Gravitation und ihre Wellen

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Gravitation und ihre Wellen
1
An all jene Personen die meine
Neugier geweckt und gefördert haben.
2
Ehrenerklärung
Ich, Moritz Humer, versichere, die beiliegende Arbeit ohne Hilfe Dritter und ohne
Benutzung anderer als der angegebenen Quellen und Hilfsmittel einschließlich des
Internets angefertigt und die den benutzten Quellen wörtlich und inhaltlich
entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht zu haben.
Ort und Datum
Unterschrift
3
Inhaltsverzeichnis
1 Vorwort.......................................................................................... 5
2 Was ist Gravitation ........................................................................ 6
2.1 Eine Geschichtsstunde.............................................................. 7
2.1.1 Isaac Newton ...................................................................... 7
2.1.2 Albert Einstein ..................................................................... 9
2.1.2.1 Die Spezielle Relativitätstheorie…………………………………10
2.1.2.2 Die Allgemeine Relativitätstheorie……………………………..18
3 Gravitationswellen ....................................................................... 24
3.1 Theorie und Grundlagen......................................................... 26
3.2 Quellen von Gravitationswellen ............................................. 29
3.2.1 Supernovae Explosionen ................................................... 30
3.2.2 Neutronensterne .............................................................. 31
3.2.3 Neutronensternpaare ....................................................... 32
3.2.4 Verschmelzung zweier Neutronensterne .......................... 33
3.2.5 Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher ......................... 34
3.2.6 Nachhall vom Urknall ........................................................ 35
3.3 Detektion von Gravitationswellen .......................................... 35
3.3.1 Moderne Messmethoden ......................................................................... 37
3.3.2 Derzeitige Projekte............................................................ 41
4 Conclusion ................................................................................... 45
5 Nachwort ..................................................................................... 46
6 Literaturverzeichnis ..................................................................... 47
7 Abbildungsverzeichnis ................................................................. 48
4
1 Vorwort
Die im Universum wirkenden Kräfte erzeugten seit Anbeginn der Menschheit
einen Drang, diese bestmöglich erklären und auch verstehen zu können. Aus
dem anfänglichen Glauben, Götter tragen für alle Vorgänge auf der Erde aber
auch im restlichen Universum Sorge, entwickelte sich nach und nach die
Physik heraus, die wir heute kennen. Aber nicht alles wurde von Beginn an
richtig gedeutet, und so braucht es immer interessierte und begeisterte
Menschen, welche die derzeitig vorherrschende Meinung hinterfragen und
neue, möglicherweise bessere Theorien aufstellen.
Dabei befasst sich die heutige Physik mit dem Erdenken und Überprüfen von
Theorien, welche die beobachteten Vorgänge bestmöglich beschreiben.
Sobald eine solche Theorie aufgestellt und als plausibel angesehen wird,
versuchen Forscher weltweit dies experimentell zu beweisen. Genau dies wird
derzeit mit den von der Relativitätstheorie vorhergesagten Gravitationswellen
versucht. Weltweit wurden und werden immer noch Detektoren gebaut, um
diese zu messen um dadurch tiefe Einblicke in uns verborgene Vorgänge im
Universum zu erlangen.
Dieser Forschungszweig, mit dem ich mich in dieser Arbeit auseinandersetze,
ist vor allem dadurch für mich von extrem großem Interesse, da die erhofften
Resultate
bisher
ausblieben.
Es
ist
spannend
zu
beobachten,
wie
unaufhaltsam Forscher alles unternehmen, um etwas kaum Messbares
messen zu können. Wenn die erwarteten Ergebnisse nicht auftreten, muss
sich wohl die gesamte heutige Physik eingestehen, dass sie sich in einer
Sackgasse befindet und dass der einzige mögliche Ausweg das Umdenken
beziehungsweise das Verwerfen ihrer Grundfesten – der Relativitätstheorie darstellt.
Moritz Humer
5
2 Was ist Gravitation
Um sich prinzipiell mit dem Thema der Gravitationswellen, deren Ursprung,
ihrer Wirkung und ihrer weitreichenden Bedeutung beschäftigen zu können,
muss anfangs geklärt werden, worum es sich bei Gravitation eigentlich
handelt. Sehr vereinfacht gesprochen bezeichnet dieser Begriff jene Kraft, die
uns auf der Erde hält und uns nach einem Sprung in die Luft nicht für immer in
der Atmosphäre schweben lässt, sondern uns wieder zurück auf den
Erdboden holt.
Will man etwas tiefer in die Materie eindringen, lässt sich die Gravitation als
jene Kraft definieren, welche für den Aufbau, die Entstehung und Entwicklung
eines jeden Sterns, jeder Galaxie, einfach jedes erdenklichen Himmelskörpers
verantwortlich ist. Des Weiteren bestimmt die Gravitation die Wechselwirkung
zwischen allen Himmelskörpern. Dabei spielt es keine Rolle, wie weit zwei
Objekte voneinander entfernt sind, denn die Gravitation wirkt theoretisch
unendlich weit, wenn auch ihre Wirkung irgendwann unbedeutend klein und
daher vernachlässigbar wird. Dann ist noch zu erwähnen, dass es sich bei der
Gravitation eigentlich nicht um eine Kraft, sondern lediglich um eine
Verformung der Raumzeit rund um eine Masse handelt.1
Die Gravitation spielt sowohl in der makroskopischen wie auch in der
mikroskopischen Welt eine entscheidende Rolle. Sie zählt neben der starken,
der schwachen und der elektromagnetischen Wechselwirkung zu den vier
fundamentalen Wechselwirkungen der Natur, die zwischen jedem Teilchen
stattfinden. Außerdem ist hervorzuheben, dass die Gravitation nur Anziehung
aber keinerlei Abstoßung kennt. Je mehr Teilchen sich auf einem Platz
konzentrieren, umso stärker wird die von ihnen ausgehende gravitative
Wirkung. Anders ausgedrückt: Die Gravitation, die von mehreren einzelnen
Teilchen ausgeht, summiert sich, sobald sich die Teilchen in einem Punkt
konzentrieren. Ein weiterer Aspekt der Gravitation ist noch, dass sie nicht
abschirmbar ist. Sie durchdringt jede Materie ohne dabei an Stärke zu
verlieren. Dieser Eigenschaft liegt wieder die Raumzeit zugrunde.2
1
2
Vgl. Borgeest, Ulf: Einsteins Allgemeine Theorie der Relativität. 2005. S. 59-65.
Vgl. Borgeest Ulf: Einsteins Allgemeine Theorie der Relativität. 2005. S. 59-65.
6
2.1 Eine Geschichtsstunde
Als kleine Einführung, auch um sich dem Thema „Gravitation“ besser nähern
zu können, werden an dieser Stelle zwei bekannte Physiker und ihre
Erkenntnisse auf dem Gebiet der Gravitation vorgestellt. Dies wäre einerseits
Isaac Newton und andererseits Albert Einstein. Obwohl Isaac Newton für die
Gravitationswellenforschung weitgehend unbedeutend ist, ist es dennoch
interessant zu beobachten, wie sich seit Newtons Gravitationsgesetz unsere
Auffassung der Gravitation geändert hat.
2.1.1 Isaac Newton
Das Jahr 1687 ist nicht gerade das Glücksjahr von Isaac Newton. Zuerst
flüchtet der Engländer vor der Pest aus der Stadt aufs Land. Dann, kaum hat
er einen ruhigen Baum gefunden, unter dem er seinen Gedanken freien Lauf
lassen kann, fällt ihm auch schon ein Apfel auf den Kopf. So wird die
Geschichte zumindest von den Geschichtsbüchern erzählt.
Seit diesem prägenden Ereignis quälte Newton die Frage, warum ein Apfel
vom Baum auf die Erde fällt. Auf diese Frage wird er bis zu seinem
Lebensende keine Antwort finden. Doch Newton unterwarf diesen Vorgang
einer neuen Kraft, der Gravitation oder auch (Erd-) Anziehungskraft. Dabei
versuchte er mit seinen Formeln die Wirkung dieser Kraft möglichst präzise zu
beschreiben.3 Daraus gingen die Gravitations- und Bewegungsgesetze hervor,
die auch heutzutage noch in der Schule gelehrt werden. Genaugenommen
sind diese Formeln jedoch ungenau, wenn auch für alltägliche Berechnungen
ausreichend.
Möchte
ein
Polizist
mithilfe
eines
Radargeräts
die
Geschwindigkeit eines vorbeifahrenden Autos bestimmen, sind die von
Newton ersonnenen Formeln präzise genug. Doch sie bleiben stets nur eine
Annäherung an die Wirklichkeit. Zu Lebzeiten Newtons wäre niemand in der
Lage gewesen, eine Ungenauigkeit in Newtons Formeln festzustellen, aber
bereits bei GPS-Satelliten werden die Formeln zu ungenau. Dann stünde man
3
Vgl. Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel. S. 15-17.
7
noch öfter im Straßengraben, während eine freundliche Frauenstimme einem
erklärt, dass man sein Ziel erreicht hätte.
Bevor wir nun aber zu Einstein und seinem relativistischen Denken
voranschreiten, ist es sinnvoll die Newtonsche Gravitationstheorie aus
moderner Sicht zu betrachten.4 Zuerst einmal kurz eine Veranschaulichung
des Gravitationsgesetzes.
5
Abbildung 1
Eine Veranschaulichung des Newton’schen Gravitationsgesetzes.
„Das Gesetz besagt, dass jeder Massenpunkt jeden anderen Massenpunkt mit einer Kraft anzieht, die entlang
der Verbindungslinie gerichtet ist.“6
„Die Newtonsche Gravitationstheorie beschreibt, wie sich zwei Körper unter dem
Einfluss ihrer gegenseitigen Massenanziehung bewegen: Jeder von ihnen erfährt eine
Beschleunigung, die proportional ist zu seiner eigenen Masse und zur Masse des
Partners sowie umgekehrt proportional zum [Anm. Quadrat des Abstandes] Abstand
der beiden.“7
Dabei muss man noch erwähnen, dass in Newtons Weltbild Raum und Zeit
getrennt voneinander existieren und beide absolut sind.8 (Diese Weltanschauung wird später von Einstein verworfen und durch die Raumzeit ersetzt).
4
Vgl. Borgeest Ulf: Einsteins Allgemeine Theorie der Relativität. 2005. S. 59-65.
Keil, Dennis: Newton’sches Gravitationsgesetz. In: Abi Physik. 04.06.2013. [http://www.abiphysik.de/buch/astronomie/newtonsches-gravitationsgesetz/], 30.08.2013.
6
Keil, Dennis: Newton’sches Gravitationsgesetz. In: Abi Physik. 04.06.2013. [http://www.abiphysik.de/buch/astronomie/newtonsches-gravitationsgesetz/], 30.08.2013.
7
Borgeest Ulf: Einsteins Allgemeine Theorie der Relativität. 2005. S. 62.
8
Vgl. Borgeest Ulf: Einsteins Allgemeine Theorie der Relativität. 2005. S. 59-65.
5
8
Zurück zu Newton und seiner Gravitationstheorie: Würde man versuchen, die
Massenanziehung zweier Körper in einem Labor auf der Erde zu überprüfen,
würde man feststellen, dass sich die Körper nicht in dem Maß anziehen, wie
von Newton vorhergesagt, sondern zu Boden fallen. Dies passiert, da das
Labor auf der Erde einer äußeren Kraft unterliegt – der Erdanziehung! Ein
Labor auf der Erde ist nämlich kein Inertialsystem. „Ein Inertialsystem ist frei
von äußeren Kräften und unterliegt keiner Beschleunigung.“9 Newtons
Massenanziehung gilt aber nur in einem solchen System. Ein Beispiel für ein
solches wäre ein Labor, welches sich durch den leeren Raum gleichförmig
bewegte, oder ein Labor, das sich im freien Fall innerhalb eines äußeren
Gravitationsfeldes befände. „Dass es in der Natur keine beliebig großen
Inertialsysteme
gibt,
führt
zu
einer
gravierenden
Einschränkung
der
Newtonschen Theorie, […].“10
2.1.2 Albert Einstein
Einstein veröffentlichte zuerst die Spezielle Relativitätstheorie, in der er die
Gravitation unberücksichtigt ließ. Erst Jahre später entwickelte er die
Allgemeine Relativitätstheorie, in der er auch die Gravitation miteinbaute.
Heute gilt die Relativitätstheorie als eine der am besten überprüften Theorien
in der Physik und ist allgemein anerkannt.11
9
Borgeest Ulf: Einsteins Allgemeine Theorie der Relativität. 2005. S. 62.
