66 KAPITEL 4. ELEMENTARE ANREGUNGEN 4.2 Beispiele 4.2.1 Phononen Im vergangenen Kapitel haben wir so getan, als könnte man die Gitterschwingungen einfach im Rahmen der klassischen Mechanik behandeln. Die Analogie mit den Schwingungen einer Kette, welche aus Massen besteht, die durch Federkräfte aneinander gekoppelt sind, geht auch sehr weit. Der Grund dafür ist, dass die klassische und die quantenmechanische Beschreibung des harmonischen Oszillators weitgehend identisch sind. Wir wollen nun das quantenmechanische Ergebnis für den harmonischen Oszillator auf Gitterschwingungen (Phononen) verallgemeinern. Die Energie einer Schwingungsmode eines harmonischen Oszillators mit dem Wellenvektor ~k ist gegeben durch 1 , (4.28) ~ω~k n + 2 wobei n ≥ 0 eine ganze Zahl ist. Wenden wir dieses Resultat auf Phononen an, so würde beispielsweise für n = 1 ein einzelnes Phonon mit dem Wellenvektor ~k angeregt. Da jedoch eine beliebige Anzahl von Phononen n einen Zustand mit dem Wellenvektor ~k besetzen können, müssen wir die Thermodynamik der Phononen mit der Bose-Statistik berechnen. Es ist nicht überraschend, dass für hohe Temperaturen die klassische und die quantenmechanische Behandlung identische Ergebnisse liefern (z.B. für die spezifische Wärme). Bei niedrigen Temperaturen jedoch sind die Unterschiede dramatisch und rechtfertigen daher die quantenmechanische Behandlung, was wir auch gleich in zweiter Quantisierung tun werden. Berachten wir zur Einstimmung den harmonischen Oszillator in zweiter Quantisierung, dessen Hamiltonoperator gegeben ist durch H= P2 1 + Mω 2 R2 2M 2 . Man definiert nun sogenannte Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren r r Mω 1 a† = R−i P 2~ 2~Mω und r (4.29) (4.30) r Mω 1 a= R+i P . (4.31) 2~ 2~Mω Lässt man den Erzeugungsoperator a† auf den Grundzustand wirken, so erhöht sich der Quantenzustand um 1, man erzeugt also einen angeregten Zustand. Umgekehrt wirkt der Vernichtungsoperator a, der bei jeder Anwendung den Oszillatorzustand auf der Leiter der angeregten Zustände um 1 erniedrigt. Man bezeichnet solche Operatoren auch als Leiteroperatoren. Die ursprünglichen Orts- und Impulsoperatoren werden in zweiter Quantisierung zu r 2~ 1 a + a† (4.32) R= 2 Mω 67 4.2. BEISPIELE und i√ . (4.33) 2~ωM a − a† 2 Drückt man nun den Hamiltonoperator durch die Erzeuger und Vernichter aus und berücksichtigt die Bosonen-Kommutatorregel [a, a† ] = aa† − a† a = 1, so lässt sich leicht nachrechnen, dass man folgenden Ausdruck erhält 1 † H = ~ω a a + (4.34) 2 1 = ~ω n + , (4.35) 2 P =− wobei n = a† a der Teilchenzahloperator ist, welcher die Anzahl der Phononen angibt, die einen Zustand besetzen. Wir wenden nun unsere Ergebnisse für den harmonischen Oszillator auf das Problem der Bewegung von Atomen in einem Festkörper an. Wir schreiben den entsprechenden Hamiltonoperator als X P2 1X l H= (4.36) ul Φll′ ul′ , + 2M 2 