Eine Neozoe – Die Kirschessigfliege Drosophila suzukii

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Eine Neozoe – Die Kirschessigfliege Drosophila suzukii
von Petra Hönig, Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau
Veitshöchheim, Sachgebiet Rebschutz und Rebphysiologie
In aller Kürze
Seit 2011 breitet sich ein neuer Schädling in Bayern aus, der sich in vielen weichschaligen
Früchten vermehren kann und somit in verschiedensten Kulturen Schäden verursachen könnte.
Zusammenfassung
Die aus dem ostasiatischen Raum stammende Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) ist seit
2011 in Bayern nachgewiesen. Gewöhnlich legen Obstfliegen ihre Eier in überreife und verletzte
Früchte. Nicht so diese neu eingewanderte Art, die mit Hilfe eines sägeartigen Legebohrers
reifende und reife Früchte anbohrt. Dabei legt sie ihre Eier nicht nur in Kirschen sondern auch in
viele andere weichschalige Früchte. Zur Überwachung der Bestände können Apfelessigfallen
verwendet werden. Als Gegenmaßnahmen werden verschiedene Verfahren diskutiert.
Was sind Neozoen?
Neozoen sind Tierarten, deren natürliches Verbreitungsgebiet nicht in Deutschland liegt und die
sich erst durch die Einwirkung des Menschen bei uns ansiedeln. Sie gelten somit als
gebietsfremde oder nichtheimische Arten, die oft auch als "Exoten" oder "fremdländische Arten"
bezeichnet werden.
Herkunft von Drosophila suzukii
Die Kirschessigfliege Drosophila suzukii (Bild 1) stammt ursprünglich aus dem ostasiatischen
Raum, breitet sich seit 2008 jedoch weltweit aus. So wurden 2008 erste Befälle in Nordamerika
und im Mittelmeerraum beobachtet. Erste Beobachtungen im süddeutschen Raum gab es 2011
vor allem im Bodenseegebiet; 2012 hatte sie dann bereits Franken erreicht. Der Transport
befallener Früchte scheint für die rasche weltweite Verbreitung verantwortlich zu sein.
Biologie der Kirschessigfliege
Die Kirschessigfliege ist eine Drosophilidae und damit verwandt mit den bei uns heimischen
Essig-, Obst- oder Taufliegen. Sie alle erreichen eine Größe von 2-3 mm.
Ein Weibchen der Kirschessigfliege kann bis zu 400 Eiern legen, die sich über drei
Larvenstadien und ein Puppenstadium bei optimalen Bedingungen in nur 8 bis 14 Tagen zu
neuen vermehrungsfähigen Fliegen entwickeln können. Die Eier sind anhand zweier fädiger
Atemanhänge, die aus der befallenen Frucht ragen, gut zu bestimmen. Ebenso die
geweihartigen Atemanhänge der Puppen, welche meist halb in der Frucht stecken.
Drosophila suzukii (D.s.) ist ein Bewohner gemäßigter Klimate und bevorzugt Temperaturen
zwischen 10° und 30°C. Temperaturen über einen längeren Zeitraum unter 3°C sind für sie
tödlich, so dass die vornehmlich überwinternden begatteten Weibchen frostfreie
Überwinterungsquartiere benötigen.
Charakteristische Merkmale
Die Männchen der D.s. sind gut an ihren Flügelflecken (Bild 2, rote Kreise) zu erkennen.
Außerdem besitzen sie für die Begattung spezielle Kämme an den Vorderbeinen (Bild 2, blaue
Ovale).
