FIAS – Frankfurt Institute for Wissen verketten – Wissen fördern Gemeinsam für Wissenschaft und Forschung in Frankfurt am Main Advanced Studies 2 Das Leitbild des Frankfurt Institute for Advanced Studies Eine grundlegende Eigenschaft unbelebter und belebter Systeme ist, daß sie aus Untereinheiten bestehen. Elementarteilchen organisieren sich zu Kernen, Atomen, Molekülen, Festkörpern und – auf kosmischer Skala – zu Sternen, Galaxien und Galaxienhaufen. Die Überschreitung der Grenze zwischen Materie und Leben scheint auf ähnlichen Prinzipien zu beruhen. Der Weg Frankfurt am führt von Molekülgruppen zu Zellen, OrMain, die Geburtsganen, Organismen und schließlich stadt Johann Wolfgang sozialen Gemeinschaften. von Goethes, hat eine lange und herausragende Ein charakteristisches Merkmal Tradition des Mäzenatentums all dieser Übergänge ist das auf dem Gebiet der Künste und Wissenschaften: Erst die großzügige finanzielle Unterstützung engagierter Bürger Auftreten neuer Strukturen, und Unternehmen hat Museen, die Alte Oper oder die Johann Funktionen und Qualitäten, Wolfgang Goethe-Universität möglich gemacht. Es ist daher die sich meist nicht alleine aus keine Überraschung, daß das in der deutschen Forschungs- den Eigenschaften der jeweilandschaft neuartige Modell der Public-Private-Partnership des ligen Komponenten erschlieFIAS gerade in Frankfurt verwirklicht und in das bestehende ßen lassen. Weiter ist diesen zusammengesetzten Systemen wissenschaftliche Umfeld integriert werden konnte. Dieses gemein, daß sie sich selbst orgaModell verschafft dem Institut ein Höchstmaß an struknisieren. Der geordnete Zustand tureller Flexibilität, um interdisziplinäre Forschung des höher organisierten Systems vorantreiben und auf die sich ständig wandelnverdankt sich alleine der komplizierden Anforderungen des wissenschaftliten Wechselwirkung seiner Komponenchen Fortschritts reagieren zu ten. Wie es scheint, sind die Prinzipien der können. Selbstorganisation und der Stabilitätssicherung emergenter komplexer Systeme grundlegender Natur und können daher verallgemeinert werden. Das FIAS stellt sich der Aufgabe, die Gültigkeit dieser Hypothese zu prüfen und die Prinzipien zu identifizieren, die der Organisation komplexer Systeme zugrundeliegen. Zur Untersuchung der verschiedensten Modellsysteme arbeiten Fachleute zusammen, die profunde Kenntnis der jeweiligen Modelle mit mathematischen und numerischen Methoden kombinieren, um verallgemeinerungsfähige Beschreibungen zu formulieren. In der Physik hat die theoretische Durchdringung experimenteller Beobachtungen eine lange und fruchtbare Tradition. Aufgrund der großen Komplexität lebender Systeme dauerte in den Lebenswissenschaften die Phase des reinen Datensammelns länger als in der Physik. Der Gründung des FIAS liegt die Überzeugung zugrunde, daß nunmehr auch in den Biowissenschaften eine theoretische Behandlung experimenteller Daten unerläßlich ist. Mit dem FIAS wurde eine Forschungsplattform gegründet, die dem steigenden Bedarf an theoretischen Zugängen zur Analyse komplexer Systeme Rechnung trägt. Mit der Unterstützung großzügiger Zuwender und den Anregungen eines attraktiven Umfelds konnten die ersten Schritte erfolgreich getan werden. 3 Interdisziplinäre Forschung unter einem Dach: Dank der großzügigen Unterstützung durch die STIFTUNG GIERSCH wird am Wissenschaftscampus Riedberg ein eigenes FIASGebäude entstehen, das Forscher aus einem weiten Spektrum naturwissenschaftlicher Fachrichtungen beherbergt. Bildnachweis: STIFTUNG GIERSCH 4 System-Neurowissenschaft: Die Suche nach dem neuronalen Code Das Gehirn ist das komplexeste aller Systeme, und es ist das Substrat aller mentalen Phänomene. Die Neurowissenschaft steht somit vor der einzigartigen Herausforderung, die Kluft zwischen Materie und Geist zu überbrücken. Wir wissen bereits erstaunlich viel über die Struktur und Funktion einzelner Nervenzellen, über deren Vernetzung und über die Rolle einzelner HirnProf. Dr. Dr. regionen bei speziellen Funktionen des h. c. Wolf Singer Erkennens und Handelns. Wie diese hat in München und Funktionen erbracht werden, ist jeParis Medizin studiert und doch noch weitgehend ungeklärt. sich im Fach Physiologie habilitiert. Seit 1981 ist er DirekEntgegen unserer Intuition gibt tor der Abteilung für Neurophysiologie am Max-Planckes im Gehirn kein Zentrum, Institut für Hirnforschung in Frankfurt am Main. Als einer der führenden deutschen Neurowissenschaftler ist Wolf Singer das die Myriaden gleichzeitig Mitglied zahlreicher Akademien und wissenschaftlicher Gre- ablaufender Verarbeitungsmien. Er ist mit Walter Greiner Gründungsdirektor des FIAS prozesse koordiniert und und als Senior Fellow verantwortlich für die Koordination der deren Ergebnisse bewertet. Neurowissenschaften. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Vielmehr scheinen Wahrnehmungen, Entscheidungen, GeSystem-Neurobiologie mit besonderem Augenmerk auf fühle und Handlungsabsichten neuronalen Prozessen, die höheren kognitiven Funktiauf weit verteilten Aktivitätsmuonen zugrunde liegen. Mit der Gründung des FIAS stern zu beruhen, die sich durch das wird der Notwendigkeit Rechnung getragen, kooperative Wechselspiel zahlreicher, dieser experimentellen Disziplin eine somiteinander vernetzter Nervenzellen, lide theoretische Fundierung zu den Neuronen, selbst organisieren. Wie aus geben. den Buchstaben des Alphabets eine nahezu unendliche Anzahl von Sätzen gebildet werden kann, so scheint Information im Gehirn durch die Aktivität von Neuronen in ständig wechselnden Konstellationen kodiert zu sein. Die Aufdeckung der Prinzipien, nach denen aus dem neuronalen Alphabet sinnvolle Sätze entstehen, und die formale Beschreibung neuronaler Codes sind ein zentrales Ziel der System-Neurowissenschaft am FIAS. Um herauszufinden, wo und wie in den Aktivitätsmustern kooperierender Neuronen Informationen kodiert sind, ist die gleichzeitige Aufzeichnung der Aktivität einer großen Anzahl von Neuronen und der Abgleich der gefundenen Muster mit bestimmten Verhaltensleistungen erforderlich. Zur Analyse dieser extrem komplexen Muster müssen gänzlich neue Algorithmen entwickelt werden. Die in anderen Gruppen am FIAS entwickelten theoretischen Ansätze leisten hierbei einen unverzichtbaren Beitrag. Wir gehen davon aus, daß Fortschritte in der Entschlüsselung verteilter neuronaler Codes weitreichende Folgen haben werden, nicht nur für das Verständnis normaler und gestörter Hirnfunktionen, sondern auch für die Konzipierung neuartiger, biologisch inspirierter intelligenter Systeme. 