Borgeest Ulf: Einsteins Allgemeine Theorie der Relativität. 2005. S. 62.
11
Vgl. Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel. S. 33.
10
9
2.1.2.1 Die Spezielle Relativitätstheorie12
Die Newton’sche Theorie der Gravitation hielt sich ganze 218 Jahre, bis 1905
Albert Einstein seine Spezielle Relativitätstheorie veröffentlichte.13 Diese
Theorie beschreibt die Beschaffenheit und auch die Relativität von Raum, Zeit,
Massen und Energien, ohne dabei die Gravitation zu berücksichtigen. Dabei
wurde Newtons Theorie nicht überrannt und auf der Stelle verworfen, da sie
noch immer die genauesten Ergebnisse lieferte, wenn es um Gravitation ging,
aber ihre Grundfesten wurden das erste Mal heftig erschüttert. So war es nur
noch eine Frage der Zeit, bis die Spezielle Relativitätstheorie auch um die
Gravitation erweitert werden würde und die Newton’sche Theorie endgültig
veraltet war.
Aus der Speziellen Relativitätstheorie ergeben sich einige neue, fundamentale
Prinzipien: Einerseits besagt die Theorie, dass sich nichts schneller als mit der
Geschwindigkeit des Lichts im Vakuum fortbewegen kann und darf.14
Allgemein ist diese markante Geschwindigkeit auch als Lichtgeschwindigkeit ๐‘
bekannt. Zwar bewegt sich das Licht in anderen Medien wie zum Beispiel der
Luft oder dem Wasser langsamer als im Vakuum, jedoch stellt sie in jedem
Medium die höchstmögliche Geschwindigkeit dar. So kann sich etwas im
Vakuum zwar schneller ausbreiten als das Licht im Wasser, aber es kann
niemals die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum überschreiten. Andererseits
postuliert die Theorie die Absolutheit der Lichtgeschwindigkeit. Das Licht
breitet sich im Vakuum immer mit der gleichen Geschwindigkeit aus.15
Für uns Menschen auf der Erde ist die Lichtgeschwindigkeit mit etwa
300.000.000
Meter
pro
Sekunde
praktisch
zu
groß
um
sie
als
Reisegeschwindigkeit auf der Erde in Betracht zu ziehen, abgesehen davon,
dass die Lichtgeschwindigkeit aufgrund der Speziellen Relativitätstheorie
weder erreicht noch überschritten werden kann.
12
Frei nach: Hawking, Stephen: Das Universum in der Nussschale. Hawking, Stephen: Der Große
Entwurf. Eine
neue Erklärung des Universums. Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die
Weltformel.
13
Vgl. Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel. S. 28.
14
Vgl. Alcubierre, Miguel: Warp-Antrieb, Wurmlöcher, Zeitreisen. 2005. S. 66-72.
15
Vgl. Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel. S. 32.
10
Der exakte Wert für die Lichtgeschwindigkeit und der in folgenden Beispielen
verwendete Äquatorumfang beziehungsweise der Abstand der Erde zur
Sonne werden in folgender Tabelle aufgeführt.
Exakte Werte:
Gerundete Werte:
Lichtgeschwindigkeit ๐‘
299 792 458 ๐‘š/๐‘ 
300 000 000 ๐‘š/๐‘ 
Äquatorumfang
40 075,017 ๐‘˜๐‘š
40 000 ๐‘˜๐‘š
Abstand: Erde-Sonne (Mittelwert)
149.597.836 ๐‘˜๐‘š
149.600.000 ๐‘˜๐‘š
Ein Beispiel: Der Äquatorumfang ๐‘™ (dabei ist ๐‘™ eine beliebig gewählte Variable)
beträgt rund 40 000 Kilometer. Umgerechnet beträgt dieser daher 40 000 000
Meter. Als Vergleich, wie schnell die Lichtgeschwindigkeit ist, wird die Formel
zur Geschwindigkeitsberechnung auf die Zeit umgeformt. Dadurch kann
bestimmt werden, wie lange das Licht einmal um den Äquator braucht.
๐‘ฃ (๐‘‰๐‘’๐‘™๐‘œ๐‘๐‘–๐‘ก๐‘ฆ, ๐บ๐‘’๐‘ ๐‘โ„Ž๐‘ค๐‘–๐‘›๐‘‘๐‘–๐‘”๐‘˜๐‘’๐‘–๐‘ก) =
๐‘  (๐‘†๐‘๐‘Ž๐‘๐‘’, ๐‘Š๐‘’๐‘”)
๐‘ก (๐‘‡๐‘–๐‘š๐‘’, ๐‘๐‘’๐‘–๐‘ก)
Diese Formel wird im nächsten Schritt auf ๐‘ก = umgeformt und dann wird statt ๐‘ 
der Äquatorumfang ๐‘™ und statt ๐‘ฃ die Lichtgeschwindigkeit ๐‘ eingesetzt.
๐‘ก=
๐‘  ๐‘™
40 000 000 ๐‘š
= =
= 0,134 ๐‘ 
๐‘ฃ ๐‘ 300 000 000 ๐‘š
๐‘ 
Bei den Einheiten kürzen sich die Meterangaben weg und es bleibt nur
Sekunden als Einheit stehen. Übrig bleibt eine Division. In 0,134 Sekunden
reist das Licht einmal um den Äquator. Wird bei der Formel nun ๐‘  und ๐‘ฃ
vertauscht, zeigt das Ergebnis, wie oft das Licht pro Sekunde um den Äquator
reist.
11
๐‘š
๐‘ 300.000.000 ๐‘ 
๐‘ฅ= =
= 7,5
๐‘™
40.000.000 ๐‘š
Aus dieser einfachen Rechnung geht hervor, dass das Licht sich 7,5-mal in
einer Sekunde rund um den Äquator der Erde bewegt. Anzumerken ist
allerdings, dass diese Rechnung aufgrund der Erdkrümmung in einem
Experiment praktisch nicht überprüfbar ist.
Beim Berechnen der Zeitspanne, die das Licht der Sonne benötigt, um die
Erde zu erreichen, stellt man fest, dass die Lichtgeschwindigkeit nicht so groß
ist, wie sie auf der Erde noch scheint.16
Die bei dieser Rechnung bekannten Werte sind zum einen wieder die
Lichtgeschwindigkeit ๐‘ und zum anderen die Entfernung der Erde zur Sonne ๐‘™
(wie bereits bei dem vorherigen Beispiel ist ๐‘™ eine beliebige Variable). Wie aus
der weiter oben angeführten Tabelle zu entnehmen ist, beträgt dieser Abstand
149 600 000 km. Bei diesem Wert handelt es sich um den bereits gerundeten
Mittelwert von dem kleinsten und größten Erdabstand zur Sonne. Ebenfalls
werden jene Angaben, die in Kilometer vorliegen, in Meter umgerechnet.
๐‘ก=
๐‘  ๐‘™ 149 600 000 000 ๐‘š
= =
๐‘š = 498,67 ๐‘ 
๐‘ฃ ๐‘
300 000 000
๐‘ 
498,67 ๐‘ 
= 8,3 ๐‘š๐‘–๐‘›
60
Innerhalb einer Sekunde reist das Licht 7,5mal um den Äquator. Um von der
Sonne zur Erde zu gelangen, benötigt es aber bereits etwas mehr als acht
Minuten. „Würde die Sonne in diesem Moment explodieren, ließe uns die
Katastrophe ganze acht Minuten lang vollkommen unberührt.“17
Dies könnte jetzt beliebig fortgesetzt werden. Von einem Stern in der Nähe
des Zentrums der Milchstraße benötigt das Licht über 30 000 Jahre um zur
Erde zu gelangen. Wenn ein Astronom in diesem Moment das Licht unsere
16
17
Vgl. Alcubierre, Miguel: Warp-Antrieb, Wurmlöcher, Zeitreisen. 2005. S. 66-72.
Alcubierre, Miguel: Warp-Antrieb, Wurmlöcher, Zeitreisen. 2005. S. 66.
12
Nachbargalaxie Andromeda beobachtet, wurde dieses bereits vor rund zwei
Millionen Jahren von der Galaxie emittiert.18 Der Astronom blickt in die
Vergangenheit der Andromedagalaxie. Ob sie zu dem Zeitpunkt, da sie der
Astronom beobachtet, überhaupt noch existiert, ist nicht bekannt. Auf je weiter
entfernte Sterne er seinen Blick richtet, desto weiter blickt er in die
Vergangenheit.
Diese Formel geht zwar nicht auf die Spezielle Relativitätstheorie zurück, sie
veranschaulicht aber, wie lange selbst das Licht braucht, um von Punkt A
nach Punkt B zu gelangen. Der Gedanke hinter diesen Beispielen: Die
Spezielle Relativitätstheorie „verbietet“ der Masse, mit Lichtgeschwindigkeit zu
reisen. Das bedeutet, selbst wenn die Menschheit ein geeignetes Raumschiff
bauen könnte, wären wir damit nicht mobiler als eine Ameise, die in einer
Nussschale im Atlantischen Ozean treibt. Es würde Jahre, wenn nicht
Jahrzehnte dauern, bis dieses Raumschiff von Punkt A nach Punkt B käme,
auch wenn es mit annähernder Lichtgeschwindigkeit reisen würde.
Warum die Spezielle Relativitätstheorie Überlichtgeschwindigkeit verbietet und
auch Annäherungen an die Lichtgeschwindigkeit nicht so einfach sind, ist
leicht nachvollziehbar. Zum einen besagt die Gleichung ๐ธ = ๐‘š๐‘² nichts weiter,
als dass Masse ๐‘š und Energie ๐ธ proportional zueinander sind.
Zur Veranschaulichung
wieder ein simples Beispiel:
Ein Raumschiff
beschleunigt. Dabei steigt die Energie, welche in dem Raumschiff in Form von
Bewegungsenergie gespeichert ist, an. Jedoch müssen beide Seiten der
Gleichung
๐ธ = ๐‘š๐‘²
ein
und
dasselbe
Ergebnis
liefern.
Da
die
Lichtgeschwindigkeit ๐‘ aber eine Konstante und daher unveränderlich ist,
steigt mit zunehmender Energie, die sich in dem Raumschiff befindet, auch die
relativistische Masse des Schiffes an. Denkt man das Szenario weiter, wird
jedes Mal mehr Energie benötigt um die gestiegene Masse des Raumschiffes
nochmals zu beschleunigen. Je näher die Geschwindigkeit des Raumschiffes
der des Lichts kommt, desto schwerer wird es. „Bei Erreichen der
Lichtgeschwindigkeit würde seine Masse unendlich groß werden. Daher wäre
ein unendlicher Energiebetrag erforderlich, um selbst den winzigsten Körper
18
Vgl. Alcubierre, Miguel: Warp-Antrieb, Wurmlöcher, Zeitreisen. 2005. S. 66-72.
13
auf Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen.“19 Es ist aber möglich, im derzeit
größten
Teilchenbeschleuniger,
dem
CERN
bei
der
schweizerisch-
französischen Grenze, einzelne Teilchen auf 99,99 % der Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen.
Es
gibt
jedoch
noch
einen
zweiten
Grund,
der
speziell
Über-
lichtgeschwindigkeit verbietet. Wie der Name „Relativitätstheorie“ schon
vermuten lässt, besagt diese Theorie die Relativität von allem außer der
Lichtgeschwindigkeit.
Man stelle sich ein Ereignis vor, dass von zwei Personen A und B beobachtet
wird. Das besagte Ereignis findet in einem sich bewegenden Zug statt, in dem
Person A mitfährt, während Person B am Bahnsteig steht und das Ereignis
durch das Fenster des sich durch den Bahnhof bewegenden Zuges
beobachtet. Besonders wichtig bei diesem Gedankenexperiment ist, dass der
Zug in beschleunigter Bewegung ist. Zu guter Letzt ist noch wichtig, worum es
sich bei dem besagten Ereignis handelt. Es geht dabei um eine Lichtuhr.
Dabei wird ein Lichtimpuls zwischen zwei übereinander angebrachten
Spiegeln in einer gewissen Zeit hin und her reflektiert. Zum Beispiel könnte
der Lichtimpuls vom einen Spiegel zum anderen, also für eine Strecke eine
Sekunde brauchen. Bis er wieder bei dem anfänglichen Spiegel ankäme,
wären zwei Sekunden vergangen. Diese Zeitspanne bleibt auch immer gleich,
weil der Lichtimpuls mit Lichtgeschwindigkeit reist und diese konstant ist. Die
hier gewählte Zeitspanne von einer Sekunde für eine Strecke ist jedoch bei
weitem übertrieben, da das Licht in einer Sekunde bereits 7,5-mal um den
Äquator reisen würde.
