1 KOORDINATENSYSTEME – Geodätische Grundlagen – Vorlesung für Master Geoinformation Wilfried Korth Stand: 9. Oktober 2009 Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) INHALTSVERZEICHNIS 2 Inhaltsverzeichnis 1 BEGRIFFSBESTIMMUNGEN 5 2 GRUNDLEGENDE KOORDINATENSYSTEME 6 2.1 Kartesisches 3D-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.2 Polares 3D-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.3 Ellipsoidisches Koordinatensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.4 Verschiedene Breiten und Längen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.5 Beispiele für Koordinatenumformungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 3 GRUNDBEZIEHUNGEN FÜR DAS ROTATIONSELLIPSOID 7 3.1 Geometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 3.2 Hilfsgrößen und Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3.3 Krümmungsverhältnisse auf dem Rotationsellipsoid . . . . . . . . . . . . 9 3.4 Koordinatenrechnung für einen Punkt P . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 4 MERIDIAN- UND PARALLELKREISBÖGEN 11 4.1 Meridianbogenlänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 4.2 Parallelkreisbogenstück . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 5 GEODÄTISCHE LINIE 5.1 13 Gleichung der geodätischen Linie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 6 OBERFLÄCHENKOORDINATENSYSTEME 15 6.1 Ellipsoidische Polarkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 6.2 Rechtwinklige ellipsoidische Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 7 GAUSS-KRÜGER-ABBILDUNG 17 7.1 Geometrische Veranschaulichung der GKK . . . . . . . . . . . . . . . . 17 7.2 Allgemeine Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 7.3 Theorie der konformen Abbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 7.4 Konforme Abbildung für das Ellipsoid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 7.4.1 Einführung isometrischer Koordinaten für das Ellipsoid . . . . . . 20 Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) INHALTSVERZEICHNIS 7.5 7.6 3 7.4.2 Berechnung von GK-Koordinaten aus B & L . . . . . . . . . . . 21 7.4.3 Umkehrung: Berechnung von B & L aus GK-Koordinaten . . . . 21 Reduktionsgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 7.5.1 Meridiankonvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 7.5.2 Vergrößerungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 7.5.3 Reduktion von Strecken Richtungen und Flächen . . . . . . . . . 23 Streifentransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 8 ÜBERBLICK ÜBER WEITERE ABBILDUNGEN 25 8.1 Mercatorabbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 8.2 Transversale Mercatorabbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 8.3 Schräge Mercatorabbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 8.4 Lambertsche Kegelabbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 8.5 Azimutale Projektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 8.6 Parameter einiger Rotationsellipsoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 9 DATUMSTRANSFORMATIONEN 9.1 9.2 9.3 Allgemeines 29 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 9.1.1 Beispiele für Koordinatenumformungen . . . . . . . . . . . . . . 29 9.1.2 Koordinatentransformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Helmerttransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 9.2.1 Systematisierung von Transformationen (2D) . . . . . . . . . . . 30 9.2.2 Transformationsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 9.2.3 Möglichkeiten der Parametriesierung verschiedener 2-DTransformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 9.2.4 Parametrisierung und Ausgleichungsmodell für die 3-DTransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 9.2.5 Genauigkeitsbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 9.2.6 Zuverlässigkeitsbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 9.2.7 Interpretation der Transformationsergebnisse . . . . . . . . . . . 35 Regeln“ für die praktische Nutzung von Transformationen . . . . . . . . 36 ” Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) INHALTSVERZEICHNIS 4 EINFÜHRUNG • Informationen in geodätischen, kartographischen Produkten liegen normalerweise georeferenziert vor. oder GIS- • Georeferenzierung bedeutet, daß einzelnen Punkten Koordinaten zugewiesen sind bzw. werden können. • Das Referenz bzw. Bezugssystem kann sich dabei für einzelne Produkte erheblich unterscheiden: – globale Bezugssysteme, die mit Satellitenverfahren (z.B. GPS) realisiert werden können WGS 84, GRS 80, ITRF, . . . – regionale Referenzsysteme für einzelne Länder (oder Erdteile) DHDN (Deutsches Hauptdreiecksnetz), System 42/83 (früher Osteuropa), . . . • Es können verschiedenste Koordinatansysteme (Abbildungsvorschriften) verwendet werden • Zu jeder Koordinatenangabe ist daher auch die Kenntnis von Referenzsystem und Koordinatensystem notwendig. • Auf Karten der deutschen Landesvermessung sind z.B. derartige Angaben in der Legende enthalten. Der nachfolgende Stoff soll einerseits den richtigen Umgang mit Koordinaten und Referenzsystemen ermöglichen, andererseits sollen die wichtigsten Grundlagen der ellipsoidischen Geodäsie, soweit sie für die Nutzung in Kartographie und GIS Bedeutung haben, behandelt werden. Es werden Grundlagen zu verschiedenen Abbildungen des Ellipsoids in die Ebene (Gauß-Krüger-Koordinaten, UTM) und zu Umformungen zwischen verschiedenen Koordinatensystemen sowie Transformationen zwischen Bezugssystemen dargestellt. Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 1 BEGRIFFSBESTIMMUNGEN 1 5 BEGRIFFSBESTIMMUNGEN • Bezugssystem / Referenzsystem Physikalisch definiertes grundlegendes Bestimmungssystem. Zur Erfassung, Speicherung, Darstellung und Nutzung von topographischen Sachverhalten in Verbindung mit thematischen Informationen auf, unter oder über der Erdoberfläche wird es als Ordnungssystem benötigt. Es gestattet die gegenseitige räumliche Zuordnung von Informationen zueinander. (a, b, α, Maßstab, GM, ω, . . .) z.B. GRS 80 Die praktische Realisierung erfolgt durch die Festlegung der Koordinaten von (vermarkten) Punkten. (engl.: reference system [Definition] bzw. referenz frame [Realisierung]) • Koordinatensystem Mathematische Abbildungsvorschrift zur Beschreibung der Lage von Punkten im Raum. Jedes Bezugssystem kann in unendlich viele krummlinige Koordinatensysteme abgebildet werden. Innerhalb eines Bezugssystems kann zwischen verschiedenen Koordinatensystemen beliebig umgerechnet werden (⇒ Koordinatenumformung) Punkte eines Festpunktfeldes, die ein bestimmtes Referenzsystem realisieren, werden in ein Koordinatensystem abgebildet. • Geodätisches Datum Positionierung und Orientierung eines geodätischen Festpunktfeldes (und damit der Realisierung eines Bezugssystems) im Raum. Es sind sieben Parameter erforderlich: X0 , α, β, γ, Maßstab Beispiele für Datumsbezeichnungen: Datum Rauenberg (Bessel) (= Potsdam Datum) Datum Pulkowo (Krassowski) • Koordinatentransformation Umrechnung von Punktkoordinaten von einem Bezugssystem in ein anderes. • Koordinatenumformung Umrechnung von Punktkoordinaten von einem Koordinatensystem in ein anderes innerhalb eines Bezugssystems mittels a-priori per Definition bekannter Beziehungen und Formeln. Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 2 GRUNDLEGENDE KOORDINATENSYSTEME 2 2.1 6 GRUNDLEGENDE KOORDINATENSYSTEME Kartesisches 3D-System Z r P Kartesische Koordinaten eines Punktes P : P (x, y, z) Y X Abb.: Kartesische Koordinaten. 2.2 und Polares 3D-System Kugelkoordinaten eines Punktes P : P (ϕ, λ, r) 2.3 Ellipsoidisches Koordinatensystem Ellipsoidische (oder geodätische) Koordinaten eines Punktes P : P (B, L, H) Die ellipsoidische Breite B ist der Winkel zwischen Ellipsoidnormale in P und Äquatorebene. Die ellipsoidische Länge L ist der Winkel zwischen Nullmeridian und Meridian von P Die ellipsoidische Höhe ist der metrische Abstand des Punktes P von der Ellipsoidoberfläche (P ) entlang der Ellipsoidnormalen. Die Ellipsoidnormale in P enthält i.a. nicht den Ellipsoidmittelpunkt! (Ausnahmen: Pole und Äquator) Ellipsoidnormalen sind i.a. windschief zueinander. H P P P’ B L P Abb.: Ellipsoidische Koordinaten. Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) polare 3 GRUNDBEZIEHUNGEN FUR DAS ROTATIONSELLIPSOID 2.4 Verschiedene Breiten und Längen ellipsoidische Koordinaten B, L, H astronomische Koordinaten Φ, Λ Kugelkoordinaten ϕ, λ 2.5 7 sind i.a. nicht direkt meßbar (Ausnahme: GPS) astronomisch bestimmbar (B = Φ, L = Λ) Beispiele für Koordinatenumformungen • Umformung zwischen kartesischen und Kugelkoordinaten P (x, y, z) ⇐⇒ P (φ, λ, r) r = (x2 + y 2 + z 2 ) tan ϕ = √ 2z 2 x = r cos ϕ cos λ y = r cos ϕ sin λ z = r sin λ x +y tan λ = y/x • Umformung zwischen kartesischen und ellipsoidischen Koordinaten P (x, y, z) ⇐⇒ P (B, L, H) • Umformung zwischen ellipsoidischen und Gauß-Krüger-Koordinaten P (B, L, H) 3 3.1 ⇐⇒ P (Ho , Re , H) GRUNDBEZIEHUNGEN FÜR DAS ROTATIONSELLIPSOID Geometrie Es werden in diesem Abschnitt keine vollsändigen Ableitungen geliefert. Z.T. erfolgen nur Mitteilung und Definition von Zusammenhängen und Beziehungen. Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 3 GRUNDBEZIEHUNGEN FUR DAS ROTATIONSELLIPSOID 8 Z P a b c a A’ K2 M F’ A X F f c1 K1 P’ Abb.: Geometrische Grundbeziehungen der Ellipse. Beziehung für die Ellipse (bzw. das Ellipsoid) Beziehung für den Kreis (bzw. die Kugel) Hauptgrößen (Halbachsen) a und b r Gleichung (Ellipse) x2 a2 + z2 b2 Gleichung (Ellipsoid) x2 a2 + y2 z2 a 2 b2 wenn a ∼ b → Formparameter α = x2 + z 2 = r 2 =1 x2 + y 2 + z 2 = r 2 =1 a−b a √ a2 − b 2 lineare Exzentrizität f= 1. numerische Exzentrizität e = f /a e2 = 2. numerische Exzentrizität e = f /b e2 = Polkrümmungsradius c = P K1 = a2 /b Äquatorkrümmungsradius c1 = AK2 = b2 /a a2 −b2 a2 a2 −b2 b2 Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 3 GRUNDBEZIEHUNGEN FUR DAS ROTATIONSELLIPSOID 3.2 9 Hilfsgrößen und Funktionen Die nachfolgenden Hilfsgrößen und Funktionen sind für die spätere Vereinfachung bzw. (Verkürzung) von Ableitungen und Reihenentwichlungen sinnvoll. W 2 = 1 − e2 sin2 B V 2 = 1 + e2 cos2 B aW = bV Eine geometrische Veranschaulichung von W und V ist möglich, an dieser Stelle wird aber darauf verzichtet (⇒ Literatur). η = e cos B 3.3 t = tan B m= a2 − b 2 a2 + b 2 n= a−b a+b Krümmungsverhältnisse auf dem Rotationsellipsoid N E: Normalschnittebenen in P NE1 Krümmungen der Normalschnitte k1 und k2 : P 1/R1 k2 k1 1/R2 R1 und R2 sind die entsprechenden Krümmungsradien. NE2 n Abb.: Ellipsoidsegment mit zwei Normalschnitten k1 und k2 in P . Die Extremwerte für k nennt man Hauptkrümmungen. (⇒ Normalschnitte heißen dann Hauptschnitte) Zusammengehörige Hauptschnitte schneiden sich orthogonal. Für Krümmungslinien schneiden sich die Ellipsoidnormalen (nicht windschief). Hauptkrümmungen für das Ellipsoid: Meridiankrümmung Querkrümmung ⇒ ⇒ Meridiankrümmungsradius M Querkrümmungsradius N M = Rmin