Wann ist Ciprofloxacin - Paul-Ehrlich

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Übersicht
Wann ist Ciprofloxacin bei zystischer
Fibrose (Mukoviszidose) im Kindesalter
indiziert?
profloxacin ist in 10 bis 20 % zu rechnen
(regional verschieden).
Claus Simon, Heikendorf
Durch die kürzlich erfolgte Zulassung von Ciprofloxacin zur oralen Therapie von
Pseudomonas-Infektionen bei Mukoviszidose im Kindesalter ist in Deutschland die
Möglichkeit geschaffen worden, Ciprofloxacin bei schweren Pseudomonas-Infektionen auch in dieser Altersstufe gezielt einzusetzen. Hierdurch ist bei Mukoviszidose eine weitere Verbesserung der Prognose zu erwarten. Die Behandlung sollte
in der Regel nicht länger als zwei Wochen dauern.
Ciprofloxacin ist das einzige oral applizierbare Antiinfektivum mit ausgeprägter
Wirksamkeit gegen Pseudomonas aeruginosa. Seine Vorteile sind die bakterizide Wirksamkeit und die Kombinationsmöglichkeit mit anderen Pseudomonaswirksamen Mitteln (z. B. Azlocillin,
Ceftazidim, Meropenem, Tobramycin),
die allerdings nur intravenös anwendbar
sind. Ciprofloxacin wirkt zum Teil auch
gegen Burkholderia cepacia und andere
Pseudomonas-Arten [2, 3]. Nachteile
sind wie bei anderen Fluorchinolonen die
Gefahr einer Resistenzentwicklung der
Erreger während längerer Behandlung
[20] und die im Tierversuch (bei juvenilen Hunden, Kaninchen und Ratten)
nachweisbaren Knorpelschäden an gewichttragenden Gelenken [10, 14, 21].
Wegen dieser altersabhängigen Gelenktoxizität ist seit 1978 die Anwendung von
Fluorchinolonen bei Kindern und Jugendlichen generell kontraindiziert. Es
hat sich aber gezeigt, dass bei Kindern
und Jugendlichen bei richtiger Dosierung
der Fluorchinolone (die erheblich niedriger ist als die im Tierversuch verwendeten Dosierungen) Knorpelschäden nicht
nachweisbar sind. Das haben die
Nachuntersuchungen von früher mit
Chinolonen (vor allem Nalidixinsäure)
behandelten Kindern und Jugendlichen
ergeben [4, 12, 15, 17]. Weltweit gesammelte Erfahrungen mit Ciprofloxacin an
über 2 000 Kindern mit lebensbedrohlichen Erkrankungen zeigten ebenfalls
keine bleibenden Gelenkschäden [6, 8,
9]. Nur in 1,5 % der Fälle wurden reversible Arthralgien beobachtet, welche
auch bei Erwachsenen gelegentlich vorkommen. Angesichts dieser günstigen
Chemotherapie Journal
Daten haben namhafte Pädiater [1, 16,
18] die Zulassung von Ciprofloxacin zur
Behandlung von Pseudomonas-Infektionen von Kindern und Jugendlichen mit
Mukoviszidose gefordert. Dem hat das
BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel
und Medizinprodukte) in Berlin entsprochen und im Juli 1999 Ciprofloxacin für
die orale Anwendung bei Kindern und
Jugendlichen mit folgender Indikation
zugelassen:
„Akute, durch Pseudomonas aeruginosa verursachte Infektionsschübe einer
zystischen Fibrose bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 5 bis 17 Jahren,
sofern eine orale Therapie ausreichend
erscheint oder wirksamere parenterale
Behandlungsmöglichkeiten nicht anwendbar erscheinen. Bei anderen Indikationen wird Ciprofloxacin nicht empfohlen.“
Begründung: „Die Auswertung der Sicherheitsdaten von Patienten im Alter
unter 18 Jahren mit überwiegend zystischer Fibrose (Mukoviszidose) zeigte
keine Hinweise auf Gelenk-/Knorpelschädigungen.“
Was bedeutet das in der
Praxis?
1.
Eine orale Gabe von Ciprofloxacin an
Kinder und Jugendliche im Alter von 5
bis 18 Jahren ist nur bei nachgewiesener
Pseudomonas-Infektion indiziert, wenn
die Keime nach der In-vitro-Testung
empfindlich sind. Mit einer Resistenz
von Pseudomonas aeruginosa gegen Ci-
2.
Die vorgeschriebene Dosierung der
5%igen oder 10%igen Suspension von
Ciprofloxacin ist zweimal täglich 15 (20)
mg/kg (maximal 1 500 mg/Tag). Die Dosierung des parenteralen Präparates ist
dreimal täglich 10 mg/kg i. v. (maximal
1 200 mg/Tag). Die Maximaldosis darf
nicht überschritten werden. Behandlungsdauer: 10 bis 14 Tage (wegen der
Gefahr der Resistenzentwicklung). Wie
bei den Tabletten beträgt die orale Bioverfügbarkeit der Suspension 70 bis
80 %.
3.