5 Gleichzeitige Aufzeichnung der Antwort von 61 Neuronen im visuellen Kortex. Korreliert aktive Neuronengruppen sind mit verschiedenen Farben kodiert. Derselbe Reiz führt zu ähnlichen Mustern. Dies zeigt, daß relevante Information in raumzeitlichen Korrelationsmustern kodiert ist. Bildnachweis: Ovidiu Jurjut 6 Theoretische Neurowissenschaften: Hirnorganisation am Beispiel der Erkennung von Objekten Wenn unser Gehirn eine bestimmte Situation bewußt erfaßt und augenblicklich und zielgerichtet darauf reagiert, so macht es sich allgemeine Organisationsprinzipien zunutze, die nicht nur diese blitzartige Erkenntnis hervorbringen, sondern auch unsere Gene im Laufe der Evolution, unsere Organe während des EmbryonalwachsProf. Dr. tums und unseren Geist als Folge von Lernen Christoph von der und Erziehung geformt haben. Welche Malsburg hat in GötPrinzipien sind dies, und welche phytingen, München und Heisikalischen Muster der Moleküle, delberg Physik studiert und in Membranen, Zellen, Schaltkreise Elementarteilchenphysik promound Signale beschreiben unsere viert. Er hat 17 Jahre lang am Max-Planck-Institut für bioinnere Welt? physikalische Chemie in Göttingen über die Neurophysiologie Wir untersuchen diese des Sehens geforscht, wurde 1988 Professor für Computer- und Organisationsmechanismen Neurowissenschaften an der University of Southern California in anhand einer beispielhaften Los Angeles und 1990 Professor für Systembiophysik am Institut Hirnfunktion: dem Erkennen für Neuroinformatik der Ruhr-Universität Bochum. Schwerpunk- von Objekten, speziell von te seiner Forschung sind das Computersehen und damit zu- Gesichtern. Alle grundsätzsammenhängende Themen der Robotik, biologisch molichen Fragen werden dabei tivierte Modelle neuronaler Netze und wachsende schon angesprochen: Wie lerselbstorganisierende Netze. Seit August 2006 ist er nen wir? Wie erkennen wir die Senior Fellow am FIAS, das er als ideale UmgeStrukturgleichheit gespeicherter und bung empfindet, das Organisationsprogesehener Bilder? Wie organisieblem interdisziplinär zu beren sich komplexe Repräsentationen arbeiten. von Objekten aus einfachen Teilstrukturen? Und vor allem: Wie stellen die physischen Zustände unserer Nervenzellen die von uns erlebten mentalen Zustände dar? Nach klassischer Vorstellung entsprechen einzelne Neuronen oder Neuronengruppen elementaren mentalen Symbolen, die in unserem Geist wach sind, wenn die Neuronen feuern. Wie wir herausfanden, ist diese Ansicht unvollständig und erzeugt das sogenannte Bindungsproblem: Es fehlt ein Mechanismus, der elementare Symbole zu strukturierten Größen verknüpft. Unserer Überzeugung nach liegt die fundamentale Lösung dieses Problems in der Gleichzeitigkeit von Signalen und einem schnellen, reversiblen Schalten von Verbindungen. Zustände des Gehirns sind in diesem Bild aktive, sich schnell ändernde Netze dynamischer Verbindungen. Erst auf dieser Basis ist es dann möglich, das Erkennen von Objekten durch Selbstorganisation biologisch realistischer neuronaler Mechanismen zu modellieren. Am FIAS finden wir ein sehr anregendes Klima zur konstruktiven Diskussion dieser Themen: Mit Wolf Singer und seinen Mitarbeitern verbindet uns die Frage nach dem neuronalen Code, mit Jochen Triesch die nach dem Lernen und der Integration von Subsystemen. Michael Meyer-Hermann teilt unser Interesse an den Phänomenen der Netzwerk-Selbstorganisation. 7 Das Erkennen von Gesichtern ist eine typische Hirnfunktion, deren Studium zum Verständnis der prinzipiellen Frage beiträgt, wie unser Gehirn die endlose Vielfalt der äußeren Welt in inneren Bildern repräsentiert. Bildnachweis: Doris M.-A. Lochte 8 Theoretische Neurowissenschaft: Wie lernt das Gehirn? Das Gehirn hat eine erstaunliche Fähigkeit, zu lernen und sich auf ständig wechselnde Anforderungen einer komplexen Umwelt einzustellen. Diese Flexibilität beruht auf einer Reihe sogenannter Plastizitätsmechanismen, welche die Art und Weise verändern, wie einzelne Nervenzellen des Gehirns, die sogenannten Neuronen, eingehende Signale verarbeiten und an andere Prof. Dr. Jochen Neuronen weiterleiten. Diese MechaTriesch hat an der nismen bilden die Grundlage für die Ruhr-Universität BoEntstehung aller höheren kognitiven chum und der Universität Funktionen wie Wahrnehmung, von Sussex, England, Physik Gedächtnis und Handlungsplastudiert. Im Jahr 1999 promonung. Daneben steht ihr Bevierte er an der Ruhr-Universität Bochum auf dem Gebiet zug zu Suchtentstehung und der Neuroinformatik, um anschließend als Postdoktorand an das Department of Computer Science der University Erkrankungen des Nervenof Rochester, USA, zu gehen. Im Jahr 2001 akzeptierte er systems im Brennpunkt vieler einen Ruf an die University of California in San Diego als aktueller Forschungsvorhaben. Assistant Professor of Cognitive Science. Seit 2005 ist der 36-jährige Wissenschaftler als Fellow am FIAS und forscht Im Laufe der letzten Jahre hat die Charakterisierung der verhier auf dem Gebiet der theoretischen Neurowisschiedenen Formen von Plastisenschaften. Er genießt die vielfältigen Möglichzität im Gehirn große Fortschritkeiten zur engen Zusammenarbeit mit Theoretite erzielt. Unsere Forschung zielt kern anderer Fachgebiete, die verwandte, darauf ab, Computermodelle von aber auch ganz unterschiedliche Lernprozessen im Gehirn zu entwickeln, komplexe Systeme unterdie erklären, wie die einzelnen Plastizitätssuchen. mechanismen im Gehirn zusammenwirken und so das Erlernen neuer kognitiver Fertigkeiten ermöglichen. Als praktisches Beispiel haben wir damit begonnen, solche Modelle auf Probleme des Sehens anzuwenden. Computermodelle dienen als wichtige Brücke zwischen der neurowissenschaftlichen Beschreibung von neuroanatomischen und neurophysiologischen Sachverhalten und der psychologischen Beschreibung kognitiver Fertigkeiten. Sie liefern neue Theorien zur Erklärung kognitiver Funktionen und machen neue Vorhersagen, die mit weiteren Experimenten überprüft werden können. Unsere Forschung profitiert erheblich von der engen Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaftlern am FIAS. An erster Stelle stehen wir in ständigem Kontakt mit den experimentellen und theoretischen Neurowissenschaftlern um Wolf Singer und Christoph von der Malsburg, mit denen wir eine Reihe gemeinsamer Projekte bearbeiten. Daneben untersuchen wir zusammen mit den Immunologen um Michael Meyer-Hermann Fragen der vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Nervensystem und Immunsystem, einem neuen Gebiet mit vielen ungelösten Problemen. Schließlich verbindet uns das Interesse an Clusterbildung und Strukturentstehung in komplexen Systemen mit der Arbeitsgruppe um Andrey Solov’yov. 9 Das Gehirn ist ein hochkomplexes Organ aus vielfach vernetzten Nervenzellen, den Neuronen. Die Lernfähigkeit des Gehirns beruht auf Veränderungen in der Verarbeitung eingehender Signale und der Kommunikation der Neuronen untereinander. Bildnachweis: Miles Herkenham, NIMH, Bethesda 10 Theoretische Immunologie: Das Wechselspiel der Zellen im Körper begreifen Der menschliche Körper ist täglich Millionen von Mikroorganismen und Fremdstoffen ausgesetzt, die ohne die Gegenwehr des Immunsystems dem Organismus großen Schaden zufügen könnten. Das Immunsystem ist ein komplexes, verteiltes Netz hochspezialisierter Zellen, die gefährliche Substanzen, Viren und Bakterien bekämpfen und neutralisieren. Dr. Michael Meyer-Her mann Die theoretische Immunologie arbeihat in Frankfurt am Main tet die Mechanismen heraus, nach und Paris Physik, Mathedenen das Immunsystem funktiomatik und Philosophie studiert niert. Am FIAS untersuchen wir und in Elementarteilchenphysik die mathematische Modelliepromoviert. Er hat in Dresden und Oxford Forschungsgruprung und die Simulation der pen zur theoretischen Immunologie aufgebaut und ist 2005 als Fellow zum FIAS gekommen. Gegenwärtig ist der 38-jäh- Dynamik des Immunsystems rige Wissenschaftler ALTANA Fellow am FIAS. Seine Forschung von Säugetieren. Wir interzielt auf die Entwicklung neuer Methoden in der theoretischen essieren uns dafür, wie das Zellbiologie, auf die Funktionsweise des adaptiven Immun- molekulare Zusammenwirken von Immunzellen das emersystems sowie auf die Entstehung, Entwicklung und Therapie gente Funktionieren des Imvon Krebs. Am FIAS fasziniert ihn die Möglichkeit, unmitmunsystems als Teil des Orgatelbar mit Kollegen aus der Kernphysik, der Chemie und nismus hervorbringt. den Neurowissenschaften zusammenzuarbeiten und Ein wichtiger Schlüsselbestanddadurch besser zu verstehen, wie das Immunteil des adaptiven Immunsystems system molekular entsteht und als Teil in sind die sogenannten Keimzentren. den Gesamtorganismus eingeHier werden spezialisierte Zellen, die bunden ist. B-Zellen, so maßgeschneidert, daß sie passende Antikörper gegen einzelne