Mündliche Prüfung Pharmakologie Bearbeitet von Gerd Luippold 1. Auflage 2010. Taschenbuch. 224 S. Paperback ISBN 978 3 13 144821 7 Format (B x L): 170 x 240 cm Weitere Fachgebiete > Medizin > Sonstige Medizinische Fachgebiete > Pharmakologie, Toxikologie Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte. 96 6 Therapie von Schilddrüsenerkrankungen 6.3 Hyperthyreose è Welche Thyreostatika kennen Sie und an welcher Stelle greifen diese in den Schilddrüsenhormonstoffwechsel ein? Eine mit dem Thionamid Carbimazol behandelte Patientin klagt über plötzlich aufgetretene starke Halsschmerzen. Woran müssen Sie denken? Thyreostatika greifen auf unterschiedlichen Ebenen in den Schilddrüsenstoffwechsel ein: " Perchlorate und Jodid in hoher Dosierung hemmen den Jodidtransport in die Schilddrüse. Sie werden daher als Jodinationshemmer bezeichnet. " Thionamide, wie z.B. Thiamazol, Carbimazol oder Propylthiouracil hemmen die Synthese der Schilddrüsenhormone T3 und T4. Die Substanzen blockieren das Enzym Peroxidase, das für die Oxidation von Jodid zu Jod und den Einbau von Jod in die Tyrosinreste zuständig ist. Sie werden auch als Jodisationshemmer bezeichnet. Propylthiouracil hemmt zusätzlich die Konversion von T4 zu T3 in der Peripherie. " Hochdosiertes Jodid und Lithium hemmen die proteolytische Abspaltung der Schilddrüsenhormone aus Thyreoglobulin und damit die Hormonfreisetzung. In dem beschriebenen Fall muss man an eine durch Carbimazol verursachte Agranulozytose denken. Sie ist zwar selten, muss aber durch Laboruntersuchung ausgeschlossen werden. Sie tritt typischerweise in den ersten Wochen der Thionamid-Therapie auf und äußert sich durch Fieber, Halsschmerzen und Rachenentzündung. Als Vorsichtsmaßnahme sollten die Patienten angewiesen werden, bei Auftreten dieser Symptome die Therapie zu beenden und einen Arzt aufzusuchen. è Eine hyperthyreote Patientin soll behandelt werden. Welche Thyreostatika sind Mittel der 1. Wahl? Mittel der 1. Wahl sind Thionamide wie Propylthiouracil, Thiamazol und Carbimazol. Propylthiouracil wird teilweise bevorzugt, da es in der Peripherie zusätzlich die Konversion von T4 zu T3 hemmt. Warum ist bei einer thyreostatischen Therapie mit Thionamiden mit einer Wirklatenz von einigen Tagen zu rechnen? è Die Wirklatenz von ca. 2–3 Wochen ergibt sich daraus, dass Thinamide zwar die Hormonsynthese inhibieren, nicht jedoch die Freisetzung bereits gebildeter Schilddrüsenhormone. è Welches Thionamid wird bei schwangeren oder stillenden Patientinnen bevorzugt eingesetzt? Schwangere und stillende Patientinnen sollte mit Propylthiouracil therapiert werden, da dieser Wirkstoff im Vergleich zu den anderen Thionamiden weniger gut die Plazentarschranke passiert bzw. in die Muttermilch übertritt. è Welche Begleittherapien sind bei Patienten mit Hyperthyreose indiziert? Thyreostatika sind strumigen, da es durch Suppression der Schilddrüsenhormonsynthese zu einem Anstieg des TSHWertes kommt. Ist im Rahmen der thyreostatischen Therapie eine Euthyreose erreicht, können Schilddrüsenhormone zur Strumaprophylaxe eingesetzt werden. Bei Patienten mit Hypertonie oder Tachykardie können begleitend Betablocker verabreicht werden. è è Mit welchen unerwünschten Wirkungen müssen Sie bei einer Thionamid-Therapie rechnen? Die Thionamid-Therapie wird normalerweise gut vertragen. Außer einer Agranulozytose treten gelegentlich Hautausschläge, Arthralgien, Myalgien, Neuritiden, Hepatiden, Ödeme, Lupus-ähnliche Symptome und Psychosen auf. Warum wird bei der Behandlung des Morbus Basedow oft eine Kombination von Thionamiden mit Schilddrüsenhormonen bevorzugt? è Der Morbus Basedow ist eine autoimmune Erkrankung der Schilddrüse und die häufigste Form der Hyperthyreose. Zunächst wird eine Therapie mit Thyreostatika eingeleitet. Nach Normalisierung der Schilddrüsenfunktion werden Schilddrüsenhormone zukombiniert. Durch Kombination der Thyreostatika mit Schilddrüsenhormonen wird die Rezidivrate reduziert und das Risiko für eine medikamentös induzierte Hypothyreose gesenkt. è Wie lange sollte eine Thyreostatika-Therapie durchgeführt werden? Bei Patienten mit Schilddrüsenautonomie sollte eine thyreostatische Therapie bis zum Erreichen der Euthyreose durchgeführt werden. Anschließend werden diese Patienten einer definitiven Therapie in Form einer Radiojodtherapie oder Operation zugeführt, da das Rezidivrisiko nach Absetzten der Medikamente sehr hoch ist. Patienten mit immunogener Hyperthyreose