Wissen verketten – Wissen fördern Gemeinsam für Wissenschaft

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FIAS –
Frankfurt
Institute for
Wissen verketten – Wissen fördern
Gemeinsam für Wissenschaft
und Forschung in Frankfurt am Main
Advanced
Studies
2
Das Leitbild des
Frankfurt Institute for Advanced Studies
Eine grundlegende Eigenschaft unbelebter und belebter
Systeme ist, daß sie aus Untereinheiten bestehen. Elementarteilchen organisieren sich zu Kernen, Atomen, Molekülen, Festkörpern und – auf kosmischer Skala – zu Sternen,
Galaxien und Galaxienhaufen. Die Überschreitung der
Grenze zwischen Materie und Leben scheint auf
ähnlichen Prinzipien zu beruhen. Der Weg
Frankfurt am
führt von Molekülgruppen zu Zellen, OrMain, die Geburtsganen, Organismen und schließlich
stadt Johann Wolfgang
sozialen Gemeinschaften.
von Goethes, hat eine
lange und herausragende
Ein charakteristisches Merkmal
Tradition des Mäzenatentums
all dieser Übergänge ist das
auf dem Gebiet der Künste und Wissenschaften: Erst die
großzügige finanzielle Unterstützung engagierter Bürger Auftreten neuer Strukturen,
und Unternehmen hat Museen, die Alte Oper oder die Johann Funktionen und Qualitäten,
Wolfgang Goethe-Universität möglich gemacht. Es ist daher die sich meist nicht alleine aus
keine Überraschung, daß das in der deutschen Forschungs- den Eigenschaften der jeweilandschaft neuartige Modell der Public-Private-Partnership des ligen Komponenten erschlieFIAS gerade in Frankfurt verwirklicht und in das bestehende ßen lassen. Weiter ist diesen
zusammengesetzten Systemen
wissenschaftliche Umfeld integriert werden konnte. Dieses
gemein, daß sie sich selbst orgaModell verschafft dem Institut ein Höchstmaß an struknisieren. Der geordnete Zustand
tureller Flexibilität, um interdisziplinäre Forschung
des höher organisierten Systems
vorantreiben und auf die sich ständig wandelnverdankt sich alleine der komplizierden Anforderungen des wissenschaftliten Wechselwirkung seiner Komponenchen Fortschritts reagieren zu
ten. Wie es scheint, sind die Prinzipien der
können.
Selbstorganisation und der Stabilitätssicherung emergenter komplexer Systeme grundlegender Natur und können
daher verallgemeinert werden.
Das FIAS stellt sich der Aufgabe, die Gültigkeit dieser
Hypothese zu prüfen und die Prinzipien zu identifizieren,
die der Organisation komplexer Systeme zugrundeliegen.
Zur Untersuchung der verschiedensten Modellsysteme arbeiten Fachleute zusammen, die profunde Kenntnis der
jeweiligen Modelle mit mathematischen und numerischen
Methoden kombinieren, um verallgemeinerungsfähige Beschreibungen zu formulieren. In der Physik hat die theoretische Durchdringung experimenteller Beobachtungen
eine lange und fruchtbare Tradition. Aufgrund der großen
Komplexität lebender Systeme dauerte in den Lebenswissenschaften die Phase des reinen Datensammelns länger
als in der Physik. Der Gründung des FIAS liegt die Überzeugung zugrunde, daß nunmehr auch in den Biowissenschaften eine theoretische Behandlung experimenteller
Daten unerläßlich ist.
Mit dem FIAS wurde eine Forschungsplattform gegründet,
die dem steigenden Bedarf an theoretischen Zugängen
zur Analyse komplexer Systeme Rechnung trägt. Mit der
Unterstützung großzügiger Zuwender und den Anregungen eines attraktiven Umfelds konnten die ersten Schritte
erfolgreich getan werden.
3
Interdisziplinäre Forschung unter
einem Dach: Dank der großzügigen Unterstützung durch
die STIFTUNG GIERSCH wird
am
Wissenschaftscampus
Riedberg ein eigenes FIASGebäude entstehen, das
Forscher aus einem weiten
Spektrum
naturwissenschaftlicher Fachrichtungen
beherbergt.
Bildnachweis: STIFTUNG GIERSCH
4
System-Neurowissenschaft:
Die Suche nach dem neuronalen Code
Das Gehirn ist das komplexeste aller Systeme, und es ist
das Substrat aller mentalen Phänomene. Die Neurowissenschaft steht somit vor der einzigartigen Herausforderung,
die Kluft zwischen Materie und Geist zu überbrücken. Wir
wissen bereits erstaunlich viel über die Struktur und Funktion einzelner Nervenzellen, über deren Vernetzung und über die Rolle einzelner HirnProf. Dr. Dr.
regionen bei speziellen Funktionen des
h. c. Wolf Singer
Erkennens und Handelns. Wie diese
hat in München und
Funktionen erbracht werden, ist jeParis Medizin studiert und
doch noch weitgehend ungeklärt.
sich im Fach Physiologie habilitiert. Seit 1981 ist er DirekEntgegen unserer Intuition gibt
tor der Abteilung für Neurophysiologie am Max-Planckes im Gehirn kein Zentrum,
Institut für Hirnforschung in Frankfurt am Main. Als einer
der führenden deutschen Neurowissenschaftler ist Wolf Singer das die Myriaden gleichzeitig
Mitglied zahlreicher Akademien und wissenschaftlicher Gre- ablaufender Verarbeitungsmien. Er ist mit Walter Greiner Gründungsdirektor des FIAS prozesse koordiniert und
und als Senior Fellow verantwortlich für die Koordination der deren Ergebnisse bewertet.
Neurowissenschaften. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Vielmehr scheinen Wahrnehmungen, Entscheidungen, GeSystem-Neurobiologie mit besonderem Augenmerk auf
fühle und Handlungsabsichten
neuronalen Prozessen, die höheren kognitiven Funktiauf weit verteilten Aktivitätsmuonen zugrunde liegen. Mit der Gründung des FIAS
stern zu beruhen, die sich durch das
wird der Notwendigkeit Rechnung getragen,
kooperative Wechselspiel zahlreicher,
dieser experimentellen Disziplin eine somiteinander vernetzter Nervenzellen,
lide theoretische Fundierung zu
den Neuronen, selbst organisieren. Wie aus
geben.
den Buchstaben des Alphabets eine nahezu unendliche
Anzahl von Sätzen gebildet werden kann, so scheint Information im Gehirn durch die Aktivität von Neuronen in
ständig wechselnden Konstellationen kodiert zu sein. Die
Aufdeckung der Prinzipien, nach denen aus dem neuronalen Alphabet sinnvolle Sätze entstehen, und die formale
Beschreibung neuronaler Codes sind ein zentrales Ziel der
System-Neurowissenschaft am FIAS.
Um herauszufinden, wo und wie in den Aktivitätsmustern
kooperierender Neuronen Informationen kodiert sind, ist
die gleichzeitige Aufzeichnung der Aktivität einer großen
Anzahl von Neuronen und der Abgleich der gefundenen
Muster mit bestimmten Verhaltensleistungen erforderlich.
Zur Analyse dieser extrem komplexen Muster müssen
gänzlich neue Algorithmen entwickelt werden. Die in anderen Gruppen am FIAS entwickelten theoretischen Ansätze leisten hierbei einen unverzichtbaren Beitrag.
Wir gehen davon aus, daß Fortschritte in der Entschlüsselung verteilter neuronaler Codes weitreichende Folgen
haben werden, nicht nur für das Verständnis normaler
und gestörter Hirnfunktionen, sondern auch für die Konzipierung neuartiger, biologisch inspirierter intelligenter
Systeme.
5
Gleichzeitige Aufzeichnung der
Antwort von 61 Neuronen im
visuellen Kortex. Korreliert
aktive
Neuronengruppen
sind mit verschiedenen Farben kodiert. Derselbe Reiz
führt zu ähnlichen Mustern.
Dies zeigt, daß relevante
Information in raumzeitlichen Korrelationsmustern
kodiert ist.
Bildnachweis: Ovidiu Jurjut
6
Theoretische Neurowissenschaften:
Hirnorganisation am Beispiel der Erkennung von Objekten
Wenn unser Gehirn eine bestimmte Situation bewußt erfaßt und augenblicklich und zielgerichtet darauf reagiert,
so macht es sich allgemeine Organisationsprinzipien zunutze, die nicht nur diese blitzartige Erkenntnis hervorbringen, sondern auch unsere Gene im Laufe der Evolution,
unsere Organe während des EmbryonalwachsProf.