Fremdsubstanzen erzeugen. Wir untersuchen, wie sich Keimzentren herausbilden, welche Gestalt Keimzentren haben und wie sie die Differenzierung, Auswahl und Verbreitung von B-Zellen bewerkstelligen. Dazu verwenden wir Simulationsverfahren, die ursprünglich zur Untersuchung der Physik von Atomen und granularen Medien entwickelt wurden. Ähnliche Techniken lassen sich auch auf Fragen der Wanderung von Zellen, der Organogenese und der Entstehung von Krebs anwenden. Sie sind sehr hilfreich zur Entschlüsselung des Immunsystems und ergänzen die experimentelle Forschung. Am FIAS profitieren wir nicht nur bezüglich unserer Methodik vom direkten Kontakt zu Physikern. Mit den Kollegen um Igor Mishustin untersuchen wir die Auswirkungen von Strahlentherapie und Immunsystem auf die Dynamik von Tumoren. Die molekulare Analyse der Faltung von Antikörpern und deren Bindeeigenschaften im Team von Andrey Solov‘yov kann die Erforschung der Immunabwehr auf eine neue quantitative Basis stellen. Ideale Bedingungen finden wir auch, um mit den Neurowissenschaftlern um Jochen Triesch die Wechselwirkung zwischen Immunsystem und zentralem Nervensystem und mit dem Team um Christoph von der Malsburg allgemeine Phänomene der Selbstorganisation zu erforschen. 11 Schnappschuß aus einer Simulation der Dynamik von Zellen in einem Follikel, das ein Keimzentrum beherbergt. Das Zusammenwirken von Zellen in Reaktion auf Eindringlinge kann mit Computersimulationen untersucht werden, die neue Einblicke in die Mechanismen des Immunsystems gewähren. Bildnachweis: Tilo Beyer 12 Meso-Bio-Nano-Wissenschaft: Materie auf der Mikro- und Nanometerskala Die Zusammenlagerung von Atomen und kleinen Molekülen zu Clustern, Nanopartikeln und Mikrotröpfchen mit komplexer molekularer Struktur ist ein Prozeß, bei dem eine Vielzahl mesoskopischer und nanoskaliger Systeme entstehen können. Beispiele solcher Systeme sind Fullerene, Kohlenstoff-Nanoröhrchen, Quantenpunkte Prof. Dr. Andrey und Quantendrähte oder Nanoteilchen, die Solov‘yov hat am an Biomoleküle angeheftet sind. Einige Polytechnischen Institut dieser Systeme versprechen wichtiin Sankt Petersburg, Rußge Anwendungen und sind daher land, Physik studiert und Gegenstand intensiver Untersu1988 am Ioffe-Institut der Ruschungen geworden – sie könnsischen Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg ten etwa zur Miniaturisierung in theoretischer und mathematischer Physik promoviert. Er elektronischer Bauteile, zur hat dort eine Gruppe zur Atomtheorie aufgebaut und das Konstruktion von Quanteninstitutsübergreifende Petersburger Seminar zur Atomphysik computern oder zur Entwickbegründet. Nach seiner Habilitation 1999 wurde er Leading lung neuer biomedizinischer Research Fellow (Professor) am Ioffe-Institut. Seit 2004 ist Technologien führen. er Fellow am FIAS und leitet die Forschung zur Meso-BioNano-Wissenschaft, die Materie auf der Mikro- und NaZwar unterscheiden sich die nometerskala in theoretischen Studien untersucht. Die einzelnen mesoskopischen, naForschung auf diesem Gebiet, das mesoskopische, noskaligen und biomolekularen nanoskalige und biomolekulare WissenschafSysteme hinsichtlich Ursprung und ten kombiniert, profitiert enorm von der Bestandteilen, doch können eine Reiinterdisziplinären Atmosphäre he fundamentaler Fragen an allen studes FIAS. diert werden: Welche Prinzipien liegen der Selbstorganisation und Selbststrukturierung der Materie auf mikro- und nanoskopischer Skala zugrunde? Wie bilden sich aus verschiedenen Bausteinen ähnliche Funktionen heraus? Was bestimmt die Stabilität dieser Systeme, wie hängen ihre Eigenschaften von ihrer Größe ab, und wie werden sie durch ihre Umgebung beeinflußt? Die Suche nach Antworten auf diese Fragen bildet den Kern eines neuen Feldes am Schnittpunkt von Physik, Chemie und Biologie, der Meso-Bio-Nano-Wissenschaft. Unser Team zur Meso-Bio-Nano-Wissenschaft am FIAS geht diesen Fragen in enger Kooperation mit unseren Kollegen nach. Die Bildung von Clustern und Strukturen in Neurosystemen untersuchen wir zusammen mit Jochen Triesch, die Dynamik des Andockens von Antigenen und Antikörpern gemeinsamen mit Michael Meyer-Hermann. Mechanismen biomolekularer Schäden durch Schwerionen erforschen wir mit Igor Mishustin, und die Dynamik der Proteinfaltung und die Physik von Atomclustern mit Christian Holm. Unsere Zusammenarbeit mit Walter Greiner zielt auf die Ähnlichkeiten der Spaltungsprozesse bei geladenen Metallclustern und schweren Atomkernen ab. Auf dem Gebiet der Quantenchemie schätzen wir die Zusammenarbeit mit Robert Berger. 13 Fullerene, Kohlenstoff-Nanoröhrchen, Cluster von Atomen und komplexe Biomoleküle sind Beispiele für die vielfältigen Zusammenlagerungen von Atomen und kleinen Molekülen, die den Gegenstand intensiver Untersuchungen auf dem neuen Feld der Meso-Bio-Nano-Wissenschaft bilden. Bildnachweis: Ilya Solov‘yov 14 Weiche und biologische Materie: Struktur und Eigenschaften Der menschliche Körper besteht aus einer riesigen Zahl verschiedener Makromoleküle wie Fetten, Aminosäuren, RNS und DNS – die Trägerin der Erbinformation –, welche die elementaren Bausteine des Lebens bilden und sich wiederum zu komplexeren Strukturen wie Membranen, Proteinen, Genen oder Zellen zusammensetzen. Privatdozent Die Entzifferung der verwickelten WechDr. habil. Christian selwirkungen und Funktionen dieser Holm hat in Berlin und Bausteine hat eben erst begonnen. am Georgia Institute of Die meisten Makromoleküle traTechnology, USA, Physik stugen elektrische Ladung, und viele diert und 1987 in den USA proWechselwirkungen in der Zelle moviert. Nach seiner Habilitation 1996 kam er an das Maxwerden durch elektrische LaPlanck-Institut für Polymerforschung nach Mainz, wo er ab dungen oder Potentialdiffe1998 eine Forschergruppe zur Theorie geladener Polymere und renzen ausgelöst, wie zum komplexer Fluide geleitet hat. Christian Holm ist seit 2005 Fellow Beispiel die Aktivität von Neram FIAS und widmet sich vor allem der Struktur und Dynamik venzellen oder die Anordnung biologischer und geladener weicher Materie. Er hat die Entwick- der DNS im Genom. lung des Softwarepaketes ESPResSo initiiert, das in umfangreichen Computersimulationen eingesetzt wird. Am FIAS Am FIAS versuchen wir, die schätzt er die hervorragenden Gelegenheiten, Querverungeheure Komplexität biologibindungen der angewandten statistischen Physik und scher Systeme auf ihre wichtigsten von Computer-Modellierungen zur Biophysik, Wechselwirkungen zu reduzieren, zur Physik der Cluster, zur Chemie und und untersuchen vereinfachte Mozu den Neurowissenschaften zu delle mit Hilfe analytischer und rechnernutzen. gestützter Methoden. Molekulardynamik- Simulationen können helfen, die physikalischen Prinzipien zu verstehen, die dem scheinbaren molekularen „Chaos“ zugrundeliegen, und sind hervorragend geeignet, unsere gegenwärtigen theoretischen Modelle und Vorstellungen herauszufordern. Wir interessieren uns vor allem für die Struktur und Dynamik elektrisch geladener Makromoleküle. So möchten wir die Bewegungen und das Verhalten von DNS in einem äußeren elektrischen Feld verstehen – die sogenannte Elektrophorese – oder die Bewegung von DNS durch Nanokanäle, die ein schnelleres Verfahren zur Sequenzierung von Genen verspricht. Im Team der Physiker um Andrey Solov’yov, die sich mit der Faltung von Aminosäureketten – ebenfalls geladenen Makromolekülen – zu Proteinen beschäftigen, finden wir am FIAS ideale Partner, um dieses Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zu analysieren. Andere Projekte zielen ab auf die Wechselwirkungen von Nukleosomen-Kernen in der Chromatinfaser, den Bausteinen unserer Gene, oder die Struktur von Suspensionen magnetischer Nanopartikel, die interessante biomedizinische Anwendungen versprechen. Zusammen mit den Chemikern um Robert Berger haben wir begonnen, die Eigenschaften ionischer Fluide – spezieller Salze, die schon bei Raumtemperatur flüssig sind – und allgemeiner Elektrolyte im Computerexperiment zu untersuchen. 