Beginnt man mit diesem Gedankenexperiment, müssen beide Personen,
sowohl A als auch B die Lichtuhr in dem, sich durch den Bahnhof
bewegendem Zug beobachten. Während Person A keinen räumlichen
Abstand in Fahrtrichtung wahrnimmt, wenn der Lichtimpuls reflektiert wird,
nimmt Person B sehr wohl einen räumlichen Abstand wahr, weil B sich nicht
im selben Bezugssystem wie die Lichtuhr, dem Zug, befindet. Der räumliche
Abstand besteht darin, dass sich die Spiegel mit dem Zug in dessen
Fahrtrichtung mitbewegen, so muss das Licht schräg zwischen den Spiegeln
19
Alcubierre, Miguel: Warp-Antrieb, Wurmlöcher, Zeitreisen. 2005. S. 67.
14
reflektiert werden und nicht mehr nur gerade auf und ab. Für Person B muss
der Lichtimpuls einen längeren Weg zurücklegen. Eine Grafik kann diesen
Vorgang leicht veranschaulichen.
Abbildung 2
Vergleich zwischen ruhender und bewegter Lichtuhr für einen außenstehenden Betrachter.20
Die Person A nimmt das Ereignis wie links im Bild abgebildet wahr. Die
Lichtuhr scheint zu ruhen, da sich sowohl die Uhr als auch die Person A im
selben Bezugssystem befinden. Der Lichtimpuls läuft gerade zwischen den
beiden Spiegeln auf und ab, ohne dass dabei ein räumlicher Abstand entsteht.
Für Person B erscheint das Ereignis wie rechts im Bild aufgezeichnet. Die
Lichtuhr ist in Bewegung, der Lichtimpuls läuft schräg zwischen den Spiegeln
auf und ab, da das ganze Bezugssystem, sprich der Zug, sich an Person B
vorbeibewegt.
Das
Problem
an
der
ganzen
Sache
ist,
dass
die
Lichtgeschwindigkeit konstant ist, egal in welchem Bezugssystem. Jedoch
muss der Lichtimpuls, wie er von Person B wahrgenommen wird einen
längeren Weg zurücklegen. Dies bedeutet, er benötigt mehr Zeit für eine
Strecke, bis er wieder reflektiert wird. Wenn für Person A der Lichtimpuls
gerade vom Spiegel reflektiert wurde und er sich auf dem Weg zum zweiten
Spiegel befindet, ist der Impuls für Person B noch nicht einmal bei dem ersten
Spiegel angekommen. Es handelt sich dabei aber immer noch um ein und
denselben Vorgang. Dieser kann sich nicht zur selben Zeit in zwei
verschiedenen Stadien befinden. Einstein zog aus diesem Problem den einzig
20
Abb. 1: Quelle: [http://homepage.univie.ac.at/franz.embacher/SRT/Zeitdilatation.html]
15
logischen Schluss, wenn dieser auch etwas ungewöhnlich scheint. Für einen
ruhenden Beobachter, im Falle des Beispiels wäre das Person B, scheint die
Zeit in einem relativ zu ihm bewegten Bezugssystem langsamer zu vergehen.
Dieser Effekt ist auch als Zeitdilatation bekannt. Je schneller sich ein
Bezugssystem, zum Beispiel ein Raumschiff oder ein Zug bewegt, desto
langsamer vergeht die Zeit in diesem für einen außenstehenden Beobachter.
Würde ein Raumschiff - hypothetisch betrachtet - die Lichtgeschwindigkeit
erreichen, würde die Zeit in ihm stillstehen. Natürlich nur für einen
außenstehenden Betrachter. Das Praktische an der Zeitdilatation ist, dass sie
auch für biologische Uhren gilt. Für uns Menschen bedeutet das, dass wir
langsamer altern, wenn wir uns mit hohen Geschwindigkeiten fortbewegen.
Der Haken an der Sache ist jedoch, dass dieser Effekt erst bei extrem hohen
Geschwindigkeiten auftritt und nicht bei denen, die wir auf der Erde erreichen.
Der Grund aber, warum die Zeitdilatation Überlichtgeschwindigkeit verbietet,
ist folgender: Würde ein Körper sich mit Überlichtgeschwindigkeit fortbewegen, würde er rückwärts in der Zeit reisen.21 Dabei würde er das
Kausalitätsprinzip verletzen, welches eine der Grundfesten der Physik bildet.
Es würden Wirkungen ihren Ursachen vorausgehen.
Das erste Postulat der speziellen Relativitätstheorie besagte die Konstanz der
Lichtgeschwindigkeit im Vakuum. Das zweite hat nicht ganz so weitreichende
Folgen, ist jedoch nicht minder wichtig. Die Rede ist von dem Relativitätsprinzip.22 „Es besagt, dass zwei gleichmäßig bewegte Beobachter zueinander
vollkommen gleichberechtigt sind.“
Wie das Relativitätsprinzip vorhersagt, sind ein ruhendes und ein sich
gleichmäßig bewegendes Bezugssystem nicht voneinander zu unterscheiden,
da in beiden die Naturkräfte gleichermaßen gelten. So lässt sich auch nicht
sagen, ob sich nun der Bahnsteig am Zug, oder der Zug sich am Bahnsteig
vorbeibewegt. Demnach meint ein Beobachter in einem der Bezugssysteme
immer, dass sein Bezugsystem ruhen würde. Daher vergeht für einen
Passagier die Zeit auf dem Bahnsteig langsamer und für eine, sich auf dem
Bahnsteig befindende Person die Zeit im Zug langsamer. Dieses Phänomen
21
22
Vgl. Alcubierre, Miguel: Warp-Antrieb, Wurmlöcher, Zeitreisen. 2005. S. 67.
Vgl. Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel. S. 32.
16
lässt sich durch zwei Lichtuhren nachweisen. Eine dieser Uhren befindet sich
im Zug, die andere am Bahnsteig. In beiden Bezugssystemen befindet sich
wieder eine Person die jeweils die eigene und die Lichtuhr im anderen
Bezugssystem beobachtet. Eines der beiden Bezugssysteme bewegt sich an
dem anderen gleichmäßig vorbei, sei es der Bahnsteig oder der Zug. Beide
Personen nehmen keinen räumlichen Abstand wahr wenn sie die Lichtuhr in
ihrem Bezugssystem betrachten. Sobald sie aber ihren Blick auf die Lichtuhr
im anderen System betrachten läuft der Lichtimpuls wieder schräg zwischen
den Spiegeln hin und her. Demnach vergeht für beide Beobachter die Zeit im
jeweils anderen Bezugssystem langsamer.
Ein Effekt dieses Relativitätsprinzips ist, dass sich mit keinem Experiment
feststellen lässt, ob sich ein fensterlose Zug, in dem sie sitzen, sich
gleichmäßig bewegt oder stillsteht. „Das hängt damit zusammen, dass es kein
absolutes Bezugssystem gibt, sondern nur relativ zueinander bewegte
Bezugssysteme.“23 Die Kernaussage des Relativitätsprinzips lautet daher: „Es
gibt kein absolutes Bezugssystem, aus dem man ein Urteil über richtig oder
falsch fällen könnte. Denn die Naturgesetze gelten in jedem gleichmäßig
bewegten Bezugssystem gleichberechtigt.“24 So ist sowohl die Aussage der
Person im Zug, als auch die Aussage der Person am Bahnsteig korrekt.
23
24
Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel. S. 32.
Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel. S. 34.
17
2.1.2.2 Die Allgemeine Relativitätstheorie
Erst zehn Jahre nachdem Albert Einstein seine Spezielle Relativitätstheorie
veröffentlicht hatte, konnte er diese um den Aspekt der Gravitation erweitern.
Doch bevor er 1915 seine Allgemeine Relativitätstheorie veröffentlichte,
leistete der Mathematiker Hermann Minkowski einen wichtigen Beitrag.25 Die
Spezielle Relativitätstheorie besagt unter anderem, dass zwei Ereignisse, die
für eine Person gleichzeitig ablaufen, für einen Beobachter, der sich mit hoher
Geschwindigkeit relativ zur ersten Person bewegt, nacheinander ablaufen.
Dadurch ist auch die Gleichzeitigkeit relativ, was durch den Zusammenhang
von Raum und Zeit hervorgerufen wird. Hermann Minkowski nahm diesen
Zusammenhang nun als Anlass und fügte die beiden relativen Größen Raum
und Zeit zur absoluten Raumzeit zusammen. Sind zwei Punkte oder
Ereignisse für einen Beobachter in dieser Raumzeit kausal miteinander
verbunden, sind sie das auch für jeden anderen Beobachter. Sie müssen aber
nicht für beide Beobachter gleichzeitig ablaufen. Somit haben die Begriffe
kausal verbunden und kausal unverbunden im Gegensatz zur Gleichzeitigkeit
eine absolute Bedeutung. Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie basiert auf
der Annahme, dass die Gravitation nichts anderes bedeutet, als dass die
Anwesenheit von Masse aber auch von Energie die Raumzeit rund um die
Masse krümmt. Die Krümmung der Raumzeit wiederum gibt Massen vor, wie
sie sich bewegen sollen, und der Zeit, wie sie zu vergehen hat. Demnach ist
die Gravitation nicht auf irgendeine Kraft zurückzuführen die von Massen
ausgeübt wird, sondern auf die Geometrie der Raumzeit, welche wiederum
von den Massen geformt wird. Also ist die Gravitation streng genommen keine
Kraft, sondern lediglich eine Scheinkraft, die von der Krümmung der Raumzeit
herrührt.
An dieser Stelle würde in der Fachliteratur eine Grafik zu finden sein, die dem
Zweck dient, eine Krümmung einer zweidimensionalen Fläche darzustellen,
welche stellvertretend für die Raumzeit steht. Diese Grafiken sind jedoch
irreführend, da sie die vierdimensionale Raumzeit um zwei Dimensionen
reduzieren. Da das menschliche Gehirn nicht fähig ist, sich einen
25
Vgl. Alcubierre, Miguel: Warp-Antrieb, Wurmlöcher, Zeitreisen. 2005. S. 67.
18
vierdimensionalen Raum gekrümmt vorzustellen vermitteln solche Grafiken ein
falsches Bild dieses Phänomens. Außerdem ist eine Krümmung der Raumzeit
nicht wie die Krümmung einer Folie oder eines Blattes Papier zu verstehen.
Eine solche Raumzeitkrümmung ist vielmehr eine Verformung von Raum und
Zeit hin zu einem gewissen Punkt – dem Massepunkt eines Objekts. Bei der
Erde würde sich der Massepunkt im Erdkern befinden. Die internationale
Raumstation (ISS) und auch der Mond kreist auf einer mehr oder weniger
kreisrunden Bahn genau um diesen Massepunkt. Die Erde wiederum kreist
um den Massepunkt der Sonne, die sich im Zentrum unseres Sonnensystems
befindet. Demnach befinden sich die Erde sowie die übrigen sieben Planeten
unseres Systems in der Raumzeitkrümmung, welche die Sonne durch ihre
Masse hervorruft. Der Begriff „Verformung“ beschreibt den Zustand der
Raumzeit rund um eine Masse um vieles besser als der Begriff „Krümmung“,
denn zu letzterem wird gewöhnlich die Krümmung eines Blatt Papier
assoziiert. Demnach findet eine Krümmung in einem zweidimensionalen
Raum statt, die Raumzeit besteht aber aus vier Dimensionen.
In einer solchen Raumzeit-Verformung vergeht, wie später noch genauer
erklärt wird, die Zeit langsamer. An dieser Stelle befassen wir uns erst einmal
mit den Auswirkungen dieses Effekts. Soweit uns bekannt ist, folgt im
Universum alles dem Weg des geringsten Widerstandes.26 Demnach fließt
jeder Fluss bergab, jeder Baum biegt sich im Wind und nicht gegen ihn, kein
Lichtstrahl bewegt sich auf einem Zickzack-Kurs fort, und auch Planeten
folgen dem Weg mit dem geringsten Widerstand. Befänden wir uns in einer
flachen Raumzeit, wäre, gemäß der Speziellen Relativitätstheorie, für einen
Himmelskörper der Weg mit dem geringsten Widerstand eine Gerade von A
nach B, wobei sich der Körper ewig mit der selben Geschwindigkeit auf dieser
Geraden weiter fortbewegen würde. Wird dieser Gedanke in einer verformten
Raumzeit nach der Allgemeinen Relativitätstheorie durchgespielt, so bewegt
sich der Himmelskörper auf einer Bahn um jenes Objekt, welches die
Raumzeit-Verformung verursacht. Der Körper folgt dem kürzesten Weg – dem
Weg mit dem geringsten Widerstand. In der verformten Raumzeit ist dieser
Weg nicht immer eine direkte Gerade von A nach B, sondern folgt oft einer
26
Vgl. Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel. S. 78-79.
