Papier – Karton – Pappe

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Papier – Karton – Pappe
..................................................................................... ULRIKE PUTZ
Sicher für Lebensmittel?
In letzter Zeit haben Kartonverpackungen für Lebensmittel oft für Schlagzeilen gesorgt: für negative.
Wie beliebt sind Papier, Karton und Pappe dennoch bei Lebensmittelherstellern?
Wie sicher sind sie? Und wie werden sie eingesetzt? austropack fragte nach …
K
arton wird aus
Holz gewonnen … und Holz wächst wieder
nach … Wer hatte nicht auch schon mal diesen Ohrwurm? Schwer wieder loszuwerden,
nicht wahr? Und das aus gutem Grund: Verpackungen aus Papier, Karton und Pappe
sind wiederverwertbar und damit nachhaltig und umweltschonend. Und genau diese
Eigenschaften werden Konsumenten immer
wichtiger, wenn sie im Supermarkt vor dem
Regal stehen und ihre Wahl zwischen den
vielen Produkten in unterschiedlichen Verpackungen treffen müssen. „Das Bewusstsein
für soziale und ökologische Auswirkungen tritt
für den Konsumenten mehr und mehr in den
Mittelpunkt des Entscheidungsprozesses“,
weiß Horst Bittermann, Mayr-Melnhof Karton.
Egal ob Nudeln, Reis, Schokolade oder Eier,
immer mehr Lebensmittelhersteller wählen
Verpackungen aus Papier, Karton oder Pappe für ihre Produkte. Bei Bösmüller Print Management verzeichnet man sogar die stärkste
Nachfrage nach Kartonverpackungen im Lebensmittelbereich.
„Verbraucher schätzen dieses Material vor allem, weil sie damit vertraut sind und wissen,
woraus es besteht. Und da es Sicherheit und
ausgezeichnete sensorische Eigenschaften
bietet, wird Karton in diesem Markt noch über
viele Jahre die erste Wahl bleiben“, blickt Nina
Happonen, Commercial Director for Food &
Beverages von Metsä Board, in die Zukunft.
Sehen wir uns genauer an, wie es heute darum bestellt ist.
Karton versus Kunststoff?
50 Prozent aller Papier- und Kartonverpackungen werden in der Lebensmittelindustrie
verwendet. Bei Wellpappe sind es 35 Prozent
der Verpackungen, die für Lebensmittel zum
Einsatz kommen und anschließend recycelt
werden. Hier vor allem als Transportverpackung für Milch, Joghurt, Schokolade, Obst
und Gemüse, erklärt Hubert Marte, Sprecher
Forum Wellpappe Austria. Gefragt nach alternativen Verpackungslösungen meint Marte:
„Es gibt Kunststoffverpackungen, diese sind
aber wesentlich aufwändiger und lassen hinsichtlich der Nachhaltigkeit einige wesentliche Fragen offen.“
Schlecht für den Kunststoff, denn – wie wir
schon gehört haben – spielt die Umweltverträglichkeit eine große Rolle, wenn es um
die Entscheidung zwischen Kunststoff und
Karton geht. Und das mittlerweile bei Konsumenten und auch Lebensmittelherstellern.
„Die Umweltverträglichkeit von Kunststoff
wird zunehmend kritisch unter die Lupe genommen“, so Nina Happonen. Sie sieht darin
einen ausschlaggebenden Punkt, warum der
Trend weg von Kunststoff und hin zu Karton
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geht: „Gegenüber Karton ist Kunststoff mit
einigen Nachteilen behaftet. Er wird nicht
aus einem nachwachsenden Rohstoff hergestellt, außerdem können viele Kunststoffsorten nicht ohne Weiteres vom Verbraucher
unterschieden und fachgerecht entsorgt
werden.“
Verorten wir also einen Konkurrenzkampf
Kunststoff versus Karton im Lebensmittelbereich? Wohin geht der Trend? – Dazu erklärt Horst Bittermann: „Kunststoffe werden
vor allem in Billigsegmenten angewendet.