N = Rmax An den Polen gilt: M = N ⇒ Nabelpunkt“ ” Krümmung im Azimut A kA = 1/RA Satz von Euler kA = RA = Gaußsche Krümmung (Totalkrümmung) Gaußsche Schmiegungskugel sin2 A N MN N cos2 A+M sin2 A cos2 A M + √ kT = 1/ M N √ R = MN RT = √ MN Der Radius der Gaußschen Schmiegungskugel ist der Mittelwert sämtlicher Normalschnittkrümmungsradien in einem Punkt P . Damit ist diese Kugel für sphärische Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 3 GRUNDBEZIEHUNGEN FUR DAS ROTATIONSELLIPSOID 10 Approximationen in P geeignet. Berechnung von M und N : M= 3.4 c a = 3 (1 − e2 ) 3 V W N= a c = W V N =V2 M Koordinatenrechnung für einen Punkt P Umformung zwischen kartesischen und ellipsoidischen Koordinaten P (x, y, z) ⇐⇒ P (B, L, H) Z Z P L r N+ H P B Y Y X X Ellipsoid: Kugel zum Vergleich: X = (N + H) cos B cos L Y = (N + H) cos B sin L Z = [N (1 − e2 ) + H] sin B X = r cos ϕ cos λ Y = r cos ϕ sin λ Z = r sin ϕ Inverse Lösung, Umrechnung von kartesischen in ellipsoidische Koordinaten: Berechnung der ellipsoidischen Länge nach: L = arctan Y X Die ellipsoidische Höhe ergibt (nach Berechnung von B) sich aus: √ 2 x + y2 X H= −N oder H= −N cos B cos L cos B Ableitung für die Breite: Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 4 MERIDIAN- UND PARALLELKREISBOGEN √ X 2 + Y 2 = (N + H)2 cos2 B X 2 + Y 2 = (N + H) cos B 11 cos2 L + sin2 L = 1 da [N (1 − e2 ) + H] sin B (N + H) sin B − N e2 sin B (N + H) cos B tan B − N e2 sin B √ X 2 +Y 2 tan B − N e2sin B Z + N e2 sin B √ B = arctan X2 + Y 2 Z = = = Z = Das Ergebnis ist eine nichtlineare ellipsoidische Gleichung für B. Eine Lösung ist durch Iteration möglich, wobei als Startwert die sphärische Näherung B0 ausreicht: Z + e2 Ni sin Bi √ X2 + Y 2 Z = arctan √ 2 X +Y2 Bi+1 = arctan B0 4 4.1 i = 0, 1, 2, . . . MERIDIAN- UND PARALLELKREISBÖGEN Meridianbogenlänge dG = M db GB = B 0 M db = a(1 − e2 ) G B dG = a(1 − e2 ) M M= B dB 0 B 0 a (1 − e2 ) W3 W3 3 (1 − e2 sin2 B)− 2 dB B dB elliptisches Integral −→ nicht analytisch lösbar Lösungsmöglichkeitenl: • numerische Integration Abb.: Meridianbogen GB • Reihenentwicklung und gliedweise Integration Die Reihenentwicklung des Integranden liefert (B in rad): 2 GB = a(1 − e ) B 0 3 15 1 + e2 sin2 B + e4 sin4 B + . . . dB 2 18 Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 4 MERIDIAN- UND PARALLELKREISBOGEN 12 GB = A1 B + A2 sin 2B + A3 sin 4B + A4 sin 6B + . . . mit den Koeffizienten (c–Polkrümmungsradius): A1 3 45 175 6 11025 8 43659 10 = c · 1 − e2 + e4 − e + e − e + ... 4 64 256 16384 65536 A2 3 15 525 6 2205 8 72765 10 = c · − e2 + e4 − e + e − e + ... 8 32 1024 4096 131072 A3 = c · 105 6 2205 8 10395 10 15 4 e − e + e − e + ... 256 1024 16384 65536 A4 = c · − 35 6 315 8 31185 10 e + e − e + ... 3072 12288 786432 A5 3465 10 315 8 = c· e − e + ... 131072 524288 A6 693 = c· − e10 + . . . 1310720 Umgekehrte Entwicklung: gegeben GB , gesucht B Länge eines Meridianquadranten: 1 1 π 1 a· (1 + n2 + n4 + . . .) 2 1+n 4 64 und daraus die mittlere Länge eines Meridianradianten“: ” a 1 1 (1 + n2 + n4 + . . .) Grad = 1+n 4 64 G π2 = mit der Beziehung σ = gen G zu: G Grad ergibt sich die Breite B aus einem gegebenen Meridianbo- 21 151 3 3 9 B = σ + (n − n3 ) sin 2σ + n2 sin 4σ + n sin 6σ + . . . 2 16 16 96 Die Reihenentwicklungen konvergieren für ein Rotationsellipsoid mit α ∼ 1/300 sehr schnell. Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 5 GEODATISCHE LINIE 4.2 13 Parallelkreisbogenstück PB = N cos B PB N p12 ist Parallelkreisbogenstück zwischen den Meridianen L1 und L2 B p12 = N cos B(L2 − L1 ) = N cos Bl (Winkel in Bogenmaß) 5 GEODÄTISCHE LINIE Was ist eine geodätische Linie? • Kurvenhauptnormale fällt in jedem Punkt mit der Flächennormale zusammen • Schmiegungsebene der Kurve enthält stets Flächennormale • geodätische Krümmung (Tangentialkrümmung) ist Null n t {t, n} – Schmiegungsebene b {n, b} – Normalebene {t, b} – rektifizierende Ebene (Streckebene) Abb.: Kurvenbegleitendes Dreibein Die kürzeste Verbindung zweier Punkte ist stets eine geodätische Linie. Aber nicht jede geodätische Linie ist zwingend die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten. Z.B. ist auf der Kugel der Großkreis eine geodätische Linie. Es gibt zwischen zwei Punkten auf der Kugel immer zwei Verbindungslinien (Großkreisbogenstücken). Beispiele: Ebene Kugel ⇒ ⇒ Gerade zwischen zwei Punkten Großkreis zwischen zwei Punkten Meridiane sind g.L. Parallelkreise sind keine g.L. Auf allen Rotationskörpern sind die Meridiane geodätische Linien. Die Geodätische Linie zwischen zwei Punkten auf dem Rotationsellipsoid fällt i.a. nicht Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 5 GEODATISCHE LINIE 14 mit den Normalschnitten zusammen. P2 P2 21 S M P1 N1 N2 Äqu ato A21 r S A12 12 P1 Abb.: Geodätische Linie S und Normalschnitte n12 und n12 auf dem Ellipsoid. E – Normalschnittebenen E12 := P1 N1 P2 =⇒ n12 E21 := P2 N2 P1 =⇒ n21 Normalschnitte liefern keine eindeutigen Figuren (z.B. bei Dreiecksnetzen). Daher ist Reduktion der Normalschnitte auf die geodätische Linie erforderlich. Die beiden Winkel δ12 und δ21 sind sehr kleine Korrektionen. 5.1 Gleichung der geodätischen Linie Einführung von allgemeinen Oberflächenkoordinaten u, v (Gauß). 