Dr.
tums und unseren Geist als Folge von Lernen
Christoph von der
und Erziehung geformt haben. Welche
Malsburg hat in GötPrinzipien sind dies, und welche phytingen, München und Heisikalischen Muster der Moleküle,
delberg Physik studiert und in
Membranen, Zellen, Schaltkreise
Elementarteilchenphysik promound Signale beschreiben unsere
viert. Er hat 17 Jahre lang am Max-Planck-Institut für bioinnere Welt?
physikalische Chemie in Göttingen über die Neurophysiologie Wir
untersuchen
diese
des Sehens geforscht, wurde 1988 Professor für Computer- und Organisationsmechanismen
Neurowissenschaften an der University of Southern California in anhand einer beispielhaften
Los Angeles und 1990 Professor für Systembiophysik am Institut Hirnfunktion: dem Erkennen
für Neuroinformatik der Ruhr-Universität Bochum. Schwerpunk- von Objekten, speziell von
te seiner Forschung sind das Computersehen und damit zu- Gesichtern. Alle grundsätzsammenhängende Themen der Robotik, biologisch molichen Fragen werden dabei
tivierte Modelle neuronaler Netze und wachsende
schon angesprochen: Wie lerselbstorganisierende Netze. Seit August 2006 ist er
nen wir? Wie erkennen wir die
Senior Fellow am FIAS, das er als ideale UmgeStrukturgleichheit gespeicherter und
bung empfindet, das Organisationsprogesehener Bilder? Wie organisieblem interdisziplinär zu beren sich komplexe Repräsentationen
arbeiten.
von Objekten aus einfachen Teilstrukturen?
Und vor allem: Wie stellen die physischen Zustände
unserer Nervenzellen die von uns erlebten mentalen Zustände dar?
Nach klassischer Vorstellung entsprechen einzelne Neuronen oder Neuronengruppen elementaren mentalen Symbolen, die in unserem Geist wach sind, wenn die Neuronen feuern. Wie wir herausfanden, ist diese Ansicht
unvollständig und erzeugt das sogenannte Bindungsproblem: Es fehlt ein Mechanismus, der elementare Symbole
zu strukturierten Größen verknüpft. Unserer Überzeugung
nach liegt die fundamentale Lösung dieses Problems in
der Gleichzeitigkeit von Signalen und einem schnellen,
reversiblen Schalten von Verbindungen. Zustände des
Gehirns sind in diesem Bild aktive, sich schnell ändernde
Netze dynamischer Verbindungen. Erst auf dieser Basis
ist es dann möglich, das Erkennen von Objekten durch
Selbstorganisation biologisch realistischer neuronaler
Mechanismen zu modellieren.
Am FIAS finden wir ein sehr anregendes Klima zur konstruktiven Diskussion dieser Themen: Mit Wolf Singer
und seinen Mitarbeitern verbindet uns die Frage nach
dem neuronalen Code, mit Jochen Triesch die nach dem
Lernen und der Integration von Subsystemen. Michael
Meyer-Hermann teilt unser Interesse an den Phänomenen
der Netzwerk-Selbstorganisation.
7
Das Erkennen von Gesichtern ist
eine typische Hirnfunktion, deren Studium zum Verständnis
der prinzipiellen Frage beiträgt, wie unser Gehirn die
endlose Vielfalt der äußeren Welt in inneren Bildern
repräsentiert.
Bildnachweis: Doris M.-A. Lochte
8
Theoretische Neurowissenschaft:
Wie lernt das Gehirn?
Das Gehirn hat eine erstaunliche Fähigkeit, zu lernen und
sich auf ständig wechselnde Anforderungen einer komplexen Umwelt einzustellen. Diese Flexibilität beruht auf
einer Reihe sogenannter Plastizitätsmechanismen, welche
die Art und Weise verändern, wie einzelne Nervenzellen
des Gehirns, die sogenannten Neuronen, eingehende Signale verarbeiten und an andere
Prof. Dr. Jochen
Neuronen weiterleiten. Diese MechaTriesch hat an der
nismen bilden die Grundlage für die
Ruhr-Universität
BoEntstehung aller höheren kognitiven
chum und der Universität
Funktionen wie Wahrnehmung,
von Sussex, England, Physik
Gedächtnis und Handlungsplastudiert. Im Jahr 1999 promonung. Daneben steht ihr Bevierte er an der Ruhr-Universität Bochum auf dem Gebiet
zug zu Suchtentstehung und
der Neuroinformatik, um anschließend als Postdoktorand
an das Department of Computer Science der University Erkrankungen des Nervenof Rochester, USA, zu gehen. Im Jahr 2001 akzeptierte er systems im Brennpunkt vieler
einen Ruf an die University of California in San Diego als aktueller Forschungsvorhaben.
Assistant Professor of Cognitive Science. Seit 2005 ist der
36-jährige Wissenschaftler als Fellow am FIAS und forscht Im Laufe der letzten Jahre hat
die Charakterisierung der verhier auf dem Gebiet der theoretischen Neurowisschiedenen Formen von Plastisenschaften. Er genießt die vielfältigen Möglichzität im Gehirn große Fortschritkeiten zur engen Zusammenarbeit mit Theoretite erzielt. Unsere Forschung zielt
kern anderer Fachgebiete, die verwandte,
darauf ab, Computermodelle von
aber auch ganz unterschiedliche
Lernprozessen im Gehirn zu entwickeln,
komplexe Systeme unterdie erklären, wie die einzelnen Plastizitätssuchen.
mechanismen im Gehirn zusammenwirken und so das
Erlernen neuer kognitiver Fertigkeiten ermöglichen. Als
praktisches Beispiel haben wir damit begonnen, solche
Modelle auf Probleme des Sehens anzuwenden. Computermodelle dienen als wichtige Brücke zwischen der
neurowissenschaftlichen Beschreibung von neuroanatomischen und neurophysiologischen Sachverhalten und der
psychologischen Beschreibung kognitiver Fertigkeiten. Sie
liefern neue Theorien zur Erklärung kognitiver Funktionen
und machen neue Vorhersagen, die mit weiteren Experimenten überprüft werden können.
Unsere Forschung profitiert erheblich von der engen Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaftlern am FIAS. An
erster Stelle stehen wir in ständigem Kontakt mit den experimentellen und theoretischen Neurowissenschaftlern um
Wolf Singer und Christoph von der Malsburg, mit denen
wir eine Reihe gemeinsamer Projekte bearbeiten. Daneben untersuchen wir zusammen mit den Immunologen um
Michael Meyer-Hermann Fragen der vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Nervensystem und Immunsystem,
einem neuen Gebiet mit vielen ungelösten Problemen.
Schließlich verbindet uns das Interesse an Clusterbildung
und Strukturentstehung in komplexen Systemen mit der
Arbeitsgruppe um Andrey Solov’yov.
9
Das Gehirn ist ein hochkomplexes Organ aus vielfach vernetzten Nervenzellen, den
Neuronen. Die Lernfähigkeit des Gehirns beruht
auf Veränderungen in der
Verarbeitung eingehender
Signale und der Kommunikation der Neuronen
untereinander.
Bildnachweis: Miles Herkenham,
NIMH, Bethesda
10
Theoretische Immunologie:
Das Wechselspiel der Zellen im Körper begreifen
Der menschliche Körper ist täglich Millionen von Mikroorganismen und Fremdstoffen ausgesetzt, die ohne die
Gegenwehr des Immunsystems dem Organismus großen Schaden zufügen könnten. Das Immunsystem ist ein
komplexes, verteiltes Netz hochspezialisierter Zellen, die
gefährliche Substanzen, Viren und Bakterien bekämpfen und neutralisieren.
Dr.
Michael
Meyer-Her mann
Die theoretische Immunologie arbeihat in Frankfurt am Main
tet die Mechanismen heraus, nach
und Paris Physik, Mathedenen das Immunsystem funktiomatik und Philosophie studiert
niert. Am FIAS untersuchen wir
und in Elementarteilchenphysik
die mathematische Modelliepromoviert. Er hat in Dresden und Oxford Forschungsgruprung und die Simulation der
pen zur theoretischen Immunologie aufgebaut und ist 2005
als Fellow zum FIAS gekommen. Gegenwärtig ist der 38-jäh- Dynamik des Immunsystems
rige Wissenschaftler ALTANA Fellow am FIAS. Seine Forschung von Säugetieren. Wir interzielt auf die Entwicklung neuer Methoden in der theoretischen essieren uns dafür, wie das
Zellbiologie, auf die Funktionsweise des adaptiven Immun- molekulare Zusammenwirken
von Immunzellen das emersystems sowie auf die Entstehung, Entwicklung und Therapie
gente Funktionieren des Imvon Krebs. Am FIAS fasziniert ihn die Möglichkeit, unmitmunsystems als Teil des Orgatelbar mit Kollegen aus der Kernphysik, der Chemie und
nismus hervorbringt.
den Neurowissenschaften zusammenzuarbeiten und
Ein wichtiger Schlüsselbestanddadurch besser zu verstehen, wie das Immunteil des adaptiven Immunsystems
system molekular entsteht und als Teil in
sind die sogenannten Keimzentren.
den Gesamtorganismus eingeHier werden spezialisierte Zellen, die
bunden ist.