Die Weibchen von D.s. sind durch ihren sägeartigen Eiablageapparat (Bild 4)
oder
gut von anderen Arten zu unterscheiden, deren Legeapparate wesentlich kleiner ist (Bild 5)
Schäden durch die Kirschessigfliege
Im Unterschied zu anderen Drosophiliden, die ihre Eier in überreife, verletzte Früchte legen, legt
D. suzukii ihre Eier in reifende und reife gesunde Früchte. Dies ist durch den kräftigen,
sägeartigen Eiablageapparat möglich, mit dem D.s. die intakte Fruchthaut öffnen kann. Daher
zählen alle weichschaligen Früchte zu ihrem Wirtsspektrum. Dies können Wildfrüchte, aber
auch eine große Zahl von Kulturobstarten sein, wie die ganzen Beerensorten, Holunder,
Kirschen, Pfirsiche und Trauben.
Die Früchte sind oft von mehreren Larven befallen und kollabieren durch deren Fraßtätigkeit
innerhalb weniger Tage. Sofern die Früchte nicht bis auf die Schale ausgefressen wurden,
erfolgt oft ein sekundärer Pilz- oder Bakterienbefall. Durch die rasche Vermehrungsfolge
können großflächig Obstanlagen befallen und geschädigt werden, mit in der Folge hohen
Ertragsausfällen.
Überwachung
Um zu beobachten, ob die Kirschessigfliege im Bestand vorhanden ist beziehungsweise wann
sie in den Bestand einfliegt, haben sich Apfelessigfallen bewährt. Das Julius-Kühn-Institut
(Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen) empfiehlt eine Mischung aus naturtrübem
Apfelessig, der 1:1 mit Wasser verdünnt wird. Diesem werden wenige Tropfen Spülmittel
zugefügt, um die Oberflächenspannung zu reduzieren. Diese Mischung wird etwa 2 cm hoch in
ein Plastikgefäß (z.B. Plastiktrinkbecher mit Deckel) gefüllt, in das einseitig 2-3 mm große
Löcher gebohrt wurden (Bild 6)
. Eine wöchentliche Erneuerung der Fangflüssigkeit
ist notwendig. Dabei werden die Fänge abgesiebt und können dann bei einer 15-20 fachen
Vergrößerung untersucht werden. Erst bei dieser Vergrößerung ist der Eiablageapparat der
Weibchen gut zu erkennen.
Einige Anbieter vertreiben bereits fertig gemischte Köderflüssigkeiten und auch spezielle
Fallenkörper.
Monitoring 2013
Die Überwachung des Versuchsstandortes Stutel der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau
und Gartenbau hat 2013 erste Fänge in der 31. Kalenderwoche (KW) im Sauerkirschbestand
ergeben, nachdem dieser abgeerntet war. Im Restbehang und in abgefallenen Früchten
konnten sich die Tiere wohl durchentwickeln und gelangten dann in die Fallen. Es folgten ab der
36. KW Fänge im Bereich des Holunders, auch dieser abgeerntet, ab der 38. KW in den
Brombeeren. Hier konnte ein Befall in den reifenden Früchten nachgewiesen werden. Ab der
40. KW gab es sowohl Fänge als auch Funde in Himbeeren und ab der 44. KW Fänge, aber
keine Befälle, in Zwetschge, Weißdorn und am nahegelegenen Waldrand. Im Bereich von
Weinbergen wurden ebenfalls Kirschessigfliegen gefangen, es konnten aber keine Befälle in
den Trauben nachgewiesen werden.
Gegenmaßnahmen
Eine wirksame Bekämpfung der Kirschessigfliege mit Insektiziden ist auf Grund der Biologie
des Tieres kaum möglich, außerdem gibt es dafür keine zugelassenen Präparate. Zudem zeigt
sich immer wieder, dass bei großzügigem Insektizideinsatz nicht nur die Schädlinge sondern
vor allem sämtliche Nützlinge vernichtet werden.
Als natürliche Gegenspieler kommen vor allem verschiedene Schlupfwespenarten in Frage.
Diese legen ihre Eier meist in den Larven oder Puppen ihres Wirtes ab und töten sie dadurch.
Einige biologischen Gegenspieler von Drosophiliden sind in Deutschland nachgewiesen.