ll′ l ~ l und wobei die Operatoren ul und ul′ die Ortsänderung (Ablage) vom jeweiligen Gitterplatz R ~ Rl′ beschreiben. Man koppelt daher die Bewegungen der Atome an zwei Gitterplätzen über das Potenzial Φll′ (solange man die harmonische Näherung nicht verlässt, ist Φll′ durch die dynamische Matrix des Gitters gegeben). Analog zu Glg. (4.30) und (4.31) definiert man wieder Erzeugungs und Vernichtungsoperatoren, die das Eigenwertspektrum der Gitterschwingungen liefern, wobei man gleich auf die fouriertransformierten Größen übergeht und den Index ν für die Polarisationsrichtung (transversal, longitudinal) einführt "r s # N X Mω 1 1 ~kν ~l χ exp i~k R ~ ~kν a~†kν = √ ul − i Pl (4.37) 2~ 2~Mω~kν N l=1 und a~kν N 1 X ~ ~ √ exp −ik Rl χ ~ ~∗kν = N l=1 "r s # Mω~kν 1 Pl ul + i 2~ 2~Mω~kν . (4.38) In Glg. (4.37) und (4.38) haben wir die Einheitsvektoren χ ~ ~kν der einzelnen Moden eingeführt. Im Prinzip können diese beliebig gewählt werden, eine sinnvolle Wahl ist es jedoch dafür die Eigenvektoren der dynamischen Matrix Φll′ zu verwenden, welche dann paarweise orthogonal sind. Es ist wieder relativ einfach, die Operatoren ul und Pl auszudrücken i 1 Xh † ~ ~ ~ ~ √ u~kν exp ik Rl + u~kν exp −ik Rl (4.39) ul = N ~ kν s ~ mit u~kν = χ ~ ~ a~ (4.40) 2Mω~kν kν kν 68 KAPITEL 4. ELEMENTARE ANREGUNGEN und i 1 Xh ~l ~ l + P † exp −i~k R (4.41) P~kν exp i~k R Pl = √ ~kν N ~ kν r ~ω~kν M mit P~kν = χ ~ ~kν a~kν . (4.42) 2 Mit Hilfe der Kommutatorregel für den Orts- und Impulsoperator [Rl , Pl ] = Rl Pl −Pl Rl = i~ lässt sich schnell der Kommutator für die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren berechnen h i † a~kν , a~kν = 1 , (4.43) was die Kommutatorregel für Bosonen-Operatoren ist. Da die dynamische Matrix symme trisch bezüglich Auslenkungen mit Wellenvektor ~k und −~k ist, folgt Φ ~k = Φ −~k und daraus ω~kν = ω−~kν . (4.44) Damit lassen sich die beiden Terme im Hamiltonoperator Glg. (4.36) mittels der Erzeuger und Vernichter ausdrücken h i † † X ~ω~ X P2 a a + a a ~kν ~ ~kν ~kν kν l kν h i = (4.45) 2M 4 − a~ a~ χ ~~ χ ~ ~ + a† a† χ ~∗ χ ~∗ l ~kν kν kν kν −kν ~kν ~kν ~kν −~kν und X1 ll′ 2 ul Φll′ ul′ = X ~ω~ kν ~kν 4 h i a~kν a~†kν + a~†kν a~kν h i † † ∗ ∗ + a~ a~ χ ~ χ ~ + a a χ ~ χ ~ ~kν ~kν ~kν −~kν kν kν ~kν −~kν . (4.46) Um zu Glg. (4.45) und (4.46) zu gelangen, haben wir die Eigenschaften der dynamischen Matrix und damit auch ihrer Eigenvektoren ausgenützt. Diese sind im Detail χ ~ ~∗kν χ ~ ~kν ′ = δνν ′ und χ ~ ~kν χ ~ −~kν ′ = δνν ′ . Damit kann man den Hamiltonoperator in Glg. (4.36) schreiben als i X ~ω~ h kν a~kν a~†kν + a~†kν a~kν H = 2 ~kν X 1 † (4.47) = ~ω~kν a~kν a~kν + 2 ~kν X 1 . (4.48) = ~ωi ni + 2 i Für ein Gitter mit einer Basis aus mehreren Atomen müssen wir unsere Ausdrücke noch um einen weiteren Index für die einzelnen Zweige der Phononen erweitern. Um die Darstellung jedoch einfacher zu machen, haben wir in Glg. (4.48) die einzelnen Indizes für den Wellenvektor ~k, die Polarisation ν und evtl. für die Phononenzweige in einem Index i zusammengefasst. Man sieht sehr schön die Analogie zum harmonischen Oszillator. 