15 Ein geladenes Polymer nimmt in einem schlechten Lösungsmittel eine sogenannte PerlenkettenKonfiguration an. Blaue Kügelchen zeigen die geladenen Monomere der Kette, gelbe die Gegenionen des Lösungsmittels. Die beiden kugelförmigen Gebilde werden in Streuexperimenten beobachtet. Bildnachweis: Hans Jörg Limbach 16 Chiralität: Chemie, Biologie und Teilchenphysik Hand in Hand Rechte Handschuhe passen auf rechte Hände, linke Handschuhe auf linke Hände. Diese alltägliche Erfahrung ist ein markantes Beispiel des Phänomens der Chiralität (Händigkeit). So nennt man es, wenn sich ein Gegenstand von seinem Spiegelbild unterscheidet. In biologischen Systemen spielt die Chiralität von Molekülen eine zentrale Dr. Robert Rolle. So ist die DNS, die Trägerin der ErbBerger hat in Berlin information, eine rechtshändige Doppelund Münster Chemie helix, aufgebaut aus rechtshändigen studiert und war nach seiBausteinen. Wie bei Handschuh ner Promotion in theoretischer und Hand wechselwirkt die DNS Chemie als Postdoktorand an mit rechtshändigen Molekülen der ETH Zürich und als Liebig-Fellow an der TU Berlin tätig. anders als mit deren Spiegel2003 wurde er von der VolkswagenStiftung mit einer Nachbildern. Dieser Unterschied wuchsforschergruppe ausgestattet. Robert Berger ist seit 2005 ist für biologische Vorgänge Fellow am FIAS. Dessen interdisziplinärer Charakter und die entscheidend und muß auch damit verbundenen Forschungsmöglichkeiten waren für ihn der in der Pharmazie berücksichHauptgrund, an das FIAS zu kommen. Seine Forschung spannt tigt werden. Warum die Natur eine Brücke zwischen Physik, Chemie und Biologie und be- nur DNS mit rechtshändigen inhaltet unter anderem die Entwicklung und Anwendung Bausteinen verwendet und quantenchemischer Zugänge zur Vorhersage molekunicht ihr Spiegelbild, ist nur eine larer Eigenschaften, mit Schwerpunkten auf elekder offenen Fragen zur Chiralität. troschwachen und relativistischen Methoden. Anwendungen betreffen beispielsweise Am FIAS arbeiten wir daran, EigenSpektroskopie, Katalyse und schaften und Reaktionsverhalten hänPhotochemie. diger Moleküle vorherzusagen und die Grundlagen der molekularen Händigkeit zu entschlüsseln. Unsere Forschung schlägt dabei einen überraschenden Bogen zur Grundlagenphysik: Händige Moleküle reagieren auf die schwache Wechselwirkung, die einzige fundamentale Kraft, von der bekannt ist, daß sie zwischen links und rechts unterscheidet. Hochaufgelöste Spektroskopie an händigen Molekülen kann somit einen Einblick in die fundamentalen Kräfte geben, der komplementär ist zu dem der Hochenergiephysik. Das Aufspüren und die Deutung dieser Effekte anhand experimenteller Daten erfordert den Einsatz sehr genauer theoretischer Methoden, die in unserer Gruppe entwickelt werden. Zusätzlich zum Verständnis solch grundlegender Phänomene wenden wir diese Methoden unter anderem auch in der Katalyse, Spektroskopie und Photochemie an. Molekulare Händigkeit verbindet Chemie, Biologie und Teilchenphysik und ist ein typisches Beispiel interdisziplinärer Forschung am FIAS. In weiteren Projekten untersuchen wir mit Igor Mishustin und seinen Mitarbeitern das Wechselspiel der Elektronen- und Kernstruktur in superschweren Elementen sowie mit Christian Holm und seinen Kollegen die Multiskalenbeschreibung von Makromolekülen und ionischen Flüssigkeiten. 17 Die DNS, die Trägerin der Erbinformation, bildet eine rechtshändige Doppelhelix (rechte Seite der Abbildung); ihr gespiegeltes Gegenstück kommt in der Natur nicht vor. Diese Asymmetrie könnte eine Folge der schwachen Kraft sein, einer der vier fundamentalen Wechselwirkungen in der Natur. Bildnachweis: Robert Berger, Doris M.-A. Lochte 18 Physik mit Schwerionenstrahlen: Von der nuklearen Astrophysik zur Tumortherapie Strahlen aus Schwerionen – den Kernen schwerer Atome – werden in Beschleunigeranlagen wie bei der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt als vielseitiges Werkzeug zur Grundlagenforschung und für zahlreiche Anwendungen erzeugt. Eine der großen offenen Fragen der modernen Naturwissenschaften betrifft den Ursprung Prof. Dr. Igor der chemischen Elemente. Während die Mishustin hat theoleichtesten Elemente im frühen Univerretische Physik und sum entstanden sind und schwereAstrophysik an der Staatsre Elemente in Kernreaktionen universität Moskau studiert im Inneren von Sternen erbrütet und am Kurtschatow-Institut in werden, ist der Ursprung der Moskau promoviert. Dort hat er sich auch habilitiert und schwersten Elemente wie Gold eine Gruppe zur theoretischen Schwerionenphysik aufgebaut. Seine Forschungsinteressen gelten effektiven Theorien stark und Uran noch immer ein wechselwirkender Materie, dem Quark-Gluon-Plasma, statisti- Rätsel. Vermutlich entstehen schen und hydrodynamischen Modellen von Schwerionenstö- diese Elemente bei Superßen und der nuklearen Astrophysik. Igor Mishustin war lange nova-Explosionen. Ähnliche Jahre Gastprofessor am Niels-Bohr-Institut in Kopenhagen. Bedingungen wie bei diesen spektakulären Finalen im Leben Seit 2004 ist er Fellow am FIAS und leitet die Forschung massiver Sterne können in irdizur theoretischen Schwerionenphysik und Astrophysik. schen Laboratorien in SchwerioIn enger Zusammenarbeit mit seinen Kollegen aus nenkollisionen geschaffen werden. Chemie und Biologie begeistert er sich für neue Theoretiker am FIAS haben HilfsmitForschungsschwerpunkte, insbesondere tel zur Beschreibung solcher Kollisionen für die Tumortherapie mit entwickelt, die sich an die Verhältnisse bei Schwerionen. Supernova-Explosionen anpassen lassen und so zum Verstehen des Ursprungs der schwersten Elemente beitragen. Wenn Schwerionenstrahlen Materie durchdringen, geben sie ihre Energie nicht gleichförmig ab. Vielmehr wird der Löwenanteil der Energie erst kurz vor dem Endpunkt des Strahls deponiert, wodurch solche Strahlen ideal für die Krebstherapie geeignet sind. Tiefliegende Tumore, etwa im Gehirn, können gezielt angegriffen werden. Die Tumortherapie mit Schwerionen ist sehr effizient und soll in Krankenhäusern in aller Welt eingesetzt werden. Die Kombination des reichen Bestandes an experimentellen Daten mit Berechnungen und Modellen aus der theoretischen Schwerionenphysik ermöglicht präzise Vorhersagen der Wirkung von Schwerionen im menschlichen Gewebe. Die Modellierung der Auswirkungen von Schwerionen auf den menschlichen Körper ist nur eines von vielen Beispielen interdisziplinärer Zusammenarbeit am FIAS. Mit Michael Meyer-Hermann untersuchen wir die Auswirkungen von Strahlung und Immunsystem auf die Tumordynamik. Mechanismen biomolekularer Schäden durch schwere Ionen erforschen wir mit dem Team von Andrey Solov‘yov. Mit Robert Berger untersuchen wir das Zusammenspiel der Elektronen- und Kernstruktur bei superschweren Elementen. 19 Bei der Krebstherapie mit Schwerionen dringen Kohlenstoffkerne tief in den menschlichen Körper ein und deponieren den größten Teil ihrer Energie genau im Tumor. Am FIAS berechnete Simulationen zeigen die Spuren von Kernen und Protonen (blau), Elektronen (rot) sowie die Wechselwirkungspunkte (gelb). Bildnachweis: Igor Pshenichnov 20 Fundamentale Physik: Das funkensprühende Vakuum und superschwere Elemente Die naive Vorstellung des Vakuums als leerer Raum mußte im Licht der modernen Quantentheorie revidiert werden. In unserem gegenwärtigen Verständnis hat das Vakuum, der Zustand mit der geringstmöglichen Energie, eine komplexe Struktur: Selbst der leere Raum ist immer erfüllt mit fluktuierenden Feldern und Paaren von Teilchen und Antiteilchen. Die QuantentheoProf. Dr. Dr. rie sagt als Folge der Wirkung starker h. c. mult. Walter elektrischer Felder ein spektakuläres Greiner hat in Frankfurt Phänomen voraus: In sogenannam Main, Darmstadt und ten überkritischen Feldern ist das Freiburg Physik studiert und Vakuum gefüllt mit Elektronen über Kernphysik promoviert. und ihren Partnerteilchen aus Er ist seit 1965 Professor für theoretische Physik an der Antimaterie, den Positronen. Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main, seit 2003 Senior Fellow am FIAS und gemeinsam mit Wolf Diese Manifestation der StrukSinger Gründungsdirektor des FIAS. Walter Greiner ist für seine tur des Vakuums kann im ExArbeiten zur Struktur und Dynamik der elementaren Materie, periment überprüft werden! zur Schwerionenphysik, Feldtheorie und Atomphysik mit vie- Ausreichend starke elektrische len Preisen und Ehrendoktorwürden bedacht worden und ist Felder treten in der Nähe von übergroßen Kern-Systemen Mitglied zahlreicher wissenschaftlichen Akademien. Er hat auf, die vorübergehend in den eine große Physikerschule begründet und ist Autor eiKollisionen sehr schwerer Ionen ner weitverbreiteten Lehrbuchreihe, die in mehrere erzeugt werden können. Das VakuSprachen übersetzt worden ist. Seine mit Judah um sprüht dann Positronen und stellt Eisenberg verfaßte dreibändige „Nuclesich als elektrisch geladen dar. Im Expear Theory“ ist ein Klassiker des riment läßt sich dieser Fingerabdruck fundaGebietes. mentaler Physik zweifelsfrei identifizieren, wenn nur die Kern-Systeme ausreichend lange existieren. Schwerionenkollisionen dienen auch dazu, superschwere Elemente zu erzeugen. Diese Elemente ergänzen das Periodensystem in den noch unbekannten Regionen hoher Massenzahlen. Die Vorhersage einer „Insel der Stabilität“ bei hohen Protonen- und Neutronenzahlen war die entscheidende Motivation zur Gründung der GSI in Darmstadt. Neue Forschung am FIAS zeigt, daß VerbundSysteme aus kollidierenden Kernen wie Thorium und Californium stark fluktuieren und lang genug existieren könnten, um zur Bildung superschwerer Elemente in der Nähe der Insel der Stabilität zu führen. Hoher Massenaustausch zwischen den Kernen begünstigt lange Lebensdauern von Kernmolekülen aus Uran und Thorium und kann so die Bedingungen schaffen, die für das funkensprühende Vakuum erforderlich sind. Die damit zusammenhängenden, neuen Formen der Cluster-Radioaktivität werden an Instituten weltweit experimentell untersucht. Cluster-Radioaktivität stellt einen wichtigen Zerfallskanal superschwerer Elemente dar und weist interessante Parallelen zur Clusterbildung in Atom- und Molekülphysik auf, die ebenfalls am FIAS untersucht wird. 21 Die Energie eines Verbundsystems aus zwei schweren Atomkernen als Funktion von Abstand und Massenaustausch. In einer Schwerionenkollision können aus einem Verbundsystem verschiedene Zwischen- und Endkonfigurationen hervorgehen, die zum überkritischen Vakuum und zur Bildung superschwerer Elemente führen können. Bildnachweis: Valery Zagrebaev 22 Ultrarelativistische Schwerionenkollisionen: Der Urknall im Labor Wie wir heute wissen, sind Proton und Neutron – die Teilchen, aus denen sich die Atomkerne aller uns umgebenden Materie zusammensetzen – nicht elementar. Ihre Bestandteile sind die sogenannten Quarks und Gluonen. Aufgrund der speziellen Eigenschaften der Kräfte zwischen Quarks und Gluonen können diese Teilchen nie isoliert beobachtet werden. Erst wenn Prof. Dr. Horst ein Stück normaler Kernmaterie extrem Stöcker hat an der komprimiert oder erhitzt wird, tritt Johann Wolfgang Goeein Phasenübergang ein, der dem the-Universität in Frankfurt Schmelzen von Eis vergleicham Main Physik und Chebar ist. In der neuen Phase der mie studiert und dort 1979 Kernmaterie, dem sogenannten promoviert. Er war Postdoktorand an der GSI und der Quark-Gluon-Plasma, können University of California in Berkeley und Professor für theoretische Physik an der Michigan State University. Seit 1985 sich Quarks und Gluonen frei forscht und lehrt er in Frankfurt, derzeit als Judah M. Eisenberg bewegen. Professor Laureatus für theoretische Physik. Seine Arbeiten Das Quark-Gluon-Plasma ist reichen von Phasenübergängen und Quarkmaterie bis zu eine flüchtige Form der MaSchwarzen Löchern. Stöcker ist Fellow des Institute of Physics, terie: Es hat in den ersten Sekundenbruchteilen nach dem London, der Academia Europaea und Senior Fellow am Urknall existiert, und es entsteht FIAS. Als Gründungsdirektor der Frankfurt International vorübergehend in den KollisioGraduate School for Science und Vizepräsident der nen hochenergetischer kosmischer Johann Wolfgang Goethe-Universität bemüht Strahlen mit Materie. Sein faszinieer sich besonders um die Förderung junrendster Aspekt ist jedoch, daß es unter ger Wissenschaftlerinnen und kontrollierten Bedingungen im Labor erzeugt Wissenschaftler. werden kann. Dies geschieht, wenn Schwerionen in Beschleunigern zur Kollision gebracht werden. Dann werden die Atomkerne so sehr erhitzt und verdichtet, daß Protonen und Neutronen schmelzen und Quarks und Gluonen freisetzen. Am Large Hadron Collider (LHC), einem neuen Beschleuniger am CERN bei Genf, könnten bei solchen Kollisionen sogar mikroskopische Schwarze Löcher entstehen. Das Quark-Gluon-Plasma, seine Phasen und Eigenschaften sind ein aufregendes Forschungsgebiet, das noch viele Überraschungen für uns bereithält. Es ähnelt zum Beispiel in vieler Hinsicht einer idealen Flüssigkeit. Wenn es von schnellen Teilchen durchquert wird, deuten Experimente auf die Ausbildung von Machkegeln hin, ganz analog zum Überschallknall von Flugzeugen. Am FIAS verwenden wir eine Reihe von Computermodellen, um Eigenschaften und mögliche Fingerabdrücke des Quark-Gluon-Plasmas zu untersuchen. Wir machen dabei ausgiebig Gebrauch von der Rechenleistung des Frankfurter Center for Scientific Computing (CSC). Studierende der Frankfurt International Graduate School for Science (FIGSS) leisten entscheidende Beiträge zu diesen Untersuchungen und sind so bereits am Anfang ihrer wissenschaftlichen Laufbahn an komplexen Forschungsprojekten beteiligt. 23 In hochenergetischen Schwerionenkollisionen lösen sich Protonen und Neutronen in ihre Bestandteile auf, in Quarks und Gluonen. Dieser Ausschnitt aus der Simulation einer Kollision zeigt die Überreste der anfänglichen Atomkerne und die freigesetzten Quarks als weiße und bunte Kugeln. Bildnachweis: Henning Weber 24 Adjunct Fellows: Prof. Dr. Wolfgang Maass Wolfgang Maass studierte Mathematik in München, wo er 1974 promovierte und sich 1978 habilitierte. Er war Heisenberg-Stipendiat am Massachusetts Institute of Technology, an der University of Chicago und an der University of California in Berkeley. Nach Stationen als Professor für Computerwissenschaften an der University of Illinois kehrte er 1991 als Professor an die Technische Universität Graz nach Europa zurück. In Graz ist er seit 1992 Vorstand des Instituts für Grundlagen der Informationsverarbeitung. Wolfgang Maass war Sloan-Fellow des Salk Instituts (USA) und Visiting Professor am BrainMind Institute in Lausanne. Seit 2005 ist Wolfgang Maass Adjunct Fellow am Frankfurt Institute for Advanced Studies. Seine Forschungsinteressen betreffen die Informationsverarbeitung im Nervensystem, neuronale Netze, maschinelles Lernen, Komplexität von Berechnungen sowie Mathematische Logik und die Theorie der Berechenbarkeit. Prof. Dr. Thomas Metzinger Thomas Metzinger studierte von 1978 bis 1982 in Frankfurt am Main Philosophie, Religionswissenschaften und Ethnologie. 