Virushepatitis H. Klinker Virushepatitiden gehören zu den weltweit häufigsten Infektionskrankheiten. In Deutschland wird die Prävalenz der chronischen Hepatitis B und C auf zusammen ca. 700.000 – 1.200.000 Erkrankungsfälle geschätzt. In der Folge eines chronischen Verlaufs können eine Leberzirrhose und/oder ein Leberzellkarzinom entstehen. Eine frühzeitige Diagnose und eine adäquate Behandlung sind entscheidend, um das Risiko der Langzeitkomplikationen zu minimieren. Die Unterschiede der einzelnen Hepatitisformen in der Biologie der Erreger, der Transmission, dem klinischen Verlauf, der Prognose, den in letzter Zeit deutlich verbesserten therapeutischen Optionen und den Möglichkeiten der Prävention durch eine aktive Impfung sind beträchtlich. Schlüsselwörter: Virushepatitis A, B, C, D, E, G - Epidemiologie - Prävention Diagnostik - Komplikationen - Therapie - Interferon - Nukleosidanaloga Viral hepatitis is among the most frequent infectious diseases worldwide. For hepatitis B and C together, the prevalence in Germany is estimated around 700.000 – 1.200.000 cases. During the chronic course, liver cirrhosis and/or hepatocellular carcinoma can follow. An early diagnosis on the one hand and an adaequate treatment on the other hand are decisive factors to reduce these long-term complications. The various types of viral hepatitis differ considerably in the infectious agens’ biological nature, the transmission route, the clinical course, the prognosis, the recently improved therapeutic options, and in the possibilities of prevention with active vaccination. Key words: viral hepatitis A, B, C, D, E, G – epidemiology – prevention – diagnostic – complications – therapy – interferon – nucleoside analogues Klinische und laborchemische Charakteristika der Virushepatitiden Die Klinik der akuten Virushepatitis variiert von asymptomatischen bis hin zu lebensbedrohlich fulminanten Verläufen. Treten Symptome auf, so sind dies zunächst uncharakteristische Prodromi wie Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit, Übelkeit oder Gelenkbeschwerden. Zur Einleitung einer spezifischen Diagnostik führen oft erst die Symptome Ikterus, Stuhlentfärbung und Dunkelverfärbung des Urins, die jedoch insbesondere bei einer Hepatitis C-Infektion sehr häufig fehlen. Laborchemische Hauptmerkmale sind die Erhöhung der Transaminasen SGOT und SGPT. In den allermeisten Fällen ist die SGPT stärker erhöht als die SGOT. Cholestatische Verläufe (Cholestaseenzyme GGT und alkalische Phosphatase) finden sich gelegentlich bei der Hepatitis A und E. Nur bei komplizierten Verläufen kommt es zur signifikanten Erniedrigung der Syntheseparameter Albumin, Cholinesterase und Quickwert. Die spezifische Diagnose ergibt sich aus der Konstellation der AK- und ggf. Molekular-Diagnostik (Tabelle 1). Tabelle 1: Das Hepatitis-ABC Hepatitis Erreger Transmission A HAV fäkal-oral Picornaviridae B HBV Klinischer Verlauf akutes, bei älteren Erwachsenen gelegentlich schweres Krankheitsbild, keine Chronifizierung parenteral akutes, gelegentlich schweres Krankheitsbild, Ortho-Hepdna- chronischer Verlauf in 5-10%, lebenslange Virus Persistenz des Virus Hepadnaviridae C HCV parenteral Pestivirus Akute Infektion oft