werden etwa 1 Jahr lang thyreostatisch behandelt. Anschließend wird ein Auslassversuch unternommen und die Basedow-spezifischen Antikörper bestimmt. Bei einem anhaltend hohen Antikörperspiegel werden auch diese Patienten durch Operation oder Radiojodtherapie definitiv saniert. aus: Luippold, Mündliche Prüfung – Pharmakologie (ISBN 9783131448217) f 2010 Georg Thieme Verlag KG 6.3 Hyperthyreose Nennen Sie 2 nichtmedikamentöse Maßnahmen der Hyperthyreose-Behandlung und ihre jeweiligen Indikationen! è Nichtmedikamentöse Maßnahmen zur Hyperthyreosebehandlung sind die Radiojodtherapie und die Operation: " Die Radiojodtherapie ist indiziert bei Hyperthyreose-Rezidiv, bei Kontraindikationen gegen eine Operation, wie z.B. ein stark reduzierter Allgemeinzustand, oder bei Unverträglichkeit von Thyreostatika. " Eine Operation ist bei großen Strumata, Kontraindikationen gegen eine Radiojodtherapie, wie z.B. Schwangerschaft oder Kinder, oder bei malignomverdächtigem Befund indiziert. Welche 2 im Krankenhausalltag verwendete Substanzen können eine jodinduzierte Hyperthyreose hervorrufen? Welche Patienten sind hiervon betroffen? è Patienten mit supprimierten TSH-Werten, z.B. im Rahmen einer latenten Hyperthyreose oder Strumata mit Autonomie, können bei Aufnahme einer großer Menge an Jodäquivalenten eine jodinduzierte Hyperthyreose entwickeln. Infobox 6.2 Jodäquivalente sind v.a. in jodhaltigen Röntgenkontrastmitteln und dem Klasse-III-Antiarrhythmikum Amiodaron enthalten. Bei einer Patientin mit erniedrigtem TSH-Wert soll eine Untersuchung mit jodhaltigen Kontrastmitteln durchgeführt werden. Welche Maßnahmen müssen Sie in diesem Fall vor Durchführung der Untersuchung treffen? è Grundsätzlich gilt: Untersuchungen mit jodhaltigen Kontrastmitteln sollten bei Patienten mit erhöhtem Risiko für die Entwicklung einer jodinduzierten Hyperthyreose nur bei dringender Indikation durchgeführt werden. Ist diese gegeben, müssen die Patienten durch eine Schilddrüsenblockade vorbehandelt werden. Zur kurzfristigen Blockade der Schilddrüse erhalten die Patienten 2–4 Stunden vor und nach der Untersuchung 40 Tropfen Perchlorat. Die Perchloratgabe wird für weitere 2 Wochen mit 40 Tropfen pro Tag fortgeführt. Bei klinischem Verdacht oder laborchemisch nachgewiesener Hyperthyreose wird zusätzlich für 2 Wochen Thiamazol 10 mg/d verabreicht. Therapie der Hyperthyreose (Thyreostatika) Die Therapie der Hyperthyreose umfasst mehrere Angriffspunkte: " Perchlorate und Jodidionen in hoher Dosierung hemmen die Jodidaufnahme in die Schilddrüse (Jodination). " Thionamide hemmen die Oxidation von Jodid zu Jod (Jodisation) und den Einbau von Jod in Tyrosinreste. " Propylthiouracil ist ein Thionamid, das zusätzlich zur Jodisation die Konversion von T4 zu T3 in der Peripherie inhibiert. " Jodidionen hemmen in hoher Konzentration außerdem die Abspaltung von Schilddrüsenhormonen aus dem Bindungsprotein Thyreoglobulin (Abb. 6.1). Thionamide: Sie sind Abkömmlinge des Thioharnstoffs und Mittel der 1. Wahl zur Behandlung der Hyperthyreose. Gebräuchlich sind Carbimazol, sein aktiver Metabolit Thiamazol und Propylthiouracil. Pharmakokinetik: Thionamide werden nach oraler Einnahme rasch und vollständig resorbiert. Die Wirkstoffe Tabelle 6.2 97 passieren die Plazentarschranke und gelangen in die Muttermilch (Propylthiouracil weniger). Durch Anreicherung in der Schilddrüse ist eine 1-mal tägliche Gabe für Carbimazol und Thiamazol ausreichend. Propylthiouracil muss aufgrund seiner kurzen Halbwertszeit in mehreren Tagesdosen gegeben werden. Indikationen: Morbus Basedow, funktionelle Schilddrüsenautonomie (als vorbereitende Maßnahme bis zur definitiven Operation oder Radiojodtherapie) und thyreotoxische Krise. Bei der jodinduzierten Hyperthyreose werden Thionamide in Verbindung mit Perchlorat gegeben. Unerwünschte Wirkungen: Erytheme, Urtikaria, selten Agranulozytose. Interaktionen: Die gleichzeitige Gabe von Jodid kann die Wirkung der Thionamide abschwächen. Kontraindikationen: Thionamide dürfen nicht bei bekannter allergischer Reaktion und bei Leuko- oder Thrombozytopenie eingesetzt werden. Dosierungen und Pharmakokinetik der Thionamide. Wirkstoff Initialdosis (mg/d) Erhaltungsdosis (mg/d) Eliminationshalbwertszeit (h) Thiamazol 10–30 2,5–10 6–8 Carbimazol 15–45 5–15 6–8 (Metabolit Thiamazol) Propylthiouracil 150–450 50–200 1,5–2 è aus: Luippold, Mündliche Prüfung – Pharmakologie (ISBN 9783131448217) f 2010 Georg Thieme Verlag KG