B-Zellen, so maßgeschneidert, daß sie passende Antikörper gegen einzelne Fremdsubstanzen erzeugen. Wir
untersuchen, wie sich Keimzentren herausbilden, welche
Gestalt Keimzentren haben und wie sie die Differenzierung, Auswahl und Verbreitung von B-Zellen bewerkstelligen. Dazu verwenden wir Simulationsverfahren, die ursprünglich zur Untersuchung der Physik von Atomen und
granularen Medien entwickelt wurden. Ähnliche Techniken
lassen sich auch auf Fragen der Wanderung von Zellen,
der Organogenese und der Entstehung von Krebs anwenden. Sie sind sehr hilfreich zur Entschlüsselung des Immunsystems und ergänzen die experimentelle Forschung.
Am FIAS profitieren wir nicht nur bezüglich unserer
Methodik vom direkten Kontakt zu Physikern. Mit den
Kollegen um Igor Mishustin untersuchen wir die Auswirkungen von Strahlentherapie und Immunsystem auf die
Dynamik von Tumoren. Die molekulare Analyse der Faltung von Antikörpern und deren Bindeeigenschaften im
Team von Andrey Solov‘yov kann die Erforschung der
Immunabwehr auf eine neue quantitative Basis stellen.
Ideale Bedingungen finden wir auch, um mit den Neurowissenschaftlern um Jochen Triesch die Wechselwirkung
zwischen Immunsystem und zentralem Nervensystem und
mit dem Team um Christoph von der Malsburg allgemeine
Phänomene der Selbstorganisation zu erforschen.
11
Schnappschuß aus einer Simulation der Dynamik von Zellen in
einem Follikel, das ein Keimzentrum beherbergt. Das Zusammenwirken von Zellen in
Reaktion auf Eindringlinge
kann mit Computersimulationen untersucht werden,
die neue Einblicke in die
Mechanismen des Immunsystems gewähren.
Bildnachweis: Tilo Beyer
12
Meso-Bio-Nano-Wissenschaft:
Materie auf der Mikro- und Nanometerskala
Die Zusammenlagerung von Atomen und kleinen Molekülen zu Clustern, Nanopartikeln und Mikrotröpfchen mit
komplexer molekularer Struktur ist ein Prozeß, bei dem
eine Vielzahl mesoskopischer und nanoskaliger Systeme
entstehen können. Beispiele solcher Systeme sind Fullerene, Kohlenstoff-Nanoröhrchen, Quantenpunkte
Prof. Dr. Andrey
und Quantendrähte oder Nanoteilchen, die
Solov‘yov hat am
an Biomoleküle angeheftet sind. Einige
Polytechnischen Institut
dieser Systeme versprechen wichtiin Sankt Petersburg, Rußge Anwendungen und sind daher
land, Physik studiert und
Gegenstand intensiver Untersu1988 am Ioffe-Institut der Ruschungen geworden – sie könnsischen Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg
ten etwa zur Miniaturisierung
in theoretischer und mathematischer Physik promoviert. Er
elektronischer Bauteile, zur
hat dort eine Gruppe zur Atomtheorie aufgebaut und das Konstruktion von Quanteninstitutsübergreifende Petersburger Seminar zur Atomphysik computern oder zur Entwickbegründet. Nach seiner Habilitation 1999 wurde er Leading lung neuer biomedizinischer
Research Fellow (Professor) am Ioffe-Institut. Seit 2004 ist Technologien führen.
er Fellow am FIAS und leitet die Forschung zur Meso-BioNano-Wissenschaft, die Materie auf der Mikro- und NaZwar unterscheiden sich die
nometerskala in theoretischen Studien untersucht. Die
einzelnen mesoskopischen, naForschung auf diesem Gebiet, das mesoskopische,
noskaligen und biomolekularen
nanoskalige und biomolekulare WissenschafSysteme hinsichtlich Ursprung und
ten kombiniert, profitiert enorm von der
Bestandteilen, doch können eine Reiinterdisziplinären Atmosphäre
he fundamentaler Fragen an allen studes FIAS.
diert werden: Welche Prinzipien liegen der
Selbstorganisation und Selbststrukturierung der Materie
auf mikro- und nanoskopischer Skala zugrunde? Wie bilden sich aus verschiedenen Bausteinen ähnliche Funktionen heraus? Was bestimmt die Stabilität dieser Systeme,
wie hängen ihre Eigenschaften von ihrer Größe ab, und
wie werden sie durch ihre Umgebung beeinflußt? Die Suche nach Antworten auf diese Fragen bildet den Kern eines neuen Feldes am Schnittpunkt von Physik, Chemie und
Biologie, der Meso-Bio-Nano-Wissenschaft.
Unser Team zur Meso-Bio-Nano-Wissenschaft am FIAS
geht diesen Fragen in enger Kooperation mit unseren
Kollegen nach. Die Bildung von Clustern und Strukturen
in Neurosystemen untersuchen wir zusammen mit Jochen
Triesch, die Dynamik des Andockens von Antigenen und
Antikörpern gemeinsamen mit Michael Meyer-Hermann.
Mechanismen biomolekularer Schäden durch Schwerionen erforschen wir mit Igor Mishustin, und die Dynamik
der Proteinfaltung und die Physik von Atomclustern mit
Christian Holm. Unsere Zusammenarbeit mit Walter Greiner zielt auf die Ähnlichkeiten der Spaltungsprozesse bei
geladenen Metallclustern und schweren Atomkernen ab.
Auf dem Gebiet der Quantenchemie schätzen wir die Zusammenarbeit mit Robert Berger.
13
Fullerene, Kohlenstoff-Nanoröhrchen, Cluster von Atomen und
komplexe Biomoleküle sind
Beispiele für die vielfältigen
Zusammenlagerungen von
Atomen und kleinen Molekülen, die den Gegenstand
intensiver Untersuchungen
auf dem neuen Feld der
Meso-Bio-Nano-Wissenschaft bilden.
Bildnachweis: Ilya Solov‘yov
14
Weiche und biologische Materie:
Struktur und Eigenschaften
Der menschliche Körper besteht aus einer riesigen Zahl
verschiedener Makromoleküle wie Fetten, Aminosäuren,
RNS und DNS – die Trägerin der Erbinformation –, welche die elementaren Bausteine des Lebens bilden und sich
wiederum zu komplexeren Strukturen wie Membranen,
Proteinen, Genen oder Zellen zusammensetzen.
Privatdozent
Die Entzifferung der verwickelten WechDr. habil. Christian
selwirkungen und Funktionen dieser
Holm hat in Berlin und
Bausteine hat eben erst begonnen.
am Georgia Institute of
Die meisten Makromoleküle traTechnology, USA, Physik stugen elektrische Ladung, und viele
diert und 1987 in den USA proWechselwirkungen in der Zelle
moviert. Nach seiner Habilitation 1996 kam er an das Maxwerden durch elektrische LaPlanck-Institut für Polymerforschung nach Mainz, wo er ab
dungen oder Potentialdiffe1998 eine Forschergruppe zur Theorie geladener Polymere und renzen ausgelöst, wie zum
komplexer Fluide geleitet hat. Christian Holm ist seit 2005 Fellow Beispiel die Aktivität von Neram FIAS und widmet sich vor allem der Struktur und Dynamik venzellen oder die Anordnung
biologischer und geladener weicher Materie. Er hat die Entwick- der DNS im Genom.
lung des Softwarepaketes ESPResSo initiiert, das in umfangreichen Computersimulationen eingesetzt wird. Am FIAS
Am FIAS versuchen wir, die
schätzt er die hervorragenden Gelegenheiten, Querverungeheure Komplexität biologibindungen der angewandten statistischen Physik und
scher Systeme auf ihre wichtigsten
von Computer-Modellierungen zur Biophysik,
Wechselwirkungen zu reduzieren,
zur Physik der Cluster, zur Chemie und
und untersuchen vereinfachte Mozu den Neurowissenschaften zu
delle mit Hilfe analytischer und rechnernutzen.
gestützter Methoden. Molekulardynamik-
Simulationen können helfen, die physikalischen Prinzipien
zu verstehen, die dem scheinbaren molekularen „Chaos“
zugrundeliegen, und sind hervorragend geeignet, unsere
gegenwärtigen theoretischen Modelle und Vorstellungen
herauszufordern.
Wir interessieren uns vor allem für die Struktur und Dynamik elektrisch geladener Makromoleküle. So möchten wir
die Bewegungen und das Verhalten von DNS in einem äußeren elektrischen Feld verstehen – die sogenannte Elektrophorese – oder die Bewegung von DNS durch Nanokanäle, die ein schnelleres Verfahren zur Sequenzierung
von Genen verspricht. Im Team der Physiker um Andrey
Solov’yov, die sich mit der Faltung von Aminosäureketten
– ebenfalls geladenen Makromolekülen – zu Proteinen beschäftigen, finden wir am FIAS ideale Partner, um dieses
Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zu analysieren.
