beinlängendifferenz und Offsetveränderung zu beheben. Eine anatomische Rekonstruktion der natürlichen Biomechanik sollte bei allen Patienten erreicht werden und ist letztendlich mit möglichst hoher Sicherheit nur basierend auf einer dreidimensionalen Bildakquise und Opera- Save the Date Orthopädisches Update für die Praxis Die Kollegen der ATOS Klinik München laden am 28. Mai 2016, ab 13:00 Uhr, in die ATOS Klinik München, Effnerstr. 38, 81925 München ein. Interessante Kurzvorträge & Fortbildungen mit kompetenten Referenten. Fortbildungspunkte sind beantragt. Mehr Informationen und Anmeldung auf www.atos-muenchen.de | 26 tionsplanung möglich. Daher ist von einer zunehmenden Individualisierung auch in der Standardendoprothetik auszugehen. Prof. Dr. Hans Gollwitzer Leitender Arzt, ATOS Klinik München Praxis für Hüft- und Knieendoprothetik, gelenkerhaltende Hüftchirurgie Prof. Dr. Gollwitzer - Dr. Rembeck gollwí[email protected] www.ecom-muenchen.de ATOSnews Kasuistik: Pfannenwanderung bei Hüft-TEP mit großem Knochenverlust am Becken Von Fritz Thorey Aufgrund der zunehmenden Implantationszahlen von Hüftendoprothesen steigt auch die Anzahl von Wechseloperationen, die aufgrund einer Lockerung einzelner Implantat-Komponenten notwendig werden. Am häufigsten ist die Pfannenkomponente ­betroffen, bei der in einigen Fällen große Knochendefekte wegen eines Polyethylen-Abriebs gefunden werden können. Im vorliegenden Fall stellt sich eine 74-jährige Frau mit einer Pfannenlockerung vor. Die Pfannenkomponente hat sich aufgrund des massiven Knochendefektes weit nach kranial verlagert und zu einer Beinverkürzung von über 2 cm und starken Schmerzen geführt. Ziel der Revisionsoperation war die Wiederherstellung des vorherigen Drehzentrums, des Offsets und der Beinlänge. Intraoperativ wurde der massive Knochenverlust durch einen Pfannenbodenaufbau mit Fremdknochen (2,5 allogene Hüftköpfe) aufgefüllt. Der vordere Pfannenrand war defekt, so dass eine Versorgung mit einer Revisionsstützpfanne notwendig war (Abb. 1). Die Mobilisierung erfolgte mit schmerzadaptierter Belastung. Fazit: Bei der zunehmenden Anzahl von Wechseloperationen ist eine kompetente operative Versorgung notwendig, um eine exakte Rekonstruktion der Hüfte zu erreichen und dem Patienten eine schnellstmögliche Mobilisierung und Rückgewinnung der Lebensqualität zu ermöglichen. Prof. Dr. Fritz Thorey HKF – Internationales Zentrum für Hüft-, Knieund Fußchirurgie ATOS Klinik Heidelberg [email protected] www.hkf-ortho.com Abb. 1: (a) Pfannenwanderung nach kranial mit massiven Knochenverlust. (b) Rekonstruktion des Pfannenzentrums und ­Offsets mit Pfannen­ bodenaufbau und Einsetzen einer Revisionsstützpfanne. 27 | ::Schwerpunkt Endoprothetik Kreuzbanderhaltende KniegelenksEndoprothetik Von Hajo Thermann Keywords: Kreuzbanderhaltende Knieendoprothetik, Kinematik, posterior stabilized, ACL deficient knee, ACL retaining Knieprothese Die Mehrzahl der Knie-Totalendoprothesen wird bei älteren Menschen implantiert. So ist die steigende Zahl der Implantationen vor allem auf die demographische Entwicklung der Gesellschaft zurückzuführen. Ein weiterer Aspekt ist, dass sportliche Aktivität und der Anspruch an ein aktives Leben auch in fortgeschrittenem Alter eine stets wachsende Bedeutung erfährt. Andererseits werden Knie-Endoprothesen auch immer häufiger bei Patienten im Alter um 50 Jahre implantiert. ­Ursachen hierfür sind eine Zunahme an traumatischen Arthrosen sowie frühzeitiger Gelenk­ verschleiß durch vielfältige Freizeitaktivitäten und intensivere sportliche Belastung. Indikation und Anspruch der Patienten haben sich dementsprechend geändert. Dies hat die Entwicklung von anatomischen Prothesen vorangetrieben. Die veränderten Ansprüche der Patienten an die Knie-Endoprothese im Zusammenhang mit der Verschiebung hin zu einem jünger werdenden Patientenkollektiv führen zu einer kritischeren Betrachtung des Operationserfolges. Internationale Publikationen zeigen, dass etwa 20 % der Patienten nach dem Eingriff unzufrieden sind. Das schwedische Prothesenregister, die Datenbank schlechthin für valide Ergebnisse, gibt bei 17 % von 25.000 Patienten an, dass diese entweder unzufrieden sind oder nicht sicher, ob sie zufrieden mit einer Knie-TEP sind. Eine aktuelle Studie von Clement et al. untersuchte die Erwartungshaltung von Patienten vor und die Erfüllung dieser Erwartungen nach Knie-TEP. Bei der Betrachtung der jüngeren, aktiveren Patienten zeigte sich, dass 25 % von ihnen unzufrieden sind mit ihren Möglichkeiten hinzuknien oder in die Kniebeuge zu gehen. Weniger als 50 % erreichten ihre Erwartungen bezüglich Rückkehr zur Arbeit und der Teilnahme an sportlichen Aktivitäten. Hier sind die Ansprüche | 28 bei jüngeren Patienten natürlich höher. Diese Unzufriedenheit spiegelt immer mehr die höheren Anforderungen an eine Knieendoprothese wider. Standardknieprothesen erlauben keine normale Kinematik im Kniegelenk, die Hebelarme der Muskulatur werden dadurch stärker belastet. Das wesentliche Defizit ist die vermindert propriozeptive Stabilität durch das Fehlen des vorderen Kreuzbandes (VKB), welches bei der Implantation einer Knie-TEP entfernt wird. Schon seit Jahrzehnten versuchen Chirurgen Prothesen zu entwickeln, die ein besseres Gefühl einer normalen Kniekinematik vermitteln, verbunden mit einem verbesserten, höheren Aktivitätslevel, das dann auch zu einer umfassenden Zufriedenheit führt. Theoretisch kann man bei der Knie-Endoprothetik davon ausgehen, dass der Erhalt des VKB zu einer besseren Kinematik, funktionellen Mechanik und v.a. auch Propriozeption führt. Dies bedeutet insgesamt eine verbesserte Funktion, besonders im Hinblick auf die Streckung oder Beugung des Kniege- lenks. Ferner könnten kreuzbanderhaltende Prothesen theoretisch das Potenzial für die Lebensdauer einer Prothese erhöhen. Durch verminderte Stressvermittlung und geringeren Krafteinfluss durch die Prothese sind die Prothesenkomponenten nicht so stark verbunden. Werden die Vorteile einer veränderten Kinematik mit einem vorderen Kreuzband erreicht? Es bestehen theoretische Überlegungen, dass bei Versagen des VKB (z. B. Ruptur) und zunehmender Fehlstellung, verbunden mit einer nicht ausreichenden Balancierung der Gelenkspannung in den Bewegungen, die Überlebenszeit und die Vorteile einer solchen Prothese sich umkehren könnten. Die grundsätzlichen Fragen durch neu aufkommende Implantate beleuchten nochmals den historischen Hintergrund. Die ersten Kreuzband erhaltenden Prothesen stammen aus den 60er Jahren. Das „poly­ ATOSnews Abb. 1a,b: Volle Beugung 1 Jahr nach Implantation einer Knieprothese (Journey BCS II, Smith&Nephew) a zentrische“ Knie, entwickelt von G ­ unston, besteht aus zwei semizirkulären Teilprothesen an den Femurkondylen und separaten Tibiakomponenten aus Polyethylene. Da die femoralen Komponenten nicht fest mit der Tibia verbunden waren, konnten die Femurkondylen, ähnlich wie zwei Reifen, miteinander laufen. Dies erlaubte eine relativ normale Bewegung entsprechend den anatomischen Strukturen des Kniegelenks. In den 70er Jahren kam aus der MayoKlinik in den USA die geometrische Geomedic-Knieprothese. Sie bestand aus einer “all Polyethylene“ tibialen Komponente und einer einzelnen kompletten femoralen Komponente. Im Vergleich zu den gängigen Prothesen hatten diese Prothesen in der Vergangenheit (70er Jahre) eine schlechtere Lebenserwartung. Einer der letzten in größerem Umfang eingesetzte VKB erhaltende Prothese war die Cloutier Prothese. Bei dieser Prothese war die femorale Komponente der Kondylen asymmetrisch und die Kurvatur in der sagittalen Achse nach posterior flacher. Eine Besonderheit war die tibiale Basiskomponente mit quasi zwei Einzelkomponenten, die Uförmig verbunden waren, die Eminentia aussparte. An den zur Eminentia intercondyla- b ris gehörenden Kreuzbandhöckern setzt das vordere Kreuzband an. Die zentrale Funktion des vorderen und hinteren Kreuzbandes besteht in der Führung des Kniegelenks. Bei der Beugung führen die Kreuzbänder das Gelenk und zwingen den Femurkopf in eine Roll-Gleit-Bewegung. Das VKB schränkt die anteriore Verschiebung der Tibia ein. In Streckung ist das posterolaterale Bündel des VKB unter Spannung und in Beugung das antero-mediale Bündel. Das VKB nimmt 75 % der anterioren Kräfte in voller Extension auf und ungefähr 85 % in 30° und 90° Flexion. In der zunehmenden Beugeposition kommt es bei der hochkonvexen lateralen Femurkondyle zu einer Begrenzung durch die Artikulationsflächen und es wird durch das vordere Kreuzband endgradig standgehalten. Die größere und weniger gekrümmte mediale Femurkondyle rollt vorwärts und gleitet dann durch das Anspannen des hinteren Kreuzbandes (HKB) rückwärts. Aufgrund der komplexen kinematischen Abläufe bei der Bewegung des Kniegelenks und den immer höheren Ansprüchen an die Funktionalität einer Prothese ist zu erwarten, dass in der Zukunft die Endoprothetik im Hinblick auf Design, Kinematik, Materialien und Produktion (3D-Printing) erhebliche Verbesserungen bringen wird. Bisher wurde in der Design-Entwicklung mehr Wert auf die Funktion des HKB gelegt, obwohl das vordere Kreuzband vielleicht eine bedeutendere Rolle in der Kinematik des normalen Kniegelenks spielt. Die Kinematik von VKB resezierten und HKB erhaltenden Knieprothesen entspricht einem „ACL deficient knee“ mit paradoxen Bewegungen. Normal translatiert die Tibia posterior und der Femur subluxiert anterior. Diese Bewegung ist jedoch ohne ein vorderes Kreuzband umgedreht und resultiert in einem posterioren femoralen Impingement. Dies führt zu einer Einschränkung der tiefen Beugung. Durch ein Release des HKB und/ oder „Undersizing“ der Femurkomponente kann das zwar verhindert werden, führt dann jedoch zu einer Flexionsinstabilität mit Schmerzen und Gelenkschwellung. Bei einer posterior stabilized Knieprothese wird durch den „cam/post Mechanismus“ die Funktion des hinteren Kreuzbandes imitiert und ist vergleichbar mit einer HKB erhaltenden Prothese. Es besteht aber ein „vorderes Kreuzband-Defizit“, welches in eine anteriore Subluxation der Tibia mündet. Die Konsequenz dieses Mechanismus ist ein Impingement der anterioren Kammer mit der posterior stabilized Box, wenn die Tibia in Extension gebracht wird. Dies kann zu ➔ 29 | ::Schwerpunkt Endoprothetik vermehrtem Abrieb und im schlimmsten Fall zu einem Bruch des Polyethylens führen. Zusätzlich limitiert die Prothese die anteriore Translation des Femurs. Dieser Mechanismus kann nach Prothesenimplantation auch zu einem abnormen Quadrizepsmuskel-Hebelarm führen und die Kraftübertragung vermindern. Aufgrund des VKB-Verlustes besteht bei beiden Design-Typen zusätzlich ein Verlust der tibialen Rotationskontrolle während der Knieflexion. Dies kann zu vermehrter lateralen „Patellakippung“ und Subluxation durch stärkere Außenrotation führen. Verschiedene Studien belegen die Auffassung, dass bei einem Erhalt beider Kreuzbänder eine „normalere Kniekinematik“ nach einer Implantation einer Knieprothese vorliegt. Kinematische Studien mit „in vivo Belastungsröntgen“ zeigen, dass bei einer HKBerhaltenden Knieprothese (CR) mediale und laterale Kontaktpunkte der Prothesenkontaktflächen signifikant weiter posterior in 0° Streckung sind. In 60° Beugung ist die laterale Femurkondyle signifikant weiter posterior als bei vergleichbaren Prothesen, die kreuzbanderhaltend sind. Diese posteriore Verlagerung der Kontaktpunkte kann sowohl in Streckung als auch durch die anteriore Translation in tiefer Beugung, zu erhöhtem posterioren Prothesenabrieb führen. Nur die Journey BCS (Bicruciate substituting) Prothese verfügt über eine „fast“ normale Kinematik (Screw home mechanismus/ rollback). Das anatomische Design und ein besonderer „Post/Cam“ Mechanismus bewerkstelligen, dass bei dieser Prothese eine vollständige Beugung und ein fast normaler rollback möglich ist (Abb. 1a+b). Moro-oka et al (2007) analysierte mittels dynamischer Fluoroskopie die in vivo Kinematik auf dem Laufband, beim Treppensteigen und bei maximalen Flexionsaktivitäten. Er verglich „anterior cruciate retaining“ (VKBerhaltend) mit nur „posterior cruciate retaining“ (CR; HKB-erhaltend) Prothesen. Hierbei fanden sich gerade in der maximalen Flexion, aber auch in der Stand- und Schwungphase des Gangbildes signifikante bessere, “mehranatomische“ Einstellungen des Kniegelenkes bei der VKB-erhaltenden Knieprothese. | 30 Zusätzlich wird durch die Resektion des VKB die Propriozeption des Kniegelenkes abnormal. Untersuchungen zeigten, dass das VKB und die kapsularen Mechanorezeptoren dann ansprechen und die größte propriozeptive Sensitivität aufweisen, wenn das Knie in terminaler Extension ist. Diese Vorteile der Propriozeption wurden auch in einer weiteren Studie mit Schlittenprothesen bei erhaltenem