Gravitation und ihre Wellen 1 An all jene Personen die meine Neugier geweckt und gefördert haben. 2 Ehrenerklärung Ich, Moritz Humer, versichere, die beiliegende Arbeit ohne Hilfe Dritter und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Quellen und Hilfsmittel einschließlich des Internets angefertigt und die den benutzten Quellen wörtlich und inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht zu haben. Ort und Datum Unterschrift 3 Inhaltsverzeichnis 1 Vorwort.......................................................................................... 5 2 Was ist Gravitation ........................................................................ 6 2.1 Eine Geschichtsstunde.............................................................. 7 2.1.1 Isaac Newton ...................................................................... 7 2.1.2 Albert Einstein ..................................................................... 9 2.1.2.1 Die Spezielle Relativitätstheorie…………………………………10 2.1.2.2 Die Allgemeine Relativitätstheorie……………………………..18 3 Gravitationswellen ....................................................................... 24 3.1 Theorie und Grundlagen......................................................... 26 3.2 Quellen von Gravitationswellen ............................................. 29 3.2.1 Supernovae Explosionen ................................................... 30 3.2.2 Neutronensterne .............................................................. 31 3.2.3 Neutronensternpaare ....................................................... 32 3.2.4 Verschmelzung zweier Neutronensterne .......................... 33 3.2.5 Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher ......................... 34 3.2.6 Nachhall vom Urknall ........................................................ 35 3.3 Detektion von Gravitationswellen .......................................... 35 3.3.1 Moderne Messmethoden ......................................................................... 37 3.3.2 Derzeitige Projekte............................................................ 41 4 Conclusion ................................................................................... 45 5 Nachwort ..................................................................................... 46 6 Literaturverzeichnis ..................................................................... 47 7 Abbildungsverzeichnis ................................................................. 48 4 1 Vorwort Die im Universum wirkenden Kräfte erzeugten seit Anbeginn der Menschheit einen Drang, diese bestmöglich erklären und auch verstehen zu können. Aus dem anfänglichen Glauben, Götter tragen für alle Vorgänge auf der Erde aber auch im restlichen Universum Sorge, entwickelte sich nach und nach die Physik heraus, die wir heute kennen. Aber nicht alles wurde von Beginn an richtig gedeutet, und so braucht es immer interessierte und begeisterte Menschen, welche die derzeitig vorherrschende Meinung hinterfragen und neue, möglicherweise bessere Theorien aufstellen. Dabei befasst sich die heutige Physik mit dem Erdenken und Überprüfen von Theorien, welche die beobachteten Vorgänge bestmöglich beschreiben. Sobald eine solche Theorie aufgestellt und als plausibel angesehen wird, versuchen Forscher weltweit dies experimentell zu beweisen. Genau dies wird derzeit mit den von der Relativitätstheorie vorhergesagten Gravitationswellen versucht. Weltweit wurden und werden immer noch Detektoren gebaut, um diese zu messen um dadurch tiefe Einblicke in uns verborgene Vorgänge im Universum zu erlangen. Dieser Forschungszweig, mit dem ich mich in dieser Arbeit auseinandersetze, ist vor allem dadurch für mich von extrem großem Interesse, da die erhofften Resultate bisher ausblieben. Es ist spannend zu beobachten, wie unaufhaltsam Forscher alles unternehmen, um etwas kaum Messbares messen zu können. Wenn die erwarteten Ergebnisse nicht auftreten, muss sich wohl die gesamte heutige Physik eingestehen, dass sie sich in einer Sackgasse befindet und dass der einzige mögliche Ausweg das Umdenken beziehungsweise das Verwerfen ihrer Grundfesten – der Relativitätstheorie darstellt. Moritz Humer 5 2 Was ist Gravitation Um sich prinzipiell mit dem Thema der Gravitationswellen, deren Ursprung, ihrer Wirkung und ihrer weitreichenden Bedeutung beschäftigen zu können, muss anfangs geklärt werden, worum es sich bei Gravitation eigentlich handelt. Sehr vereinfacht gesprochen bezeichnet dieser Begriff jene Kraft, die uns auf der Erde hält und uns nach einem Sprung in die Luft nicht für immer in der Atmosphäre schweben lässt, sondern uns wieder zurück auf den Erdboden holt. Will man etwas tiefer in die Materie eindringen, lässt sich die Gravitation als jene Kraft definieren, welche für den Aufbau, die Entstehung und Entwicklung eines jeden Sterns, jeder Galaxie, einfach jedes erdenklichen Himmelskörpers verantwortlich ist. Des Weiteren bestimmt die Gravitation die Wechselwirkung zwischen allen Himmelskörpern. Dabei spielt es keine Rolle, wie weit zwei Objekte voneinander entfernt sind, denn die Gravitation wirkt theoretisch unendlich weit, wenn auch ihre Wirkung irgendwann unbedeutend klein und daher vernachlässigbar wird. Dann ist noch zu erwähnen, dass es sich bei der Gravitation eigentlich nicht um eine Kraft, sondern lediglich um eine Verformung der Raumzeit rund um eine Masse handelt.1 Die Gravitation spielt sowohl in der makroskopischen wie auch in der mikroskopischen Welt eine entscheidende Rolle. Sie zählt neben der starken, der schwachen und der elektromagnetischen Wechselwirkung zu den vier fundamentalen Wechselwirkungen der Natur, die zwischen jedem Teilchen stattfinden. Außerdem ist hervorzuheben, dass die Gravitation nur Anziehung aber keinerlei Abstoßung kennt. Je mehr Teilchen sich auf einem Platz konzentrieren, umso stärker wird die von ihnen ausgehende gravitative Wirkung. Anders ausgedrückt: Die Gravitation, die von mehreren einzelnen Teilchen ausgeht, summiert sich, sobald sich die Teilchen in einem Punkt konzentrieren. Ein weiterer Aspekt der Gravitation ist noch, dass sie nicht abschirmbar ist. Sie durchdringt jede Materie ohne dabei an Stärke zu verlieren. Dieser Eigenschaft liegt wieder die Raumzeit zugrunde.2 1 2 Vgl. Borgeest, Ulf: Einsteins Allgemeine Theorie der Relativität. 2005. S. 59-65. Vgl. Borgeest Ulf: Einsteins Allgemeine Theorie der Relativität. 2005. S. 59-65. 6 2.1 Eine Geschichtsstunde Als kleine Einführung, auch um sich dem Thema „Gravitation“ besser nähern zu können, werden an dieser Stelle zwei bekannte Physiker und ihre Erkenntnisse auf dem Gebiet der Gravitation vorgestellt. Dies wäre einerseits Isaac Newton und andererseits Albert Einstein. Obwohl Isaac Newton für die Gravitationswellenforschung weitgehend unbedeutend ist, ist es dennoch interessant zu beobachten, wie sich seit Newtons Gravitationsgesetz unsere Auffassung der Gravitation geändert hat. 2.1.1 Isaac Newton Das Jahr 1687 ist nicht gerade das Glücksjahr von Isaac Newton. Zuerst flüchtet der Engländer vor der Pest aus der Stadt aufs Land. Dann, kaum hat er einen ruhigen Baum gefunden, unter dem er seinen Gedanken freien Lauf lassen kann, fällt ihm auch schon ein Apfel auf den Kopf. So wird die Geschichte zumindest von den Geschichtsbüchern erzählt. Seit diesem prägenden Ereignis quälte Newton die Frage, warum ein Apfel vom Baum auf die Erde fällt. Auf diese Frage wird er bis zu seinem Lebensende keine Antwort finden. Doch Newton unterwarf diesen Vorgang einer neuen Kraft, der Gravitation oder auch (Erd-) Anziehungskraft. Dabei versuchte er mit seinen Formeln die Wirkung dieser Kraft möglichst präzise zu beschreiben.3 Daraus gingen die Gravitations- und Bewegungsgesetze hervor, die auch heutzutage noch in der Schule gelehrt werden. Genaugenommen sind diese Formeln jedoch ungenau, wenn auch für alltägliche Berechnungen ausreichend. Möchte ein Polizist mithilfe eines Radargeräts die Geschwindigkeit eines vorbeifahrenden Autos bestimmen, sind die von Newton ersonnenen Formeln präzise genug. Doch sie bleiben stets nur eine Annäherung an die Wirklichkeit. Zu Lebzeiten Newtons wäre niemand in der Lage gewesen, eine Ungenauigkeit in Newtons Formeln festzustellen, aber bereits bei GPS-Satelliten werden die Formeln zu ungenau. Dann stünde man 3 Vgl. Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel. S. 15-17. 7 noch öfter im Straßengraben, während eine freundliche Frauenstimme einem erklärt, dass man sein Ziel erreicht hätte. Bevor wir nun aber zu Einstein und seinem relativistischen Denken voranschreiten, ist es sinnvoll die Newtonsche Gravitationstheorie aus moderner Sicht zu betrachten.4 Zuerst einmal kurz eine Veranschaulichung des Gravitationsgesetzes. 5 Abbildung 1 Eine Veranschaulichung des Newton’schen Gravitationsgesetzes. „Das Gesetz besagt, dass jeder Massenpunkt jeden anderen Massenpunkt mit einer Kraft anzieht, die entlang der Verbindungslinie gerichtet ist.“6 „Die Newtonsche Gravitationstheorie beschreibt, wie sich zwei Körper unter dem Einfluss ihrer gegenseitigen Massenanziehung bewegen: Jeder von ihnen erfährt eine Beschleunigung, die proportional ist zu seiner eigenen Masse und zur Masse des Partners sowie umgekehrt proportional zum [Anm. Quadrat des Abstandes] Abstand der beiden.“7 Dabei muss man noch erwähnen, dass in Newtons Weltbild Raum und Zeit getrennt voneinander existieren und beide absolut sind.8 (Diese Weltanschauung wird später von Einstein verworfen und durch die Raumzeit ersetzt). 4 Vgl. Borgeest Ulf: Einsteins Allgemeine Theorie der Relativität. 2005. S. 59-65. Keil, Dennis: Newton’sches Gravitationsgesetz. In: Abi Physik. 04.06.2013. [http://www.abiphysik.de/buch/astronomie/newtonsches-gravitationsgesetz/], 30.08.2013. 6 Keil, Dennis: Newton’sches Gravitationsgesetz. In: Abi Physik. 04.06.2013. [http://www.abiphysik.de/buch/astronomie/newtonsches-gravitationsgesetz/], 30.08.2013. 7 Borgeest Ulf: Einsteins Allgemeine Theorie der Relativität. 2005. S. 62. 8 Vgl. Borgeest Ulf: Einsteins Allgemeine Theorie der Relativität. 2005. S. 59-65. 5 8 Zurück zu Newton und seiner Gravitationstheorie: Würde man versuchen, die Massenanziehung zweier Körper in einem Labor auf der Erde zu überprüfen, würde man feststellen, dass sich die Körper nicht in dem Maß anziehen, wie von Newton vorhergesagt, sondern zu Boden fallen. Dies passiert, da das Labor auf der Erde einer äußeren Kraft unterliegt – der Erdanziehung! Ein Labor auf der Erde ist nämlich kein Inertialsystem. „Ein Inertialsystem ist frei von äußeren Kräften und unterliegt keiner Beschleunigung.“9 Newtons Massenanziehung gilt aber nur in einem solchen System. Ein Beispiel für ein solches wäre ein Labor, welches sich durch den leeren Raum gleichförmig bewegte, oder ein Labor, das sich im freien Fall innerhalb eines äußeren Gravitationsfeldes befände. „Dass es in der Natur keine beliebig großen Inertialsysteme gibt, führt zu einer gravierenden Einschränkung der Newtonschen Theorie, […].