inapparent, in 50-80 % chronischer Verlauf Flaviviridae D HDV parenteral inkomplettes RNA- als Simultaninfektion bei akuter oder als Superinfektion bei chronischer Hepatitis B Virus (Viroid) E HEV fäkal-oral Caliciviridae akutes, oft schweres Krankheitsbild, fulminantes Leberversagen besonders bei Schwangeren, kein chronischer Verlauf - F G HGV/GB-Virus C parenteral Keinerlei Krankheitsbild Differenzialdiagnose In den Fällen, in denen die Serodiagnostik nicht rasch Hinweise auf die Art der Hepatitis ergibt, müssen verschiedene andere Erkrankungen in Erwägung gezogen werden, die als "akute und/oder chronische Hepatitis" verlaufen können. So kann eine Entzündungsreaktion der Leber durch primär nicht hepatotrope, systemische Virusinfektionen im Sinne einer Begleithepatitis hervorgerufen werden (Adenoviren, Coxsackieviren, Epstein-Barr-Virus, Cytomegalievirus, Herpes-simplexVirus, Varizella-Zoster-Virus, Gelbfiebervirus). Toxische Hepatitiden durch Alkohol oder Medikamente zeigen oft eine stärker erhöhte SGOT als SGPT. Wichtig ist die differentialdiagnostische Abgrenzung zur autoimmunen Hepatitis, die sich durch eine Erhöhung der Gammaglobuline (IgG) und den Nachweis von Autoantikörpern (v. a. ANA, ASMA) auszeichnet. Eine zunehmend häufige Ursache für eine Transaminasenerhöhung stellt die Nicht Alkoholische Steatohepatitis (NASH) dar. Die Differentialdiagnose umfasst weiterhin Stoffwechselerkrankungen wie den Morbus Wilson, die Hämochromatose oder den Alpha-1-Antitrypsinmangel, daneben primär cholestatische Erkrankungen wie die primär biliäre Zirrhose oder die primär sklerosierende Cholangitis. Selten finden sich als Ursache für ein hepatitisches Bild eine diffuse Lymphominfiltration oder anderweitige diffuse Metastasierung. Bei entsprechender Anamnese ist darüber hinaus an eine Leptospirose oder auch an tropische Infektionen (z. B. auch Malaria) zu denken. Hepatitis A Die Hepatitis A ist die klassische infektiöse Gelbsucht. Sie wird durch ein Enterovirus hervorgerufen, das fäkal-oral über Schmierinfektionen, Nahrungsmittel (Meeresfrüchte) und Trinkwasser übertragen wird. Nach oraler Aufnahme des Erregers kommt es mit einer Inkubationszeit von 15 bis 50 Tagen zunächst zu einem unspezifischen Prodomalstadium mit Fieber, Gliederschmerzen und häufig Durchfall. In dieser Phase ist die Hepatitis A klinisch von zahlreichen anderen Infektionskrankheiten nicht unterscheidbar. Wenige Tage später wird im typischen Fall eine Gelbfärbung der Skleren, später der gesamten Haut sichtbar, die mit einem teils dramatischen Anstieg der Serumtransaminasen bis hin zu 4-stelligen Bereichen verbunden ist. Mit dem Auftreten des Ikterus (Abbildung 1) geht typischerweise das Fieber zurück, die Patienten fühlen sich dann insgesamt besser. Dies unterscheidet den klinischen Verlauf der Hepatitis A von dem zahlreicher anderer Infektionskrankheiten, bei denen das Auftreten des Ikterus nicht von einem typischen Fieberabfall mit klinischer Besserung begleitet wird (Malaria, Gelbfieber, Leptospirose und viele andere). Abbildung 1: Patient mit deutlichem Sklerenikterus bei Hepatitis A Die Hepatitis A ist eine akute Erkrankung, die nie chronifiziert und eine lebenslange Immunität hinterlässt. Je