Elektromagnetische Felder

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Elektromagnetische Felder
Frequenzbereich 0 Hz - 300 GHz
Autoren:
Hauke Brüggemeyer, Hannover
Karl-Friedrich Eichhorn, Leipzig
Siegfried Eggert, Berlin
Hans-Joachim Förster, Eningen u.A.
Werner Heinrich, Erlangen
Norbert Krause, Köln
Barnabas Kunsch, Wien
Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
2.
Physikalische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1
Statisches Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.1 Elektrisches Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.2 Magnetische Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2
Periodisch veränderliche Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.1 Niederfrequenzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.2 Hochfrequenz- und Mikrowellenbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.
Quellen und Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
4.
Biologische Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.0
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1
Niederfrequente Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.1
Direkte Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.1.1
Oberflächeneffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.1.2
Innere Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.1.3
Reizwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.1.4
Andere biologische Effekte . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.1.5
Mutagene/Teratogene Effekte . . . . . . . . . . . . .
4.1.1.6
Felder und Krebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.1.7
Felder und andere Erkrankungen . . . . . . . . . . .
4.1.1.8
“Elektrosensibilität” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.2
Indirekte Feldwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.2.1
Mittelbare Feldwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.2.2
Elektronische Implantate . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
5
5
6
7
9
9
15
15
17
18
18
18
18
21
21
21
22
22
23
23
24
4.2
Hochfrequente Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2.1
Direkte Feldwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2.1.1
Thermische Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2.1.2
Athermische Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2.2 Mittelbare Feldwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Computer-Monitore . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
24
24
26
27
27
5.
Zulässige Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1
Grenz- und Richtwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1.1 Internationale Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1.2 Regelungen in der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1.3 Regelungen in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . .
5.2
Vorsorgeempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
28
35
36
36
42
6.
Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.1
Meßverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2
Meßgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.3
Hinweise zur Vorbereitung und Durchführung von Messungen . . . .
6.4
Besonderheiten in den einzelnen Frequenzbereichen . . . . . . . . . . .
6.4.1 Niederfrequenzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.4.2 Hochfrequenzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.4.3 Höchstfrequenz- (Mikrowellen-) Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.5
Meßorte und Meßpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.6
Meßprotokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.6
Kontrollmessungen und Nachkalibrierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.7
Rechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
45
45
45
46
46
47
47
48
48
49
49
7.
Schutzmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
7.1
Niederfrequente Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
7.2
Hochfrequente Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
8.
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
9.
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
10.
Adressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
4.3
1.
Einleitung
Mit dem weit verbreiteten und immer noch zunehmenden Einsatz von elektrischen Anlagen hat sich die elektromagnetische Umwelt des Menschen wesentlich
verändert. Neben den seit jeher vorhandenen natürlichen Feldern hat die Stärke der
vom Menschen erzeugten Felder in der Umwelt, im Wohnbereich und an Arbeitsplätzen innerhalb kurzer Zeit erheblich zugenommen. In der Öffentlichkeit ist die
Meinung verbreitet, daß diese Felder für den Organismus schädlich sein könnten. Daß
diese Felder im allgemeinen unseren Sinnen nicht direkt zugänglich sind, sondern
gemessen bzw. berechnet werden müssen, fördert die Verunsicherung.
Seit einiger Zeit wird in vielen Staaten intensiv wissenschaftlich untersucht, ob
und unter welchen Umständen eine Gefährdung durch die Wirkungen elektromagnetischer Felder vorliegen kann. Die Zuordnung von Exposition und Wirkung
sowie die zugehörigen Wirkungsmechanismen sind für akute Effekte überprüft und
auch elektrophysiologisch verstanden. Die Schwellen hierfür werden in der Regel bei
im Alltag auftretenden Feldern nicht erreicht. Für die in der Umwelt und im Wohnbereich fast ausschließlich vorkommenden niedrigen Feldstärken gibt es aber vor allem
im Hinblick auf chronische Wirkungen sehr viele Widersprüchlichkeiten bei den
durchgeführten Untersuchungen. Dies führt zu Meinungsverschiedenheiten über die
Bewertung derartigen Befunde. Daraus folgt eine erhebliche Bandbreite von Vorschlägen für zulässige Werte zum Schutz der Bevölkerung und für den Arbeitsschutz.
Der physikalische Begriff der elektromagnetischen Felder bzw. Wellen umfaßt
neben den nieder- und hochfrequenten Feldern zwischen den Frequenzen von 0 Hz
bis 300 GHz auch das Licht und die Röntgen- bzw. Gammastrahlung (Bild 1.1). Dieser
Leitfaden beschäftigt sich nur mit Feldern im Frequenzbereich von 0 Hz - 300 GHz.
Der Frequenzbereich 0 Hz - 30 kHz umfaßt die statischen und niederfrequenten Felder
(NF). Der Bereich 30 kHz - 300 GHz wird oft als Hochfrequenz bezeichnet, es ist das
Gebiet der Radio- und Mikrowellen. Die Abgrenzung der Bereiche ist international nicht
einheitlich definiert (Tabelle 1.1).
Tabelle 1: Frequenzbereiche:
Frequenzbereich
von
bis
Wellenlängenbereich
von
bis
über 100 km
Internationale Bezeichnung
0 Hz
30 Hz
30 Hz
300 Hz
300 Hz
3 kHz
3 kHz
30 kHz
100 km
10 km
VLF (Very Low Frequency)
30 kHz
300 kHz
10 km
1 km
LF (Low Frequency)
300 kHz
3 MHz
1000 m
100 m
MF (Medium Frequency)
3 MHz
30 MHz
100 m
10 m
HF (High Frequency)
30 MHz
300 MHz
10 m
1m
VHF (Very High Frequency)
300 MHz
3 GHz
1m
0,1 m
UHF (Ultra High Frequency)
3 GHz
30 GHz
10 cm
1 cm
SHF (Super High Frequency)
30 GHz
300 GHz
10 mm
1 mm
EHF (Extremely High Frequency)
Sub ELF
ELF (Extremely Low Frequency)
VF (Voice Frequency)
Der Bereich von 0 bis 30 kHz wird als NF (Niederfrequenz), 30 kHz bis 300 MHz wird vielfach als HF (Hochfrequenz), der Bereich
von 0,3 bis 300 GHz als MW (Mikrowelle) bezeichnet.
Bild 1.1:
Elektromagnetisches Spektrum mit für die jeweiligen Frequenzbereiche typischen Quellen und Wirkungen
2.
Physikalische Grundlagen
Der Begriff Feld wird im physikalisch-technischen Sinn für Raumgebiete
verwendet, in denen sich eine physikalische Größe als Funktion der Raum- und
Zeitkoordinaten darstellen läßt. Falls sich die Größen nicht mit der Zeit ändern spricht
man von statischen Feldern.
2.1
Statisches Feld
2.1.1 Elektrisches Feld
Statische elektrische Felder werden durch die Anwesenheit von elektrischen
Ladungen im Raum hervorgerufen.
Bringt man in das elektrische Feld eine kleine ruhende Probeladung q ein, so
wirkt auf diese Ladung die Coulomb-Kraft F. Die elektrische Feldstärke E am Ort der
Probeladung ist dabei ein Maß für die Stärke der auf die Probeladung wirkenden Kraft:
F=q#E
Die Einheit der elektrischen Feldstärke E ist Volt pro Meter V/m.
Die elektrische Feldstärke ist wie die Kraft ein Vektor, d.h., sie besitzt einen
Betrag und eine Richtung.
Bild 2.1 zeigt ein schematisches flächenhaftes Feldlinienbild zwischen zwei
Kugelladungen. Die Dichte der Feldlinien ist dabei ein Maß für den Betrag der
Feldstärke, während ihre Tangente die Richtung des Feldstärkevektors in jedem Punkt
angibt.
Vereinbarungsgemäß ist dieser stets von der
positiven zur negativen
Ladung gerichtet.
Bild 2.1 Feldbild zur Definition der elektrischen Feldstärke E
Wird die Probeladung von einem Punkt im Raum zu einem anderen bewegt, so
ist hierfür aufgrund der auf die Ladung wirkenden Kraft Arbeit notwendig, und die
potentielle Energie W = q # ∆φ der Probeladung ändert sich entsprechend. Die
auftretende Potentialdifferenz ∆φ wird auch als elektrische Spannung U bezeichnet.
Bei Bewegungen senkrecht zur Kraftrichtung ist keine Arbeit notwendig, und es tritt
auch keine Veränderung der potentiellen Energie auf. Diese Orte konstanten
Potentials, auch Äquipotentiallinien oder im Räumlichen Äquipotentialflächen genannt,
können zusätzlich zu den Feldlinien in die Feldbilder eingetragen werden und stehen
stets senkrecht auf den
Feldlinien. Bild 2.2 zeigt eine
entsprechende
Darstellung.
Bild 2.2 Darstellung des elektrostatischen Feldes durch Feldlinien und Äquipotentiallinien
Elektrische Felder sind immer dann vorhanden, sobald zwischen zwei Punkten
eine Potentialdifferenz, also eine elektrische Spannung besteht oder Ladungen im
Raum vorhanden sind.
2.1.2 Magnetische Felder
Magnetfelder lassen sich durch ihre Kraftwirkung auf bewegte elektrische
Ladungen beschreiben.
F = q # (v x B)
Statische magnetische Felder werden durch die gleichförmige Bewegung von
Ladungsträgern, wie z.B. in einem von Gleichstrom durchflossenen Leiter, verursacht
und lassen sich wie elektrische Felder durch Feldbilder veranschaulichen. Bild 2.3
zeigt schematisch den Verlauf der magnetischen Feldlinien um einen
stromdurchflossenen Leiter.
Im Gegensatz zu elektrischen Feldern, wo die Feldlinien an positiven Ladungen
beginnen und an negativen enden, sind magnetische Feldlinien in sich geschlossen
und umschließen gleichzeitig den sie erzeugenden Strom. Die magnetische Feldstärke
H ist wiederum ein Maß für Betrag und Richtung der Kraftwirkung und ist wie die
elektrische Feldstärke ein Vektor. Ihr Betrag ist umso größer, je größer die Summe der
umschlossenen elektrischen Ströme ist. Diese Möglichkeit zur Feldverstärkung macht
man sich in Magnetspulen mit vielen Windungen zunutze.
Bild 2.3 Magnetische Feldlinien um einen stromdurchflossenen Leiter
Die Einheit der magnetischen Feldstärke H ist Ampere pro Meter A/m.
Zur Beschreibung von Magnetfeldern im Niederfrequenzbereich wird auch die
magnetische Induktion oder magnetische Flußdichte B verwendet, die über die
Materialkenngröße Permeabilität µ = µ0 # µr mit der magnetischen Feldstärke verknüpft
ist:
B=µ#H
Die Einheit der magnetischen Flußdichte ist Tesla: 1 T = 1 Vs/m². Diese Einheit
hat die ältere aber noch immer häufig anzutreffende Einheit Gauß (G) abgelöst, wobei
gilt: 1 G = 0,1 mT = 100 µT. In Luft und auch biologischen Gewebe ist µr 1, so daß
eine magnetische Feldstärke von 1 A/m einer magnetischen Flußdichte von 1,257 µT
entspricht.
Magnetische Felder sind, immer an die Bewegung von Ladungsträgern, also
einen Stromfluß gekoppelt.
Bei statischen Magnetfeldern nimmt ebenso wie bei entsprechenden statischen
elektrischen Feldern die Feldstärke mit zunehmendem Abstand von der Quelle ab.
2.2
Periodisch veränderliche Felder
Bild 2.4:
Harmonische Schwingungen zum Beispiel der elektrischen Feldstärke mit Effektivwert E, Maximalwert Ê und
Periodendauer T
Ändern sich Strom und Spannung zeitlich, so schlagen sich diese Änderungen
auch in den Feldern nieder, die durch sie verursacht werden.
Die elektrischen und magnetischen Feldstärken besitzen im Gegensatz zu
statischen Feldern keinen konstanten Wert mehr, sondern ändern sich im Takt der sie
verursachenden Spannungen und Ströme. Abbildung 2.4 zeigt den zeitlichen Verlauf
der elektrischen Feldstärke, wie sie durch eine sinusförmige Wechselspannung
verursacht wird.
Zur Beschreibung von Wechselfeldern sind weitere Kenngrößen notwendig, die
im folgenden eingeführt werden.
Als Frequenz f bezeichnet man die Anzahl der Schwingungen pro Sekunde oder den
Kehrwert der Periodendauer T:
f=1/T
Bei Ausbreitungsvorgängen und höheren Frequenzen wird häufig statt der
Frequenz die Wellenlänge angegeben, die sich als Quotient aus Ausbreitungsgeschwindigkeit c (der elektromagnetischen Welle) und Frequenz f berechnet:
=c/f
Die Ausbreitungsgeschwindigkeit ist im Vakuum am größten und dort gleich der
Lichtgeschwindigkeit co. In Materie nimmt die Ausbreitungsgeschwindigkeit umso mehr
ab, je mehr die dielektrischen und magnetischen Eigenschaften des Mediums vom
Vakuum abweichen.
Alle zeitabhängigen Größen werden durch ihre Effektivwerte oder Spitzenwerte
beschrieben.
Aufgrund der physikalischen Gegebenheiten können bei statischen und
niederfrequenten Feldern das elektrische und magnetische Feld getrennt voneinander
betrachtet, also als entkoppelt angenommen werden. Dies bedeutet, daß das
elektrische Feld nur von der Spannung U und das magnetische Feld nur vom Strom I
abhängt. Mit zunehmender Frequenz (f > 30 kHz) ist diese Betrachtungsweise immer
weniger zulässig, da jede Änderung elektrischer Felder ein Magnetfeld bedingt und
gleichzeitig jede Änderung des Magnetfelds elektrische Felder erzeugt. Die
mathematische Beschreibung dieser Tatsache findet sich in den Maxwellschen
Gleichungen.
Da im Fernfeld bei hohen Frequenzen keine Trennung von elektrischem und
magnetischem Feld mehr vorgenommen werden kann, spricht man hier von
elektromagnetischen Feldern.
Während niederfrequente Felder bedingt durch die geometrischen
Abmessungen im Wesentlichen an ihre Quellen gebunden sind, kann es im
hochfrequenten Bereich zu einer Ablösung und Ausbreitung von elektromagnetischen
Wellen in den Raum kommen. Man spricht dann von der Ausbreitung elektromagnetischer Strahlung.
Sowohl niederfrequente als auch hochfrequente elektrische, magnetische oder
elektromagnetische Felder können in leitfähigen Körpern Ströme influenzieren bzw.
induzieren (siehe Abschnitt 4).
Manche Wirkungen elektromagnetischer Wechselfelder lassen sich nur mit Hilfe
des Dualitätsprinzips veranschaulichen, indem sie nicht nur als wellenförmige
Vorgänge, sondern auch als Strahlungsquanten (Photonen) betrachtet werden.