69 4.2. BEISPIELE 4.2.2 Magnonen Bereits 1926 schlug Werner Heisenberg (Z. Phys. 38 441 (1926)) ein Modell vor, mit dem er magnetische Ordnung beschrieb. Die Idee war dabei, dass Spins an benachbarten Gitteplätzen durch eine Wechselwirkung gekoppelt werden. Diese Kopplung führt jedoch nicht nur zu magnetische Ordnung bei T = 0 K, sondern erlaubt auch kollektive Anregungen des gesamten Spinsystems, die man als Magnonen bezeichnet. Da das Heisenbergmodell eine paarweise Wechselwirkung annimmt, geht es über ältere Modelle hinaus, bei denen die Wechselwirkung einem inneren magnetischen Feld, dem Molekularfeld, zugeschrieben wurde. Das Heisenbergmodell ist daher auch kein Mean-field -Modell. In seiner einfachsten Form schreibt man den Heisenbergoperator als X X ~l S ~l+δ − gj µB Hext H = −Ih S Szl . (4.49) lδ l Man nimmt an, dass die Spins dabei auf den Gitterplätzen l sitzen. δ ist dann jener Vektor, der zu den nächsten Nachbarn weist. Ih ist das Austauschintegral welches die Wechselwirkung beschreibt. Es wird für ferromagnetische Ordnung als positiv und für antiferromagnetische Ordnung als negativ definiert. Hext ist ein externes Feld, welches in z-Richtung weist und damit eine Quantisierungsachse festlegt. Dieses Feld ist > 0, sodass bei T = 0 K alle Spins parallel zu diesem Feld stehen und einen Grundzustand bilden, der durch den Zustandsvektor |0i gegeben ist. Im Folgenden wird ~ = 1 gesetzt. Für ein Ensemble von N Atomen mit Spin S ist der Grunzustandsvektor in der |S, MS i Basis durch |0i ≡ |NS, NSi gegeben. Weiters gilt X ~l , S (4.50) S 2 |0i = NS(NS + 1) |0i mit S = l Sz |0i = NS |0i with Sz = X Szl (4.51) . l Wir werden nun zeigen, dass der Heisenberg-Hamiltonoperator kollektive Anregungen des gesamten Spinsystems beschreibt. Diese Anregungen werden als Spinwellen oder Magnonen bezeichnet und stellen Quasiteilchen dar. Magnonen-Operatoren Der Übergang von den Komponenten des Spin-Vektor-Operators zu den Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren wurde 1940 von Holstein und Primakoff (Phys. Rev. 58 1908 (1940)) vorgeschlagen. Da das Magnon als Paar anti-paralleler Spins gesehen werden kann, die durch das Gitter wandern, gilt auch für Magnonen die Bose-Statistik. Für die Komponenten des Spin-Vektor-Operators gilt die Kommutatorbeziehung [Sx , Sy ] = iSz (und zyklische Permutationen). Man definiert ein Set neuer Operatoren gemäß S + = Sx + iSy , S − = Sx − iSy , η = S − Sz , (4.52) wobei η die Differenz zwischen dem Gesamtspin und seiner z Komponente ist. η wird sich später auch als Ordnungsparameter für die Anregungen erweisen, da die Energiedifferenz 70 KAPITEL 4. ELEMENTARE ANREGUNGEN η |S, MS