Gartenbau und Sonderkulturen Felix Briem, Dr. Michael Breuer Drosophila suzukii - ein neuer Schädling für den Obst- und Weinbau Die aus Asien stammende Kirschessigfliege, Drosophila suzukii, wurde erstmals 2008 in Spanien gefunden und konnte sich innerhalb kürzester Zeit über weite Bereiche Europas ausbreiten. Seit 2011 ist sie auch in Baden bekannt, wo sie sich bereits etablieren und Populationen aufbauen konnte. Als polyphager Schädling befällt sie vor allem weichschalige Früchte, damit auch Kelter- und Tafeltrauben. Durch die Eiablage in gesunde, reife Früchte und ein hohes Vermehrungspotential geht von diesem Schädling ein besonderes Risiko für den Obst- und Weinbau aus. Die Larven schlüpfen bereits nach einem Tag und beginnen die Früchte von innen zu fressen. Daraufhin kollabieren die Früchte sehr rasch und mindern so die Erntequalität. Verbreitung ie Kirschessigfliege ist ursprünglich in weiten Teilen Asiens verbreitet und konnte durch den Export von Früchten ihre natürlichen Barrieren überwinden. So wurde sie großräumig in alle Welt verschleppt und konnte sich von dort weiter ausbreiteten. Nach ersten Meldungen aus Hawaii (1980) wurden 2008 in Kalifornien ebenfalls Kirschessigfliegen nachgewiesen. Im selben Jahr konnten einzelne Individuen in Europa entdeckt werden. Von Spanien (2008), Italien und Frankreich (2009) breitete sich die Fruchtfliege auch nach Slowenien (2010), Österreich (2011) und in die Schweiz (2011) aus (LEE et al. 2011; BAUFELD et al. 2010). Gegen Ende 2011 wurden ebenfalls erste Funde aus Deutschland bei Dossenheim, Kressbronn, Langenargen, Lindau, Oberdorf am Bodensee, Rastatt, Siebeldingen und südlich von München in Bairawies/Dietramszell gemeldet. Ihr enormes Vermehrungs- und Verbreitungspotential konnte bereits im Folgejahr beobachtet werden. Mit teilweise beachtlichen Fangzahlen wurde diese invasive Art im Jahr 2012 in weiten Teilen Badens nachgewiesen (siehe weiteren Artikel im gleichen Heft). Mittlerweile ist das Tier sogar in Niedersachsen und Brandenburg angekommen. D Merkmale Der Körper der Kirschessigfliegen ist gelborange bis bräunlich gefärbt. Die überwinternden Indivi- Landinfo 5 | 2013 -BOEJOGPJOEE duen sind meist etwas dunkler als ihre Nachkommen aus dem Sommer. Bei grober Betrachtung unterscheiden sich die Tiere auch größenmäßig nur wenig von heimischen Fruchtfliegen. Allerdings zeigen die Männchen einen auffälligen schwarzen Fleck auf ihren Flügeln (Bild 1). Daneben tragen sie an den Vorderbeinen kleine schwarze Borstenreihen, die wie kleine Kämme aussehen. Den Weibchen (Bild 2) fehlen die Flecken und Borstenkämme. Sie sind stattdessen mit einem außergewöhnlich großen und stark gezahnten Eiablageapparat (Ovipositor) ausgestattet. Biologie und Problematik Bild 1 Die Männchen der Kirschessigfliege sind durch den Fleck auf den Flügeln gut zu erkennen Bild: WBI Freiburg Die Kirschessigfliege stammt aus Asien und breitet sich seit 2008 in Europa aus. In Asien kann die Kirschessigfliege bis zu 13 Generationen im Jahr ausbilden. Bei einer optimalen Temperatur von etwa 25°C wird eine Generation in nur etwa 2 Wochen durchlaufen. Außerdem kann ein einzelnes Weibchen in seinem Leben zwischen 300-600 Eier legen und hat somit ein extrem hohes Vermehrungspotential (BAUFELD et al. 2010). Die Tiere verpaaren sich innerhalb ihrer ersten beiden Lebenstage, worauf die Weibchen rasch mit der Eiablage beginnen. Sie ritzen mit dem Legeapparat (Ovipositor) weichschaliges