Die Quanten- oder Photonenenergie W ergibt sich als Produkt aus dem Plankschen
Wirkungsquantum h und der Frequenz f:
W=h#f
Da die Quantenenergie mit steigender Frequenz zunimmt, erhält man den
größten Wert für die höchste Frequenz im betrachteten Frequenzbereich. Mit f = 300
GHz ergibt sich eine maximale Quantenenergie von 2·10-22 Ws, die um etwa 4
Größenordnungen unterhalb der zur Ionisation erforderlichen Energie liegt. Deshalb
rechnet man die Strahlung in diesem Frequenzbereich auch der nichtionisierenden
Strahlung (Bild 1.1) zu.
2.2.1 Niederfrequenzbereich
Im gesamten Niederfrequenzbereich, aber insbesondere bei den in der
elektrischen Energieversorgung eingesetzten Frequenzen, ist eine Vernachlässigung
der Kopplung zwischen elektrischem und magnetischem Feld zulässig, so daß
elektrische und magnetische Felder getrennt betrachtet werden können. Dabei ist das
elektrische Feld mit der Spannung und das magnetische Feld mit dem Strom verknüpft
ist. Die Feldstärken verhalten sich je nach Art der Quelle mindestens umgekehrt
proportional zum Abstand (Bild 2.5).
Bild 2.5
Beispiele für die Abnahme der magnetischen Feldstärke mit zunehmender Enfernung von der Feldquelle
(willkürliche Einheiten)
2.2.2 Hochfrequenz- und Mikrowellenbereich
In diesem Frequenzbereich können sich elektromagnetische Wellen von der
Quelle ablösen und in den Raum ausbreiten. Durch diesen Prozeß wird Energie in den
elektrischen und magnetischen Anteilen des elektromagnetischen Feldes von der
Quelle in den Raum abgestrahlt. Die Strahlungsleistung pro Flächeneinheit wird auch
als Strahlungsintensität bezeichnet und ist gleich dem vektoriellen Produkt aus
elektrischer und magnetischer Feldstärke.
Die Einheit der Strahlungsintensität ist Watt pro Quadratmeter W/m². Häufig
findet man auch Angaben in Milliwatt pro Quadratzentimeter mW/cm², dabei gilt:
1 W/m² = 0,1 mW/cm².
Beim Durchgang durch Materie kann je nach Frequenz und Material
Strahlungsenergie der elektromagnetischen Welle in unterschiedlichem Maße
absorbiert und in Wärme umgewandelt werden. Der Begriff Eindringtiefe kennzeichnet
jene Weglänge in der Materie, nach der die Leistungsdichte auf ca. 37% ihres
Ausgangswertes (entsprechend 1/e) abgenommen hat.
Wird die in Wärme umgewandelte Strahlungsenergie auf die Masse des
betrachteten Körpers bezogen, so erhält man die spezifische Absorptionsrate SAR, die
in Watt pro Kilogramm (W/kg) angegeben wird.
Das Abstrahlverhalten einer Strahlungsquelle wird im wesentlichen vom
Verhältnis der größten Abmessung der Strahlungsquelle zur Wellenlänge bestimmt,
wobei die Bündelung bei Flächenantennen umso stärker ist, je größer die
Antennenabmessung im Vergleich zur Wellenlänge ist.
Die Eigenschaften des Strahlungsfeldes hängen aber auch von der Entfernung
zur Antenne ab. Man unterscheidet hier das Nahfeld und Fernfeld. Ist der Abstand
von der Antenne groß gegenüber der Wellenlänge der Strahlung, so befindet man sich
im Fernfeld. Im Fernfeld sind die elektrische und magnetische Feldstärke in Phase und
ihre Vektoren stehen senkrecht aufeinander. Das Verhältnis aus elektrischer und
magnetischer Feldstärke ist eine reelle konstante Größe und wird als Wellenwiderstand bezeichnet.
Zur Beschreibung der Strahlungsbedingungen genügt bei idealen Bedingungen
im Fernfeld die Angabe der Leistungsdichte nach Betrag und Richtung. Durch
Reflexionen und Überlagerungen können sich jedoch auch im Fernfeld örtlich stark
unterschiedliche Feldbedingungen ergeben.
Im Nahfeld sind die Verhältnisse wesentlich komplizierter. Das Feld ist sehr
inhomogen, elektrische und magnetische Feldstärke sind nicht mehr in Phase, ihr
Verhältnis ist weder reell noch konstant. Daraus folgt das sowohl das elektrische wie
auch das magnetische Feld getrennt betrachtet werden müssen. Die Ausdehnung des
Nahfelds hängt im allgemeinen von der Wellenlänge und der Größe der Sendestruktur
ab und kann 1 - 6 Wellenlängen betragen.
Weitere Definitionen und Festlegungen zu diesem Themenkomplex sind in der
DIN VDE 0848-1 "Sicherheit in elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen
Feldern; Meß- und Berechnungsverfahren” zu finden.
3.
Quellen und Anwendungen
Die Anwendungen elektrischer, magnetischer und elektromagnetischer Felder in der
Industrie und der Kommunikationstechnik sind sehr vielseitig. Dabei wird in
unterschiedlicher Weise der gesamte Frequenzbereich zwischen 0 Hz und 300 GHz
ausgenutzt. Eine Übersicht über die unterschiedlichen Anwendungsgebiete enthält
Tabelle 3.1.
Es gibt eine Vielzahl von Quellen für elektrische und magnetische Felder. Ob
und in welcher Stärke diese Geräte und Anlagen Felder verursachen, hängt von der
jeweiligen technischen Ausführung ab. Die Tabellen 3.2, 3.3, 3.4 und 3.5 geben einen
Überblick über die Feldstärken von typischen Quellen im Alltag, in der Industrie und
der Medizin.
Tabelle 3.1 Frequenzbereiche und Anwendungsgebiete
Frequenzbereich
Anwendungsgebiete
statische Felder
Medizin, Elektrolyse, Galvanotechnik,
Hochenergiebeschleunigertechnologie, Metallurgie
< 30 kHz (NF)
Energieversorgung, Bahnstromleitungen, Induktionswärme
< 3 MHz (VLF,LF,MF)
Schweißen, Schmelzen, Rundfunk, Radioverkehr, Radionavigation
3 -30 MHz (HF)
Industrie, Aufwärmen, Trocknen, Schweißen, Leimen, Polymerisieren,
Sterilisieren, Landwirtschaft, Medizin, Radioastronomie, Rundfunk
30 - 300 MHz (VHF)
Industrie, Medizin, Rundfunk, Fernsehen, Luftverkehrskontrolle, Radar,
Radionavigation
300 - 3000 MHz
(UHF)
Fernsehen, Radar, Richtfunk, Mobilfunk, Telemetrie, Medizin,
Mikrowellenöfen, Nahrungsmittelindustrie
3 - 30 GHz (SHF)
Höhenmesser, Radar, Navigation, Richtfunk, Satelliten
30 - 300 GHz (EHF)
Radioastronomie, Radiometrologie, Raumforschung, Radiospektroskopie
Tabelle 3.2:
Beispiele für Feldstärken durch hochfrequente elektromagnetische Felder bei medizinischen Anwendungen.
Quelle
Frequenz
(MHz)
Kurzwellendiathermie
27,12
Mikrowellenerwärmung
433
2450
433
2450
6 -100
Magnetische
Resonanz
Tabelle 3.3:
Abstand
(m)
0,2
0,5
1
0,5
1
0,3 - 3
im Gerät
Typische Werte für Feldstärken/
Leistungsdichten / SAR
Bemerkungen
bis 1000 V/m
bis 500 V/m
bis 200 V/m bis 0,4 A/m
100-1000 V/m
bis 1,6 A/m
Behandlungspersonal
Patient,
unbehandelte
Körperstellen
25 W/m2
10 W/m2
6-100 W/m2
20 - 140 W/m2
Behandlungspersonal
bis 1 W/kg
Patient, gemittelt
über den ganzen
Körper
Hyperthermiebehandlung von
Patienten, unbehandelte
Körperstellen
Beispiele für die Feldstärken durch niederfrequente Felder.
Meßbedingungen
elektrische
Feldstärke
Magnetfeldstärke
V/m
µT
400 kV Hochspannungsfreileitung 50 Hz
(6 Leiter, 1300A/Phase, Spannfeldmitte)
- unter den Leitungen
- 50 Meter von Trassenmitte
- 200 Meter von Trassenmitte
10 000
250
-
110 kV Hochspannungsfreileitung 50 Hz
(6 Leiter, 325A/Phase)
- unter den Leitungen
- 50Meter von Trassenmitte
- 100 Meter von Trassenmitte
2000
<100
-
4,2
0,5
0,05
10 000 - 20 000
50
Freiluftschaltanlage 50 Hz (innerhalb der Anlage)
Niederspannungskompaktstation 50 Hz
- Außenwand
- 2 m Abstand
40
2
Mittelwert 50 Hz in deutschen Haushalten
Haushaltsgeräte 50 Hz
- 30 cm Entfernung
- 3 cm Entfernung
15
2,5
0,1
0,01 - 0,3
10 - 250
0,01 - 1
0,3 - 2000
Fernseher 15 kHz,
30 cm Entfernung
Niederspannungskabel 50 Hz (3 Leitungen, 50 A/Phase,
unsymetrische Belastung 5 A)
- auf dem Leiter
- 3 m Abstand
1 - 10
0,2
0,8
0,3
Induktionsschmelzofen 50 Hz (Industriearbeitsplätze)
0,5 - 1 m Abstand
100 - 1 000
Induktives Erwärmen 0,15 - 10 kHz
0,1 -1 m Abstand (Industriearbeitsplatz)
15 - 1250
Glühen von Schweißnähten 10 kHz
- 0,3 m Abstand (Industriearbeitsplatz)
- 0,7 m Abstand
2200
62
Kernspintomograph (0 Hz)
- Patient
- Personal im Raum
Erdmagnetfeld (0 Hz)
2000000
100000
30 -60
Tabelle 3.4:
Beispiele für Feldstärken durch hochfrequente elektromagnetische Felder in Wohngebieten.
Quelle
Frequenz
Abstand
MikrowellenKochgeräte
2,45 GHz
0,05m
0,3 m
0,62 W/m2
< 0,06 W/m2
Gerätestandard: In 5 cm
Liestungdichte < als 50 W/m2
Mittelwerte aus 130 Messungen
3
10
< 250 mW/m2
< 10 mW/m2
Leistung: 0,5 - 100 mW
Verkehrsradar
9 - 35 GHz
Diebstahlsicherung
0,9 - 10 GHz
CB-Funk
WalkieTalkies
27 MHz
m
m
Typische Werte
<
5 cm
12 cm
Starke
RundfunkTV-Sender;
UKW VHFTV
87,5-108 MHz
47-68 MHz
1,5 km
UHF-TV
470-890 MHz
1,5 km
Kurzwelle
3,95-26,1MHz
Bänder
220
50
Lang- und
Mittelwelle
23 kHz
830 kHz
"
m
m
100 m
100 m
HFExposition in
Ballungsgebieten
(USA 89)
Rundfunkund Fernsehsender
Mobiltelefon
D-Netz
10 cm
Flugüberwachungsund
Militärradars
1 -10 GHz
0,1-1 km
> 1 km
Richtfunk
10-20 GHz
500
m
2 mW/m2
bis 1000 V/m
bis
0,2 A/m
bis 200 V/m
bis
0,1 A/m
<
<
50 mW/m2
20 mW/m2
<
5 mW/m2
27,5 V/m
121 V/m
25
10
V/m
V/m
Bemerkungen
im Nutzstrahl
Leistung: wenige Watt
Leistung:
bis 100 kW
100 - 300 kW
Leistung: bis 5 MW
Leistung: 750 kW
Leistung: 490 kW
100 kW
> 200
mW/m2
> 10
mW/m2
>
0,05 mW/m2
>
0,02 mW/m2
Anteile der US-Bevölkerung
0,02 %
1
%
50
%
90
%
10 - 30 V/m
Leistung: 2 W
0,1 - 10 W/m2
<
0,5 W/m2
CW- Leistung: 0,2- 20 kW
0,4 mW/m 2
2
µW/m2
im Hauptstrahl
20 m unter Hauptstrahl
0,5 Watt Leistung
Tabelle 3.5:
Beispiele für Feldstärken am Arbeitsplätzen bei industrieller Anwendung von Hochfrequenz.
Verfahren Frequenz
Leistung
Abstand
Typische Werte
Induktive
Erwärmung
300 kHz - 1 MHz
100 kHz - 10 MHz
2 -100 kW
0,5 - 1 m
250 A/m;
1000 V/m
0,2 - 12 A/m
Ort der
Bedienperson
Induktives Löten
300 - 600 kHz
-
"
Dielektrisches
Plastikschweißen
27,12 MHz
1-10 kW
Dielektrische
Pressmaschinen
- Vorwärmung
- Verleimung
- Trocknung
27,12 MHz
2 kW
1,5 kW
-
0,5 m
0,5 m
Ort der
Bedienperson
170 V/m
200 V/m
6-8 V/m
Induktives Härten
27,12 MHz
4 kW
Ort der
Bedienperson
0,43 A/m
-
Ort der
Bedienperson
0,7 - 5 W/m2
Dielektrisches
Vulkanisieren
915 MHz - 2,45 Ghz
Nachrichtenübertragung
MW und LW Sender
Sendergeneratoren
Rumpf
800 V/m
Hände
Bemerkungen
abgeschirmt
50 - 1000 V/m
bis 8 A/m
bis 1500 V/m
bis 7A/m
bis 1000 V/m
x 2700 W/m2
bis 5 A/m
x 10000 W/m2
bis 2000 W/m2
Unmittelbar an
Antenne
bzw.Generator
4.
Biologische Wirkungen
4.0
Einführung
Die Wirkungen elektromagnetischer Felder auf biologische Systeme hängen im
allgemeinen von der Frequenz und der Intensität der einwirkenden Felder ab. Individuelle Eigenschaften (z.B. Körpergröße) und physikalische Randbedingungen (z.B.
Erdung, Ausrichtung zum Feld) können auch eine Rolle spielen.
Bei der Wirkung auf den Menschen werden drei Frequenzbereiche
unterschieden, die im folgenden näher erläutert werden:
Statische Felder
bei statischen Magnetfeldern treten quantenelektronische und magnetomechanische Wechselwirkungen sowie auf bewegten Ladungen auch induktive
Wirkungen auf.
bei statischen elektrischen Feldern können Effekte wie Aufrichten der Haare,
Elektrisierung und Entladungen auftreten.
Niederfrequente Felder (bis ca. 30 kHz)
hier dominieren bei den akuten Wirkungen die Reizwirkungen auf Sinnes-,
Nerven- und Muskelzellen
Hochfrequenz (30 kHz - 300 GHz)
hier sind die thermischen Wirkungen vorherrschend.
Im Bereich 10 kHz - 100 kHz müssen abhängig von der Frequenz teilweise beide Wirkungen berücksichtigt werden, da beide relevante Beiträge liefern können.
Neben den aufgeführten Reiz- und thermischen Wirkungen werden in der
Literatur weitere nichtthermische (athermische) Wirkungen beschrieben, ihre
biologische Relevanz wird zur Zeit intensiv untersucht. Dabei werden sowohl
Laborexperimente mit Zellen, Tieren und Menschen durchgeführt als auch epidemiologische Untersuchungen (Bild 4.1). Auch wenn einige der beobachteten Effekte
an Zellen schon bestätigt sind, so ist ihre biologische Relevanz für den Menschen
noch weitgehend unklar.