“10 2.1.2 Albert Einstein Einstein veröffentlichte zuerst die Spezielle Relativitätstheorie, in der er die Gravitation unberücksichtigt ließ. Erst Jahre später entwickelte er die Allgemeine Relativitätstheorie, in der er auch die Gravitation miteinbaute. Heute gilt die Relativitätstheorie als eine der am besten überprüften Theorien in der Physik und ist allgemein anerkannt.11 9 Borgeest Ulf: Einsteins Allgemeine Theorie der Relativität. 2005. S. 62. Borgeest Ulf: Einsteins Allgemeine Theorie der Relativität. 2005. S. 62. 11 Vgl. Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel. S. 33. 10 9 2.1.2.1 Die Spezielle Relativitätstheorie12 Die Newton’sche Theorie der Gravitation hielt sich ganze 218 Jahre, bis 1905 Albert Einstein seine Spezielle Relativitätstheorie veröffentlichte.13 Diese Theorie beschreibt die Beschaffenheit und auch die Relativität von Raum, Zeit, Massen und Energien, ohne dabei die Gravitation zu berücksichtigen. Dabei wurde Newtons Theorie nicht überrannt und auf der Stelle verworfen, da sie noch immer die genauesten Ergebnisse lieferte, wenn es um Gravitation ging, aber ihre Grundfesten wurden das erste Mal heftig erschüttert. So war es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Spezielle Relativitätstheorie auch um die Gravitation erweitert werden würde und die Newton’sche Theorie endgültig veraltet war. Aus der Speziellen Relativitätstheorie ergeben sich einige neue, fundamentale Prinzipien: Einerseits besagt die Theorie, dass sich nichts schneller als mit der Geschwindigkeit des Lichts im Vakuum fortbewegen kann und darf.14 Allgemein ist diese markante Geschwindigkeit auch als Lichtgeschwindigkeit ๐ bekannt. Zwar bewegt sich das Licht in anderen Medien wie zum Beispiel der Luft oder dem Wasser langsamer als im Vakuum, jedoch stellt sie in jedem Medium die höchstmögliche Geschwindigkeit dar. So kann sich etwas im Vakuum zwar schneller ausbreiten als das Licht im Wasser, aber es kann niemals die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum überschreiten. Andererseits postuliert die Theorie die Absolutheit der Lichtgeschwindigkeit. Das Licht breitet sich im Vakuum immer mit der gleichen Geschwindigkeit aus.15 Für uns Menschen auf der Erde ist die Lichtgeschwindigkeit mit etwa 300.000.000 Meter pro Sekunde praktisch zu groß um sie als Reisegeschwindigkeit auf der Erde in Betracht zu ziehen, abgesehen davon, dass die Lichtgeschwindigkeit aufgrund der Speziellen Relativitätstheorie weder erreicht noch überschritten werden kann. 12 Frei nach: Hawking, Stephen: Das Universum in der Nussschale. Hawking, Stephen: Der Große Entwurf. Eine neue Erklärung des Universums. Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel. 13 Vgl. Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel. S. 28. 14 Vgl. Alcubierre, Miguel: Warp-Antrieb, Wurmlöcher, Zeitreisen. 2005. S. 66-72. 15 Vgl. Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel. S. 32. 10 Der exakte Wert für die Lichtgeschwindigkeit und der in folgenden Beispielen verwendete Äquatorumfang beziehungsweise der Abstand der Erde zur Sonne werden in folgender Tabelle aufgeführt. Exakte Werte: Gerundete Werte: Lichtgeschwindigkeit ๐ 299 792 458 ๐/๐ 300 000 000 ๐/๐ Äquatorumfang 40 075,017 ๐๐ 40 000 ๐๐ Abstand: Erde-Sonne (Mittelwert) 149.597.836 ๐๐ 149.600.000 ๐๐ Ein Beispiel: Der Äquatorumfang ๐ (dabei ist ๐ eine beliebig gewählte Variable) beträgt rund 40 000 Kilometer. Umgerechnet beträgt dieser daher 40 000 000 Meter. Als Vergleich, wie schnell die Lichtgeschwindigkeit ist, wird die Formel zur Geschwindigkeitsberechnung auf die Zeit umgeformt. Dadurch kann bestimmt werden, wie lange das Licht einmal um den Äquator braucht. ๐ฃ (๐๐๐๐๐๐๐ก๐ฆ, ๐บ๐๐ ๐โ๐ค๐๐๐๐๐๐๐๐๐ก) = ๐ (๐๐๐๐๐, ๐๐๐) ๐ก (๐๐๐๐, ๐๐๐๐ก) Diese Formel wird im nächsten Schritt auf ๐ก = umgeformt und dann wird statt ๐ der Äquatorumfang ๐ und statt ๐ฃ die Lichtgeschwindigkeit ๐ eingesetzt. ๐ก= ๐ ๐ 40 000 000 ๐ = = = 0,134 ๐ ๐ฃ ๐ 300 000 000 ๐ ๐ Bei den Einheiten kürzen sich die Meterangaben weg und es bleibt nur Sekunden als Einheit stehen. Übrig bleibt eine Division. In 0,134 Sekunden reist das Licht einmal um den Äquator. Wird bei der Formel nun ๐ und ๐ฃ vertauscht, zeigt das Ergebnis, wie oft das Licht pro Sekunde um den Äquator reist. 11 ๐ ๐ 300.000.000 ๐ ๐ฅ= = = 7,5 ๐ 40.000.000 ๐ Aus dieser einfachen Rechnung geht hervor, dass das Licht sich 7,5-mal in einer Sekunde rund um den Äquator der Erde bewegt. Anzumerken ist allerdings, dass diese Rechnung aufgrund der Erdkrümmung in einem Experiment praktisch nicht überprüfbar ist. Beim Berechnen der Zeitspanne, die das Licht der Sonne benötigt, um die Erde zu erreichen, stellt man fest, dass die Lichtgeschwindigkeit nicht so groß ist, wie sie auf der Erde noch scheint.16 Die bei dieser Rechnung bekannten Werte sind zum einen wieder die Lichtgeschwindigkeit ๐ und zum anderen die Entfernung der Erde zur Sonne ๐ (wie bereits bei dem vorherigen Beispiel ist ๐ eine beliebige Variable). Wie aus der weiter oben angeführten Tabelle zu entnehmen ist, beträgt dieser Abstand 149 600 000 km. Bei diesem Wert handelt es sich um den bereits gerundeten Mittelwert von dem kleinsten und größten Erdabstand zur Sonne. Ebenfalls werden jene Angaben, die in Kilometer vorliegen, in Meter umgerechnet. ๐ก= ๐ ๐ 149 600 000 000 ๐ = = ๐ = 498,67 ๐ ๐ฃ ๐ 300 000 000 ๐ 498,67 ๐ = 8,3 ๐๐๐ 60 Innerhalb einer Sekunde reist das Licht 7,5mal um den Äquator. Um von der Sonne zur Erde zu gelangen, benötigt es aber bereits etwas mehr als acht Minuten. „Würde die Sonne in diesem Moment explodieren, ließe uns die Katastrophe ganze acht Minuten lang vollkommen unberührt.“17 Dies könnte jetzt beliebig fortgesetzt werden. Von einem Stern in der Nähe des Zentrums der Milchstraße benötigt das Licht über 30 000 Jahre um zur Erde zu gelangen. Wenn ein Astronom in diesem Moment das Licht unsere 16 17 Vgl. Alcubierre, Miguel: Warp-Antrieb, Wurmlöcher, Zeitreisen. 2005. S. 66-72. Alcubierre, Miguel: Warp-Antrieb, Wurmlöcher, Zeitreisen. 2005. S. 66. 12 Nachbargalaxie Andromeda beobachtet, wurde dieses bereits vor rund zwei Millionen Jahren von der Galaxie emittiert.18 Der Astronom blickt in die Vergangenheit der Andromedagalaxie. Ob sie zu dem Zeitpunkt, da sie der Astronom beobachtet, überhaupt noch existiert, ist nicht bekannt. Auf je weiter entfernte Sterne er seinen Blick richtet, desto weiter blickt er in die Vergangenheit. Diese Formel geht zwar nicht auf die Spezielle Relativitätstheorie zurück, sie veranschaulicht aber, wie lange selbst das Licht braucht, um von Punkt A nach Punkt B zu gelangen. Der Gedanke hinter diesen Beispielen: Die Spezielle Relativitätstheorie „verbietet“ der Masse, mit Lichtgeschwindigkeit zu reisen. Das bedeutet, selbst wenn die Menschheit ein geeignetes Raumschiff bauen könnte, wären wir damit nicht mobiler als eine Ameise, die in einer Nussschale im Atlantischen Ozean treibt. Es würde Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern, bis dieses Raumschiff von Punkt A nach Punkt B käme, auch wenn es mit annähernder Lichtgeschwindigkeit reisen würde. Warum die Spezielle Relativitätstheorie Überlichtgeschwindigkeit verbietet und auch Annäherungen an die Lichtgeschwindigkeit nicht so einfach sind, ist leicht nachvollziehbar. Zum einen besagt die Gleichung ๐ธ = ๐๐² nichts weiter, als dass Masse ๐ und Energie ๐ธ proportional zueinander sind. Zur Veranschaulichung wieder ein simples Beispiel: Ein Raumschiff beschleunigt. Dabei steigt die Energie, welche in dem Raumschiff in Form von Bewegungsenergie gespeichert ist, an. Jedoch müssen beide Seiten der Gleichung ๐ธ = ๐๐² ein und dasselbe Ergebnis liefern. Da die Lichtgeschwindigkeit ๐ aber eine Konstante und daher unveränderlich ist, steigt mit zunehmender Energie, die sich in dem Raumschiff befindet, auch die relativistische Masse des Schiffes an. Denkt man das Szenario weiter, wird jedes Mal mehr Energie benötigt um die gestiegene Masse des Raumschiffes nochmals zu beschleunigen. Je näher die Geschwindigkeit des Raumschiffes der des Lichts kommt, desto schwerer wird es. „Bei Erreichen der Lichtgeschwindigkeit würde seine Masse unendlich groß werden. Daher wäre ein unendlicher Energiebetrag erforderlich, um selbst den winzigsten Körper 18 Vgl. Alcubierre, Miguel: Warp-Antrieb, Wurmlöcher, Zeitreisen. 2005. S. 66-72. 13 auf Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen.“19 Es ist aber möglich, im derzeit größten Teilchenbeschleuniger, dem CERN bei der schweizerisch- französischen Grenze, einzelne Teilchen auf 99,99 % der Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen. Es gibt jedoch noch einen zweiten Grund, der speziell Über- lichtgeschwindigkeit verbietet. Wie der Name „Relativitätstheorie“ schon vermuten lässt, besagt diese Theorie die Relativität von allem außer der Lichtgeschwindigkeit. Man stelle sich ein Ereignis vor, dass von zwei Personen A und B beobachtet wird. Das besagte Ereignis findet in einem sich bewegenden Zug statt, in dem Person A mitfährt, während Person B am Bahnsteig steht und das Ereignis durch das Fenster des sich durch den Bahnhof bewegenden Zuges beobachtet. Besonders wichtig bei diesem Gedankenexperiment ist, dass der Zug in beschleunigter Bewegung ist. Zu guter Letzt ist noch wichtig, worum es sich bei dem besagten Ereignis handelt. Es geht dabei um eine Lichtuhr. Dabei wird ein Lichtimpuls zwischen zwei übereinander angebrachten Spiegeln in einer gewissen Zeit hin und her reflektiert. Zum Beispiel könnte der Lichtimpuls vom einen Spiegel zum anderen, also für eine Strecke eine Sekunde brauchen. Bis er wieder bei dem anfänglichen Spiegel ankäme, wären zwei Sekunden vergangen. Diese Zeitspanne bleibt auch immer gleich, weil der Lichtimpuls mit Lichtgeschwindigkeit reist und diese konstant ist. Die hier gewählte Zeitspanne von einer Sekunde für eine Strecke ist jedoch bei weitem übertrieben, da das Licht in einer Sekunde bereits 7,5-mal um den Äquator reisen würde. Beginnt man mit diesem Gedankenexperiment, müssen beide Personen, sowohl A als auch B die Lichtuhr in dem, sich durch den Bahnhof bewegendem Zug beobachten. Während Person A keinen räumlichen Abstand in Fahrtrichtung wahrnimmt, wenn der Lichtimpuls reflektiert wird, nimmt Person B sehr wohl einen räumlichen Abstand wahr, weil B sich nicht im selben Bezugssystem wie die Lichtuhr, dem Zug, befindet. Der räumliche Abstand besteht darin, dass sich die Spiegel mit dem Zug in dessen Fahrtrichtung mitbewegen, so muss das Licht schräg zwischen den Spiegeln 19 Alcubierre, Miguel: Warp-Antrieb, Wurmlöcher, Zeitreisen. 2005. S. 67. 