Kreuzband eindeutig nachgewiesen. Alle diese Untersuchungen unterstützen theoretisch die Auffassung, dass das VKB eine entscheidende Rolle in der Kniestabilität und der Propriozeption spielt und daher auch diese Funktion bei einem entsprechenden Knieprothesendesign unterstützen wird. Das Problem der alten VKB erhaltenen Knieprothesen Das Problem der Knieprothesen der 80er Jahre war, dass die tibialen Basisplatten frakturierten, da diese zu der Zeit noch nicht stabil genug waren. Die damaligen Polyethylene waren gammasterilisiert und daher nicht so belastungsresistent wie heutige Vitamin EPolyethylene. Desweiteren war die Instrumentation und die Operationstechnik in den 80er Jahren so ausgelegt, dass der chirurgische Eingriff dem einer totalen Knieprothese ähnelte. Das Material, die Technik und die Instrumente haben in den letzten Jahren erhebliche Veränderungen erfahren. Neueste „ACL retaining“ Knieprothese: Vanguard XP Prothese Im Vergleich zu früheren chirurgischen Verfahren geht die Technik bei der Vanguard XP Prothese von der Methode der Oxford Schlittenprothese aus. Damit entspricht dieses System eindeutig mehr der Kreuzbanderhaltung und die technische präzise Implantation der Prothese ist einfacher (Abb. 2). Die Vorteile lassen sich auch aus dem aktuellen Design im Vergleich zu „CR Prothesen“ und den „alten VKB erhaltenen Prothesen“ erkennen. In der operativen Präparation und der Balancierung des Knies im tibialen Bereich entspricht die Implantation der Vanguard XP Prothese technisch eher einer medialen und lateralen Schlittenprothesenimplantation. Durch das Weiterbestehen des vorderen und hinteren Kreuzbandes wurde das Design der femoralen Komponente asymmetrisch gestaltet, um zusätzlich Stabilität zu generieren. Zudem muss die artikulierende Fläche des Femurs aus dem Bereich der Eminentia mit der Notch herausgenommen werden, da hier die tibiale Ansatzstelle des VKB ist. Insgesamt wird die Stabilität durch den Weich- Abb. 2: Implantierte Vanguard XP Prothese ATOSnews a b+c d Abb. 3a–d: Kernspintomographie mit vorhandenen Kreuzbändern (1+2) vor der Operation (a), Röntgenaufnahmen mit implantierter Vanguard XP Prothese 3 Monate postoperativ (b+c), schematische Darstellung der implantierten Prothese mit erhaltene Kreuzbändern* (d) teilverbund mit den erhaltenen Kreuzbändern definiert. Das asymmetrische Design der femoralen Kondylen in der Artikulation auf der tibialen Komponente ermöglicht einen “Roll back“ bei der Beugung des Kniegelenks. Dies liegt daran, dass die laterale Seite ein wenig konvex ist und die mediale Seite mehr konkav, ähnlich wie die normale Anatomie des gesunden Kniegelenks. Somit kann hier eine stringente Kinematik durch das Design adaptiert werden. Das Prinzip des Vanguard-XP Kniedesigns führt zur Determinierung des Weichteilmantels durch Weichteilkräfte und nicht durch vorgegebene Artikulationsflächen. Das Design des medialen Kompartiments unterscheidet sich vom lateralen Kompartiment. Die Bewegung im Kniegelenk ist durch die unterschiedlichen Geometrien der medialen und lateralen Oberflächen bestimmt. Sowohl die mediale als auch die laterale Gelenkfläche besitzen eine anteriore und posteriore Lippe mit einer flachen Artikulationsfläche. Der flache Anteil der Artikulationsfläche ist lateral in der Länge größer und damit ist der nicht implantatgeführte An- teil der Artikulation größer als medial. Dieses Design erlaubt in der a.p. Translation und in der Innen- und Außenrotation der femoralen Komponente auf der Belastungsfläche der Tibia eine funktionelle Artikulation (Abb. 3a-d). Biomechanische Tests im Labor zeigten, dass das Vanguard-XP System mit E1 Polyethylen 90 % Abriebreduktion im Vergleich zu normalen CR-Prothesen mit StandardPolyethylen hatte. Das femorale Komponentendesign wurde so verändert, dass aufgrund einer kürzeren posterioren Kondyle weniger „Edge loading“ in der tiefen Flexion auftritt. Zudem wird durch einen größeren Radius der lateralen distalen Kondyle das Roll back verbessert. In einer Vergleichsstudie von 400 Patienten, die auf einer Seite eine kreuzbanderhaltende Prothese implantiert bekamen und auf der anderen Seite eine Standard-Prothese, wurde die kreuzbanderhaltende Seite als die bessere Seite bevorzugt. Im Hinblick auf Treppensteigen berichteten 89 % über eine bessere Kraftentfaltung und Steuerung im Knie. Die sehr guten Erfahrungen mit unikompartimentellen Prothesen waren die Voraussetzung, dass sich die Industrie den kreuzbanderhaltenden Totalendoprothesen zugewandt hat. Gerade das beschriebene Produkt baut auf einer 30jährige Erfahrung mit den „Oxford-Schlittenprothesen“ auf. Eine Studie von Johnson et al. (2013) hat gezeigt, dass bei 80 % der Patienten, die zu einer Totalendoprothesenversorgung kommen, ein vollständig erhaltenes vorderes Kreuzband vorhanden ist. Daraus ergibt sich gerade für jüngere Patienten eindeutig die Möglichkeit, diese optimale Struktur nicht zu resezieren, sondern sie mit einem entsprechenden Prothesendesign zu erhalten. *Zimmer Biomet ist in Zusammenhang mit der Verwendung von Zimmer Biomet-Bildmaterial Inhaber sämtlicher Urheber- und sonstiger Rechte mit Bezug auf den Schutz des geistigen Eigentums. Neben der durch Zimmer Biomet erfolgten Genehmigung zur Nutzung des Bildmaterials wird diese Publikation nicht finanziell von Zimmer Biomet unterstützt. Zimmer Biomet ist für den Inhalt der Publikation nicht verantwortlich. 31 | ➔ ::Schwerpunkt Endoprothetik Bedeutungsvoll, gerade für das Verständnis einer normalen Kniekinematik, ist der „Envelope of functional motions“ (EFM) nach Prof. Andriacchio, der die sekundären Bewegungen anteriore/posteriore Translation und Innen-/Außenrotation bei Kniebeugung analysiert. Der EFM beschreibt die Grenzen jedes Kniegelenks in seinem Weichteilmantel. Die Grenzen ändern sich, basierend auf dem Winkel der Kniebeugung, der Muskelaktivität und natürlich auch der Aktivität, die gerade durchgeführt wird (Gehen, Treppensteigen und in die Hocke gehen). Daher war das Ziel der neueren Prothese (im Gegensatz zu alten kreuzbanderhaltenden Prothesen) das Design so abzustimmen, dass es dem vorderen Kreuzband erlaubt, eine Funktion innerhalb des „Envelope of functional motion“ auszufüllen, was bei nicht anatomischen Prothesen nicht möglich ist. Das VKB begrenzt primär die anteriore Translation in voller Extension. Bei Beugung arbeitet das VKB zusammen mit anderen Knieligamenten und dem Weichteilmantel in der eingeschränkten anterioren und posterioren Tibiabewegung. Das VKB verhindert die Rotation des Knies in Extension. In voller Extension wird das VKB gespannt und bewirkt eine interne tibiale Rotationsrestriktion. Bei Beugung des Kniegelenks entspannt sich das VKB, jedoch wird der Envelope of motions stärker gespannt. Durch die propriozeptiven Eigenschaften des VKB führt es das Knie in den verschiedenen Gelenkpositionen und vermittelt somit ein natürliches Gefühl für das Gelenk (Abb. 3a-d). Die Muskelfunktion ist bei sensorischem Response des Weichteilgewebes geführt, wenn Anspannung und Spannung stattfindet. Die Antwort führt zu einer Muskelkontraktion, welches dem Knie hilft, im dynamischen Envelope of functional motions zu bleiben. Gerade wenn das Knie in volle Extension geht, überträgt das VKB auch propriozeptiv die normale Muskelfunktion. Eine Ruptur des VKB führt durch Reflexinhibition zu einer Muskelatrophie des Quadrizeps. Dies kann die Rehabilitation bei kreuzbandresezierten Knieprothesen erschweren. Der große (möglich erreichbare) Unterschied ist ein von den Kreuzbändern und dem umgebenden Weichteilmantel geführtes Knie. Dies bedeutet für den Patienten: „Mein Knie nur mit einem neuen Reifen“! Die Zukunft wird uns zeigen, wie häufig das „möglich erreichbare Ziel“ erreicht wird. Hier hat der Chirurg mit seiner Erfahrung und der Wahl der Operationstechnik noch ein entscheidendes „Wörtchen“ mitzureden! Prof. Dr. Hajo Thermann HKF – Zentrum für Hüft-, Knie- und Fußchirurgie ATOS Klinik Heidelberg [email protected] Impressum Herausgeber ATOS Klinik Heidelberg GmbH & Co. KG Produktmanagement und Anzeigen Osman Bal Grund-Layout Reinshagen & Hartung GmbH, 68161 Mannheim Wissenschaftsredaktion Prof. Dr. Hajo Thermann WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA GIT VERLAG Boschstrasse 12 69469 Weinheim Produktion WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA GIT VERLAG Herstellung: Christiane Potthast L ayout: Ruth Herrmann, Ralf Prötzel Litho: Elke Palzer D ruck:PVA, Landau Redaktion Dr. Barbara Voll-Peters Eichenhainallee 34 51427 Bergisch-Gladbach Tel.: 02204 97 92 54 Fax: 02204 97 92 55 [email protected] | 32 Tel.: 06201 606-374 Fax: 06201 606-790 [email protected] www.wiley.com www.gitverlag.com V.i.S.d.P.: ATOS Klinik Heidelberg GmbH & Co. KG Bismarckstraße 9–15 69115 Heidelberg Telefon 06221 983-0 Telefax 06221 983-919 [email protected] www.atos.de Bildnachweis Titelbild: © pavel1964 | Fotolia.com ATOSnews Kniegelenksarthrose: Gelenkerhalt oder Teilersatz? Beinachskorrektur oder Schlittenprothese? Von Rainer Siebold Keywords: Kniegelenkarthrose, Umstellungsosteotomie, Teilgelenkersatz, Schlittenprothese Meniskusschäden, ein starkes O-Bein oder einfach nur genetische Veranlagung können im Laufe des Lebens zu Knorpelabrieb und einer schmerzhaften innenseitigen Kniegelenksarthrose führen. Neben konservativen Maßnahmen im Frühstadium kommen bei fortgeschrittenem Befund unterschiedliche operative Maßnahmen in Betracht. Eine alleinige Arthroskopie zur „Gelenksäuberung“ wird vielfach angeboten, bringt aber meist kaum bzw. keine Besserung oder gar eine ­Verschlechterung. Die operative Korrektur des O-Beins oder die Implantation einer Schlittenprothese (=Teilersatz vom Gelenk) kann die Beschwerden viele Jahre deutlich lindern, bevor eine komplette Knieprothese notwendig wird. Was versteht man unter beiden Verfahren? Welches sind die Vor- und Nachteile? Wie lange kann man einen kompletten Gelenkersatz vermeiden? Meniskusschäden, ein starkes O-Bein oder einfach nur genetische Veranlagung können im Laufe des Lebens zu Knorpelabrieb und einer schmerzhaften innenseitigen Arthrose am Kniegelenk führen. Der natürliche Verlauf wird durch Unfälle mit Verletzung des Meniskus, des Knorpels und der Bänder und starke körperliche Belastung häufig stark beschleunigt. So können sich schon früh – bei manchen Menschen bereits um das 30. bis 40. Lebensjahr – schmerzhafte Überlastungserscheinungen, eine zunehmende Gelenkspaltverschmälerung und schließlich eine schmerzhafte innenseitige Kniegelenksarthrose entwickeln. Dadurch sind die Patienten zunehmend eingeschränkt, zunächst bei Belastung, dann auch im Alltag und in Ruhe, z. B. im Schlaf. Ziel der Behandlung sollte es deshalb sein, die Schmerzen zu reduzieren und die Lebensqualität wieder zu verbessern. Es ist ratsam, zunächst die Ursache der Überlastung herauszufinden und zu beseitigen. Stärkere sportliche Belastung, z. B. stop- and go-Sport wie Fußball, Squash etc. sollten gemieden werden. Gewichtsreduktion kann sehr hilfreich sein. Eine gezielte Physiotherapie, Schmerzmedikation und eine Schuhaußenranderhöhung von 3–5 mm bringen häufig Linderung. Auch der Einsatz von Hya­ luronsäurepräparaten oder/und eine Eigenbluttherapie (ACP) in Form von Injektionen haben sich unserer Erfahrung nach sehr bewährt. Indikation und Ziel der Operation Bei erfolgreicher konservativer Therapie besteht bis auf Ausnahmen zunächst keine Indikation zur Operation. Bei starker Beeinträchtigung der Lebensqualität unter erfolgloser konservativer Behandlung ist jedoch zumeist eine Operation anzuraten. Bestehen trotz innenseitiger Arthrose nur geringe Beschwerden, ist in der Regel auch bei Meniskusschaden von einer Operation eher abzuraten. Denn auch ein gerissener Meniskus hat schließlich noch eine wichtige Stoßdämpferfunktion, und die Entfernung von Meniskusgewebe kann die Ar- throse noch beschleunigen und zu stärkeren Beschwerden führen. Deshalb sollte die Indikation zur Arthroskopie bei Arthrose sehr zurückhaltend und mit Bedacht gestellt werden, z. B. zur Entfernung eines abgerissenen einklemmenden Meniskuslappens mit mechanischer Irritation des Gelenkes. Bei der Mehrzahl der Patienten mit mittelgradiger oder fortgeschrittener innenseitiger Arthrose macht allerdings eine alleinige Arthroskopie zur Schmerzreduktion keinen Sinn mehr. Auch der Wunsch nach einer Knorpelzelltransplantation kann nicht mehr erfüllt werden, da das Verfahren bei Arthrose leider nicht erfolgversprechend ist. Dennoch ist die Lage nicht hoffnungslos, bleiben doch zwei wirksame und bewährte Möglichkeiten der operativen Behandlung: Umstellungsosteotomie Bei beginnender bis mittelgradiger Arthrose (d. h. es ist noch ein Gelenkspalt von mehreren Millimetern vorhanden) und gleichzeitigem O-Bein