1. Grundform (metrische Fundamentalform): ds2 = Edu2 + 2F dudv + Gdv 2 v=const u+du v+dv ds bei orthogonalem Parameterkurvennetz wird F = 0 du ds2 = Edu2 + Gdv 2 u=const u,v dv Übergang u −→ B und v −→ L: Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 6 OBERFLACHENKOORDINATENSYSTEME 15 ds2 = M 2 db2 + N 2 cos2 BdL2 √ √ ⇒ E=M G = N cos B B ds Differentialgleichung der geodätischen Linie auf dem Ellipsoid: MdB dB ds A L = cos A M dL ds = sin A N cos B (Mitteilung ohne Ableitung) NcosBdL dA ds = tan B N sin A Wegen Vollständigkeit an dieser Stelle angegeben: Satz von Clairaut (gilt für alle Rotationsflächen) p sin A = const Das Produkt aus Parallelkreisradius und Sinus des Azimutes ist für die geodätische Linie eine Konstante. 6 OBERFLÄCHENKOORDINATENSYSTEME 6.1 Ellipsoidische Polarkoordinaten P d s' Koordinaten: P' A – Azimut s – geodätischer Radius (geod. Linie) ds s A Koordinatenlinien: mdA O Abb.: Ellipsoidische Polarkoordinaten geodätische Linien durch O geodätische Kreise (i.a. keine geodätischen Linien) 1. Grundform: ds2 = Eds2 + GdA2 = ds2 + m2 dA2 √ E=1 √ G=m m ist die sog. reduzierte Länge der geodätischen Linie. s2 m=s 1− (1 + η02 ) + · · · 6N02 Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 6 OBERFLACHENKOORDINATENSYSTEME 6.2 16 Rechtwinklige ellipsoidische Koordinaten Soldnersche Koordinaten (Johann Georg von Soldner, 1776–1833) dy X ndx ds P Koordinatenursprung: O → TP 1. Ordnung X-Achse: Meridian durch O Koordinatenlinien: O Abb.: Rechtwinklige ellipsoidische Koordinaten Normalen zum Grundmeridian −→ geodätische Linien geodätische Parallelen (keine geodätischen Linien) 1. Grundform: ds2 = Edx2 + Gdy 2 = n2 dx2 + dy 2 √ E=n √ G=1 n – Verjüngungsfaktor der geodätischen Parallelen n∼1− y2 2N02 Bei y = 50km wird n = 1 − 0, 00003, d.h. bei Δx = 1km −→ 3cm Verzerrung. Verwendung: ältere Katastersysteme Katastersystem Berlin amtliches Landessystem in Baden-Würtemberg vor 1990 Formeln zur Berechnung von x, y aus B, L z.B. in: W. Großmann: Geodätische Rechnungen und Abbildungen in der Landesvermessung. Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 7 GAUSS-KRUGER-ABBILDUNG 7 7.1 17 GAUSS-KRÜGER-ABBILDUNG Geometrische Veranschaulichung Koordinaten (GKK) der Gauß-Krüger- PN 3˚(6˚) • querachsiger elliptischer Zylinder (Meridinaellipse) • Mittelmeridian (Berührungsmeridian) wird längentreu abgebildet −→ X-Achse PS Koordinatenursprung Abb.: Prinzip der GK-Abbildung Als Koordinaten werden Hochwert und Rechtswert bezüglich des Ursprungs eingeführt. Zum Rechtswert werden 500 km addiert, um negative Koordinaten zu vermeiden. Bei Punkten auf der Südhalbkugel werden aus gleichem Grund zusätzlich 10000 oder 20000 km zum Hochwert addiert. Die Gesamtfläche des Ellipsoides wird in mehrere 3◦ oder 6◦ breite Streifen abgebildet, die mittels einer Streifenkennzahl unterschieden werden, die dem Rechtswert vorangestellt wird. Mittelmeridian Streifenkennziffer z z = 1/3 L0 L0 = 0◦ 0 3◦ 1 6◦ 2 9◦ 3 12◦ 4 15◦ 5 Bildung der Streifenkennziffern für das 3◦ -System Mittelmeridian Streifenkennziffer z z = 1/6 (L0 + 3◦ ) L0 = 3◦ 0 9◦ 1 15◦ 2 21◦ 3 27◦ 4 33◦ 5 Bildung der Streifenkennziffern für das 6◦ -System Geschichtliches: 1816–1820 Gauß, 1866 Schreiber 1912 Krüger theoretische Arbeiten Weiterentwicklung für Belange der Praxis Weiterentwicklung für Belange der Praxis Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 7 GAUSS-KRUGER-ABBILDUNG 7.2 18 Allgemeine Vorbemerkungen Welche Abbildung des Ellipsoids in die Ebene ist zweckmäßig? =⇒ KONFORME ABBILDUNG konform heißt: winkeltreu im Differentiellen d.h. es treten keine Winkelverzerrungen auf aber dafür: Streckenverzerrungen Flächenverzerrungen Richtungsverzerrungen A S ian rid Me P1 es d d urch d X P2 Bil l1 s P1 P3 P2 t T A' P1 ’ s P3 ˜quator L0 Ellipsoid Y L1 GK-Ebene Abb.: Geometrische Zusammnehänge auf der Ellipsoidoberfläche und in der GaußKrüger-Ebene. 7.3 Richtungsverzerrung: dA = A − A = fr (B, l, A) Streckenverzerrung: m= Flächenverzerrung: ΔF = F − F = fF (B, l, A(F orm) ) Meridiankonvergenz: c = A − T Richtungskorrektion: δ =T −t ds dS = fs (B, l, A) Theorie der konformen Abbildung Ausgangspunkt ist die 1. Grundform der Flächentheorie auf den beiden Flächen Urbild und Abbild: Urbild: ds2 = Edu2 + 2F dudv + Gdv 2 Abbild: ds̄2 = Ēdū2 + 2F̄ dūdv̄ + Ḡdv̄ 2 Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 7 GAUSS-KRUGER-ABBILDUNG 19 Konformität heißt: E : F : G = Ē : F̄ : Ḡ bei Orthogonalität der Parameterlinien wird: F = F̄ = 0 =⇒ E : G = Ē : Ḡ bei isometrischen Koordinaten gilt außerdem: E=G und Ē = Ḡ u und v sind dann isometrische (oder isothermische) Flächenparameter. v=const v+dv=const v+2dv=const u+2du=const u+du=const Bem.: Isometrische Parameter treten häufig in der Theorie der Wärmeleitung auf und werden daher auch als isothermische Parameter bezeichnet =⇒ ISOTHERMISCHE KOORDINATEN ds2 = Edu2 + Gdv 2 u=const Abb.: Parameterliniennetz da E = G kann man auch schreiben: ds2 = λ2 (du2 + dv 2 ) Wenn keine isometrischen Koordinaten vorliegen, ist E = G. Eine Überführung in isometrischen Koordinaten ist jedoch möglich, wobei für eine der beiden Koordinatenrichtungen dieser Übergang erfolgen muß: mit λ2 = G −→ dū2 = E 2 du G Wofür sind isometrische Koordinaten nötig? SATZ 1: Jede analytische Funktion einer komplexen Variablen vermittelt eine konforme Abbildung. SATZ 2: Jede stetige Funktion, die zwischen isometrischen Parametern einer Fläche und isometrischen Parametern einer anderen Fläche definiert werden kann, ist eine analytische Funktion. Fazit: • Es ist eine Funktion gesucht, die zwischen B und L (B + il) einerseits und x und y (x + iy) andererseits vermittelt. • Da B und L wegen der ellipsoidischen Meridiankonvergenz keine isometrischen Koordinaten sind, müssen auf dem Ellipsoid isometrische Koordinaten eingeführt werden. Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 7 GAUSS-KRUGER-ABBILDUNG 7.4 20 Konforme Abbildung für das Ellipsoid Abb.: Gauß-KrügerAbbildung (links) und UTM-Abbildung (rechts), schematisch. 7.4.1 Einführung isometrischer Koordinaten für das Ellipsoid Die 1. Grundform in geodätischen Koordinaten lautet ds2 = Edu2 + Gdv 2 ds2 = (M dB)2 + (N cos BdL)2 E = M2 G = N 2 cos2 B = λ2 Beim Übergang zu isometrischen Koordinaten muß gelten (mit Q – isometrische Breite): ds2 ds2 = λ2 (dQ2 + dL2 ) M 2 2 2 = N 2 cos2 B ( N cos ) dB + dL B Damit erhält man das Differential der isometrischen Breite dQ = M dB N cos B und durch Integration Q= B 0 π B dQ = ln tan + 4 2 1 − e sin B 1 + e sin B 2e Abb.: Geometrische Veranschaulichung der isometrischen Breite. Die Parameterlinien Q = const werden zum Pol hin immer enger, um die Konvergenz der Meridiane L = const auszugleichen. Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 7 GAUSS-KRUGER-ABBILDUNG 7.4.2 21 Berechnung von GK-Koordinaten aus B & L Als Abbildungsgleichung wird eine analytische Funktion zwischen den komplexen Variablen L1 L0 z = x + iy l und w = Q + il gewählt. nst Bf st connst = B co Q= y Pf P P0 o =c z = F (w) (l = L − L0 ) Entwicklung in eine Taylorreihe: G G x z = F (Q+il) = F0 (Q)+F0 (Q)il+F0 (Q) B=0 O (il)2 +. . . 2! Für analytische Funktionen sind die Ableitungen richtungsunabhängig; deshalb kann in Meridianrichtung (nach Q) differenziert werden. Ä q u at o r x + iy = G + i d2 G l2 d3 G l3 dG l− − i + ... dQ dQ2 2 dQ3 6 Trennung in Real- und Imaginärteil liefert: x = G + a 2 l 2 + a4 l 4 + . . . y = a1 l + a3 l 3 + a5 l 5 + . . . mit den Koeffizienten: a1 = N cos B a2 = 12 tN cos2 B a3 = 16 N cos3 B(1 − t2 + η 2 ) a4 = a5 = a6 = a7 = a8 = 1 N sin B cos3 B(5 − t2 + 9η 2 + 4η 4 ) 24 1 N cos5 B(5 − 18t2 + t4 + 14η 2 − 58η 2 t2 + 13η 4 − 64η 4 t2 ) 120 1 N sin B cos5 B(61 − 58t2 + t4 + 270η 2 − 330η 2 t2 ) 720 1 N cos7 B(61 − 479t2 + 179t4 − t6 ) 5040 1 N sin B cos7 B(1385 − 3111t2 + 543t4 − t6 ) 40320 Für 3◦ -Streifen sind die Koeffizienten bis a5 l5 erforderlich und für 6◦ -Streifen die Koeffizienten bis a8 l8 . Die Berechnung der Meridianbogenlänge G erfolgt nach den Formeln in Abschnitt 4.1. 7.4.3 Umkehrung: Berechnung von B & L aus GK-Koordinaten Ein inverser Ansatz liefert wie in Abschnitt 7.4.2: B = Bf + b2 y 2 + b4 y 4 + . . . l = b 1 y + b3 y 3 + b5 y 5 + . . . Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 7 GAUSS-KRUGER-ABBILDUNG 22 mit den Koeffizienten: b1 = 1 Nf cos Bf t b2 = − 2MffNf 1+2t2 +η 2 f f b3 = − 6N 3 cos Bf f + 3t2f + ηf2 − 9ηf2 t2f − 4ηf4 ) b4 = tf (5 24Mf Nf3 b5 = 1 (5 120Nf5 cos Bf + 28t2f + 24t4f + 6ηf2 + 8ηf2 t2f ) Hierbei sind alle breitenabhängigen Größen für die Fußpunktsbreite Bf zu nehmen. Bf ist die Breite für G = x. 7.5 Reduktionsgrößen Vereinbarungen zu den Formelzeicen in diesem Abschnitt: Element Srecke Richtung 7.5.1 Ellipsoid geodätische Linie s Azimut A Ebene Gerade S Richtungswinkel t = A − c − δr Meridiankonvergenz Die Ebene Meridiankonvergenz ist der Winkel zwischen dem Abbild des Meridians und Gitternord in einem Punkt P . x ian r id Me tan c = P' c c dy P 7.5.2 Eine Reihenentwicklung liefert: dx P" dB N B os -M c dL dx −M dB dQ = =− dy N cos BdL dL y oder c = l sin B + c = tf y Nf − l3 3 sin B cos2 B(1 + 3η 2 ) + . . . tf (1 3Nf3 + t2f − ηf2 )y 3 + . . . Vergrößerungsverhältnis m2 = dS 2 dx2 + dy 2 = ds2 N 2 cos2 B(dQ2 + dL2 ) dS ist das differentielle Streckenelement zwischen P und P (siehe Skizze im Abschnitt Meridiankonvergenz“). ” dQ = 0 Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 7 GAUSS-KRUGER-ABBILDUNG ∂x ∂L ∂L ∂y dy = ∂L ∂L 23 dx = m2 = = ∂x ∂L 2 + ∂y 2 ∂L dL2 N 2 cos2 BdL2 N2 1 cos2 B ⎡ 2 2 ⎤ ∂x ∂y ⎦ ⎣ + ∂L ∂L nach Reihenentwicklung ergibt sich : 1 + η2 2 5 − 4t2 4 l cos2 B + l cos4 B + . . . 2 24 und nach Reihenumkehr entsprechend : m = 1+ m = 1+ 7.5.3 y2 y4 + 2M N 24N 4 Reduktion von Strecken Richtungen und Flächen • Streckenreduktion 2 4 Δy 2 ym ym Δs = S − s = s + + 2R2 24R2 24R4 – Für Strecken mit s < 10km genügt y2 Δs = S − s = s m2 2R Zahlenwerte: ym Δs 30km 1,1cm y2 Soldnerkoordinaten : n = 2N02 60km 4,4cm 100km 12,3cm 150km 27,8cm 200km 49,3cm 250km 77cm • Richtungsreduktion δ12 = 3 (x2 − x1 ) 1 ym (y2 − y1 ) 2 2 y − − y ) − + η t1 ym (y m 2 1 2 2 2R 6 3R R3 δ21 = 3 (x1 − x2 ) 1 ym (y1 − y2 ) 2 2 y − − y ) − + η t2 ym (y m 1 2 2 2 2R 6 3R R3 – Für Netzelemente mit s ≈ 10km genügt δ12 = (x2 − x1 ) 1 (y y − − y ) m 2 1 2R2 6 δ21 = (x1 − x2 ) 1 y − − y ) (y m 1 2 2R2 6 Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 7 GAUSS-KRUGER-ABBILDUNG 24 – und für Netzelemente mit s ≈ 5km genügt δ12 = −δ21 = (x2 − x1 ) ym 2R2 • Flächenreduktion ΔF = F − F = −F 7.6 2 ym R2 Streifentransformation Streifentransformationen dürfen nur auf ein und demselben Ellipsoid durchgeführt werden. Ellipsoid- (Datums-) Übergange müssen gesondert behandelt werden (sihe Abschnitt 9) a) Einfachste Lösung (Indirekter Weg): Umrechnung der G.-K.-Koordinaten in geodätische Koordinaten B und L und dann Abbildung des Punktes P (B, L) in den anderen Meridianstreifen nach den Formeln der Abschnitte 7.4.2 und 7.4.3. P (x, y)L01 =⇒ P (B, L) =⇒ P (x, y)L02 - relativ rechenintensiv (bei heutigen Computern kein Problem mehr) b) Direkter (eleganter) Weg: System I wird in System II konform abgebildet. z = x + iy z = x + iy w = q + il w = q + il Für die Reihenentwicklung wird ein Hilfspunkt P0 auf dem Grenzmeridian beider Systeme ausgewählt. Die Rechnung erfolgt mit Koordinatenunterschieden. Dadurch wird die Anzahl der zu berechnenden Glieder der Reihenentwicklungen stark reduziert. x = x0 + k11 Δx − k12 Δy + k21 (Δx2 − Δy 2 ) − 2k22 ΔxΔy + +k31 (Δx3 − 3ΔxΔy 2 ) + k32 (Δy 3 − 3Δx2 Δy) y = y0 + k12 Δx + k11 Δy + k22 (Δx2 − Δy 2 ) + 2k21 ΔxΔy + +k32 (Δx3 − 3ΔxΔy 2 ) − k31 (Δy 3 − 3Δx2 Δy) mit den Koeffizienten: k11 = 1 − 2 cos2 Bt2 l2 − 23 cos4 B(2t2 − t4 )l4 + . . . k12 = 2 cos Btl + 23 cos3 Bt(1 − 2t2 + 3η 2 )l3 + . . . Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 8 UBERBLICK UBER WEITERE ABBILDUNGEN 25 k21 = − N3 cos2 Bt(1 + η 2 )l2 + . . . k22 = 1 N cos B(1 + η 2 )l − 1 cos3 6N 2 2 B(1 + 31t2 )l3 + . . . k31 = − 3N1 2 cos2 B(3 − 4t )l + . . . k32 = − 3N1 2 cos Bt(1 + 5η 2 )l + . . . Alle Breitenabhängigen Größen sind für die Breite B0 des Hilfspunktes P0 zu nehmen. l bei Korrektionsgliedern durch l0 ersetzen. Δx = xP − xP0 Δy = yP − yP0 8 ÜBERBLICK ÜBER WEITERE ABBILDUNGEN • Projektionen und Abbildungen vermitteln zwischen den Koordinaten auf Urbild und Abbild • Projektionen können sowohl geometrisch als auch in mathemetischen Zusammenhängen realisiert werden (Projektionszentrum, Projektionsstrahlen, . . . ) Projektionen sind auch Abbildungen • Abbildungen werden i.a. nur durch mathemetische Zusammenhänge realisiert (Abbildungsgleichungen) 8.1 Mercatorabbildung (Projektion) P' - konforme Zylinderprojektion P - Äquator längentreu r - Pole werden im Unendlichen abgebildet O - rechtwinkliges Gitter der Meridiane und Parallelkreise • Bedeutung in Seenavigation (Seekarten) Kurse als Geraden! x=r tan( ) Abb.: (Kugel)) Mercatorprojektion Notwendige Angaben für Abbildung des Ellipsoids in die Mercator-Ebene: • Ellipsoidparameter (a, α) • Zentralmeridian (Koordinatenursprung) • Koordinatenzuschläge (Δx, Δy) Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 8 UBERBLICK UBER WEITERE ABBILDUNGEN 8.2 (Universale)Transversale Abbildung, UTM) Mercatorabbildung - konforme Abbildung mit querachsigem Zylinder - Mittelmeridian längentreu - für große N-S ausgedehnte Gebiete geeignet • GKK: Australien, China, GUS, BRD, UK, Irland, Italien, Norwegen, USA (tw.), . . . • UTM: NATO, Australien, Belgien, BRD, Nordafrika, Ostafrika, Norwegen, . . . Notwendige Angaben für Abbildung des Ellipsoids in die Ebene: • • • • 8.3 Ellipsoidparameter (a, α) Mittelmeridian Maßstabsfaktor (GKK: 1, UTM: 0.9996) Koordinatenzuschläge (Δx, Δy) Schräge Mercatorabbildung - konforme Abbildung mit schrägem(!) Zylinder - Berührungslinie längentreu - für entlang dieser Berührungslinie ausgedehnte Gebiete geeignet • Borneo, Alaska, . . . Notwendige Angaben für Abbildung des Ellipsoids in die Ebene: • • • • • Ellipsoidparameter (a, α) Zentralmeridian (Koordinatenursprung) Azimut der Zentrallinie (oder zwei Punkte auf der Linie) Maßstabsfaktor Koordinatenzuschläge (Δx, Δy) Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 26 (GK- 8 UBERBLICK UBER WEITERE ABBILDUNGEN 8.4 27 Lambertsche Kegelabbildung - konforme Kegelabbildung - längentreu entlang von ein oder zwei Standardparallelen - für O-W ausgedehnte Gebiete geeignet • Frankreich (2Parallele), Nordafrika (1 Parallel), Belgien, USA (Alaska, Texas; 2 Parallele) . . . Notwendige Angaben für Abbildung des Ellipsoids in die Ebene: • • • • • 8.5 Ellipsoidparameter (a, α) Mittelbreite, Mittelmeridian Standard (Berührungs-) parallelkreis(e) Maßstabsfaktor Koordinatenzuschläge (Δx, Δy) Azimutale Projektionen (i.a. nicht konform) Z • orthographische Projektion (Z im Unendlichen) Z' • gnomonische Projektion (Z = M im Mittelpunkt) Z'' • stereographische Projektion (Z im Gegenpol) Antarktis (ADD – Antarctic Digital Database) Z''' M P P P' P'' Notwendige Angaben für Abbildung des Ellipsoids in die Ebene: • • • • Ellipsoidparameter (a, α) Mittelbreite, Bezugsmeridian (Koordinatenursprung) Maßstabsfaktor Koordinatenzuschläge (Δx, Δy) Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) P''' 8 UBERBLICK UBER WEITERE ABBILDUNGEN 8.6 28 Parameter einiger Rotationsellipsoide Ellipsoid GRS-80 großse Halbachse a = 6378137.0 kleine Halbachse b = 6356752.31414 Abplattung α = 298.257222101 WGS-60 a = 6378165.0 b = 6356783.28696 α = 298.3 WGS-66 a = 6378145.0 b = 6356759.76949 α = 298.25 WGS-72 a = 6378135.0 b = 6356750.52002 α = 298.26 WGS-84 a = 6378137.0 b = 6356752.31424 α = 298.257223563 Bessel a = 6377397.155 b = 6356078.96282 α = 299.15281285 Krassowski a = 6378245.0 b = 6356863.01877 α = 298.3 ED-50 a = 6378388.0 b = 6356911.94613 α = 297.0 International a = 6378388.0 b = 6356911.94613 α = 297.0 NAD-83 a = 6378137.0 b = 6356752.31414 α = 298.257222101 NAD-27 a = 6378206.4 b = 6356583.8 α = 294.9786982 SAD69 a = 6378160.0 b = 6356774.71920 α = 298.25 Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 9 DATUMSTRANSFORMATIONEN 9 29 DATUMSTRANSFORMATIONEN 9.1 Allgemeines Koordinatensysteme: • • • • • • Bezugssysteme: • • • kartesische Koordinaten ellipsoidische Koordinaten Gauß-Krüger-Koordinaten UTM-Koordinaten Soldner-Koordinaten ... Potsdam-Datum RD 83 40 83 (Bessel-Ellipsoid) • • • WGS 84, (ETRF 89) Pulkovo-Datum 42 83 (Krassowski-Ellipsoid) • ED 50, (NATO) • ◦ ... natürliche (astronomische) Koordinaten sind anholonom! 1 Zwischen verschiedenen Bezugssystemen sind Datumstransformationen erforderlich! Koordinatenumformungen zwischen verschiedenen Koordinatensystemen sind streng realisierbar! - meist nur näherungsweise über identische (Paß-)Punkte möglich - Transformation mit bekannter Datumsdifferenz 9.1.1 Beispiele für Koordinatenumformungen (Siehe vorhergehende Abschnitte) • Umformung zwischen kartesischen und Polarkoordinaten • Umformung zwischen kartesischen und ellipsoidischen Koordinaten • Umformung zwischen ellipsoidischen und Gauß-Krüger-Koordinaten ... 