i genau jene Energie darstellt, die durch das entsprechende Magnon absorbiert wird. Der Eigenwert von η sei n und die entsprechende Eigenfunktion ψn . Die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren sind somit definiert als √ √ a+ ψn = n + 1ψn+1 , aψn = nψn−1 , (4.53) mit der Bosonen-Kommutatorregel und der Eigenschaft a, a+ = 1 (4.54) hψn | a+ a |ψn i = n . (4.55) Wendet man nun die Operatoren S + und S − auf den Grundzustand an, so findet man p (S − MS ) (S + MS + 1) |S, MS + 1i , (4.56) S + |S, MS i = p − (S + MS ) (S − MS + 1) |S, MS − 1i , (4.57) S |S, MS i = oder, ausgedrückt mit der Wellenfunktion ψn , p S + ψn = (S − MS ) (S + MS + 1)ψn−1 p − S ψn = (S + MS ) (S − MS + 1)ψn+1 , , sodass man S + , S − und η mit Hilfe der a, a+ formulieren kann 12 1 + a al al , = 2S 1 − 2S l 12 √ 1 + − Sl = , a al a+ 2S 1 − l 2S l η = a+ , Szl = Sl − a+ . l al l al Sl+ √ (4.58) Der nächste Schritt ist, unsere Realraumoperatoren S + , S − , η und a+ l , al mittels einer Fouriertransformation in die im reziproken Raum definierten Magnonen-Operatoren bk , b+ k überzuführen. 1 X 1 X + ~ ~ bk ≡ √ exp ik~xl al , bk ≡ √ exp −ik~xl a+ , (4.59) l N l N l 1 X 1 X ~k~xl b+ , √ exp −i~k~xl bk , a+ exp i ≡ (4.60) al ≡ √ l k N k N k + + wobei wieder die Bosonen-Kommutatorregeln bk1 , b+ k2 = δk1 ,k2 and [bk1 , bk2 ] = bk1 , bk2 = 0 ~ gelten. Der Operator b+ k erzeugt ein Magnon mit dem Wellenvektor k, während bk ein Magnon vernichtet. Die erlaubten Werte für ~k sind durch periodische Randbedingungen bestimmt. Betrachtet man die Rücktransformation (4.60), so erkennt man, dass die Änderung eines individuellen Zustandes am Gitterplatz l (z.B. ein Spin-flip) durch eine Superposition einer 71 4.2. BEISPIELE unendlichen Anzahl von Spinwellen beschrieben wird, die am Gitterplatz l konstruktiv zu eben diesem veränderten Zustand interferieren. Um nun die Spin-Operatoren in den Magnonen-Operatoren darzustellen, beschränkt man sich auf Zustände √ mit niedrigen Anregungsenergien, sodass man den Wurzelausdruck in Glg. (4.58) nach 1 − ξ ≃ 1− ξ2 +. . . entwickeln kann. Dies setzt voraus, dass die Anregungen, welche durch a+ l al beschrieben werden, klein gegen den Gesamtspin 2S bleiben. Man findet " r 2S X + ~ exp −ik~xl bk Sl = N k # X 1 exp i~xl ~k1 − ~k2 − ~k3 b+ − k1 bk2 bk3 + . . . , 4SN k k k 1 2 3 " r X 2S exp i~k~xl b+ Sl− = k N k # 1 X + − exp i~xl ~k1 + ~k2 − ~k3 b+ k1 bk2 bk3 + . . . , 4SN k1 k2 k3 1 X Szl = S − exp i~xl ~k1 − ~k2 b+ , k1 bk2 Nkk 1 2 1 X Sz = NS − exp i~xl ~k1 − ~k2 b+ (4.61) k1 bk2 N lk k 1 2 X X δk1 k2 b+ b = NS − b+ = NS − , k1 k2 k bk k k1 k2 wobei Sz wieder der Operator für den Gesamtspin aus Glg. (4.51) ist. Aus Glg. (4.61) für Sz erkennt man, dass b+ k bk ähnlich wie bei den Phononen als Besetzungszahloperator für einen Magnonen-Zustand ~k gesehen werden kann, wobei die Eigenwerte von b+ k bk wieder ganze Zahlen