Bedenken gegenüber starken elektrischen Feldern haben ursprünglich vor etwa 30
Jahren Berichte über unspezifische vegetative Störungen bei Arbeitnehmern in
russischen Höchstspannungsanlagen ausgelöst. Diese Ergebnisse konnten jedoch in
der Folge im Westen nicht verifiziert werden und wurden daher nicht auf direkte
Einflüsse von elektrischen Feldern sondern auf mangelhafte Versuchsdurchführung,
indirekte Effekte und belastende Umweltbedingungen zurückgeführt.
Eventuelle Auswirkungen von Langzeitexpositionen gegenüber Magnetfeldern,
wie sie im Alltag auftreten, werden seit etwa 20 Jahren mit Hilfe epidemiologischer
Studien untersucht. Auf die Ergebnisse, aber auch auf die Probleme dieser
Untersuchungen wird in Kap. 4.1.1.6 näher eingegangen.
Zur Verunsicherung der Bevölkerung tragen von den Medien geprägte Begriffe
wie “Elektrosmog”, nichtwissenschaftliche Berichte, die Felder mit einer Reihe von
neurovegetativen Störungen in Verbindung bringen, aber auch die ungeklärte Frage
der Elektrosensibilität bei. Einen besonders kritischen Standpunkt nehmen sogenannte
Baubiologen ein.
Zu den folgenden Themen sind schon Untersuchungen zu
biologischen Wirkungen elektrischer und magnetischer
Felder durchgeführt worden
Studien an Probanden
s
3
Wahrnehmung und Belästigung
3
Verhalten und Physiologie
3
"Elektro-Sensibilität"
3
Änderungen der Signale des EEG und EKG
3
Biologische Rhythmen, Melatonin
s
Epidemiologische Studien
3
Korrelation Krebs bei Kindern und Wohnen in der Nähe von
Hochspannungsfreileitungen
3
Korrelation Krebs und Arbeit in "elektrischen Berufen"
3
Korrelation Magnetfeld und Alzheimererkrankung
s
Studien an Tieren
3
Einflüsse auf Neuroendokrines System und Zentralnervensystem
3
Biologische Rhythmen, Melatonin
3
Beeinflussung der Hormonproduktion der Zirbeldrüse,Melatonin
3
Einflüsse auf den Kreislauf
3
Einflüsse auf die Fortpflanzung, das Wachstum und die Entwicklung
3
Verhaltensänderungen
3
Krebsentstehung
3
Co-Promoter Krebs
s
Studien an Pflanzen
3
Wachstum und Entwicklung
s
Studien an Zell- und Gewebekulturen
3
Änderung von Potentialen an Zellmembranen, Calcium
3
Änderung zellulären Wachstums
3
Modulation von biochemischen Reaktionen
3
Zell-Kommunikation
3
Immunantwort
3
Genexpression
3
Melatonin
Bild 4.1:
Schematische Darstellung von Versuchen bei denen Effekte durch elektrische und
magnetische Felder an Zellen, Tieren und an Menschen in der Literatur beschrieben
worden sind. Über die Frage, ob diese Untersuchungen einem Zusammenhang
aufzeigen konnten, ob diese Effekte eine biologische Relevanz haben oder wie gut die
Validität der Ergebisse ist, wird damit nicht ausgesagt.
4.1
Niederfrequente Felder
Unter direkter Wirkung werden Effekte verstanden, die auf die unmittelbare
Einwirkung von Feldern auf den Körper zurückgehen. Dazu gehören die Oberflächeneffekte in starken elektrischen Feldern und die Wirkung im Körperinneren, die von
elektrischen und magnetischen Feldern verursacht werden (Bild 4.2, 4.3). Von den
direkten Wirkungen werden indirekte (mittelbare) Wirkungen unterschieden. Diese
entstehen bei der Berührung von Metallkörpern im elektrischen Feldern (Bild 4.4), zu
ihnen zählt man aber auch die Auswirkungen, die aus der Beeinflussung von
medizinischen Implantaten resultieren.
Bild 4.2:
Beispiel für eine kapazitive Einkopplung eines induzierten
Körperstroms (unmittelbare Feldwirkung)
Bild 4.3:
Beispiel für eine induktive Einkopplung eines induzierten
Körperstromes (unmittelbare Feldwirkung)
E
Bild 4.4:
Beispiel für eine galvanische Einkopplung eines
induzierten Körperstroms (mittelbare Feldwirkung)
4.1.1
Direkte Wirkungen
4.1.1.1
Oberflächeneffekte
In starken elektrischen Wechselfeldern werden Körperhaare durch Influenz und
elektrostatische Abstoßungsvorgänge zu Bewegungen angeregt, wodurch diese Felder
wahrnehmbar und ab etwa 10 kV/m für empfindliche Personen belästigend werden
können. Das vorhandene Datenmaterial beschränkt sich auf die energietechnischen
Frequenzen 50 bzw. 60 Hz. Empfindungen können auch von Mikroentladungen
zwischen scharfkantigen Objekträndern wie z.B. Brillenfassungen, Krägen,
Manschetten u. dgl. und der Haut ausgehen.
4.1.1.2
Innere Wirkungen
Die biologischen Wirkungen reichen je nach der Stärke der einwirkenden Felder
über einen weiten Bereich. Es ist sinnvoll, zwischen Reizwirkungen und anderen
biologischen Effekten zu unterscheiden.
4.1.1.3
Reizwirkungen
Die Wirkungen starker elektrischer und magnetischer Felder im Körperinneren
bestehen in der Erregung (Stimulation) von Nervenzellen oder erregbarem Muskelgewebe und können durch die von den Feldern influenzierten bzw. induzierten
intrakorporalen elektrischen Stromdichten erklärt werden. Das Stromdichtemodell, das
für die Erklärung der Reizwirkung ausreichend ist, erlaubt, unter Anwendung
gesicherter physikalischer Grundgesetze, äußere elektrische und magnetische Felder
gemeinsam zu diskutieren. Dabei kann auf bereits gut fundiertes Wissen über
Reizwirkungen zurückgegriffen werden. Dazu gehören die in zahlreichen Versuchen
seit der Entdeckung der Elektrizität, wie die im Zusammenhang mit der Analyse von
Elektrounfällen und die bei der medizinischen Anwendung der Reizstromtherapie im
Verlauf vieler Jahrzehnte gewonnenen Ergebnisse. Reizwirkungen sind unmittelbar an
die Präsenz des Feldes gebunden. Bleibende Veränderungen können ausgeschlossen
werden.
Für Reizwirkungen ist die Existenz einer Schwelle und die
Frequenzabhängigkeit charakteristisch:
1. Es existiert eine Reizschwelle, die überschritten werden muß, um eine Erregung
auszulösen. Die Erregung einer Zelle selbst jedoch gehorcht dem “Alles- oder Nichts-”
Gesetz und kann durch größere Reizstärken oberhalb der Reizschwelle nicht mehr
gesteigert werden.
2. Die Auslösung der Erregung hängt vom zeitlichen Reizverlauf ab : Zu geringe
zeitliche Reizänderungen ( zu niedrige Frequenzen) und zu kurze Reize (zu hohe
Frequenzen) können auch bei hoher Reizstärke keine Erregung auslösen.
100
J N( f)
10
J( f)
1
1
10
100
1000
4
1 10
f
Spur 1
Spur 2
Bild 4.6
Prinzipielle Abhängigkeit der reizwirksamen Stromdichte von der Frequenz. Als Bezugswert dient der
Basiswert 2mA/m2t. Kurve A: Ausgleichsvorgänge in der Membran die das Lapiquesches Gesetz beschreibt.
Kurve B: In der Norm verwendete vereinfachter Geradenzug.
In Abhängigkeit von der Stromdichte können bei niedrigen Frequenzen folgende
Wirkungsbereiche unterschieden werden.
Tabelle 4.2
Stromdichten, die zwischen 3 und 300 Hz zu den angegebenen biologischen Wirkungen führen.
Wirkungen
Extrasystolen und Herzkammerflimmern möglich, deutliche Gesundheitsgefahren
Stromdichten in mA/m²
> 1000
Veränderung in der Erregbarkeit des zentralen Nervensystems bestätigt; Reizschwellen;
Gesundheitsgefahren möglich
100 -1000
Gut bestätigte Effekte, visuelle (Magnetophosphene) und mögliche Nervensystemeffekte;
Berichte über beschleunigte Knochenbruchheilung
10 -100
Berichte über subtile biologische Wirkungen
Abwesenheit gut gesicherter Effekte
1 - 10
<1
Diese Wirkungen sind Stromdichten infolge der Einwirkung von elektrischer und
magnetischer Feldern gemeinsam. Aus den Stromdichten können mit Hilfe von
Modellrechnungen die dazugehörigen äußeren Feldstärken berechnet werden. Die
Angaben verschiedener Autoren über den Zusammenhang zwischen den äußeren
Feldstärken und den durch sie im Körperinneren verursachten Stromdichten
unterscheiden sich jedoch. Der Grund dafür liegt in der Wahl unterschiedlicher Modelle
zur Nachbildung des menschlichen Körpers, seiner äußeren Form und inneren
Komplexität. Bei der Festlegung von Grenzwerten wird den Vereinfachungen der
Modellrechnungen und der eingeschränkten Übertragbarkeit der Versuchsergebnisse,
die der Tab. 4.2 zugrunde liegen, mit Hilfe von zusätzlichen Faktoren Rechnung
getragen.
Je nach Feldart und Frequenz ergeben sich folgende Zusammenhänge:
a) Elektrostatische Felder
Aufgrund der Influenzwirkung ist das Körperinnere feld- und stromdichtefrei;
durch Leckströme verursachte Stromdichten können vernachlässigt werden.
b) Elektrische Wechselfelder
Der Gesamtstrom durch den Körper infolge der kapazitiven Ankopplung läßt
sich sowohl meßtechnisch als auch theoretisch gut ermitteln. Die abgeschätzten
Stromdichten J im Körperinneren hängen jedoch von der gewählten Modellvorstellung
und dem betrachteten Körperbereich ab. In 1. Näherung läßt sich bei Mittelung über
nicht zu kleine Flächen folgender Zusammenhang angeben:
J = k # 2% # f # o # Eo
k
J
f
Eo
o
Formfaktor Mensch: 13....18; Kugel: 3
Körperstromdichte (A/m²)
Frequenz (Hz)
ungestörte Feldstärke (V/m)
elektrische Feldkonstante 8,854 10-12 As/Vm
Für die Influenz einer Stromdichte von 1 mA/m² im Kopf oder Herzbereich eines
homogenen Modells sind unter Zugrundelegung ungünstigster Expositionsbedingungen folgende äußere Feldstärken erforderlich:
Kopf
7 kV/m bis 20 kV/m
Herzbereich 7 kV/m bis 14 kV/m
An anderen Körperstellen wie z.B. den Knöcheln mit der vergleichsweise
geringen Querschnittsfläche bei einem relativ hohen Anteil schlecht leitender Knochen
und Sehnen liegen lokale Stromdichten erheblich (um mehr als das 10fache) höher.
c) Magnetostatische Felder
In einem statischen Magnetfeld können in einem Körper elektrische
Spannungen induziert werden, wenn sich im Körper bewegte Ladungsträger befinden
(Hall-Effekt) oder wenn sich der gesamte Körper in einer Weise bewegt, daß sich die
Durchflutung ändert (Induktion). Im Falle des Menschen geschieht dies in nennenswertem Ausmaß in den großen Blutgefäßen des Kreislaufes mit rasch fließendem Blut
bzw. im sich rasch bewegenden Herzen oder wenn der ganze Körper rotiert. Die
elektrische Spannungen bewirken in leitfähigen Geweben eine Stromdichte.
Die Stromdichte kann mit der Bewegungsgeschwindigkeit v und dem
spezifischen Widerstand ) abgeschätzt werden zu
B
v
)
J = (B # v) # )
magnetische Flußdichte (T),
Bewegungsgeschwindigkeit (m/s)
(1/6 # m)
d) Magnetische Wechselfelder
Während die intrakorporale Stromdichteverteilung infolge elektrischer
Wechselfelder über dem Körperquerschnitt lediglich aufgrund der inhomogenen
Leitfähigkeitsverteilung variiert, ist im Fall magnetischer Wechselfelder zusätzlich die
durch den Induktionsvorgang bedingte starke Ortsabhängigkeit zu berücksichtigen. Im
Körperzentrum ist die Stromdichte Null und erreicht im Oberflächenbereich ihr
Maximum. Für kreisförmige Strombahnen erhält man für die Stromdichte die
Beziehung
r
J=B#%#f#r#)
Radius der Kreisbahn des Stroms im Körper, (m)
aus der hervorgeht, daß die Stromdichte porportional dem Radius und der
Leitfähigkeit ist.
Üblicherweise verwendet man für den Menschen die folgenden Parameter:
Radius 0,1 m (Kopf); 0,2 m (Thorax) und die Leitfähigkeit 0,1- 0,4 (1/6m). Bei
Berücksichtigung längsgestreckter Strombahnen erhöhen sich beim Menschen die
berechneten Stromdichten gegenüber dem kreisförmigen Fall um etwa einen Faktor 2.
Es gibt auch schon Rechenmodelle (z.B. FDTP, finite-difference-time domain),
die mit hoher räumlicher Auflösung die Stromdichte im Körper berechnen können. Es
zeigt sich, daß die Stromdichten im Körper sehr inhomogen ist.
4.1.1.4
Andere biologische Effekte
In der Literatur werden neben der Reizwirkung auch andere biologische Effekte
beschrieben, für die noch keine Wirkungsmodelle bekannt sind und die auch teilweise
schon unterhalb der Schwelle für Reizwirkungen auftreten.
Während das Modell der direkten Wirkung intrakorporaler Stromdichten bei
jenen Effekten Berechtigung besitzt, die eine makroskopische Betrachtungsweise
erlauben, muß für andere Effekte, wie z. B. Freisetzung von Kalziumionen oder die
Aktivierung von Enzymen an der Zellmembran auf zusätzliche Wechselwirkungshypothesen, wie die Existenz weiterer z.B. lokaler Phänomene, zurückgegriffen
werden. Ein Reihe von Effekten, die sowohl bei Versuchen mit Zellkulturen als auch
mit Organen und Tieren gefunden wurden, deutet an, daß magnetische Felder auf den
“Spiegel” und damit auf die Wirkung des Hormons Melatonin einen Einfluß ausüben
können.
Gemeinsam ist diesen Effekten, daß sie derzeit - auch wenn gewisse
experimentell in in-vitro Versuche an Zellen oder Organen gesichert erscheinen - im
Hinblick auf ihre gesundheitliche Bedeutung für Gesamtsysteme nicht bewertet werden
können.
4.1.1.5
Mutagene/Teratogene Effekte
Bei sehr großen Flußdichten (30 mT) wurde eine schwache teratogene Wirkung
an Ratten gefunden. Andere Studien zur teratogenen Wirkung und zu anderen
negativen Beeinflussungen der Schwangerschaft durch elektromagnetische Felder
(insbesondere Arbeit während der Schwangerschaft an Bildschirmarbeitsplätzen)
waren meist negativ oder ergaben keine signifikanten Effekte. Das gleiche gilt für die
Studien zur Wirkung Feldern, die von Haushaltsgeräten, insbesondere für elektrische
Heizdecken, erzeugt werden.