jünger die Patienten, umso milder die klinischen Verläufe. Patienten im höheren Lebensalter und solche mit einer vorbestehenden Lebererkrankung sind durch eine akute Hepatitis A durchaus vital gefährdet. Letalitätsraten von mehreren Prozent werden in der Literatur angegeben. Eine spezifische Therapie der Hepatitis A ist nicht etabliert. Bettruhe im akuten Stadium, Alkoholkarenz und die Vermeidung hepatotoxischer Medikamente sind die Grundlagen des therapeutischen Managements. Die Hepatitis A ist inzwischen eine überflüssige Krankheit! Auf Grund der hervorragenden Effektivität und äußerst geringen Nebenwirkungsraten der auf dem Markt befindlichen Impfstoffe sollte die Indikation zur Aktivimmunisierung heute sehr großzügig gestellt werden. Bei Reisenden, die vor 1955 geboren sind, oder Personen, die im südlichen oder östlichen Ausland aufgewachsen sind, empfiehlt sich zunächst eine AK-Titerbestimmung, die billiger als die Impfung ist. Im Falle eines positiven Nachweis von anti-HAV besteht eine lebenslange Immunität. Eine aktive Immunisierung ist in so einem Fall unnötig, allerdings auch nicht gefährlich. Nach einmaliger Injektion des Aktivimpfstoffs besteht bereits nach spätestens zehn Tagen ein verlässlicher Schutz, der allerdings nur einige Monate anhält. Aus diesem Grund ist eine Auffrischungsimpfung frühestens nach sechs Monaten, danach (nach derzeitigem Kenntnisstand) alle zehn Jahre indiziert. Hepatitis B Die Hepatitis B ist die früher als Serumhepatitis bezeichnete Infektion, die durch Blut übertragen wird. Global gesehen sind der vertikale (von der Mutter auf ihr Kind, besonders in Asien) und der sexuelle Übertragungsweg (in den USA und Westeuropa) am wichtigsten. Heute ist die nosokomiale Übertragung der Hepatitis B in der westlichen Welt sehr selten geworden (8). Das Restrisiko bei Transfusion von Blutprodukten liegt bei ca. 1:250.000. Zur Serodiagnostik der akuten und chronischen HBV-Infektion stehen eine Reihe von Antigen- und Antikörpernachweisen zur Verfügung (Tabelle 2). Tabelle 2: Diagnostik der Virushepatitis A-E Diagnostik Hepatitis A Anti-HAV Anti-HAV-IgM Hepatitis B HBsAg Anti-HBc HBeAg Anti-HBe Anti-HBs HBV-DNA HBV-Genotyp Hepatitis C Anti-HCV HCV-RNA HCV-Genotyp Interpretation Stattgehabte Infektion mit HAV/Immunität Kürzliche Infektion mit HAV Infektiosität (bei isoliert positivem Anti-HBc Infektiosität auch ohne HBsAg-Nachweis möglich!) Stattgehabte HBV-Infektion Hinweis auf hohe Virusreplikation Hinweis auf eher niedrige Virusreplikation (cave: Infektion mit pre-core-Mutante!) Immunität Empfindlichster Nachweis der aktiven Virusreplikation (→ Infektiosität) Relevanz für das mutmaßliche Ansprechen einer geplanten InterferonTherapie (keine Routine) Stattgehabte HCV-Infektion Aktive Virusreplikation (→ Infektiosität), Quantifizierung mit Relevanz für Art und Dauer einer antiviralen Therapie Relevanz für Art und Dauer einer antiviralen Therapie Hepatitis D Anti-HDV HDV-RNA Hepatitis E Anti-HEV Anti-HEV-IgM Stattgehabte HDV-Infektion Aktive Virusreplikation Stattgehabte Infektion mit HEV Kürzliche Infektion mit HEV Für die Diagnose einer akuten Hepatitis B ist neben dem klinischen Bild und der Transaminasenerhöhung der Nachweis