Andere Projekte zielen ab auf die Wechselwirkungen von
Nukleosomen-Kernen in der Chromatinfaser, den Bausteinen unserer Gene, oder die Struktur von Suspensionen
magnetischer Nanopartikel, die interessante biomedizinische Anwendungen versprechen. Zusammen mit den Chemikern um Robert Berger haben wir begonnen, die Eigenschaften ionischer Fluide – spezieller Salze, die schon bei
Raumtemperatur flüssig sind – und allgemeiner Elektrolyte
im Computerexperiment zu untersuchen.
15
Ein geladenes Polymer nimmt in
einem schlechten Lösungsmittel
eine sogenannte PerlenkettenKonfiguration an. Blaue Kügelchen zeigen die geladenen Monomere der Kette,
gelbe die Gegenionen des
Lösungsmittels. Die beiden
kugelförmigen
Gebilde
werden in Streuexperimenten beobachtet.
Bildnachweis: Hans Jörg Limbach
16
Chiralität:
Chemie, Biologie und Teilchenphysik Hand in Hand
Rechte Handschuhe passen auf rechte Hände, linke Handschuhe auf linke Hände. Diese alltägliche Erfahrung ist ein
markantes Beispiel des Phänomens der Chiralität (Händigkeit). So nennt man es, wenn sich ein Gegenstand von seinem Spiegelbild unterscheidet. In biologischen Systemen
spielt die Chiralität von Molekülen eine zentrale
Dr.
Robert
Rolle. So ist die DNS, die Trägerin der ErbBerger hat in Berlin
information, eine rechtshändige Doppelund Münster Chemie
helix, aufgebaut aus rechtshändigen
studiert und war nach seiBausteinen. Wie bei Handschuh
ner Promotion in theoretischer
und Hand wechselwirkt die DNS
Chemie als Postdoktorand an
mit rechtshändigen Molekülen
der ETH Zürich und als Liebig-Fellow an der TU Berlin tätig.
anders als mit deren Spiegel2003 wurde er von der VolkswagenStiftung mit einer Nachbildern. Dieser Unterschied
wuchsforschergruppe ausgestattet. Robert Berger ist seit 2005 ist für biologische Vorgänge
Fellow am FIAS. Dessen interdisziplinärer Charakter und die entscheidend und muß auch
damit verbundenen Forschungsmöglichkeiten waren für ihn der in der Pharmazie berücksichHauptgrund, an das FIAS zu kommen. Seine Forschung spannt tigt werden. Warum die Natur
eine Brücke zwischen Physik, Chemie und Biologie und be- nur DNS mit rechtshändigen
inhaltet unter anderem die Entwicklung und Anwendung
Bausteinen verwendet und
quantenchemischer Zugänge zur Vorhersage molekunicht ihr Spiegelbild, ist nur eine
larer Eigenschaften, mit Schwerpunkten auf elekder offenen Fragen zur Chiralität.
troschwachen und relativistischen Methoden.
Anwendungen betreffen beispielsweise
Am FIAS arbeiten wir daran, EigenSpektroskopie, Katalyse und
schaften und Reaktionsverhalten hänPhotochemie.
diger Moleküle vorherzusagen und die
Grundlagen der molekularen Händigkeit zu entschlüsseln.
Unsere Forschung schlägt dabei einen überraschenden
Bogen zur Grundlagenphysik: Händige Moleküle reagieren auf die schwache Wechselwirkung, die einzige fundamentale Kraft, von der bekannt ist, daß sie zwischen
links und rechts unterscheidet. Hochaufgelöste Spektroskopie an händigen Molekülen kann somit einen Einblick
in die fundamentalen Kräfte geben, der komplementär ist
zu dem der Hochenergiephysik. Das Aufspüren und die
Deutung dieser Effekte anhand experimenteller Daten erfordert den Einsatz sehr genauer theoretischer Methoden,
die in unserer Gruppe entwickelt werden. Zusätzlich zum
Verständnis solch grundlegender Phänomene wenden
wir diese Methoden unter anderem auch in der Katalyse,
Spektroskopie und Photochemie an.
Molekulare Händigkeit verbindet Chemie, Biologie und
Teilchenphysik und ist ein typisches Beispiel interdisziplinärer Forschung am FIAS. In weiteren Projekten untersuchen wir mit Igor Mishustin und seinen Mitarbeitern das
Wechselspiel der Elektronen- und Kernstruktur in superschweren Elementen sowie mit Christian Holm und seinen
Kollegen die Multiskalenbeschreibung von Makromolekülen und ionischen Flüssigkeiten.
17
Die DNS, die Trägerin der Erbinformation, bildet eine rechtshändige Doppelhelix (rechte
Seite der Abbildung); ihr gespiegeltes Gegenstück kommt
in der Natur nicht vor. Diese Asymmetrie könnte eine
Folge der schwachen Kraft
sein, einer der vier fundamentalen Wechselwirkungen in der Natur.
Bildnachweis: Robert Berger,
Doris M.-A. Lochte
18
Physik mit Schwerionenstrahlen:
Von der nuklearen Astrophysik zur Tumortherapie
Strahlen aus Schwerionen – den Kernen schwerer Atome
– werden in Beschleunigeranlagen wie bei der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt als
vielseitiges Werkzeug zur Grundlagenforschung und für
zahlreiche Anwendungen erzeugt.
Eine der großen offenen Fragen der modernen
Naturwissenschaften betrifft den Ursprung
Prof. Dr. Igor
der chemischen Elemente. Während die
Mishustin hat theoleichtesten Elemente im frühen Univerretische Physik und
sum entstanden sind und schwereAstrophysik an der Staatsre Elemente in Kernreaktionen
universität Moskau studiert
im Inneren von Sternen erbrütet
und am Kurtschatow-Institut in
werden, ist der Ursprung der
Moskau promoviert. Dort hat er sich auch habilitiert und
schwersten Elemente wie Gold
eine Gruppe zur theoretischen Schwerionenphysik aufgebaut.
Seine Forschungsinteressen gelten effektiven Theorien stark und Uran noch immer ein
wechselwirkender Materie, dem Quark-Gluon-Plasma, statisti- Rätsel. Vermutlich entstehen
schen und hydrodynamischen Modellen von Schwerionenstö- diese Elemente bei Superßen und der nuklearen Astrophysik. Igor Mishustin war lange nova-Explosionen. Ähnliche
Jahre Gastprofessor am Niels-Bohr-Institut in Kopenhagen. Bedingungen wie bei diesen
spektakulären Finalen im Leben
Seit 2004 ist er Fellow am FIAS und leitet die Forschung
massiver Sterne können in irdizur theoretischen Schwerionenphysik und Astrophysik.
schen Laboratorien in SchwerioIn enger Zusammenarbeit mit seinen Kollegen aus
nenkollisionen geschaffen werden.
Chemie und Biologie begeistert er sich für neue
Theoretiker am FIAS haben HilfsmitForschungsschwerpunkte, insbesondere
tel zur Beschreibung solcher Kollisionen
für die Tumortherapie mit
entwickelt, die sich an die Verhältnisse bei
Schwerionen.
Supernova-Explosionen anpassen lassen und so zum Verstehen des Ursprungs der schwersten Elemente beitragen.
Wenn Schwerionenstrahlen Materie durchdringen, geben
sie ihre Energie nicht gleichförmig ab. Vielmehr wird der
Löwenanteil der Energie erst kurz vor dem Endpunkt des
Strahls deponiert, wodurch solche Strahlen ideal für die
Krebstherapie geeignet sind. Tiefliegende Tumore, etwa
im Gehirn, können gezielt angegriffen werden. Die Tumortherapie mit Schwerionen ist sehr effizient und soll
in Krankenhäusern in aller Welt eingesetzt werden. Die
Kombination des reichen Bestandes an experimentellen
Daten mit Berechnungen und Modellen aus der theoretischen Schwerionenphysik ermöglicht präzise Vorhersagen
der Wirkung von Schwerionen im menschlichen Gewebe.
Die Modellierung der Auswirkungen von Schwerionen auf
den menschlichen Körper ist nur eines von vielen Beispielen interdisziplinärer Zusammenarbeit am FIAS. Mit Michael Meyer-Hermann untersuchen wir die Auswirkungen
von Strahlung und Immunsystem auf die Tumordynamik.
Mechanismen biomolekularer Schäden durch schwere Ionen erforschen wir mit dem Team von Andrey Solov‘yov.
Mit Robert Berger untersuchen wir das Zusammenspiel
der Elektronen- und Kernstruktur bei superschweren
Elementen.
19
Bei der Krebstherapie mit Schwerionen dringen Kohlenstoffkerne
tief in den menschlichen Körper
ein und deponieren den größten Teil ihrer Energie genau im
Tumor. Am FIAS berechnete
Simulationen zeigen die Spuren von Kernen und Protonen
(blau), Elektronen (rot) sowie
die Wechselwirkungspunkte
(gelb).