Es gibt keine experimentellen oder epidemiologischen Hinweise darauf, daß in
der Praxis vorkommende elektrische oder magnetische Felder Veränderungen am
Erbgut bewirken könnten. So haben die Studien, die den Zusammenhang zwischen
der Exposition von Vätern und Krebserkrankungen der Kinder untersuchten, keine
verwertbare Aussage ergeben.
4.1.1.6
Felder und Krebs
Zur Frage, ob schwache niederfrequente elektrische und magnetische Felder zu
einer Erhöhung der Krebsinzidenz beitragen, wurden in den letzten 15 Jahren mehr als
100 epidemiologische Studien durchgeführt. Die meisten Studien betrafen
Beschäftigte in sogenannten "elektrischen" Berufen, ein zweiter Schwerpunkt waren
Kinder in ihrer Wohnumwelt. Obwohl das Studiendesign sehr uneinheitlich war, kann
man feststellen, daß am häufigsten die Frage gestellt wurde, ob der "elektrische" Beruf
oder der Aufenthalt in erhöhten Magnetfeldern (Größenordnung einige Zehntel µT) zu
einer Häufung von Krebs ohne Differenzierung nach der Art des Krebses oder bei
spezifischen Krebsarten zu einer Häufung von Leukämie und Gehirntumoren geführt
hat.
Eine Reihe von Studien zeigte einen schwachen Zusammenhang zwischen der
Feldexposition und der untersuchten Krebsart. Wenn mehrere Studien zusammen
betrachtet werden (Metastudie) ergibt sich häufig eine nicht signifikante Verdoppelung
des betrachteten Krebsrisikos. Es gibt auch eine Reihe von Studien, die keinen
Zusammenhang finden konnten. Die Ergebnisse der Studien müssen aber sehr
differenziert betrachtet werden.
Generell kann festgestellt werden, daß bei einer Bewertung der Ergebnisse der
epidemiologischen Studien insbesonders deren statistische Aussagekraft, die Art und
Weise der Expositionsbestimmung und allgemein das Fehlen von Modellvorstellungen
für eine Krebsverursachung problematisch sind. Diese und weitere gravierende
Mängel müssen durch einschlägige Forschung behandelt werden, bevor die
Epidemiologie eine klärende Rolle in der Krebsfrage spielen kann. Deshalb besteht
international Übereinstimmung mit der Konsequenz, daß in die Grenzwertüberlegungen die Ergebnisse der epidemiologischen Studien nicht einbezogen
werden.
Dafür, daß elektrische und magnetische Felder bei Feldstärken, wie sie am
Arbeitsplätzen oder auch in der Wohnumgebung auftreten, Krebs auslösen können,
gibt es keine Hinweise.
Neben den epidemiologischen Studien gibt es eine Reihe von
Laborexperimenten an Zellen und Tieren, die auf einen Zusammenhang von einer
Beschleunigung des Krebswachstums und dem Vorhandensein von magnetischen
Feldern im Bereich von 1 - 100 µT hindeuten. So wurde bei Ratten mit chemisch
induziertem Brustkrebs bei Magnetfeldstärken von 50 und 100 µT ein schnelleres
Wachstum der Tumoren beobachtet. Diese und auch andere Tierexperimente sind zur
Zeit aber noch nicht von anderen Arbeitsgruppen wiederholt worden. Es gibt eine
Vielzahl von Versuchen, die teilweise einen Zusammenhang nahelegen, teilweise aber
keine Wechselwirkungen finden. Eine einheitliche Bewertung der verschiedenen
Laborversuche ist zur Zeit noch nicht möglich, da es kein Wirkungsmodell gibt und die
Übertragung auf den Menschen nicht geklärt ist.
4.1.1.7
Felder und andere Erkrankungen
In der letzten Zeit wurden epidemiologische Untersuchungen publiziert, die auf
einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Alzheimer-Krankheit und der
Exposition gegenüber Magnetfeldern von Nähmaschinen in Textilberufen befassen. Da
über die Ursachen der Alzheimer-Krankheit wenig bekannt ist und keine Umstände
bekannt sind, die einen Zusammenhang nahelegen, müssen weitere Untersuchungen
abgewartet werden, bevor Aussagen gemacht werden können.
4.1.1.8
“Elektrosensibilität”
Die Frage der Elektrosensibilität, d.h. ob es Personen mit einer besonderen
Empfindlichkeit für elektrische und/oder magnetische Felder gibt, wird derzeit durch
mehrere Forschergruppen mit unterschiedlichen Ansätzen untersucht. Die von
manchen Personen geäußerten Vermutungen hinsichtlich einer eigenen besonderen
Empfindlichkeit konnten in Experimenten nicht verifiziert werden. Die Trennung von
unspezifischen psychosomatischen Beschwerden ist schwierig.
4.1.2
Indirekte Feldwirkungen
4.1.2.1
Mittelbare Feldwirkungen
Mittelbare Feldwirkungen beruhen auf Körperströmen und Berührungsspannungen, die sich durch Annäherung oder Berührung von elektrisch leitfähigen
Teilen ergeben (Bild 4.4). Auch die Störung und Beeinflussung von Körperhilfen (z.B.
Herzschrittmacher) kann als mittelbare Feldwirkung angesehen werden.
In elektrischen Feldern können sich isolierte leitfähige Objekte (z.B.
Kraftfahrzeuge unter Hochspannungsleitungen) aufladen, und wenn sie berührt
werden, gibt es eine Entladung (Mikroschock). Solange das Objekt berührt wird, fließt
im Wechselfeld ständig Strom zur Erde ab. Die Wahrnehmungsschwellen für
Funkenentladungen und die Ströme sind abhängig von der Empfindlichkeit der
betreffenden Person und den Eigenschaften des berührten Gegenstandes. So können
im elektrischen Feld einer Hochspannungsleitung unter ungünstigen Umständen schon
Feldstärken von bis zu 0,5 kV/m wahrgenommen werden. Bei diesen Effekten zeigte
sich, daß Frauen und Kinder empfindlicher als Männer sind. Auch wenn die im Alltag
auftretenden Effekte durch indirekte Wirkungen nicht sehr häufig sind und in der
Regel als nicht gesundheitsschädlich angesehen werden, so können sie doch als
Belästigung empfunden werden.
Tabelle 4.4
Schwellenwerte für die Wirkung elektrischer Strömen (50 /60 Hz), die durch den Körper fließen (aufgrund
experimenteller Daten für 50% aller Männer). Zu beachten ist, daß die Stromschwelle für Frauen etwa 2/3, die
für Kinder nur die Hälfte der angegebenen Werte beträgt. Bei einem geringen Prozentsatz aller Personen
liegen die Schwellenwerte deutlich niedrieger (Strahlenschutzkommission 95).
Wirkung
Schwellenwerte des Stroms in mA
Herzkammerflimmern (Einwirkzeit länger als 1 Sekunde) für 0,5 % der Personen
100
Schwerer elektrischer Schlag (Loslassen unmöglich)
23
Schmerzhafter elektrischer Schlag, unwillkürliche Muskelkontraktion (Griffkontakt;
Stromstärke, die bei 50 % aller Männer das Loslassen nicht mehr gestattet)
16
Schmerzhafter elektrischer Schlag, unwillkürliche Muskelkontraktion (Griffkontakt;
Stromstärke, die bei 0,5 % aller Männer das Loslassen nicht mehr gestattet)
9
Schmerzhafter elektrischer Schlag (Fingerkontakt)
1,8
Elektrischer Schlag, nicht schmerzhaft (Griffkontakt)
1,8
Wahrnehmung (Griffkontakt)
1,1
Berührungswahrnehmung (Fingerkontakt)
0,36
4.1.2.2
Elektronische Implantate
In Mitteleuropa sind ca. 4 % der Menschen auf einen implantierten
elektronischen Herzschrittmacher angewiesen. Werden in dem Schrittmacher selbst
oder über die Sonde zum Herzinneren durch äußere elektromagnetische Felder
Signale eingekoppelt, so kann dies zu einer Beeinflussung der Funktion des
Schrittmachers führen. Eine ganze Reihe von Geräten, wie z.B. elektrische
Bohrmaschinen, Diebstahlsicherungsanlagen, Diathermiegeräte usw., können Herzschrittmacher potentiell stören. Die Bandbreite der möglichen Beeinflussungen reicht
von einer eher unbedeutenden einmaligen Intervallverlängerung bis hin zu "Stolperrhythmen", wenn zum Eigenrhythmus des Herzens noch der des Herzschrittmachers
kommt. Berichte über Gefährdungen sind sehr selten, die Dunkelziffer ist jedoch
unbekannt. Erschwerend kommt hinzu, daß die Empfindlichkeit der verschiedenen
Schrittmachertypen (z.Z ca. 250) unterschiedlich ist bzw. bei modernen Geräten an die
Bedürfnisse des Patienten angepaßt werden kann.
Beeinflussungen durch elektronische Geräte im Haushalt, die sich in einem
Abstand von mehr als 30 cm vom Herzschrittmacher befanden, sind nicht bekannt
geworden.
Neben den Herzschrittmachern gibt es noch eine ständig wachsende Anzahl
von elektronischen Implantaten (z.B. Insulinpumpen, Hörgeräte). Über deren Beeinflußbarkeit durch elektromagnetische Felder ist nicht sehr viel bekannt.
4.2
Hochfrequente Felder
4.2.1
Direkte Feldwirkungen
4.2.1.1
Thermische Effekte
Die Energie hochfrequenter Felder wird von biologischem Gewebe absorbiert.
Die Energieübertragung erfolgt durch verschiedene frequenzabhängige Mechanismen,
hauptsächlich jedoch durch Polarisation gebundener Ladungen, Orientierungsschwingungen permanenter Dipole (z.B. Wasser), Schwingungs- und Rotationsbewegungen
innerhalb von Molekülen oder Verschiebung freier Ladungsträger. Bei diesen Vorgängen entsteht infolge von Reibung im Gewebe Wärme. Auf molekularer und
zellulärer Ebene ist die pro Zeiteinheit absorbierte Energie von den Gewebeeigenschaften und der jeweiligen Feldstärke im Material abhängig. Durch die absorbierte
Energie kann es zu lokalen Erwärmungen oder zu einer Erwärmung des ganzen
Körpers kommen. Weiter können Ladungsverschiebungen in der Umgebung und
innerhalb einer biologischen Zelle dazu führen, daß Membranspannungen sich ändern
(die sich daraus ergebenden Reizwirkungen sind nur unterhalb von ca. 30 kHz
relevant). Beide Effekte sind stark frequenzabhängig.
Der menschliche Körper stellt für das elektromagnetische Feld eine Antenne
(resonanzfähiges Gebilde) dar. Je nachdem in welchem Verhältnis die Körpergröße
(auch Teile des Körpers) zur Wellenlänge steht, kann der Körper unterschiedlich gut
Energie aus dem Feld aufnehmen (Bild 4.7).
Resonanzbereich
Subresonanz-
Teil-
bereich
Ganzkörper
Hot Spot
Oberflächen-
Bereich
absorptions-
körper
bereich
(Kopf)
30
Bild 4.7:
300
400
2000
f (MHz)
Qualitativer Verlauf der im Körper absorbierten Leistung (SAR) durch die Absorptionscharakteristik eines
Menschen. Voraussetzung: Gleiche Feldstärken für die unterschiedlichen Frequenzen
Im unteren Frequenzbereich (Subresonanzbereich, unterhalb von 30 MHz)
nimmt die absorbierte Energie etwa mit dem Quadrat der Frequenz zu. Die Eindringtiefe dieser Felder in den menschlichen Körper ist groß. Die Verteilung der
absorbierten Leistung im Körper ist inhomogen. Im Resonanzbereich (30 - 300 MHz)
sind die Maße der absorbierenden Strukturen (z.B. Größe des Menschen oder von
Körperteilen) und die Wellenlänge der elektromangetischen Felder von ähnlicher
Größenordnung und der Körper kann am effektivsten Energie aus dem Feld
absorbieren. Die Resonanzfrequenzen für Kinder höher liegen als für Erwachsene.
Oberhalb des Resonanzbereiches (300 MHz - 300 GHz) ist die Wellenlänge hingegen
klein im Vergleich zu den beim Menschen auftretenden geometrischen Abmessungen.
Mit steigender Frequenz wird die Eindringtiefe der elektromagnetischen Felder immer
kleiner. Bei 433 MHz beträgt die mittlere Eindringtiefe in Muskelgewebe ca. 2 cm, bei
2,4 GHz nur noch 6 mm. Oberhalb von 10 GHz ist die Temperaturerhöhung auf die
Oberfläche des Körpers begrenzt. Durch Überlagerung kann es im Frequenzbereich
von 400 - 3000 MHz zu räumlich eng begrenzten Erwärmungen im Körper kommen
(Hot Spots). Das Phänomen des "Hörens" von pulsförmig amplitudenmodulierter
Hochfrequenzstrahlung (1 - 1000 µs-Pulse), wie sie bei Radarstrahlung im
Frequenzbereich von 200 - 3000 MHz auftreten kann, kann ebenfalls durch thermisch
ausgelöste Effekte erklärt werden. Die Größe des Effektes ist stark abhängig von der
Frequenz, der Intensität und der jeweiligen Pulsfrequenz. Bei 2,45 GHz liegt die
Hörschwelle für diesen Effekt (Impulsbreiten von 1 - 32 µs)
bei
Spitzenimpulsflußdichten zwischen 10 und 400 kW/m2.
Da die Wechselwirkung von Hochfrequenzenergie mit biologischen Objekten
sehr komplex ist (z.B. durch die Abhängigkeit von der äußeren und inneren Geometrie), wird bei den Betrachtungen für den Schutz von Personen das System dadurch
beträchtlich vereinfacht, daß nur die Konfigurationen mit den maximalen Energieabsorptionen betrachtet werden. Bei der Beschreibung einer Ganzkörperexposition wird
die absorbierte Leistung räumlich über den ganzen Körper integriert und durch die
Körpermasse dividiert. Diese Größe ist die durchschnittliche spezifische absorbierte
Rate (SAR), in [W/kg]. Werden nur Teile des Körpers bestrahlt (z.B. bei körpernahen
Sendern) oder müssen Inhomogenitäten im Körper berücksichtigt werden (z.B. die
Augenlinse), so ist die Verwendung lokaler SAR notwendig. Dabei wird über eine
kleinere Masse (1, 10, 100 g) gemittelt.
Die Absorption im Körper ist abhängig von der jeweiligen Gewebeart, was zu
sehr ungleichförmigen SAR-Werten führt. Zusätzlich wird durch die unterschiedliche
Durchblutung die Wärme unterschiedlich gut abtransportiert, was Temperaturunterschiede im Körper zur Folge hat. Weitere Effekte (lokale SAR-Erhöhungen durch
Reflexion) können sich durch metallische Implantate ergeben.