14 reflektiert werden und nicht mehr nur gerade auf und ab. Für Person B muss der Lichtimpuls einen längeren Weg zurücklegen. Eine Grafik kann diesen Vorgang leicht veranschaulichen. Abbildung 2 Vergleich zwischen ruhender und bewegter Lichtuhr für einen außenstehenden Betrachter.20 Die Person A nimmt das Ereignis wie links im Bild abgebildet wahr. Die Lichtuhr scheint zu ruhen, da sich sowohl die Uhr als auch die Person A im selben Bezugssystem befinden. Der Lichtimpuls läuft gerade zwischen den beiden Spiegeln auf und ab, ohne dass dabei ein räumlicher Abstand entsteht. Für Person B erscheint das Ereignis wie rechts im Bild aufgezeichnet. Die Lichtuhr ist in Bewegung, der Lichtimpuls läuft schräg zwischen den Spiegeln auf und ab, da das ganze Bezugssystem, sprich der Zug, sich an Person B vorbeibewegt. Das Problem an der ganzen Sache ist, dass die Lichtgeschwindigkeit konstant ist, egal in welchem Bezugssystem. Jedoch muss der Lichtimpuls, wie er von Person B wahrgenommen wird einen längeren Weg zurücklegen. Dies bedeutet, er benötigt mehr Zeit für eine Strecke, bis er wieder reflektiert wird. Wenn für Person A der Lichtimpuls gerade vom Spiegel reflektiert wurde und er sich auf dem Weg zum zweiten Spiegel befindet, ist der Impuls für Person B noch nicht einmal bei dem ersten Spiegel angekommen. Es handelt sich dabei aber immer noch um ein und denselben Vorgang. Dieser kann sich nicht zur selben Zeit in zwei verschiedenen Stadien befinden. Einstein zog aus diesem Problem den einzig 20 Abb. 1: Quelle: [http://homepage.univie.ac.at/franz.embacher/SRT/Zeitdilatation.html] 15 logischen Schluss, wenn dieser auch etwas ungewöhnlich scheint. Für einen ruhenden Beobachter, im Falle des Beispiels wäre das Person B, scheint die Zeit in einem relativ zu ihm bewegten Bezugssystem langsamer zu vergehen. Dieser Effekt ist auch als Zeitdilatation bekannt. Je schneller sich ein Bezugssystem, zum Beispiel ein Raumschiff oder ein Zug bewegt, desto langsamer vergeht die Zeit in diesem für einen außenstehenden Beobachter. Würde ein Raumschiff - hypothetisch betrachtet - die Lichtgeschwindigkeit erreichen, würde die Zeit in ihm stillstehen. Natürlich nur für einen außenstehenden Betrachter. Das Praktische an der Zeitdilatation ist, dass sie auch für biologische Uhren gilt. Für uns Menschen bedeutet das, dass wir langsamer altern, wenn wir uns mit hohen Geschwindigkeiten fortbewegen. Der Haken an der Sache ist jedoch, dass dieser Effekt erst bei extrem hohen Geschwindigkeiten auftritt und nicht bei denen, die wir auf der Erde erreichen. Der Grund aber, warum die Zeitdilatation Überlichtgeschwindigkeit verbietet, ist folgender: Würde ein Körper sich mit Überlichtgeschwindigkeit fortbewegen, würde er rückwärts in der Zeit reisen.21 Dabei würde er das Kausalitätsprinzip verletzen, welches eine der Grundfesten der Physik bildet. Es würden Wirkungen ihren Ursachen vorausgehen. Das erste Postulat der speziellen Relativitätstheorie besagte die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum. Das zweite hat nicht ganz so weitreichende Folgen, ist jedoch nicht minder wichtig. Die Rede ist von dem Relativitätsprinzip.22 „Es besagt, dass zwei gleichmäßig bewegte Beobachter zueinander vollkommen gleichberechtigt sind.“ Wie das Relativitätsprinzip vorhersagt, sind ein ruhendes und ein sich gleichmäßig bewegendes Bezugssystem nicht voneinander zu unterscheiden, da in beiden die Naturkräfte gleichermaßen gelten. So lässt sich auch nicht sagen, ob sich nun der Bahnsteig am Zug, oder der Zug sich am Bahnsteig vorbeibewegt. Demnach meint ein Beobachter in einem der Bezugssysteme immer, dass sein Bezugsystem ruhen würde. Daher vergeht für einen Passagier die Zeit auf dem Bahnsteig langsamer und für eine, sich auf dem Bahnsteig befindende Person die Zeit im Zug langsamer. Dieses Phänomen 21 22 Vgl. Alcubierre, Miguel: Warp-Antrieb, Wurmlöcher, Zeitreisen. 2005. S. 67. Vgl. Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel. S. 32. 16 lässt sich durch zwei Lichtuhren nachweisen. Eine dieser Uhren befindet sich im Zug, die andere am Bahnsteig. In beiden Bezugssystemen befindet sich wieder eine Person die jeweils die eigene und die Lichtuhr im anderen Bezugssystem beobachtet. Eines der beiden Bezugssysteme bewegt sich an dem anderen gleichmäßig vorbei, sei es der Bahnsteig oder der Zug. Beide Personen nehmen keinen räumlichen Abstand wahr wenn sie die Lichtuhr in ihrem Bezugssystem betrachten. Sobald sie aber ihren Blick auf die Lichtuhr im anderen System betrachten läuft der Lichtimpuls wieder schräg zwischen den Spiegeln hin und her. Demnach vergeht für beide Beobachter die Zeit im jeweils anderen Bezugssystem langsamer. Ein Effekt dieses Relativitätsprinzips ist, dass sich mit keinem Experiment feststellen lässt, ob sich ein fensterlose Zug, in dem sie sitzen, sich gleichmäßig bewegt oder stillsteht. „Das hängt damit zusammen, dass es kein absolutes Bezugssystem gibt, sondern nur relativ zueinander bewegte Bezugssysteme.“23 Die Kernaussage des Relativitätsprinzips lautet daher: „Es gibt kein absolutes Bezugssystem, aus dem man ein Urteil über richtig oder falsch fällen könnte. Denn die Naturgesetze gelten in jedem gleichmäßig bewegten Bezugssystem gleichberechtigt.“24 So ist sowohl die Aussage der Person im Zug, als auch die Aussage der Person am Bahnsteig korrekt. 23 24 Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel. S. 32. Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel. S. 34. 17 2.1.2.2 Die Allgemeine Relativitätstheorie Erst zehn Jahre nachdem Albert Einstein seine Spezielle Relativitätstheorie veröffentlicht hatte, konnte er diese um den Aspekt der Gravitation erweitern. Doch bevor er 1915 seine Allgemeine Relativitätstheorie veröffentlichte, leistete der Mathematiker Hermann Minkowski einen wichtigen Beitrag.25 Die Spezielle Relativitätstheorie besagt unter anderem, dass zwei Ereignisse, die für eine Person gleichzeitig ablaufen, für einen Beobachter, der sich mit hoher Geschwindigkeit relativ zur ersten Person bewegt, nacheinander ablaufen. Dadurch ist auch die Gleichzeitigkeit relativ, was durch den Zusammenhang von Raum und Zeit hervorgerufen wird. Hermann Minkowski nahm diesen Zusammenhang nun als Anlass und fügte die beiden relativen Größen Raum und Zeit zur absoluten Raumzeit zusammen. Sind zwei Punkte oder Ereignisse für einen Beobachter in dieser Raumzeit kausal miteinander verbunden, sind sie das auch für jeden anderen Beobachter. Sie müssen aber nicht für beide Beobachter gleichzeitig ablaufen. Somit haben die Begriffe kausal verbunden und kausal unverbunden im Gegensatz zur Gleichzeitigkeit eine absolute Bedeutung. Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie basiert auf der Annahme, dass die Gravitation nichts anderes bedeutet, als dass die Anwesenheit von Masse aber auch von Energie die Raumzeit rund um die Masse krümmt. Die Krümmung der Raumzeit wiederum gibt Massen vor, wie sie sich bewegen sollen, und der Zeit, wie sie zu vergehen hat. Demnach ist die Gravitation nicht auf irgendeine Kraft zurückzuführen die von Massen ausgeübt wird, sondern auf die Geometrie der Raumzeit, welche wiederum von den Massen geformt wird. Also ist die Gravitation streng genommen keine Kraft, sondern lediglich eine Scheinkraft, die von der Krümmung der Raumzeit herrührt. An dieser Stelle würde in der Fachliteratur eine Grafik zu finden sein, die dem Zweck dient, eine Krümmung einer zweidimensionalen Fläche darzustellen, welche stellvertretend für die Raumzeit steht. Diese Grafiken sind jedoch irreführend, da sie die vierdimensionale Raumzeit um zwei Dimensionen reduzieren. Da das menschliche Gehirn nicht fähig ist, sich einen 25 Vgl. Alcubierre, Miguel: Warp-Antrieb, Wurmlöcher, Zeitreisen. 2005. S. 67. 18 vierdimensionalen Raum gekrümmt vorzustellen vermitteln solche Grafiken ein falsches Bild dieses Phänomens. Außerdem ist eine Krümmung der Raumzeit nicht wie die Krümmung einer Folie oder eines Blattes Papier zu verstehen. Eine solche Raumzeitkrümmung ist vielmehr eine Verformung von Raum und Zeit hin zu einem gewissen Punkt – dem Massepunkt eines Objekts. Bei der Erde würde sich der Massepunkt im Erdkern befinden. Die internationale Raumstation (ISS) und auch der Mond kreist auf einer mehr oder weniger kreisrunden Bahn genau um diesen Massepunkt. Die Erde wiederum kreist um den Massepunkt der Sonne, die sich im Zentrum unseres Sonnensystems befindet. Demnach befinden sich die Erde sowie die übrigen sieben Planeten unseres Systems in der Raumzeitkrümmung, welche die Sonne durch ihre Masse hervorruft. Der Begriff „Verformung“ beschreibt den Zustand der Raumzeit rund um eine Masse um vieles besser als der Begriff „Krümmung“, denn zu letzterem wird gewöhnlich die Krümmung eines Blatt Papier assoziiert. Demnach findet eine Krümmung in einem zweidimensionalen Raum statt, die Raumzeit besteht aber aus vier Dimensionen. In einer solchen Raumzeit-Verformung vergeht, wie später noch genauer erklärt wird, die Zeit langsamer. An dieser Stelle befassen wir uns erst einmal mit den Auswirkungen dieses Effekts. Soweit uns bekannt ist, folgt im Universum alles dem Weg des geringsten Widerstandes.26 Demnach fließt jeder Fluss bergab, jeder Baum biegt sich im Wind und nicht gegen ihn, kein Lichtstrahl bewegt sich auf einem Zickzack-Kurs fort, und auch Planeten folgen dem Weg mit dem geringsten Widerstand. Befänden wir uns in einer flachen Raumzeit, wäre, gemäß der Speziellen Relativitätstheorie, für einen Himmelskörper der Weg mit dem geringsten Widerstand eine Gerade von A nach B, wobei sich der Körper ewig mit der selben Geschwindigkeit auf dieser Geraden weiter fortbewegen würde. Wird dieser Gedanke in einer verformten Raumzeit nach der Allgemeinen Relativitätstheorie durchgespielt, so bewegt sich der Himmelskörper auf einer Bahn um jenes Objekt, welches die Raumzeit-Verformung verursacht. Der Körper folgt dem kürzesten Weg – dem Weg mit dem geringsten Widerstand. In der verformten Raumzeit ist dieser Weg nicht immer eine direkte Gerade von A nach B, sondern folgt oft einer 26 Vgl. Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel. S. 78-79. 19 Kurve, einer sogenannten Geodäte. Eine exakte Definition ist im Folgenden einem sehr in die Materie vertieften und ausführlichen Sachbuch entnommen. „Auf der krummen Fläche gibt es keine geraden Linien, wohl aber geradeste Linien. Das sind zugleich diejenigen, die die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten bilden. Ihr wissenschaftlicher Name ist „geodätische Linien“. […] Auf anderen Flächen sind es oft recht komplizierte Kurven. Und doch sind es die einfachsten Kurven, die das Gerüst der Geometrie auf der Fläche bilden, geradeso wie die gerade Linie das Gerüst der euklidischen Geometrie der Ebene.