Bildnachweis: Igor Pshenichnov
20
Fundamentale Physik:
Das funkensprühende Vakuum und superschwere Elemente
Die naive Vorstellung des Vakuums als leerer Raum mußte im Licht der modernen Quantentheorie revidiert werden. In unserem gegenwärtigen Verständnis hat das Vakuum, der Zustand mit der geringstmöglichen Energie,
eine komplexe Struktur: Selbst der leere Raum ist immer
erfüllt mit fluktuierenden Feldern und Paaren von
Teilchen und Antiteilchen. Die QuantentheoProf. Dr. Dr.
rie sagt als Folge der Wirkung starker
h. c. mult. Walter
elektrischer Felder ein spektakuläres
Greiner hat in Frankfurt
Phänomen voraus: In sogenannam Main, Darmstadt und
ten überkritischen Feldern ist das
Freiburg Physik studiert und
Vakuum gefüllt mit Elektronen
über Kernphysik promoviert.
und ihren Partnerteilchen aus
Er ist seit 1965 Professor für theoretische Physik an der
Antimaterie, den Positronen.
Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main,
seit 2003 Senior Fellow am FIAS und gemeinsam mit Wolf Diese Manifestation der StrukSinger Gründungsdirektor des FIAS. Walter Greiner ist für seine tur des Vakuums kann im ExArbeiten zur Struktur und Dynamik der elementaren Materie, periment überprüft werden!
zur Schwerionenphysik, Feldtheorie und Atomphysik mit vie- Ausreichend starke elektrische
len Preisen und Ehrendoktorwürden bedacht worden und ist Felder treten in der Nähe von
übergroßen
Kern-Systemen
Mitglied zahlreicher wissenschaftlichen Akademien. Er hat
auf, die vorübergehend in den
eine große Physikerschule begründet und ist Autor eiKollisionen sehr schwerer Ionen
ner weitverbreiteten Lehrbuchreihe, die in mehrere
erzeugt werden können. Das VakuSprachen übersetzt worden ist. Seine mit Judah
um sprüht dann Positronen und stellt
Eisenberg verfaßte dreibändige „Nuclesich als elektrisch geladen dar. Im Expear Theory“ ist ein Klassiker des
riment läßt sich dieser Fingerabdruck fundaGebietes.
mentaler Physik zweifelsfrei identifizieren, wenn nur die
Kern-Systeme ausreichend lange existieren.
Schwerionenkollisionen dienen auch dazu, superschwere Elemente zu erzeugen. Diese Elemente ergänzen das
Periodensystem in den noch unbekannten Regionen hoher Massenzahlen. Die Vorhersage einer „Insel der Stabilität“ bei hohen Protonen- und Neutronenzahlen war
die entscheidende Motivation zur Gründung der GSI in
Darmstadt. Neue Forschung am FIAS zeigt, daß VerbundSysteme aus kollidierenden Kernen wie Thorium und Californium stark fluktuieren und lang genug existieren könnten, um zur Bildung superschwerer Elemente in der Nähe
der Insel der Stabilität zu führen.
Hoher Massenaustausch zwischen den Kernen begünstigt
lange Lebensdauern von Kernmolekülen aus Uran und
Thorium und kann so die Bedingungen schaffen, die für
das funkensprühende Vakuum erforderlich sind. Die damit
zusammenhängenden, neuen Formen der Cluster-Radioaktivität werden an Instituten weltweit experimentell untersucht. Cluster-Radioaktivität stellt einen wichtigen Zerfallskanal superschwerer Elemente dar und weist interessante
Parallelen zur Clusterbildung in Atom- und Molekülphysik
auf, die ebenfalls am FIAS untersucht wird.
21
Die Energie eines Verbundsystems
aus zwei schweren Atomkernen als
Funktion von Abstand und Massenaustausch. In einer Schwerionenkollision können aus
einem Verbundsystem verschiedene Zwischen- und
Endkonfigurationen hervorgehen, die zum überkritischen Vakuum und zur
Bildung superschwerer Elemente führen können.
Bildnachweis: Valery Zagrebaev
22
Ultrarelativistische Schwerionenkollisionen:
Der Urknall im Labor
Wie wir heute wissen, sind Proton und Neutron – die
Teilchen, aus denen sich die Atomkerne aller uns umgebenden Materie zusammensetzen – nicht elementar. Ihre
Bestandteile sind die sogenannten Quarks und Gluonen.
Aufgrund der speziellen Eigenschaften der Kräfte zwischen Quarks und Gluonen können diese Teilchen
nie isoliert beobachtet werden. Erst wenn
Prof. Dr. Horst
ein Stück normaler Kernmaterie extrem
Stöcker hat an der
komprimiert oder erhitzt wird, tritt
Johann Wolfgang Goeein Phasenübergang ein, der dem
the-Universität in Frankfurt
Schmelzen von Eis vergleicham Main Physik und Chebar ist. In der neuen Phase der
mie studiert und dort 1979
Kernmaterie, dem sogenannten
promoviert. Er war Postdoktorand an der GSI und der
Quark-Gluon-Plasma, können
University of California in Berkeley und Professor für theoretische Physik an der Michigan State University. Seit 1985 sich Quarks und Gluonen frei
forscht und lehrt er in Frankfurt, derzeit als Judah M. Eisenberg bewegen.
Professor Laureatus für theoretische Physik. Seine Arbeiten Das Quark-Gluon-Plasma ist
reichen von Phasenübergängen und Quarkmaterie bis zu eine flüchtige Form der MaSchwarzen Löchern. Stöcker ist Fellow des Institute of Physics, terie: Es hat in den ersten Sekundenbruchteilen nach dem
London, der Academia Europaea und Senior Fellow am
Urknall existiert, und es entsteht
FIAS. Als Gründungsdirektor der Frankfurt International
vorübergehend in den KollisioGraduate School for Science und Vizepräsident der
nen hochenergetischer kosmischer
Johann Wolfgang Goethe-Universität bemüht
Strahlen mit Materie. Sein faszinieer sich besonders um die Förderung junrendster Aspekt ist jedoch, daß es unter
ger Wissenschaftlerinnen und
kontrollierten Bedingungen im Labor erzeugt
Wissenschaftler.
werden kann. Dies geschieht, wenn Schwerionen in Beschleunigern zur Kollision gebracht werden. Dann werden
die Atomkerne so sehr erhitzt und verdichtet, daß Protonen und Neutronen schmelzen und Quarks und Gluonen
freisetzen. Am Large Hadron Collider (LHC), einem neuen
Beschleuniger am CERN bei Genf, könnten bei solchen
Kollisionen sogar mikroskopische Schwarze Löcher entstehen.
Das Quark-Gluon-Plasma, seine Phasen und Eigenschaften sind ein aufregendes Forschungsgebiet, das noch viele
Überraschungen für uns bereithält. Es ähnelt zum Beispiel
in vieler Hinsicht einer idealen Flüssigkeit. Wenn es von
schnellen Teilchen durchquert wird, deuten Experimente
auf die Ausbildung von Machkegeln hin, ganz analog
zum Überschallknall von Flugzeugen.
Am FIAS verwenden wir eine Reihe von Computermodellen, um Eigenschaften und mögliche Fingerabdrücke des
Quark-Gluon-Plasmas zu untersuchen. Wir machen dabei
ausgiebig Gebrauch von der Rechenleistung des Frankfurter Center for Scientific Computing (CSC). Studierende
der Frankfurt International Graduate School for Science
(FIGSS) leisten entscheidende Beiträge zu diesen Untersuchungen und sind so bereits am Anfang ihrer wissenschaftlichen Laufbahn an komplexen Forschungsprojekten
beteiligt.
23
In hochenergetischen Schwerionenkollisionen lösen sich Protonen und Neutronen in ihre
Bestandteile auf, in Quarks
und Gluonen. Dieser Ausschnitt aus der Simulation
einer Kollision zeigt die
Überreste der anfänglichen
Atomkerne und die freigesetzten Quarks als weiße
und bunte Kugeln.
Bildnachweis: Henning Weber
24
Adjunct Fellows:
Prof. Dr. Wolfgang Maass
Wolfgang Maass studierte Mathematik in München, wo er
1974 promovierte und sich 1978 habilitierte. Er war Heisenberg-Stipendiat am Massachusetts Institute of Technology, an der University of Chicago und an der University
of California in Berkeley. Nach Stationen als Professor für
Computerwissenschaften an der University of Illinois
kehrte er 1991 als Professor an die Technische
Universität Graz nach Europa zurück.
In Graz ist er seit 1992 Vorstand des
Instituts für Grundlagen der Informationsverarbeitung. Wolfgang
Maass war Sloan-Fellow des
Salk Instituts (USA) und Visiting Professor am BrainMind Institute in Lausanne.
Seit 2005 ist Wolfgang
Maass Adjunct Fellow am
Frankfurt Institute for Advanced Studies. Seine Forschungsinteressen
betreffen
die Informationsverarbeitung
im Nervensystem, neuronale Netze, maschinelles Lernen,
Komplexität von Berechnungen
sowie Mathematische Logik und die
Theorie der Berechenbarkeit.