von HBs-Antigen (Surface-Antigen) ausreichend. Daneben sind im Serum HBe-Antigen (envelope-Antigen) und HBcIgM-AK (core-AK) nachweisbar. Der Nachweis von HBe-Antigen zeigt die aktive Virusreplikation an. Mit Abklingen des akuten Krankheitsbildes kommt es innerhalb von zwei bis vier Monaten zur Konversion von HBe-Antigen zu Anti-HBe. HBc-IgGAK persistieren lebenslang und zeigen die stattgehabte Infektion mit dem Wildvirus an (nach Impfung wird ausschließlich Anti-HBs gebildet!). Innerhalb von vier bis sechs Monaten nach Erkrankung wird HBs-Antigen negativ, Anti-HBs dokumentiert die serologische Ausheilung der Hepatitis und ist normalerweise nach sechs bis acht Monaten positiv. Beim chronischen Hepatitis-B-Verlauf persistiert HBs-Antigen, meistens bleibt auch HBe-Antigen als Zeichen der persistierenden Virusreplikation positiv. Klinisch bedeutsam sind bei chronischem Krankheitsverlauf sog. Prae- Core/Coremutationen, die mit einem Verlust von HBe-Antigen einhergehen. Dieser Befund suggeriert ein Sistieren der Virusreplikation, die jedoch oft in diesen Fällen weiterhin vorhanden ist, erkennbar am unverändert positiven Nachweis von HBVDNA im Serum. Molekularbiologische und immunologische Untersuchungen der letzten Jahre sowie Erfahrungen der klinischen Verläufe bei immunsupprimierten Patienten haben unsere Sicht der Hepatitis B verändert. Wir gehen heute davon aus, dass das Virus nach einer erfolgten Infektion nicht mehr vollständig eliminiert werden kann, selbst wenn Zeichen der Virusaktivität bei laborchemischen und histologischen Untersuchungen verschwunden sind. In Zeiten der Immunsuppression können intrazellulär persistierende Viruspartikel reaktiviert werden und der Erkrankung einen neuen Schub verleihen. Daher sollten asymptomatische „HBsAg-Träger“ im Falle einer notwendigen immunsuppressiven Therapie in Bezug auf eine HBV-Reaktivierung engmaschig kontrolliert werden, denkbar ist eine Reaktivierung auch bei Patienten, die isoliert Anti-HBc positiv sind und sogar in seltenen Fällen bei Anti-HBs-Nachweis. Die Inkubationszeit der B-Hepatitis ist mit zwei bis sechs Monaten lang, die klinische Krankheitsphase dauert bei normalem Verlauf ca. drei bis sechs Wochen. Bei Erwachsenen heilt die Hepatitis B in 90-95% der Fälle aus, bei Neugeborenen und Kindern geht der HBV-Infekt dagegen in ca. 90% in einen HBV-Trägerstatus über. Die chronisch aktive Hepatitis prädisponiert zur Leberzirrhose und zum hepatozellulären Karzinom. In großen Kohortenstudien konnte gezeigt werden, dass die Hepatitis B-Viruslast für den langfristigen Verlauf von entscheidender Bedeutung ist (1, 9). Die Therapie der akuten Hepatitis B erfolgt symptomatisch. Bei fulminaten Verläufen sollte eine antivirale Therapie mit Lamivudin erwogen und frühzeitige Verlegung des Patienten in ein Transplantationszentrum angestrebt werden. Die therapeutischen Möglichkeiten zur Behandlung einer chronischen Hepatitis B (Verlauf > 6 Monate) haben sich in den vergangenen Jahren erheblich erweitert. Eine Behandlungsindikation besteht nach den aktuellen Konsensusempfehlungen (3) bei Patienten mit signifikanter Virämie (HBV-DNA ≥ 104 Kopien/ml entsprechend ≥ 2 x 103 IU/ml), erhöhten Leberwerten (GPT ≥ 2 x