Der durchschnittliche energetische Grundumsatz des Menschen beträgt ca. 1
W/kg, beim Gehen erhöht sich der Umsatz des Organismus auf 3 bis 5 W/kg. Eine
Einstrahlung von 4 W/kg führte bei verschiedenen Versuchen nach ca. 30 min zu einer
durchschnittlichen Temperaturerhöhung von weniger als 1 Grad. Wie ein Organismus
auf den zusätzlichen Wärmeeintrag reagiert, hängt von verschiedenen Umgebungsparametern (Temperatur, Luftfeuchte) sowie der Leistungsfähigkeit der Thermoregulation des jeweiligen Individuums ab. Der Mensch verfügt über eine Reihe von
Temperatursensoren und -regelkreisen. Um auch bei Menschen mit gestörter
Thermoregulation zu keinen negativen Effekten durch die eingestrahlte Hochfrequenz
zu kommen, sollte die Temperaturerhöhung nicht mehr als 0,1 - 0,5 Grad betragen. In
lokal begrenzten Bereichen kann durch eine schlechte Durchblutung und/oder
Brechung der einfallenden Welle die Temperaturerhöhung erheblich höher sein.
Leistungsdichten von mehr als 1 kW/m² (über einige Minuten) können in der
Augenlinse zur Kataraktbildung führen. Ob bei chronischer Exposition oder bei
gepulster Strahlung auch bei niedrigeren Leistungsdichten schon Effekte am Auge
auftreten, ist noch nicht abschließend geklärt. Bei der Hochfrequenzwärmetherapie
werden SAR-Werte von 10 bis 50 W/kg verwendet, um das betreffende Gewebe
aufzuwärmen und so einen therapeutischen Effekt zu erzielen. Für die meisten
Frequenzen ist die Oberflächenwahrnehmung von Wärme und Hitzeschmerz ein unzuverlässiger Indikator, da die Energie hauptsächlich in den tieferen Schichten, d.h.
unterhalb der Hautrezeptoren für Wärme, absorbiert wird. Bei Bestrahlung von Tieren
durch elektromagnetische Felder zeigte sich, daß bei einem mittleren SAR-Wert von
4 W/kg schon Temperaturerhöhungen in Teilen des Körpers auftreten, es aber zu
keiner Erhöhung der Körperkerntemperatur um mehr als ein Grad kommt. Thermische
Wirkungen unter 3-4 W/kg (Ganzkörperexposition) sind in der Literatur nicht
beschrieben worden.
4.2.1.2
Athermische Effekte
Bei Versuchen an Tieren und Zellkulturen traten bereits zwischen 0,4 und
1 W/kg verschiedene Effekte auf. So gibt es Berichte über Beeinflussungen des
Zentralnervensystems, Wirkungen auf die blutbildenden Organe, von funktionellen
Störungen, Veränderungen von Reflexen bei Versuchstieren, Beeinträchtigung der
Sinneswahrnehmung, Veränderungen in Wirkungsmechanismen und der Wirksamkeit
von Medikamenten. Viele in der Literatur vorgestellte Effekte (z.B. Änderung des
Calcium-Flusses von Zellen) können nicht mit dem Konzept der Wärmewirkung erklärt
werden. Diese sogenannten athermischen Effekte treten teilweise schon bei Werten
auf, die weit unterhalb der Grenze für thermische Wirkungen (3-4 W/kg) liegen. Sie
sind jedoch oft nur auf spezielle Frequenzen und Intensitäten begrenzt. Manche
Effekte traten nur bei gepulsten Feldern auf. Dies gilt besonders für niederfrequent
amplitudenmodulierte Hochfrequenzfelder, wie sie z.B. für das Radar und die
Mobilfunk-GSM-Netze benutzt werden. Für solche Felder werden verschiedene
Effekte, wie z.B. die Änderung der Signalleitungsgeschwindigkeit im autonomen
Nervensystem des Menschen, in der Literatur beschrieben. In der Schweiz ergaben
Untersuchungen in der Umgebung eines Kurzwellensenders (6 - 21 MHz) Hinweise auf
eine mögliche Beinflussung des Schlafverhaltens. Es liegen aber sehr wenige
konsistente Daten für Effekte am Menschen vor. Die Mechanismen, die zu diesen
athermischen Effekten führen, sind zur Zeit nicht bekannt und daher derzeit Thema
der Forschung. Ob und welche der gefundenen Effekte für die Gesundheit des
Menschen eine Bedeutung haben könnten, ist derzeit noch unklar.
4.2.2 Mittelbare Feldwirkungen
Auch im hochfrequenten Bereich kann es zu mittelbaren Feldwirkungen
kommen. So kann es beim Berühren von leitfähigen Gebilden zu Verbrennungen (sog.
Hochfrequenzverbrennungen) oder Schocks kommen. Zündfähige Gasgemische
können durch Funkenentladungen zur Explosion gebracht werden. Diese Effekte
hängen sehr von der Geometrie des leitfähigen Gebildes ab (optimale Abstimmung auf
den jeweiligen Sender). Auch eine Beeinflussung von Herzschrittmachern, z.B. durch
Sender, ist möglich. Mobiltelefone (Handies) können einige Typen von
Herzschrittmachern beeinflussen. Aber wenn ein Abstand von ca. 30 cm
(Schrittmacher bis zum Handy) eingehalten wird, ist eine Beinflussung sicher
auszuschließen.
4.3
Computer-Monitore
Computer-Monitore haben wenig mit den biologischen Wirkungen von
elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Feldern zu tun. Dieses wurde
durch eine Vielzahl von Untersuchungen gezeigt. Sie wecken aber in zweilerlei
Hinsicht Aufmerksamkeit.
Die Eigenschaft “strahlungsarm” assoziiert einen Schutz. Sie ist ursprünglich in
Schweden nur aus der Orientierung an einem mittleren Emissionswerten von
verschiedenen Monitore entstanden, ist somit ein Produktstandart, ohne jeden Bezug
zu biologischen Wirkungen.
Die meisten derzeitigen Monitore arbeiten mit einer Elektronenstrahlröhre,
deren Strahl mit magnetischen Feldern abgelenkt wird. Dieses Prinzip bewirkt eine
große Empfindlichkeit gegenüber äußeren Feldern, die Bilder verzerren und Farben
verfälschen können. Elektrische Felder lassen sich leicht abschirmen, und spielen
praktische keine Rolle. Dagegen können magnetische Felder ab ca. 0,5 µT stören;
dabei sind große strahlungsarme Monitore empfindlicher als kleine. Dieses Problem
läßt sich in der Regel gut durch eine Vergrößerung des Abstand zur Feldquelle lösen.
Ist dies nicht möglich gibt es auch Abschirmungen, diese sind aber sehr kostspielig.
5.
Zulässige Werte
5.1
Grenz- und Richtwerte
Alle Institutionen, die für dieses Gebiet Grenzwertempfehlungen erarbeitet
haben, sind nach dem folgenden Muster vorgegangen: Nach Sichtung der in der
Literatur beschriebenen Effekte wurde überprüft, welche dieser Effekte schon als
gesichert angesehen werden können. Dann wurde untersucht, welche dieser Effekte
zu biologisch relevanten Wirkungen führen. Dann wurde untersucht, welche dieser
Effekte zu biologisch relevanten Wirkungen im Sinne einer Schädigung, Gefährdung
oder wesentlichen Belästigung führen. Grenzwerte wurden dann unterhalb der
niedrigsten Schwelle für als gesundheitsrelevant erachtete Wirkungen mit unterschiedlichen Abständen zu diesen festgelegt. Nicht gesicherte Effekte und solche, die
auf Grund des aktuellen Wissensstandes nicht erwartet bzw. erklärt werden, bilden
keine Basis für solche Grenzwertfestlegungen. Dazu gehören insbesonders die
Resultate der epidemiologischen Untersuchungen zum Thema Magnetfelder und
Krebs.
Da die Wirkungen, die einer Grenzwertempfehlung zu Grunde liegen, für die
Bereiche der Hoch- und der Niederfrequenz verschieden sind, gibt es für beide
Bereiche auch unterschiedliche Empfehlungen und Festlegungen.
Im Niederfrequenzbereich ist die biologisch relevante Größe die durch
elektrische Wechselfelder influenzierte oder durch magnetische Wechselfelder
induzierte elektrische Stromdichte, im Hochfrequenzbereich ist es die spezifische
Absorptionsrate. Man bezeichnet sie daher als Basisgrößen, die für sie festgelegten
Grenzwerte als Basisgrenzwerte. Zur Begrenzung der Oberflächeneffekte, die im
Niederfrequenzbereich zu Belästigungen führen können, wird hier auch für die
elektrische Feldstärke ein Basisgrenzwert festgelegt. Da im Körper erzeugte
Stromdichten und SAR-Werte meßtechnisch nicht zugänglich sind, werden aus den
Basisgrenzwerten mit Hilfe von Modellrechnungen unter konservativen Annahmen
zulässige äußere elektrische und magnetische Feldstärken und Leistungsdichten
berechnet, die die Grundlage für die Beurteilung einer Expositionssituation bilden. Bei
der Festlegung der Grenzwerte für die abgeleiteten Größen werden von den
verschiedenen Institutionen teilweise auch indirekte Effekte und die Beeinflussung von
Implantaten implizit mit berücksichtigt oder explizit durch eigene Werte abgedeckt.
Zusätzliche Komplikationen, die einen unmittelbaren Vergleich zwischen den in den
verschiedenen Ländern geltenden oder vorgeschlagenen Grenzwerten erschweren,
wenn nicht unmöglich machen, ergeben sich durch die unterschiedliche Definition ihrer
Anwendungsbereiche. Beispielsweise wird von IRPA/ INIRC/, ICNIRP/, WHO und
vielen Ländern zwischen beruflicher Exposition und der Exposition der Allgemeinbevölkerung unterschieden. Ein alternatives Konzept ist die Differenzierung nach
Expositionsbereichen wie in Deutschland und USA, wobei aber selbst hier die
Expositionsbereiche nach etwas unterschiedlichen Kriterien festgelegt werden.
Die Tabellen 5.2 und 5.3 geben einen Überblick über eine Reihe von
abgeleiteten zulässigen Werten, die von verschiedenen Institutionen in den unterschiedlichen Ländern veröffentlicht worden sind. Neben den zulässigen Werten für die
direkte Feldeinwirkung (V/m, A/m und W/m2) bei Berufstätigen und der Bevölkerung
gibt es im allgemeinen noch zulässige Werte für indirekte Feldeinwirkungen, Herzschrittmacher, Sender kleiner Leistung, Teilkörperexposition, Kurzzeitexposition,
gepulste Strahlung usw..
Tabelle 5.1a
Basiswerte für beruflich exponierte Personen (Entwurf ICNIRP1997)
Frequenzen
Induzierte
Stromdiche
(mA/m²)
1 - 4 Hz
40 /f
4 - 1000Hz
10
1000 Hz - 100 kHz
f/100
100 kHz - 10 MHz
f/100
10 MHz -10 GHz
SAR
Gesamtkörper
mittelwert
(W/kg)
Lokale SAR
(Gliedmaßen)
(W/kg)
Lokale SAR
(Kopf und
Rumpf)
(W/kg)
0,4
10
20
0,4
10
20
10 Ghz - 300 GHz
Tabelle 5.1b
Leistungsflußdichte
(W/m²)
50
Basiswerte für allgemeine Bevölkerung (Entwurf ICNIRP1997)
Frequenzen
Induzierte
Stromdiche
(mA/m²)
1 - 4 Hz
8 /f
4 - 1000Hz
2
1000 Hz - 100 kHz
f/500
100 kHz - 10 MHz
f/500
10 MHz -10 GHz
10 Ghz - 300 GHz
SAR
Gesamtkörper
mittelwert
(W/kg)
Lokale SAR
(Gliedmaßen)
(W/kg)
Lokale SAR
(Kopf und
Rumpf)
(W/kg)
0,08
2
4
0,08
2
4
Leistungsflußdichte
(W/m²)
10
Tabelle 5.2a:
Land
Einige national und international zulässige Werte für berufliche Exponierte im Frequenzbereich 0 Hz
- 30 kHz oder kontrollierter Bereich
Frequenz f
Hz
IRPA/INIRC (1990)
50-60
USA ANSI (1991)
3000 - 30000
Europäischer Rat (1994)
Auslöseschwellen
<1
V/m
A/m
mT
10000
400
0,5
614
163
6,14*104
1,63*105
1,63*10 /f
200/f2
10 - 1000
614000/f
16300/f
20/f
614
16,3
0,02
0 - 0,1
4
5 2
42000*
200°
Für 8 Stunden
0,1 - 0,23
140°
0,23 - 1
320/f
* Grenzwert
abhängig von
Aufenthaltszeiten
30000*
1 -4
320/f²
4 - 1500
50 - 1500
1500 - 10000
80/f
1500000/f*
1000
0 - 35,53
67,9
30000
1 - 1000
Österreich
Ö-Norm (1994)
67,9/f
35,53 - 1000
1066000/f
1000 - 30000
1066
40 000
60 000
75
16 2/3
36 800
960
1,2
50
12 300
320
0,4
400
1 500
40
0,05
0
28000
7000
8,75
5000
6,25
20000/f *)
25,0/f *)
80
0,10
3,660f1,34 °)
0,00457f1,34 °)
4 - 250
250 - 10000
10000 - 30000
0 - 25
25 - 815
815 - 30000
20000
500000/f *)
614
Es gibt
zusätzliche
Werte für
verschiedene
Aufenthaltszeiten
0,0679
0
0-4
°8 Stunden
Mittelwert
höhere Werte
für kurze
Aufenthaltszeiten
0,053
0-1
Schweiz (1994)
Suva
200
6,14*10
0,1 - 50
DIN 0848 (1995)
Expositionsbereich 1
Bemerkungen
1 - 10
1000 - 30000
CENELEC (1995)
Expositionsgrenzwerte
zeitlich
unbegrenzter
Aufenthalt
*) f in Hz
°) f in kHz
Tabelle 5.2b :
Land
Einige national und international zulässige Werte für die Bevölkerung im Frequenzbereich 0 Hz - 30
kHz oder unkontrollierter Bereich
Frequenz f
Hz
BImSchV (1996)
16
50
Expositionsgrenzwerte
V/m
E
A/m
0,3
0,1
2000
5000
0,1
0
IRPA/INIRC (1990)