Eine Monotherapie ist möglich beim
akuten Schub einer chronischen Bronchitis, eine Kombinationstherapie bei röntgenologisch nachgewiesener Pneumonie
durch Pseudomonas aeruginosa [13]. Je
nach Antibiogramm und Verträglichkeit
kommen als Kombinationspartner für
Ciprofloxacin in erster Linie Ceftazidim
[7, 11] oder Meropenem oder Tobramycin oder Azlocillin in Frage [5, 19, 20].
Mit einer Resistenz von Pseudomonas
aeruginosa ist bei Ceftazidim, Meropenem und Tobramycin in 1 bis 10 % der
Fälle zu rechnen, bei Azlocillin und Piperacillin in 10 bis 20 %. Bei einer Allergie gegen Penicilline und Cephalosporine kommt Aztreonam in Betracht. Bei
schon bestehender Hörschädigung ist
Tobramycin kontraindiziert. Wegen der
Ototoxizität darf Tobramycin nur unter
Blutspiegelkontrolle angewandt werden
(Tab. 1) [19].
4.
Auf mögliche Nebenwirkungen von Ciprofloxacin ist zu achten, insbesondere
auf den Magen-Darm-Trakt, das Nerven-
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. med. Claus Simon, Schönkamp 1 c,
24226 Heikendorf
9. Jahrgang
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Heft 1/2000
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Simon
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Ciprofloxacin bei CF im Kindesalter
Tab. 1. Grenzwerte für das Serumspiegel-Monitoring (Gentamicin,
Tobramycin) bei der AminoglykosidTherapie von CF-Patienten
Tab. 2. Antibiotika-Empfindlichkeit von Pseudomonas-Arten (AZL = Azlocillin, Pip
= Piperacillin, CTZ = Ceftazidim, CFP = Cefepim, MPN = Meropenem, GTM = Gentamicin, TBM = Tobramycin, CIP = Ciprofloxacin, TMP/SMX = Co-trimoxazol, ++ =
> 90 % sensibel, + = meist sensibel, (+) = variabel sensibel, – = > 50 % resistent
Bei 8-stündlicher Gabe
4–10 mg/l (Peak*)
CTZ
CFP
GTM
TBM
CIP
> 2 mg/l (Tal**)
AZL
PIP
MPN
Nicht
PseudomonasArt
TMP/
SMX
P. aeruginosa
B. cepacia
P. fluorescens
P. putida
P. alcaligenes
P. stutzeri
Stenotrophomonas
maltophilia
++
–
–
–
(+)
++
(+)
++
(+)
++
++
++
++
–
++
(+)
++
++
++
++
–
++
–
(+)
++
++
++
–
++
(+)
+
+
?
?
(+)
–
++
?
?
(+)
++
++
Bei 24-stündlicher Gabe 1,5–6 mg/l (8 h)
Nicht
> 1 mg/l (24 h)
* 0,5 h nach Beendigung der i. v.
Kurzinfusion
** Vor der nächsten Gabe
system, die Sinnesorgane, Herz und
Kreislauf, auf Überempfindlichkeitsreaktionen und Photosensibilisierung (Sonnenbäder und UV-Lichtbestrahlung vermeiden). Bei Jugendlichen kann die
Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am
Straßenverkehr oder zum Bedienen von
Maschinen beeinträchtigt sein (besonders
im Zusammenwirken mit Alkohol).
5.
Kontraindikationen sind Gravidität und
Stillzeit. Reduzierte Dosierung bei Niereninsuffizienz. Vorsicht bei Epilepsie
und vorgeschädigter Leber. Ciprofloxacin soll bei Kindern unter fünf Jahren
nicht angewandt werden.
6.
Interaktionen von Ciprofloxacin sind
mit zahlreichen Medikamenten möglich
(siehe Gebrauchsinformation). Bei
gleichzeitiger Gabe von Ciprofloxacin
und Theophyllin kann es zu einem unerwünschten Anstieg der TheophyllinKonzentration im Serum kommen. Auf
diese Weise können Theophyllin-verursachte Nebenwirkungen auftreten. Falls
auf eine zeitgleiche Anwendung beider
Präparate nicht verzichtet werden kann,
sollten die Serumkonzentration von
Theophyllin kontrolliert und seine Dosierung angemessen reduziert werden.
Metoclopramid verkürzt die Resorption
von Ciprofloxacin und führt innerhalb
kürzester Zeit zur maximalen Plasmakonzentration. Bei gleichzeitiger Gabe
von Ciprofloxacin und Phenytoin ist von
verminderten bis zu erhöhten PhenytoinSerumkonzentrationen berichtet worden.
Da bei gleichzeitiger Gabe von Ciprofloxacin und Diazepam sowohl eine verminderte Diazepam-Clearance als auch
eine verlängerte Diazepam-Halbwertszeit
berichtet worden sind, wird eine sorg28
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fältige Überwachung der DiazepamTherapie empfohlen.
7.
Andere Pseudomonas-Infektionen (durch
Pseudomonas fluorescens, P. putida, P.
stutzeri) sowie Infektionen durch Burkholderia cepacia können bei nachgewiesener Empfindlichkeit ebenfalls mit Ciprofloxacin behandelt werden (u. U. in
Kombination) (Tab. 2).
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