ULN/= oberer Normwert) oder histologisch mehr als minimaler Entzündungsaktivität/geringer Fibrose. In Deutschland sind für die Behandlung der chronischen Hepatitis B Interferon-α, Lamivudin, Adefovir, Entecavir und Telbivudin zugelassen. Verfügbar und Hepatitis B-wirksam, jedoch nicht für diese Indikation zugelassen, sind darüber hinaus Emtricitabin (HIV-Therapie) und Tenofovir (HIV-Therapie). Die einzelnen Präparate und ihre Dosierungen sind Tabelle 3 zu entnehmen. Tabelle 3: Behandlung der chronischen Hepatitis B (Stand 1.6.2007) Medikamente, die zur Zugelassene Dosierung Behandlung der chronischen Hepatitis B zugelassen sind Alfa-Interferone Pegyliertes Interferon alfa-2a 180 µg 1 x wöchentlich für 48 Wochen (Pegasys®) Interferon alfa-2a (Roferon®) 2,5-5 Mio. IU pro m2 Körperoberfläche 3 x wöchentlich für 4-6 Monate Interferon alfa 2b (Intron A®) 5-10 Mio. IU 3 x wöchentlich für 4-6 Monate Nukleosidanaloga Lamivudin (Zeffix®) 100 mg 1 x täglich Entecavir (Baraclude®) 0,5 mg 1 x täglich, 1,0 mg bei Patienten mit Lamivudin-Resistenz Telbivudin (Sebivo®) 600 mg 1 x täglich Nukleotidanaloga Adefovir dipivoxil (Hepsera®) 10 mg 1 x täglich Durch eine Interferon-α-Therapie kann eine Transaminasen-Normalisierung und Serokonversion von HBeAg zu Anti-HBe bei ca. 25-40% der Patienten erzielt werden, eine Konversion von HBsAg zu Anti-HBs bei ca. 5-10%. Patienten mit einer Prae-Core-Mutanten-Infektion sprechen deutlich schlechter an. Als günstige Faktoren für ein Therapieansprechen wurden ein HBV-Genotyp A, eine niedrige Viruslast (< 106 Kopien/ml bzw. < 2 x 105 IU/ml) sowie mindestens 2-fach erhöhte Transaminasen identifiziert. Die Behandlung mit Nukleosid-/Nukleotidanaloga führt nach einjähriger Therapie zu einer HBeAg-Serokonversionsrate von 15-25%, eine längere Therapiedauer erhöht diese Serokonversionsrate noch beträchtlich. Bei primär HBeAg-negativer, chronisch aktiver Hepatitis B sind Nukleosid-/Nukleotidanaloga im Gegensatz zu Interferon-α ebenfalls gut wirksam. Eine feste Behandlungsdauer ist in dieser Situation derzeit nicht zu definieren. Vieles spricht dafür, eine solche Therapie als virustatische Dauersuppressionstherapie, wie bei der HIV-Infektion, durchzuführen. Bei langfristigem Einsatz ist mit dem Auftreten von HBV-Mutationen im Polymerase-Gen zu rechnen. Nach den bisherigen Daten ist das Risiko hierfür bei Lamivudin am größten, bei Entecavir am geringsten (2). Um die Selektion resistenter Virusvarianten zu vermeiden, sollten Kontrollen der HBV-DNA und der GPT initial nach 4-6 Wochen und anschließend alle 3-6 Monate erfolgen. Bei Nichtansprechen, welches durch eine persistierende Viruslast nach 6 Monaten von > 103 Kopien/ml bzw.200 IU/ml definiert werden kann, sollte die Therapie modifiziert werden. Bei einem sekundären Therapieversagen infolge Resistenzentwicklung (Anstieg der HBV-DNA um > 1-log-Stufe über den Nadir) ist ebenfalls eine Therapieanpassung unter Berücksichtigung der Resistenzprofile der einzelnen Substanzen vorzunehmen. Dabei bietet sich auch die zusätzliche Gabe eines zweiten Präparates („add-on“-Therapie) an (11). Nach Beendigung einer Nukleosid-/Nukleotidanaloga-Therapie kann es zur Reaktivierung der Hepatitis kommen, weshalb