1 Anholonom bedeutet, daß die geodätischen Grundaufgaben der Koordinatenrechnung nicht eindeutig analytisch lösbar sind, d.h. aus Strecke und Richtung lassen sich von einem Punkt aus z.B. nicht die Koordinaten eines anderen bestimmen. Anholonome Systeme sind für den praktischen Gebrauch ungeeignet. Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 9 DATUMSTRANSFORMATIONEN 9.1.2 30 Koordinatentransformationen Problem: In der Praxis liegen häufig Koordinaten in verschiedenen Bezugssystemen bzw. deren Realisierungen vor! P (X I , Y I , Z I ) ⇐= ? =⇒ P (X II , Y II , Z II ) Lösung: Koordinatentransformationen als rechnerische Verknüpfung zwischen verschiedenen Bezugssystemen. P (X I , Y I , Z I ) ⇐= TRANSFORMATION =⇒ P (X II , Y II , Z II ) Transformationsparameter: a) a-priori bekannte Parameter (geodätisches Datum der Systeme bzw. Datumsdifferenzen) b) Bestimmung mittels identischer (holonomer) Punkte als Ausgleichungsproblem 9.2 Helmerttransformation Beschränkung auf kartesische rechtwinklige Koordinaten und Bestimmung der Transformationsparameter durch Ausgleichung. 9.2.1 Systematisierung von Transformationen (2D) Mögliche Transformationsparameter: • Translationen in Richtung der Koordinatenachsen • Rotationen um die Koordinatenachsen • Skalierungen für das Gesamtsystem oder die Achsrichtungen getrennt • Scherungen (unterschiedliche Rotationen zwischen den entsprechenden Achsen von Start- und Zielsystem) Übersicht über Transformationen (2D): Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 9 DATUMSTRANSFORMATIONEN Art der Transformation (Anzahl der Parameter) Kongruenz (3) Parameter Eigenschaften Bemerkungen 2 Translationen 1 Rotation winkeltreu streckentreu Restklaffungen relativ aussagekräftig winkeltreu nicht streckentreu Interpretation der Restklaffungen schwierig weder winkelnoch streckentreu z.B. zur Einpassung von maßstäblich festliegenden Blöcken Ähnlichkeit (4) 2 Translationen 1 Rotation 1 Maßstab 5-Parameter (5) 2 1 2 2 1 2 1 Affinität (6) 31 Translationen Rotation Maßstäbe Translationen Rotation Maßstäbe Scherung weder winkelnoch streckentreu Kongruenz Ähnlichkeit 5-Parameter Affinität klassische Helmerttransformation“ ” z.B. für Transformation zwischen Soldnerund Gauß-Krüger-Systemen anwendbar Abb.: Prinzipdarstellung der verschiedenen 2D-Transformationsmöglichkeiten Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 9 DATUMSTRANSFORMATIONEN 9.2.2 x' 32 Transformationsgleichungen x" Beispiel: Rotation um die Z-Achse um den Winkel Θ (vgl. Abb. links). x"P x'P X II = X I cos Θ + Y I sin Θ Y II = −X I sin Θ + Y I cos Θ Z II = Z I P y' y'P XII = R(Θ) · XI y" P y" Rotationsmatrizen R(γ) (Drehung um die Z-Achse), R(β) (Drehung um die Y-Achse) und R(α) (Drehung um die X-Achse): ⎛ ⎞ cos γ sin γ 0 ⎜ ⎟ R(γ) = ⎝ − sin γ cos γ 0 ⎠ 0 0 1 ⎛ ⎞ cos β 0 − sin β ⎜ ⎟ 1 0 R(β) = ⎝ 0 ⎠ sin β 0 cos β ⎛ ⎞ 1 0 0 ⎜ R(α) = ⎝ 0 cos α sin α ⎟ ⎠ 0 − sin α cos α und entsprechend für kleine Winkel (cos(ω) = 1 und sin(ω) = ω, mit ω = α, β, γ): ⎛ ⎞ 1 γ 0 ⎜ R(γ) = ⎝ −γ 1 0 ⎟ ⎠ 0 0 1 ⎛ ⎞ 1 0 −β ⎜ R(β) = ⎝ 0 1 0 ⎟ ⎠ β 0 1 ⎛ ⎞ 1 0 0 ⎜ R(α) = ⎝ 0 1 α ⎟ ⎠ 0 −α 1 Eine Zusammenfassung der drei Rotationsmatrizen liefert: ⎛ ⎞ 1 γ −β ⎜ α ⎟ R(α)R(β)R(γ) = R = ⎝ −γ 1 ⎠ β −α 1 Vollständige 3-D-Transformationsgleichung einer Ähnlichkeitstransformation: XII = X0 + m · R(α) · R(β) · R(γ) · XI Die Bestimmung von X0 , m, α,β und γ ist durch Ausgleichung möglich, wenn mehr identische Punkte als notwendig vorliegen. Bei großen Rotationsbeträgen sind Näherungswerte für die Winkel (aus Koordinaten berechenbar) und/oder ggf. eine iterative Bestimmung der Transformationsparameter erforderlich. Die Transformation von Koordinaten muß dann ohne die Näherungen cos(ω) = 1 Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 9 DATUMSTRANSFORMATIONEN 33 und sin(ω) = ω erfolgen. Dabei muß unbedingt die Reihenfolge der Drehungen beachtet werden. Z.B.: R1 = R(α)R(β)R(γ) ⎛ cos β cos γ R1 = ⎝ sin α sin β cos γ − cos α sin γ cos α sin β cos γ + sin α sin γ ⎛ R2 = ⎝ 9.2.3 cos β cos γ − cos β sin γ sin β Möglichkeiten der Transformationen und R2 = R(γ)R(β)R(α) cos β sin γ sin α sin β sin γ + cos α cos γ cos α sin β sin γ − sin α cos γ cos α sin γ + sin α sin β cos γ cos α cos γ + sin α sin β sin γ − sin α cos β Parametriesierung ⎞ − sin β sin α cos β cos α cos β ⎠ ⎞ sin α sin γ − cos α sin β cos γ sin α cos γ + cos α sin β sin γ ⎠ cos α cos β verschiedener 2-D- • Affinität (6 Parameter) X II = X0 + aX I + bY I Y II = Y0 + cX I + dY I a ≈ d und b ≈ −c wenn m1 ≈ m2 ≈ 1 und Rotation & Scherung klein. • 5-Parameter X II = X0 + aX I + bY I Y II = Y0 + cX I + dY I Nebenbedingung: a/d = −b/c, d.h. z.B. Substitution: c = −b(d/a) • Ähnlichkeit (2D-Helmertransformation, 4 Parameter) X II = X0 + aX I + bY I Y II = Y0 − bX I + aY I • Kongruenz (3 Parameter) X II = X0 + X I + bY I Y II = Y0 − bX I + Y I 9.2.4 Parametrisierung und Ausgleichungsmodell für die 3-D-Transformation Transformationsgleichungssystem ohne Berücksichtigung von Scherungen: XII = X0 + mRXI Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 9 DATUMSTRANSFORMATIONEN 34 X = X0 + mx (X + γY − βZ ) II Y = Y0 + my (−γX I + Y I + αZ I ) Z II = Z0 + mz (βX I − αY I + Z I ) II I I I Alternative Parametrisierung: ⎡ II ⎤ X = X0 + aX I + bY I + cZ I ⎣ Y II = Y0 + dX I + eY I + f Z I ⎦ Z II = Z0 + gX I + hY I + iZ I Designmatrix A für m = mx = my = mz ≈ 1 und α ≈ β ≈ γ ≈ 0 sowie m0 = 1 und α0 = β0 = γ0 = 0: ⎛ ⎜ ⎜ A=⎜ ⎜ ⎝ 1 0 0 .. . 