sind. Der Heisenberg-Hamiltonoperator in Magnonen-Variablen Um den Heisenberg-Hamiltonoperator (Glg. (4.49)) in Magnonen-Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren darzustellen, schreiben wir ihn wie folgt um X X 1 + − − + Szl . Sl Sl+δ + Sl Sl+δ − gj µB Hext Szl Sz(l+δ) + H = −Ih 2 l lδ (4.62) Die vier Terme, die in Glg. (4.62) auftreten, ergeben P (1) −Ih Szl Sz(l+δ) lδ = −Ih X jδ " S X i~xl (~k1 −~k2 ) + S X i~xl+δ (~k1 −~k2 ) + e bk1 bk2 − e bk1 bk2 S2 − Nkk Nkk 1 2 1 2 # 72 KAPITEL 4. ELEMENTARE ANREGUNGEN − (2) − I2h P lδ X X 1 ~ ~ ~ ~ + ei~xl(k1 −k2 )+i~xl+δ (k3 −k4 ) b+ I h k1 bk2 bk3 bk4 2 N lδ k k k k 1 2 3 4 − Sl+ Sl+δ (" # X X X Ih S 1 ~ ~ ~ ~ = − e−i~xl k1 bk1 − ei~xl (k1 −k2 −k3 ) b+ k1 bk2 bk3 N 4SN lδ k1 k1 k2 k3 #) " X X 1 ~ ~ ~ ~ + ei~xl+δ (k1 +k2 −k3 ) b+ × ei~xl+δ k1 b+ k1 − k1 bk2 bk3 4SN k k k k 1 2 3 1 (3) − I2h P lδ (4.63) , (4.64) + Sl− Sl+δ (" # X X X 1 Ih S ~ ~ ~ ~ + ei~xlk1 b+ = − ei~xl(k1 +k2 −k3 ) b+ k1 − k1 bk2 bk3 N jδ 4SN k k k k1 1 2 3 #) " X X 1 ~ ~ ~ ~ , ei~xl+δ (k1 −k2 −k3 ) b+ × e−i~xl+δ k1 bk1 − k1 bk2 bk3 4SN k k k k 1 2 3 1 (4) −gj µB Hext P (4.65) Szl l = gj µB Hext X 1 X exp i~xl ~k1 − ~k2 b+ b − g µ H Szl j B ext k1 k2 N lk k l . (4.66) 1 2 Nun separiert man den Hamiltonoperator in drei Teile H = H1 + H2 + const., wobei H1 nur solche Beiträge enthält, die höchstens bilinear in den Magnonen-Operatoren sind, H2 alle Terme höherer Ordnung (4. und 6. Ordnung) und const. die konstanten Faktoren. Um die konstanten Terme zu berechnen, führt man die Summationen über l und δ durch, wobei man eine Anzahl z nächster Nachbarn annimmt. Dies ergibt H = H1 + H2 − Ih NS 2 z − gj µB Hext NS | {z } | {z } aus (1) (4.67) . aus (4) Die bilinearen Terme fasst man zusammen zu Ih S X −i~xl (~k1 −~k2 ) i~k2~δ i~ xl (~k1 −~k2 ) −i~k2~ e e bk1 b+ e δ b+ H1 = − k2 + e k1 bk2 N lδk k | {z } | {z } 1 2 aus (2) ~ aus (3) ~ ~ ~ bk − ei~xl (k1 −k2 ) b+ bk − ei~xl+δ (k1 −k2 ) b+ {z k1 }2 | {z k1 }2 | aus (1) aus (1) 73 4.2. BEISPIELE + gj µB Hext X . exp i~xl (~k1 − ~k2 ) b+ k1 bk2 N {z } | lk1 k2 (4.68) aus (4) Man führt nun eine neue Größe γk ≡ 1 z l durch H1 = −Ih zS X k P δ exp i~k~δ ein und führt die Summation über X + + γk bk b+ b+ k + γ−k bk bk − 2bk bk + gj µB Hext k bk . k (4.69) P Für ein Kristallgitter mit Inversionssymmetrie ist γk = γ−k , sodass γk = 0. Mit der k Kommutatorregel bk , b+ k = 1 erhält man schließlich X X H1 = [2Ih Sz (1 − γk ) + gj µB Hext ] b+ b = ωk b+ . (4.70) k k bk | {z } k k k ≡ ωk Der Term H2 enthält höhere Ordnungen in den Magnonen-Variablen und wird üblicherweise vernachlässigt. Eine Diskussion dieser Magnon-Magnon-Wechselwirkungen wurde von Dyson (Phys. Rev. 102 1217 (1956)) und Keffer und Loudon (J. Appl. Phys. (Suppl.) 