Obst an und legen Eier unter die Fruchthaut. Von außen sind nur zwei lange Atemschläuche (Bild 3) sichtbar. Durchschnittlich werden etwa 2-3 Eier pro Frucht abgelegt. Bereits nach einem Tag schlüpfen 55 Gartenbau und Sonderkulturen Bild 2a und b Bild 3 Bild 4 Bild 5 Die Weibchen tragen am Hinterleibsende einen gezähnten Legeapparat, mit dem sie die Eier in die Früchte legen können. Atemschläuche eines in einer Beere abgelegten Eies. Die Puppen der Kirschessigfliege (rechts) sind an ihren typischen sternförmig angeordneten Anhängen zu erkennen. Den Puppen der einheimischen Essigfliegen (links) fehlen diese. Die Himbeeren gehören zu den stark befallenen Früchten. Hier ein Männchen der Kirschessigfliege mit der typischen Flügelzeichnung. Bilder: WBI Freiburg die Larven und beginnen sich durch die reife Frucht zu fressen. Nach 3 Larvenstadien verpuppen sich die Tiere. Aus den Puppen (Bild 4) schlüpft dann wieder die neue Generation Fliegen. Die Kirschessigfliegen kommen mit unseren gemäßigten Temperaturen bestens zurecht. Nur bei zu hohen Temperaturen (über 30 °C) nimmt die Aktivität ab. 'URVRSKLOD VX]XNLL überwintert als erwachsene (adulte) Fliege vermutlich in der Nähe von Siedlungen und Wäldern. Die Weibchen paaren sich bereits im Herbst und können im folgenden Frühjahr direkt mit der Eiablage beginnen. Aus dem Ausland wird berichtet, dass die Tiere bereits zwischen 5 und 10 °C aktiv werden. Trotz geringer Überlebensrate kann im Folgejahr aufgrund der oben beschriebenen Reproduktionsrate eine hohe Population aufgebaut werden. Zusätzlich gelangen vermutlich kontinuierlich neue Individuen durch Obst-Importe nach Europa/Deutschland. Wirtspflanzen & Schäden Dr. Michael Breuer WBI Freiburg Tel. 0761/ 40165-79 michael.breuer@wbi. bwl.de 56 -BOEJOGPJOEE Die befallenen Früchte zeigen anfänglich nur kleinste Beschädigungen, beginnen jedoch nach Schlupf der Kirschessigfliegen-Larven sehr schnell zu faulen. Außerdem erleiden die bereits beschädigten Früchte durch Sekundärinfektionen wie z.B. Pilz- oder Bakterienbefall weiteren Qualitätsverlust. Die Kirschessigfliege hat offenbar eine gewisse Vorliebe für rote bzw. dunkel gefärbte Früchte. In der Literatur werden folgende Früchte zur Eiablage bzw. Entwicklung der Larven angegeben: Kirsche, Erdbeere, Brombeere, Himbeere, Stachelbeere, Johannisbeere, Blaubeere, Pflaume, Pfirsich, Aprikose, Kaki, Feige und Holunder sowie Kelter- und Tafeltrauben. Zusätzlich dienen auch Hagebutte, Heckenkirsche, Hartriegel und Maulbeere als potentielle Wirtspflanzen (BAUFELD et al. 2010). In Europa wurden bisher starke Schäden in Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Blaubeeren sowie Süßkirschen festgestellt (Bild 5). Unter den Keltertrauben war 2011 in Südtirol vor allem die Rebsorte Vernatsch (Trollinger) betroffen. Daneben wurde Befall auch in Traminer, Lagrein, Zweigelt sowie weiteren Rebsorten gemeldet. 2012 hat sich die Lage in Südtirol aber entspannt; die Befallsraten lagen in diesem Jahr in der Regel deutlich unter 5%. Literaturverzeichnis LEE JANA C., BRUCK DENNY J, DREVES AMY J, IORIATTI CLAUDIO, VOGT HEIDRUN, BAUFELD PETER (2001): In Focuss: Spotted wing drosophila, Drosophila suzukii, across perspectives; Pest Manag Sci 2011; 67:1349-1351. BAUFELD PETER, SCHRADER GRITTA, UNGER JENSGEORG (2010): Die Kirschessigfliege – Drosophila suzukii – Ein neues Risiko für den Obst- und Weinbau; Journal für Kulturpflanzen, 62(5):183186. Landinfo 5 | 2013