0 1 0 .. . ⎞ 0 XI 0 −Z I Y I 0 Y I ZI 0 −X I ⎟ ⎟ ⎟ 1 Z I −Y I X I 0 ⎟ ⎠ .. .. .. .. .. . . . . . und entsprechend für mx = my = mz und α ≈ β ≈ γ ≈ 0: ⎛ ⎜ ⎜ A=⎜ ⎜ ⎝ 1 0 0 .. . 0 1 0 .. . ⎞ 0 XI 0 0 0 −Z I Y I I I 0 0 Y 0 Z 0 −X I ⎟ ⎟ ⎟ 1 0 0 Z I −Y I X I 0 ⎟ ⎠ .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . und Normalgleichungsmatrix N: N = AT A N = AT PA bzw. Entsprechend lassen sich auch die Normalgleichungen für eine Auswahl von Parametern (z.B. Transformation ohne Maßstab) aufstellen. 9.2.5 Genauigkeitsbewertung Redundanz als Maß für die Überbestimmtheit der Transformation von n Punkten mit np Parametern (→Freiheitsgrad): R2D = 2n − np (2 − dimensional) R3D = 3n − np (3 − dimensional) Standardabweichung einer Koordinate: 2 [v + v 2 ] y σ0 = σx = σy = x R2D Lagestandardabweichung: 2 [v + v 2 + v 2 ] y z σ0 = σx = σy = σz = x R3D √ σL = σ0 2 Mittlere Restklaffungen: v̄x = [vx2 ] n v̄y = [vy2 ] n v̄z = [vz2 ] n Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 9 DATUMSTRANSFORMATIONEN 35 Koordinaten sind bei der (Helmert-)Transformation nur fingierte Beobachtungen. Die Standardabweichung sagt daher nur aus, mit welcher Genauigkeit sich die holonomen Punkte der beiden Systeme aufeinander transformieren lassen. Über die Genauigkeit der Systeme selbst kann allein aus den Restklaffungen vi keine Aussage getroffen werden. Hierfür sind a-priori Informationen nötig. Start- und Zielsystem werden nur selten gleichgenau sein. 9.2.6 Zuverlässigkeitsbewertung Insbesondere bei nur wenigen holonomen Punkten werden die Restklaffungen klein und damit kommt es u.U. zu irreführenden Interpretationen der Ergebnisse. Es können erhebliche Differenzen in einem Paßpunkt durch die übrigen aufgefangen ( verschmiert“) ” werden. Die Gefahr einer Fehleinschätzung der Güte der Transformation ist umso geringer, je größer die Zahl und je günstiger die Anordnung der Paßpunkte ist. Die Redundanz R läßt sich rechnerisch auf die einzelnen Paßpunkte aufteilen. Es ergibt sich die individuelle Überbestimmtheit jeder einzelnen Paßpunktkoordinate. Die Redundanz ri drückt aus, welcher Anteil des Fehlers einer Koordinate sich in der Restklaffung niederschlägt, und der Term (1 − ri ), welcher sich auf andere Paßpunkte aufteilt. ri = 1 − x2i + yi2 1 − 2 2 [x + y ] n Es ist immer sinnvoll, sowohl die Restklaffungen, als auch die individuelle Konfiguration eines Paßpunktes zu betrachten. Gewichtete Restklaffungen: vi vi = √ ri Normierte Restklaffungen: viN orm = vi √ σ0 ri Grenzwert (Um welchen Betrag müßte eine Koordinate verändert werden, damit die Restklaffung vi = 0 wird?): vi Gi = ri 9.2.7 Interpretation der Transformationsergebnisse • Rotationswinkel Bei Einpassung von örtlichen (lokalen) Koordinaten in ein übergeordnetes System i.a. nicht von Interesse. Anderenfalls sind Aussagen über Orientierungsgenauigkeit, Meridiankonvergenz, magnetische Deklination o.ä. möglich. • Maßstab Durch Maßstabsdifferenzen können individuelle Klaffungen verwischt werden. Maßstabsdifferenzen müssen immer im Zusammenhang mit a-priori Maßstabsgenauigkeiten der Systeme oder Meßverfahren betrachtet werden. Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 36 • Translationen Bei Bezug der Koordinaten der holonomen Punkte auf deren Schwerpunkt gleich Null (Schwerpunktsdifferenz gleich Translation). Es können starke Korrelationen mit den Rotationen auftreten (z.B. bei geozentrischen dreidimensionalen Datensätzen). • Restklaffungen Die Bewertung von Beträgen, Redundanzanteilen und Grenzwerten reicht u.U. allein nicht aus. Es sollte immer auch eine Betrachtung der Geometrie der Klaffungen und der Nachbarschaftsbeziehungen erfolgen (grafische Veranschaulichung sinnvoll). 9.3 Regeln“ für die praktische Nutzung von Transformationen ” • Die Nutzung von a-priori Kenntnisse über Qualität und Besonderheiten der ineinander zu transformierenden Systeme sind immer sinnvoll. Sie können bei der Interpretation der Transformationsergebnisse sehr hilfreich sein. • Maßstabsfaktoren sind nur für Systeme mit erwartungsgemäß homogenem Maßstab sinnvoll. Die Suche nach fehlerhaften holonomen Punkten bei gleichzeitiger Maßstabsbestimmung kann mitunter schwierig sein. • Die Eliminierung von Paßpunkten muß immer begründet erfolgen. Gleiches gilt für die Änderung von Gewichten von Punkten oder einzelner Komponenten. • Es darf grundsätzlich nicht extrapoliert werden. Transformationen gelten immer nur innerhalb der durch Paßpunkte überdeckten Fläche. • Bei nur wenigen Paßpunkten (3–5) darf wegen der geringen Überbestimmung nicht zwangsläufig auf eine gute, d.h. zuverlässige Einpassung geschlossen werden, selbst wenn die Restklaffungen klein sind. QUELLENHINWEISE (Auswahl) [Großmann] Großmann, W., 1949: Geodätische Rechnungen und Abbildungen in der Landesvermessung. Wiss. Verlagsanstalt K.G., Hannover [Hooijberg] Hooijberg, M., 1997: Practical Geodesy – Using Computers. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg [Snyder] Snyder, J. P. & P. M. Voxland, 1989: An Album of Map Projections. U. S. Geological Survey Professional Paper 1453 WWW-Adressen: Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009) 37 www.utexas.edu/depts/grg/gcraft/notes/datum/datum_f.html //gibs.leipzig.ifag.de/cgi-bin/transform.cgi?de Vermessungskunde; 1. Semester (Stand: 9. Oktober 2009)