32 2 (1961)) gegeben. Dispersionsrelation für die Magnonen Unter Verwendung von Glg. (4.70) schreibt man H1 als X nk ωk H1 = (4.71) k wobei nk der Besetzungszahloperator für einen Zustand mit der Energie ωk ist. Nehmen wir wieder ein Gitter mit Inversionssymmetrie an, sodass γk = γ−k gilt, so können wir γk schreiben als 1X exp i~k~δ γk = z δ i 1 Xh ~ ~ ~ ~ exp ik δ + exp −ik δ = 2z δ 1X 1X ~ ~ = cosh ik δ = cos ~k~δ , (4.72) z δ z δ was uns die Dispersionsrelation für Magnonen in der bekannten Form liefert ! 1X cos ~k~δ + gj µB Hext . ωk = 2Ih Sz 1 − z δ (4.73) 74 KAPITEL 4. ELEMENTARE ANREGUNGEN Da wir uns bei der Ableitung auf kleine Energien beschränkt hatten, entwickelt man den 2 Cosinus gemäß cos x = 1 − x2 + . . . und erhält ωk ≃ Ih S X 2 ~k~δ + gj µB Hext . (4.74) δ Für ein einfach kubisches Gitter mit der Gitterkonstante a0 lässt sich dieser Ausdruck weiter reduzieren ωk = gj µB Hext + 2Ih S (ka0 )2 = gj µB Hext + Dk 2 , (4.75) (4.76) wobei D die sogenannte Spinwellensteifigkeit ist, welche durch Neutronenstreuexperimente bestimmbar ist. Beim Übergang von Glg. (4.74) zu Glg. (4.75) tritt ein Faktor 2 auf, der aus P ~ ~2 der Summation k δ stammt und der in den Eigenschaften des reziproken und direkten δ Gittters begründet ist. Abbildung 4.15 zeigt eine klassische Repräsentation einer Spinwelle. Die thermisch induzierte Bewegung der Spins ist korreliert und wird daher als kollektive Anregung bezeichnet. Gleichung (4.75) kann benutzt werden, um die effektive Masse m∗ der Magnonen (Quasiteilchen) abzuschätzen: hierzu setzt man die Energie eines freien Teilchens mit der Masse m∗ der Anregungsenergie bei Hext = 0 gleich ~k 2 2m∗ = 2Ih S~k 2 a20 ⇒ m∗ = 4Ih Sa20 −1 . (4.77) Für einen üblichen Ferromagneten mit einer Curie-Temperatur von etwa 300 K erhält man eine effektive Masse von etwa 10 mal der Elektronenmasse. Abbildung 4.15: Klassische Darstellung einer kollektiven Anregung wie sie durch den Heisenberg-Hamiltonoperator beschrieben wird 75 4.2. BEISPIELE Spezifische Wärme der Magnonen Im Grenzfall niederenergetischer Anregungen und daher langer Wellenlängen mit ~k~δ << 1 und bei niedrigen Temperaturen schreibt man die Energie des Magnonen-Bose-Gases als X ωk hnB i , (4.78) U= k wobei hnB i die Bose-Verteilungsfunktion ist −1 E −1 hnB i = exp kB T Man erhält −1 X ωk −1 ωk exp U = k BT k 1 = (2π)3 1 = 2π 2 kZmax Dk 0 kZmax Dk 0 Mit den Abkürzungen x = 4 2 exp exp Dk 2 kB T Dk 2 kB T (4.79) . −1 −1 −1 −1 d3 k dk . (4.80) Dk 2 τ und τ = kB T schreibt man den Ausdruck aus Glg. (4.80) als xZmax 5 τ2 3 1 dx x 2 . 3 exp (x) − 1 4π 2 D 2 0 Da der Integrand rasch abnimmt, kann man die obere Integrationsgrenze durch ∞ ersetzen, sodass das Integral analytisch gelöst werden kann √ 5 5 3 π ζ (1.341) . Γ ,1 = 2 2 4 Γ 52 ist die Gamma-Function und ζ 52 , 1 die Riemann’sche Zeta-Function, womit man erhält 5 0.45τ 2 U≃ . 