19
Kurve, einer sogenannten Geodäte. Eine exakte Definition ist im Folgenden
einem sehr in die Materie vertieften und ausführlichen Sachbuch entnommen.
„Auf der krummen Fläche gibt es keine geraden Linien, wohl aber geradeste Linien.
Das sind zugleich diejenigen, die die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten
bilden. Ihr wissenschaftlicher Name ist „geodätische Linien“. […] Auf anderen Flächen
sind es oft recht komplizierte Kurven. Und doch sind es die einfachsten Kurven, die
das Gerüst der Geometrie auf der Fläche bilden, geradeso wie die gerade Linie das
Gerüst der euklidischen Geometrie der Ebene.“27
Einzig wichtig für die Allgemeine Relativitätstheorie an dieser Stelle ist, dass
diese vorhersagt, dass auch das Licht diesen Geodäten entlang der RaumzeitVerformung folgt. Anders ausgedrückt: Das Licht wird, ebenso wie Materie,
von der Gravitation beeinflusst, jedoch bei weitem nicht so stark, was auf
seine hohe Geschwindigkeit zurückzuführen ist. Mit dieser Eigenschaft von
Raumzeit und Licht wurde bereits 1919 bei einer totalen Sonnenfinsternis die
Richtigkeit der Relativitätstheorie optisch nachgewiesen.
Zur Ausführung dieses Experiments beobachtete man während einer totalen
Sonnenfinsternis einen Fixstern, der sich nahe an der
Sonne befindet.28 Die Sonnenfinsternis war nötig, da der
Fixstern ansonsten von der Helligkeit der Sonne überdeckt
worden wäre. Ein von einem Fixstern ausgesandter
Lichtstrahl, der die Sonne und die durch sie verursachte
Raumzeit-Verformung passiert, beschreibt eine leicht
konkave Bahn. Ein Beobachter auf der Erde, da der
Mensch nicht vierdimensional veranlagt ist, erkennt diese
Krümmung des Lichtstrahls nicht und verlängert den auf
der Erde
eintreffenden
Lichtstrahl gerade.
Deshalb
erscheint der Stern für Beobachter auf der Erde an einem
nach außen verlagertem Ort.
Abbildung 3
Ablenkung des Lichts Fixsterns an der Sonne. 29
27
Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 280.
Vgl. Born, Max. Die Relativitätstheorie Einsteins. 2003. S. 308-309.
29
Abb. 3. Quelle: Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 308.
28
20
Bereits am 6. November 1919 wurden die am 29. Mai 1919 gemessenen
Daten als Beweis für die Gültigkeit der Allgemeinen Relativitätstheorie vom
britischen
Astronomen
Eddington
veröffentlicht.
Demnach
wurde
die
Ablenkung am Sonnenrand von 1,75 Bogensekunden, wie von Einstein
vorhersagt, bestätigt. „Obwohl die Messungen schwierig sind, besteht kein
Zweifel an der Existenz des Effekts sehr nahe am vorhergesagten Wert.“30
Somit kann man durch diese Messungen die Existenz und Beschaffenheit der
Raumzeit, wie von der Allgemeinen Relativitätstheorie beschrieben, als korrekt
erachten.
Nachdem nun die Raumzeit samt ihren Eigenschaften erläutert wurde, werden
zum Abschluss dieses Kapitels die grundlegendsten Aussagen, die aus der
Allgemeinen
Relativitätstheorie
folgen,
dargelegt.
Zugrunde
liegt
der
Allgemeinen Relativitätstheorie - wie auch schon der Speziellen Relativitätstheorie - das Äquivalenzprinzip. Nach diesem Prinzip lässt sich innerhalb der
Theorie ein beschleunigtes Bezugssystem nicht von einem sich in einem
Gravitationsfeld
Bezugssystem
befindenden
nicht
von
unterscheiden,
einem
sich
wie
auch
gleichmäßig
ein
ruhendes
bewegenden
zu
unterscheiden war.
Um diesen Sachverhalt an einem Beispiel zu verdeutlichen: Sie befinden sich
dieses Mal in einer fensterlosen Rakete, haben jeglichen Funkkontakt zur
Außenwelt verloren und versuchen verzweifelt, die Steuerung wieder zum
Laufen zu bringen. Plötzlich geht ein Ruck durch die Rakete und Sie werden
heftig nach hinten in Ihren Sitz gepresst. Die entscheidende Frage ist an
dieser Stelle: Ist die Rakete in das Gravitationsfeld eines Planeten eingetreten,
oder haben die Triebwerke gezündet? Die ernüchternde Antwort lautet, dass
beide Ereignisse möglich sind, aber nicht voneinander unterschieden werden
können, solang man nicht aus einem Fenster blickt. Fest steht nur, ohne
Steuermöglichkeiten haben Sie bei beiden möglichen Szenarien nicht die
besten Karten.
30
Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 308.
21
Das Äquivalenzprinzip ist in diesem Fall nur der Anfang für eine sehr viel
bedeutendere Erkenntnis.31 Es liefert uns eine Antwort auf die Frage, warum
in einem Gravitationsfeld die Zeit langsamer vergeht. Zur Erläuterung wird
wieder auf das Gedankenexperiment mit einer Lichtuhr in einer Rakete
zurückgegriffen. Ruht diese beziehungsweise bewegt sie sich gleichmäßig, gilt
die Zeitdilatation gemäß der Speziellen Relativitätstheorie. Wird die Rakete
aber beschleunigt so muss der Lichtimpuls für außenstehende Betrachter und
für Insassen der Rakete einen weiteren Weg zurücklegen. Aus dem einfachen
Grund, weil die Spiegel eine Beschleunigung in eine bestimmte Richtung
erfahren und das Licht zwischen ihnen nun tatsächlich eine größere Distanz
zurücklegen muss.
Nachweislich vergeht auf der ISS, der International Space Station, die Zeit um
einige Milliardstel Sekunden pro Jahr schneller als auf der Erde.32 Aber anders
als bei der Zeitdilatation, die auf Bewegung zurückzuführen ist, nehmen
Beobachter diesen Effekt nicht symmetrisch wahr. Das heißt, für einen
Astronauten auf der ISS vergeht die Zeit auf der Erde tatsächlich langsamer,
während ein Mensch auf der Erde die Zeit für den Astronauten schneller
verstreichen
sieht.
Anders als
bei
der
Zeitdilatation
der Speziellen
Relativitätstheorie werden sich hier aber beide über ihre Beobachtungen einig.
Dieser Effekt ließe sich auch theoretisch nutzen, um langsamer zu altern.
Würde man sich in ein Raumschiff begeben und sich ein Jahr lang mit hoher
Geschwindigkeit von der Erde entfernen und wieder zurückkehren, würde man
feststellen,
dass,
durch
die
Beschleunigung,
die
man
bei
dem
Umkehrmanöver erfahren hat, die Verwandten auf der Erde in dem Jahr, in
dem man für sich unterwegs war über ein Jahr älter geworden sind. Leider
lässt sich dieser Phänomen nicht effektiv nutzen, da er erst bei extrem hohen
Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit in „großen Maß“ auftritt.
31
32
Vgl. Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel. S. 81.
Vgl. Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel. S. 81.
22
Der Unterschied zwischen Spezieller und Allgemeiner Relativitätstheorie
beruht nun darauf, ob die Gravitation im Spiel ist oder nicht.
„In Situationen, in denen die Gravitation überhaupt keine Rolle spielt, führt Einsteins
allgemeine Relativitätstheorie auf exakt die gleichen Vorhersagen wie die spezielle
Relativitätstheorie. Für Situationen mit sehr schwacher Gravitation – das ist für unser
gesamtes Sonnensystem der Fall – führt sie auf fast die gleichen Vorhersagen wie
Newtons Gravitationstheorie. Aber eben nicht auf ganz die gleichen: […] Vereinfacht
gesagt, hat die allgemeine Relativitätstheorie die Physik in Geometrie verwandelt.“ 33
Demnach ist die Gravitation eine von Masse herbeigeführte Verformung der
Raumzeit. Diese Verformung gibt der Masse ihrerseits wieder vor, wie sich
diese zu bewegen oder zu verhalten hat. Des Weitern vergeht, je näher man
sich an einer solchen Verformung befindet, die Zeit langsamer, wobei dieser
Effekt,
aufgrund
Bewegungen
des
auftritt.
Äquivalenzprinzips,
Die
Allgemeine
auch
bei
Relativitätstheorie
beschleunigten
ist im
Alltag
unverzichtbar, da sie bei den Satellitennavigationssystemen zum Einsatz
kommt.34 Ohne sie würde täglich die Positionsbestimmung um weitere zehn
Kilometer abweichen. Ebenso lassen sich durch sie neue Effekte und
Phänomene wie Schwarze Löcher oder Gravitationswellen vorhersagen. Mit
letzteren wird sich das folgende Kapitel ausführlicher beschäftigen.
33
Hawking, Stephen und Mlodinow Leonard. Der Grosse Entwurf. Eine neue Erklärung des
Universums. Reinbek bei Hamburg. 2011. S.102-103.
34
Vgl. Hawking, Stephen und Mlodinow Leonard. Der Grosse Entwurf. Eine neue Erklärung des
Universums. Reinbek bei Hamburg. 2011. S. 103.
23
3 Gravitationswellen
Dieses Kapitel widmet sich, wie auch der restliche Teil dieser Arbeit, den
sogenannten Gravitationswellen, deren Existenz durch die Allgemeine
Relativitätstheorie vorhersehbar ist. Dabei ist dieses Thema durchaus von
hoher Komplexität, weshalb wohl nicht alle Vorgänge bis ins letzte Detail
ausgeschildert werden können, um die Verständlichkeit weiterhin sicherzustellen. Die Gravitationswellenforschung gehört wohl zu den anspruchsvollsten
Forschungen, mit dem die heutige Physik aufwarten kann.35 Dennoch oder
gerade weil dieser Forschungszweig so unglaublich komplex ist, werden in
Zukunft von ihm tiefe Einblicke in die energiereichsten Vorgänge des
Universums erwartet. Zu diesen gehören zum Beispiel pulsierende – sehr
schnell um ihre eigene Achse rotierende – Neutronensterne oder Supernovae
Explosionen sowie verschmelzende Schwarze Löcher beziehungsweise
Neutronensternpaare.
Zum Schluss, dass gravitative Strahlungen existieren, welche sich ungebremst
von Materie in der Raumzeit ausbreiten, kommt man bei dem Vergleich der
elektromagnetischen Wechselwirkung mit der Gravitation.36 Beide sind
zusammen mit der starken und schwachen Wechselwirkung die vier
fundamentalen Wechselwirkungen, welche unser Universum im Innersten
zusammenhalten. Während die starke und schwache Wechselwirkung nur
über mikroskopische Distanzen - innerhalb der Atome - wirken, so reichen die
Gravitation und die elektromagnetische Wechselwirkung über astronomische
Distanzen. Ausgehend von der Vermutung, dass die Gravitation wie auch der
Elektromagnetismus aus Quanten, also kleinsten Einheiten, bestehen und
diese Quanten Teile einer Strahlung sind, lassen sich Rückschlüsse auf eine
Gravitationsstrahlung tätigen. Ähnlich wie die elektromagnetische Strahlung,
welche im kleinsten Teil aus Photonen besteht und welche wir Menschen
mittels unserer Augen wahrnehmen können. Das Äquivalent der Gravitation
zum Photon wäre das, bis dato rein spekulative, Graviton. Das für uns
35
Vgl. Nollert, Hans-Peter u.a.: Physik der Gravitationswellen. In: Sterne und Weltraum. Special 6.
Heidelberg 2005. S. 42.
36
Vgl. Nollert, Hans-Peter u.a.: Physik der Gravitationswellen. In: Sterne und Weltraum. Special 6.
Heidelberg 2005. S. 42-46.
24
sichtbare
Licht
ist
aber
auch
nur
ein
Bruchteil
des
gesamten
elektromagnetischen Spektrums. Dazu gehören auch Mikrowellen, sichtbares,
infrarotes und ultraviolettes Licht sowie Radiostrahlung oder Gammastrahlung.
Alle diese Strahlungsarten sind Teil der elektromagnetischen Strahlung.
Analog
zum
Elektromagnetismus
werden
auch
von
der
Gravitation
Strahlungen in Wellenform erwartet. Das große Hindernis bei der Messung
dieser Wellen stellt das Fehlen eines Sinnesorgans dar, welches diese
wahrnehmen
kann.