ist eine operative Beinachsbe- ➔ 33 | :: nicht zerstört. Der Patient muss allerdings verstehen, dass die Arthrose dadurch nicht geheilt werden kann. Auch muss die sportliche Belastung angepaßt werden. Natürlich ist das Ziel, im Idealfall die Schmerzen für mehrere Jahre stark zu reduzieren. Die Ausgangssituation zum Zeitpunkt der Beinachskorrektur ist für die Prognose entscheidend. Je geringer die Arthrose zum Zeitpunkt der Operation, desto länger in der Regel der OP-Erfolg. Erfreulich ist, dass 10 bis 15 Jahre nach der Operation 90–95 % der Patienten noch ihr eigenes Gelenk haben und noch keine Gelenkprothese benötigen. Abb. 1: O-Bein Achse. Im Stehen geht die Hauptbelastung durch die Innenseite des Kniegelenkes und verursacht Verschleiß Abb. 2: Röntgenaufnahme im Stehen: Innenseitiger Gelenkspalt verschmälert, jedoch noch vorhanden. Normal weite Außenseite. | 34 gradigung in der Regel sehr wirksam (Abb. 1 und 2). Wichtigstes Ziel ist es dabei, die innenseitigen Knieschmerzen zu lindern. Die richtige Patientenauswahl ist der Schlüssel zum Erfolg und erfordert viel Erfahrung. Dabei müssen Alter, Gewicht, Kniegelenksbeweglichkeit, Bandstabilität, Ausmaß der Beinachsabweichung und Begleitschäden im Gelenk abgewogen werden. Auch das Aktivitätsniveau und der Beruf sind wichtige Kriterien. Meist führen wir eine keilförmige valgisierende Beinachskorrektur mit innenseitigem Aufklappen des Schienbeinkopfes durch. Dabei wird das Bein intraoperativ begradigt und die Achskorrektur bis zur Knochenheilung durch eine sehr stabile TomoFix-Platte (Fa. Synthes) gehalten (Abb.3). Damit können die Patienten nach 2 bis 4 Wochen bereits wieder mit vollem Körpergewicht belasten. Der stationäre Aufenthalt beträgt 3 bis 4 Tage, begleitend werden physiotherapeutische Maßnahmen durchgeführt. Die Platte wird nach ca. 1 Jahr wieder entfernt. Der größte Vorteil des Verfahrens ist, dass gelenkerhaltend operiert wird, d. h. die Gelenkflächen werden durch die Operation Gelenkteilersatz: Schlittenprothese Ist die Arthrose bereits fortgeschritten (d. h. kein oder fast kein Gelenkspalt mehr vorhanden) reicht eine Beinachsbegradigung häufig nicht mehr aus, um die Schmerzen zu lindern © drubig-photo - Fotolia.com Abb. 3: Überprüfung der Beinachskorrektur während der Operation. Befestigung mittels winkelstabiler TomoFix-Platte (Fa. Synthes) ATOSnews (Abb. 4a). In diesem Fall ist es vorteilhaft, den zerstörten Teil des Gelenkes durch eine Teilprothese (= Schlittenprothese) zu ersetzten. Nur dadurch kann bei fortgeschrittener Arthrose Schmerzfreiheit erzielt werden. Wie bei einer Zahnkrone wird dabei die Gelenkfläche der innenseitigen Oberschenkelrolle und des innseitigen Schienbeinkopfes durch hochwertige Implantate „überkront“ (Abb. 4b). Die Knieaußenseite, die Kniescheibe und die Bänder werden erhalten, so dass das Gelenkspiel kaum gestört wird. Dadurch sind das Kniegefühl und der Bewegungsumfang in den meisten Fällen fast wieder normal. Die „Schlittenprothese“ wird im Gelenk einzementiert und ist sofort fest mit dem Knochen verbunden. Das ist ein großer Vorteil, denn die Patienten dürfen in den meisten Fällen sofort nach der Operation das Knie mit vollem Körpergewicht belasten und auch frei bewegen. Während des ca. 7-tägigen a b Abb. 4a: Fortgeschrittene innenseitige Arthrose mit aufgehobenem innenseitigem Gelenkspalt Abb. 4b: Innenseitiger Teilersatz des Gelenkes, sog. Schlittenprothese mit Erhaltung Außenseite, Kniescheibe und Bandapparat stationären Aufenthaltes werden wiederum begleitende Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt; danach schließt sich eine weiterführende ambulante oder stationäre Rehabilitationsmaßnahme an. Die Haltbarkeit einer Schlittenprothese liegt heute durch hochwertiges Material, optimiertes Design und eine standardisierte Operationstechnik bei ebenfalls ca. 90 %-95 % nach 10 Jahren. Sollte sich die Schlittenprothese lockern oder eine Arthrose in anderen Gelenkabschnitten entstehen, muss schließlich auf einen kompletten Kniegelenksersatz (klassische Knieprothese=TEP) gewechselt werden. Fazit Sowohl die Beinachskorrektur als auch die Implantation einer Schlittenprothese sind geeignet, Schmerzen bei Kniegelenksarthrose für viele Jahre zu lindern. Die Indikationen überlappen sich, deshalb ist die Erfahrung des Operateurs bei der Auswahl des richtigen Verfahrens entscheidend. Mit beiden Operationen kann viel Zeit gewonnen werden, bevor ein kompletter Kniegelenksersatz durchgeführt werden muss. Bezüglich der Schmerzreduktion hat die Schlittenprothese leichte Vorteile. Dafür können Patienten nach Beinachskorrektur in der Regel bei komplett erhaltendem Gelenk aktiver sein. Deshalb werden jüngere aktive Patienten eher mit einer Beinachskorrektur versorgt. Beide Operationsverfahren erfordern viel operative Erfahrung und werden von uns seit vielen Jahren erfolgreich angewandt. Prof. Dr. Rainer Siebold Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sportmedizin (1) HKF: Zentrum für Hüft-KnieFußchirurgie & Sporttraumatologie ATOS Klinik Heidelberg (2) Institut für Anatomie und Zellbiologie, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg [email protected] www.hkf-ortho.de 35 | ::Schwerpunkt Endoprothetik Sprunggelenkprothese – aktueller Stand Von Hajo Thermann Keywords: OSG-Arthrose, Sprunggelenkprothese Die Ursachen für eine Arthrose im oberen Sprunggelenk (OSG) sind, neben entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, bei über 80 % der Patienten unfallbedingt. Ebenso können auch traumatisch oder degenerativ bedingte Fehlstellungen des Fußes zu einer einseitigen Belastung und somit zur Zerstörung des Knorpels im OSG führen. Was ändert sich durch die Arthrose? Veränderungen des Gangbildes In spezifischen klinischen Anwendungen von multisegmentalen Fußmodellen wurden speziell die Gangpathologien bei rheumatoider Arthritis, bei „Posterior tibial tendon dysfunction“ (Plattfuß) und bei Hallux rigidus charakterisiert. Woodburn et al. zeigte, dass das Gangbild bei Patienten mit schmerzhaftem Hallux valgus und Deformität des Rückfußes verändert war. Sowohl barfuß als auch in Schuhen fand sich eine exzessive Eversion im Sprunggelenkkomplex und eine Innenrotation im Unterschenkel. Bei rheumatoiden Patienten zeigte eine Ganganalyse im Vergleich zu einer Kontrollpopulation eine verlängerte Standphase, eine verkürzte Abstoßphase, eine erhöhte Kadenz und eine langsamere Geschwindigkeit im Gehen. Im Bereich des Rückfußes wurden eine verzögerte und verminderte Plantarflexion, eine vermehrte Außenrotation und eine vermehrte Inversion festgestellt. Es gibt nur wenige Publikationen, in denen mittels Ganganalyse das Gangbild von Patienten mit Arthrose, Sprunggelenksarthrose oder mit endoprothetischer Versorgung des Sprunggelenks untersucht wurde. | 36 Zwei Studien beschreiben die Kinematik vor und nach Implantation einer Sprunggelenksendoprothese. Sie zeigten, dass die Arthrose zu einer Verminderung der maximalen vertikalen Bodenreaktionskräfte sowie zu einer deutlichen Veränderung des sagittalen und transversalen Hebelarms und somit deutlichen Reduktion der Kraftentfaltung führt. Untersuchungen nach Arthrodese des OSG zeigen, dass die Mobilität nach Versteifung des OSG durch Mehrbeweglichkeit im Knie, im Mittelfußbereich und im Vorfußbereich erreicht wird. Zusätzlich wird die Versteifung durch eine deutliche Zunahme der Beweglichkeit im Subtalarbereich und der Mittelfußgelenke kompensiert. Dies führt jedoch auch zu erhöhtem Belastungsstress in diesen Gelenken. Historie der OSG-Endoprothetik Die größte Problematik in den Anfängen der OSG-Endoprothetik (1985) bestand in den sehr geringen Standzeiten der Prothesen. Grund hierfür waren die suboptimalen Implantationsmöglichkeiten. Es fehlte die Prä- zision der Instrumentarien, und besonders hinderlich war ein nicht ausgereiftes, dem OSG nicht entsprechendes Design der Prothesen, das sich zu Beginn noch an der Endoprothetik der Hüftgelenke orientierte. In den Neunziger Jahren wurde durch H. Kofoed die STAR Prothese eingeführt und damit ein neues erfolgreiches Kapitel der OSG-Endoprothetik aufgeschlagen. Diese Prothese hatte für den Patienten eindeutige Vorteile im Hinblick auf die Beweglichkeit des Gelenkes bei wiedererlangter Schmerzfreiheit. Dadurch wurde in den 90er Jahren die Endoprothetik nach und nach wieder eine Alternative für die Spezialisten der Sprunggelenkschirurgie und gleichzeitiig auch wieder Objekt umfangreicher Wissenschaftsanalysen, besonders Analysen im Vergleich zum damaligen „Goldstandard“, der OSGArthrodese. In vivo Untersuchungen zeigten, dass die normalen Bewegungen des Sprunggelenkkomplexes durch die Prothesenimplantationen wesentlich weniger beeinflusst werden als bei einer Arthrodese, welche eine normale Bewegung nicht mehr zulässt. ATOSnews Zweiteilige gekoppelte Prothesen (Agility, Inbone) führen zu erheblich mehr Restriktion bei der talaren Bewegung als modernere Dreiteile-Prothesen (begonnen mit der STAR-Prothese). Daraus resultiert wahrscheinlich ein Anstieg der Stresskräfte in und um die Prothese herum, was zu einem vermehrtem Polyethylenabrieb und zu Lockerung im Knochen-Prothesen-Interface führte. Im Vergleich mit gesunden Patienten konnte in Studien keine normale Ganggeschwindigkeit erzielt werden, weder beim endoprothetischen Ersatz noch bei der Arthrodese. Kinematische Untersuchungen konnten in Ganganalysen nachweisen, dass es in den ersten 3 Monaten nach Prothesenimplantation zu einer Normalisierung des Gangbildes kam. Im weiteren Verlauf wurde im Vergleich zu Gesunden nur noch eine partielle Wiedererlangung der kinematischen Fähigkeiten erreicht. Dies lag wahrscheinlich an einer zunehmende Belastung und Narbenbildung. Weitere Studien konnten aber auch eine Persistenz der guten Beweglichkeit über 12 Monate belegen. Eigene Erfahrungen zeigen, dass bei optimaler Lage der Prothese und sofortiger guter Beweglichkeit postoperativ diese Beweglichkeit im weiteren Verlauf nicht verloren geht. Auch unter stärkerer Belastung kann durch kontinuierliches Training die Beweglichkeit stabilisiert werden. Bei Nachuntersuchungen über einen längeren Zeitraum (bis zu 4 Jahren) ist durch das Wiedererlangen der Beweglichkeit im Sprunggelenk auch eine Verbesserung der Beweglichkeit im Knie- und Hüftgelenk eindeutig nachweisbar. Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse von in vivo Ganganalysen, dass weder die Endoprothetik des Sprunggelenkes noch die Arthrodese zu einem vollständig normalen Gangbild oder zu normalen Bewegungen der unteren Extremitäten führt. Die Vorteile der OSG-Endoprothetik gegenüber der Arthrodese ist ein symmetrisches Gangbild und normalere „Ground Reaction Forces“ (Bodenreaktionskräfte). Ferner ist die Kadenz schneller und die Schrittlänge größer. Prothesendesign Die Designer von Sprunggelenksprothesen haben vielschichtige, nicht nur traditionelle Probleme zu bekämpfen. Dies sind vor allem Abb. 1: STAR Prothese: drei Komponenten mit schaftfreier Tibiakomponente. das Material, Fixationselemente, operative Techniken, Risiko von Abrieb und Lockerung der Prothese. In den bestehenden Konzepten sind die Fragen der Gelenkrotationsachsen, der Kontaktflächen, der Bandspannungen usw. bislang nicht vollständig verstanden. Im Prothesendesign sind folgende schwer lösbare Widersprüche: Auf der einen Seite will man eine „constrained (gekoppelte) version“ haben. Diese weisen eine große Kontaktfläche mit Verminderung des Polyethylenabriebs auf. Diese „steifen Festprothesen“ behindern aber die Beweglichkeit. Im Gegensatz dazu zeigen „unconstrained“ durch ihre hohe Konformität das Risiko einer inadäquaten Belastung. Durch hohen Kontaktstress zeigen diese Prothesen einen höheren Poly­ ethylenabrieb. Auffallend ist, dass sich bei einem Prothesenwechsel bei nicht korrigierter Achsenfehlstellung ein enormer Abrieb schon innerhalb von kürzerer Zeit findet. Trotz der Probleme mit den Ergebnissen der Zwei-Teile-Prothesen wurden diese in den USA wiederbelebt. So sind auch noch heute zweiteilige „Twopart-Prothesen“ und Dreiteilprothesen auf dem Markt vorhanden. Drei-Teile-Prothesen haben aufgrund des „kongruenten“ Meniscal bearing die Möglichkeit auf der Gelenkfläche zu gleiten. Die Prothese kann Translationsbewegungen erlauben und zusätzlich die Kongruenz der artikulierenden Flächen durch den gesamten Bewegungsablauf gewährleisten. Die flache Tibia führt in erster Linie Kompressionsdruck auf das Knochen-Implantat-Interface aus. Aufgrund der geringen Reibung braucht es bei dem Konstrukt eigentlich keinen kleinen Schaft wie im Design verschiedener Prothesen, um die Kompressionskräfte im Knochen, zu neutralisieren (Abb. 1). Sphärische (2 verschiedene Radien) Interfaces zwischen der konvexen Knochenverankerung (tibial oder talar) und