Prof. Dr. Thomas Metzinger
Thomas Metzinger studierte von 1978 bis 1982 in
Frankfurt am Main Philosophie, Religionswissenschaften
und Ethnologie. 1985 promovierte er mit einer Arbeit
über die neuere philosophische Diskussion des GeistKörper-Problems. Er habilitierte sich 1992 an der JustusLiebig-Universität Gießen und lehrte dann an mehreren
Universitäten in Deutschland sowie an der University of
California in San Diego.
Metzinger ist seit 1994 als Gründungsmitglied im Vorstand
der Association for the Scientific Study of Consciousness.
In den Jahren 1997 und 1998 war er Fellow am Hanse-Wissenschaftskolleg in Delmenhorst. 2000 wurde Metzinger Professor für Philosophie an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. Seit 2005 ist er Adjunct Fellow
und „Philosopher in Residence“ am Frankfurt Institute for
Advanced Studies.
Seine Interessen gelten der Analytischen Philosophie des
Geistes, den Verbindungen zwischen Ethik, Philosophie
des Geistes und Anthropologie sowie philosophischen
und ethischen Aspekten der Neuro- und Kognitionswissenschaften, der künstlichen Intelligenz und verwandter
Gebiete. Metzinger ist derzeit Präsident der Deutschen
Gesellschaft für Kognitionswissenschaft.
25
Prof. Dr. William Alfred Phillips
Prof. Dr. Dirk H. Rischke
William Phillips studierte Psychologie in Manchester und
promovierte 1968 als Australian National University Research Fellow an der Australian National University im
Fach Psychologie.
Dirk Rischke hat 1993 an der Johann Wolfgang GoetheUniversität in Frankfurt am Main in theoretischer Physik
promoviert und sich dort 1997 auch habilitiert. Er war
als Feodor-Lynen-Fellow der Alexander von HumboldtStiftung an der Columbia University in New York und als
Gastwissenschaftler an der Columbia University sowie
an der Duke University, Durham, USA, wo er auch Gastprofessor war.
Er forschte am Laboratory of Experimental Psychology der
Sussex University, England, und ist seit 1971 Dozent für
Psychologie an der Stirling University in Schottland. 1997
wurde er dort Professor für Neuropsychologie. Phillips ist
seit 2004 emeritiert und seit Juni 2005 Adjunct Fellow
des Frankfurt Institute for Advanced Studies. Er arbeitet
seit langem eng mit Wolf Singer und dessen Mitarbeitern am Max-Planck-Institut für Hirnforschung zusammen.
In seiner Forschung konzentriert er sich auf die neuronalen Grundlagen der kognitiven Funktionen, insbesondere auf die Prinzipien der Informationsverarbeitung im Kortex. Dazu kombiniert er empirische
Untersuchungen normaler und pathologischer kognitiver
Funktionen mit theoretischen Studien neuronaler Netze,
die konzeptionell durch formale Analyse und mit Hilfe
von Computersimulationen untersucht werden können.
Ein Ziel dieser Forschung ist ein besseres Verständnis der
Gründe für Wahrnehmungsstörungen im Zusammenhang
mit Psychosen.
Nach weiteren Stationen als Gastprofessor an der Yale
University, New Haven, und als Forscher am Brookhaven
National Laboratory, New York – erst als RIKEN-BNL Fellow, dann als Wissenschaftler und RHIC Physics Fellow
in der Gruppe für theoretische Kernphysik – wurde Dirk
Rischke im Februar 2001 Professor für theoretische Physik
in Frankfurt am Main.
Er ist seit August 2004 Adjunct Fellow am Frankfurt Institute for Advanced Studies. Schwerpunkte seiner Forschung
liegen auf den Eigenschaften der Quantenchromodynamik
(QCD, die Theorie der starken Wechselwirkung) unter extremen Bedingungen und auf kollektiven Phänomenen in
Schwerionenkollisionen, insbesondere auf der Farbsupraleitung und der chiralen Feldtheorie bei endlicher Dichte und
Temperatur.
Adjunct Fellows sind Wissenschaftler und Professoren an
verschiedenen Universitäten
und Forschungseinrichtungen
weltweit. Sie arbeiten eng
mit Fellows des FIAS zusammen, liefern wichtige Impulse zu Forschungsprojekten
am FIAS und beteiligen
sich an der Betreuung der
Doktoranden der FIGSS.
26
Adjunct Fellows:
Prof. Dr. Stefan Schramm
Stefan Schramm hat an der Johann Wolfgang GoetheUniversität in Frankfurt am Main Physik studiert, wo er
1989 promovierte und sich 1992 habilitierte. Er bekleidete mehrere Stellungen als Postdoktorand und Forscher in
den USA, an der GSI in Darmstadt und an der Universität Frankfurt. 2003 übernahm er die Leitung
des Center for Scientific Computing (CSC)
an der Johann Wolfgang Goethe-Universität. Stefan Schramm ist seit April
2004 Professor für Physik in Frankfurt und seit Juli 2004 Adjunct
Fellow am Frankfurt Institute for
Advanced Studies. Seine Forschungsinteressen umfassen
chirale Modelle der Kernmaterie, Gittereichtheorien, Simulationen von Schwerionenkollisionen, Neutrinophysik,
phänomenologische Modelle
der QCD und die Faltung von
Proteinen.
Er betreut mehrere Dissertationsprojekte von Studierenden der FIGSS mit
Schwerpunkt auf numerischen Problemen
der Physik.
Prof. Dr. Klaus Schulten
Klaus Schulten hat in Münster Physik studiert und 1974 an
der Harvard University, USA, in chemischer Physik promoviert. Er war Wissenschaftler am Max-Planck-Institut
für biophysikalische Chemie in Göttingen und nach seiner
Habilitation Professor für Physik an der Technischen Universität München.
Seit 1988 ist er Professor für Physik und Affiliate Professor für Chemie und Biophysik an der University of Illinois
in Urbana-Champaign, USA, sowie Leiter der Gruppe
„Theoretical and Computational Biophysics“ am Beckman
Institute for Advanced Science and Technology. Klaus
Schulten ist Empfänger zahlreicher Preise sowie Gastprofessor und Mitglied mehrerer Universitäten und Akademien, unter anderem Alexander von Humboldt-Fellow an
der Johann Wolfgang Goethe-Universität. Seit 2004 ist er
Adjunct Fellow des Frankfurt Institute for Advanced Studies
und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des FIAS.
Schwerpunkte seiner Forschung sind die biomolekulare
Quantenchemie sowie Struktur und Funktion supramolekularer Systeme in der Zelle. Er untersucht biomolekulare
Systeme außerhalb des thermischen Gleichgewichts mit
Hilfe von Techniken der Statistischen Mechanik und forscht
an Entwicklung und Einsatz von Methoden der Computersimulationen in der Strukturbiologie.
27
Prof. Dr. Misha Tsodyks
Misha Tsodyks hat seine wissenschaftliche Laufbahn am
Landau-Institut für Theoretische Physik in Moskau begonnen, wo er 1987 über ein Thema aus der Festkörperphysik promoviert hat. Nach mehreren Jahren am Institut
für Neurophysiologie in Moskau, am Racah Institute of
Physics der Hebrew University in Jerusalem und am Computational Neurobiology Laboratory des Salk Institute in
San Diego kam er 1995 als Mitglied des Department of
Neurobiology an das Weizmann Institute of Science in
Rehovot, Israel.
Misha Tsodyks ist seit Juni 2005 Adjunct Fellow am Frankfurt Institute for Advanced Studies. Er forscht auf dem
Gebiet der Computermodellierung in den Neurowissenschaften, das aufgrund der stetigen Zunahme verfügbarer
experimenteller Daten, der steigenden Computerleistungen und neuer theoretischer Ansätze in rascher Expansion
begriffen ist. Sein Hauptinteresse gilt den Eigenschaften
ausgedehnter neuronaler Netze, die für höhere Hirnfunktionen wie Gedächtnis oder die Verarbeitung visueller Information verantwortlich sind.
Das Verständnis dieser Funktionen erfordert einen multidisziplinären Zugang, der Techniken und Ideen aus Biologie, Physik und den Computerwissenschaften in sich
vereint.
„Daß der Mensch aller geistigen Organe bedürfe, wenn er
sich an das Ungeheure wagt,
gestehen wir gern. Der Philosoph, der Mathematiker, der
Chemiker, der Physiker, dürfen da wohl gemeinschaftlich handeln.“
J. W. v. Goethe, Brief an J.S. Schweiger,
25. April 1814
28
Forschung und Lehre eng verzahnt:
Die Frankfurt International Graduate School for Science FIGSS
Die Ausbildung an deutschen Hochschulen hat eine traditionell enge Verflechtung mit der wissenschaftlichen
Forschung. Im Sinne der Vision Humboldts sind Professoren an Universitäten gleichermaßen Forscher und Lehrer. Studierende erfahren die neuesten Entwicklungen
der Wissenschaft früh in ihrer Ausbildung aus
erster Hand. Gleichzeitig sind sie in laufende Forschungsprojekte mit einbezogen
und sammeln erste Erfahrungen im
Alltag der Wissenschaft.