Außerdem
sind
Gravitationswellen
vermutlich
die
schwächste Strahlungsart, die von anderen Himmelskörpern ausgesendet
wird. Somit sind die Forscher gänzlich auf von ihnen ersonnenes Equipment
angewiesen. Aus diesem Grund werden auf der gesamten Erde verstreut
gigantische, teils Kilometer lange Detektoren errichtet. Diese bestehen aus
zwei, im rechten Winkel zueinander angeordneten Röhren aus Edelstahl, in
denen
ein
starkes
Vakuum
herrscht.
Dieses
ermöglicht
es,
mittels
energiereicher Lichtstrahlen eine sehr genaue Längenmessung durchzuführen. Sobald eine Gravitationswelle den Raum, auf dem sich der Detektor
befindet, durchläuft, wird dieser minimal gestaucht und dann wieder gestreckt.
Forscher
versuchen
genau
diese
Längenänderung
festzustellen.
Berechnungen der Theoretiker zufolge verursacht eine typische kosmische
Gravitationswelle jedoch nur eine Längenänderung der Größenordnung 10-22
Meter.37
Da durch diese Gravitationswellen mehr oder weniger Informationen
übertragen werden, erlaubt ihnen bereits die Spezielle Relativitätstheorie, sich
höchstens mit Lichtgeschwindigkeit auszubreiten. Aber da sie sich durch die
Raumzeit bewegen, hat Materie, die sich einer solchen Welle in den Weg
stellt, keinerlei Auswirkungen auf diese. Sie werden dadurch kaum
beziehungsweise
gar
nicht
abgeschwächt.
Durch
die
Analyse
von
Gravitationswellen werden tiefe Einblicke in die Vorgänge im Kern während
einer Supernova Explosion erwartet, da davon ausgegangen wird, dass
messbare Gravitationswellen während einer solchen Explosion entstehen, die
sich ungehindert durch die Hülle des sterbenden Sterns hindurchbewegen
können. Sie können aber auch Auskunft über den inneren Aufbau eines
37
Vgl. Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg
2005. S. 12-21.
25
Neutronensterns oder möglicherweise eines Schwarzen Loches geben.
Deshalb werden Unmengen an Forschungsgelder in diesen Forschungszweig
investiert,
um
Vorgänge
indirekt
beobachten
zu
können,
die
dem
Menschlichen Auge verborgen bleiben.
3.1 Theorie und Grundlagen38
Die Existenz von Gravitationswellen lässt sich recht deutlich durch prinzipielle
Überlegungen veranschaulichen. Entgegen der Annahme von Isaac Newton
breitet sich ein Gravitationsfeld - ebenso wie ein elektromagnetisches Kraftfeld
- mit Lichtgeschwindigkeit und nicht unendlich schnell aus. Newtons
Gravitationstheorie geht von dem Ansatz aus, dass sich eine Veränderung an
der Quelle eines Gravitationsfeldes sofort im gesamten Raum instaton
auswirkt. Seit Einsteins Relativitätstheorie darf sich aber keine Wirkung
beziehungsweise
Information
schneller
als
mit
Lichtgeschwindigkeit
ausbreiten. Eine Ausnahme stellen miteinander verschränkte Teilchen dar,
welche jedoch nicht mit konventionellen Mitteln erklärt werden können. Dies
gilt auch für die Ausbreitungsgeschwindigkeit eines Gravitationsfeldes, da die
Gravitation Rückschlüsse auf Himmelskörper, ihre Masse und weitere
Eigenschaften
ermöglicht.
Verändert
sich
also
die
Quelle
eines
Gravitationsfeldes, so sind die Auswirkungen dieser Veränderung nicht
unmittelbar überall zu spüren. Somit stellt eine solche Veränderung eine
Gravitationswelle dar, welche sich mit Lichtgeschwindigkeit durch die
Raumzeit fortpflanzt. Es benötigt einige Zeit, bis sich das Gravitationsfeld oder anders ausgedrückt die Raumzeit Verformung - bis zu einem gewissen
Punkt in der Raumzeit ausgebreitet hat.
Zur Veranschaulichung stelle man sich unser Sonnensystem vor: Würde sich
das Gravitationsfeld der Sonne in diesem Augenblick verändern oder
wegfallen,
weil
die
Sonne
einfach
verschwindet,
würde
sich
diese
Veränderung der Raumzeit erst in rund acht Minuten auf der Erde bemerkbar
machen. Das „neue“ Gravitationsfeld breitet sich in einer Welle durch die
Raumzeit mit der Geschwindigkeit des Lichts aus. Bis zu jenem Zeitpunkt, zu
38
Vgl. Nollert, Hans-Peter u.a.: Physik der Gravitationswellen. In: Sterne und Weltraum. Special 6.
Heidelberg 2005. S. 42-46. Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum.
Special 6. Heidelberg 2005. S. 12-21.
26
dem diese Welle einen gewissen Punkt in der Raumzeit noch nicht erreicht
hat, wirkt immer noch das „alte“ Gravitationsfeld.
An diesem Punkt, dass Gravitation auch Zeit benötigt um von A nach B zu
gelangen, setzt die Gravitationswellenforschung an.
„Bei einer begrenzten Ausbreitungsgeschwindigkeit der Gravitation liegt zum Beispiel
die Kraft zwischen zwei Sternen, die in engem Abstand umeinander kreisen, nicht in
Richtung der Verbindungslinie – die Kraft läuft der Bewegung quasi hinterher“ 39
Dadurch wird aber nicht die gesamte Anziehungskraft des einen Sterns dem
anderen übermittelt. Ein Teil der Gravitation verpufft sprichwörtlich im Raum –
es findet dabei ein Energieverlust statt. Es kann also die Aussage getroffen
werden, dass Drehimpuls und Energie von den beiden Sternen abgestrahlt
werden. Dies hat einen Energieverlust zur Folge, welcher sich im Nähern der
beiden Sterne äußert – ihre Umlaufzeit nimmt ab und gleichzeitig verändert
sich die Quelle des Gravitationsfeldes, welches beide durch ihre Massen
verursachen. Das Gravitationsfeld ändert sich ständig, einerseits durch die
Kreisbewegung der beiden Sterne, andererseits durch die Abnahme ihrer
Umlaufzeit. Gleichzeitig ist das Feld periodischen Veränderungen im
Rhythmus der Umlaufzeit unterworfen. Es werden permanent Gravitationswellen abgestrahlt, welche sich fortan durch den Raum ungehindert
fortpflanzen, bis schließlich beide Sterne sich zu nahe kommen und
ineinander stürzen. Sobald dies geschehen ist und sich beide Sterne zu einem
einzigen oder einem Schwarzen Loch verbunden haben, wird es ein stabiles,
sich nicht periodisch veränderndes Gravitationsfeld geben, welches auch
keine Gravitationswellen mehr abstrahlen wird. Der Effekt des Abnehmens der
Bahnperiode zweier sich umkreisender Neutronensterne konnte bereits durch
das Beobachten einiger Neutronensternpaare nachgewiesen werden. Sogar
mit ziemlich hoher Genauigkeit. Somit sind diese Beobachtungen der einzige
– indirekte – Beweis für das Abstrahlen von Gravitationswellen.
Allgemein kann die Aussage, Gravitationswellen betreffend, getätigt werden,
dass diese, analog zur Elektrodynamik und beschleunigten Ladungen, nur bei
39
Nollert, Hans-Peter u.a.: Physik der Gravitationswellen. In: Sterne und Weltraum. Special 6.
Heidelberg 2005. S. 43.
27
der Beschleunigung von Massen auftreten.40 Durch diese Abstrahlung und
den damit einhergehenden Energieverlust von zwei sich umkreisenden
Körpern kann innerhalb der Allgemeinen Relativitätstheorie auch keine
eindeutige Lösung für das Zwei-Körper-Problem ermittelt werden. Dieses
Problem befasst sich mit der Bestimmung der Lage zweier umeinander
kreisender Körper. Durch die Abgabe der Gravitationsstrahlung in Form der
Wellen ändern sich ständig die Bahnen der beiden Objekte, da durch den
damit verbundenen Energieverlust die Bahnen nicht aufrechterhalten werden
können.
Wie
wirkt
nun
aber
eine
Gravitationswelle?
Beim
Vorüberziehen einer gravitativen Welle ist an dem Ort eine
Veränderung
der
Gezeitenkräfte
senkrecht
zur
Aus-
breitungsrichtung der Welle zu verzeichnen. Deshalb wird
innerhalb der Physik auch von einer Transversalwelle
gesprochen. Im Gegensatz zu einer Longitudinalwelle, der
zweiten Wellenart, welche der heutigen Physik bekannt ist,
sind transversale Wellen nicht zwingend an ein Medium
gebunden. Außerdem findet bei einer Transversalwelle eine
Auslenkung
senkrecht
zur
Ausbreitungsrichtung
statt,
während eine Longitudinalwelle längs der Ausbreitungsrichtung mitschwingt. Zur Veranschaulichung ist ein Ring aus
frei beweglichen Körpern im Raum senkrecht zu einer
passierenden Gravitationswelle angeordnet, so wird der Ring
beim Passieren der Welle zu einer Ellipse verformt. Zuerst
wirken die Gezeitenkräfte längs der Ausbreitungsrichtung der
Gravitationswelle aber sobald diese eine halbe Wellenlänge
weitergezogen
ist,
wirken
die
Kräfte
senkrecht
zur
Ausbreitungsrichtung. Wie stark sich der Ring verformt, hängt
Abbildung 4
von der Amplitude, also der größten Auslenkung der
40
Vgl. Benger, werner. Kollisionen Schwarzer Löcher. Beobachtungen im Datenraum. In: Sterne und
Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 49-57.
28
Gravitationswelle ab. In der Abbildung 4 ist eine solche Verformung eines
Ringes dargestellt.41
„Die Gezeitenkräfte sind um so stärker, je größer das Gebiet ist, auf das sie wirken:
Ein doppelt so großer Ring von Körpern wird doppelt so stark verformt. Dabei bleibt
die relative Verformung gleich. Unabhängig von seiner Größe, wird ein Ring frei
beweglicher Körper immer zu einer Ellipse der gleichen Exzentrizität verformt. Daher
lässt sich die relative Längenänderung, die eine Gravitationswelle hervorruft, als Maß
für ihre Stärke verwenden.“42
Obwohl die Längenänderungen, die durch eine passierende Gravitationswelle
hervorgerufen werden, nur gering sind, steckt in einer solchen Welle viel
Energie.43 Den Theoretikern zufolge verbirgt sich in einer einzigen Welle mit
einer relativen Längenänderung von 10-22 und einer Frequenz von einem
Kilohertz, mehr Energie als in der elektromagnetischen Strahlung, die uns der
hellste Stern zusendet.
3.2 Quellen von Gravitationswellen44
Gravitationswellen werden von so gut wie jedem Objekt abgestrahlt, welches
ein veränderliches Gravitationsfeld besitzt. Anders ausgedrückt: Gravitationswellen werden von jedem beschleunigten Objekt ausgesandt. Jedoch sind
diese Wellen meist extrem schwach, weshalb nur Gravitationswellen von sehr
masse- und energiereichen Himmelskörpern eine Stärke erreichen, welche
auch von Detektoren auf der Erde registriert werden können. Dazu kommt
noch, dass das Gravitationsfeld dieser Objekte starken Veränderungen
ausgesetzt sein muss. Heutzutage gehen die Forscher nur von einer Handvoll
Vorgängen aus, welche diese Voraussetzungen erfüllen. Dazu gehören neben
Supernovae
Explosionen
auch
verschmelzende
Neutronensterne
und
Schwarze Löcher. Einige Forscher gehen sogar davon aus, dass heute noch
vom Urknall verursachte Gravitationswellen durch die Raumzeit laufen.
Ähnlich wie die kosmische Hintergrundstrahlung, welche das elektromagnetische Überbleibsel des Urknalls darstellt.
41
Abb. 4. Quelle: Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6.
Heidelberg 2005. S. 16.
42
Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 16.
43
Vgl. Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S.
16.
44
Vgl. Nollert, Hans-Peter u.a.: Physik der Gravitationswellen. In: Sterne und Weltraum. Special 6.
Heidelberg 2005. S. 42-46. Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum.
Special 6. Heidelberg 2005. S. 12-21.