Untersuchungen haben bereits bei zwei Arten (Pachycrepoideus vindemmiae, Trichopria
drosophilae) gezeigt, dass diese auch D.s. als Wirt annehmen.
Eine Möglichkeit der Bekämpfung ist der Massenfang. Dies bedeutet, dass rund um die zu
schützende Anlage ein Ring aus Essigfallen im 2 m Abstand ausgebracht wird. Dies muss
jedoch deutlich vor dem Reifebeginn der zu schützenden Kultur erfolgen, um die Tiere vor dem
Einflug in die Anlage abzufangen.
Das Einnetzen (maximal 0,8 mm Maschenweite) der gefährdeten Kulturen ist eine weitere
Möglichkeit D.s. von den Früchten fern zu halten.
Die wichtigste Maßnahme bei Befall mit Drosophila suzukii ist die Hygiene. Dies bedeutet:

keine Früchte an Baum, Strauch oder Pflanze belassen

abgefallene Früchte entfernen

Eier und Larven durch Solarisation befallener Früchte abtöten, d.h. in Plastikbeuteln oder
unter Folienabdichtung intensiver Sonneneinstrahlung aussetzen
Danksagung
Für die Betreuung der zahlreichen Fallen und die sehr aufwendige Aufarbeitung der Fänge
möchte ich Monika Adelhardt und Dorothee Gloy danken.
Verwendete Literatur:
BAUFELD, P., G. SCHRADER, J.-G. UNGER, 2010: Die Kirschessigfliege – Drosophila suzukii – Ein neues
Risiko für den Obst- und Weinbau. Journal für Kulturpflanzen 62 (5), 183-186.
CHABERT, S.; ALLEMAND, R.; POYET, M.; ESLIN, P.; GIBERT, P. (2012): Ability of European parasitoids
(Hymenoptera) to control a new invasive Asiatic pest, Drosophila suzukii. Biological Control 63 (2012)
40–47
HÖNIG, P., 2013: Kirschessigfliege Drosophila suzukii – Erstmals in Franken gesichtet. Rebe & Wein 1, 16
HAUSER, M., 2011: A historic account of the invasion of Drosophilasuzukii (Matsmura) (Diptera:
Drosophilidae) in the continental United States, with remarks on their identification. Pest Management
Science 67, 1352-1357, 2011
VOGT, H., BAUFELD, P., GROSS, J., KÖPPLER, K. & HOFFMANN, CH. 2012.Drosphila suzukii: eine neue
Bedrohung für den Europäischen Obst- und Weinbau. Bericht über eine internationale Tagung in
Trient, 2. Dezember 2011. Journal für Kulturpflanzen, 64, 68-72..
VOGT, H. 2012: Fachgespräch “Kirschessigfliege – Drosophila suzukii“ am 23. Februar 2012 im Julius
Kühn-Institut, Institut für Pflanzenschutz in Obst- und Weinbau, Dossenheim. Journal für
Kulturpflanzen, 64, 137-139.
Bilder: Bilder liegen in verschiedenen Versionen vor Original, bearbeitet, freigestellt oder Ausschnitt. Da
mir kein richtiges Bildbearbeitungsprogramm zur Verfügung steht, bitte ich Sie, die für Sie beste
Version zu verwenden und zu bearbeiten
Bild 1: Die Kirschessigfliege Drosophila suzukii eine Obstfliege
Bild 2: Das Männchen der Kirschessigfliege mit den typischen Bestimmungsmerkmalen – dunkler
Flügelfleck und Kämme an den Vorderbeinen
Bild 3: Das Weibchen der Kirschessigfliege mit ausgefahrenem, sägeartigem Eiablageapparat und
gerade abgegebenem Ei, sowie der „Säge“ in Vergrößerung
Bild 4: Der Eiablageapparat anderer Drosophiliden ist wesentlich kleiner und schwächer gebaut (2 Bilder
zur Auswahl)
Bild 5: Apfelessigfalle zur Überwachung einer Himbeeranlage
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