engmaschige Kontrollen notwendig sind. Auch die Hepatitis B ist eine impfpräventable Erkrankung! Seit 1995 ist in Deutschland die aktive Hepatitis B-Impfung auch in den allgemeinen Impfkalender für Kinder und Jugendliche aufgenommen. Bei Erwachsenen sollte die Indikation für eine Impfung großzügig gestellt werden. Aufgrund der hohen Infektiosität des Hepatitis B-Virus (10 x mehr als HCV, 100 x mehr als HIV) besteht ein konkretes Infektionsrisiko selbst bei Bagatellereignissen wie Nassrasur mit ungereinigten Messern, Tätowierungen, Piercing und vielen Verrichtungen im Alltag. Die allgemeine Beratung vor einer Fernreise bietet sich deshalb als Gelegenheit an, dem Reisenden einen aktiven Schutz vor der Hepatitis B anzubieten. Um eine wirksame Protektion der Hepatitis B zu erreichen, sind zwei Impfungen im Abstand von mindestens vier Wochen notwendig. Eine dritte Impfung erfolgt nach frühestens sechs Monaten. Dieses Impfschema wird auch zugrunde gelegt, wenn man sich für den kombinierten Hepatitis A/B-Impfstoff entscheidet. Hepatitis C Nach Schätzungen der WHO haben weltweit rund 170 Millionen Menschen, 3 % der Weltbevölkerung, Kontakt mit dem HCV gehabt. Mindestens 130 Millionen gelten als chronisch infiziert. In Deutschland leben schätzungsweise 500 000 chronisch HCVInfizierte. Das Hepatitis C-Virus wird parenteral übertragen. Die meisten Infektionen sind auf intravenösen Drogenabusus sowie Dialyse-Behandlung und die Transfusion von Blutprodukten vor 1990 zurückzuführen. Das Restrisiko einer Neuinfektion über Blutprodukte ist heute sehr gering (1:4.500.000 nach Einführung der HCV-PCR aller Blutspender). Ein sehr geringes Risiko besteht weiterhin bei Sexualkontakten mit HCV-Infizierten sowie für den perinatalen Übertragungsweg (sofern nicht gleichzeitig eine HIV-Infektion vorliegt). Nach der gebräuchlichen Klassifikation werden sechs Genotypen (1a/b, 2 a/b, 3, 4, 5 und 6) unterschieden. In Europa kommt am häufigsten Genotyp 1 vor, welcher ca. die Hälfte bis zwei Drittel der HCV-Infektionen ausmacht. Das Vorliegen eines bestimmten HCV-Genotypes hat eine prognostische Relevanz bezüglich der Interferontherapie. Eine HCV-Infektion wird diagnostiziert durch den Nachweis von Hepatitis C- Antikörpern. Positive HCV-Antikörper lassen allerdings keine Schlußfolgerungen zu, ob es sich um eine akut oder chronisch aktive oder um eine inaktive, abgelaufene Infektion handelt. Die einzige Möglichkeit des Nachweises einer bestehenden Virämie besteht im HCV-RNA-Nachweis im Serum mittels PCR-Amplifikation. Die Inkubationszeit der Hepatitis C beträgt drei bis zwölf Wochen. In der Regel entwickelt sich eine klinisch inapparente Hepatitis, so dass akute Infektionen nur selten diagnostiziert werden. In einem Prozentsatz zwischen 50 und 80% nimmt die Hepatitis-C-Infektion einen chronischen Verlauf. Charakteristisch ist, dass die Transaminasen erheblich schwanken, zeitweise auch völlig normal sein können, nur sehr selten ein Ikterus auftritt und die Erkrankung zunächst symptomarm verläuft. Dennoch ist bei vielen Patienten der Verlauf langsam progredient mit einem erheblichen Leberzirrhoserisiko (nach einer Laufzeit von 10-25 Jahren bei 25-40%). Die Entzündungsaktivität und vor