1985 promovierte er mit einer Arbeit über die neuere philosophische Diskussion des GeistKörper-Problems. Er habilitierte sich 1992 an der JustusLiebig-Universität Gießen und lehrte dann an mehreren Universitäten in Deutschland sowie an der University of California in San Diego. Metzinger ist seit 1994 als Gründungsmitglied im Vorstand der Association for the Scientific Study of Consciousness. In den Jahren 1997 und 1998 war er Fellow am Hanse-Wissenschaftskolleg in Delmenhorst. 2000 wurde Metzinger Professor für Philosophie an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. Seit 2005 ist er Adjunct Fellow und „Philosopher in Residence“ am Frankfurt Institute for Advanced Studies. Seine Interessen gelten der Analytischen Philosophie des Geistes, den Verbindungen zwischen Ethik, Philosophie des Geistes und Anthropologie sowie philosophischen und ethischen Aspekten der Neuro- und Kognitionswissenschaften, der künstlichen Intelligenz und verwandter Gebiete. Metzinger ist derzeit Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kognitionswissenschaft. 25 Prof. Dr. William Alfred Phillips Prof. Dr. Dirk H. Rischke William Phillips studierte Psychologie in Manchester und promovierte 1968 als Australian National University Research Fellow an der Australian National University im Fach Psychologie. Dirk Rischke hat 1993 an der Johann Wolfgang GoetheUniversität in Frankfurt am Main in theoretischer Physik promoviert und sich dort 1997 auch habilitiert. Er war als Feodor-Lynen-Fellow der Alexander von HumboldtStiftung an der Columbia University in New York und als Gastwissenschaftler an der Columbia University sowie an der Duke University, Durham, USA, wo er auch Gastprofessor war. Er forschte am Laboratory of Experimental Psychology der Sussex University, England, und ist seit 1971 Dozent für Psychologie an der Stirling University in Schottland. 1997 wurde er dort Professor für Neuropsychologie. Phillips ist seit 2004 emeritiert und seit Juni 2005 Adjunct Fellow des Frankfurt Institute for Advanced Studies. Er arbeitet seit langem eng mit Wolf Singer und dessen Mitarbeitern am Max-Planck-Institut für Hirnforschung zusammen. In seiner Forschung konzentriert er sich auf die neuronalen Grundlagen der kognitiven Funktionen, insbesondere auf die Prinzipien der Informationsverarbeitung im Kortex. Dazu kombiniert er empirische Untersuchungen normaler und pathologischer kognitiver Funktionen mit theoretischen Studien neuronaler Netze, die konzeptionell durch formale Analyse und mit Hilfe von Computersimulationen untersucht werden können. Ein Ziel dieser Forschung ist ein besseres Verständnis der Gründe für Wahrnehmungsstörungen im Zusammenhang mit Psychosen. Nach weiteren Stationen als Gastprofessor an der Yale University, New Haven, und als Forscher am Brookhaven National Laboratory, New York – erst als RIKEN-BNL Fellow, dann als Wissenschaftler und RHIC Physics Fellow in der Gruppe für theoretische Kernphysik – wurde Dirk Rischke im Februar 2001 Professor für theoretische Physik in Frankfurt am Main. Er ist seit August 2004 Adjunct Fellow am Frankfurt Institute for Advanced Studies. Schwerpunkte seiner Forschung liegen auf den Eigenschaften der Quantenchromodynamik (QCD, die Theorie der starken Wechselwirkung) unter extremen Bedingungen und auf kollektiven Phänomenen in Schwerionenkollisionen, insbesondere auf der Farbsupraleitung und der chiralen Feldtheorie bei endlicher Dichte und Temperatur. Adjunct Fellows sind Wissenschaftler und Professoren an verschiedenen Universitäten und Forschungseinrichtungen weltweit. Sie arbeiten eng mit Fellows des FIAS zusammen, liefern wichtige Impulse zu Forschungsprojekten am FIAS und beteiligen sich an der Betreuung der Doktoranden der FIGSS. 26 Adjunct Fellows: Prof. Dr. Stefan Schramm Stefan Schramm hat an der Johann Wolfgang GoetheUniversität in Frankfurt am Main Physik studiert, wo er 1989 promovierte und sich 1992 habilitierte. Er bekleidete mehrere Stellungen als Postdoktorand und Forscher in den USA, an der GSI in Darmstadt und an der Universität Frankfurt. 2003 übernahm er die Leitung des Center for Scientific Computing (CSC) an der Johann Wolfgang Goethe-Universität. Stefan Schramm ist seit April 2004 Professor für Physik in Frankfurt und seit Juli 2004 Adjunct Fellow am Frankfurt Institute for Advanced Studies. Seine Forschungsinteressen umfassen chirale Modelle der Kernmaterie, Gittereichtheorien, Simulationen von Schwerionenkollisionen, Neutrinophysik, phänomenologische Modelle der QCD und die Faltung von Proteinen. Er betreut mehrere Dissertationsprojekte von Studierenden der FIGSS mit Schwerpunkt auf numerischen Problemen der Physik. Prof. Dr. Klaus Schulten Klaus Schulten hat in Münster Physik studiert und 1974 an der Harvard University, USA, in chemischer Physik promoviert. Er war Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen und nach seiner Habilitation Professor für Physik an der Technischen Universität München. Seit 1988 ist er Professor für Physik und Affiliate Professor für Chemie und Biophysik an der University of Illinois in Urbana-Champaign, USA, sowie Leiter der Gruppe „Theoretical and Computational Biophysics“ am Beckman Institute for Advanced Science and Technology. Klaus Schulten ist Empfänger zahlreicher Preise sowie Gastprofessor und Mitglied mehrerer Universitäten und Akademien, unter anderem Alexander von Humboldt-Fellow an der Johann Wolfgang Goethe-Universität. Seit 2004 ist er Adjunct Fellow des Frankfurt Institute for Advanced Studies und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des FIAS. Schwerpunkte seiner Forschung sind die biomolekulare Quantenchemie sowie Struktur und Funktion supramolekularer Systeme in der Zelle. Er untersucht biomolekulare Systeme außerhalb des thermischen Gleichgewichts mit Hilfe von Techniken der Statistischen Mechanik und forscht an Entwicklung und Einsatz von Methoden der Computersimulationen in der Strukturbiologie. 27 Prof. Dr. Misha Tsodyks Misha Tsodyks hat seine wissenschaftliche Laufbahn am Landau-Institut für Theoretische Physik in Moskau begonnen, wo er 1987 über ein Thema aus der Festkörperphysik promoviert hat. Nach mehreren Jahren am Institut für Neurophysiologie in Moskau, am Racah Institute of Physics der Hebrew University in Jerusalem und am Computational Neurobiology Laboratory des Salk Institute in San Diego kam er 1995 als Mitglied des Department of Neurobiology an das Weizmann Institute of Science in Rehovot, Israel. Misha Tsodyks ist seit Juni 2005 Adjunct Fellow am Frankfurt Institute for Advanced Studies. Er forscht auf dem Gebiet der Computermodellierung in den Neurowissenschaften, das aufgrund der stetigen Zunahme verfügbarer experimenteller Daten, der steigenden Computerleistungen und neuer theoretischer Ansätze in rascher Expansion begriffen ist. Sein Hauptinteresse gilt den Eigenschaften ausgedehnter neuronaler Netze, die für höhere Hirnfunktionen wie Gedächtnis oder die Verarbeitung visueller Information verantwortlich sind. Das Verständnis dieser Funktionen erfordert einen multidisziplinären Zugang, der Techniken und Ideen aus Biologie, Physik und den Computerwissenschaften in sich vereint. „Daß der Mensch aller geistigen Organe bedürfe, wenn er sich an das Ungeheure wagt, gestehen wir gern. Der Philosoph, der Mathematiker, der Chemiker, der Physiker, dürfen da wohl gemeinschaftlich handeln.