Übersicht Wann ist Ciprofloxacin bei zystischer Fibrose (Mukoviszidose) im Kindesalter indiziert? profloxacin ist in 10 bis 20 % zu rechnen (regional verschieden). Claus Simon, Heikendorf Durch die kürzlich erfolgte Zulassung von Ciprofloxacin zur oralen Therapie von Pseudomonas-Infektionen bei Mukoviszidose im Kindesalter ist in Deutschland die Möglichkeit geschaffen worden, Ciprofloxacin bei schweren Pseudomonas-Infektionen auch in dieser Altersstufe gezielt einzusetzen. Hierdurch ist bei Mukoviszidose eine weitere Verbesserung der Prognose zu erwarten. Die Behandlung sollte in der Regel nicht länger als zwei Wochen dauern. Ciprofloxacin ist das einzige oral applizierbare Antiinfektivum mit ausgeprägter Wirksamkeit gegen Pseudomonas aeruginosa. Seine Vorteile sind die bakterizide Wirksamkeit und die Kombinationsmöglichkeit mit anderen Pseudomonaswirksamen Mitteln (z. B. Azlocillin, Ceftazidim, Meropenem, Tobramycin), die allerdings nur intravenös anwendbar sind. Ciprofloxacin wirkt zum Teil auch gegen Burkholderia cepacia und andere Pseudomonas-Arten [2, 3]. Nachteile sind wie bei anderen Fluorchinolonen die Gefahr einer Resistenzentwicklung der Erreger während längerer Behandlung [20] und die im Tierversuch (bei juvenilen Hunden, Kaninchen und Ratten) nachweisbaren Knorpelschäden an gewichttragenden Gelenken [10, 14, 21]. Wegen dieser altersabhängigen Gelenktoxizität ist seit 1978 die Anwendung von Fluorchinolonen bei Kindern und Jugendlichen generell kontraindiziert. Es hat sich aber gezeigt, dass bei Kindern und Jugendlichen bei richtiger Dosierung der Fluorchinolone (die erheblich niedriger ist als die im Tierversuch verwendeten Dosierungen) Knorpelschäden nicht nachweisbar sind. Das haben die Nachuntersuchungen von früher mit Chinolonen (vor allem Nalidixinsäure) behandelten Kindern und Jugendlichen ergeben [4, 12, 15, 17]. Weltweit gesammelte Erfahrungen mit Ciprofloxacin an über 2 000 Kindern mit lebensbedrohlichen Erkrankungen zeigten ebenfalls keine bleibenden Gelenkschäden [6, 8, 9]. Nur in 1,5 % der Fälle wurden reversible Arthralgien beobachtet, welche auch bei Erwachsenen gelegentlich vorkommen. Angesichts dieser günstigen Chemotherapie Journal Daten haben namhafte Pädiater [1, 16, 18] die Zulassung von Ciprofloxacin zur Behandlung von Pseudomonas-Infektionen von Kindern und Jugendlichen mit Mukoviszidose gefordert. Dem hat das BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) in Berlin entsprochen und im Juli 1999 Ciprofloxacin für die orale Anwendung bei Kindern und Jugendlichen mit folgender Indikation zugelassen: „Akute, durch Pseudomonas aeruginosa verursachte Infektionsschübe einer zystischen Fibrose bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 5 bis 17 Jahren, sofern eine orale Therapie ausreichend erscheint oder wirksamere parenterale Behandlungsmöglichkeiten nicht anwendbar erscheinen. Bei anderen Indikationen wird Ciprofloxacin nicht empfohlen.“ Begründung: „Die Auswertung der Sicherheitsdaten von Patienten im Alter unter 18 Jahren mit überwiegend zystischer Fibrose (Mukoviszidose) zeigte keine Hinweise auf Gelenk-/Knorpelschädigungen.“ Was bedeutet das in der Praxis? 1. Eine orale Gabe von Ciprofloxacin an Kinder und Jugendliche im Alter von 5 bis 18 Jahren ist nur bei nachgewiesener Pseudomonas-Infektion indiziert, wenn die Keime nach der In-vitro-Testung empfindlich sind. Mit einer Resistenz von Pseudomonas aeruginosa gegen Ci- 2. Die vorgeschriebene Dosierung der 5%igen oder 10%igen Suspension von Ciprofloxacin ist zweimal täglich 15 (20) mg/kg (maximal 1 500 mg/Tag). Die Dosierung des parenteralen Präparates ist dreimal täglich 10 mg/kg i. v. (maximal 1 200 mg/Tag). Die Maximaldosis darf nicht überschritten werden. Behandlungsdauer: 10 bis 14 Tage (wegen der Gefahr der Resistenzentwicklung). Wie bei den Tabletten beträgt die orale Bioverfügbarkeit der Suspension 70 bis 80 %. 