29
3.2.1 Supernovae Explosionen
Befindet sich ein sehr massereicher Stern in seiner letzten Lebensphase,
während der die Eisenfusion stattfindet, beendet er diese gewöhnlich in einer
spektakulären Supernova.45 Zuvor hat sich im Innersten des Sternes ein
Eisenkern durch die Fusion gebildet. Bei einer Fusion werden zwei einzelne
leichte Kerne zu einem neuen schwereren Kern verbunden. Dabei ist, um die
Abstoßung von negativ geladener Atomhülle und positiv geladenem Kern zu
überwinden, eine sehr hohe Temperatur und Druck von Nöten. Sobald die
Atome mit genügend hoher Wucht - bedingt durch die extremen Temperaturen
- aufeinander prallen und sich die Atomkerne nahe genug kommen, setzt der
quantenmechanische Tunneleffekt ein. Die beiden Atome verbinden sich zu
einem neuen und Energie wird dabei frei.
Gemäß dem Motto: 1 Atom + 1 Atom = 1,9 Atome + 0,1 freigesetzter Energie.
Eisen ist das letzte Element, welches durch Fusion in Sternen hergestellt
werden kann, da die Fusion schwererer Elemente mehr Energie benötigt als
freigesetzt wird.
Sobald keine weitere Fusion mehr stattfinden kann, gibt es auch keine Kraft,
die dem Gravitationsdruck entgegenwirkt. Der Stern, angefangen im Kern,
bricht unter seiner eigenen Gravitation zusammen – er kollabiert. Dabei
werden, durch die gewaltige Wucht, mit der die äußeren Schichten des Sterns
auf den Kern prallen, selbst die Atome soweit verdichtet, dass die Elektronen
in den Kern gepresst werden und mit den Protonen neue Neutronen bilden.
Übrig bleibt ein entstehender Neutronenstern, welcher nur noch aus
Atomrümpfen mit Neutronen besteht. Als Folge des Eisenkernkollaps, wird ein
Gravitationswellenimpuls erwartet. Dieser soll jedoch nur eine tausendstel
Sekunde andauern und breitbandig sein. Das heißt, der Impuls besteht aus
mehreren, sich überlagernder Gravitationswellen unterschiedlicher Frequenz.
Da nun die Materie im Sterneninneren nicht weiter verdichtet werden kann,
staut sich vermutlich eine Stoßwelle von innen nach außen auf, und mit Hilfe
von freigewordenen Neutrinos (Elementarteilchen) wird die Sternenhülle in der
45
Vgl. Janka, Hans-Thomas u.a.: Supernovae. Entdeckungsreise mit dem Computer. In: Sterne und
Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 30-41.
30
eigentlichen Supernova weggeschleudert. Dabei leuchtet der sterbende Stern
ein letztes Mal so hell am Nachthimmel wie eine komplette Galaxie. Übrig
bleiben dann ein Neutronenstern, selten auch ein Schwarzes Loch, und ein
sich entfernender Nebel, bestehend aus allen erdenklichen schweren
Elementen wie zum Beispiel Uran, die noch während des Kollapses
entstanden sind.
Die genauen Vorgänge während einer solchen Explosion sind aber immer
noch unklar. Sie können jedoch durch Computermodelle angenähert werden.
Forscher hoffen, mit den derzeitigen Detektoren von Supernovae Explosionen
emittierte Gravitationswellen zu messen und durch ihre Analyse die genauen
Vorgänge im Kern und bei der Entstehung eines Neutronensternes
rekonstruieren zu können.46 Die Gravitationsstrahlung ist hierbei die einzige
Hoffnung, weil die elektromagnetische Strahlung die Sternenhülle während
des Kollapses nicht ungehindert durchdringen kann. Die Vorgänge können
also nicht mittels Teleskopen beobachtet werden. Die praktische Eigenschaft
von Gravitationswellen ist jedoch, dass sie Materie ohne weiteres durchdringt,
so auch die Hülle des sterbenden Sternes.
3.2.2 Neutronensterne
Nach einer Supernova bleibt eine eher unbedeutende, aber trotzdem plausible
Quelle für registrierbare Gravitationswellen übrig - einzelne Neutronensterne.
Sie rotieren gewöhnlich wegen der Erhaltung des Drehimpulses des
verstorbenen Sterns sehr schnell um ihre eigene Achse.47 Bis zu eintausend
mal in der Sekunde. Gleichzeitig vereinigen sie in einem Radius von rund
zehn Kilometern ungefähr die Masse unserer Sonne. Zudem besitzt ein
Neutronenstern
ein
äußerst
starkes
Magnetfeld,
welches
seine
elektromagnetische Strahlung normalerweise in zwei entgegen gerichteten
Seiten bündelt. Ist eine dieser Seiten auf die Erde gerichtet, scheint der Stern
im Rhythmus der Bahnperiode zu blinken. Ein solcher Neutronenstern wird
dann auch als Pulsar bezeichnet. Diese Eigenschaft hat aber keinerlei
46
Vgl. Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg
2005. S. 17.
47
Vgl. Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg
2005. S. 17-18.
31
Auswirkungen auf die Gravitation des Sternes. Auf Grund der Kompaktheit
eines Neutronensternes besitzt er ein enorm starkes Gravitationsfeld, welches
jedoch keinen starken Veränderungen ausgesetzt ist und somit keine
messbaren Gravitationswellen aussendet. Die einzige Ausnahme wäre, wenn
der Neutronenstern nicht axialsymmetrisch angeordnet ist und somit das
Gravitationsfeld
doch
Veränderungen
unterworfen
ist.
Im
alltäglichen
Gebrauch würde ein nicht axialsymmetrisches Objekt als unförmig bezeichnet
werden. Es besitzt keine Achse, um welche es gespiegelt werden kann.
„Sollte der Nachweis entsprechender, voraussichtlich recht schwacher
Gravitationswellen in Zukunft tatsächlich gelingen, so könnten diese – ähnlich wie
Erdbebenwellen das Erdinnere offenbarten – den inneren Aufbau der
Neutronensterne verraten“48
Eine weitere Möglichkeit, Gravitationswellen von einzelnen Neutronensternen
nachzuweisen, stellt die von den Forschern vorhergesagte und nur in den
ersten Jahren nach der Geburt des Neutronensterns auftretenden spontanen
Formänderungen des Sterns dar. Diese könnten ebenfalls messbare
Gravitationswellen verursachen und somit den Forschern einen Blick ins
Innere eines Neutronensterns gewähren.
3.2.3 Neutronensternpaare
Vielversprechendere Quellen stellen im Gegensatz zu Neutronensternen
Doppelsternsysteme dar, welche sich bereits mit sehr kurzer Umlaufzeit
umkreisen. Da sich mehr als die Hälfte, der sich in der Michstraße befindlichen
Sterne in einem Doppelsternsystem befindet und diese in der Regel, zwar
nacheinander aber dennoch in einer Supernova sterben und schließlich zu
Neutronensternen werden, besteht eine Chance von rund einem Prozent,
dass die beiden sterbenden Stern nicht durch die Explosionen getrennt und zu
einem Paar Neutronensternen werden.49 Ein solches System konnte auch
bereits in 25000 Lichtjahren Entfernung nachgewiesen werden. Es trägt den
Namen PSR 1913+16. In diesem wird ein Pulsar von einem zweiten,
unsichtbaren
Neutronenstern
umkreist,
welcher
kleine
aber
48
dennoch
Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg
2005. S. 18.
49
Vgl. Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg
2005. S. 18-19.
32
messbare
Bahnschwankungen
bei
dem
Pulsar
hervorruft.
Diese
Schwankungen sind die einzige Möglichkeit, um auf den zweiten Stern
schließen zu können, da er keinerlei elektromagnetische Strahlung in Richtung
Erde abstrahlt. Umkreist wird der Pulsar in einem Abstand von nur wenig mehr
als dem Durchmesser unserer Sonne. Daraus resultiert die unglaublich
geringe Umlaufzeit von nur acht Stunden. Das Gravitationsfeld, welches von
den beiden Neutronensternen ausgeht, ist ständigen Änderungen im
Rhythmus der Bahnperiode ausgesetzt. Dies äußert sich im Abstrahlen von
Gravitationswellen,
welche
Hand
in
Hand
mit
einem
Verlust
an
Gravitationsenergie geht. Dieser Verlust gleicht sich durch die Verkürzung des
Abstandes beider Neutronensterne um einige Meter pro Jahr aus. Anders
ausgedrückt sie kommen sich stetig näher. Zwar sind die von einem solchen
Neutronensternpaar ausgesandten Gravitationswellen relativ kräftig, jedoch
gibt es auf der Erde in diesem Frequenzbereich zu viele durch Erdbeben und
andere Quelle hervorgerufene Störungen. Für die Detektoren, die den
Forschern auf der Erde zur Verfügung stehen, befinden sich diese
Gravitationswellen in einem zu niedrigen Frequenzbereich, um sie deutlich
von dem Detektorrauschen unterscheiden zu können.
3.2.4 Verschmelzung zweier Neutronensterne
Sobald sich der Abstand zwischen einem Neutronensternpaar, durch die
Abstrahlung
von
Gravitationswellen
weit
genug
verringert
hat,
folgt
irgendwann ihre Verschmelzung zu einem Schwarzen Loch.50 Bei dem oben
genannten System PSR 1913+16 tritt diese Vereinigung der beiden
Neutronensterne wohl in circa 300 Millionen Jahren ein. Dies wird auf jeden
Fall mit einem letzten gewaltigen Gravitationswellenimpuls einhergehen,
welcher selbst mit den erdgebundenen Detektoren zu messen sein wird. Das
einzige
noch
zu
überwindende
Hindernis
stellt
die
Häufigkeit
der
Doppelsternsysteme in der Milchstraße dar. Diese lässt rund alle 300 000
Jahre eine Verschmelzung zweier Neutronensterne innerhalb der Milchstraße
erwarten. Um diesen Zeitraum zu verkürzen, müsste die Empfindlichkeit der
Detektoren deutlich gesteigert werden, um gleichzeitig 300 000 Galaxien mit
50
Vgl. Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg
2005. S. 19-20.
33
Ähnlichkeit zur Michstraße überwachen
zu können. Bei einem solchen
Ereignis werden bereits kurz vor der Kollision Gravitationswellen freigesetzt,
welche vergleichbar mit der einen Supernova sind. Es steht jedoch nicht fest,
ob sie aufgrund der enormen Entfernung vom Detektorrauschen, hervorgerufen durch Erdbeben und Ähnlichem, zu unterscheiden sind.
Mit der Verkürzung der Bahnperiode erhöht sich gleichermaßen die Frequenz,
mit der die Gravitationswellen ausgesandt werden. Jedoch erreicht die
Frequenz erst während der letzten Minute vor der Kollision rund 40 Hertz, was
den Nachweis der Gravitationswellen mit Detektoren auf der Erde ermöglicht.
Neben Gravitationswellen werden bei einer derartigen Verschmelzung auch
Unmengen an elektromagnetischer Strahlung als Gammateilchen freigesetzt.
Da diese auch im sichtbaren Bereich des Spektrums auftreten, können diese
Daten genützt werden, um solche Kollisionen nachzuweisen und mit den
Aufzeichnungen von gemessenen Gravitationswellen zu vergleichen.
3.2.5 Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher
Der wohl größte mögliche Ausbruch an Gravitationswellen findet während
einer Vereinigung zweier Schwarzer Löcher statt.51 Besonders massereiche
Exemplare sind in den Zentren der meisten uns bekannten Galaxien zu finden,
und da diese relativ häufig kollidieren, besteht auch eine Chance, dass sich
zwei supermassereiche Schwarze Löcher nahe genug kommen, um nach
einiger Zeit zu einem noch massereicheren zu verschmelzen. Geschieht dies,
findet ein gigantischer Ausbruch an gravitativen Wellen statt, welcher in einer
Entfernung von bis zu zehn Milliarden Lichtjahren hin messbar ist. Dabei
finden durch die Gravitationswellen bedingte Längenänderungen von bis zu
10-17 Meter statt. Jedoch, aufgrund ihrer großen Wellenlänge sind auch diese
Gravitationswellen nur vom Weltall aus nachweisbar.
51
Vgl. Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg
2005. S. 20-21.
34
3.2.6 Nachhall vom Urknall
Die letzte noch mögliche Quelle für nachweisbare Gravitationswellen sehen
Forscher im Urknall.52 Dazu müssen in der anfänglichen Urmaterie
Dichteschwankungen existiert haben, welche zur Bildung der ersten Galaxien
geführt haben und sich mit der Expansion des Universums immer weiter
ausgeweitet haben. Für die Gründe dieser Schwankungen hat jedes Modell
des Urknalles seine eigene Meinung. Einige dieser Modelle erwarten durch die
Dichteschwankungen hervorgerufene Gravitationswellen, welche noch heute
die
Raumzeit
durchlaufen
und
genügend
Stärke
besitzen,
um
mit
empfindlichen Detektoren gemessen zu werden.
