Gehör Ein Referat von Steffen Wiedemann E1VT2,März 2001 1. Der Aufbau des menschlichen Ohres Das Ohr wird in drei Teile unterteilt, das Außenohr, das Mittelohr und das Innenohr. Das Außenohr besteht aus der Ohrmuschel und dem äußeren Gehörgang. Dieser Gehörgang hat einen durchschnittlichen Querschnitt von 0,4 cm2 und eine durchschnittliche länge von 2,5 cm.Physikalisch betrachtet ergibt dies einen Hohlraumresonator, dessen Eigenfrequenz etwa bei 3 KHz liegt. Durch das Trommelfell wird das Außenohr vom Mittelohr getrennt, welches im wesentlichen aus der Paukenhöhle, der Eustachischen Röhre und den Gehörknöchelchen besteht. Damit hinter dem Trommelfell der gleiche atmosphärischen Druck herrscht, ist das Mittelohr durch die Eustachische Röhre mit dem Rachenraum verbunden, diese Verbindung wird beim Schlucken geöffnet. Die Gehörknöchelchen, Hammer, Amboß und Steigbügel, übertragen den Schall über das ovale Fenster ins Innenohr, diese Knöchelchen haben eine Schutzfunktion, bei zu hohem Schalldruck werden sie aus ihrer normalen Lage herausgedreht, um eine zu heftige Kraftausübung auf das Innenohr zu verhindern (Schmerzgrenze). Das Innenohr ist das eigentliche Hörorgan, es besteht aus der sog. Schnecke.Sie ist etwa 3,2 cm lang und mit Lymphflüssigkeit gefüllt. Schallwellen werden über den Steigbügel und das ovale Fenster in Form von hydraulischen Druckwellen auf die Perilymphe übertragen. Da ein Druckausgleich nur durch das runde Fenster geschehen kann, wird dabei die Basilarmembran, auf der sich das Cortische Organ befindet, an dem die Umsetzung der Schallschwingungen in Nervenreize erfolgt, in Schwingung versetzt. 2. Hörschwelle und Schmerzschwelle Die Hörschwelle, d.h. der Schalldruckpegel, bei dem das Ohr Schall gerade noch wahrnehmen kann, liegt bei 20 µN/m2, das entspricht einer Leistung von 10 -12 W/m2 oder 20 µPa. Dieser Wert wird als 0 dB SPL definiert. Die Schmerzschwelle, also die Schwelle, ab der sich die Gehörknöchelchen „verbiegen“ liegt in Spanne von 120 bis 137,5 dB SPL. 130 dB SPL entsprechen 20 N/m2 oder 1 W/m2. Das Ohr ist also in der Lage, einen gewaltigen Intensitätsbereich auf zunehmen (Faktor: 1012), er reicht vom leisen Blätterrascheln bis zum startenden Düsenflugzeug. Schall wird dann als doppelt so laut empfunden, wenn sich die Schallintensität verzehnfacht. Das heisst, ein Schalldruck von 70 dB SPL wird als doppelt so laut empfunden wie 60 dB SPL. In der Praxis bedeutet das, das ein 1000 W Verstärker doppelt so laut ist wie eine 100 W Endstufe. 3. Das Hörspektrum Das Hörspektrum reicht von etwa 16 Hz bis 20 000 Hz, Frequenzen, die darunter liegen, heissen Infraschall, diejenigen darüber Ultraschall. Dieses Spektrum entspricht 10 Oktaven, wobei das Ohr in der Lage ist, 850 Tonhöhenstufen zu unterscheiden. Die Wahrnehmung von Tonhöhenänderungen ist Abhängig von der Frequenz und der Lautstärke. Im Bassbereich unterscheiden wir weniger Tonhöhenstufen als im Mitten und oberen Mittenbereich. Bei größerer Lautstärke schwingen größere Bereiche auf der Basilar membran mit, so dass auch Gehörnerven, die eigentlich anderen Frequenzen zugeordnet