dem Polyethylen haben den Vorteil, dass auch die Kongruenz in transversaler und frontaler Rotationsebene bestehen bleibt. Im Gegensatz zu zylindrischen (1 Radius) Prothesen kann jedoch eine sphärische Prothese eher zu leichten Implantationsfehlern führen. ➔ 37 | ::Schwerpunkt Endoprothetik Abb. 2: Zystische periprothetische Läsion 4 Jahre nach Implantation Untersuchungen mit Anwendung der „Finite-Elemente-Methode“ sowie auch in vivo- Untersuchungen konnten nachweisen, dass die Knochenstrukturen durch intakte, balancierte Bänder geführt werden müssen, wie dies auch bei gesunden Gelenken der Fall ist. Daher ist bei der Implantation der Prothese die „Balancierung“ extrem wichtig und setzt große Expertise voraus. Die Vorstellung allein, dass bei einer guten knöchernen Implantation eine mangelnde Balancierung der Weichteil- und Bandstrukturen durch die Prothese ausgeglichen wird, ist trotz der Konformität des Gelenkes ein Irrglaube. Es muss daher eine absolute ligamentäre Stabilität erreicht werden. Im Hinblick auf die Haltbarkeit und Lebenserwartung der Prothesen ist zu allererst eine präzise Präparation des Knochens mit guter Verankerung notwendig. Hierbei variieren verschiedene Designs: kleine Stems, Verschraubungen, Zapfen – alles zur Erhöhung des Interfaces zwischen nicht zementierter Implantatoberfläche und Knochen, um eine größtmögliche Oberfläche mit Verzahnung zu erreichen. Das theoretische Konzept wird aber letztendlich durch die Präzision der Implantati- | 38 Abb. 3: Knochenmarksaspiration mit Yamshidinadel vom Beckenkamm on als auch durch die Biologie der Einheilvorgänge bestimmt. Daher sollte aus meiner Sicht die Konditionierung der Prothesenrückfläche mit Knochenmark erfolgen. Takakura (2010) hatte eine präoperative Beschichtung mit Biologica angeregt. Dieser Aspekt sollte als weitere Verbesserung einer festen Einheilung stärker berücksichtigt werden. Minimale Instabilitäten im Bereich des Interfaces führen nach meiner Ansicht zu einem veränderten mechanischen Verhalten in diesem Knochen/Prothesen-Interface. Dies führt zu Knochenresorption aufgrund unterschiedlicher Krafteinflüsse durch den nicht festen Verbund. Die Folge davon sind Schmerzen und im weiteren Verlauf der Resorption des Knochens kann es zu Zystenbildung kommen (Abb. 2). Eigene histologische Untersuchungen der Zysten zeigen, dass diese nicht in erster Linie als Fremdkörperreaktionen auf Polyethylenpartikel herrühren, sondern aus meiner Sicht mechanische Ursachen haben. Logischerweise müsste man sich trotz verbesserter Implantationstechnik die Frage stellen, ob auch bei pressfit-Verfahren, evtl. eine Zementierung eine bessere primäre Stabilität erzeugen kann? Wir wissen aber auch, dass es durch die thermischen Veränderungen beim Aushärten des Zementes zu Nekrosen im Knocheninterface kommen kann. So stellt sich die Frage, ob hier durch eine Zementierung, der Teufel mit dem Belzebub ausgetrieben wird? Außer Frage steht meiner Meinung nach, dass die Imprägnierung mit Wachstumsfaktoren (ACP) und Knochenmarksaspirat (Knochenmark und Stammzellen!) unbedingt angewendet wird. Meine Erfahrungen im kurzfristigen Verlauf (bis 2-3 Jahre) zeigen, dass sich bei Anwendung dieser Technik keine zystischen Veränderungen mehr nachweisen ließen (Abb. 3). Die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Sprunggelenksendoprothetik werden vom wachsenden amerikanischen Markt dominiert. Durch Positionierungs-und Einspanngeräte im Bereich der Implantation und bei der Durchführung der Sägeschnitte soll eine Standardisierung der schwierigen Implantationstechniken erreicht werden. Die Implantation wird durch das untere Sprunggelenk durchgeführt und mit großen Schäften wird eine hohe Rigidität geschaffen. Bei komplexen Fällen mit Alignmentfehlstellungen wird vermehrt dieses Verfahren propagiert, um ATOSnews a b c Abb. 4a–c: Inbone gekoppelte Prothese mit Halteapperat zur Implantation (J. DeOrio, persönliche Mitteilung) diese anspruchsvollen Operationen für „jedermann“ zu vereinfachen! Aus meiner Sicht ist dieses der falsche Weg. Durch die Halteapparate wird eine scheinbare Sicherheit in der Implantation vorgetäuscht. Postoperative Röntgenbilder zeigten auch bei dieser Technik, dass weiterhin große Variationsmöglichkeiten im Bereich der Implantation besteht (Abb. 4a–c). Die Opferung des unteren Sprunggelenkes und die Einführung von großen Stems in dieser Implantationstechnik mögen primär zu einer anfänglichen Stabilität führen. Das Wesen von Implantaten in biologischen Materialien ist aber, die Stresseinwirkung durch geringe Hebel bei unterschiedlichen Elastizitätsmodulen zu reduzieren, da sonst auch die stärksten Implantate mit der Belastung und Zeit versagen,, so dass ich aus meiner Sicht diese constrained steifen Prothesen sehr kritisch beurteile. Wie schon in den 90er Jahren in den USA ist der Versuch mit der Agility-Prothese, mit undimensionierten oder fehldimensionierten Implantaten eine hohe Stabilität zu erzeugen, gescheitert. Evtl. zeigt sich hier, trotz Verbesserungen der Implantate wiederum eine negative Entwicklung. Einige neue Prothesen des amerikanischen Marktes sind zwar im Design nur gering innovativ, jedoch wird hier ein lateraler Zugang benutzt, was prinzipiell bei Standardimplantationen eine sehr schöne Übersicht zeigt (Abb. 5a, b). Auch bei dieser Implantation werden, vielleicht von amerikanischen Orthopäden gewünscht, Einspanngeräte in die Operationstechnik eingebunden, um einen breiteren Zuspruch der Operateure durch fragliche Implantationssicherheit zu erreichen? Die grundsätzliche Problematik in der OSG-Endoprothetik ist, dass wir im Design in den letzten 20 Jahren nicht wirklich weiter gekommen sind. Die normalen anatomischen Verhältnisse, vor allem im Bereich des talaren Designs, der eine abgesägte Konus-Schrauben-Bewegung beinhaltet, werden auch durch sphärische talare Implantate nicht nachempfunden. Die flache Tibiakomponente ermöglicht zumindest eine Translation mit geringerer Friktion. Die Vorstellung, dass das Polyethylen sich mitbewegt, erweist sich als Wunschdenken. Bei allen Revisionen fällt auf, dass sich nur die talare Komponente unter dem Polyethylen bewegt. Dadurch kommt es zu massiver intraartikulärer Narbenbildung. Rotationsbewegungen werden mehr oder weniger durch diese Narbenbildung verhindert. Die Weiterentwicklung der talaren Komponente ergab hervorragende Prototypen, wobei das talare Design komplett verändert wurde. Obwohl fast in Produktionsreife, wurde es von der Industrie, wahrscheinlich auch unter dem Aspekt eines „Return of Investment“ von Standardprothesen, noch zurückgehalten. Da am europäischen, vor allem auf dem deutschen Markt, ein „break even point“ der Wertschöpfung wahrscheinlich zu keiner Zeit erreicht wurde, ist es zum Rückzug von zwei Anbietern gekommen. Diese sind aufgrund von Standhaftigkeitsproblemen, aber auch aus finanziellen Wertschöpfungsgründen nicht weiter erhältlich. Aus meiner Kenntnis hat dies den gesamten Markt weder verkleinert noch vergrößert. Insgesamt haben die Top-Anbieter den Nutzen daraus gezogen, ihre Implantationstechniken und Implantationsinstrumentarien deutlich zu verbessern. Dennoch hat die Sprunggelenksendoprothetik in den letzten 20 Jahren große Fortschritte gemacht. Weniger im Design als vielmehr in einer adäquaten Implantation ➔ 39 | ::Schwerpunkt Endoprothetik a b Abb. 5a, b: Trabecular metall TM, konvexe Tibia und Polyethylen. der Prothesen durch hochspezialisierte Chirurgen, die alle Höhen und Tiefen einer „Learning Curve“ hinter sich haben. Die Industrie unterstützt grundsätzlich die Bedürfnisse einer endoprothetischen Versorgung in der Verbesserung der Instrumente, die den europäischen Spezialisten sehr gute Implantationen ermöglichen. Mit einer Sprunggelenksprothese erreicht man kein normales Gelenk! Bei vorbestehender Mobilität führt es bei guter Implantation aber zu einer Schmerzfreiheit und zu einer sehr guten Beweglichkeit. Die sportlichen Aktivitäten sind genauso wie bei anderen Prothesen in erster Linie im „Nichtimpact-SportBereich“. Schwimmen, Golf, Fahrradfahren, Rennradfahren, Skifahren und Skilanglauf sind mögliche sportliche Belastungsformen. Durch die Wiedererlangung dieser Fähigkeiten erhalten wir in unseren Nachuntersuchungen ein positives Feedback und eine hohe Zufriedenheit. Die Designveränderungen auf dem Gesamtmarkt kommen aus den USA. Hier werden andere Wünsche befriedigt als in der orthopädischen Gemeinschaft der Fußspezialisten. | 40 Mit Halte- und Einspannsystemen, oder jetzt als neueste Weiterentwicklung durch Computerdesign präfabrizierte Patienten„gematchte“ Schneideleeren wird den Chirurgen in aufwendigen Kursen das Gefühl einer Verbesserung vermittelt. In Studien mit Kurzzeit-Ergebnissen zeigt sich, dass diese Implantate funktionieren. Die Zukunft wird uns zeigen, ob die jetzigen Ergebnisse nach „Einjahres-Implantation“ von einer Gruppe hochspezialisierter Ärzten durchgeführten Implantationen in der Breite (nach Freigabe an alle Operateure) und über die Zeit Bestand haben. Fazit Die OSG-Endoprothetik ist ein wichtiger Teil der Behandlung eines arthrotischen schmerzhaften Sprunggelenkes. Im Design der Prothesen mit dem Ziel der Nachempfindung der normalen Anatomie und Kinematik, sowie in der Präzision der Implantation hat sie aber den Stand der anatomischen Knieendoprothetik noch längst nicht erreicht. Prof. Dr. Hajo Thermann HKF – Zentrum für Hüft-, Knieund Fußchirurgie ATOS Klinik Heidelberg [email protected] ATOSnews Kernspinresonanztherapie bei Arthrose und Sportverletzungen Von Raimund Völker Keywords: Kernspinresonanztherapie, Arthrose, Sportverletzungen Die Kernspinresonanz hat gezeigt, dass sie Reparatur­ prozesse und den Knorpel stimulieren und Schmerz­signale beeinflussen kann. Sie stellt eine alternative Therapie für Patienten mit Osteoarthritis und Sportverletzungen dar. Der klinische Erfolg dieses neuen therapeutischen Verfahrens ­wurde für Osteoarthritis in vielen in-vivo und in-vitro-Untersuchungen gemessen. In der Behandlung von Arthrose und Sportverletzungen gibt es verschiedene nichtoperative Therapieansätze. Wir nutzen meist Training, Physiotherapie, Antiphlogistika, Rehabilitation, ggf. Akupunktur, ggf. Glykos­ amine oder Kortikoide intraartikulär, ggf. Magnetfeld- oder Stosswellentherapien, um eine Besserung der Beschwerden zu erzielen und ein Fortschreiten der Einschränkungen zu verhindern. Andererseits sollen auch Regenerationsvorgänge nach Sportverletzungen beschleunigt werden. Nicht selten bleiben diese Anstrengungen nur Versuche ohne nachhaltige Wirkung. Bei Versagen der vielleicht auch zu spät begonnenen konventionellen Therapie der ­Arthrose wird oft ein chirurgischer Gelenksersatz notwendig. Wenig bekannt ist ein weiteres nicht-invasives Therapieverfahren, dessen Hersteller im letzten Jahr einen Innovationspreis des Mittelstands in Deutschland erhielt. Das Verfahren selbst wird bereits seit über 15 Jahren angewendet. Es handelt sich hierbei um die Kernspinresonanztherapie (KSRT), welche von der allseits bekannten diagnostischen Kernspinresonanzdiagnostik (MRT) abgeleitet wurde. Diese Therapieform wird in Deutschland und in weiteren 21 Ländern vermehrt angeboten. Beispielsweise werden auch in den medizinischen Abteilungen einiger Fußball-Bundesligisten wie dem FSV Mainz 05 und dem SC Paderborn, aber auch bei Handballbundesligamannschaften wie dem SC Leipzig Behandlungsgeräte mit Kernspinresonanztherapie betrieben. Der Einsatz erfolgt hierbei überwiegend bei Knochenödemen in Knie und Hüfte, bei Meniskusfixation, zur Regeneration nach Knorpelverletzungen sowie bei Bänderverletzungen. Funktionsprinzip Abb.1: Offenes Behandlungssystem der Kernspinresonanztherapie Biologische Gewebe bestehen – neben einigen anderen Atomarten – hauptsächlich aus großen Molekülen mit Kohlenstoff und Wasserstoffatomen. Außerdem haben sie einen hohen Wassergehalt. Im MRT werden zur Bildgebung die magnetischen Eigenschaften der Wasserstoffkerne (Protonen) genutzt. Sie sind als elementarer Teil von Wasser und Fett das häufigste Element im menschlichen Körper. Diese Wasserstoffkerne mit ihren Quanteneigenschaften lassen sich durch Hochfrequenzimpulse anregen. In einem Volumenelement existiert eine Vielzahl von Atomkernen, deren Spins ohne ein äußeres Magnetfeld zufällig ausgerichtet ➔ 41 | ::Fachbeiträge sind und sich in ihrer Gesamtwirkung aufheben (Grundzustand). Wird dieses Volumen­ element nun in ein statisches homogenes Magnetfeld gebracht, wird durch das Feld eine Kraftwirkung auf die Spins ausgeübt. Das Ergebnis: Die Spins richten sich in der Summe parallel zu diesem Magnetfeld aus. Das angelegte statische Magnetfeld zwingt die Spins zu einer sogenannten Präzessionsbewegung, ähnlich eines Spielzeugkreisels. Je nach Dauer