3 π2D 2 und damit Die spezifische Wärme bei konstantem Volumen ist cv = ∂U ∂T V 32 kB T cv = 0.113kB . (4.81) D Das Resultat bedeutet, dass in einem System, in dem man Magnonen anregt, ein Beitrag 3 zur spezifischen Wärme auftritt, der proportional zu T 2 ist. Da man experimentell diesen Beitrag leicht von anderen Anregungen (freie Elektronen, Phononen, etc.) unterscheiden kann, bietet eine Messung der spezifischen Wärme eine Möglichkeit, die Spinwellensteifigkeit D zu bestimmen. 76 KAPITEL 4. ELEMENTARE ANREGUNGEN Curie-Temperatur des Heisenberg-Ferromagneten Die Curie-Temperatur lässt sich aus der Anzahl der durch thermische Anregung umgekehrten Spins berechnen. Das magnetische Moment ist durch den Erwartungswert der z-Komponente aller Spins gegeben ! X MS = gj µB Sz = gj µB NS − b+ . (4.82) k bk k Die Temperaturabhängigkeit des magnetischen Momentes ist daher X MS (0) − MS (T ) = gj µB hnB i gj µB = 2π 2 k kZmax 0 k2 exp Dk 2 kB T dk . (4.83) −1 Mit den gleichen Abkürzungen wie im letzten Abschnitt erhält man daraus Z∞ 1 gj µB τ 23 1 MS (0) − MS (T ) = x2 dx 2 2π D exp (x) − 1 0 3 gj µB τ 2 3 3 = Γ ζ ,1 2π 2 D 2 2 3 kB T 2 . = 0.117gj µB D (4.84) 3 Gleichung (4.84) beschreibt das bekannte T 2 -Verhalten der magnteischen Momente in einem System von wechselwirkenden lokalisierten Spins. Es wird in der Literatur auch als das 3 Bloch’sche T 2 -Gesetz bezeichnet. Es ist einfach, Glg. (4.84) umzuschreiben 23 ! T (4.85) MS (T ) = MS (0) 1 − Tc 23 MS (0) D wobei Tc = . (4.86) 0.117gj µB kB Für ein kubisches Gitter mit einer Spinwellensteifigkeit D = 2Ih Sa20 und mit MS (0) = gj µB NS mit N = 1 erhält man einen Ausdruck für Tc 5 kB Tc = 1.26 S 3 Ih a20 . (4.87) Gleichung (4.87) kann ebenfalls dazu verwendet werden, um einen Wert für das Austauschintegral Ih zu erhalten. fcc Gd ist ein System mit lokalisierten Spins mit einem Gesamtspin S = 72 . Mit einer Curie-Temperatur von 300 K und einer Gitterkonstante von 5.05 Å erhalten wir einen Wert von etwa 100 meVÅ−2 , der im Vergleich mit dem Experiment durchaus vernünftig ist. 77 4.2. BEISPIELE Näherungen für das Heisenberg-Modell Im allgemeineren Fall muss man nicht nur Wechselwirkungen zwischen nächsten Nachbarn, sondern auch solche zu entfernteren Spins betrachten X ~i S ~j H=− Iij S (4.88) i6=j wobei die Iij wieder die Austauschintegrale zwischen Spins auf Gitterplätzen i und j sind. Der mathematische Aufwand nimmt nun aber entsprechend zu, sodass man sehr bald nach Näherungen gesucht hat. Ising-Modell Das einfachste und am weitesten verbreitete Modell ist das Ising-Model (Z. Phys. 31 253 (1930))). Der Spin-Vektor-Operator wird dabei nur ein-dimensional angenommen und hat daher nur zwei Zustände, nämlich spin-up (+1, (↑)) und spin-down (−1 (↓)). Man verwendet daher nur die z-Komponente des Operators, welchen man schreibt als ~i = Si~ez S (4.89) , wobei die Quantisierungsachse in z-Richtung gewählt wird. Der entsprechende Hamiltonoperator HI sieht zwar fast aus wie der Heisenbergoperator, doch hat man durch die Beschränkung auf die