Im Bewußtsein dieser Tradition wurde die Gründung des
FIAS durch die Einrichtung
der Frankfurt International
Graduate School for Science
(FIGSS) begleitet und ergänzt.
Die nahtlose Einbindung der
nachfolgenden
Generation
von Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern in die Arbeit
am FIAS ist ein charakteristisches
Merkmal, das FIAS von anderen
Forschungsinstituten unterscheidet.
Die Frankfurt International Graduate
School for Science bietet einer sorgfältig
ausgewählten Gruppe junger Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus den am FIAS vertretenen
Disziplinen beste Voraussetzungen für anspruchsvolle
Forschung in einem faszinierenden, multidisziplinären
Umfeld. Neben einer gründlichen Ausbildung in ihrem
jeweiligen Spezialgebiet werden die Doktorandinnen
und Doktoranden der FIGSS auch mit den Methoden und
Fakten wissenschaftlicher Nachbardisziplinen vertrautgemacht. Sie kommen frühzeitig mit fortgeschrittener Forschung in Berührung und werden ermutigt, in Zusammenarbeit mir ihren Kolleginnen und Kollegen eigenständige
Forschungsvorhaben durchzuführen.
Herkömmliche Graduiertenprogramme haben oft einen
thematisch engen Zuschnitt und erschweren dadurch den
Fortschritt auf Gebieten, die nicht der traditionellen Aufteilung der Disziplinen entsprechen. FIGSS tritt diesem
Mangel entgegen und trägt dem zunehmenden Bedarf
an Forschern Rechnung, die darauf vorbereitet sind, im
Schnittbereich benachbarter Disziplinen zu arbeiten. Studierende der FIGSS besuchen Spezialvorlesungen und
Seminare, die dem interdisziplinären Ansatz des FIAS
entsprechen. Sie profitieren ferner von der engen Zusammenarbeit mit den naturwissenschaftlichen Fachbereichen
der Johann Wolfgang Goethe-Universität, deren Vorlesungen und Seminare ihnen offenstehen.
29
Die
Frankfurt
International
Graduate School for Science
bietet ausgewählten Doktorandinnen und Doktoranden aus aller Welt optimale
Voraussetzungen für eine
Ausbildung in einer anspruchsvollen, multidisziplinären Forschungsumgebung.
30
Die Frankfurt International Graduate School for Science:
International und interdisziplinär
Die Frankfurt International Graduate School for Science
(FIGSS) ist dezidiert international ausgerichtet. Alle Vorlesungen, Kurse und Seminare werden in englischer Sprache
angeboten. Unabhängig von ihrem Herkunftsland werden
die besten Kandidaten gewonnen. Derzeit stammen sie
aus Ländern wie Brasilien, China, Deutschland,
Frankreich, Iran, Jordanien, Polen, Rumänien, Rußland, USA und Zypern.
Bisher sind mehr als 30 Doktorandinnen und Doktoranden zum
Ph.D.-Programm der Graduate
School zugelassen worden.
Die Auswahl der Stipendiaten folgt strengen Exzellenzkriterien. Eine Kommission
entscheidet anhand der akademischen Leistung der Studierenden über die Vergabe
der Stipendien.
Das FIAS unterstützt Doktorandinnen und Doktoranden, die in
experimentellen wie theoretischen Gebieten Kompetenzen erwerben möchten,
mit gezielten Weiterbildungsprogrammen
und Sommerschulen. Der „Philosopher in Residence“ des
FIAS gibt ihnen ferner Anregungen, sich mit Fragen der
Philosophie, Ethik, Wissenschaftstheorie und -geschichte
auseinanderzusetzen.
Doktorandinnen und Doktoranden der FIGSS sind eng in
die laufenden Forschungsvorhaben am FIAS eingebunden.
Sie verfolgen eigene Forschungsprojekte und arbeiten mit
Wissenschaftlern der Johann Wolfgang Goethe-Universität und der außeruniversitären Partnerinstitute zusammen.
Die Betreuung erfolgt gemeinsam durch einen Fellow des
FIAS und eine Professorin oder einen Professor aus einem naturwissenschaftlichen Fachbereich der Universität.
Doktorandinnen und Doktoranden erwerben innerhalb
von drei Jahren den Grad des Dr. phil. nat. der Johann
Wolfgang Goethe-Universität.
Die straffe Organisation der Graduate School und die
intensive Betreuung führen zu einer im Vergleich zu herkömmlichen Promotionsstudiengängen deutlich verringerten Promotionszeit. Eine weitere Stärke der Ausbildung
ist ihre multidisziplinäre Ausrichtung. Somit ist FIGSS
Keimzelle für die 2006 eingerichtete Otto Stern Graduate
School for Natural Science (OSS) an der Johann Wolfgang Goethe-Universität.
Gründungsdirektor der FIGSS ist Prof. Dr. Horst Stöcker.
31
Doktorandinnen und Doktoranden der Frankfurt International
Graduate School for Science
stammen aus Ländern in
aller Welt, darunter Brasilien, China, Deutschland,
Frankreich, Iran, Jordanien,
Polen, Rumänien, Rußland,
USA und Zypern.
32
Hier wird Wissen Wirklichkeit:
Die Johann Wolfgang Goethe-Universität
Das Frankfurt Institute for Advanced Studies und die Frankfurt International Graduate School for Science wurden
von der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt
am Main gegründet. Die Frankfurter Universität ist eine
der zehn größten Hochschulen in Deutschland. 35.000
junge Menschen aus mehr als 100 Nationen
studieren in der kosmopolitischen und weltoffenen Stadt am Main. Die Universität
genießt einen hervorragenden Ruf
in der Forschung und zählt 2005
– mit steigender Tendenz – zu
den zehn forschungsstärksten
Hochschulen Deutschlands. Die
Gründung von FIAS und FIGSS
belegt das klare Bekenntnis
der Johann Wolfgang GoetheUniversität zu Exzellenz in
Forschung und Lehre.
Die Johann Wolfgang GoetheUniversität wurde 1914 aus Mitteln privater Spender und Stifter
gegründet – noch immer einmalig
in Deutschland – und hat seither eine
ungebrochen enge Verbindung zur Stadt
Frankfurt und ihren Bürgern. Gegenwärtig
durchläuft sie eine dynamische Phase der Entwicklung.
Ein äußeres Zeichen dieser Veränderungen ist der Ausbau
des Campus am Riedberg, der alle naturwissenschaftlichen Fachbereiche vereinen wird. Auch das FIAS hat dort
seinen Standort.
Durch Forschung und Lehre sind FIAS und FIGSS eng mit
den Fachbereichen Physik, Biochemie, Chemie und Pharmazie, Biowissenschaften sowie Mathematik und Informatik der Universität verbunden. Der Fachbereich Physik
hat das FIAS seit seiner Gründung beherbergt. Eine enge
Zusammenarbeit besteht auch mit kürzlich gegründeten
fachübergreifenden wissenschaftlichen Einrichtungen wie
dem Center for Membrane Proteomics (CMP), dem Center for Biomolecular Magnetic Resonance (CMR) und dem
Center for Scientific Computing (CSC). Während experimentelle Forschung am CMP und CMR wichtige Daten für
Wissenschaftler des FIAS liefert, ist das CSC mit seinem
5-Teraflop-Computercluster ein entscheidendes Hilfsmittel,
um in großangelegten numerischen Simulationen die Eigenschaften komplexer Systeme zu untersuchen.
Die enge Verzahnung des FIAS mit den Forschungseinrichtungen der Universität, den Max-Planck-Instituten und
der GSI gewährleistet eine feste Verankerung in einem international konkurrenzfähigen Forschungsumfeld.
33
Wissenschaftler des FIAS profitieren von der anregenden Atmosphäre am neuen ScienceCampus der Johann Wolfgang
Goethe-Universität auf dem
Riedberg. Hier stehen sie
in engem Kontakt mit den
naturwissenschaftlichen Instituten und Forschungseinrichtungen der Hochschule.
34
Kooperation ist gelebte Interdisziplinarität:
Partnerinstitutionen des FIAS
Wenige Regionen in Deutschland sind Standort so vieler renommierter Forschungseinrichtungen – sowohl an
Hochschulen als auch außerhalb von Universitäten – wie
das Rhein-Main-Gebiet. International beachtete, erstklassige Grundlagenforschung in den Naturwissenschaften
wird hier geleistet, zum Beispiel auf den Gebieten der Neurobiologie und Hirnforschung,
der Zellforschung und Biophysik oder
der Schwerionenforschung und der
Physik der elementaren Materie.
