Kapitel 9 Die Axiome der Quantentheorie zusammengefasst Hier folgt eine Zusammenfassung der Axiome der Quantentheorie. Die Quantenmechanik ist eine mathematische Theorie, um physikalische Systeme beschreiben zu können. Die Postulate der Quantenmechanik wurden nach einem langen Prozess eingeführt und erscheinen auch nach längerem Studium nicht als direkt nachvollziehbar. Sie rechtfertigen sich durch den Erfolg. All understanding begins with our not accepting the world as it appears (Alan Kay). The mots incomprehensible thing about the world is that it is comprehensible. (Albert Einstein) 1. Postulat: Jedem (isolierten) physikalischen System ist ein komplexer vollständiger Vektorraum mit einem Inneren Produkt zugeordnet, der auch Zustandsraum des physikalischen Systems oder Hilbertraum genannt wird. Das physikalische System ist vollständig durch einen normierten Zustandsvektor aus diesem Hilbertraum beschrieben. Die Quantentheorie sagt uns nicht, welchen Zustandsvektor wir für ein gegebenes physikalisches System wir benützen sollten. Das muss jedesmal neu gelöst werden. Sie sagt uns auch nicht, welcher Zustandsvektor gerade für ein System gilt. 155 Kapitel 9. Die Axiome der Quantentheorie zusammengefasst 2. Postulat (1. Version): Die Entwicklung eines geschlossenen (=keine Wechselwirkungen mit der Umgebung) Quantensystems wird mit einer unitären Transformation beschrieben. D.h. ist der Zustand zu einem bestimmten Zeitpunkt t1 im Zustand |ψi, dann hängt der Zustand |ψ 0 i zu einem späteren Zeitpunkt t2 > t1 durch einen unitären Operator zusammen: |ψ 0 i = U |ψi. So wie uns die Quantentheorie nichts darüber aussagt, in welchem Zustand ein System gerade ist, gibt sie uns auch keine Auskunft darüber, welcher unitäre Operator eine reale Dynamik eines physikalischen Systems beschreibt. Hier drängt sich die Frage auf, welche unitären Operatoren entsprechen realen physikalischen Situationen? Bei Qubits haben wir gesehen, dass alle unitären Operatoren, sie waren “nur” Rotation auf der Blochkugel, realisiert werden konnten. Bei System mit mehr Freiheitsgraden oder/und mehr Teilchen kann diese Frage nicht allgemein beantwortet werden. Kein physikalisches System kann vollständig vom Rest getrennt werden, vielleicht mit Ausnahme vom Universum selbst. Allerdings stellt sich heraus, dass für viele physikalische Systeme eine solche Näherung sehr gut erfüllt ist. Wie man so genannte offene Quantensysteme behandeln kann, ist derzeit Forschungsgegenstand. Um ein genaueres Bild über die kontinuierliche Entwicklung eines Systems in der Zeit zu erhalten, kann man das obige Postulate 2. Postulat (2. Version): Die Zeitentwicklung eines geschlossenen (=keine Wechselwirkungen mit der Umgebung) Quantensystems ist durch die Schrödingergleichung gegeben: i~ d |ψi = H |ψi . dt (9.1) Hier ist ~ das Plancksche Wirkungsquantum, das experimentell bestimmt werden muss und H ist der Hamiltonian des Systems, ein hermitischer Operator. Wieder muss man für ein gegebenes System den Hamiltonian erraten und damit hat sich die Physik seit den 20er Jahren herumgeschlagen. Da der Hamiltonian ein hermitischer Operator ist, gibt es eine Spektralzerlegung, in seine Eigenzustände: X H = E |EihE| (9.2) E Diese Zustände werden auch stationäre Zustände genannt, da ihre Zeitentwicklung nur ein Phasenfaktor ist i |Ei −→ e− ~ Et |Ei . 156 (9.3) Wie hängt erste Version mit zweiter zusammen? i 2 −t1 ) |ψ(t2 )i = e|− ~ H(t {z } |ψ(t1 )i (9.4) U (t2 ,t1 ) Jeder unitäre als e hoch hermitischer ... 3. Postulat: Messungen werden durch eine Menge an Operatoren {Mm } beschrieben. Diese Operatoren wirken auf dem Zustandsraum, mit dem das System beschrieben wird. Der Index m bezieht sich auf die möglichen Messwerte. Die Wahrscheinlichkeit den Messwert m zu erhalten, ist durch die Wahrscheinlichkeit † p(m) = hψ| Mm Mm |ψi (9.5) gegeben und das System befindet sich nach der Messung im Zustand Mm |ψi q hψ| † Mm Mm . (9.6) |ψi Die Menge aller Messoperatoren muss die Vollständigkeitsgleichung erfüllen X † Mm Mm = 1 , (9.7) m da diese gewährleistet, dass die Summer aller Ergebnisse eines Messapparates eins sein sollte: X X † 1 = p(m) = hψ| Mm Mm |ψi (9.8) m m Wir haben einen Spezialfall davon kennengelernt, nämlich projektive Messungen. Hierbei ist die Observable M ein hermitischer Operator am Zustandsraum. Diese Observable hat die folgende Spektralzerlegung X M = m Pm , (9.9) m wobei Pm Projektoren Pm Pn = δn Pn sind. Damit lässt sich das obige Postulat so formulieren, wie wir es kennen gelernt haben: 157 Kapitel 9. Die Axiome der Quantentheorie zusammengefasst Projektive Messungen einer Observablen M werden durch eine hermitischen Operator M beschrieben mit der Spektralzerlegung X M = m Pm , (9.10) m wobei Pm Projektoren mit Pm Pn = δn Pn und mit P † = P (weil M hermitisch) sind. Diese Operatoren wirken auf dem Zustandsraum, mit dem das System beschrieben wird. Der Index m bezieht sich auf die möglichen Messwerte. Die Wahrscheinlichkeit den Messwert m zu erhalten, ist durch die Wahrscheinlichkeit p(m) = hψ| Pm† Pm |ψi = hψ| Pm |ψi (9.11) gegeben und das System befindet sich nach der Messung im Zustand p Pm |ψi hψ| Pm |ψi . (9.12) Die Menge aller Messoperatoren muss die Vollständigkeitsgleichung erfüllen X † Mm Mm = 1 , (9.13) m da diese gewährleistet, dass die Summer aller Ergebnisse eines Messapparates eins sein sollte: X X † 1 = p(m) = hψ| Mm Mm |ψi (9.14) m m 4. Postulat: Ein zusammengesetztes physikalisches System wird durch das Tensorprodukt der zwei Zustandsräume beschrieben. Formal durch |ψi1 ⊗ |φi2 geschrieben, wobei sich 1 auf das ersten Zustandsraum und damit auf das erste Teilchen bezieht und 2 auf den zweiten Zustandsraum (=Hilberraum) bezieht. 158