In höherwertigen Segmenten wird zu Karton gegriffen. Allmählich findet Karton auch
bei Private Labels Einzug, da sich auch hier
die Range der Basic-Produkte um PremiumProdukte erweitert, man denke nur an Chef
Menü der REWE Gruppe oder die PremiumRange bei Spar.“
Das Familienunternehmen Bösmüller betrachtet Kunststoffverpackungen nicht als
direktes Konkurrenzprodukt gegenüber Kartonverpackungen im Lebensmittelbereich,
da beide Verpackungsarten unterschiedliche Zwecke verfolgen. Verpackungsexperten
des ExpertsCluster „Packaging“ von designaustria beobachten unter der Leitung von
ExpertsCluster Manager und Bösmüller-Verpackungsprofi Zoran Surlina seit jeher Entwicklungen und Trends im Verpackungsbereich: „Wir sehen keinen gravierenden Trend
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hin zu leichteren, flexibleren Kunststoffverpackungen. Die Materialien bleiben auch in Zukunft zueinander stabil: Jede Verpackung hat
ihr Produkt.“ Der wesentliche Unterschied zwischen Kunststoff und
Karton liegt neben der Umweltfreundlichkeit, der optimalen Nutzung
und dem einfachen Handling darin, dass Kartonverpackungen als
formgebende Basis für Markenbotschaften dienen und somit bedeutend für den Imagetransfer eines Produktes und letztendlich für
den Unternehmenserfolg sind. „Innovative, exzellente Verpackungslösungen aus Karton steigern das nachhaltige Image e i n e s
Produktes und letztendlich auch die Wertigkeit.
Vor allem in der Lebensmittelbranche trägt
eine ansprechende Verpackung maßgeblich
zur Kaufentscheidung der Konsumenten bei“,
so Doris Wallner-Bösmüller.
Auch bei Sappi Fine Paper Europe weist man
bei der Frage „Kunststoff versus Karton?“
auf die Vorteile von auf Zellstoff basierten
Verpackungsmaterialien hin: So zum Beispiel
die Steifigkeit, die Konsumentenfreundlichkeit
– etwa ein definiertes Aufreißverhalten – die
Bedruckung, Veredelungsmöglichkeiten und
die Formbarkeit. Jedoch auch auf die – teilweise noch bestehenden – Nachteile: „Was Papier
und Karton jedoch fehlt, sind funktionelle
Eigenschaften wie Barriere-Eigenschaften. Innovationen in dieser Richtung können einem Trend
zu leichteren Kunststoffverpackungen entgegen
steuern“, so Kerstin Dietze, Marketing Manager
Speciality Papers. Wie sieht es also mit Lebensmittelsicherheit von Verpackungen aus Papier und
Karton aus?
Grün und sicher?
Obwohl die Problematik von Mineralölgemischen in Lebensmitteln nicht
neu ist – bereits Anfang der 1990er Jahre wurde ihre Existenz in Lebensmitteln nachgewiesen – ist diese Diskussion in den letzten Jahren
wieder neu entflammt. Als Ursache gelten in erster Linie recycelte Verpackungen. Vor allem die lösungsmittelhaltigen Druckfarben aus dem
Altpapier sind für die giftigen Kohlenwasserstoffe verantwortlich. Während des Recycling-Prozesses werden nur etwa 90 Prozent dieser Stoffe ausgewaschen. Der Rest verbleibt im recycelten Material und kann
schon bei Zimmertemperatur in die Lebensmittel gasförmig migrieren
und so auch in den Körper des Menschen übergehen. Vor allem
trockene und fetthaltige Lebensmittel, wie Reis, Nudeln, Cerealien
und Schokoladeprodukte sind betroffen. Bei Sappi Fine Paper Europe kennt man das Problem schon lange und arbeitet kontinuierlich
daran, die Barrierefunktion von Papier- und Kartonverpackungen zu
verbessern. Neueste Entwicklung sind die „Türsteher für Lebensmittelprodukte“, die recycelfähigen Barrierepapiere Algro® Guard M
und Leine® Guard M für Verpackungen aus
Recycling-Fasern. Die darin enthaltenen
Lebensmittel werden durch Innenbeutel,
Tüten und Portionsbeutel aus dem Barrierepapier geschützt. Der Leine® Guard
M für Innenbeutel ist ein MGBK-Papier
(Machine Glazed Bleached Kraft) mit einer
auf der Rückseite aufgebrachten Mineralöl-Barriere. Algro® Guard M wurde für im Tiefdruck veredelte Primärverpackungen wie Tüten, Beutel und
Umhüllungen entwickelt. Es besitzt auf der Oberseite
einen Tiefdruckstrich und auf der Rückseite eine Mineralöl-Barriere zum Schutz des verpackten Lebensmittels.