“27 Einzig wichtig für die Allgemeine Relativitätstheorie an dieser Stelle ist, dass diese vorhersagt, dass auch das Licht diesen Geodäten entlang der RaumzeitVerformung folgt. Anders ausgedrückt: Das Licht wird, ebenso wie Materie, von der Gravitation beeinflusst, jedoch bei weitem nicht so stark, was auf seine hohe Geschwindigkeit zurückzuführen ist. Mit dieser Eigenschaft von Raumzeit und Licht wurde bereits 1919 bei einer totalen Sonnenfinsternis die Richtigkeit der Relativitätstheorie optisch nachgewiesen. Zur Ausführung dieses Experiments beobachtete man während einer totalen Sonnenfinsternis einen Fixstern, der sich nahe an der Sonne befindet.28 Die Sonnenfinsternis war nötig, da der Fixstern ansonsten von der Helligkeit der Sonne überdeckt worden wäre. Ein von einem Fixstern ausgesandter Lichtstrahl, der die Sonne und die durch sie verursachte Raumzeit-Verformung passiert, beschreibt eine leicht konkave Bahn. Ein Beobachter auf der Erde, da der Mensch nicht vierdimensional veranlagt ist, erkennt diese Krümmung des Lichtstrahls nicht und verlängert den auf der Erde eintreffenden Lichtstrahl gerade. Deshalb erscheint der Stern für Beobachter auf der Erde an einem nach außen verlagertem Ort. Abbildung 3 Ablenkung des Lichts Fixsterns an der Sonne. 29 27 Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 280. Vgl. Born, Max. Die Relativitätstheorie Einsteins. 2003. S. 308-309. 29 Abb. 3. Quelle: Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 308. 28 20 Bereits am 6. November 1919 wurden die am 29. Mai 1919 gemessenen Daten als Beweis für die Gültigkeit der Allgemeinen Relativitätstheorie vom britischen Astronomen Eddington veröffentlicht. Demnach wurde die Ablenkung am Sonnenrand von 1,75 Bogensekunden, wie von Einstein vorhersagt, bestätigt. „Obwohl die Messungen schwierig sind, besteht kein Zweifel an der Existenz des Effekts sehr nahe am vorhergesagten Wert.“30 Somit kann man durch diese Messungen die Existenz und Beschaffenheit der Raumzeit, wie von der Allgemeinen Relativitätstheorie beschrieben, als korrekt erachten. Nachdem nun die Raumzeit samt ihren Eigenschaften erläutert wurde, werden zum Abschluss dieses Kapitels die grundlegendsten Aussagen, die aus der Allgemeinen Relativitätstheorie folgen, dargelegt. Zugrunde liegt der Allgemeinen Relativitätstheorie - wie auch schon der Speziellen Relativitätstheorie - das Äquivalenzprinzip. Nach diesem Prinzip lässt sich innerhalb der Theorie ein beschleunigtes Bezugssystem nicht von einem sich in einem Gravitationsfeld Bezugssystem befindenden nicht von unterscheiden, einem sich wie auch gleichmäßig ein ruhendes bewegenden zu unterscheiden war. Um diesen Sachverhalt an einem Beispiel zu verdeutlichen: Sie befinden sich dieses Mal in einer fensterlosen Rakete, haben jeglichen Funkkontakt zur Außenwelt verloren und versuchen verzweifelt, die Steuerung wieder zum Laufen zu bringen. Plötzlich geht ein Ruck durch die Rakete und Sie werden heftig nach hinten in Ihren Sitz gepresst. Die entscheidende Frage ist an dieser Stelle: Ist die Rakete in das Gravitationsfeld eines Planeten eingetreten, oder haben die Triebwerke gezündet? Die ernüchternde Antwort lautet, dass beide Ereignisse möglich sind, aber nicht voneinander unterschieden werden können, solang man nicht aus einem Fenster blickt. Fest steht nur, ohne Steuermöglichkeiten haben Sie bei beiden möglichen Szenarien nicht die besten Karten. 30 Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 308. 21 Das Äquivalenzprinzip ist in diesem Fall nur der Anfang für eine sehr viel bedeutendere Erkenntnis.31 Es liefert uns eine Antwort auf die Frage, warum in einem Gravitationsfeld die Zeit langsamer vergeht. Zur Erläuterung wird wieder auf das Gedankenexperiment mit einer Lichtuhr in einer Rakete zurückgegriffen. Ruht diese beziehungsweise bewegt sie sich gleichmäßig, gilt die Zeitdilatation gemäß der Speziellen Relativitätstheorie. Wird die Rakete aber beschleunigt so muss der Lichtimpuls für außenstehende Betrachter und für Insassen der Rakete einen weiteren Weg zurücklegen. Aus dem einfachen Grund, weil die Spiegel eine Beschleunigung in eine bestimmte Richtung erfahren und das Licht zwischen ihnen nun tatsächlich eine größere Distanz zurücklegen muss. Nachweislich vergeht auf der ISS, der International Space Station, die Zeit um einige Milliardstel Sekunden pro Jahr schneller als auf der Erde.32 Aber anders als bei der Zeitdilatation, die auf Bewegung zurückzuführen ist, nehmen Beobachter diesen Effekt nicht symmetrisch wahr. Das heißt, für einen Astronauten auf der ISS vergeht die Zeit auf der Erde tatsächlich langsamer, während ein Mensch auf der Erde die Zeit für den Astronauten schneller verstreichen sieht. Anders als bei der Zeitdilatation der Speziellen Relativitätstheorie werden sich hier aber beide über ihre Beobachtungen einig. Dieser Effekt ließe sich auch theoretisch nutzen, um langsamer zu altern. Würde man sich in ein Raumschiff begeben und sich ein Jahr lang mit hoher Geschwindigkeit von der Erde entfernen und wieder zurückkehren, würde man feststellen, dass, durch die Beschleunigung, die man bei dem Umkehrmanöver erfahren hat, die Verwandten auf der Erde in dem Jahr, in dem man für sich unterwegs war über ein Jahr älter geworden sind. Leider lässt sich dieser Phänomen nicht effektiv nutzen, da er erst bei extrem hohen Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit in „großen Maß“ auftritt. 31 32 Vgl. Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel. S. 81. Vgl. Mischler, Janick P.: Einstein, Quantenspuk und die Weltformel. S. 81. 22 Der Unterschied zwischen Spezieller und Allgemeiner Relativitätstheorie beruht nun darauf, ob die Gravitation im Spiel ist oder nicht. „In Situationen, in denen die Gravitation überhaupt keine Rolle spielt, führt Einsteins allgemeine Relativitätstheorie auf exakt die gleichen Vorhersagen wie die spezielle Relativitätstheorie. Für Situationen mit sehr schwacher Gravitation – das ist für unser gesamtes Sonnensystem der Fall – führt sie auf fast die gleichen Vorhersagen wie Newtons Gravitationstheorie. Aber eben nicht auf ganz die gleichen: […] Vereinfacht gesagt, hat die allgemeine Relativitätstheorie die Physik in Geometrie verwandelt.“ 33 Demnach ist die Gravitation eine von Masse herbeigeführte Verformung der Raumzeit. Diese Verformung gibt der Masse ihrerseits wieder vor, wie sich diese zu bewegen oder zu verhalten hat. Des Weitern vergeht, je näher man sich an einer solchen Verformung befindet, die Zeit langsamer, wobei dieser Effekt, aufgrund Bewegungen des auftritt. Äquivalenzprinzips, Die Allgemeine auch bei Relativitätstheorie beschleunigten ist im Alltag unverzichtbar, da sie bei den Satellitennavigationssystemen zum Einsatz kommt.34 Ohne sie würde täglich die Positionsbestimmung um weitere zehn Kilometer abweichen. Ebenso lassen sich durch sie neue Effekte und Phänomene wie Schwarze Löcher oder Gravitationswellen vorhersagen. Mit letzteren wird sich das folgende Kapitel ausführlicher beschäftigen. 33 Hawking, Stephen und Mlodinow Leonard. Der Grosse Entwurf. Eine neue Erklärung des Universums. Reinbek bei Hamburg. 2011. S.102-103. 34 Vgl. Hawking, Stephen und Mlodinow Leonard. Der Grosse Entwurf. Eine neue Erklärung des Universums. Reinbek bei Hamburg. 2011. S. 103. 23 3 Gravitationswellen Dieses Kapitel widmet sich, wie auch der restliche Teil dieser Arbeit, den sogenannten Gravitationswellen, deren Existenz durch die Allgemeine Relativitätstheorie vorhersehbar ist. Dabei ist dieses Thema durchaus von hoher Komplexität, weshalb wohl nicht alle Vorgänge bis ins letzte Detail ausgeschildert werden können, um die Verständlichkeit weiterhin sicherzustellen. Die Gravitationswellenforschung gehört wohl zu den anspruchsvollsten Forschungen, mit dem die heutige Physik aufwarten kann.35 Dennoch oder gerade weil dieser Forschungszweig so unglaublich komplex ist, werden in Zukunft von ihm tiefe Einblicke in die energiereichsten Vorgänge des Universums erwartet. Zu diesen gehören zum Beispiel pulsierende – sehr schnell um ihre eigene Achse rotierende – Neutronensterne oder Supernovae Explosionen sowie verschmelzende Schwarze Löcher beziehungsweise Neutronensternpaare. Zum Schluss, dass gravitative Strahlungen existieren, welche sich ungebremst von Materie in der Raumzeit ausbreiten, kommt man bei dem Vergleich der elektromagnetischen Wechselwirkung mit der Gravitation.36 Beide sind zusammen mit der starken und schwachen Wechselwirkung die vier fundamentalen Wechselwirkungen, welche unser Universum im Innersten zusammenhalten. Während die starke und schwache Wechselwirkung nur über mikroskopische Distanzen - innerhalb der Atome - wirken, so reichen die Gravitation und die elektromagnetische Wechselwirkung über astronomische Distanzen. Ausgehend von der Vermutung, dass die Gravitation wie auch der Elektromagnetismus aus Quanten, also kleinsten Einheiten, bestehen und diese Quanten Teile einer Strahlung sind, lassen sich Rückschlüsse auf eine Gravitationsstrahlung tätigen. Ähnlich wie die elektromagnetische Strahlung, welche im kleinsten Teil aus Photonen besteht und welche wir Menschen mittels unserer Augen wahrnehmen können. Das Äquivalent der Gravitation zum Photon wäre das, bis dato rein spekulative, Graviton. Das für uns 35 Vgl. Nollert, Hans-Peter u.a.: Physik der Gravitationswellen. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 42. 36 Vgl. Nollert, Hans-Peter u.a.: Physik der Gravitationswellen. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 42-46. 24 sichtbare Licht ist aber auch nur ein Bruchteil des gesamten elektromagnetischen Spektrums. Dazu gehören auch Mikrowellen, sichtbares, infrarotes und ultraviolettes Licht sowie Radiostrahlung oder Gammastrahlung. Alle diese Strahlungsarten sind Teil der elektromagnetischen Strahlung. Analog zum Elektromagnetismus werden auch von der Gravitation Strahlungen in Wellenform erwartet. Das große Hindernis bei der Messung dieser Wellen stellt das Fehlen eines Sinnesorgans dar, welches diese wahrnehmen kann. Außerdem sind Gravitationswellen vermutlich die schwächste Strahlungsart, die von anderen Himmelskörpern ausgesendet wird. Somit sind die Forscher gänzlich auf von ihnen ersonnenes Equipment angewiesen. Aus diesem Grund werden auf der gesamten Erde verstreut gigantische, teils Kilometer lange Detektoren errichtet. Diese bestehen aus zwei, im rechten Winkel zueinander angeordneten Röhren aus Edelstahl, in denen ein starkes Vakuum herrscht. Dieses ermöglicht es, mittels energiereicher Lichtstrahlen eine sehr genaue Längenmessung durchzuführen. Sobald eine Gravitationswelle den Raum, auf dem sich der Detektor befindet, durchläuft, wird dieser minimal gestaucht und dann wieder gestreckt. Forscher versuchen genau diese Längenänderung festzustellen. Berechnungen der Theoretiker zufolge verursacht eine typische kosmische Gravitationswelle jedoch nur eine Längenänderung der Größenordnung 10-22 Meter.37 Da durch diese Gravitationswellen mehr oder weniger Informationen übertragen werden, erlaubt ihnen bereits die Spezielle Relativitätstheorie, sich höchstens mit Lichtgeschwindigkeit auszubreiten. Aber da sie sich durch die Raumzeit bewegen, hat Materie, die sich einer solchen Welle in den Weg stellt, keinerlei Auswirkungen auf diese. Sie werden dadurch kaum beziehungsweise gar nicht abgeschwächt. Durch die Analyse von Gravitationswellen werden tiefe Einblicke in die Vorgänge im Kern während einer Supernova Explosion erwartet, da davon ausgegangen wird, dass messbare Gravitationswellen während einer solchen Explosion entstehen, die sich ungehindert durch die Hülle des sterbenden Sterns hindurchbewegen können. Sie können aber auch Auskunft über den inneren Aufbau eines 37 Vgl. Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 12-21. 25 Neutronensterns oder möglicherweise eines Schwarzen Loches geben. Deshalb werden Unmengen an Forschungsgelder in diesen Forschungszweig investiert, um Vorgänge indirekt beobachten zu können, die dem Menschlichen Auge verborgen bleiben. 3.1 Theorie und Grundlagen38 Die Existenz von Gravitationswellen lässt sich recht deutlich durch prinzipielle Überlegungen veranschaulichen. Entgegen der Annahme von Isaac Newton breitet sich ein Gravitationsfeld - ebenso wie ein elektromagnetisches Kraftfeld - mit Lichtgeschwindigkeit und nicht unendlich schnell aus. Newtons Gravitationstheorie geht von dem Ansatz aus, dass sich eine Veränderung an der Quelle eines Gravitationsfeldes sofort im gesamten Raum instaton auswirkt. Seit Einsteins Relativitätstheorie darf sich aber keine Wirkung beziehungsweise Information schneller als mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Eine Ausnahme stellen miteinander verschränkte Teilchen dar, welche jedoch nicht mit konventionellen Mitteln erklärt werden können. Dies gilt auch für die Ausbreitungsgeschwindigkeit eines Gravitationsfeldes, da die Gravitation Rückschlüsse auf Himmelskörper, ihre Masse und weitere Eigenschaften ermöglicht. Verändert sich also die Quelle eines Gravitationsfeldes, so sind die Auswirkungen dieser Veränderung nicht unmittelbar überall zu spüren. Somit stellt eine solche Veränderung eine Gravitationswelle dar, welche sich mit Lichtgeschwindigkeit durch die Raumzeit fortpflanzt. Es benötigt einige Zeit, bis sich das Gravitationsfeld oder anders ausgedrückt die Raumzeit Verformung - bis zu einem gewissen Punkt in der Raumzeit ausgebreitet hat. Zur Veranschaulichung stelle man sich unser Sonnensystem vor: Würde sich das Gravitationsfeld der Sonne in diesem Augenblick verändern oder wegfallen, weil die Sonne einfach verschwindet, würde sich diese Veränderung der Raumzeit erst in rund acht Minuten auf der Erde bemerkbar machen. Das „neue“ Gravitationsfeld breitet sich in einer Welle durch die Raumzeit mit der Geschwindigkeit des Lichts aus. Bis zu jenem Zeitpunkt, zu 38 Vgl. Nollert, Hans-Peter u.a.: Physik der Gravitationswellen. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 42-46. Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 12-21. 26 dem diese Welle einen gewissen Punkt in der Raumzeit noch nicht erreicht hat, wirkt immer noch das „alte“ Gravitationsfeld. An diesem Punkt, dass Gravitation auch Zeit benötigt um von A nach B zu gelangen, setzt die Gravitationswellenforschung an. „Bei einer begrenzten Ausbreitungsgeschwindigkeit der Gravitation liegt zum Beispiel die Kraft zwischen zwei Sternen, die in engem Abstand umeinander kreisen, nicht in Richtung der Verbindungslinie – die Kraft läuft der Bewegung quasi hinterher“ 39 Dadurch wird aber nicht die gesamte Anziehungskraft des einen Sterns dem anderen übermittelt. Ein Teil der Gravitation verpufft sprichwörtlich im Raum – es findet dabei ein Energieverlust statt. Es kann also die Aussage getroffen werden, dass Drehimpuls und Energie von den beiden Sternen abgestrahlt werden. Dies hat einen Energieverlust zur Folge, welcher sich im Nähern der beiden Sterne äußert – ihre Umlaufzeit nimmt ab und gleichzeitig verändert sich die Quelle des Gravitationsfeldes, welches beide durch ihre Massen verursachen. Das Gravitationsfeld ändert sich ständig, einerseits durch die Kreisbewegung der beiden Sterne, andererseits durch die Abnahme ihrer Umlaufzeit. Gleichzeitig ist das Feld periodischen Veränderungen im Rhythmus der Umlaufzeit unterworfen. Es werden permanent Gravitationswellen abgestrahlt, welche sich fortan durch den Raum ungehindert fortpflanzen, bis schließlich beide Sterne sich zu nahe kommen und ineinander stürzen. Sobald dies geschehen ist und sich beide Sterne zu einem einzigen oder einem Schwarzen Loch verbunden haben, wird es ein stabiles, sich nicht periodisch veränderndes Gravitationsfeld geben, welches auch keine Gravitationswellen mehr abstrahlen wird. Der Effekt des Abnehmens der Bahnperiode zweier sich umkreisender Neutronensterne konnte bereits durch das Beobachten einiger Neutronensternpaare nachgewiesen werden. Sogar mit ziemlich hoher Genauigkeit. Somit sind diese Beobachtungen der einzige – indirekte – Beweis für das Abstrahlen von Gravitationswellen. Allgemein kann die Aussage, Gravitationswellen betreffend, getätigt werden, dass diese, analog zur Elektrodynamik und beschleunigten Ladungen, nur bei 39 Nollert, Hans-Peter u.a.: Physik der Gravitationswellen. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 43. 27 der Beschleunigung von Massen auftreten.40 Durch diese Abstrahlung und den damit einhergehenden Energieverlust von zwei sich umkreisenden Körpern kann innerhalb der Allgemeinen Relativitätstheorie auch keine eindeutige Lösung für das Zwei-Körper-Problem ermittelt werden. Dieses Problem befasst sich mit der Bestimmung der Lage zweier umeinander kreisender Körper. Durch die Abgabe der Gravitationsstrahlung in Form der Wellen ändern sich ständig die Bahnen der beiden Objekte, da durch den damit verbundenen Energieverlust die Bahnen nicht aufrechterhalten werden können. Wie wirkt nun aber eine Gravitationswelle? Beim Vorüberziehen einer gravitativen Welle ist an dem Ort eine Veränderung der Gezeitenkräfte senkrecht zur Aus- breitungsrichtung der Welle zu verzeichnen. Deshalb wird innerhalb der Physik auch von einer Transversalwelle gesprochen. Im Gegensatz zu einer Longitudinalwelle, der zweiten Wellenart, welche der heutigen Physik bekannt ist, sind transversale Wellen nicht zwingend an ein Medium gebunden. Außerdem findet bei einer Transversalwelle eine Auslenkung senkrecht zur Ausbreitungsrichtung statt, während eine Longitudinalwelle längs der Ausbreitungsrichtung mitschwingt. Zur Veranschaulichung ist ein Ring aus frei beweglichen Körpern im Raum senkrecht zu einer passierenden Gravitationswelle angeordnet, so wird der Ring beim Passieren der Welle zu einer Ellipse verformt. Zuerst wirken die Gezeitenkräfte längs der Ausbreitungsrichtung der Gravitationswelle aber sobald diese eine halbe Wellenlänge weitergezogen ist, wirken die Kräfte senkrecht zur Ausbreitungsrichtung. Wie stark sich der Ring verformt, hängt Abbildung 4 von der Amplitude, also der größten Auslenkung der 40 Vgl. Benger, werner. Kollisionen Schwarzer Löcher. Beobachtungen im Datenraum. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 49-57. 28 Gravitationswelle ab. In der Abbildung 4 ist eine solche Verformung eines Ringes dargestellt.41 „Die Gezeitenkräfte sind um so stärker, je größer das Gebiet ist, auf das sie wirken: Ein doppelt so großer Ring von Körpern wird doppelt so stark verformt. Dabei bleibt die relative Verformung gleich. Unabhängig von seiner Größe, wird ein Ring frei beweglicher Körper immer zu einer Ellipse der gleichen Exzentrizität verformt. Daher lässt sich die relative Längenänderung, die eine Gravitationswelle hervorruft, als Maß für ihre Stärke verwenden.“42 Obwohl die Längenänderungen, die durch eine passierende Gravitationswelle hervorgerufen werden, nur gering sind, steckt in einer solchen Welle viel Energie.43 Den Theoretikern zufolge verbirgt sich in einer einzigen Welle mit einer relativen Längenänderung von 10-22 und einer Frequenz von einem Kilohertz, mehr Energie als in der elektromagnetischen Strahlung, die uns der hellste Stern zusendet. 3.2 Quellen von Gravitationswellen44 Gravitationswellen werden von so gut wie jedem Objekt abgestrahlt, welches ein veränderliches Gravitationsfeld besitzt. Anders ausgedrückt: Gravitationswellen werden von jedem beschleunigten Objekt ausgesandt. Jedoch sind diese Wellen meist extrem schwach, weshalb nur Gravitationswellen von sehr masse- und energiereichen Himmelskörpern eine Stärke erreichen, welche auch von Detektoren auf der Erde registriert werden können. Dazu kommt noch, dass das Gravitationsfeld dieser Objekte starken Veränderungen ausgesetzt sein muss. Heutzutage gehen die Forscher nur von einer Handvoll Vorgängen aus, welche diese Voraussetzungen erfüllen. Dazu gehören neben Supernovae Explosionen auch verschmelzende Neutronensterne und Schwarze Löcher. Einige Forscher gehen sogar davon aus, dass heute noch vom Urknall verursachte Gravitationswellen durch die Raumzeit laufen. Ähnlich wie die kosmische Hintergrundstrahlung, welche das elektromagnetische Überbleibsel des Urknalls darstellt. 41 Abb. 4. Quelle: Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 16. 42 Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 16. 43 Vgl. Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 16. 44 Vgl. Nollert, Hans-Peter u.a.: Physik der Gravitationswellen. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 42-46. Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 12-21. 29 3.2.1 Supernovae Explosionen Befindet sich ein sehr massereicher Stern in seiner letzten Lebensphase, während der die Eisenfusion stattfindet, beendet er diese gewöhnlich in einer spektakulären Supernova.45 Zuvor hat sich im Innersten des Sternes ein Eisenkern durch die Fusion gebildet. Bei einer Fusion werden zwei einzelne leichte Kerne zu einem neuen schwereren Kern verbunden. Dabei ist, um die Abstoßung von negativ geladener Atomhülle und positiv geladenem Kern zu überwinden, eine sehr hohe Temperatur und Druck von Nöten. Sobald die Atome mit genügend hoher Wucht - bedingt durch die extremen Temperaturen - aufeinander prallen und sich die Atomkerne nahe genug kommen, setzt der quantenmechanische Tunneleffekt ein. Die beiden Atome verbinden sich zu einem neuen und Energie wird dabei frei. Gemäß dem Motto: 1 Atom + 1 Atom = 1,9 Atome + 0,1 freigesetzter Energie. Eisen ist das letzte Element, welches durch Fusion in Sternen hergestellt werden kann, da die Fusion schwererer Elemente mehr Energie benötigt als freigesetzt wird. Sobald keine weitere Fusion mehr stattfinden kann, gibt es auch keine Kraft, die dem Gravitationsdruck entgegenwirkt. Der Stern, angefangen im Kern, bricht unter seiner eigenen Gravitation zusammen – er kollabiert. Dabei werden, durch die gewaltige Wucht, mit der die äußeren Schichten des Sterns auf den Kern prallen, selbst die Atome soweit verdichtet, dass die Elektronen in den Kern gepresst werden und mit den Protonen neue Neutronen bilden. Übrig bleibt ein entstehender Neutronenstern, welcher nur noch aus Atomrümpfen mit Neutronen besteht. Als Folge des Eisenkernkollaps, wird ein Gravitationswellenimpuls erwartet. Dieser soll jedoch nur eine tausendstel Sekunde andauern und breitbandig sein. Das heißt, der Impuls besteht aus mehreren, sich überlagernder Gravitationswellen unterschiedlicher Frequenz. Da nun die Materie im Sterneninneren nicht weiter verdichtet werden kann, staut sich vermutlich eine Stoßwelle von innen nach außen auf, und mit Hilfe von freigewordenen Neutrinos (Elementarteilchen) wird die Sternenhülle in der 45 Vgl. Janka, Hans-Thomas u.a.: Supernovae. Entdeckungsreise mit dem Computer. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 30-41. 30 eigentlichen Supernova weggeschleudert. Dabei leuchtet der sterbende Stern ein letztes Mal so hell am Nachthimmel wie eine komplette Galaxie. Übrig bleiben dann ein Neutronenstern, selten auch ein Schwarzes Loch, und ein sich entfernender Nebel, bestehend aus allen erdenklichen schweren Elementen wie zum Beispiel Uran, die noch während des Kollapses entstanden sind. Die genauen Vorgänge während einer solchen Explosion sind aber immer noch unklar. Sie können jedoch durch Computermodelle angenähert werden. Forscher hoffen, mit den derzeitigen Detektoren von Supernovae Explosionen emittierte Gravitationswellen zu messen und durch ihre Analyse die genauen Vorgänge im Kern und bei der Entstehung eines Neutronensternes rekonstruieren zu können.46 Die Gravitationsstrahlung ist hierbei die einzige Hoffnung, weil die elektromagnetische Strahlung die Sternenhülle während des Kollapses nicht ungehindert durchdringen kann. Die Vorgänge können also nicht mittels Teleskopen beobachtet werden. Die praktische Eigenschaft von Gravitationswellen ist jedoch, dass sie Materie ohne weiteres durchdringt, so auch die Hülle des sterbenden Sternes. 3.2.2 Neutronensterne Nach einer Supernova bleibt eine eher unbedeutende, aber trotzdem plausible Quelle für registrierbare Gravitationswellen übrig - einzelne Neutronensterne. Sie rotieren gewöhnlich wegen der Erhaltung des Drehimpulses des verstorbenen Sterns sehr schnell um ihre eigene Achse.47 Bis zu eintausend mal in der Sekunde. Gleichzeitig vereinigen sie in einem Radius von rund zehn Kilometern ungefähr die Masse unserer Sonne. Zudem besitzt ein Neutronenstern ein äußerst starkes Magnetfeld, welches seine elektromagnetische Strahlung normalerweise in zwei entgegen gerichteten Seiten bündelt. Ist eine dieser Seiten auf die Erde gerichtet, scheint der Stern im Rhythmus der Bahnperiode zu blinken. Ein solcher Neutronenstern wird dann auch als Pulsar bezeichnet. Diese Eigenschaft hat aber keinerlei 46 Vgl. Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 17. 47 Vgl. Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 17-18. 31 Auswirkungen auf die Gravitation des Sternes. Auf Grund der Kompaktheit eines Neutronensternes besitzt er ein enorm starkes Gravitationsfeld, welches jedoch keinen starken Veränderungen ausgesetzt ist und somit keine messbaren Gravitationswellen aussendet. Die einzige Ausnahme wäre, wenn der Neutronenstern nicht axialsymmetrisch angeordnet ist und somit das Gravitationsfeld doch Veränderungen unterworfen ist. Im alltäglichen Gebrauch würde ein nicht axialsymmetrisches Objekt als unförmig bezeichnet werden. Es besitzt keine Achse, um welche es gespiegelt werden kann. „Sollte der Nachweis entsprechender, voraussichtlich recht schwacher Gravitationswellen in Zukunft tatsächlich gelingen, so könnten diese – ähnlich wie Erdbebenwellen das Erdinnere offenbarten – den inneren Aufbau der Neutronensterne verraten“48 Eine weitere Möglichkeit, Gravitationswellen von einzelnen Neutronensternen nachzuweisen, stellt die von den Forschern vorhergesagte und nur in den ersten Jahren nach der Geburt des Neutronensterns auftretenden spontanen Formänderungen des Sterns dar. Diese könnten ebenfalls messbare Gravitationswellen verursachen und somit den Forschern einen Blick ins Innere eines Neutronensterns gewähren. 3.2.3 Neutronensternpaare Vielversprechendere Quellen stellen im Gegensatz zu Neutronensternen Doppelsternsysteme dar, welche sich bereits mit sehr kurzer Umlaufzeit umkreisen. Da sich mehr als die Hälfte, der sich in der Michstraße befindlichen Sterne in einem Doppelsternsystem befindet und diese in der Regel, zwar nacheinander aber dennoch in einer Supernova sterben und schließlich zu Neutronensternen werden, besteht eine Chance von rund einem Prozent, dass die beiden sterbenden Stern nicht durch die Explosionen getrennt und zu einem Paar Neutronensternen werden.49 Ein solches System konnte auch bereits in 25000 Lichtjahren Entfernung nachgewiesen werden. Es trägt den Namen PSR 1913+16. In diesem wird ein Pulsar von einem zweiten, unsichtbaren Neutronenstern umkreist, welcher kleine aber 48 dennoch Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 18. 49 Vgl. Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 18-19. 32 messbare Bahnschwankungen bei dem Pulsar hervorruft. Diese Schwankungen sind die einzige Möglichkeit, um auf den zweiten Stern schließen zu können, da er keinerlei elektromagnetische Strahlung in Richtung Erde abstrahlt. Umkreist wird der Pulsar in einem Abstand von nur wenig mehr als dem Durchmesser unserer Sonne. Daraus resultiert die unglaublich geringe Umlaufzeit von nur acht Stunden. Das Gravitationsfeld, welches von den beiden Neutronensternen ausgeht, ist ständigen Änderungen im Rhythmus der Bahnperiode ausgesetzt. Dies äußert sich im Abstrahlen von Gravitationswellen, welche Hand in Hand mit einem Verlust an Gravitationsenergie geht. Dieser Verlust gleicht sich durch die Verkürzung des Abstandes beider Neutronensterne um einige Meter pro Jahr aus. Anders ausgedrückt sie kommen sich stetig näher. Zwar sind die von einem solchen Neutronensternpaar ausgesandten Gravitationswellen relativ kräftig, jedoch gibt es auf der Erde in diesem Frequenzbereich zu viele durch Erdbeben und andere Quelle hervorgerufene Störungen. Für die Detektoren, die den Forschern auf der Erde zur Verfügung stehen, befinden sich diese Gravitationswellen in einem zu niedrigen Frequenzbereich, um sie deutlich von dem Detektorrauschen unterscheiden zu können. 3.2.4 Verschmelzung zweier Neutronensterne Sobald sich der Abstand zwischen einem Neutronensternpaar, durch die Abstrahlung von Gravitationswellen weit genug verringert hat, folgt irgendwann ihre Verschmelzung zu einem Schwarzen Loch.50 Bei dem oben genannten System PSR 1913+16 tritt diese Vereinigung der beiden Neutronensterne wohl in circa 300 Millionen Jahren ein. Dies wird auf jeden Fall mit einem letzten gewaltigen Gravitationswellenimpuls einhergehen, welcher selbst mit den erdgebundenen Detektoren zu messen sein wird. Das einzige noch zu überwindende Hindernis stellt die Häufigkeit der Doppelsternsysteme in der Milchstraße dar. Diese lässt rund alle 300 000 Jahre eine Verschmelzung zweier Neutronensterne innerhalb der Milchstraße erwarten. Um diesen Zeitraum zu verkürzen, müsste die Empfindlichkeit der Detektoren deutlich gesteigert werden, um gleichzeitig 300 000 Galaxien mit 50 Vgl. Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 19-20. 33 Ähnlichkeit zur Michstraße überwachen zu können. Bei einem solchen Ereignis werden bereits kurz vor der Kollision Gravitationswellen freigesetzt, welche vergleichbar mit der einen Supernova sind. Es steht jedoch nicht fest, ob sie aufgrund der enormen Entfernung vom Detektorrauschen, hervorgerufen durch Erdbeben und Ähnlichem, zu unterscheiden sind. Mit der Verkürzung der Bahnperiode erhöht sich gleichermaßen die Frequenz, mit der die Gravitationswellen ausgesandt werden. Jedoch erreicht die Frequenz erst während der letzten Minute vor der Kollision rund 40 Hertz, was den Nachweis der Gravitationswellen mit Detektoren auf der Erde ermöglicht. Neben Gravitationswellen werden bei einer derartigen Verschmelzung auch Unmengen an elektromagnetischer Strahlung als Gammateilchen freigesetzt. Da diese auch im sichtbaren Bereich des Spektrums auftreten, können diese Daten genützt werden, um solche Kollisionen nachzuweisen und mit den Aufzeichnungen von gemessenen Gravitationswellen zu vergleichen. 3.2.5 Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher Der wohl größte mögliche Ausbruch an Gravitationswellen findet während einer Vereinigung zweier Schwarzer Löcher statt.51 Besonders massereiche Exemplare sind in den Zentren der meisten uns bekannten Galaxien zu finden, und da diese relativ häufig kollidieren, besteht auch eine Chance, dass sich zwei supermassereiche Schwarze Löcher nahe genug kommen, um nach einiger Zeit zu einem noch massereicheren zu verschmelzen. Geschieht dies, findet ein gigantischer Ausbruch an gravitativen Wellen statt, welcher in einer Entfernung von bis zu zehn Milliarden Lichtjahren hin messbar ist. Dabei finden durch die Gravitationswellen bedingte Längenänderungen von bis zu 10-17 Meter statt. Jedoch, aufgrund ihrer großen Wellenlänge sind auch diese Gravitationswellen nur vom Weltall aus nachweisbar. 51 Vgl. Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 20-21. 34 3.2.6 Nachhall vom Urknall Die letzte noch mögliche Quelle für nachweisbare Gravitationswellen sehen Forscher im Urknall.52 Dazu müssen in der anfänglichen Urmaterie Dichteschwankungen existiert haben, welche zur Bildung der ersten Galaxien geführt haben und sich mit der Expansion des Universums immer weiter ausgeweitet haben. Für die Gründe dieser Schwankungen hat jedes Modell des Urknalles seine eigene Meinung. Einige dieser Modelle erwarten durch die Dichteschwankungen hervorgerufene Gravitationswellen, welche noch heute die Raumzeit durchlaufen und genügend Stärke besitzen, um mit empfindlichen Detektoren gemessen zu werden. 3.3 Detektion von Gravitationswellen53 Nachdem die beiden Physiker Russel A. Hulse und Joseph H. Taylor 1974 das Doppelsternsystem PSR 1913+16 mit zwei einander umkreisenden Neutronensternen entdeckt und dieses über Jahre hinweg studiert und beobachtet hatten, stellten sie fest, dass sich die Umlaufzeit stetig verringerte.54 Sie schlossen daraus einen Energieverlust, welcher durch das Abstrahlen von Gravitationswellen, wie von Einstein vorhergesagt, einhergeht. Diese Beobachtungen waren der erste indirekte Beweis für die Existenz von Gravitationsstrahlung, wofür die beiden Forscher 1993 auch den Nobelpreis für Physik erhielten. Von diesem Zeitpunkt an wurden von Astrophysikern alle möglichen Quellen für Gravitationswellen durchgerechnet, mit dem Ziel, sich eine genauere Vorstellung von der Struktur der Gravitationsstrahlung machen zu können, um sich auf die Frequenz und Dauer einer solchen Welle einstellen zu können. Heutzutage werden die Gravitationswellen in einem Frequenzbereich zwischen einigen Hertz bis zu einigen Kilohertz erwartet. Jedoch soll laut Berechnungen das Vorbeiziehen einer Gravitationswelle nur ein Tausendstel einer Sekunde andauern. Aufgrund dieser Erkenntnisse 52 Vgl. Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 21. 53 Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 22-29. 54 Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 24. 35 erschien es nach dem indirekten Nachweise lange nicht möglich, Gravitationswellen auch direkt, mittels Messung, nachweisen zu können. Theoretische Überlegungen zu künstlich im Labor erzeugten Gravitationswellen wurden schnell wieder verworfen. Überlegungen eine Eisenstange mit 100 Metern Länge und einer Masse von 1000 Tonnen mit drei Umdrehungen pro Sekunde rotieren zu lassen wurden getätigt.55 Berechnungen zufolge erzeugt dieser Versuchsaufbau eine Gravitationsstrahlung mit einer Leistung von gerade einmal 10-26 Watt. Dabei würden im Abstand von 100 000 Kilometer vom Ursprung der sich weiter ausbreitenden Gravitationswelle nur Längenänderungen von 10-40 enstehen. Diese winzig kleinen Veränderungen können von keinem Ergebnis Gravitationswellen-detektor dieser Überlegungen: gemessen Messbare werde. Wellen können Wichtigstes nur von astronomischen Objekten erzeugt werden, und zu ihrer Messung braucht man spezielle Apparaturen. Erst der amerikanischer Forscher Joseph Weber stellte sich in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts dieser Aufgabe.56 Dazu ersann er eine Gravitationswellenantenne, deren Empfänger aus einem Aluminiumzylinder mit 1,5 Tonnen Gewicht bestand. Der Gedanke dahinter war, dass eine durchlaufende Gravitationswelle die Länge des Zylinders verändern und ihn dadurch in Schwingung setzen würde. Diese sollten dann mittels hochempfindlichen Verstärkern gemessen werden. Um lokale Bodenerschütterungen wie Bauarbeiten, Erdbeben oder vorbeifahrende Autos ausschließen zu können, ließ Weber eine zweite Gravitationswellenantenne in einigen tausend Kilometern Entfernung errichten. Bereits 1969 veröffentlichte er erste Ergebnisse, in welchen beinahe tägliche heftige Signale aus dem Zentrum unserer Galaxie verzeichnet waren. Jedoch konnten diese Signale von keinem weiteren Forschungsteam nachgewiesen werden. Im Nachhinein betrachtet waren die damaligen Techniken einerseits noch nicht ausgereift und präzise genug, um solche Schwingungen tatsächlich messen zu können, andererseits mussten die verzeichneten Signale wohl durch 55 Vgl. Nollert, Hans-Peter u.a.: Physik der Gravitationswellen. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 45. 56 Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 25. 36 die Auswertungsmethoden vorgetäuscht worden sein.57 Nach den Misserfolgen erkannte man 1970, dass für den Nachweis von Gravitationsstrahlung nur eine präzise Längenmessung nötig ist, da beim Durchlauf einer Gravitationswelle der Raum gestaucht wird. Könnte eine solche Stauchung gemessen werden, hielte man den direkten Beweis für die Existenz von gravitativen Wellen in der Hand. Für eine derartig genaue Längenmessung eignet sich das Michelsons Interferometer, mit dem der gleichnamiger Physiker in den 1980er Jahren bereits die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit nachwies und den experimentellen Beweis für die Richtigkeit der Speziellen Relativitätstheorie erbrachte. 3.3.1 Moderne Messmethoden Bei einem solchen Michelsons Interferometer wird ein Lichtstrahl, welcher der Quelle Q entspringt, bei einer halbdurchlässigen Platte oder einem halbdurchlässigen Spiegel in zwei, senkrecht zueinander stehende, Teilstrahlen gleicher Stärke geteilt.58 Diese beiden Teilstrahlen laufen dann in zwei gleichlangen Röhren bis zu den Spiegeln S1 und S2, an welchen sie reflektiert werden und zur Platte P zurücklaufen. An dieser werden beide Teilstrahlen wieder gemeinsam in eine Röhre geführt und laufen dann in das Beobachtungsfernrohr F. In diesem interferieren sie. Darunter versteht man das Verstärken VerAbbildung 5 oder das Aus- löschen der Wellen. Schematischer Aufbau eines Michelsons Interferometer 57 Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 25. 58 Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 187. 37 Treffen dabei jeweils die Wellenberge und die Wellentäler aufeinander, weil die beiden Lichtstrahlen im Gleichtakt schwingen, so verstärken sich die beiden Teilstrahlen gegenseitig – es kann ein Signal gemessen werden. Jedoch wird die Apparatur so eingestellt, dass jeweils ein Wellenberg auf ein Wellental trifft, damit sich die die zwei Strahlen gegenseitig auslöschen und kein Signal gemessen werden kann. Sie werden in den Gegentakt gebracht. So weit der prinzipielle Versuchsaufbau. In der Gravitationswellenforschung wird ein Michelsons Interferometer in der Regel zur exakten Längenmessung eingesetzt.59 Auf Grund der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit wird, solange keine Kontraktion des Raumes, auf dem eine der beiden Röhren sich befindet, eintritt, nie ein Signal im Beobachtungsfernrohr gemessen werden können. Die beiden Lichtstrahlen werden sich immer gegenseitig auslöschen. Sobald eine Gravitationswelle eine der beiden Röhren senkrecht durchquert, findet eine räumliche Kontraktion statt. Einer der Teilstrahlen hat nun einen minimal kürzeren oder längeren Weg als sein Partner, da er den gestauchten oder gestreckten Raum durchqueren muss. Dadurch geraten sie aus dem Gegentakt und löschen sich beim Interferieren nicht mehr vollständig aus. Am Ende des Beobachtungsfernrohres sind periodische Veränderungen des Signals messbar, welche Informationen über die Gravitationswelle enthalten. Um diese minimalen Längenänderungen mittels eines Michelsons Interferometer feststellen zu können, müssen die beiden Lichtarme einige hundert Meter bis zu einigen Kilometern lang sein, denn je länger ein Arm, desto stärker ist er den Längenänderungen ausgesetzt. Dies geht mit einer gewaltigen Erhöhung der Sensibilität einher.60 So müssen aber ungewünschte Störquellen möglichst effektiv unterbunden werden. Dazu zählen neben vibrierenden Arbeitsmaschinen in der Nähe auch passierende Fahrzeuge wie Autos oder Züge. Auch die Wasserwellen, erzeugt durch das periodische auf und ab der ans Ufer stoßende Wellen vom nächst gelegenen Meer, verursachen Störungen, welche vermieden werden sollten, da sie als lautes Rauschen die viel schwächeren Signale von Gravitationswellen überdecken würden. Im modernsten dieser Detektoren mit dem Namen 59 Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 25. 60 Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 369. 38 GEO 600 wurden dazu verschiedene Komponenten eingesetzt, um Störquellen so gut wie möglich zu absorbieren.61 Einerseits messen sogenannte Geophone die Schwingungen des Erdbodens, um diese dann weiterzuleiten und ihnen gegenzusteuern beziehungsweise sie zu kompensieren. Andererseits versucht man mittels mehrerer Schichten aus Metall, Gummi und Blattfedern die Schwingungen weitestgehend zu dämpfen. Unterstützt wird das ganze Vorhaben noch durch unzählige vertikale Pendel um die Störungen auszugleichen. Neben den oben genannten ungewünschten Schwingungen zählen auch Luftdichteschwankungen zu den Störquellen. Um diese Störungen zu verringern, befinden sich alle optischen Komponenten wie zum Beispiel die Spiegel in großen Vakuumbehältern. In den beiden Stahlröhren herrscht ebenfalls ein Vakuum, welches dem im Weltall um nichts nachsteht. Um diesen Anforderungen nachkommen zu können, sind spezielle Vakuumpumpen und Reinigungstechniken nötig, welche ihrerseits wieder Vibrationen verursachen, welche vermieden werden wollen. Auch die Wärmebewegung der Atome innerhalb der optischen Aufbauten kann falsche Signale vortäuschen. Diese Fehlerquelle, welche nicht abschirmbar ist, da sie sich innerhalb des Systems befindet, versucht man mittels Materialwahl möglichst klein zu halten. Außerdem kann man durch die Form der Komponenten die Störquellen direkt beeinflussen und sie somit in einen bestimmten Frequenzbereich verschieben, wo sie leichter erkannt werden können. Andere Möglichkeiten diese Quellen zu vermeiden, zum Beispiel Abkühlen der Komponenten durch flüssiges Helium, sind wegen der hohen Kosten und Aufwand nicht mehr vertretbar. Um auch keine durch den Laser hervorgerufenen Störungen verzeichnen zu müssen, muss besonders die Lichtquelle wie auch die Art des Lasers hohen Anforderungen genügen. Es dürfen keinerlei Abweichungen bei der Amplitude sowie der Frequenz des Lasers auftreten.62 Er muss über Monate hinweg im Dauereinsatz laufen, ohne 61 Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 27-28. 62 Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 28. 39 auch nur eine minimale Abweichung zu verzeichnen. Dazu wurde ein spezieller Laser entwickelt. Anfangs wird das Licht von mehreren Diodenlasern mittels eines kleinen Kristalls zu einem ein Watt starken infraroten Laserstrahl gewandelt.63 Nach einer Verstärkung zu zehn Watt muss der Laser noch gefiltert werden um etwaige Nebenfrequenzen bestmöglich zu verhindern und um eine klare, geometrisch einwandfreie Struktur zu erhalten. Übrigbleibt ein fünf Watt starker Laserstrahl. Optimal wären Ausgangsleistungen von einer Million Watt. Dies ist aber derzeit technisch nicht umsetzbar. Jedoch wird mittels erneuter Zuführung der Lichtenergie der bereits interferierten Laserteilstrahlen, zu dem gerade austretenden Strahl dessen Leistung beständig erhöht. Dies ist möglich, da bei der Interferenz die Energie der Laserstrahlen keineswegs ausgelöscht sondern nur umverteilt wird. Dann wird das Licht wieder durch die Röhren geschickt. Durch die ständige Wiederholung dieses Vorganges beträgt die endgültige Ausgangsleistung des Lasers einige tausende Watt. Ein ähnliches Recyclingverfahren kann auch bei auftretenden Signalen eingesetzt werden, jedoch nur, wenn sie beständig sind.64 Damit sind zum Beispiel Gravitationswellen von zwei einander umkreisenden Neutronensternen gemeint, welche ständig eintreffen. Kann von einer solchen Welle erstmals ein Signal verzeichnet werden, erscheint am Detektor selbst ein schwacher Lichtimpuls. Dieser kann durch wiederholte Reflektion zwischen Spiegeln ebenfalls verstärkt werden, indem ständig neue Signale hinzugefügt werden. Das Recyceln von Lichtstrahlen und Signalen wird jedoch zurzeit nur bei dem Detektor GEO 600 betrieben. 63 Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 28. 64 Vgl. Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 28. 