50-60
5000
80
USA ANSI (1991)
3000 - 30000
614
163
CENELEC (1995)
0 - 0,1
14000
0,1 - 0,18
28
0,18 - 235
32/f
0,1 - 60
60 - 1500
1500 - 10000
0 - 16,67
0,021
10000
600000/f
400
20000
0-1
16,67 - 1000
21,22
333300/f
1 - 1000
Österreich
Ö-Norm (1993)
21,22/f
1000 - 30000
333,3
10 - 25
10 000
4 000/f
5/f
250 000/f
4 000/f
5/f
2874 - 5500
87
4 000/f
5/f
5500 - 100000
87
0,73
0,00091
14000
1400
1,75
1000
1,25
4000/f *)
5/f *)
16
0,02
0,13f2,09 °)
0,00016f2,09 °)
25 - 2874
0
0-4
4 - 250
250 - 10000
10000 - 30000
0 - 25
25 -910
910 - 30000
Ganzkörper
Extremitäten
40
235 - 10000
Schweiz (1993)
BUWAL
mT
10000
5000
IRPA/INIRC (1991)
DIN 0848 (1995)
Expositionsbereich 2
Bemerkungen
10000
250000/f *)
275
0,02122
*) f in Hz
°) f in kHz
Tabelle 5.3a:
Land
IRPA/INIRC (1988)
Europäischer Rat
(1994)
Auslöseschwellen
Einige national und international zulässige Werte für beruflich Exponierte im Hochfrequenzbereich
(f in MHz) oder kontrollierter Bereich
Frequenz f
V/m
A/m
W/m
0,1 - 1
614
1,6/f
-
1 - 10
614/f
1,6/f
-
10 - 400
61
0,16
10
400 - 2000
3f1/2
0,008f1/2
f/40
2000 - 300000
137
0,36
50
0,01 -0,3
614
16,3
0,3 - 1
614
1,6/f
1 - 10
614/f
1,6/f
10 - 30
61,4
1,6/f
10
30- 400
61,4
0,163
10
400 - 2000
3f1/2
0,00816f1/2
0,025f
2000 - 150000
137
0,364
50
Schweiz (1994)
Suva
Österreich
Ö-Norm (1995)
1/2
0,35f
-4 1/2
9,36*10 f
Dauerexposition
8 Stunden
0,000334f
0,01 - 0,038
1000
42
0,038 - 0,61
1000
1,6/f
0,61 - 10
614/f
1,6/f
10 - 400
61,4
0,16
10
400 - 2000
3,07f1/2
8,14*10-3 f1/2
f/40
2000 - 150000
137
0,364
50
150000 - 300000
DIN 0848 (1991)
Expositionsbereich 1
Bemerkungen
2
MHz
150000 - 300000
CENELEC (1995)
Expositionsgrenzwerte
1/2
0,354 f
-4 1/2
9,4*10 f
3,334*10-4 f
0,03 - 0,1
1500
2,158/f1,355
-
0,1 - 0,41
1500
4,89/f
-
0,41 - 10
614/f
4,89/f
-
10 - 30
61,4
4,89/f
-
30 - 400
61,4
0,16
10
400 - 2000
3,07f1/2
0,00814f1/2
f/40
2000 - 300000
137
0,36
50
13,56
61,4
0,36
10
27,12
61,4
0,18
10
40,68
61,4
0,16
10
433,92
63,9
0,17
11
2450
137
0,36
50
5800
137
0,36
50
24125
137
0,36
50
0,03 - 3
614
7,05706f-1,1332
3 - 30
1842 f-1
7,05706f-1,1332
Einwirkzeit
> 6 Min
Land
Australien (1985)
Beruflich Beschäftigte
Kategorie A
Kategorie B
USA ANSI (1991)
UdSSR
(1976,1983)
Frequenz f
Expositionsgrenzwerte
Bemerkungen
W/m2
MHz
V/m
A/m
30 - 300
61,4
1,6
300 - 1500
3,57202 f0,49667
8,68945 10-3 f0,51072
3,33333 10-2 f
1500 - 30000
137
0,36
50
0,3 - 9,5
194
0,51
100
9,5 - 30
1841/f
4,9/f
9000/f2
30 - 300000
61
0,16
10
0,3 - 3
614
1,6
1000
3- 30
1841/f
4,9/f
9000/f2
30 - 300000
61
0,16
10
0,003 - 0,1
614
163
0,1 - 3
614
16,3/f
3 - 30
1842/f
16,3/f
30 - 100
61,4
16,3/f
100 - 300
61,4
0,163
10
300 - 3000
-
-
f/30
3000 - 15000
-
-
100
15000 - 300000
-
-
100
**
0,06 - 3
50
5
-
3 - 30
20
-
-
30 - 50
10
0,3
-
50 - 300
5
0,15
-
300 - 300000
-
-
2/t*
*t=
Expositionszeit in
Stunden
** bis 1,5
MHz
Tabelle 5.3b:
Land
BImSchV (1996)
IRPA/INIRC
(1988)
CENELEC (1995)
Einige national und international zulässige Werte für die Bevölkerung im Hochfrequenzbereich (f in
MHz) oder unkontrollierter Bereich
Frequenz f
DIN 0848 (1991)
Expositionsbereich 2
A/m
10 - 400
27,5
0,073
400 - 2000
1,375 f
0,0037 f
2000 - 300000
61
0,16
0,1 - 1
87
0,23/f1/2
-
1 - 10
87/f1/2
0,23/f1/2
-
10 - 400
27,5
0,073
2
400 - 2000
1,375f1/2
0,0037f1/2
f/200
2000 - 300000
61
0,16
10
0,01 - 0,042
400
16,8
0,042 - 0,68
400
0,7/f
0,68 - 10
275/f
0,7/f
10 - 400
27,5
0,07
1,37 f
1/2
61,4
2
-4 1/2
3,64*10 f
0,163
1/2
f/200
10
-4 1/2
0,158f
0,3 - 9,5
86,8
0,23
20
9,5 - 30
825/f
2,19/f
1800/f2
30 - 300000
27,5
0,073
2
0,003 - 0,1
614
163
0,1 - 1,34
614
16,3/f
-
1,34 - 3
823,8/f
16,3/f
-
3 - 30
823,8/f
16,3/f
-
30 - 100
27,5
156,3/f1,668
-
100 - 300
27,5
0,0729
2
300 - 3000
-
-
f/150
3000 - 15000
-
-
f/150
15000 - 300000
-
-
100
0,03 - 0,14
300
16
-
Einwirkzeit
0,14 - 0,92
300
2,19/f
-
> 6 min
0,92 - 10
275/f
2,19/f
-
10 - 30
27,5
2,19/f
-
30 - 400
27,5
0,07
1,37f
1/2
4,21*10 f
6067*10-5 f
150000 300000
400 - 2000
Schweiz (1990)
BUWAL
W/m2
V/m
2000 - 150000
USA
ANSI (1991)
Bemerkungen
MHz
400 - 2000
Australien (1985)
Expositionsgrenzwerte
2
1/2
0,00364f
2000 - 300000
61,4
0,16
0,1 - 1
87
0,23/f½
f/200
10
Land
Österreich
Ö-Norm (1992)
UdSSR
(1984)
Frequenz f
Expositionsgrenzwerte
MHz
V/m
A/m
1 - 10
87/f½
0,23/f½
10 - 400
27,5
400 - 2000
1,375f
2000 - 300000
W/m2
0,073
½
Bemerkungen
2
½
0,0037/f
f/200
61
0,16
10
0.03 - 3
275
3,15601 f-1,11332
3 - 30
824 f-1
3,15601 f-1,11332
30 - 300
27,5
0,072
2
300 - 1500
1,59615
f
0,49907
3,97876 10-3f0,50763
6,66666 10-3
f
1500 - 300000
61,5
0,16
10
0,03 - 0,3
25
-
-
0,3 - 3
15
-
-
3 - 30
10
-
-
30 - 300
3
-
-
300 - 300000
-
-
0,1
5.1.1 Internationale Regelungen
In der Weltgesundheitsorganisation (WHO) publiziert die "Division of
Environmental Health" in regelmäßigen Abständen in Zusammenarbeit mit der IRPA
und dem United Nations Environment Programme "Environmental Health Criteria"
(EHC) Dokumente. In diesen werden die wissenschaftlichen Grundlagen für den
Strahlenschutz zusammengetragen, die vorliegenden biologischen Befunde bewertet
und der bestehende Forschungsbedarf identifiziert. Für die IRPA/ICNIRP stellen diese
Dokumente die wissenschaftliche Grundlage für die eigenen Empfehlungen dar. Die
wichtigsten WHO-Publikationen auf diesem Gebiet sind:
EHC 35 "Extremely Low Frequency (ELF) Fields”,
EHC 69 "Magnetic Fields"
EHC 137 “Electromagnetic Fields (300 Hz - 300 GHz)”
Nach der Bewertung der WHO sind im Bereich der Niederfrequenz die gesundheitlichen Wirkungen durch die induzierten Ströme im Körper zu begrenzen. Für andere
beobachtete Effekte sind bislang die wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht ausreichend, um daraus Grundlagen für eine Expositionsbegrenzung abzuleiten.
Es liegt eine IRPA/INIRC Interim-Empfehlung für die Netzfrequenzen 50/60 Hz
vor. Für den Hochfrequenzbereich 100 MHz bis 300 GHz gibt es eine IRPA GrenzwertEmpfehlung. In der Risikobewertung der IRPA werden nur die oben beschriebenen
Effekte berücksichtigt. Für die Netzfrequenzen sollte nach IRPA ein Sicherheitsgrenzwert für die induzierte Stromdichte (Kopf und Rumpf) von 10 mA/m2 nicht
überschritten werden (abgeleitete Grenzwerte siehe Tabelle 5.2). Für den Bereich 10
Mhz bis 300 Ghz sind die Grundlange der Grenzwerte spezifische Absorptionsraten im
Körper (SAR)(siehe Tabelle 5.) Die abgeleiteten Grenzwerte sind in den Tabellen 5.2
und 5.3 enthalten.
Fast alle Länder gehen heute von denselben Basisgrenzwerten aus. Ein Teil
der Unterschiede in den abgeleiteten Grenzwerten ist in den unterschiedlichen Umrechnungsmodellen von den Basisgrenzwerten in äußere Feldstärke, der Größe der
Sicherheitszuschläge und der Auswahl der zu berücksichtigenden Effekten begründet.
Es ist wenig sinnvoll von den internationalen Festlegungen abweichende nationale
Grenz- und Richtwerte für den Gesundheitsschutz festzulegen.
5.1.2 Regelungen in der Europäischen Union
Für den Bereich des Arbeitsschutzes liegt zur Zeit ein Entwurf der Kommission
der Europäischen Gemeinschaft "Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über
Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vor
Gefahren durch physikalische Einwirkungen" vor. In dieser Richtlinie wird ein eigenes
Grenzwertkonzept angewendet, welches sich aber weitgehend an die Empfehlungen
der IRPA anlehnt.
Richtwerte für die Emission von technischen Arbeitsmitteln werden zur Zeit im
Rahmen der Maschinenrichtlinie bei der europäischen Normungsorganisation CEN
erarbeitet.
Das Europäische Komitee für elektrotechnische Normung (CENELEC) hat für
den Bereich Schutz vor elektromagnetischen Feldern die Vornorm ENV 50166-1 und
ENV 50166-2 vorgelegt, die teilweise von den Werten der EU und der ICNIRP
abweichen (Tab. 5.2/ 5.3).
5.1.3 Regelungen in der Bundesrepublik Deutschland
In der Bundesrepublik ist der Schutz der Allgemeinbevölkerung in der 26.
Verordnung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) geregelt. Die
Festlegungen der Grenzwerte richten sich nach den Empfehlungen der ICNIRP. Der
Wert für die Bahnfrequenz 16(2/3)Hz wurde nach den Kriterien der ICNIRP festgelegt,
da dort keine Werte angegeben worden sind. Damit beruhen diese Werte auf dem zur
Zeit abgesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis.
Anforderungen nach dem BImSchG richten sich immer an den Betreiber einer
Anlage, die gewerblichen Zwecken dient oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung findet. Als untergesetzliches Regelwerk kann die Verordung
nur Bereiche regeln, die dem Recht der Wirtschaft zugeordnet werden können.
Hochfrequenzanlagen im Sinne dieser Verordnung sind ortsfeste
Sendefunkanlagen mit einer Sendeleistung von 10 Watt EIRP (äquivalente isotrope
Strahlungsleistung) oder mehr, die elektromagnetische Strahlung im Frequenzbereich
10 MHz - 300 GHz erzeugen.
Niederfrequenzanlagen im Sinne dieser Verordnung sind folgende ortsfeste
Anlagen zur Umspannung und Fortleitung von Elektrizität:
a)
Freileitungen und Erdkabel mit einer Frequenz von 50 Hz und einer Spannung
von 1000 V oder mehr;
b)
Bahnstromfern- und -oberleitungen einschließlich der Umspann- und Schaltanlagen mit einer Frequenz von 16 2/3 Hz oder 50 Hz;
c)
Elektroumspannanlagen einschließlich der Schaltfelder mit einer Frequenz von
50 Hz und einer Oberspannung von 1000 V oder mehr.
Diese aufgeführten Anlagen stellen eine abschließende Aufzählung da, alle
anderen Anlagen, die sonst oft auch mit dem Begriff Niederfrequenzanlagen
bezeichnet werden, fallen nicht unter diese Verordung.
Die Festlegungen des §§ 2, 3 sind Immissionsgrenzwerte (Tabellen 5.2, 5.3),
die auch von Altanlagen eingehalten werden müssen. Deshalb besteht auch eine
Nachrüstpflicht für Altanlagen. In § 10 sind die Übergangsvorschriften geregelt.
Danach müssen alle bestehenden Anlagen unverzüglich auf die Einhaltung der
Grenzwerte überprüft werden. Können innerhalb von drei Jahren diese Überschreitungen nicht beseitigt werden, kann bei der zuständigen Behörde auf Grund
eines begründeten Antrages eine Fristverlängerung zugelassen werden.
Der Bereich, in dem diese Grenzwerte eingehalten werden, besteht aus
Gebäuden und Grundstücken, die nicht nur zum vorübergehenden Aufenthalt von
Menschen bestimmt sind. Damit sind in erster Linie Wohngebäude, aber auch
Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten, Arbeitsstätten, Spielplätze, Gärten oder
sonstige Orte gemeint, an denen nach der konkreten bestimmungsgemäßen Nutzung
regelmäßig längere Verweilzeiten (mehrere Stunden) von Personen auftreten.
Maßgebend ist die Aufenthaltsdauer der einzelnen Person. Nicht erfaßt sind damit
beispielsweise Orte wie Fernstraßen oder Bahnsteige, an denen sich zwar u.U. ständig
Menschen aufhalten, die Verweildauer des Einzelnen aber in der Regel gering ist.
Nicht dazu gehören landwirtschaftlich genutzte Flächen, Wälder, Parks, Lager- und
Verkehrsflächen.
Die Immissionsgrenzwerte, die aus biologisch begründeten Basisgrenzwerten
abgeleitet worden sind, müssen unterhalb des Basisgrenzwertes von 2 mA/m² bzw.
0,08 W/kg liegen. Erst weit oberhalb dieser Schwelle ist nach den Auswertungen der
ICNIRP mit Gesundheitsgefahren zu rechnen. Die Grenzwerte für das elektrische Feld
gewährleisten auch einen weitgehenden Schutz vor wesentlichen Belästigungen, die
durch Kontaktströme oder kapazitive Entladungen verursacht werden können. Der
Schutz von Herzschrittmacherträgern ist nicht Gegenstand dieser Verordnung.