“ J. W. v. Goethe, Brief an J.S. Schweiger, 25. April 1814 28 Forschung und Lehre eng verzahnt: Die Frankfurt International Graduate School for Science FIGSS Die Ausbildung an deutschen Hochschulen hat eine traditionell enge Verflechtung mit der wissenschaftlichen Forschung. Im Sinne der Vision Humboldts sind Professoren an Universitäten gleichermaßen Forscher und Lehrer. Studierende erfahren die neuesten Entwicklungen der Wissenschaft früh in ihrer Ausbildung aus erster Hand. Gleichzeitig sind sie in laufende Forschungsprojekte mit einbezogen und sammeln erste Erfahrungen im Alltag der Wissenschaft. Im Bewußtsein dieser Tradition wurde die Gründung des FIAS durch die Einrichtung der Frankfurt International Graduate School for Science (FIGSS) begleitet und ergänzt. Die nahtlose Einbindung der nachfolgenden Generation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in die Arbeit am FIAS ist ein charakteristisches Merkmal, das FIAS von anderen Forschungsinstituten unterscheidet. Die Frankfurt International Graduate School for Science bietet einer sorgfältig ausgewählten Gruppe junger Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus den am FIAS vertretenen Disziplinen beste Voraussetzungen für anspruchsvolle Forschung in einem faszinierenden, multidisziplinären Umfeld. Neben einer gründlichen Ausbildung in ihrem jeweiligen Spezialgebiet werden die Doktorandinnen und Doktoranden der FIGSS auch mit den Methoden und Fakten wissenschaftlicher Nachbardisziplinen vertrautgemacht. Sie kommen frühzeitig mit fortgeschrittener Forschung in Berührung und werden ermutigt, in Zusammenarbeit mir ihren Kolleginnen und Kollegen eigenständige Forschungsvorhaben durchzuführen. Herkömmliche Graduiertenprogramme haben oft einen thematisch engen Zuschnitt und erschweren dadurch den Fortschritt auf Gebieten, die nicht der traditionellen Aufteilung der Disziplinen entsprechen. FIGSS tritt diesem Mangel entgegen und trägt dem zunehmenden Bedarf an Forschern Rechnung, die darauf vorbereitet sind, im Schnittbereich benachbarter Disziplinen zu arbeiten. Studierende der FIGSS besuchen Spezialvorlesungen und Seminare, die dem interdisziplinären Ansatz des FIAS entsprechen. Sie profitieren ferner von der engen Zusammenarbeit mit den naturwissenschaftlichen Fachbereichen der Johann Wolfgang Goethe-Universität, deren Vorlesungen und Seminare ihnen offenstehen. 29 Die Frankfurt International Graduate School for Science bietet ausgewählten Doktorandinnen und Doktoranden aus aller Welt optimale Voraussetzungen für eine Ausbildung in einer anspruchsvollen, multidisziplinären Forschungsumgebung. 30 Die Frankfurt International Graduate School for Science: International und interdisziplinär Die Frankfurt International Graduate School for Science (FIGSS) ist dezidiert international ausgerichtet. Alle Vorlesungen, Kurse und Seminare werden in englischer Sprache angeboten. Unabhängig von ihrem Herkunftsland werden die besten Kandidaten gewonnen. Derzeit stammen sie aus Ländern wie Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Iran, Jordanien, Polen, Rumänien, Rußland, USA und Zypern. Bisher sind mehr als 30 Doktorandinnen und Doktoranden zum Ph.D.-Programm der Graduate School zugelassen worden. Die Auswahl der Stipendiaten folgt strengen Exzellenzkriterien. Eine Kommission entscheidet anhand der akademischen Leistung der Studierenden über die Vergabe der Stipendien. Das FIAS unterstützt Doktorandinnen und Doktoranden, die in experimentellen wie theoretischen Gebieten Kompetenzen erwerben möchten, mit gezielten Weiterbildungsprogrammen und Sommerschulen. Der „Philosopher in Residence“ des FIAS gibt ihnen ferner Anregungen, sich mit Fragen der Philosophie, Ethik, Wissenschaftstheorie und -geschichte auseinanderzusetzen. Doktorandinnen und Doktoranden der FIGSS sind eng in die laufenden Forschungsvorhaben am FIAS eingebunden. Sie verfolgen eigene Forschungsprojekte und arbeiten mit Wissenschaftlern der Johann Wolfgang Goethe-Universität und der außeruniversitären Partnerinstitute zusammen. Die Betreuung erfolgt gemeinsam durch einen Fellow des FIAS und eine Professorin oder einen Professor aus einem naturwissenschaftlichen Fachbereich der Universität. Doktorandinnen und Doktoranden erwerben innerhalb von drei Jahren den Grad des Dr. phil. nat. der Johann Wolfgang Goethe-Universität. Die straffe Organisation der Graduate School und die intensive Betreuung führen zu einer im Vergleich zu herkömmlichen Promotionsstudiengängen deutlich verringerten Promotionszeit. Eine weitere Stärke der Ausbildung ist ihre multidisziplinäre Ausrichtung. Somit ist FIGSS Keimzelle für die 2006 eingerichtete Otto Stern Graduate School for Natural Science (OSS) an der Johann Wolfgang Goethe-Universität. Gründungsdirektor der FIGSS ist Prof. Dr. Horst Stöcker. 31 Doktorandinnen und Doktoranden der Frankfurt International Graduate School for Science stammen aus Ländern in aller Welt, darunter Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Iran, Jordanien, Polen, Rumänien, Rußland, USA und Zypern. 32 Hier wird Wissen Wirklichkeit: Die Johann Wolfgang Goethe-Universität Das Frankfurt Institute for Advanced Studies und die Frankfurt International Graduate School for Science wurden von der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main gegründet. Die Frankfurter Universität ist eine der zehn größten Hochschulen in Deutschland. 35.000 junge Menschen aus mehr als 100 Nationen studieren in der kosmopolitischen und weltoffenen Stadt am Main. Die Universität genießt einen hervorragenden Ruf in der Forschung und zählt 2005 – mit steigender Tendenz – zu den zehn forschungsstärksten Hochschulen Deutschlands. Die Gründung von FIAS und FIGSS belegt das klare Bekenntnis der Johann Wolfgang GoetheUniversität zu Exzellenz in Forschung und Lehre. Die Johann Wolfgang GoetheUniversität wurde 1914 aus Mitteln privater Spender und Stifter gegründet – noch immer einmalig in Deutschland – und hat seither eine ungebrochen enge Verbindung zur Stadt Frankfurt und ihren Bürgern. Gegenwärtig durchläuft sie eine dynamische Phase der Entwicklung. Ein äußeres Zeichen dieser Veränderungen ist der Ausbau des Campus am Riedberg, der alle naturwissenschaftlichen Fachbereiche vereinen wird. Auch das FIAS hat dort seinen Standort. Durch Forschung und Lehre sind FIAS und FIGSS eng mit den Fachbereichen Physik, Biochemie, Chemie und Pharmazie, Biowissenschaften sowie Mathematik und Informatik der Universität verbunden. Der Fachbereich Physik hat das FIAS seit seiner Gründung beherbergt. Eine enge Zusammenarbeit besteht auch mit kürzlich gegründeten fachübergreifenden wissenschaftlichen Einrichtungen wie dem Center for Membrane Proteomics (CMP), dem Center for Biomolecular Magnetic Resonance (CMR) und dem Center for Scientific Computing (CSC). Während experimentelle Forschung am CMP und CMR wichtige Daten für Wissenschaftler des FIAS liefert, ist das CSC mit seinem 5-Teraflop-Computercluster ein entscheidendes Hilfsmittel, um in großangelegten numerischen Simulationen die Eigenschaften komplexer Systeme zu untersuchen. Die enge Verzahnung des FIAS mit den Forschungseinrichtungen der Universität, den Max-Planck-Instituten und der GSI gewährleistet eine feste Verankerung in einem international konkurrenzfähigen Forschungsumfeld. 33 Wissenschaftler des FIAS profitieren von der anregenden Atmosphäre am neuen ScienceCampus der Johann Wolfgang Goethe-Universität auf dem Riedberg. Hier stehen sie in engem Kontakt mit den naturwissenschaftlichen Instituten und Forschungseinrichtungen der Hochschule. 