des Impulses lässt sich die Ausrichtung der Spins um bis zu 180 Grad umklappen. Die Protonen befinden sich dann in einem sogenannten „labilen Gleichgewichtszustand“. Wird dann die Hochfrequenz kurzfristig abgeschaltet, gehen die Protonen wieder in ihren stabilen Gleichgewichtszustand zurück. Die Zeit, um zurück in den stabilen Gleichgewichtszustand zurück zu kehren, wird Relaxationszeit genannt. Diese unterscheiden sich für die einzelnen Gewebetypen. Mit der beschriebenen Vorgehensweise ist es möglich, Signale in Körpergewebe zu übertragen. Durch die Kenntnis der verschiedenen Relaxationszeiten der Gewebe (Knochen-, Knorpel-, Muskelgewebe), können diese gezielt angesprochen werden. Dabei wird die unterschiedliche „chemische Umgebung“ der Protonen ausgenutzt. Folgende technische Voraussetzungen müssen gegeben sein: -- Statisches Hauptmagnetfeld -- Variables Sweep-Feld -- elektromagnetisches Wechselfeld, das der Larmorbedingung entspricht, und senkrecht zu (a) und (b) stehen muss. Eine Behandlung mit der Kernspinresonanztherapie wird entsprechend der Indikation in 5–9 jeweils einstündigen Sitzungen durchgeführt. Als Geräte kommen die MBST®Behandlungsgeräte der Firma MedTec zum Einsatz. Eine gefühlte Enge wie in geschlossenen MRTs kann nicht auftreten. Die Patienten befinden sich dabei in einer sitzenden oder liegenden Position. Indikationen Indikationen für den Einsatz der KSRT ergeben sich bei beginnenden Arthrosen der Ge- | 42 lenke (bei Coxarthrose, Gonarthrose, Spondylarthrose, Fingergelenkspolyarthrose), chronischer Ansatztendinose, ImpingementSyndrom der Schulter, Trochantertendinose und bei Sportverletzungen zur Verkürzung der Regenerationszeit. Kontraindikationen Kontraindikationen sind aktive Implantate im oder in unmittelbarer Nähe des Behandlungsbereichs, Schwangerschaft, vorhandene oder vergangene maligne Erkrankungen sowie bakterielle Entzündungen im Behandlungsbereich, HIV-Erkrankungen, rheumatische Erkrankungen in der Schubphase und Leukämie oder Lymphome in der Anamnese. Kosten Die Kosten der Therapie werden von privaten Krankenversicherungen in den meisten Fällen übernommen, bei Kassenpatienten wird oft ein erheblicher Zuschuss gewährt. Eine Therapieeinheit kostet ca. 110 €. Ergebnisse Die Wirksamkeit und Verträglichkeit kernspinresonanter elektromagnetischer Felder als Therapie bei verschiedenen Arthroseformen wurde in zahlreichen in-vitro- und in-vivo-Studien nachgewiesen 1-11. Die moderne Wissenschaft verlangt prospektive, randomisierte, plazebokontrollierte Doppelblindstudien mit vorab definierten, der Fragestellung angemessenen Endpunkten und einer adäquaten statistischen Auswertung. Nicht alle vorhandenen Studien erfüllen diese Kriterien. Aussagekräftige Studien bei Sportverletzungen stehen noch aus. Kullich et al. 2 untersuchten 2006 prospektiv, randomisiert und plazebokontrolliert die Effekte der KSRT bei 62 Patienten mit Low back pain. Der Schmerz und der RMIndex (Roland Morris Disability Index) waren bis 3 Monate nach Therapie in beiden Gruppen signifikant gebessert, nach 3 Monaten war der RM-Index in der Plazebogruppe jedoch nicht signifikant gebessert. In der großen Multicenter-Studie von demselben Autor 6 erfolgten Erhebungen an 4.518 mit Kernspinresonanz behandelten Patienten mit den Indikationsgebieten Gonarthrose (n = 2.770), Coxarthrose (n = 673), Sprunggelenksarthrose (n = 420), schmerzhafte Affektionen der Wirbelsäule (Low back pain/Spondylarthrosen, n = 655). Die Rekrutierung erfolgte multizentrisch in 61 Therapiezentren und Arztpraxen in Deutschland und Österreich. Erhebungszeitraum für die Daten war 01/2001 bis 12/2010. Das Alter der Patienten betrug im Mittel 62,4 ± 12,9 Jahre (Gonarthrose), 64,6 ± 10,7 Jahre (Koxarthrose), 58,6 ± 15,3 Jahre (Sprunggelenksarthrose), 62,8 ± 14,1 Jahre (Low back pain). Als Beurteilungskriterium für den therapeutischen Effekt der KSRT dienten der Ruhe, Belastungs- und Spitzenschmerz. Bei der Gonarthrose reduzierten sich im Verlauf des einjährigen Follow-ups sowohl Spitzen-, Belastungs- als auch Ruheschmerz im Mittel kontinuierlich. Bereits nach ca. 3 Monaten traten hochsignifikante Verbesserungen im Bewegungsausmaß auf. Die Verbesserungen der Flexion und Extension waren nach 6 und 12 Monaten noch weiter gesteigert. Die geschlechtsspezifische Analyse ergab keine statistisch signifikanten Unterschiede Mann/ Frau. Bei der Koxarthrose zeigte sich eine Verbesserung von Schmerz und Funktion. Der verringerte Schmerz erklärte auch die beobachtete Verbesserung der Schlafqualität. Auffallend war, dass nach 1 Jahr mit 47,5 % fast die Hälfte der Patienten angab, völlig beschwerdefrei gehen zu können, dies war vor Therapie bei nur rd. 20 % möglich. Auch das Ein- und Aussteigen in ein Auto war nach einem Jahr bei allen Patienten gebessert. Unterschiede zwischen Normalgewichtigen und adipösen Koxarthrosepatienten konnten statistisch nicht verifiziert werden. Die therapeutische Kernspinresonanz bei chronischem Kreuzschmerz, Low back pain und Spondylarthrosen hatte einen positiven Einfluss auf den Schmerz (247 Männer – 37,7 %; 408 Frauen – 62,3 %). Die größte Verringerung der Schmerzintensität war 6 Monate nach KSRT zu beobachten (Spitzenschmerz –37,7 %; Belastungsschmerz –32,4 %; Ruheschmerz –35,9 %). Parallel zu der geringeren Schmerzbelastung war es den Patienten mit Affektionen der Wirbelsäule ein ATOSnews halbes bis ein Jahr nach KSRT leichter möglich, Alltagsaktivitäten wie Heben, Gehen, Sitzen, Stehen, Reisen auszuführen. Es besserte sich kontinuierlich die Schlafqualität und die persönliche Pflege war weniger behindert. Die Effekte fallen bei Adipositas schwächer aus. Abschließend konnte bei Patienten mit schmerzhaften arthrotischen Veränderungen im oberen Sprunggelenk eine signifikante Reduktion der Schmerzintensität unter Belastung, aber auch in Bezug auf Spitzenund Ruheschmerz erzielt werden. Aufgrund der Beschwerden am oberen Sprunggelenk bestanden Einschränkungen durch Hinken, insbesondere bezüglich der Gehstrecke und des Treppensteigens. Diese Parameter konnten nach 12 Monaten deutlich gebessert werden. In Bezug auf die Funktion ist zu bemerken, dass sich auch die Gehstrecke, die einen guten Indikator für eine Verbesserung im Sprunggelenk darstellt, verlängerte. Die Schmerzintensität auch der Fingergelenksarthrosen 3 konnte durch die Kernspinresonanz signifikant vermindert werden, es besserten sich Spitzenschmerz, Belastungsschmerz und Ruheschmerz im Rahmen der KSRT, nicht jedoch unter Plazebo. Während der aktiven Therapie und im Follow-up nach 6 Monaten konnte die Schmerzhäufigkeit kontinuierlich jeweils signifikant vermindert werden. In der Vergleichsgruppe mit der Plazebobehandlung zeigte sich jedoch ein stetiger und nach 6 Monaten sogar signifikanter Anstieg der Schmerzhäufigkeit (p < 0,005). Die Handfunktion im QUABA-Score besserte sich deutlich. Fazit Die Kernspinresonanztherapie (KSRT) wird seit einigen Jahren erfolgreich bei verschiedenen Arthrosen und auch bei Sportverletzungen eingesetzt. Sie kann mit niedrigen Feldstärken Reparaturprozesse auf zellulärer Basis sowie Schmerzmechanismen positiv beeinflussen. In Studien wurde bei Coxarthrose, Gonarthrose, Spondylarthrose, Fingergelenksarthrose und Arthrose des oberen Sprunggelenkes eine Reduktion der Schmerzen nachgewiesen. Dies erlaubt den Schluss, dass die KSRT bei schmerzhaften Arthro- Abb. 2: Die Therapie ist auch im Sitzen möglich. sen auch von der Kosten-Nutzen-Seite eine zusätzliche wirksame, nachhaltige Therapiemaßnahme sein kann. Sehr vorteilhaft für die Patienten ist hierbei die vollständig nicht-invasive Therapieform ohne Schmerzen und ohne Infektionsgefahr z. B. durch Spritzen. Als Indikationen gelten beginnende Arthrosen, Tendopathien und Sportverletzungen. Bei Anwendung von Kernspinresonanz werden zwar bei Knorpelschäden keine neuen Knorpelzellen gebildet, aber die vorhandenen Knorpelzellen durch eine verbesserte Regenerationsfähigkeit in eine bessere Ausgangslage versetzt. Die klinischen Erfolge auch bei der Therapie von Sportverletzungen stimmen positiv, hier gilt es jedoch die möglich erscheinenden Vorteile in Studien zu belegen. Es lässt sich insgesamt konstatieren, dass die Kernspinresonanztherapie die Möglichkeiten der konservativen Thera- pieanwendung bei Arthrose und Sportverletzungen hoffnungsvoll erweitert. Literatur beim Verfasser Dr. Raimund Völker Leiter des Zentrums für Hüftchirurgie ATOS Klinik München [email protected] www.dr-voelker.eu 43 | ::Gesundheitsgespräche Heidelberg 2015 Gesundheitsgespräche O KTO BER 2 0 1 5 29.10.2015 | 19:00 Uhr Verschleiß am Kniegelenk – lässt sich eine Prothese vermeiden? Prof. Dr. med. Rainer Siebold nOV E mBER 2 0 1 5 12.11.2015 | 19:00 Uhr Hüft-Arthrose: Von Knorpeltherapie bis modernen Gelenkersatz Prof. Dr. med. Fritz Thorey 19.11.2015 | 19:00 Uhr Check-Up – Das Präventionsprogramm der ATOS Klinik stellt sich vor Check-Up-Team der ATOS Klinik Heidelberg 26.11.2015 | 19:00 Uhr Arthrose und Entzündung – konservativ oder operativ? Prof. Dr. med. Holger Schmitt, Dr. med. Verena Schmitt 25.02.2016 | 19:00 Uhr Aspekte der modernen Gesichtschirurgie – von der Rekonstruktion bis zur Ästhetik PD Dr. med. Andreas Dacho mÄRz 2016 10.03.2016 | 19:00 Uhr Weißer Hautkrebs und seine Vorstufen – Diagnostik und Therapie ar Dr. med. Claudia Jäger Neck 17.03.2016 | 19:00 Uhr Behandlungsoptionen der Gonarthose vor der Knie-Prothese PD Dr. med. Erhan Basad ße nstra den man u h arsta c S Neck So finden Sie uns: g ude B Gebä ße nstra Luise 1. OG ang teing up e Ha PfortEingang Reha us enha Mari e ühlstraß m Schneid g 28.01.2016 | 19:00 Uhr Darmkrebsvorsorge – Ihre Chance Dr. med. martin A. Thome Eingan 14.01.2016 | 19:00 Uhr Pleiten, Pech und Pannen in der Fußchirurgie Dr. med. Wolfram Wenz ATOS – A ude b e G ä ße 1. OG C EG Eingang stra Gebäude Eingan JAn UAR 2 0 1 6 OpenMRT arck 10.12.2015 | 19:00 Uhr Als Kassenpatient in die ATOS Klinik? Operative und nicht-operative Behandlungsmöglichkeiten bei Schulterschmerzen Dr. med. Andreas Klonz Bism DEzEm BER 2 0 1 5 FEBRUA R 2 0 1 6 18.02.2016 | 19:00 Uhr Psoriasisarthritis – Gelenke, Haut und vieles mehr? Dr. med. Ines Dornacher, Dr. med. Verena Schmitt, Dr. med. Claudia Jäger | 44 Alle Vorträge finden im Foyer der ATOS Klinik in Gebäude A statt. Für Getränke und kleine Snacks ist gesorgt. Das Parken in unserer Tiefgarage ist während der Veranstaltung kostenfrei. Neck ATOSnews LEISTUnGSSPEKTRUm Dermatologie | Ästhetik Hals | nase | Ohren neurologie | Psychiatrie mund | Kiefer | Gesicht GESUnDHEITSGESPRÄCHE in der ATOS Klinik Heidelberg Endokrinologie Schulter Wirbelsäule Innere medizin Ellenbogen Diabetologie Hüfte Rheumatologie Hand Leistenbrüche Hämorrhoiden | Endoskopien Knie Krampfadern Fuß | Sprunggelenk Oktober 2015 bis märz 2016 ATOS Klinik Heidelberg Bismarckstraße 9 -15 D - 69115 Heidelberg Telefon +49 (0) 6221 / 983 - 0 Telefax +49 (0) 6221 / 983 - 919 www.atos.de | [email protected] 45 | ::Rheumatologie „Ich habe Rheuma und will wieder tanzen!“ Rheumatologie needs Physiotherapie Von Verena Schmitt, Ines Dornacher und Tobias Baierle Keywords: rheumatoide Arthritis, Differentialdiagnose Monarthritis, Physiotherapie, medikamentöse Therapie Die rheumatoide Arthritis ist die häufigste Ursache chronisch entzündlicher Gelenkerkrankungen. Gerade jüngere Patienten mit Arthritis haben im Vergleich zu Älteren einen h ­ ohen Leidensdruck und erfahren erhebliche Einschränkungen im Alltag. Eine frühzeitige Diagnosestellung sowie Einleitung einer individuellen Therapie ist essenziell, um arthritisbedingten Beeinträchtigungen vorzubeugen bzw. diese zu minimieren. Intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit und kontinuierliche physiotherapeutische Betreuung sind notwendig, um den Patienten möglichst schnell wieder einen normalen Alltag zu ermöglichen. Diagnostik bei Monarthritis Bereits eine detaillierte Anamnese und ausführliche klinische Untersuchung mit Berücksichtigung der zahlreichen potenziellen extraartikulären Befunde sind meist schon richtungsweisend. Die notwendige Labordiagnostik umfasst, neben internistischen Routineparametern, die Bestimmung von Entzündungswerten und eine detaillierte rheumatologisch-immunologische Serodiagnostik. Bildgebend steht die Arthrosonographie an erster Stelle. Der klinisch vermutete Kniegelenkerguss kann dadurch bestätigt werden. Typischerweise findet man eine Hypertrophie der Synovia mit einer Hypervaskularisation im Powerdopplermodus (Abb. 2). Da diese jedoch nicht spezifisch für eine entzündlich-rheumatische Erkrankung ist, muss bei unklarer Monarthritis eine diagnostische Gelenkpunktion wie bei unserer Patientin mit weiterführender Diagnostik (Zellzahlbestimmung, Gram-Präparat, mikro­ biologische Untersuchung, Borrelien-PCR, -- → | 46 Kasuistik Der Bericht einer 25-jährigen Patientin mit rezidivierender Gonarthritis Krankengeschichte und Diagnostik: seit 2010 Unklare, rezidivierende linksseitige Kniegelenk­ schwellungen (etwa 1-2x/Jahr) 6.