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Mindestens 15 Monate sind
Lebensmittel damit vor
Migration geschützt
– länger als sie im
Supermarktregal
oder Küchenschrank
schlummern.
„Der Schutz von verpackten Lebensmitteln
vor unerwünschten Substanzen wie Mineralöle, Phtalate, DIPN und Bisphenol-A und somit
die Sicherheit des Konsumenten hat höchste
Priorität“, ist auch Horst Bittermann überzeugt.
Mayr-Melnhof Karton hat daher eine neue Art
von Karton entwickelt, der für höchstmögliche
Sicherheit von Lebensmittel sorgt. Foodboard™ ist eine geschützte Eigenentwicklung und
bedeutet einen Quantensprung im Schutz kartonverpackter Lebensmittel. Ein innovatives,
umweltverträgliches und verbraucherfreundliches Barrierenkonzept bildet die Kernkomponente. Dadurch wird das verpackte Lebensmittel vor unerwünschten Substanzen aus der
Verpackungsumgebung effizient geschützt.
Der große Vorteil von Karton: Bei Kunststoffen gibt es zwar funktionale Barrieren (obwohl
mehr als 80 Prozent der derzeitigen Kunststoffverpackungen keine funktionale Barriere
aufweisen), aber diese lassen keinen Sauerstoff durch und sind daher für viele Lebensmittel nicht zu verwenden. „Foodboard™ ist
ab Ende 2014 im Markt verfügbar“, verspricht
Bittermann.
Bei Metsä Board setzt man hingegen auf
Frischfaserkarton. „Vorausgesetzt, dass Kartonverpackungen aus Frischfaser bestehen,
bieten sie die nötige Reinheit und Sicherheit
für den direkten Lebensmittelkontakt“, meint
Nina Happonen. Metsä Board untersucht die
Migration von Substanzen aus Lebensmittelverpackungen seit Jahren. „Da unser Karton
aus naturreinen Frischfasern hergestellt wird,
eignet er sich zur sicheren Direktverpackung
von Lebensmitteln ohne funktionelle Barriere. Viele Barrierematerialien basieren auf
Kunststoffdispersionen, die sich negativ auf
die Recyclingfähigkeit auswirken. Sie können
den CO2-Fußabdruck, die Kosten und das Abfallaufkommen erhöhen, während die Materialeffizienz sinkt“, so Happonen. Bei Metsä
Board werden ausschließlich Rohstoffe mit
Herkunftsnachweis verwendet, welche die
internationalen Standards für Lebensmittelsicherheit erfüllen. Vom Holz über die Chemikalien bis zur Verpackung – alle Lieferanten sind
akkreditiert.
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Zertifizierungen von Kartons werden für Lebensmittelhersteller und
-händler immer wichtiger. Die entsprechenden Logos zeigen an, dass
ein Unternehmen zukunftsorientiert denkt und
handelt. So etwa: das Österreichische Umweltzeichen als Garant für umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen, das PEFC™-Logo
als Nachweis, dass Produkte aus nachhaltig
bewirtschafteten Wäldern stammen, das Forest Stewardship Council (FSC®)-Logo garantiert Papiere, deren Rohstoff Holz aus nachhaltiger und sozial gerechter Waldbewirtschaftung
stammt, oder das EU Ecolabale, das in allen
Mitgliedsstaaten der Europäischen Union,
aber auch von Norwegen, Liechtenstein und
Island als EU-Umweltzeichen anerkannt wird.
Die richtige Kartonqualität wählen
Hat man sich einmal für Karton als Packstoff
seiner Wahl entschieden, gilt es, die richtige
Kartonqualität zu wählen. Je nach Anwendung
sind bestimmte Sorten besser geeignet als
andere. Die beste Wahl hängt nicht nur von
dem jeweiligen Lebensmittel und der Lebensmittelunbedenklichkeit des Kartons ab beziehungsweise der notwendigen Barriere-Eigenschaften, sondern auch von der Steifigkeit,
die Stapelfähigkeit und Reißfestigkeit, und ob
der Karton auf der Verpackungsanlage „läuft“.