allem der für den Progress der Erkrankung entscheidende Fibrosegrad ist am zuverlässigsten nach wie vor histologisch zu beurteilen (Abb 2 und 3). Regelmäßiger, auch moderater Alkoholkonsum beschleunigt die Progression zur Zirrhose. Weiterhin besteht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms. Abbildung 2: Chronisch aktive Hepatitis C (Histologie, HE-Färbung): Periportales Feld mit deutlicher chronischer Entzündung in der Grenzlamelle und Mottenfraßnekrosen (1), "aktives Septum" mit Fibrose und deutlicher chronischer Entzündung (2), das sich in Richtung Zentralvene (3) ausbreitet (Beginn des zirrhotischen Läppchenumbaues) Abbildung 3: Chronisch aktive Hepatitis C mit hepatocellulärem Carcinom/HCC (Histologie, HE-Färbung): Pseudolobulus, mit deutlicher chronischer Entzündung in der Grenzlamelle (1), HCC G2 (2) Wegen der hohen Chronifizierungsrate im Gegensatz zur akuten Hepatitis B ist bei akuter C-Hepatitis eine antivirale Behandlung in Erwägung zu ziehen, zumal gezeigt werden konnte, dass bereits durch eine Mono-Therapie mit Interferon-α ein chronischer Hepatitis-Verlauf in weit über 90% verhindert werden kann (10). Diese Therapie sollte vorzugsweise in Studien erfolgen. Primäres Ziel einer antiviralen Therapie einer chronischen Hepatitis C ist heute die Ausheilung der Hepatitis mit dauerhafter HCV-Elimination, um die weitere Krankheitsprogression zu verhindern. Die Standardtherapie der chronischen Hepatitis C beinhaltet die Gabe von pegyliertem Interferon-α-2a oder -2b in Kombination mit Ribavirin. Patienten mit einer HCV-Genotyp 1-Infektion werden üblicherweise 48 Wochen, Patienten mit einer HCV-Genotyp 2-oder 3-Infektion 24 Wochen behandelt. Ein dauerhaftes virologisches Ansprechen, welches einer langfristigen klinischen Ausheilung der Erkrankung gleichkommt (4), kann bei der HCV-Genotyp 1-Infektion in 42-52%, bei der HCV-Genotyp 2/3-Infektion in 76-84% erzielt werden (6, 12). Eine hohe prädiktive Bedeutung hat der initiale Abfall der Hepatitis C-Viruslast. Sinkt diese nach 12-wöchiger Therapie einer HCV-Genotyp 1-Infektion nicht mindestens um 2 log-Stufen gegenüber dem Wert vor Therapie ab, liegt die Wahrscheinlichkeit eines definitiven Nicht-Ansprechens bei 97-100% (5). Deshalb wird empfohlen, bei Nicht-Erreichen dieses Viruslast-Abfalls die Therapie abzubrechen. Neuere Studien haben gezeigt, dass bei niedriger Ausgangs-Viruslast (< 600.000800.000 IU/ml) und Negativierung der HCV-RNA bereits in Woche 4 die Behandlung auch beim Genotyp 1 auf 24 Wochen beschränkt werden kann (16). Auch die Therapie bei HCV-Genotyp 2/3-Infektion wird entsprechend des initialen Viruslast-Abfalls zunehmend individualisiert und kann bei vielen Patienten ohne Reduktion der Erfolgsrate verkürzt werden. Gerade für Patienten mit milder chronischer Hepatitis C (Genotyp 2/3 und auch Genotyp 1) ist eine antivirale Therapie in hohem Maße kosteneffektiv (7), sodass auch in dieser Hinsicht eine frühe Diagnosestellung von großer Bedeutung ist. Patienten mit HCV-HIV-Koinfektion haben ein besonderes Risiko für eine rasche Krankheitsprogression der Hepatitis C mit Entwicklung einer Leberzirrhose. Diesen Patienten sollte deshalb frühzeitig eine Therapie angeboten werden. Hepatitis