3. Eine Monotherapie ist möglich beim akuten Schub einer chronischen Bronchitis, eine Kombinationstherapie bei röntgenologisch nachgewiesener Pneumonie durch Pseudomonas aeruginosa [13]. Je nach Antibiogramm und Verträglichkeit kommen als Kombinationspartner für Ciprofloxacin in erster Linie Ceftazidim [7, 11] oder Meropenem oder Tobramycin oder Azlocillin in Frage [5, 19, 20]. Mit einer Resistenz von Pseudomonas aeruginosa ist bei Ceftazidim, Meropenem und Tobramycin in 1 bis 10 % der Fälle zu rechnen, bei Azlocillin und Piperacillin in 10 bis 20 %. Bei einer Allergie gegen Penicilline und Cephalosporine kommt Aztreonam in Betracht. Bei schon bestehender Hörschädigung ist Tobramycin kontraindiziert. Wegen der Ototoxizität darf Tobramycin nur unter Blutspiegelkontrolle angewandt werden (Tab. 1) [19]. 4. Auf mögliche Nebenwirkungen von Ciprofloxacin ist zu achten, insbesondere auf den Magen-Darm-Trakt, das Nerven- Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. med. Claus Simon, Schönkamp 1 c, 24226 Heikendorf 9. Jahrgang | Heft 1/2000 | 27 Simon | Ciprofloxacin bei CF im Kindesalter Tab. 1. Grenzwerte für das Serumspiegel-Monitoring (Gentamicin, Tobramycin) bei der AminoglykosidTherapie von CF-Patienten Tab. 2. Antibiotika-Empfindlichkeit von Pseudomonas-Arten (AZL = Azlocillin, Pip = Piperacillin, CTZ = Ceftazidim, CFP = Cefepim, MPN = Meropenem, GTM = Gentamicin, TBM = Tobramycin, CIP = Ciprofloxacin, TMP/SMX = Co-trimoxazol, ++ = > 90 % sensibel, + = meist sensibel, (+) = variabel sensibel, – = > 50 % resistent Bei 8-stündlicher Gabe 4–10 mg/l (Peak*) CTZ CFP GTM TBM CIP > 2 mg/l (Tal**) AZL PIP MPN Nicht PseudomonasArt TMP/ SMX P. aeruginosa B. cepacia P. fluorescens P. putida P. alcaligenes P. stutzeri Stenotrophomonas maltophilia ++ – – – (+) ++ (+) ++ (+) ++ ++ ++ ++ – ++ (+) ++ ++ ++ ++ – ++ – (+) ++ ++ ++ – ++ (+) + + ? ? (+) – ++ ? ? (+) ++ ++ Bei 24-stündlicher Gabe 1,5–6 mg/l (8 h) Nicht > 1 mg/l (24 h) * 0,5 h nach Beendigung der i. v. Kurzinfusion ** Vor der nächsten Gabe system, die Sinnesorgane, Herz und Kreislauf, auf Überempfindlichkeitsreaktionen und Photosensibilisierung (Sonnenbäder und UV-Lichtbestrahlung vermeiden). Bei Jugendlichen kann die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt sein (besonders im Zusammenwirken mit Alkohol). 5. Kontraindikationen sind Gravidität und Stillzeit. Reduzierte Dosierung bei Niereninsuffizienz. Vorsicht bei Epilepsie und vorgeschädigter Leber. Ciprofloxacin soll bei Kindern unter fünf Jahren nicht angewandt werden. 6. Interaktionen von Ciprofloxacin sind mit zahlreichen Medikamenten möglich (siehe Gebrauchsinformation). Bei gleichzeitiger Gabe von Ciprofloxacin und Theophyllin kann es zu einem unerwünschten Anstieg der TheophyllinKonzentration im Serum kommen. Auf diese Weise können Theophyllin-verursachte Nebenwirkungen auftreten. Falls auf eine zeitgleiche Anwendung beider Präparate nicht verzichtet werden kann, sollten die Serumkonzentration von Theophyllin kontrolliert und seine Dosierung angemessen reduziert werden. Metoclopramid verkürzt die Resorption von Ciprofloxacin und führt innerhalb kürzester Zeit zur maximalen Plasmakonzentration. Bei gleichzeitiger Gabe von Ciprofloxacin und Phenytoin ist von verminderten bis zu erhöhten PhenytoinSerumkonzentrationen berichtet worden. Da bei gleichzeitiger Gabe von Ciprofloxacin und Diazepam sowohl eine verminderte Diazepam-Clearance als auch eine verlängerte Diazepam-Halbwertszeit berichtet worden sind, wird eine sorg28 9. Jahrgang | Heft 1/2000 | fältige Überwachung der DiazepamTherapie empfohlen. 7. Andere Pseudomonas-Infektionen (durch Pseudomonas fluorescens, P. putida, P. stutzeri) sowie Infektionen durch Burkholderia cepacia können bei nachgewiesener Empfindlichkeit ebenfalls mit Ciprofloxacin behandelt werden (u. U. in Kombination) (Tab. 2). Literatur 1. Adam D. Quinolones in pediatrics: pros and cons. Chemother J 1996;5(Suppl 13):37-40. 2. Bauernfeind A, Marks M, Strandvik B, editors. Cystic fibrosis pulmonary infections. 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