3.3 Detektion von Gravitationswellen53
Nachdem die beiden Physiker Russel A. Hulse und Joseph H. Taylor 1974
das Doppelsternsystem PSR 1913+16 mit zwei einander umkreisenden
Neutronensternen entdeckt und dieses über Jahre hinweg studiert und
beobachtet hatten, stellten sie fest, dass sich die Umlaufzeit stetig
verringerte.54 Sie schlossen daraus einen Energieverlust, welcher durch das
Abstrahlen von Gravitationswellen, wie von Einstein vorhergesagt, einhergeht.
Diese Beobachtungen waren der erste indirekte Beweis für die Existenz von
Gravitationsstrahlung, wofür die beiden Forscher 1993 auch den Nobelpreis
für Physik erhielten. Von diesem Zeitpunkt an wurden von Astrophysikern alle
möglichen Quellen für Gravitationswellen durchgerechnet, mit dem Ziel, sich
eine genauere Vorstellung von der Struktur der Gravitationsstrahlung machen
zu können, um sich auf die Frequenz und Dauer
einer solchen Welle
einstellen zu können. Heutzutage werden die Gravitationswellen in einem
Frequenzbereich zwischen einigen Hertz bis zu einigen Kilohertz erwartet.
Jedoch soll laut Berechnungen das Vorbeiziehen einer Gravitationswelle nur
ein Tausendstel einer Sekunde andauern. Aufgrund dieser Erkenntnisse
52
Vgl. Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg
2005. S. 21.
53
Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne
und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 22-29.
54
Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne
und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 24.
35
erschien es nach dem indirekten Nachweise lange nicht möglich, Gravitationswellen auch direkt, mittels Messung, nachweisen zu können. Theoretische
Überlegungen zu künstlich im Labor erzeugten Gravitationswellen wurden
schnell wieder verworfen. Überlegungen eine Eisenstange mit 100 Metern
Länge und einer Masse von 1000 Tonnen mit drei Umdrehungen pro Sekunde
rotieren zu lassen wurden getätigt.55 Berechnungen zufolge erzeugt dieser
Versuchsaufbau eine Gravitationsstrahlung mit einer Leistung von gerade
einmal 10-26 Watt. Dabei würden im Abstand von 100 000 Kilometer vom
Ursprung der sich weiter ausbreitenden Gravitationswelle nur Längenänderungen von 10-40 enstehen. Diese winzig kleinen Veränderungen können
von
keinem
Ergebnis
Gravitationswellen-detektor
dieser
Überlegungen:
gemessen
Messbare
werde.
Wellen
können
Wichtigstes
nur
von
astronomischen Objekten erzeugt werden, und zu ihrer Messung braucht man
spezielle Apparaturen.
Erst der amerikanischer Forscher Joseph Weber stellte sich in den 60er
Jahren des 20. Jahrhunderts dieser Aufgabe.56 Dazu ersann er eine
Gravitationswellenantenne, deren Empfänger aus einem Aluminiumzylinder
mit 1,5 Tonnen Gewicht bestand. Der Gedanke dahinter war, dass eine
durchlaufende Gravitationswelle die Länge des Zylinders verändern und ihn
dadurch
in
Schwingung
setzen
würde.
Diese
sollten
dann
mittels
hochempfindlichen Verstärkern gemessen werden. Um lokale Bodenerschütterungen wie Bauarbeiten, Erdbeben oder vorbeifahrende Autos
ausschließen zu können, ließ Weber eine zweite Gravitationswellenantenne in
einigen tausend Kilometern Entfernung errichten. Bereits 1969 veröffentlichte
er erste Ergebnisse, in welchen beinahe tägliche heftige Signale aus dem
Zentrum unserer Galaxie verzeichnet waren. Jedoch konnten diese Signale
von keinem weiteren Forschungsteam nachgewiesen werden. Im Nachhinein
betrachtet waren die damaligen Techniken einerseits noch nicht ausgereift
und präzise genug, um solche Schwingungen tatsächlich messen zu können,
andererseits
mussten
die
verzeichneten
Signale
wohl
durch
55
Vgl. Nollert, Hans-Peter u.a.: Physik der Gravitationswellen. In: Sterne und Weltraum. Special 6.
Heidelberg 2005. S. 45.
56
Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne
und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 25.
36
die
Auswertungsmethoden vorgetäuscht worden sein.57 Nach den Misserfolgen
erkannte man 1970, dass für den Nachweis von Gravitationsstrahlung nur eine
präzise Längenmessung nötig ist, da beim Durchlauf einer Gravitationswelle
der Raum gestaucht wird. Könnte eine solche Stauchung gemessen werden,
hielte man den direkten Beweis für die Existenz von gravitativen Wellen in der
Hand. Für eine derartig genaue Längenmessung eignet sich das Michelsons
Interferometer, mit dem der gleichnamiger Physiker in den 1980er Jahren
bereits die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit nachwies und den experimentellen Beweis für die Richtigkeit der Speziellen Relativitätstheorie erbrachte.
3.3.1 Moderne Messmethoden
Bei einem solchen Michelsons Interferometer wird ein Lichtstrahl, welcher der
Quelle Q entspringt, bei einer halbdurchlässigen Platte oder einem
halbdurchlässigen
Spiegel
in
zwei,
senkrecht
zueinander
stehende,
Teilstrahlen gleicher Stärke geteilt.58 Diese beiden Teilstrahlen laufen dann in
zwei gleichlangen Röhren bis
zu den Spiegeln S1 und S2, an
welchen sie reflektiert werden
und zur Platte P zurücklaufen.
An
dieser
werden
beide
Teilstrahlen wieder gemeinsam in eine Röhre geführt und
laufen
dann
in
das
Beobachtungsfernrohr F. In
diesem
interferieren
sie.
Darunter versteht man das
Verstärken
VerAbbildung 5
oder
das
Aus-
löschen der Wellen.
Schematischer Aufbau eines Michelsons Interferometer
57
Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne
und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 25.
58
Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 187.
37
Treffen dabei jeweils die Wellenberge und die Wellentäler aufeinander, weil die
beiden Lichtstrahlen im Gleichtakt schwingen, so verstärken sich die beiden
Teilstrahlen gegenseitig – es kann ein Signal gemessen werden. Jedoch wird
die Apparatur so eingestellt, dass jeweils ein Wellenberg auf ein Wellental trifft,
damit sich die die zwei Strahlen gegenseitig auslöschen und kein Signal
gemessen werden kann. Sie werden in den Gegentakt gebracht. So weit der
prinzipielle Versuchsaufbau.
In der Gravitationswellenforschung wird ein Michelsons Interferometer in der
Regel zur exakten Längenmessung eingesetzt.59 Auf Grund der Konstanz der
Lichtgeschwindigkeit wird, solange keine Kontraktion des Raumes, auf dem
eine der beiden Röhren sich befindet, eintritt, nie ein Signal im Beobachtungsfernrohr gemessen werden können. Die beiden Lichtstrahlen werden sich
immer gegenseitig auslöschen. Sobald eine Gravitationswelle eine der beiden
Röhren senkrecht durchquert, findet eine räumliche Kontraktion statt. Einer der
Teilstrahlen hat nun einen minimal kürzeren oder längeren Weg als sein
Partner, da er den gestauchten oder gestreckten Raum durchqueren muss.
Dadurch geraten sie aus dem Gegentakt und löschen sich beim Interferieren
nicht mehr vollständig aus. Am Ende des Beobachtungsfernrohres sind
periodische Veränderungen des Signals messbar, welche Informationen über
die Gravitationswelle enthalten. Um diese minimalen Längenänderungen mittels
eines Michelsons Interferometer feststellen zu können, müssen die beiden
Lichtarme einige hundert Meter bis zu einigen Kilometern lang sein, denn je
länger ein Arm, desto stärker ist er den Längenänderungen ausgesetzt. Dies
geht mit einer gewaltigen Erhöhung der Sensibilität einher.60 So müssen aber
ungewünschte Störquellen möglichst effektiv unterbunden werden. Dazu zählen
neben vibrierenden Arbeitsmaschinen in der Nähe auch passierende
Fahrzeuge wie Autos oder Züge. Auch die Wasserwellen, erzeugt durch das
periodische auf und ab der ans Ufer stoßende Wellen vom nächst gelegenen
Meer, verursachen Störungen, welche vermieden werden sollten, da sie als
lautes Rauschen die viel schwächeren Signale von Gravitationswellen
überdecken würden. Im modernsten dieser Detektoren mit dem Namen
59
Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne und
Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 25.
60
Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 369.
38
GEO 600 wurden dazu verschiedene Komponenten eingesetzt, um Störquellen
so gut wie möglich zu absorbieren.61 Einerseits messen sogenannte Geophone
die Schwingungen des Erdbodens, um diese dann weiterzuleiten und ihnen
gegenzusteuern beziehungsweise sie zu kompensieren. Andererseits versucht
man mittels mehrerer Schichten aus Metall, Gummi und Blattfedern die
Schwingungen weitestgehend zu dämpfen. Unterstützt wird das ganze
Vorhaben noch durch unzählige vertikale Pendel
um die Störungen
auszugleichen.
Neben den oben genannten ungewünschten Schwingungen zählen auch
Luftdichteschwankungen zu den Störquellen. Um diese Störungen zu
verringern, befinden sich alle optischen Komponenten wie zum Beispiel die
Spiegel in großen Vakuumbehältern. In den beiden Stahlröhren herrscht
ebenfalls ein Vakuum, welches dem im Weltall um nichts nachsteht. Um diesen
Anforderungen nachkommen zu können, sind spezielle Vakuumpumpen und
Reinigungstechniken nötig, welche ihrerseits wieder Vibrationen verursachen,
welche vermieden werden wollen.
Auch die Wärmebewegung der Atome innerhalb der optischen Aufbauten kann
falsche Signale vortäuschen. Diese Fehlerquelle, welche nicht abschirmbar ist,
da sie sich innerhalb des Systems befindet, versucht man mittels Materialwahl
möglichst klein zu halten. Außerdem kann man durch die Form der
Komponenten die Störquellen direkt beeinflussen und sie somit in einen
bestimmten Frequenzbereich verschieben, wo sie leichter erkannt werden
können. Andere Möglichkeiten diese Quellen zu vermeiden, zum Beispiel
Abkühlen der Komponenten durch flüssiges Helium, sind wegen der hohen
Kosten und Aufwand nicht mehr vertretbar. Um auch keine durch den Laser
hervorgerufenen Störungen verzeichnen zu müssen, muss besonders die
Lichtquelle wie auch die Art des Lasers hohen Anforderungen genügen. Es
dürfen keinerlei Abweichungen bei der Amplitude sowie der Frequenz des
Lasers auftreten.62 Er muss über Monate hinweg im Dauereinsatz laufen, ohne
61
Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne und
Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 27-28.
62
Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne und
Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 28.
39
auch nur eine minimale Abweichung zu verzeichnen. Dazu wurde ein spezieller
Laser entwickelt.
Anfangs wird das Licht von mehreren Diodenlasern mittels eines kleinen
Kristalls zu einem ein Watt starken infraroten Laserstrahl gewandelt.63 Nach
einer Verstärkung zu zehn Watt muss der Laser noch gefiltert werden um
etwaige Nebenfrequenzen bestmöglich zu verhindern und um eine klare,
geometrisch einwandfreie Struktur zu erhalten. Übrigbleibt ein fünf Watt starker
Laserstrahl. Optimal wären Ausgangsleistungen von einer Million Watt. Dies ist
aber derzeit technisch nicht umsetzbar. Jedoch wird mittels erneuter Zuführung
der Lichtenergie der bereits interferierten Laserteilstrahlen, zu dem gerade
austretenden Strahl dessen Leistung beständig erhöht. Dies ist möglich, da bei
der Interferenz die Energie der Laserstrahlen keineswegs ausgelöscht sondern
nur umverteilt wird. Dann wird das Licht wieder durch die Röhren geschickt.
Durch die ständige Wiederholung dieses Vorganges beträgt die endgültige
Ausgangsleistung des Lasers einige tausende Watt.
Ein ähnliches Recyclingverfahren kann auch bei auftretenden Signalen
eingesetzt werden, jedoch nur, wenn sie beständig sind.64 Damit sind zum
Beispiel Gravitationswellen von zwei einander umkreisenden Neutronensternen
gemeint, welche ständig eintreffen. Kann von einer solchen Welle erstmals ein
Signal verzeichnet werden, erscheint am Detektor selbst ein schwacher
Lichtimpuls. Dieser kann durch wiederholte Reflektion zwischen Spiegeln
ebenfalls verstärkt werden, indem ständig neue Signale hinzugefügt werden.