D Die Hepatitis D-Infektion ist an die Anwesenheit des Hepatitis B-Virus gekoppelt, dessen Hülle das HDV für seine Replikation benötigt. Der Infektionsmodus ist parenteral und erfolgt als Simultan- oder Superinfektion einer Hepatitis B. In Deutschland trat die Hepatitis D bisher sehr selten und fast ausschließlich bei drogenabhängigen Patienten auf. Die chronische HDV-Infektion ist mit einem besonders hohen Leberzirrhose-Risiko (30-60% der Patienten!) vergesellschaftet. Eine Therapie mit Interferon-α ist möglich, wegen nur sehr geringer Ansprechraten jedoch nicht etabliert. Hepatitis E Die Hepatitis E ist ebenfalls eine fäkal-oral übertragene virale Hepatitis, die erst seit 1980 als Ursache der enterischen „Non A non B-Hepatitis“ identifiziert wurde (15). Die Erkrankung ist in zahlreichen Ländern der Tropen und Subtropen bei Mensch und Tier relativ weit verbreitet, wenngleich unsere Kenntnisse zur genauen Epidemiologie der Erkrankung noch sehr lückenhaft sind. Als importierte Infektion und sehr selten auch als autochthon erworbene Erkrankung wird die Hepatitis E immer wieder, vielleicht sogar viel zu wenig diagnostiziert (14). Die Hepatitis E verläuft meist als unspezifische Allgemeinerkrankung, kann aber auch mit einer schweren Leberfunktionsstörung einhergehen, bei Schwangeren sogar als fulminante Hepatitis mit einer Letalität von 20 %. Wie bei der Hepatitis A ist auch hier ein chronischer Verlauf nicht beschrieben. Vor kurzer Zeit wurde eine rekombinante Hepatitis E Vakzine erfolgreich an einer Hochrisiko-Population getestet (13), für den Routineeinsatz steht diese aktive Impfung allerdings noch nicht zur Verfügung. Hepatitis G/GB Virus C In den Jahren 1995 und 1996 wurde unabhängig voneinander in zwei Laboratorien ein neues, dem Hepatitis C-Virus ähnliches, zur Gruppe der Flaviviridae gehörendes Virus entdeckt. Die Nomenklatur dieses Virus ist bis heute nicht einheitlich: gebräuchlich sind die Bezeichnungen GB-Virus C (GB sind die Initialen des ersten Patienten, in dessen Serum das Virus nachgewiesen werden konnte), Hepatitis GVirus (HGV) sowie GBV-C/HGV. Das GBV-C-Virus ist offensichtlich weit verbreitet. Für die USA wurden Prävalenzraten von 1-7%, für Westeuropa 1-10% angegeben. Die Übertragung des Virus erfolgt parenteral über Blut bzw. Blutkontakte und ist damit identisch mit der Übertragung von HBV, HCV und HIV. Nachdem man zunächst angenommen hatte, dass GBV-C für einen Großteil von Non A-E Hepatitiden verantwortlich sein könnte, ergaben vielfältige Untersuchungen bis heute keinen sicheren Anhalt dafür, dass das Virus Krankheiten verursachen kann. Insbesondere konnte kein Zusammenhang mit akuten und/oder chronischen Hepatitiden gefunden werden. Es wurden lediglich anhaltende Virämien beobachtet. Danksagung: Für die Überlassung der Abbildungen 2 und 3 bedanke ich mich herzlich bei Prof. Dr. Justus Müller vom Pathologischen Institut der Universität Würzburg Literatur 1. Chen CJ, Yang HI, Su J, Jen CL, You SL, Lu SN, Huang GT, Iloeje UH; REVEAL-HBV Study Group. Risk of hepatocellular carcinoma across a biological gradient of serum hepatitis B virus DNA level. JAMA (2006) 295: 65-73 2. 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