34 Kooperation ist gelebte Interdisziplinarität: Partnerinstitutionen des FIAS Wenige Regionen in Deutschland sind Standort so vieler renommierter Forschungseinrichtungen – sowohl an Hochschulen als auch außerhalb von Universitäten – wie das Rhein-Main-Gebiet. International beachtete, erstklassige Grundlagenforschung in den Naturwissenschaften wird hier geleistet, zum Beispiel auf den Gebieten der Neurobiologie und Hirnforschung, der Zellforschung und Biophysik oder der Schwerionenforschung und der Physik der elementaren Materie. Diesen Forschungseinrichtungen ist gemeinsam, daß sie größtenteils experimentell ausgerichtet sind. Trotz vieler thematischer Berührungspunkte und Gemeinsamkeiten zwischen den Forschungsgebieten gab es bisher keine verbindende, theoretisch ausgerichtete Institution. Gleichzeitig durchlaufen die Naturwissenschaften – und hier insbesondere die Lebenswissenschaften – eine stürmische Entwicklung, in der eine zunehmende Datenfülle nach tieferer Formalisierung und mathemati- scher Durchdringung verlangt. Eine Akzentuierung theoretischer Forschung und die interdisziplinäre Vernetzung der Naturwissenschaften ist daher dringend erforderlich und höchst erfolgversprechend. Die Gründung des FIAS trägt diesem Bedarf Rechnung und schafft eine Plattform für interdisziplinär orientierte theoretische Spitzenforschung. Am FIAS kommen Naturwissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen in einem intellektuell anregenden Umfeld zusammen. Außer mit den naturwissenschaftlichen Fachbereichen und Forschungseinrichtungen der Johann Wolfgang GoetheUniversität bestehen enge Kooperationen mit der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Großforschungseinrichtungen und der Gesellschaft für Schwerionenforschung mbH (GSI) in Darmstadt, die 2006 zusammen mit dem FIAS und dem Fachbereich Physik der Johann Wolfgang Goethe-Universität ein gemeinsames Helmholtz-Kolleg zur Physik der elementaren Materie aufgebaut haben, sowie mit der Max-Planck-Gesellschaft mit ihren Instituten für Hirnforschung und für Biophysik in Frankfurt am Main sowie für Polymerforschung in Mainz. Die enge Kooperation der theoretisch orientierten Wissenschaftler am FIAS mit ihren experimentell arbeitenden Kollegen gibt beiden Seiten wichtige Impulse für ihre Forschungen. 35 Partnerinstitutionen des FIAS: die GSI in Darmstadt, die Max-Planck-Institute für Hirnforschung und Biophysik in Frankfurt am Main sowie der Fachbereich Biologie und das Center for Scientific Computing der Johann Wolfgang GoetheUniversität. 36 Exzellenz hat ihren Preis: FIAS braucht Ihre Unterstützung Das FIAS wurde als privatrechtliche Stiftung ins Leben gerufen und von der Finanzbehörde als gemeinnützig anerkannt. Es beruht auf dem Modell der Public-PrivatePartnership. Das bedeutet, daß das FIAS vom Zugang zur Infrastruktur der Johann Wolfgang Goethe-Universität und den engen wissenschaftlichen Kontakten mit Partnerinstitutionen profitiert, während alle laufenden Kosten durch Zuwendungen von Stiftungen, Unternehmen, Institutionen und Bürgern gedeckt werden: Das Land Hessen und die Johann Wolfgang GoetheUniversität stellen den Beton, die Zuwender finanzieren die Köpfe. Von Zuwendern bereitgestellte Mittel können flexibel und unbürokratisch eingesetzt werden und kommen voll und ganz dem Zweck des FIAS zugute: der Förderung von international konkurrenzfähiger und innovativer naturwissenschaftlicher Spitzenforschung und hochkarätiger Lehre. Dieses Modell verschafft dem Insti- tut ein Höchstmaß an struktureller Flexibilität, um interdisziplinäre Forschung vorantreiben und auf die sich ständig wandelnden Anforderungen des wissenschaftlichen Fortschritts reagieren zu können. Der bisherige Erfolg des FIAS belegt eindrucksvoll, daß großes Interesse an dieser neuen Forschungsplattform besteht und daß neuartige Strukturen auf der Grundlage der Public-Private-Partnership erfolgreich ihren Platz in der bestehenden Forschungslandschaft behaupten können. Exzellenz hat ihren Preis. Um auch weiterhin so erfolgreich seine Ziele verfolgen zu können, ist das FIAS auf die kontinuierliche Unterstützung von Förderern und Zuwendern angewiesen. Dazu gibt es vielfältige Möglichkeiten, zum Beispiel Zustiftungen zur Stärkung des Stiftungsvermögens, die Einrichtung von Stiftungsprofessuren, die Bereitstellung von Mitteln für Stipendien für Studierende und Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftler oder die Finanzierung von Sachausgaben. Wir informieren Sie gerne über diese und weitere Förderungsmöglichkeiten. Das FIAS braucht Ihre Unterstützung. Sollten wir Ihr Interesse geweckt haben, so freuen wir uns, von Ihnen zu hören – bitte nutzen Sie dazu die im Impressum angegebenen Kontaktadressen. 37 Der wissenschaftliche Erfolg des FIAS hängt von der nachhaltigen Unterstützung durch großzügige Zuwender ab. Wir danken den hier angegebenen Stiftungen, Unternehmen, Institutionen und Bürgern für ihre finanzielle Hilfestellung. ■ Dr. h. c. Josef Buchmann ■ DaimlerChrysler-Fonds im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft ■ Karin und Senator E. h. Prof. Carlo Giersch ■ Senatorin E. h. Johanna Quandt ■ Dr. Andreas Strüngmann Dr. Thomas Strüngmann Verwendete Schriften Schriftzug oben: Frutiger light regular Kerning 0 % Geviert Schriftzug unten: DFG TTF regular Kerning 1 % Geviert 38 Die Vertreter unserer Förderer und Zuwender: Der Stiftungsrat Mitglieder des Stiftungsrates: Dr. h. c. Helmut O. Maucher (Vorsitzender) Ehrenpräsident der Nestlé AG Dr. Dr. h. c. Nikolaus Hensel Bögner Hensel Gerns & Partner Dr. h. c. Josef Buchmann Josef Buchmann Immobilien Dr. Martin Möhrle Deutsche Bank AG Dr. Michael Endres Vorsitzender des Vorstands der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung Ekkehardt Sättele Ernst & Young Dr. Thomas Gauly Generalbevollmächtigter der ALTANA AG, Mitglied des Vorstands der Herbert-Quandt-Stiftung Prof. Dr. Hermann Requardt Mitglied des Zentralvorstands der Siemens AG Prof. Dr. Rudolf Steinberg Präsident der Johann Wolfgang Goethe-Universität Senator E. h. Prof. Carlo Giersch STIFTUNG GIERSCH Erhard Völker Beilstein-Institut zur Förderung der Chemischen Wissenschaften Prof. Dr. Walter Henning Wissenschaftlicher Geschäftsführer der GSI Dr. Indra Willms-Hoff VolkswagenStiftung 39 Hochkarätig und international: Der Wissenschaftliche Beirat des FIAS Beiratsmitglieder der Johann Wolfgang GoetheUniversität Externe Beiratsmitglieder: Prof. Dr. Günter Blobel Prof. Dr. Hermann Grunder Prof. Dr. Klaus Schulten Prof. Dr. Dirk Rischke The Rockefeller University ehemaliger Direktor des Argonne National Laboratory Argonne, USA Beckman Institute for Advanced Science and Technology und Department of Physics University of Illinois Urbana, USA Institut für Theoretische Physik Fachbereich Physik Prof. Dr. Rodney Douglas Prof. Dr. Hartmut Michel Prof. Dr. Terrence J. Sejnowski Prof. Dr. Harald Schwalbe Institut für Neuroinformatik Universität und ETH Zürich Zürich, Schweiz Direktor am Max-Planck-Institut für Biophysik Frankfurt am Main, Deutschland (Nobelpreis für Chemie 1988) Computational Neurobiology Laboratory, The Salk Institute for Biological Studies San Diego, USA Institut für Organische Chemie und Center for Biomolecular Magnetic Resonance (CMR) Fachbereich Chemie Prof. Dr. Peter Fulde Prof. Dr. Peter Paul Prof. Dr. Horst Störmer Prof. Dr. Herbert Zimmermann Columbia University New York, USA (Nobelpreis für Physik 1998) Institut für Zellbiologie und Neurowissenschaft, Abteilung für Neurochemie und Center for Membrane Proteomics (CMP) Fachbereich Biowissenschaften Howard Hughes Medical Institute New York, USA (Nobelpreis für Medizin 1999) Direktor am Max-Planck-Institut Department of Physics and Astronomy, State University of für Physik komplexer Systeme New York at Stony Brook, USA Dresden, Deutschland Förderer und Zuwender des FIAS sind im Stiftungsrat vertreten. In wissenschaftlichen Belangen steht ein international besetztes Komitee renommierter Forscher dem Vorstand des FIAS in Fragen der Forschungsprogramme und in Berufungsangelegenheiten als Wissenschaftlicher Beirat zur Seite.