Das Recyceln von Lichtstrahlen und Signalen wird jedoch zurzeit nur bei dem
Detektor GEO 600 betrieben.
63
Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne und
Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 28.
64
Vgl. Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne
und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 28.
40
3.3.2 Derzeitige Projekte
Weltweit waren 2003 mehrere Detektoren in den verschiedensten Ländern im
Testbetrieb oder bereits vollständig in Betrieb. In den Vereinigten Staaten von
Amerika sind drei Detektoren, vereinigt durch das LIGO-Projekt, im Einsatz.65
Deren Armlängen betragen zwei Kilometer und zwei mal vier Kilometer. Der
bereits erwähnte GEO 600 befindet sich in Deutschland - genauer gesagt bei
Hannover. Dieser Detektor mit einer Armlänge von lediglich 600 Metern wird
von Forschern aus Deutschland sowie auch aus England betrieben. Der
kürzeste Gravitationswellenempfänger, mit einer effektiven Armlänge von nur
300 Metern, wurde in Japan errichtet. Jedoch konnten in dem TAMA 300
getauften Detektor schon 1999 erste Messungen gestartet werden. Ein letzter
Detektor wurde unter dem Namen VIRGO in der näheren Umgebung von Pisa
konstruiert. Dieser besitzt eine Armlänge von drei Kilometern. Bei diesen
genannten Detektoren sagt die Armlänge keinesfalls zwingend etwas über ihre
Sensibilität aus. Der effektive Weg des Lichts ist aber um einiges länger, da
hier die Lichtstrahlen einige hundert bis tausend Mal hin- und zurück reflektiert
werden bevor sie interferieren. Alle diese Detektoren haben die Testphasen
hinter sich und sind bereits im vollen Einsatz, allerdings konnten bislang noch
keine Gravitationswellen nachgewiesen werden. Die gesammelten Daten
helfen jedoch sich einen Eindruck von der Häufigkeit von Gravitationswellen
emittierenden kosmischen Ereignissen zu machen.
Ein sehr ehrgeiziges Projekt haben die NASA und die ESA, die amerikanische
und europäische Weltraumbehörden, entwickelt.66 In Kooperation wollten sie
im Jahr 2013 eine gemeinsame Mission, die LISA-Mission, durchführen. Dabei
handelt es sich um einen Gravitationswellen-detektor, welcher sich stationär
im Weltraum befindet. Der Name LISA steht hierbei für Laser Interferometer
Space Antenna. Das Projekt wurde jedoch aufgrund von Budgetkürzungen
seitens der NASA aufgegeben. Da die enormen Kosten das Budget der ESA
ebenfalls überstiegen hätten, wurde LISA schließlich endgültig auf Eis gelegt.
Die Idee hinter dem Projekt ist aber genial. Es wären drei identische Satelliten
in die Bahn, in welcher die Erde die Sonne umkreist, geschossen worden.
65
66
Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 370.
Vgl. Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins S. 371-372.
41
Diese hätten sich dann zu einem gleichseitigen Dreieck geformt und wären 20
Grad hinter der Erde um die Sonne gekreist.67 Einer der Vorteil, die Erdbahn
zu nützen, wäre in diesem Fall gewesen, dass die Erde als eine Art
Staubsauger
fungiert
hätte
und
die
meisten
frei
umherfliegenden
Gesteinsreste oder die Reste vergangener Missionen in der Atmosphäre
verglüht wären. So gibt es hinter der Erde ein ideales Vakuum, um ein
Interferometer zu betreiben. Des Weiteren steht im Weltraum genügend Platz
zur Verfügung, um eine genügend lange Armlänge zu erreichen. Im Fall der
LISA-Mission hätten die drei Satelliten ein Dreieck mit einer Seitenlänge von
fünf Millionen Kilometer geformt. Je ein Satellit mit den zwei angrenzenden
Scheiteln des Dreiecks hätte miteinander ein Interferometer gebildet. Die
Endpunkte der Arme hätten in jedem Satelliten eine frei schwebende
Testmasse repräsentiert. Aufgrund der enormen Länge einer einzelnen
Strecke wäre der Intensitätsverlust selbst für einen Laser einfach zu groß
gewesen, um diesen nach dem Eintreffen an der Testmasse noch einmal zu
dem
zurück
ursprünglichen
Satelliten
zu reflektieren. Dieses
Problem umgehend, sollte jeder
Satellit, getrennt von den andern,
Laserstrahlen aus-senden, welche
jeweils die gleiche Phase wie die
gerade Eintreffenden hätten.
Abbildung 6
Schematische Darstellung der drei LISA Satelliten, mit
den hin- und herlaufenden Laserstrahlen, symbolisiert
durch die dünnen Linien.68
67
Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne
und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 28-29.
68
Abb. 6. Quelle: Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 371.
42
Einer der größten Vorteile des Weltraums als Standort eines Interferometers,
wurde vorher bereits kurz angeschnitten. Es ist der fast unbegrenzte Platz, der
im All verfügbar ist. Warum aber wird ein Gravitationswellendetektor mit einer
Armlänge von fünf Millionen Kilometern benötigt?
„Durch die große Länge des Lichtweges ist LISA besonders dazu geeignet, sehr
langsam schwingende Gravitationswellen mit Frequenzen von einer Schwingung pro
Sekunde bis zu einer zehntausendstel Schwingung pro Sekunde zu beobachten.
Deren Nachweis ist für Detektoren auf der Erde praktisch unmöglich, da die
unvermeidbaren seismischen Erschütterungen der Erdoberfläche, […] in eben diesen
Frequenzbereich fallen.“69
Mit den erdgebundenen Detektoren sind keinerlei Beobachtungen unter zehn
Hertz möglich. Dazu kann einerseits die benötigte Armlänge nicht erreicht
werden, andererseits fallen in diesen Bereich zu viele seismische Aktivitäten
der Erdkruste. Da aber unter dieser 10 Hertz-Grenze einige spektakuläre
Quellen Gravitationswellen ausstrahlen, entstand die Idee zur LISA-Mission.70
Gerade weil die Lichtstrecken von LISA so enorm wären, wäre dieses
Interferometer auch millionenfach empfindlicher als erdgebundene. Es hätten
vermehrt Gravitationswellen mit sehr schwacher Frequenz gemessen werden
können. Zu Quellen, welche Gravitationsstrahlung mit niedriger Frequenz
erzeugen, zählen unter anderem superschwere Schwarze Löcher, welche die
Masse unserer Sonne um das millionenfache übersteigen. Solch ein
massereiches Schwarze Loch sendet aber nur Gravitationswellen aus, die
sich im Millihertzbereich befinden. Eine Welle mit einer derartigen Frequenz
hat eine Wellenlänge von bis zu einigen Millionen Kilometern. Aber auch
Doppelsternsysteme, welche kein Schwarzes Loch oder einen Neutronenstern
beheimaten, können Gravitationswellen, die in diesen niedrigen Frequenzbereich fallen, hervorrufen. Ein positiver Effekt an diesen Systemen ist, dass
diese auch mit Teleskopen beobachtet werden können, da es sich bei den
Himmelskörpern um „herkömmliche“ leuchtende Sterne handelt. Die dadurch
gewonnenen
Daten
können
später
dann
mit
etwaiger
gemessener
Gravitationsstrahlung verglichen werden. Man hat sich auch Hoffnungen
gemacht, die nach dem Urknall möglicherweise entstandene Gravitationswellenhintergrundstrahlung zu messen.
69
Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 371-372.
Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne
und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 28.
70
43
Als das Projekt LISA schlussendlich von der NASA aufgegeben wurde,
versuchte die ESA das Projekt alleine zu verwirklichen. Dies gelang nicht,
aber es wurde ein Nachfolgeprojekt entwickelt, welches den Namen eLISA
trägt. Aus Kostengründen wurde die Armlänge des gleichseitigen Dreiecks von
fünf auf nur eine Million Kilometer verkürzt, und die drei Raumsonden werden
sich nicht mehr stationär auf der Erdbahn bewegen. Um Treibstoff zu sparen
werden die Satelliten sozusagen von der Erde weggedriftet. Sie werden also
nicht mehr in eine fixe Umlaufbahn gebracht. Diese Methode ermöglicht aber
nur einen rund sechsjährigen Gebrauch des Interferometers. Der Starttermin
ist für das Jahr 2034 vorgesehen, jedoch soll bereits 2015 eine zwölfmonatige
Pathfinder-Mission die in den Satelliten verbaute Technik testen.
44
4 Conclusion
Die Fachbereichsarbeit „Gravitation und ihre Wellen: Entstehung, Detektion
und Auswirkungen“ befasst sich, wie der Titel bereits verrät, mit der
Gravitation. Jene Kraft, die für alle makroskopischen Vorgänge in unserem
Universum verantwortlich ist. Dabei wird die Vorstellung, worum es sich bei
der Gravitation von Newtons Gravitationsgesetz über die Spezielle- bis hin zur
Allgemeinen Relativitätstheorie beschrieben. Ein besonderes Augenmerk
befindet sich auf den Gravitationswellen, deren Nachweis bis dato noch nicht
geglückt ist. Jedoch zeigt dieses Beispiel, wie aktuell die Relativitätstheorie
auch heute noch ist, denn von ihr werden die gravitativen Wellen
vorhergesagt.
Zwar lässt sich eine solche Arbeit nur sehr theoretisch durchführen, da
Experimente, Beobachtungen oder Studien aufgrund der hohen Komplexität
kaum mit einfachen Mitteln umsetzbar sind. Aber die Tragweite, welche ein
direkter Nachweis von Gravitationswellen mit sich bringt, lässt sich durchaus
darlegen. Diese hätte zwar keinen oder nur geringen Einfluss auf die
allgemeine Bevölkerung, dennoch brächte sie für die Forschung ungemeine
Fortschritte. Es ist nicht abwegig, dass durch die möglichen gewonnenen
Erkenntnisse große Fortschritte in einigen Fachgebieten der Forschung
denkbar sind.
Diese Arbeit soll einen verständlichen Einblick geben, womit sich die Physik
heutzutage auseinandersetzt und mit welchen Problemen sie zu kämpfen hat.
Persönlich hoffe ich, dass ich selbst nach meinen Studium meinen Beitrag zur
Gravitationswellenforschung leisten kann, wenn bis dahin noch kein
Durchbruch gelungen ist.
45
5 Nachwort
Es bleibt zu hoffen, dass die Messung der Gravitationswellen bisher nur an
der Präzession der gebauten Interferometer scheitert und dass ihre Existenz
kein Irrtum
ist. Würden die Messversuche ein Nullergebnis hervorbringen,
würde dieses sicherlich mit dem Michelson-Morley Experiment über den
Lichtäther in die Geschichte eingehen. Genau wie damals müsste sich die
Physik dann eingestehen, dass sie sich in einer Sackgasse befindet, und es
wäre erneut eine brillante Persönlichkeit wie Albert Einstein von Nöten, um die
damit verbundenen Probleme zu lösen.
Glücklicherweise gilt die Relativitätstheorie einerseits als eine der bestbewiesenen Theorien innerhalb der Physik und andererseits wurden die
Gravitationswellen bereits indirekt bewiesen. Deshalb ist es nur eine Frage der
Zeit, bis der Nachweis der gravitativen Wellen glückt. Sobald dies geschieht,
gibt es sicherlich viele neue Fragen aber auch Antworten auf bereits bekannte
Fragen.
46
6 Literaturverzeichnis
1. Nollert, Hans-Peter u.a.: Physik der Gravitationswellen. In: Sterne und Weltraum.
Special 6. Heidelberg 2005. S. 42-46.
2. Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special
6. Heidelberg 2005. S. 12-21.
3. Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins.
4. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des
Kosmos. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 22-29.
5. Ulf, B. (2005). Einsteins Allgemeine Theorie der Relativität. Sterne und Weltraum,
S. 59-65
47
7
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Quelle: [http://www.abi-physik.de/buch/astronomie/newtonschesgravitationsgesetz/]........................................................................................................... 8
Abbildung 2: Quelle:
[http://homepage.univie.ac.at/franz.embacher/SRT/Zeitdilatation.html] . ......................... 15
Abbildung 3: Quelle: Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 308. ........................ 20
Abbildung 4: Quelle: Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum.
Special 6. Heidelberg 2005. S. 16. ..................................................................................... 28
Abbildung 5: Quelle: Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 187. ........................ 37
Abbildung 6: Quelle: Abb. 6. Quelle: Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 371. . 42
48
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