Diesen Forschungseinrichtungen
ist gemeinsam, daß sie größtenteils experimentell ausgerichtet sind. Trotz vieler thematischer Berührungspunkte und
Gemeinsamkeiten zwischen
den Forschungsgebieten gab
es bisher keine verbindende,
theoretisch ausgerichtete Institution. Gleichzeitig durchlaufen
die Naturwissenschaften – und
hier insbesondere die Lebenswissenschaften – eine stürmische Entwicklung, in der eine zunehmende Datenfülle
nach tieferer Formalisierung und mathemati-
scher Durchdringung verlangt. Eine Akzentuierung theoretischer Forschung und die interdisziplinäre Vernetzung
der Naturwissenschaften ist daher dringend erforderlich
und höchst erfolgversprechend.
Die Gründung des FIAS trägt diesem Bedarf Rechnung
und schafft eine Plattform für interdisziplinär orientierte
theoretische Spitzenforschung. Am FIAS kommen Naturwissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen in einem
intellektuell anregenden Umfeld zusammen.
Außer mit den naturwissenschaftlichen Fachbereichen und
Forschungseinrichtungen der Johann Wolfgang GoetheUniversität bestehen enge Kooperationen mit der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Großforschungseinrichtungen und der Gesellschaft für Schwerionenforschung
mbH (GSI) in Darmstadt, die 2006 zusammen mit dem
FIAS und dem Fachbereich Physik der Johann Wolfgang
Goethe-Universität ein gemeinsames Helmholtz-Kolleg
zur Physik der elementaren Materie aufgebaut haben, sowie mit der Max-Planck-Gesellschaft mit ihren Instituten
für Hirnforschung und für Biophysik in Frankfurt am Main
sowie für Polymerforschung in Mainz.
Die enge Kooperation der theoretisch orientierten Wissenschaftler am FIAS mit ihren experimentell arbeitenden Kollegen gibt beiden Seiten wichtige Impulse für ihre
Forschungen.
35
Partnerinstitutionen des FIAS:
die GSI in Darmstadt, die
Max-Planck-Institute für Hirnforschung und Biophysik in
Frankfurt am Main sowie
der Fachbereich Biologie
und
das
Center
for
Scientific Computing der
Johann Wolfgang GoetheUniversität.
36
Exzellenz hat ihren Preis:
FIAS braucht Ihre Unterstützung
Das FIAS wurde als privatrechtliche Stiftung ins Leben
gerufen und von der Finanzbehörde als gemeinnützig
anerkannt. Es beruht auf dem Modell der Public-PrivatePartnership. Das bedeutet, daß das FIAS vom Zugang zur
Infrastruktur der Johann Wolfgang Goethe-Universität
und den engen wissenschaftlichen Kontakten
mit Partnerinstitutionen profitiert, während
alle laufenden Kosten durch Zuwendungen von Stiftungen, Unternehmen,
Institutionen und Bürgern gedeckt
werden: Das Land Hessen und
die Johann Wolfgang GoetheUniversität stellen den Beton,
die Zuwender finanzieren die
Köpfe.
Von Zuwendern bereitgestellte Mittel können flexibel
und unbürokratisch eingesetzt werden und kommen voll
und ganz dem Zweck des FIAS
zugute: der Förderung von international konkurrenzfähiger und
innovativer
naturwissenschaftlicher
Spitzenforschung und hochkarätiger
Lehre. Dieses Modell verschafft dem Insti-
tut ein Höchstmaß an struktureller Flexibilität, um interdisziplinäre Forschung vorantreiben und auf die sich
ständig wandelnden Anforderungen des wissenschaftlichen Fortschritts reagieren zu können.
Der bisherige Erfolg des FIAS belegt eindrucksvoll, daß
großes Interesse an dieser neuen Forschungsplattform besteht und daß neuartige Strukturen auf der Grundlage der
Public-Private-Partnership erfolgreich ihren Platz in der
bestehenden Forschungslandschaft behaupten können.
Exzellenz hat ihren Preis. Um auch weiterhin so erfolgreich seine Ziele verfolgen zu können, ist das FIAS auf die
kontinuierliche Unterstützung von Förderern und Zuwendern angewiesen. Dazu gibt es vielfältige Möglichkeiten,
zum Beispiel Zustiftungen zur Stärkung des Stiftungsvermögens, die Einrichtung von Stiftungsprofessuren, die Bereitstellung von Mitteln für Stipendien für Studierende und
Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftler oder
die Finanzierung von Sachausgaben. Wir informieren Sie
gerne über diese und weitere Förderungsmöglichkeiten.
Das FIAS braucht Ihre Unterstützung. Sollten wir Ihr Interesse geweckt haben, so freuen wir uns, von Ihnen zu
hören – bitte nutzen Sie dazu die im Impressum angegebenen Kontaktadressen.
37
Der wissenschaftliche Erfolg
des FIAS hängt von der nachhaltigen Unterstützung durch
großzügige Zuwender ab.
Wir danken den hier angegebenen Stiftungen, Unternehmen, Institutionen und
Bürgern für ihre finanzielle
Hilfestellung.
■ Dr. h. c. Josef Buchmann
■ DaimlerChrysler-Fonds
im Stifterverband für
die Deutsche Wissenschaft
■ Karin und
Senator E. h. Prof. Carlo Giersch
■ Senatorin E. h. Johanna Quandt
■ Dr. Andreas Strüngmann
Dr. Thomas Strüngmann
Verwendete Schriften
Schriftzug oben:
Frutiger light regular
Kerning 0 % Geviert
Schriftzug unten:
DFG TTF regular
Kerning 1 % Geviert
38
Die Vertreter unserer Förderer und Zuwender:
Der Stiftungsrat
Mitglieder des Stiftungsrates:
Dr. h. c. Helmut O. Maucher (Vorsitzender)
Ehrenpräsident der Nestlé AG
Dr. Dr. h. c. Nikolaus Hensel
Bögner Hensel Gerns & Partner
Dr. h. c. Josef Buchmann
Josef Buchmann Immobilien
Dr. Martin Möhrle
Deutsche Bank AG
Dr. Michael Endres
Vorsitzender des Vorstands
der Gemeinnützigen
Hertie-Stiftung
Ekkehardt Sättele
Ernst & Young
Dr. Thomas Gauly
Generalbevollmächtigter der ALTANA AG,
Mitglied des Vorstands der
Herbert-Quandt-Stiftung
Prof. Dr. Hermann Requardt
Mitglied des Zentralvorstands der Siemens AG
Prof. Dr. Rudolf Steinberg
Präsident der Johann Wolfgang Goethe-Universität
Senator E. h. Prof. Carlo Giersch
STIFTUNG GIERSCH
Erhard Völker
Beilstein-Institut zur Förderung der
Chemischen Wissenschaften
Prof. Dr. Walter Henning
Wissenschaftlicher Geschäftsführer der GSI
Dr. Indra Willms-Hoff
VolkswagenStiftung
39
Hochkarätig und international:
Der Wissenschaftliche Beirat des FIAS
Beiratsmitglieder der
Johann Wolfgang GoetheUniversität
Externe Beiratsmitglieder:
Prof. Dr. Günter Blobel
Prof. Dr. Hermann Grunder
Prof. Dr. Klaus Schulten
Prof. Dr. Dirk Rischke
The Rockefeller University
ehemaliger Direktor des
Argonne National Laboratory
Argonne, USA
Beckman Institute for Advanced
Science and Technology
und Department of Physics
University of Illinois
Urbana, USA
Institut für Theoretische Physik
Fachbereich Physik
Prof. Dr. Rodney Douglas
Prof. Dr. Hartmut Michel
Prof. Dr. Terrence J. Sejnowski
Prof. Dr. Harald Schwalbe
Institut für Neuroinformatik
Universität und ETH Zürich
Zürich, Schweiz
Direktor am Max-Planck-Institut
für Biophysik
Frankfurt am Main, Deutschland
(Nobelpreis für Chemie 1988)
Computational Neurobiology
Laboratory, The Salk Institute
for Biological Studies
San Diego, USA
Institut für Organische Chemie
und Center for Biomolecular
Magnetic Resonance (CMR)
Fachbereich Chemie
Prof. Dr. Peter Fulde
Prof. Dr. Peter Paul
Prof. Dr. Horst Störmer
Prof. Dr. Herbert Zimmermann
Columbia University
New York, USA
(Nobelpreis für Physik 1998)
Institut für Zellbiologie und
Neurowissenschaft, Abteilung für
Neurochemie und Center for
Membrane Proteomics (CMP)
Fachbereich Biowissenschaften
Howard Hughes Medical
Institute
New York, USA
(Nobelpreis für Medizin 1999)
Direktor am Max-Planck-Institut Department of Physics and
Astronomy, State University of
für Physik komplexer Systeme
New York at Stony Brook, USA
Dresden, Deutschland
Förderer und Zuwender des
FIAS sind im Stiftungsrat vertreten. In wissenschaftlichen
Belangen steht ein international besetztes Komitee renommierter Forscher dem
Vorstand des FIAS in
Fragen der Forschungsprogramme und in Berufungsangelegenheiten
als Wissenschaftlicher Beirat zur Seite.
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