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Neben den technischen Spezifikationen für das Handling spielen Kartonqualitäten auch eine wichtige
Rolle für die Veredelung: für die
gewünschte Druckqualität, das
Druckverfahren, die Eignung für
Spezialeffekte wie Folienlaminierung
oder Heißfolienprägung und, und und. Kerstin
Dietze weiß: „Die Veredelung ist nur so gut,
wie die Oberfläche des Materials es zulässt.“
So hängt etwa die Prägetiefe exakt davon
hab, was das Material hergibt. Kartonagen
im hochwertigen Druck- und Verpackungsbereich müssen eine Fülle von Eigenschaften
aufwarten, um diesen Anforderungen gerecht
zu werden. Die Beschaffenheit der Oberfläche
wirkt sich auf die Bedruck- und Lackierbarkeit,
den Kontrast, den Druckglanz und die Lesbarkeit aus. Die Verpackung soll ja schließlich im
Handel Aufmerksamkeit erregen, Emotionen
beim Konsumenten wecken, die Qualität des
Inhalts kommunizieren und den Bezug zur
Marke herstellen.
Attraktiv für Konsumenten und Verarbeiter
Die Lebensmittelbranche entwickelt sich
dynamisch. Die Rohstoffpreise steigen weltweit an und die Konsumenten verändern ihre
Essgewohnheiten. Auch das ökologische Bewusstsein wächst. Demnach verändern sich
die
Anforderungen,
an Verpackungen. Es gilt die Ansprüche der
Lebensmittelhersteller, des Handels und der
Konsumenten gleichermaßen zu befriedigen.
Zudem hat in den letzten Jahren hat eine
starke Verschiebung des Konsumverhaltens
stattgefunden. Convenience, Singles, To Go,
LOHAS, Slow Food und immer noch Fast
Food sind Lifestyle-Trends, welche zuletzt
die meisten Innovationen in der Lebensmittelverpackung beeinflusst haben und es
auch in nächster Zeit tun werden. Gefragt
sind moderne Verpackungen, die Lebensmittel optimal schützen, Flexibilität bieten,
sich bequem handhaben lassen, ein möglichst gutes ökologisches Profil haben und
die letztendlich rentabel sind, weiß man bei
Bösmüller aus Erfahrung. „Karton ist uns als
Primär- und Sekundärpackmittel für Lebensmittel und Süßwaren so vertraut, dass man
schnell übersieht, welche Fortschritte hier im
Laufe der Jahre gemacht wurden. Leichtgewichtigkeit, Druckeigenschaften, Laufverhalten und Eignung für Spezialeffekte bringen
Kostenersparnisse
und
Leistungsverbesserungen,
von denen vor einem Jahrzehnt noch nicht zu träumen
war“, erzählt Nina Happonen.
Welche Rolle Kartonverpackungen
und ihre Veredelungen am Point of Sale
für das Einkaufserlebnis der Kunden spielen, darauf verweist Kerstin Dietze: „Sehen,
fühlen, hören, riechen: Das sind multisensuale Erlebniswelten, die veredelte Papiere
und Kartone beim Betrachter auslösen. Die
große Bandbreite der Effektveredelungen belegt, dass die Details auf den Verpackungen
den Unterschied ausmachen.“ Dem stimmt
Horst Bittermann zu und sieht Papier und
Karton hier klar im Vorteil: „70 Prozent aller
Kaufentscheidungen werden am POS getroffen, daher ist es umso bedeutender, dass die
Verpackung für sich spricht. Verpackungen
aus Karton werden als hochwertig von Konsumenten beurteilt. Die individuellen Marken- und Produktbotschaften werden durch
exzellente Bedruckung kommuniziert.“ Doris
Wallner-Bösmüller weiß: „Das Produkt selbst
ist der Anfang der Inspiration. Gepaart mit
Wissen, Erfahrung, Know-how entsteht aus
der Gedankenkraft die ideale Form und das
Gesamtkonzept der zu entwickelnden Verpackung.“ Wie das aussehen kann, zeigen
einige Beispiele:
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