–13.7. 2015 Stationäre orthopädische Behandlung wegen erneuter Gonarthritis ohne Trauma mit deutlich erhöhten ­Entzündungswerten und massiver Bewegungseinschränkung MRT: kein Kniebinnenschaden, ausgeprägter Kniegelenkerguss; Kniegelenkpunktat: deutlich entzündlicher Erguss (Leukozyten 30/nl, NW<0,2) ohne Kristallnachweis, mikro­ biologisch kein Keimnachweis, Borrelien-PCR negativ Antibiose ohne Effekt – V.a. entzündlich-rheumatisches Geschehen, Überweisung zum Rheumatologen. 14.7.2015 Erstvorstellung im Zentrum für Rheumatologie mit Monarthritis des Kniegelenks (Abb. 1) ATOSnews Kristallnachweis in der Polarisationsmikroskopie) erfolgen. Die konventionelle Röntgenaufnahme führt bei einer akuten Arthritis häufig nicht weiter. Bei länger bestehender Arthritis hilft sie jedoch oftmals, degenerativ bedingte Beschwerden abzugrenzen. Ein MRT ergibt Aufschlüsse bei traumatisch bedingtem Kniebinnenschaden, ist aber auch zur Detektion entzündlicher Veränderungen ein wichtiges diagnostisches Tool. Abb. 2: Gelenksono­ graphie (Powerdopplermodus): deutlicher Kniegelenkerguss mit Hypervaskularisation (rote Signale) Therapie der Monarthritis Die Therapie der Monarthritis richtet sich nach der zugrundeliegenden Ursache (Tabelle 4) und kann auf Grund der Vielfalt der Optionen im Folgenden nur umrissen werden. Bei den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen umfasst die medikamentöse Therapie die Gabe von entzündungshemmenden Schmerzmitteln (NSAR, z. B. Ibuprofen, Diclofenac), Glukokortikoiden/Kortison (ggf. lokal im Rahmen einer Entlastungspunktion und/oder zeitlich limitiert systemisch), Basistherapeutika (z. B. Methotrexat, Sulfasalazin, Leflunomid) und bei fehlendem Ansprechen Biologika (z. B. TNF alpha-, IL1-, IL6-Blocker, antiCD20- und T-Zell-Therapie). Bei einer therapierefraktären entzündlich-rheumatisch bedingten Monarthritis kommt eine operative Synovektomie mit nachfolgender Radiosynoviorthese in Betracht. Die Lymearthritis wird mit Doxycyclin behandelt. Eine Chlamydien-assoziierte Arthritis sollte antibiotisch therapiert werden, um eine Infertilität zu verhindern. Wichtig ist hierbei immer die Mitbehandlung des Partners. Im Fall einer reaktiven Arthritis ver- ➔ Diagnose: seronegative Rheumatoide Arthritis Beginn einer immunsuppressiven Therapie (Tabelle 1) sowie intensive, stadienadaptierte Physiotherapie in der ATOS Reha (Tabelle 2, Tabelle 3). Verlauf der rheumatoiden Gonarthritis bei der 25-jährigen Patientin Klinisch, biochemisch und bildgebend konnte die akute rheumatoide Gonarthritis gesichert und die zahlreichen potentiellen Differentialdiagnosen (Tabelle 4) weitgehend ausgeschlossen werden. Unter der medikamentösen Therapie mit Prednisolon und Methotrexat normalisierte sich das initial deutlich erhöhte CRP und die BSG. Das rasche, sehr gute Ansprechen auf die Therapie ist in Tabelle 1 dargestellt. Die Prednisolontherapie konnte innerhalb eines Monats auf 1/6 der Startdosis reduziert werden und kann vermutlich in wenigen Wochen bereits wieder beendet werden. Die Physiotherapie kräftigt die Muskulatur und verbessert die Ausdauer. So ist eine langfristige Remission der entzündlich-rheumatischen Erkrankung unter der immunsuppressiven Therapie zu erwarten, ebenso der Erhalt der vollen Gelenkfunktion. Bereits jetzt kann unsere Patientin wieder tanzen, worüber sie sehr glücklich ist. Abb. 1: Klinischer Befund bei Erstvorstellung: Gonarthritis links ohne Überwärmung und Rötung mit deutlicher Bewegungseinschränkung 47 | ::Rheumatologie 6.7.2015 13.7.2015 14.7.2015 31.7.2015 12.8.2015 DAS28 4,5 4,5 4,2 1,6 1,4 Medikamentöse Therapie Entzündungshemmende Schmerzmittel; antibiotische Therapie Beginn mit Prednisolon 30 mg/Tag Beginn der Basistherapie mit Methotrextat (MTX) 15 mg/Woche s.c. Prednisolon 30 mg/Tag MTX 15 mg/ Woche s.c. Prednisolon 10 mg/Tag MTX 15 mg/ Woche s.c. Prednisolon 5 mg/Tag Lymphdrainage, Mobilisation der Kniestreckung Lymphdrainage, Aktivierung M.Quadriceps Mobilisation der Kniestreckung Aktives Beinachsen-, Physiotherap. Maßnahmen Entlastung Intermittierende Traktion Gangschule Gehstützen Ebene und Treppe Med. Trainingstherapie: Stabilisation des Knie­ gelenks (s. Abb. 3) M.Quadricepsund Hüftabduktorentraining Tabelle 1: Darstellung der klinischen Krankheitsaktivität bei der beschriebenen Patientin (DAS28 = Disease Activity Score; Krankheitsstillstand < 2,6; moderate Krankheitsaktivität > 2,6–5,1, hohe Krankheitsaktivität > 5,1); eine Remission der rheumatologischen Erkrankung ist bei einem Score <2,6 erreicht), sowie der medikamentösen und physiotherapeutische Maßnahmen. kürzt eine Antibiotikagabe die Arthritisdauer nicht und ist somit nicht indiziert. Die akute Gichtarthritis wird lokal symptomatisch und systemisch u.a. mit NSAR, Glukortikoiden und Cholchicum therapiert. Unabdingbar ist bei einer Arthritis eine stadiengerechte Physiotherapie (Tabelle 2 und 3). Bei der Gonarthritis ist das größte und biomechanisch komplizierteste Gelenk des menschlichen Körpers betroffen. Im Alltag ist das Kniegelenk einem Balance-Akt zwischen maximaler Stabilität und hoher Mobilität mit einer Vielzahl an Rotations-, Beuge- und Streckbewegungen ausgesetzt. Mobilität wird einerseits durch die knöcherne Anatomie des Knies ermöglicht, die einen hohen Grad an Beweglichkeit gewährt, während die erforderliche Stabilität durch die Muskulatur sowie die zahlreichen Bänder erzielt wird. Die Muskulatur ist bei Arthritiden häufig eine Quelle erheblicher Schmerzen. Werden Muskulatur und Bandapparat jedoch gut trainiert, schützen diese das Kniegelenk vor Überlastung. | 48 Ziele • Reduktion von Schmerz und Schwellung • Verhinderung von Muskelatrophien • Erhaltung der Beweglichkeit • Korrektur von Achsfehlstellungen • Eis- und Elektrotherapie • Lymphdrainage und Kompression •P assive Mobilisation der Streckung mit Eigendehnungen Methoden • Passives Beinachsentraining •A ktivierung der Kniestrecker und der seitlichen Hüftmuskulatur • Gangschule • Training von Alltagsaktivitäten z.B. Treppe, Haushalt Hilfsmittel • Unterarmgehstützen zur Entlastung • Schiene zur Stabilisation des Knies Eigenübungen • zur Dehnung und Kräftigung des Knies • Ggf. Gewichtsreduktion Tabelle 2: Physiotherapeutische Maßnahmen bei akuter Gelenkschwellung ATOSnews Ziele • Belastungstoleranzsteigerung • Kraft- Ausdauer- und Koordinationsverbesserung • Erhalt der freien Beweglichkeit • Aktive Mobilisation (Streckung, Dehnung) • Training der Kniestrecker und der seitlichen Methoden Hüftmuskulatur • Aktives Beinachsentraining • Gangschule, Treppe Hilfsmittel • Bei Bedarf Schiene zur Stabilisation des Knies Eigenübungen • Ausdauer (z.B. Nordic Walking, Ergometer) • Kraft (z.B. Gerätetraining) • Dehnung • Mobilität Tabelle 3: Physiotherapeutischen Maßnahmen zur dauerhaften Stabilisierung bei Z.n. akuter Gelenkschwellung Physiotherapie bei entzündlich-­ rheumatischen Erkrankungen Ziel der Physiotherapie ist es, neben der medikamentösen Behandlung den Teufelskreis aus Schmerzen und Erschöpfung zu durchbrechen. Körperliche Schmerzen führen zu muskulärer Verspannung mit Dauerkontraktion der Muskelfasern, die zu einer schmerzhaften Minderdurchblutung der Muskulatur führt. Durch zu wenig Bewegung wird der Körper immer weniger belastbar und schon kleine Anstrengungen z. B. Treppensteigen führen zur körperlichen Erschöpfung. Vielfach wird angenommen, dass Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sich schonen und möglichst wenig bewegen sollten. Das Gegenteil ist richtig: Regelmäßige, angepasste Bewegung sowie Training der Kraft und Ausdauer verbessern den Gelenkbefund und erhalten die langfristige Beweglichkeit und Lebensqualität (Abb. 3) ➔ Take home message Eine Gelenkentzündung führt, insbesondere wenn das Kniegelenk betroffen ist, zu einer erheblichen Einschränkung im Alltag. Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis müssen unbedingt von zahlreichen anderen Ursachen abgegrenzt werden, da bei diesen eine frühzeitige Diagnosestellung sowie ­Einleitung einer entsprechenden, individuellen Therapie essentiell ist, um dauerhaften Gelenk­ schäden vorzubeugen bzw. diese zu minimieren. Die Analyse des Gelenkpunktats ist für die Diagnose richtungsweisend; im Verlauf wird die Krankheits­ aktivität klinisch, biochemisch und mittels Ultraschall quantifiziert. In Ergänzung zur medikamen­ tösen Therapie, die auch Biologika umfasst, ist eine, der Krankheitsaktivität angepasste, Physio­therapie unabdingbar, um die volle, schmerzfreie Beweglichkeit des Gelenks und Abb. 3: links: X-Bein Fehlstellung, rechts mit korrigierter Beinachse somit die Lebensqualität zu erhalten. 49 | ::Rheumatologie Chronische Schmerzen gehen häufig mit starken seelischen Belastungen einher. Physiotherapie fördert die Durchblutung der Muskulatur, führt zu besserer körperlicher Leistungsfähigkeit und wirkt sich positiv auf die psychische Situation aus. Nicht-immunologische Ursachen Entzündlich-rheumatische/ immunologische Ursachen Trauma mit Weichteil-, Kniebinnen­ schädigung Rheumatoide Arthritis Spondyloarthritis Langfristige Betreuung durch Rheumatologen und Physiotherapeuten notwendig Neben einer Symptom adaptierten, Leitlininien-gerechten medikamentösen Therapie, die regelmäßig im Rahmen von Kontrolluntersuchungen angepasst werden muss, ist auch nach Abklingen der akuten Arthritis eine weitere physiotherapeutische Betreuung notwendig. Ein regelmäßiges und individuell angepasstes Training führt zur Reduktion des Medikamentenverbrauchs, zu einer Verbesserung der Lebensqualität und einem deutlichen Rückgang der Schmerzsymptomatik bei Patienten mit z. B. Gonarthritis. Der positive Effekt der Physiotherapie ist auch noch 6 Monate nach Beendigung der Behandlung nachweisbar (Cochrane T et al. 2005). Die Bewegungs- und Kräftigungstherapie ist somit eine effektive und nebenwirkungsarme Therapie, die langanhaltende Erfolge verspricht. Fraktur Fehl-/Überbelastung (z. B. Psoriasisarthritis, enteropathische Arthritis bei chronisch-entzündlicher Darmerkrankung) Reaktive Arthritis (z.B. nach Harnwegs- und Magendarm -Infekten) Bursitis prä-, supra-, infrapatellaris Lyme-Arthritis bei Z.n. Borrelieninfektion Aktivierte Arthrose/Osteoarthritis Löfgren-Syndrom (akute Sarkoidose) Bakterielle/septische Arthritis (u.a. durch Staph. aureus, Streptokokken, Gonokokken, E.coli, Enterobakterien, Pseudomonas, Mykobakterien) Virale Arthritis Rheumatisches Fieber Hepatitis C-induzierte Arthritis (z.B. Parvovirus, Röteln) (in Kombination mit Kryoglobulinämie, Vaskulitis, Sicca-Symptomatik, Myalgie) Phlebothrombose Arthritiden bei Vaskulitiden (z. B. Poly­ myalgia rheumatica), Kollagenosen (z. B. Lupus erythematodes), Myositiden Selten: Tumore, pigmentierte villon­ uduläre Synovialitis, M. Ahlbäck , ­Arthropathie bei Hämophilie, M. Whipple, Zöliakie Sonderform: Kristallarthropathien - Gicht - P seudogicht/Chondrokalzinose (z.B. bei Hämochromatose) Tabelle 4: Differentialdiagnosen einer Kniegelenkschwellung Dr. Verena Schmitt Dr. Ines Dornacher Zentrum für Rheumatologie ATOS Klinik Heidelberg [email protected] www.rheumatologie-heidelberg.de Tobias Baierle Reha in der ATOS ATOS Klinik Heidelberg [email protected] | 50 Literatur 1. O ’Donell S et al. BMC Musculo­ skeletal Disorders (2015) 16:230 2. Heisel J Orthopäde (2014) 43:455-461 eisel J Physikalische Medizin 3. H (2003), Thieme Verlag 4. Q ualitätssicherung in der Rheumatologie, Steinkopf Verlag 5. Cochrane T et al. Health Technol Assess 2005; 9: 1-114. ATOSnews Botox: Ein hervorragendes Therapeutikum, zu Unrecht in Verruf Einsatz von Botulinumtoxin in der Ästhetischen Medizin Von Claudia Jäger Keywords: Botulinumtoxin A, Ästhetische Medizin, Anti-Aging, Patientenzufriedenheit Ein freundlicher, frisch wirkender Gesichtsausdruck ist die beste Visitenkarte. Entspricht jedoch ein müdes oder zorniges Aussehen nicht mehr dem eigentlichen Lebensgefühl, kann eine ästhetische Behandlung mit Botulinumtoxin hilfreich sein. Dieser hochmoderne Wirkstoff wird von Therapeuten aufgrund seiner vielfältigen Einsatzmöglichkeiten und der exakt planbaren Wirkung geschätzt. Während BTX-Präparate in Deutschland in der Publikumspresse teilweise noch einen schlechten Ruf genießen, gehört eine ästhetische Behandlung in den USA zum Standard einer gepflegten Erscheinung. Nahezu täglich wird man in der Regenbogenpresse mit Fotos von straffen, glattgebügelten, aber auch verzerrten Gesichtszügen von Prominenten konfrontiert. „Botox-Gesicht“ wird dieses Phänomen fälschlicherweise genannt. Die Ursache sind jedoch unsachgemäße und undifferenzierte Behandlungen