40 3.3.2 Derzeitige Projekte Weltweit waren 2003 mehrere Detektoren in den verschiedensten Ländern im Testbetrieb oder bereits vollständig in Betrieb. In den Vereinigten Staaten von Amerika sind drei Detektoren, vereinigt durch das LIGO-Projekt, im Einsatz.65 Deren Armlängen betragen zwei Kilometer und zwei mal vier Kilometer. Der bereits erwähnte GEO 600 befindet sich in Deutschland - genauer gesagt bei Hannover. Dieser Detektor mit einer Armlänge von lediglich 600 Metern wird von Forschern aus Deutschland sowie auch aus England betrieben. Der kürzeste Gravitationswellenempfänger, mit einer effektiven Armlänge von nur 300 Metern, wurde in Japan errichtet. Jedoch konnten in dem TAMA 300 getauften Detektor schon 1999 erste Messungen gestartet werden. Ein letzter Detektor wurde unter dem Namen VIRGO in der näheren Umgebung von Pisa konstruiert. Dieser besitzt eine Armlänge von drei Kilometern. Bei diesen genannten Detektoren sagt die Armlänge keinesfalls zwingend etwas über ihre Sensibilität aus. Der effektive Weg des Lichts ist aber um einiges länger, da hier die Lichtstrahlen einige hundert bis tausend Mal hin- und zurück reflektiert werden bevor sie interferieren. Alle diese Detektoren haben die Testphasen hinter sich und sind bereits im vollen Einsatz, allerdings konnten bislang noch keine Gravitationswellen nachgewiesen werden. Die gesammelten Daten helfen jedoch sich einen Eindruck von der Häufigkeit von Gravitationswellen emittierenden kosmischen Ereignissen zu machen. Ein sehr ehrgeiziges Projekt haben die NASA und die ESA, die amerikanische und europäische Weltraumbehörden, entwickelt.66 In Kooperation wollten sie im Jahr 2013 eine gemeinsame Mission, die LISA-Mission, durchführen. Dabei handelt es sich um einen Gravitationswellen-detektor, welcher sich stationär im Weltraum befindet. Der Name LISA steht hierbei für Laser Interferometer Space Antenna. Das Projekt wurde jedoch aufgrund von Budgetkürzungen seitens der NASA aufgegeben. Da die enormen Kosten das Budget der ESA ebenfalls überstiegen hätten, wurde LISA schließlich endgültig auf Eis gelegt. Die Idee hinter dem Projekt ist aber genial. Es wären drei identische Satelliten in die Bahn, in welcher die Erde die Sonne umkreist, geschossen worden. 65 66 Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 370. Vgl. Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins S. 371-372. 41 Diese hätten sich dann zu einem gleichseitigen Dreieck geformt und wären 20 Grad hinter der Erde um die Sonne gekreist.67 Einer der Vorteil, die Erdbahn zu nützen, wäre in diesem Fall gewesen, dass die Erde als eine Art Staubsauger fungiert hätte und die meisten frei umherfliegenden Gesteinsreste oder die Reste vergangener Missionen in der Atmosphäre verglüht wären. So gibt es hinter der Erde ein ideales Vakuum, um ein Interferometer zu betreiben. Des Weiteren steht im Weltraum genügend Platz zur Verfügung, um eine genügend lange Armlänge zu erreichen. Im Fall der LISA-Mission hätten die drei Satelliten ein Dreieck mit einer Seitenlänge von fünf Millionen Kilometer geformt. Je ein Satellit mit den zwei angrenzenden Scheiteln des Dreiecks hätte miteinander ein Interferometer gebildet. Die Endpunkte der Arme hätten in jedem Satelliten eine frei schwebende Testmasse repräsentiert. Aufgrund der enormen Länge einer einzelnen Strecke wäre der Intensitätsverlust selbst für einen Laser einfach zu groß gewesen, um diesen nach dem Eintreffen an der Testmasse noch einmal zu dem zurück ursprünglichen Satelliten zu reflektieren. Dieses Problem umgehend, sollte jeder Satellit, getrennt von den andern, Laserstrahlen aus-senden, welche jeweils die gleiche Phase wie die gerade Eintreffenden hätten. Abbildung 6 Schematische Darstellung der drei LISA Satelliten, mit den hin- und herlaufenden Laserstrahlen, symbolisiert durch die dünnen Linien.68 67 Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 28-29. 68 Abb. 6. Quelle: Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 371. 42 Einer der größten Vorteile des Weltraums als Standort eines Interferometers, wurde vorher bereits kurz angeschnitten. Es ist der fast unbegrenzte Platz, der im All verfügbar ist. Warum aber wird ein Gravitationswellendetektor mit einer Armlänge von fünf Millionen Kilometern benötigt? „Durch die große Länge des Lichtweges ist LISA besonders dazu geeignet, sehr langsam schwingende Gravitationswellen mit Frequenzen von einer Schwingung pro Sekunde bis zu einer zehntausendstel Schwingung pro Sekunde zu beobachten. Deren Nachweis ist für Detektoren auf der Erde praktisch unmöglich, da die unvermeidbaren seismischen Erschütterungen der Erdoberfläche, […] in eben diesen Frequenzbereich fallen.“69 Mit den erdgebundenen Detektoren sind keinerlei Beobachtungen unter zehn Hertz möglich. Dazu kann einerseits die benötigte Armlänge nicht erreicht werden, andererseits fallen in diesen Bereich zu viele seismische Aktivitäten der Erdkruste. Da aber unter dieser 10 Hertz-Grenze einige spektakuläre Quellen Gravitationswellen ausstrahlen, entstand die Idee zur LISA-Mission.70 Gerade weil die Lichtstrecken von LISA so enorm wären, wäre dieses Interferometer auch millionenfach empfindlicher als erdgebundene. Es hätten vermehrt Gravitationswellen mit sehr schwacher Frequenz gemessen werden können. Zu Quellen, welche Gravitationsstrahlung mit niedriger Frequenz erzeugen, zählen unter anderem superschwere Schwarze Löcher, welche die Masse unserer Sonne um das millionenfache übersteigen. Solch ein massereiches Schwarze Loch sendet aber nur Gravitationswellen aus, die sich im Millihertzbereich befinden. Eine Welle mit einer derartigen Frequenz hat eine Wellenlänge von bis zu einigen Millionen Kilometern. Aber auch Doppelsternsysteme, welche kein Schwarzes Loch oder einen Neutronenstern beheimaten, können Gravitationswellen, die in diesen niedrigen Frequenzbereich fallen, hervorrufen. Ein positiver Effekt an diesen Systemen ist, dass diese auch mit Teleskopen beobachtet werden können, da es sich bei den Himmelskörpern um „herkömmliche“ leuchtende Sterne handelt. Die dadurch gewonnenen Daten können später dann mit etwaiger gemessener Gravitationsstrahlung verglichen werden. Man hat sich auch Hoffnungen gemacht, die nach dem Urknall möglicherweise entstandene Gravitationswellenhintergrundstrahlung zu messen. 69 Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 371-372. Vgl. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 28. 70 43 Als das Projekt LISA schlussendlich von der NASA aufgegeben wurde, versuchte die ESA das Projekt alleine zu verwirklichen. Dies gelang nicht, aber es wurde ein Nachfolgeprojekt entwickelt, welches den Namen eLISA trägt. Aus Kostengründen wurde die Armlänge des gleichseitigen Dreiecks von fünf auf nur eine Million Kilometer verkürzt, und die drei Raumsonden werden sich nicht mehr stationär auf der Erdbahn bewegen. Um Treibstoff zu sparen werden die Satelliten sozusagen von der Erde weggedriftet. Sie werden also nicht mehr in eine fixe Umlaufbahn gebracht. Diese Methode ermöglicht aber nur einen rund sechsjährigen Gebrauch des Interferometers. Der Starttermin ist für das Jahr 2034 vorgesehen, jedoch soll bereits 2015 eine zwölfmonatige Pathfinder-Mission die in den Satelliten verbaute Technik testen. 44 4 Conclusion Die Fachbereichsarbeit „Gravitation und ihre Wellen: Entstehung, Detektion und Auswirkungen“ befasst sich, wie der Titel bereits verrät, mit der Gravitation. Jene Kraft, die für alle makroskopischen Vorgänge in unserem Universum verantwortlich ist. Dabei wird die Vorstellung, worum es sich bei der Gravitation von Newtons Gravitationsgesetz über die Spezielle- bis hin zur Allgemeinen Relativitätstheorie beschrieben. Ein besonderes Augenmerk befindet sich auf den Gravitationswellen, deren Nachweis bis dato noch nicht geglückt ist. Jedoch zeigt dieses Beispiel, wie aktuell die Relativitätstheorie auch heute noch ist, denn von ihr werden die gravitativen Wellen vorhergesagt. Zwar lässt sich eine solche Arbeit nur sehr theoretisch durchführen, da Experimente, Beobachtungen oder Studien aufgrund der hohen Komplexität kaum mit einfachen Mitteln umsetzbar sind. Aber die Tragweite, welche ein direkter Nachweis von Gravitationswellen mit sich bringt, lässt sich durchaus darlegen. Diese hätte zwar keinen oder nur geringen Einfluss auf die allgemeine Bevölkerung, dennoch brächte sie für die Forschung ungemeine Fortschritte. Es ist nicht abwegig, dass durch die möglichen gewonnenen Erkenntnisse große Fortschritte in einigen Fachgebieten der Forschung denkbar sind. Diese Arbeit soll einen verständlichen Einblick geben, womit sich die Physik heutzutage auseinandersetzt und mit welchen Problemen sie zu kämpfen hat. Persönlich hoffe ich, dass ich selbst nach meinen Studium meinen Beitrag zur Gravitationswellenforschung leisten kann, wenn bis dahin noch kein Durchbruch gelungen ist. 45 5 Nachwort Es bleibt zu hoffen, dass die Messung der Gravitationswellen bisher nur an der Präzession der gebauten Interferometer scheitert und dass ihre Existenz kein Irrtum ist. Würden die Messversuche ein Nullergebnis hervorbringen, würde dieses sicherlich mit dem Michelson-Morley Experiment über den Lichtäther in die Geschichte eingehen. Genau wie damals müsste sich die Physik dann eingestehen, dass sie sich in einer Sackgasse befindet, und es wäre erneut eine brillante Persönlichkeit wie Albert Einstein von Nöten, um die damit verbundenen Probleme zu lösen. Glücklicherweise gilt die Relativitätstheorie einerseits als eine der bestbewiesenen Theorien innerhalb der Physik und andererseits wurden die Gravitationswellen bereits indirekt bewiesen. Deshalb ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Nachweis der gravitativen Wellen glückt. Sobald dies geschieht, gibt es sicherlich viele neue Fragen aber auch Antworten auf bereits bekannte Fragen. 46 6 Literaturverzeichnis 1. Nollert, Hans-Peter u.a.: Physik der Gravitationswellen. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 42-46. 2. Schutz, Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 12-21. 3. Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. 4. Aufmuth, Peter und Danzmann, Karsten. Mikrophone für das Konzert des Kosmos. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 22-29. 5. Ulf, B. (2005). Einsteins Allgemeine Theorie der Relativität. Sterne und Weltraum, S. 59-65 47 7 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Quelle: [http://www.abi-physik.de/buch/astronomie/newtonschesgravitationsgesetz/]........................................................................................................... 8 Abbildung 2: Quelle: [http://homepage.univie.ac.at/franz.embacher/SRT/Zeitdilatation.html] . ......................... 15 Abbildung 3: Quelle: Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 308. ........................ 20 Abbildung 4: Quelle: Bernard Frederick. Beben der Raumzeit. In: Sterne und Weltraum. Special 6. Heidelberg 2005. S. 16. ..................................................................................... 28 Abbildung 5: Quelle: Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 187. ........................ 37 Abbildung 6: Quelle: Abb. 6. Quelle: Born, Max: Die Relativitätstheorie Einsteins. S. 371. . 42 48