sind, Reizmeldungen abgeben Nicht alle Frequenzen werden gleich laut empfunden. Der Bereich, in dem wir am besten hören, liegt zwischen 1000 Hz und 4000 Hz. So muss z.B. ein 50Hz Ton um 40dB lauter sein als ein 2000 Hz Ton, um hörbar zu sein. Dabei spielt der oben genannte Hohlraum - Resonator eine Rolle. Das menschliche Ohr hat sich auf diesen Frequenzbereich spezialisiert, weil hier die menschliche Stimme und die einstmals überlebenswichtigen Naturgeräusche (z.B. Blätterrascheln) angesiedelt sind. Außerdem würden uns z.B. bei einem Gewitter die Ohren abfallen. Bei höheren Schalldrücken ändert sich allerdings diese unterschiedliche Empfindlichkeit für Frequenzen.Inder Praxis bedeutet das, dass z.B. bei einem Live-Konzert, bei dem hohe Pegel gefahren werden, der Bass gegenüber dem Rest nicht so stark angehoben werden muss wie bei geringeren Lautstärken.Dies ist im sogenannten Fletcher/Munson Diagramm dargestellt. Um die subjektive Lautheit eines Tones darzustellen, ist die Einheit dB also nicht geeignet, da die Frequenzen verschieden laut wahrgenommen werden. Deshalb wurde das Phon eingeführt. Die Lautheit wird ermittelt, indem man einen 1000 Hz Ton mit einem Ton anderer Frequenz vergleicht und auf gleiche Lautstärke einstellt. Der Schalldruck des 1000 Hz Tons entspricht der Phonzahl, die dann die subjektive Lautstärke des anderen Tons definiert. So empfindet das Ohr einen 100 Hz Ton mit einem Schalldruck von 30 dB als gleich laut wie den 1000 Hz Ton mit 10dB = 10 Phon, also beträgt die Lautheit des 100 Hz Tons 10 Phon. 4. Das Gesetz der ersten Wellenfront Dieses Phänomen, auch Haas - Effekt genannt, gründet auf der Tatsache, dass das Ohr eine Eigen - Schwingungszeit von ca. 30 ms hat, d.h. innerhalb dieser Zeit kann das Ohr nur noch stark eingegrenzt Impulse aufnehmen und zu elektrischen Signalen verarbeiten. Das Gesetz der ersten Wellenfront (precence effect) sagt aus, dass das zuerst eintreffende Signal innerhalb gewisser Zeit und Pegelgrenzen die Wahrnehmung der Einfallsrichtung des Signals bestimmt. In der Praxis bedeutet das, dass bei dezentraler Beschallung (also mit Delay Line) der Zuhörer trotz des Sekundärsignals das Primärsignal, bzw dessen Simulation als Signalquelle empfindet. Das Signal kommt also von der Primärquelle, die Lautstärke aber von der Sekundärquelle, sofern diese um bis zu 30 ms gegenüber der ersten Wellenfront des Originalsignals verzögert ist und nicht mehr als 8 -10 dB lauter ist. zweite Welle, bis ca 30 ms verzögert, 8-10 dB lauter Delay / Sekundärquelle Bühne erste Wellenfront Zuhörer Primärquelle Resultat: Der Zuhörer ortet die Primärquelle, da von dort die Wellenfront zuerst eintrifft, hört aber die Leistung des Delay-Speakers, da sie später eintrifft und nicht mehr als 8 - 10 dB lauter ist. PA / Simulation der Primärquelle Quellen: Uli Eisner: Mixing Workshop, PPV Ivar Veit: Technische Akkustik, Vogel Frank Pieper: Das P.A. Handbuch, GC Carstensen Wolfgang Ahnert / Frank Steffen: Beschallungstechnik, S. Hirzel Verlag Heiko Müller: Grundlagen der Beschallungstechnik Michael Ebner: P.A. für Fortgeschrittene, Elektor Verlag