oder missglückte Liftingmethoden. Erfahrene Therapeuten dagegen setzen BTX-Präparate im ästhetischen Bereich ein, um das Gesicht entspannter, freundlicher und damit auch jünger wirken zu lassen, ohne die natürliche Mimik negativ zu beeinflussen. Sie vertrauen dabei auf einen hochmodernen Wirkstoff mit hohem Sicherheitsprofil sowie auf das Fachwissen einer gezielten Wirkung. Denn obwohl Botulinumtoxin ein starkes Nervengift ist, ist es bei sachgemäßer Anwendung ein hervorragendes, millionenfach angewandtes und sicheres Therapeutikum. Wie wirkt Botox? Botulinumtoxine sind Proteinkomplexe, die vom Bakterium Clostridium botulinum pro- duziert werden. Als modernes Therapeutikum wird es heute biotechnologisch hergestellt. Es funktioniert nach dem Schlüssel-SchlossPrinzip. Dabei wird die Ausschüttung des Botenstoffes Acetylcholin in den synaptischen Spalt der motorischen Endplatte gehemmt und dadurch die Erregungsübertragung vom Nerv auf den Muskel innerhalb von 48-72 Stunden blockiert. Der Muskel wird somit Botox® ist einer der Handels­namen für Botulinumtoxin-A (BTX-A). Der Begriff Botox dient umgangs­ sprachlich als Sammelbegriff für ­mehrere, sehr ähnliche neurotoxische Proteine wie Botulinumtoxin (BTX), Botulinum-Neurotoxin (BoNT), Botulismustoxin, Botulinustoxin oder Botulin. In der ästhetischen Medizin wird meist ein BTX-A-Präparat eingesetzt. chemisch denerviert und kann nicht mehr kontrahieren. Dieser Vorgang ist irreversibel, dennoch ist die Wirkung einer Behandlung mit Botulinumtoxin nur von begrenzter Dauer. Da neue Komponenten der Erregungsleitung gebildet werden. Dadurch kann nach 3–4 Monaten wieder eine Übertragung vom Nerv auf den Muskel stattfinden und zu einer Anspannung des Muskels führen. Bei einer unkontrollierten Aufnahme großer Dosen vergifteter Lebensmittel führt Botulinumtoxin zur unspezifischen Lähmung, unter anderem der Herz- und Atemmuskulatur, was zum Tod führen kann. Gezielt eingesetzt, können einzelne kleine Muskelfasern gelähmt werden, was keine gesundheitliche Beeinträchtigung darstellt. Damit verfügt der Wirkstoff in exakt ermittelten Dosen über ein sehr gutes Sicherheitsprofil: Er ist zuverlässig, gut verträglich und ohne langfristige Nebenwirkungen. Die für einen Menschen gefährliche Dosis liegt um ein Vielfaches höher als die Menge, die in der Medizin eingesetzt wird. Schwerwiegende Komplikationen nach therapeutischem Einsatz sind daher nicht zu erwarten. Mittlerweile konnte große Erfahrung mit dem Einsatz dieses Wirkstoffes im ästhetischen Bereich gesammelt werden. Warnungen vor möglichen ­ unerwünschten ➔ 51 | ::Fachbeiträge druck zu erreichen, muss das Gesicht nicht zwangsläufig gestrafft oder geliftet werden. Mit einem BTX-A-Präparat werden lediglich kleine Muskelpartien lahmgelegt, die für eine verstärkte Faltenbildung verantwortlich sind. Die natürliche Mimik sowie das Hautempfinden bleiben erhalten. Die in der Medizin eingesetzten Präparate punkten dabei durch ihre erwünschte Wirkung. Um die angespannte Muskulatur zu entlasten, wird die korrekte Dosis entsprechend der Muskelstärke ermittelt. Bereits nach zwei bis drei Tagen setzt die Entspannung des Muskels ein, der Effekt hält in der Regel drei bis vier Monate. Durch eine wiederholte Anwendung kann sich die Muskulatur dauer­haft entspannen, der Entstehung neuer Falten wird vorgebeugt. Dadurch kann sich auch die Wirkdauer verlängern. Seine Stärke entwickelt BTX-A bei der Glättung von Falten im oberen Gesichtsdrittel, die durch die Aktivität mimischer Muskeln entstehen: -- Zornesfalte (Glabellafalte) -- Sorgenfalte (Horizontale Stirnfalten) -- Krähenfüße und Lachfalten Abb. 1: Regionen, deren mimische Falten mit BTX erfolgreich entspannt werden: Sorgen- und Zornes­falten, Krähenfüße, das Pflasterstein-Kinn und Fältchen rings um den Mund. Axillär wird die Hyperhidrose (übermäßiges Schwitzen) beseitigt. Langzeit-Nebenwirkungen sind nicht wissenschaftlich fundiert und sind mit Vorsicht zu betrachten. Der Wirkstoff ist mittlerweile zum Standardprodukt mit hervorragenden therapeutischen Eigenschaften avanciert. Er stellt einen Meilenstein in der Ästhetischen Medizin dar und wird laufend für weitere Einsatzbereiche zugelassen. Wie kann Botox eingesetzt werden? Um einen wachen, freundlichen, entspannten und damit verjüngten Gesichtsaus- | 52 Auch die diskrete Anhebung der Augenbrauen oder der Mundwinkel ist möglich. Anwendung finden BTX-Präparate auch im Platysmabereich bei der Glättung von Halsfalten und sichtbaren Muskelsträngen – im Volksmund „Truthahnhals“ genannt. Aber auch beim sogenannten „Pflastersteinkinn“ ist ein Einsatz möglich. Stören periorale Falten zwischen Nase und Mund, ist eine Kombination mit Hyaluronfillern oder einem chemischen Peeling möglich. Ein großer Vorteil ist auch die Behandlung ohne Ausfallszeiten. Sie wird mit rund 15 Minuten angesetzt und kann ohne große Vorbereitungen durchgeführt werden. Da die Sonneneinstrahlung keinen Einfluss auf den Wirkstoff oder das Ergebnis hat, kann eine Behandlung mit einem BTX-Präparat zu jeder Jahreszeit durchgeführt werden. Ab welchem Alter eine ästhetische Behandlung mit einem Botulinumtoxin sinnvoll ist, ist eine subjektive Entscheidung. Schon ab dem 25. Lebensjahr werden die ersten Zeichen der Hautalterung sichtbar, aus feinen Linien werden Falten. Neben ausgewogener Ernährung, Bewegung und viel Flüssigkeit kann eine entsprechende Behandlung diesen Prozess aufhalten, zum Teil sogar rückgängig machen. Als Faustregel gilt: Sobald Falten stören, sollte man über eine BTXBehandlung nachdenken. Ein sorgenvoller, müder oder gar wütender Gesichtsausdruck bedingt durch eine ausgeprägte Zornesfalte oder eine zerfurchte Stirn wird dadurch korrigiert. Aber auch nach Schicksalsschlägen oder schweren Lebensphasen wie Kündigung oder Scheidung kann man das Lebensgefühl deutlich verbessern, indem die Spuren dieser Zeit praktisch ausradiert werden. Durch ihre krampflösende Eigenschaft kommen Botulinumtoxine auch in der klassischen Medizin vielfach und effektiv zum Einsatz. Bewährt hat sich die Therapie u.a. bei folgenden Krankheitsbildern: -- Hyperhidrose (verstärkte Schweißbildung an Achseln, Händen oder Füßen) -- Migräne und Verspannungen -- Schmerzsyndrome mit Spannungs­ kopfschmerz -- Tremor (Zittern bzw. unwillkürliche Bewegungen eines Körperteils) -- Bruxismus (Zähneknirschen) -- Torticollis (Schiefhals) – Therapie ab Kindesalter. Nebenwirkungen Undifferenzierte Meldungen in den Medien vor schweren Nebenwirkungen bis hin zu Vergiftungen schüren unnötigerweise die Angst vor einem Wirkstoff, der unter Fachleuten als effektiv und sicher gilt. Neben einem kleinen Piks beim Einstich kommt es jedoch nur in seltenen Fällen zu leichten Rötungen, Schwellungen oder Hämatomen rund um die Einstichstelle. Unerwünschte Effekte wie das viel zitierte Herabhängen eines Augenlids oder maskenhaft wirkende, unbewegliche Gesichter sind ATOSnews Die Vorteile einer ästhetischen Behandlung mit BTX-A-Präparaten -- Gezielt einsetzbar -- Gute, nachweisbare Wirkung -- Natürliche Mimik bleibt erhalten -- Keine Ausfallzeiten -- Beugt der Entstehung neuer Falten vor Abb. 2: Botulinum­toxin-Injektion: Die Injektion mit Botulinum­toxin gehört zu den häufigsten ­ Therapien in der ä­ sthetischen Medizin. Die Behandlung ist e­ infach, sicher und kann in wenigen Minuten 0hne Ausfallzeit durchgeführt werden. -- Veränderungen reversibel -- Minimal-invasiver Eingriff auf eine unsachgemäße Anwendung und ggf. falsche Dosierung des Wirkstoffes zurückzuführen. Denn wenn das Präparat in benachbarte Muskelgruppen diffundiert, kann es zum – unter dem Namen „Spock brows“ bekannten – Effekt des Hochstehens der late- a b Abb. 3a: Indikation für BotulinumtoxinInjektion: ausgeprägte Glabellafalte (Zornesfalte) vor der Injektion Abb. 3b: 4 Tage nach Injektion von Botulinumtoxin A wurde die Region erfolgreich geglättet. ralen Augenbraue kommen. Damit dies erst gar nicht auftritt, wird der muskuläre Gegenspieler von guten Therapeuten gleich mitbehandelt. Generell gilt: Alle durch den Einsatz von BTX-A erzielten Ergebnisse bilden sich nach spätestens drei bis sechs Monaten zurück. Die Entscheidung, ob man auf die entspannende Wirkung der Behandlung aufbauen will oder ob es bei einem einmaligen Versuch bleiben soll, trifft man nach diesem Zeitraum jedes Mal erneut. Die Erfahrung des Therapeuten bezüglich Dosis und Applikationsort entscheidet über den ästhetischen Effekt. Das Präparat darf ausschließlich von Ärzten gespritzt werden, Heilpraktikern ist die Applikation nicht gestattet. Den richtigen Therapeuten findet man am besten durch Empfehlung, ausgewiesene Experten sind in der Regel Dermatologen. Auf jeden Fall sollte der Behandlung ein ausführliches Beratungsgespräch voraus­ gehen. Entdeckung und Entwicklung der klinischen Anwendung von Botulinumtoxinen Warum der Wirkstoff bei uns derart in Verruf geraten konnte, liegt vermutlich in der Geschichte seiner Entdeckung begründet. Entdeckt wurde das Nervengift sowie das zugehörige Krankheitsbild, der Botulismus, vom schwäbischen Arzt Justinus Kerner, der bereits 1817 davon berichtete. Aufgrund der Armut nach den französischen Kriegen hatten sich die hygienischen Bedingungen für die Menschen vor allem bei der Zubereitung von Fleischspeisen dramatisch verschlechtert. Dem Mediziner Kerner war aufgefallen, dass Patienten, die ihn wegen einer Lebensmittelvergiftung aufgrund verdorbener Würstchen aufsuchten, extreme Symptome aufwiesen, die immer wieder sogar zum Tod führten. Er erinnerte sich an einen Fall aus dem Jahr 1735. Damals starben nach einem Fest in einem süddeutschen Dorf mehr als die Hälfte aller Erkrankten. Sie alle hatten geräu- ➔ 53 | ::Fachbeiträge R EG R I ST E NOW SHOULDER ARTHROPLASTY CONVENTION 2015 3rd Munich Master Course Munich/Germany 15 - 17 October 2015 www.shoulder-convention.org What is new – What is well-proven? Scientific lectures ¢ Cadaver workshops Live surgeries ¢ Debates ¢ Mini battles SCIENTIFIC COMMITTEE Peter Habermeyer (Germany) Markus Loew (Germany) Tony Romeo (USA) Gilles Walch (France) cherte, nicht gekochte Blutwürste verzehrt. Kerner begann zu recherchieren. Er sichtete Krankengeschichten und verabreichte verschiedenen Tieren Extrakte aus den giftigen Würsten. Schon bald wurden strenge Richtlinien für die Aufbewahrung von Fleischprodukten erlassen und Kerner hatte erste Vorahnungen einer möglichen therapeutischen Verwendung des Giftes in „außerordentlich kleinen Dosen“. Schnell wurden beträchtliche Erfolge bei verschiedenen Krankheitsbildern erzielt, 1978 erfolgten die ersten genehmigten Versuche an Freiwilligen, 1989 dann die Zulassung für die Behandlung bei Schielen und verschiedenen Spasmen und später für weitere Krankheitsbilder wie dem Schiefhals. In Deutschland wurde das Präparat 1993 erstmals für medizinische Zwecke zugelassen, die Zulassung für die kosmetische Behandlung von Glabellafalten – der Zornesfalte – erfolgte 2006. Auch diese Einsatzmöglichkeit wurde rein zufällig entdeckt. Das Mediziner-Ehepaar Jean und Alistair Carruthers bemerkte bei Patienten, die sie mit Botulinumtoxin-A gegen wiederkehrende Lidkrämpfe behandelten, eine deutliche Verbesserung der Faltentiefe um die Augen. Obwohl also „Botox“ in der Presse als Wirkstoff zu Unrecht kritisiert wird, sollte man aus heutiger Sicht dieser sehr wirksamen und sicheren Substanz den Stellenwert zukommen lassen, den sie in Expertenkreisen längst genießt: Ein sehr potentes, sicheres Werkzeug zur gezielten Entspannung einzelner Muskelgruppen vorwiegend im oberen Gesichtsdrittel mit dem Effekt eines entspannten Aussehens. LOCAL ORGANISING COMMITTEE (GER) Sven Lichtenberg • Petra Magosch • Mark Tauber ORGANISER, REGISTRATION, INFORMATION Intercongress GmbH [email protected] Dr. Claudia Jäger Fachärztin für Dermatologie und Venerologie, Phlebologie, Allergologie, Proktologie Tätigkeitsschwerpunkte Ästhetische Medizin und Dermatochirurgie ATOS Klinik Heidelberg [email protected] www.atos-dermatologie.de | 54 ATOSnews N O T E S & N E W S Abb. 1: Ehrung von Prof. Siebold in Tokio Abb. 2: Japanische Professoren und internationale Gäste beim Vortrag von Prof. Siebold in Tokio :: Prof. Siebold auf medizinischen Spuren durch Japan Der Heidelberger Kniespezialist Prof. Dr. Rainer Siebold reiste im August auf den Spuren des Würzburger Arztes Dr. Philipp Franz Balthasar von Siebold durch Japan. Dieser lebte zwischen 1823 und 1862 in Nagasaki und führte die „westliche“ Medizin in Japan ein. Dadurch erwarb er sich hohe Anerkennung und ist bis heute sehr bekannt. Prof. Dr. Rainer Siebold aus der ATOS Klinik Heidelberg gehört zu den international bekanntesten deutschen Kniechirurgen und wird in der Focus Ärzteliste als einer der besten Kniespezialisten empfohlen. Spitzenmedizin erfordert aber