Hormonrezeptor positiv oder negativ: Jede fünfte histologische Bestimmung ist falsch! E ine Frau erkrankt an Brustkrebs. Nach der Operation entscheidet sie sich auf Rat ihres Arztes für eine Chemotherapie: Das sei für sie die einzige Behandlungsmöglichkeit, der Krebs sei nicht hormonabhängig. Als Jahre später das entfernte Tumorgewebe noch einmal untersucht wird, sieht das Ergebnis ganz anders aus – der Brustkrebs ist hoch hormonsensibel. Das bedeutet: Eine Hormontherapie im Anschluss an die Operation wäre die richtige Therapieoption für die Patientin gewesen! Die Chemotherapie war überflüssig und wirkungslos! Solche Fälle gibt es tatsächlich und zwar viel öfter als man denkt. Es gibt immer mehr Belege dafür, dass jede fünfte histologische Bestimmung der Hormonantennen (Rezeptoren) im Tumorgewebe falsch ist – und damit häufig auch die daraus folgende Therapie für die betroffene Brustkrebspatientin. Zu diesem Ergebnis kam die ASCO (American Society of Clinical Oncology) jetzt nach einer groß angelegten Studie von 12.000 molekularbiologischen Nachuntersuchungen. untersuchten Proben waren in Wirklichkeit hormonrezeptor-positiv. Es ist davon auszugehen, dass diese 800 Patientinnen aufgrund der falschen Befundung keine Hormontherapie bekommen haben. Das bedeutet auch: Sie bekamen keine effektive Therapie! Auch bei den daraufhin weltweit durchgeführten Nachuntersuchungen ergab sich eine Fehlerrate von 20 Prozent. Die ASCO reagierte sofort: Sie gab jetzt neue Leitlinien (guidelines) heraus. Veraltete und uneinheitliche Untersuchungsverfahren, fehlende Qualitätsstandards Wie kommt es zu dieser immens hohen Fehlerrate? Gründe dafür liegen zum Teil in den unterschiedlichen, zum Teil veralteten pathologischen Methoden, mit Falsche Hormonrezeptorbestimmung, wirkungslose Therapie Den Anstoß für diese weltweite retrospektive Untersuchung von Brustkrebstumoren auf ihre Hormonsensibilität gab ein Bericht des kanadischen Pathologen Craig Allred über die Situation in Kanada bis zum Jahr 2008. Nachdem der als hormonrezeptor-negativ bewertete Tumor einer Brustkrebspatientin im Nachhinein als positiv befundet wurde, wurden in Kanada 2000 als hormonrezeptor-negativ bewertete Tumoren zentral nachunter- Zellen von einem Her2 positiven Brustkrebs sucht. Dabei stellte sich heraus: 800 der (lobulärer Tumor) mit in-situ-Anteilen denen das Tumorgewebe nach der Operation untersucht wird. In Deutschland und auch weltweit gibt es noch keine einheitlichen Richtlinien, keine einheitlichen Bewertungen und immer noch keine Qualitätsstandards. Die verschiedenen Methoden mit ihren unterschiedlichen Ergebnissen führen dazu, dass es gerade in Grenzbereichen zu falschen Ergebnissen kommt. Die Folge: Brustkrebspatientinnen wird immer wieder aus Unwissenheit die richtige Therapie vorenthalten. Bis zu einem Fünftel Falschbehandlungen, das bedeutet nicht nur eine unsinnige Kostenausgabe – eine Chemotherapie mit mehreren Zyklen kostet zigtausend Euro –, sondern möglicherweise durch falsche Therapien sogar eine Schädigung der Patientinnen und vertane HeilungsChancen. Hohe Fehlerquoten auch in Deutschland Die hohen Fehlerraten werden auch in deutschen Ringversuchsstudien bestätigt. Über 12.000 Östrogenrezeptorbestimmungen wurden zentral nachgetestet, eine riesige Fallzahl, wodurch die Ergebnisse ein großes Gewicht bekommen. In der neuen ALTTO-Studie zeigt sich bei der Nachuntersuchung von über 6.000 Brusttumoren eine Fehlerrate von 20 Prozent bei der Bestimmung der Hormonrezeptoren. Damit sind die weltweit ermittelten Zahlen aus der neuen ASCO/CAP-guideline speziell auch für Deutschland bestätigt. Gerade dann, wenn ein Brusttumor nur eine geringe Anzahl von Hormonantennen für Östrogen und Progesteron aufweist, ist die Fehlerrate hoch. Für den Bereich der schwach positiven Befunde liegen die Schätzungen bei 40 Prozent. Medizin und Forschung 17