Auch die Grenzwertregelung mit den kurzzeitigen Feldstärkespitzen und den
kleinräumigen Überschreitungen ist in Übereinstimmung mit dem Konzept der ICNIRP,
da zum einen diese Werte von einer Dauerexposition ausgehen und vorübergehende
Überschreitungen ausdrücklich für unbedenklich erachtet werden. Solche Werte
können z.B. durch Schaltvorgänge oder durch einen Ausfall oder Reparatur von
Parallelleitungen auftreten. Eine kleinräumige Überschreitung der Grenzwerte des
elektrischen Feldes (16 2/3 und 50 Hz) ist in der Regel unkritisch, da Gebäude und
Bepflanzungen eine weitgehende Abschirmung des elektrischen Feldes sicherstellen
und so diese Werte zu keiner erhöhten Expostion beitragen. Treten aber wesentliche
Belästigungen durch indirekte Wirkungen auf, müssen diese vom Anlagenbetreiber
abgestellt werden.
Anlagen müssen die Immissionsgrenzwerte auch unter der höchsten betrieblichen Anlagenauslastung einhalten, deshalb kann die Überprüfung der Einhaltung der
Grenzwerte in der Regel nur mit Hilfe von Rechnungen erfolgen. Es gibt eine Reihe
von Rechenprogrammen, die Felder von Niederfrequenzanlagen mit guter Genauigkeit
berechnen können. Messungen werden in der Regel erheblich geringere Feldstärken
ergeben, da fast alle Anlagen weit von ihrer thermischen Grenzlast betrieben werden.
So werden Verbundhochspannungsfreileitungen in der Regel bei ca. 1/3 der
maximalen Leistung betrieben. Dadurch ist sowohl der Strom geringer als auch der
Durchhang der Leitungen und damit auch das magnetische und elektrische Feld.
Müssen zum Nachweis der Einhaltung der Grenzwerte Messungen durchgeführt
werden, so müssen diese mit geeigneten Umrechenverfahren auf die höchste
betriebliche Anlagenauslastung hochgerechnet werden. Bei allen Messungen und
Berechnungen sind die Anforderungen der DIN VDE 0848 Teil 1 zu beachten.
Grenzwerte für die anderen Frequenzen liegen zur Zeit noch nicht vor, sollen
aber eingefügt werden, wenn die ICNIRP ihre angekündigte Empfehlung für diesen
Bereich veröffentlicht. Von der Strahlenschutzkommission (SSK) gibt es Veröffentlichungen aus 1995, in der die Werte der ICNIRP erläutert werden.
Neben der Verordnung gibt es zur Zeit noch für die Beurteilung der Einwirkung
auf die Arbeitnehmer und auch für die Bevölkerung eine DIN -VDE-Vornorm 0848.
Diese Norm weicht zur Zeit von der Verordnung ab, soll aber durch die entsprechenden Fachkommissionen des DIN angepaßt werden.
Für den Bereich Arbeitsschutz gibt es derzeit noch keine konkreten rechtlichen
Vorschriften. Es wird aber zur Zeit an einer betreffenden Unfallverhütungsvorschrift auf
Grundlage des Arbeitsschutzgesetzes gearbeitet. Dazu liegt ein veröffentlichter
Vorschlag der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik als “Regeln
für Sicherheit und Gesundheitsschutz an Arbeitsplätzen mit Exposition durch
elektrische, magnetische oder elektromagnetische Felder” vor. Auf Basis dieser
Regeln soll im Laufe des Jahres 1997 eine Unfallverhütungsvorschrift für elektromagnetische Felder entwickelt werden.
Auch bei Einhaltung der Grenzwerte nach IRPA können elektrische Felder
belästigend wirken und das Wohlbefinden beeinträchtigen. Dabei sind aber auch für
langfristige Einwirkungen von solchen niederfrequenten elektrischen Feldern keine
Gesundheitsschäden bekannt, wenngleich eine wesentliche Belästigung vorliegen
kann. Die Grenzwerte stellen auch keinen sicheren Schutz für die Träger von
Herzschrittmachern dar.
Bei allen bis jetzt vorgestellten Grenzwerten ist zu berücksichtigen, daß sie auf
die Wirkung nur eines einzigen Umwelteinflusses zugeschnitten sind. Ein mögliches
Zusammenwirken mit anderen Einflüssen bleibt, wie auch in der Regel bei allen
anderen Umwelteinwirkungen, unberücksichtigt (Synergismuseffekte), da der
Wissensstand dazu gering ist.
Die Bilder 5.1 und 5.2 zeigen die Arbeitschutzgrenzwerte der berufsgenossenschaftlichen Regeln für die Expositionsbereiche 1 und 2. Die Bilder 5.3 und 5.4 zeigen
eine Auswahl von zulässigen Werten nach Tabelle 5. 2 und 5.3.
Bild 5.1:
Bild 5.2:
Nach berufsgenossenschaftlichen Regeln zulässige Werte der elektrisch Feldstärke für den Frequenzbereich
0 - 300 GHz
Nach berufsgenossenschaftlichen Regeln zulässige Werte der magnetischen Feldstärke für den Frequenzbereich 0 - 300 GHz
Bild 5.3
Einige Beispiele für den graphischen Verlauf der Expositionsgrenzwerte im Nf-Bereich
Bild 5.4
Einige Beispiele für den graphischen Verlauf der Expositionsgrenzwerte im Hf-Bereich
5.2
Vorsorgeempfehlungen
National und international besteht bei den Gremien, die für die Erstellung von
Grenzwerten verantwortlich sind, Übereinstimmung darüber, daß Grenzwerte dazu
dienen, Gefährdungen oder Störungen im Sinne von wesentlichen Beeinträchtigungen
des Wohlbefindens von Personen zu vermeiden. Die unterschiedlichen Regelungen
werden dieser Zielsetzung alle gerecht, auch wenn die zweifellos vorhandenen
Unsicherheiten unterschiedlich bewertet wurden. Es wird deshalb immer wieder die
Frage nach weitergehenden Regelungen gestellt.
Die 26. Verordnung nach den BImSchG enthält in seinem § 4 einige Anforderungen zur Vorsorge für Niederfrequenzanlagen. Diese Anforderungen richten
sich immer nur an den Betreiber und können nur für neue Anlagen oder für
wesentliche Änderungen gefordert werden. Als eine wesentliche Änderung kann eine
Maßnahme angesehen werden, die die Exposition durch magnetische oder elektrische
Felder erhöhen kann. Dazu zählen eine Änderung der Spannungsebene, stärkere
Leiterseile, neue Masttypen usw.. Keine wesentliche Änderung sind u.a. Austausch
von Komponenten gegen baugleiche Komponenten, Erhaltungsmaßnahmen und auch
eine Nutzung zu anderen Zwecken. Die Vorsorgeanforderungen beinhalten, daß in der
Nähe von Wohnungen, Krankenhäusern, Schulen, Kindergärten, Kinderhorten, Spielplätzen oder ähnlichen Einrichtungen die maximalen Effektivwerte der elektischen und
magnetischen Feldstärke nicht über den Immissionsgrenzwerten (Tabelle 5.2) für
Daueraufenthalt liegen dürfen. Diese Vorgabe ist so gewählt, daß in der Praxis die
Anlagen so ausgelegt werden müssen, daß sich für die Langzeitexposition in der
Regel ein geringerer Wert als 10 µT (50 Hz) bzw. 30 µT (16 2/3 Hz) ergibt oder ihn
zumindest nicht wesentlich überschreiten. Dies sind auch Werte, die deutschen
Strahlenschutzkommission zur Vorsorge von der als vertretbar angesehen werden.
Für Hochfrequenzanlagen wurde eine über die Regelungen des § 2 hinausgehende Festlegung zur Vorsorge zur Zeit als nicht zu begründen angesehen und
deshalb auch keine Vorsorgeregelungen festgelegt.
In einigen Ländern gibt es Regelungen, die implizit zu einer Expositionsverringerung der Bevölkerung beitragen. In mehreren Staaten der USA gibt es
Bauverbote im sogenannten “Right of Way”, einem Landstreifen entlang von
Höchstspannungsleitungen. Die Verbindlichkeit der Richtwerte ist sehr unterschiedlich
und teilweise ist die Anwendung den Planungsträgern auch freigestellt (Tabelle 5.4).
In Italien gibt es neben den Grenzwertempfehlungen der ICNIRP auch eine
verbindliche Abstandregelung zu Hochspannungsleitungen.
Über Grenzwertregelungen hinaus werden in manchen Ländern auch andere
Vorsorge-Überlegungen angestellt. Dazu gehören das ALARA-Prinzip und der Begriff
der “Prudent Avoidance”(klugen Vermeidung). Im wesentlichen geht es darum, die
Exposition von Personen gegenüber elektromagnetischen Feldern so weit zu senken,
wie es techisch bzw. wirtschaftlich vernünftig möglich ist. Dieser Begriff “vernünftig” ist
natürlich mit großen Unsicherheiten behaftet, in Schweden wurde dazu vorgeschlagen,
die wirtschaftlichen Kosten im Vergleich zu üblichen Ausgaben zur Reduktion von
Opfern z.B. im Straßenverkehr oder durch ionisierende Strahlung (z.B. Radon,
Medizin) zu beurteilen.
In der Schweiz soll bei einem Bruchteil der vom BUWAL empfohlenen
Grenzwert eine sog. Überprüfungsschwelle eingeführt werden. Unterhalb dieser soll
z.B. eine Anlage oder eine Freileitung im Bezug auf elektromagnetische Felder nicht
mehr Gegenstand weiterer Optimierungsanforderungen sein. In Schweden existiert
eine Norm mit Grenzwerten zur Abstrahlung von Computer-Monitoren, die sich nur an
dem technisch “vernünftig” Machbaren orientiert. Auch die SSK macht in ihrer neuen
Stellungnahme Aussagen zu einer möglichen Vorsorge bei Feldern der Energieversorgung und -anwendung. Es wird ausgeführt, daß eine Reduktion aus strahlenhygienischen Gründen nicht notwendig sei. Als ein sinnvoller Ermessensspielraum
wird bei magnetischen Feldern eine Reduktion um eine Größenordnung und bei
elektrischen Feldern um den Faktor 3 angegeben, denn dann lägen die durch die
äußeren Felder induzierten Stromdichten im unteren Bereich der körpereigenen
Stromdichten. In vielen Fällen können beim Bau von Anlagen und Geräten erhebliche
Verringerung der Exposition ohne nennenswerte Mehrkosten ereicht werden, wenn
man die Expositionsminimierung als Ziel bereits in der Planungs- bzw. Designphase
berücksichtigt.
Tabelle 5.4: Empfehlungen und Festlegungen für Hochspannungsleitungen, die mit Netzfrequenz
(50/60 Hz) betrieben werden. Aussagen über die Verbindlichkeit der einzelnen
Empfehlungen sind nicht enthalten
.
Land
Hochspannungssystem
Art der Beschränkung
Abstand
m
elektrisches Feld
kV/m
USA / Montana
alle Systeme
Am Rande der Trasse (RoW) 5)
1
USA / Minnesota
alle Systeme
Maximum auf der Trasse (RoW)
8
USA / New Jersey
alle Systeme
Am Rand der Trasse (RoW)
3
USA / New York
alle Systeme
Am Rand der Trasse (RoW)
1,6
USA / North Dakota
alle Systeme
Maximum auf der Trasse (RoW)
9
USA / Oregon
alle Systeme
Maximum auf der Trasse (RoW)
9
USA / Florida
500 kV
230 kV und
kleiner
Maximum auf der Trasse (RoW)
Am Rande der Trasse (RoW)
Maximum auf der Trasse (RoW)
Am Rande der Trasse (RoW)
10
2
8
2
Schweden (NEA) 2)
alle Systeme
Schulen, Kindertagesstätten usw6)
Italien 4)
132 kV
230 kV
380 kV
Wohnbebauung u.a.7)
10
18
28
Luxemburg
220 -110 kV
65 kV
Planung Wohnbebauung 6)
30
20
Hamburg
380 kV
Wohnbebauung 7)
Brandenburg
110, 220 kV
380 kV
Bauleitplanung Wohngebiete 6)
30
50
Sachsen-Anhalt
110, 220 kV
380 kV
Bauleitplanung Wohngebiete 6)
30
50
Bauleitplanung Wohngebiete 7)
50
Bremen
Bemerkungen:
20-80
12 - 50
1) bei Systemen bis 230 kV in 18 m Abstand von dem Rand des äußeren Leiters
2) NEA: Nationale Energieverwaltung
3) 25 µT bei Doppel-Systemen
4) nur in bewohnten Gebieten
5) RoW = rights of way
6) Von Mitte Trasse
7) Vom äußeren Leiter
Magnetfeld
µT
15 1)
20 3)
15
0,2 - 0,3
5
5
5
100
100
100
Diese Vorgehensweise wird in anderen Ländern angesichts der nicht sehr
hohen Evidenz für einen allfälligen Nutzen bei gleichzeitiger möglicher ungerechtfertigter Verunsicherung der Bevölkerung abgelehnt. Diesen Ausgangspunkt nehmen
unteranderem die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Internationale
Strahlenschutzvereinigung (IRPA), das englische nationale Strahlenschutzamt (NRPB)
ein.
Viele Baubiologen bewerten bestimmte experimentelle Ergebnisse als so
bedeutsam, daß sie wesentlich weitergehende Schutz- und Minderungsmaßnahmen
(Grenzwerte zum Teil mehrere Zehnerpotenzen unterhalb der IRPA-Werte)
empfehlen. Die Begründungen für diese Grenzwerte sind wissenschaftlich nicht nachvollziehbar. Teilweise beziehen sich die Empfehlungen auf die natürliche Hintergrundstrahlung, zum anderen werden oft auch nur empirische Befunde über die
Abwesenheit von zuvor beklagten Beschwerden verwendet.
6.
Messungen
6.1
Meßverfahren
DIN VDE 0848-1 gilt für Meß- und Berechnungsverfahren zur Beurteilung der
Sicherheit in elektrischen, magnetischen oder elektromagnetischen Feldern im Frequenzbereich von 0 Hz bis 300 GHz. Hinweise zum praktischen Vorgehen sind in
dieser Norm jedoch nur kurz behandelt und werden durch die folgenden Ausführungen
ergänzt.
6.2
Meßgeräte
Die Meßgeräte sollen den Anforderungen nach DIN VDE 0848-1 "Gefährdung
durch elektromagnetische Felder" genügen. Meßgeräte zur Beurteilung von EM-Feldern müssen je nach Frequenzbereich so eingerichtet sein, daß sie die elektrische
Feldstärke E, die magnetische Feldstärke H, die magnetische Flußdichte B oder die
Leistungsdichte S messen. Die gesamte Meßunsicherheit sollte + 20 % nicht überschreiten.
6.3
-
-
-
Hinweise zur Vorbereitung und Durchführung von Messungen
Zur Meßvorbereitung empfiehlt sich folgende Vorgehensweise:
Einholen von technischen Angaben über die Feldquellen (Frequenzen, Generatorleistung, Strahlungseigenschaften, ggf. Modulation, Leiterströme und
-spannungen) beim Betreiber
Ermittlung von Expositionsbedingungen und Angaben zu den Exponierten
(Aufenthaltsorte und -zeiten, Schichtregime, Personengruppen)
Festlegung eines bewertbaren Betriebszustandes bei Anlagen mit wechselnden
Betriebsparametern
Auswahl von Meßverfahren und -geräten entsprechend den technischen Bedingungen
Abschätzung der zu erwartenden maximalen Feldstärke oder Leistungsflußdichte vor Beginn der Messungen bzw. vor Inbetriebnahme einer Anlage; erreicht
der Schätzwert die für den Personenschutz relevanten zulässigen Werte, sind
für das Meßpersonal Schutzmaßnahmen (z.B. Leistungsabsenkung, zeitliche
Aufenthaltsbeschränkung, persönliche Schutzausrüstung wie Schutzkleidung/
-brille) vorzusehen
Parallele Berücksichtigung des Meßgeräteschutzes, da Überschreitungen des
maximalen Meßbereichs häufig zur Zerstörung des Feldsensors führen
Messung, Protokollierung und Auswertung.