auch stetige Neugier, unermüdliche Weiterbildung und dauernden Erfahrungsaustausch. Deshalb nahm sich Prof. Siebold eine „Praxis-Auszeit“ und besuchte die renommiertesten japanischen Kollegen: Prof. Muneta von der Universität Tokio, Prof. Ochi und Prof. Adachi von der Universität in Hiroshima und Prof. Kuroda und Prof. Kurosaka von der Universität Kobe. Im Operationssaal schaute er den Spezialisten über die Schulter und konnte eine Vielzahl hervorragend durchgeführter Eingriffe verfolgen, z. B. Kreuzbandoperationen in Double-Bundle Technik, Kniescheibenstabilisierungen und Knorpelzelltransplantationen. Beeindruckend war die japanische Präzision und Routine. Es ist kaum bekannt, dass Prof. Muneta aus Tokio der erste Kniespezialist war, der Anfang der 90er Jahre (d. h. schon vor mehr als 20 Jahren!) die erste Kreuzbandrekonstruktion in der Double Bundle Technik mit Kniebeugesehnen durchführte. Aufgrund des anatomischen Verständnisses, der exzellenten Weiterbildung junger japanischer Kollegen und der guten klinischen Ergebnisse werden heute – im Gegensatz zum Rest der Welt – die meisten japanischen Kreuzbandrekonstruktionen von Knie- spezialisten in der Double Bundle Technik durchgeführt. Hingegen ist die Knorpelzelltransplantation in Japan ein sehr junges Feld und wird dort erst seit 2014 angeboten. Hier hat Deutschland durch jahrzehntelange Erfahrung und Tausende von Knorpelzelltransplantationen die Nase weit vorn. Auf den Spuren von Dr. Philipp Franz Balthasar von Siebold und unter dem Eindruck außergewöhnlicher Gastfreundschaft hielt Prof. Siebold außerdem an den Universitäten in Tokio, Hiroshima und Kobe Vorträge zur modernen Kniechirurgie in Deutschland. Prof. Dr. Rainer Siebold HKF – Zentrum für Hüft-KnieFußchchirurgie & Sporttraumatologie ATOS Klinik Heidelberg 55 | ::ATOS intern Current Concepts of Knee- and Hip Replacement and Arthroscopic Sports-Medicine Live-Surgeries and Videos 10. Internationales Castle Meeting Heidelberg, 17th–19th November 2016 Sehr geehrte Kollegen, Herzlich willkommen zum 10. Internationalen ATOS Live Surgery Meeting in Heidelberg. Unser Kongress gehört seit 20 Jahren zu den beliebtesten Veranstaltungen für Knie- und Hüftchirurgie. Führende Experten präsentieren Ihnen Tipps und Tricks der modernen Hüft- und Kniechirurgie. Nutzen Sie die exzellente Möglichkeit der chirurgischen Weiterbildung im historischen Ambiente des Heidelberger Schlosses. Ihr Team des HKF – Die Spezialisten für Hüft-, Knieund Fußchirurgie in der ATOS Klinik Heidelberg Prof. Dr. Rainer Siebold Prof. Dr. Fritz Thorey Prof. Dr. H. Thermann Save the d ate! Program Program | Thursday, November 17th 2016 HIP ARTHROPLASTY Session 1: New Patient Demands in THA and Bearing Couples Sports-Medicine • Live Surgery - MIS short stem THA • Live Surgery - Navigation in THA Session 2: Decision Making Session 3: Revision Strategies • Live Surgery - Bone Osteolysis in TH-Revision HIP ARTHROSCOPY Zertifizierung: Zertifizierungspunkte sind beantragt Online-Teilnehmerregistrierung, aktuelle Programminformationen sowie Informationen zur Anreise und Parkmöglichkeiten finden Sie unter: www.heidelberg-castle-meeting.de | 56 Session 4: Anatomy and Portals Session 5: Technique and Pathologies • Live Surgery - Labral tear Treatment Session 6: Femoro-acetabular impingement • Live Surgery - Treatment of Cam-FAI • Live Surgery - Treatment of Pincer-FAI Session 7: Cartilage Repair Hip ATOSnews Program | Friday, November 18th 2016 Program | Saturday, November 19th 2016 KNEE ARTHROPLASTY ANTERIOR CRUCIATE LIGAMENT Session 8: New concepts - New Techniques (Bicruciate retaining / anatomic Prothesis) Session 18: ACL anatomy and ACL reconstruction • Live Surgery – Total Knee Prothesis (Vanguard XP) • Live Surgery – Macroscopic Anatomical Preparation Session 9: New design - New Improvements? • Live Surgery – Anatomical SB ACL with Hamstrings Session 10: Sports in partial knee replacement MENISCUS Session 11: Meniscal Repair • Live Surgery – Repair of Bucket Handle Tear Session 12: Meniscal Allograft • Live Surgery Video – Medial & Lateral Meniscus Allograft Session 13: Patellafemoral Instability (MPFL) • Live Surgery – MPFL-Reconstruction with Quadriceps tendon • Live Surgery Video – Patella tendon • Live Surgery VideoANMELDUNG – Quadriceps tendon • Live Surgery Video – Peroneus longus tendon Kontakt: • Live Surgery – Double-Bundle ACL Reconstruction • Live Surgery VideoZentrum – Flat ACL reconstruction with Semi-T für Knieund Fußchirurgie Frau Sabineof Hopf Session 19: Reconstruction knee periphery • Live Video SurgeryE-Mail: – Modified Larson for PL reconstruction [email protected] • Live Video Surgery – Danish approach for PM ­reconstruction • Live Surgery Video – Reconstruction of anterolateral ligament • Live Surgery Video – PM reconstruction • Live Surgery Video – Tibial tuberosity transfer • Live Surgery - MPFL-Reconstruction with Gracilis tendon Session 14: Patellofemoral joint restoration and preservation • Live Surgery Video – PF arthroplasty • Live Surgery Video – Arthroscopic ACI at the patella Program | Saturday, November 19th 2016 CARTILAGE Session 15: Autologous cartilage transplantation • Live Surgery – Arthroscopic cartilage transplantation • Live Surgery Video – Cartilage transplantation Wissenschaftliche Leitung Prof. Dr. Rainer Siebold, Prof. Dr. Hajo Thermann, Prof. Dr. Fritz Thorey HKF – Die Spezialisten für Hüft-, Knie- & Fußchirurgie • Live Surgery Video – Cartilage transplantation ATOS Klinik Heidelberg www.hkf-ortho.com OSTEOTOMY Veranstalter Siebold-Thermann-Thorey u. a. GbR Bismarckstr. 9–15 D-69115 Heidelberg Session 16: Tibial • Live Surgery – Open valgus osteotomy Session 17: Femoral • Live Surgery Video – Femoral closing wedge osteotomy 57 | :: :: Das adViva-Handbike-Team: Volle Power auf drei Rädern Kraftvoll, locker und voll dabei. Das ist der erste Eindruck von ­Torsten Purschke. Der leidenschaftliche Handbiker hat das Team bereits 2002 als „Otto Bock Team“ gegründet und fährt nun als Teamchef für das a­ dViva-Handbike-Team, denn seit Anfang 2015 haben die Hand­ biker mit dem Heidelberger Unternehmen adViva einen neuen Sponsor. Zwei Mitarbeiter des Hauptsponsors, Tobias Knecht und Ralph Weisang, sind ebenfalls im Team. Mit dem Sieg beim glutheißen Heidelberger Maximarathon Anfang Juli erfüllte sich der 49jährige Purschke einen Herzens­wunsch. Der zweite Platz bei der Wasserschlacht von Nettetal Mitte August war dann hart erkämpft. Dazwischen hat er sich erfolgreich für die WM in Nottwil (Schweiz) qualifiziert. „Dieses Jahr läuft’s super, die intensive Vorbereitung hat sich gelohnt“, erzählt Purschke. Der Sieg beim Heidelberger Rollstuhlmarathon war ihm besonders wichtig, ist dieser Marathon doch ein Heimrennen für ihn. Seinen großen Erfolg verdankt der Leistungssportler aus Waibstadt dem unbedingten Willen, zu gewinnen, der Bereitschaft, an seine Grenzen zu gehen und großem Trainingseinsatz. Ein spezielles Mentaltraining hilft ihm dabei. Das Jahr 2015 begann mit einem TeamTrainingslager auf Mallorca. Diese Teamtrainings sind wichtig, denn die Fahrer kommen aus ganz Deutschland und so sind gemeinsame Trainingsein- | 58 Abb.1: Torsten Purschke in action heiten sonst kaum machbar. Mindestens 15 Stunden verbringt Purschke in einer „normalen“ Alltagswoche auf dem Handbike – neben seinem Halbtagsjob. Der gelernte Kommunikationselektroniker ist froh darüber, Job und HandbikeKarriere so gut unter einen Hut zu bekommen. Wenn ein Outdoortraining nicht mehr möglich ist, geht’s auf den Rollentrainer daheim. In der Ruhezeit im Spätherbst genießt Purschke auch Touren mit dem Mountain-Handbike – weg von der Straße, hinein ins Vergnügen. Das „Drei-Säulen-Konzept“ „Wir helfen bewegen“ – der Slogan ist für Team und Sponsor gleichermaßen Anreiz und Versprechen. Das adVivaHandbike-Team um Torsten Purschke versteht sich nicht nur als professionelle Renngemeinschaft. Drei Säulen bilden ein zukunftsorientiertes und umfassendes Teamkonzept. Da sind als erste Säule die Leistungsträger: Professionelle Handbiker um Purschke, die bei nationalen und internationalen Rennen erfolgreich fahren und von Sponsoren in vielen Bereichen unterstützt werden. Bei der zweiten Säule geht es vor allem um Information rund um das Thema Handbike. Ehemalige Rennfahrer geben ihre ATOSnews Erfahrungen und ihr Wissen weiter, stehen bei verschiedenen Veranstaltungen für Hobbyfahrer und Interessierte mit oder ohne Behinderung Rede und Antwort. Wichtiger Baustein: die jährlichen „Handbike-Wochen“ der Manfred-Sauer-Stiftung. Hier werden die sportlichen Möglichkeiten vermittelt, können Bikes getestet werden und vieles mehr. Bei der Aktion „Über Stock und Stein“ liegt der Fokus auf den neuen E-Handbikes, den Mountain-Handbikes. Touren abseits der Straße, viel Spaß dabei und natürlich Wissensvermittlung und Trainingsimpulse. Last, but not least: die dritte Säule, die ganz dem Breitensport und der Nachwuchsförderung gewidmet ist. Den Anfängern umfassende Hilfe und Training bieten, in der eigenen Werkstatt bei adViva am Standort Sinsheim Reparaturen und Einstellungen ermöglichen und Handbikes zu bezahlbaren Preisen zur Verfügung stellen, um nur einige der vielfältigen Ziele in diesem Bereich zu nennen. Das erste Projekt startete im Frühjahr dieses Jahres – mit viel Erfolg. Ein komplett neues Leben Eindrucksvoll schildert der begeisterte Hobby-Handbiker Oliver Tanz (36), was diese dritte Säule des adViva-HandbikeTeams schon jetzt leistet. Bei ihm stand alles auf Null. Er fuhr bereits Handbike, aber mit einem schweren und nicht auf ihn eingestellten Bike. Ohne Anleitung und Begleitung kam er nicht richtig voran. Über die „Handbike-Wochen“ kam er mit dem adViva-Handbike-Team in Kontakt. Von da an ging’s – wortwörtlich – bergauf. „Diese Handbike-Woche war für mich der Beginn eines komplett neuen Lebens“, erzählt Tanz. Partner und Coaches für Trainingsfahrten waren jetzt da, Training unter Anleitung eines Profis, viele wertvolle Tipps. Sogar ein Bike konnte ihm zur Verfügung gestellt werden. Ein gebrauchtes, aber tolles Profi-Rad, das in der Sinsheimer Werkstatt auf seine Größe und Bedürfnisse eingestellt wurde. Das bedeutet: individuelles und optimales Anpassen von Rahmen und Liegesystem und Fixierung mit dem Schweißgerät. Ein richtig gutes Bike, mehr Wissen um Herzfrequenz, Wattzahlen und Trainingsart und –dauer und Spaß in der Gemeinschaft spornten Oliver ordentlich an. Seine ersten Rennen hat Oliver mit Bravour und der Hilfe von Teamkollegen bereits mit Erfolg absolviert. Das Beispiel von Oliver Tanz ist nur eins von vielen. Es macht deutlich, wie das adViva-Handbike-Team denkt und worum es dem Team neben sportlichen Höchstleistungen geht. „Wir wollen zeigen, dass sowohl Menschen mit als auch ohne Behinderung große Leistungen im Sport abrufen können und dass sich jeder, der möchte, bewegen kann,“ erklärt Torsten Purschke. Da ist er sich mit dem Hauptsponsor adViva völlig einig. Sowohl dem Unternehmen als auch dem Team ist es wichtig, von den Erfahrungen des jeweils anderen zu lernen. „Wir entwickeln beispielsweise gemeinsam mit den Fahrern den bereits hohen Standard des adViva® ErgoDyn Rückenlagerungssystems weiter,“ erklärt adViva-Chef Klaus Happes. Außerdem ist es sowohl für adViva als auch für die Mitglieder des Handbike-Teams wichtig, im Leistungs- und Breitensport sowohl bei Behinderten als auch bei Nichtbehinderten hohes Produkt- und Beratungswissen einfließen zu lassen. „Es macht einfach auch Spaß, sich gegenseitig zu bereichern,“ betonen Klaus Happes und Torsten Purschke. So gab es nach dem erfolgreichen Rollstuhlmarathon in Heidelberg regen Austausch zwischen Torsten Purschke und Jürgen Ehrmann, dem Cheftrainer der Bundesliga-Frauen der TSG 1899 Hoffenheim. Ein achtköpfiges Team aus der TSG-Mannschaft rund um den Hoffenheimer Cheftrainer und dem adViva-Chef Klaus Happes trainierte im Vorfeld des Marathons unter Anleitung von Ralph Weisang. Der Teamkollege von Purschke und adViva-Mitarbeiter sorgte dafür, dass alle Teammitglieder das Ziel des Heidelberger Halbmarathons erreichten. Ein bisschen schade finden alle, dass es bisher nur wenige Frauen im Handbike-Sport gibt. Der Sport ist nicht ganz ungefährlich, vielleicht liegt es daran. „Viele Frauen trauen sich einfach nicht mehr so viel Sport zu, wenn sie verunfallt sind,“ meint Purschke. Das ganze Team würde sich freuen, mit der Nachwuchsförderung auch mehr Frauen von dem spannenden und schönen Handbike-Sport begeistern zu können. Im Winter geht es wieder für 4–6 Wochen nach Lanzarote. Trainingslager mit Genuss, denn seine Frau kommt mit. Und in der Ruhezeit im Spätherbst heißt es einfach auch mal Füße hochlegen, Familie und Freunde genießen und „seinem“ Fußballverein Hoffenheim die Daumen drücken. 59 |