Die Messungen sind bei der maximal möglichen Leistung durchzuführen;
anderenfalls sind die Werte entsprechend hochzurechnen.
Gemessen wird grundsätzlich am unbesetzten Arbeitsplatz. Die Beurteilung der
Meßergebnisse erfolgt auf der Basis der maximalen, in der gedachten Körperachse
des Beschäftigten gemessenen Werte der Feldstärke oder Leistungsflußdichte am
Meßort.
Die das Meßgerät bedienende Person hat darauf zu achten, daß sie sich
während der Messung nicht zwischen Feldquelle und Feldsonde bzw. Meßantenne
befindet und sich alle nicht mit der Messung beauftragten Personen aus dem Bereich
des Meßortes entfernen.
Feldsonden mit isotroper Empfangscharakteristik, die durch eine orthogonale
Anordnung von drei Meßwertaufnehmen/Detektorkombinationen im Sondenkopf erzielt
wird, liefern einen von Einfallsrichtung und Polarisation des zu messenden Feldes
weitgehend unabhängigen Meßwert.
Feldsonden mit nur einer Meßwertaufnehmer/Detektorkombination oder Meßantennen weisen eine Richtcharakteristik auf und erfordern eine Orientierung der
Sonde bzw. Antenne im Feld auf Maximumanzeige am Meßgerät. Dieser Maximalwert
entspricht in vielen Fällen der Ersatzfeldstärke nach DIN/VDE 0848-1. Nur bei
bestimmten Feldkonfigurationen, z.B. 50-Hz-Drehstromfelder, ist zur exakten Bestimmung der Ersatzfeldstärke die Sonde nacheinander in x-, y- und z-Richtung auszurichten und aus den Einzelmeßwerten die Ersatzfeldstärke zu berechnen.
Treten am Meßort gleichzeitig Felder von mehr als einer Feldquelle auf, ist
folgendes zu berücksichtigen:
Sind die Grenzwerte im zu untersuchenden Frequenzbereich gleich, so können
die resultierenden Feldstärken mit breitbandigen Meßeinrichtungen direkt
gemessen werden.
Arbeiten die Feldquellen in Frequenzbereichen mit unterschiedlichen Grenzwerten, so darf mit breitbandigen Geräten nur bei Einzelbetrieb der Feldquellen
gemessen werden, anderenfalls sind frequenzselektive Meßsysteme einzusetzen.
Bei Verwendung von Feldsonden oder Meßantennen mit Richtcharakteristik ist
nur die Messung in den drei orthogonalen Achsen mit nachfolgender Berechnung der Ersatzfeldstärke (resultierende Feldstärke) zulässig.
6.4
Besonderheiten in den einzelnen Frequenzbereichen
6.4.1 Niederfrequenzbereich
Bei zeitabhängiger Richtung der Feldvektoren, z.B. Drehfelder von dreiphasigen
Leiteranordnungen, ist die mit eindimensionalen Meßwertaufnehmern (Feldsonden mit
Richtcharakteristik) gemessene maximale Feldstärke immer kleiner als die Ersatzfeldstärke. In diesem Fall muß in drei orthogonalen Achsen gemessen und aus den
Einzelmeßwerten die Ersatzfeldstärke berechnet werden.
Es ist bei der Messung der elektrischen Feldstärke besonders darauf zu achten,
daß die Meßergebnisse nicht durch die feldverzerrrende Wirkung von Personen oder
Gegenständen z.B. Meßleitungen unzulässig hoch beeinflußt werden. Deshalb werden
die Geräte zur Messung der elektrischen Feldstärke entweder an einer Isolierstange
ins Feld gehalten oder das Meßgerät befindet sich auf einem Stativ, und die Meßwertübertragung erfolgt über einen Lichtwellenleiter zu einem abgesetzten Anzeigeteil. Auf
diesbezügliche Angaben des Geräteherstellers ist zu achten.
Bei inhomogenen elektrischen Feldern sind Verfahren zur Bestimmung der
elektrischen Ersatzfeldstärke (DIN VDE 0848-1) über die Messung des Gesamtkörperableitstroms im ungestörten homogenen Feld zugelassen, wenn der dabei entstehende Fehler bekannt ist. Die Ersatzfeldstärke E des äquivalenten homogenen Feldes
kann mit dem gemessenen Gesamtkörperableitstromes I bei der Frequenz f mit Hilfe
der folgenden Beziehung näherungsweise ermittelt werden.
E 4
I
f
Die Größen der o.a. Formel sind in folgenden Einheiten einzusetzen:
E [kV/m]; I [µA]; f [Hz]
Diese ist mit dem zulässigen Wert zu vergleichen.
Die Grundlage dieser Gleichung bilden Messungen des Gesamtkörperableitstromes mit Hilfe einer leitfähigen Körpernachbildung, die einer aufrechtstehenden
Person von 1,65 m Größe entspricht.
Bei inhomogenen magnetischen Feldern dürfen die maximalen Feldstärken, gemittelt über eine kreisförmige Fläche von 100 cm², den zulässigen Wert nicht überschreiten.
Nennenswerte Verzerrungen des magnetischen Feldes sind nur durch Gegenstände
aus ferromagnetischen Metallen (Stahlträger, Armierungen, Blechtüren und -bedachungen, Fahrzeuge) zu erwarten. Personen beeinflussen das magnetische Feld nicht,
so daß die Meßgeräte vom Messenden direkt ins Feld gebracht werden dürfen.
6.4.2 Hochfrequenzbereich
Für die Messung der elektrischen Feldstärke gelten nicht die strengen Abstandsforderungen von Personen und Gegenständen zur Feldsonde wie im Niederfrequenzbereich. Die Feldsonden sind überwiegend vom Anzeigeteil getrennt und mit
einem Handgriff ausgerüstet, der eine definierte Haltung durch das Meßpersonal sichert. Ein Mindestabstand von 0,8 m zwischen Sondenkopf und Messenden sollte
nicht unterschritten werden.
6.4.3 Höchstfrequenz- (Mikrowellen-) Bereich
Bei der Messung pulsmodulierter Felder mit Thermokoppler-Feldsonden,
insbesondere an Radaranlagen, sollte 1/10 des maximalen Meßbereichs nicht überschritten werden, da die Impuls-Spitzenleistung den Detektor zerstören kann (Warnhinweise des Herstellers beachten!). Das gilt auch für Messungen mit Kombinationen
aus Höchstfrequenz-Leistungsmessern und angepaßten Antennen, sofern nicht zum
Schutz des Leistungsmeßkopfes und zur Meßbereichserweiterung zwischen Antenne
und Leistungsmeßkopf Dämpfungsglieder geschaltet wurden.
Die Messung der Exposition im Strahlungsbereich einer Radaranlage ist wie
folgt vorzunehmen:
Die Rotations- oder Schwenkautomatik der Radarantenne wird außer Betrieb
gesetzt und die Antenne nacheinander so auf jeden der zu untersuchenden
Meßorte gerichtet, daß sich dieser im Strahlungsmaximum befindet.
Bei umschaltbarer Antennen- und Modulationscharakteristik ist diejenige mit der
höchsten Leistungsflußdichte am jeweiligen Meßort zu wählen.
Zur Kontrolle der Einhaltung der Spitzenwerte können diese aus den Meßwerten der mittleren Leistungsflußdichte und den Parametern Impulsbreite und
Pulsfolgefrequenz errechnet werden, wenn keine dafür geeigneten Meßgeräte
zur Verfügung stehen.
6.5
Meßorte und Meßpunkte
Meßorte und Meßpunkte werden nach Erfordernis am Arbeitsplatz und im
Aufenthaltsbereich von Personen festgelegt.
Die Lage des Meßortes sollte durch Entfernungsangaben zu mindestens zwei
Bezugspunkten und/oder Bezugslinien in horizontaler Ebene angegeben werden.
Um die Vergleichbarkeit der Meßergebnisse für identische Anlagen zu gewährleisten, sollten einheitliche Meßpunkthöhen über Standfläche entsprechend den
ergonomischen Maßen für Sitz- und Steharbeitsplätze (jeweils Kopf-, Brust- und
Beckenhöhe) verwendet werden. Bei Steharbeitsplätzen wird empfohlen, in Höhen von
1,55, 1,25 und 0,90 m und bei Sitzarbeitsplätzen von 1,20, 0,90 und 0,45 m über
Standfläche zu messen.
Bei Messungen niederfrequenter Felder im Freien, insbesondere unter
Hochspannungsleitungen, genügt im allgemeinen an einem Meßort ein Meßpunkt in
einer Höhe von 1 - 1,5 m über Standfläche.
6.6
Meßprotokoll
Für reproduzierbare Meßergebnisse sollten im Meßprotokoll Angaben enthalten
sein, wie z.B.:
Standort/Betreiber
Ort und Zeit der Messung
Anlagen- und/oder Generatorbezeichnung
Typ, Fabriknummer
Hersteller
Baujahr
Feldquelle
Verwendungszweck
Betriebsart
HF-Arbeitsfrequenz
HF-Ausgangsleistung
Betriebsspannung und -strom, Mastbild und Bodenabstand der Leiterseile
(Energieversorgungs- und Bahnstromanlagen)
effektive Expositionszeit
verwendete Meßgeräte
klimatische Bedingungen
Lage der Meßorte und Meßpunkte
Lageplan oder -skizze
Meßwerte
Name des Messenden.
6.6
Kontrollmessungen und Nachkalibrierungen
Nach technischen und organisatorischen Veränderungen an den Anlagen, die
einen Einfluß auf die Absolutwerte von Feldstärke bzw. Leistungsflußdichte und/oder
deren räumliche Verteilung haben können, ist die Einhaltung der zulässigen Grenzwerte durch Kontrollmessungen nachzuweisen.
Zur Sicherung korrekter Feldstärke- bzw. Leistungsflußdichte-Meßergebnisse
sind in regelmäßigen Abständen Nachkalibrierungen der Meßgeräte durch ein anerkanntes Kalibrierlabor zu veranlassen.
6.7
Rechnungen
Eine Reihe von Feldern besonders im Rundfunkbereich und bei Hochspannungsfreileitungen lassen sich auch mit guter Genauigkeit berechnen. Es gibt Berechnungsprogramme für SAR-Berechungen im Nahbereich von Sendern. Bei allen
Programmen ist die Genauigkeit der Ergebnisse davon abhängig, wie gut die Feldquelle und die Randbedingungen beschrieben sind. Streufelder, wie sie im Arbeitschutz
häufig auftreten, können in der Regel nicht berechnet werden.
7.
Schutzmaßnahmen
Für Arbeitnehmer, die in Bereichen arbeiten müssen, in denen die zulässigen
Werte nicht eingehalten werden, können weitere Schutzmaßnahmen bis hin zur
persönlichen Schutzausrüstung notwendig werden. Für die allgemeine Bevölkerung
sind solche Schutzmaßnahmen aber nie notwendig.
7.1
Niederfrequente Felder
Elektrische Felder lassen sich in der Regel durch einfache Maßnahmen sehr
weitgend abschirmen. So reduziert ein Haus unter einer Hochspannungsfreileitung das
elektrische Feld auf weniger als ein 1/100. Aber auch Bäume und Büsche schirmen
das Feld schon sehr effektiv ab. Bei technischen Geräten kann durch Erdung das Feld
abgeschirmt werden.
Magnetische Felder laßen sich in der Regel nur mit sehr großem Aufwand
abschirmen. So werden z.B. Mu-Metallabschirmungen für PC-Monitore verwendet. Die
effektivste Art die magnetische Feldstärke zu reduzieren, sind Maßnahmen an der
Quelle selbst.
7.2
Hochfrequente Felder
Für den Hochfrequenzbereich gibt es abhängig von der Frequenz verschiedene
Schutzmaßnahmen. Wenn die Quelle nicht ausreichen gekapselt werden kann, gibt es
Arbeiten in der Nähe der Quelle für die verschiedenen Frequenzen unterschiedliche
Schutzanzüge.
8.
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Health Organisation, Geneva Schweiz (1984)
World Health Organisation (WHO): Environmental Health Criteria 137; Electromagnetic Fields
(300 Hz -300 GHz): World Health Organisation, Geneva Schweiz (1993)
9.
Anhang
Zur Umrechnung häufig verwendeter Größen sind folgende Angaben oft hilfreich:
1 T (Tesla) = 10 000 G (Gauss) ; 1 G = 100 µT
1 T ¹ 0,796 *106A/m ; 1 A/m ¹ 1,257 µT
(für biologisches Gewebe)
[ B = µo H; µo = 1,257*10-6 Vs/Am]
1 mW/cm2 = 10 W/m2
1 mW/cm2 = 0 dBm
1 µV/m = 0 dBµV/m
1 W/m2 ¹ 19,42 V/m ¹ 0,052 A/m
[ S = Zo H²; S = E²/Z0; Zo = 377 6 (unter Fernfeldbedingungen)]
Größenordnungen:
Frequenz:
1 kHz = 103 Hz
1 MHz = 103 kHz = 106 Hz
1 GHz = 103 MHz = 106 kHz = 109 Hz
elektrisches Feld:
1 kV/m = 103 V/m
magnetisches Feld:
1 nT = 10-3 µT = 10-6 mT = 10-9 T
1 µT = 10-3 mT = 10-6 T
1 mT = 10-3 T
10.
Adressen
Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik,
Gustav Heinemann Ufer 130, 50968 Köln
Bundesamt für Post und Telekommunikation (BAPT),
Camsiusstr. 21, 55122 Mainz
Bundesamt für Strahlenschutz (BfS),
Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Oberschleissheim
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA),
Nöldnerstr. 40-42, 10317 Berlin
Forschungsgemeinschaft Funk,
Rathausgasse 11a, 53113 Bonn
Forschungsgemeinschaft für Hochspannung und Hochstromtechnik (FGH)
Hallerweg 14, 68219 Mannheim
Forschungsverbund, Technische Universität Braunschweig
Pockelstr. 14, 38106 Braunschweig
Forschungszentrum Seibersdorf,
Institut für Physik, A-2444 Seibersdorf
Helmholz-Institut, RWTH Aachen
Pauwelstr. 20, 52074 Aachen
Institut für Rundfunktechnik,
Floriansmühlstr. 60, 80939 München
Lehrstuhl f. Elektrische Energieversorgung, Universität Erlangen
Cauerstr. 4, 91058 Erlangen
Niedersächsisches Landesamt für Ökologie (NLÖ),
Göttingerstr. 14, 30449 Hannover
Rundfunk-Betriebstechnik,
Wallensteinstr. 119, 90431 Nürnberg
Schweizerische Unfallversicherung (SUVA)
Postfach 4358; CH-6002 Luzern
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