z-Komponente einen großen Teil der Quanteneffekte, die über die Kommutatorregeln beschrieben sind, entfernt. X X HI = − Iij Si Sj − gj µB Hext Si (4.90) i6=j i Der erste Term in Glg. (4.91) beschreibt das kollektive Verhalten des Spin-Systems und erlaubt auch die Möglichkeit von Phasenübergängen. Der zweite Term ist wieder die ZeemanWechselwirkung zwischen einem Spin und einem externen Feld. Für das ein-dimensionale Ising-Modell ist es relativ einfach, eine analytische Lösung zu finden. Die Lösung des zwei-dimensionalen Problems erfolgte durch Lars Onsager (Phys. Rev. 65 117 (1944)) in einer mathematischen tour de force. Das drei-dimensionale Ising-Modell ist noch immer ungelöst, es exitstieren jedoch numerische Lösungen auf Basis von QuantenMonte-Carlo-Verfahren. Das ein-dimensionale Ising-Model hat einen Phasenübergang zu einem geordneten Zustand bei T = 0. Das bedeutet, dass jede noch so kleine Temperaturerhöhung die langreichweitige Ordnung zerstört. Im zwei-dimensionalen Fall gibt es einen Phasenübergang bei endlicher Temperatur und das magnetische Moment zeigt das folgende Verhalten −4 β 2I T < Tc 1 − sinh kB T M (T ) = , (4.91) 0 T ≥ Tc mit β = 18 . Die Curie-Temperatur wird somit zu TC = I I 2 √ ≃ 2.269 kB ln 1 + 2 kB . (4.92) 78 KAPITEL 4. ELEMENTARE ANREGUNGEN XY-Modell Das XY-Modell geht einen Schritt weiter und verwendet einen zwei-dimensionalen SpinVektor-Operator, sodass der Spin in der xy-Ebene rotieren kann. Der Spin-Vektor hat die Form ~ i = S x ex + S y ey , S (4.93) i i womit der Hamiltonoperator das Aussehen annimmt X X ~ ext S ~i Iij Six Sjx + Siy Sjy − gj µB Hext H HXY = − i6=j (4.94) . i Man kann zeigen, dass das XY-Modell nur für Dimensionen größer als 2 einen traditionellen Phasenübergang besitzt, was auch als Mermin-Wagner-Theorem bezeichnet wird. Eine wichtige Anwendung für das XY-Modell entsteht aus der Tatsache, dass man magnetische Anisotropie leicht simulieren kann. Führt man den Anisotropieparameter λ ein, so erhält man X X X ~ ext S ~i . HXY = − Iij Six Sjx − (1 − λ) Iij Siy Sjy − gj µB Hext H i6=j i6=j i (4.95) Der Wert λ = 0 beschreibt das isotrope XY-Modell, λ = 1 liefert ein quasi-Ising-Modell, wobei die x-Achse die Quantisierungsachse ist. Mean-field -Näherung für das Heisenberg-Modell Wie wir gesehen haben, sind Produkte von Spin-Operatoren mühsam zu behandeln. Ein Ausweg kann gefunden werden, wenn man die paarweise Wechselwirkung zwischen den Spins durch eine Wechselwirkung eines Spins mit einem gemittelten Feld, das durch alle anderen Spins erzeugt wir, ersetzt. Man schreibt, vorerst noch exakt, den Spin-Operator als dessen thermischen Mittelwert plus die Abweichungen von diesem (Fluktuationen) D E D E ~k = S ~k + S ~k − S ~k . (4.96) S {z } | Fluktuationen Man setzt dies in den Heisenberg-Hamiltonoperator ein D Ei hD E D Ei X hD E ~i + S ~i − S ~i ~j + S ~j − S ~j H=− Iij S S , (4.97) i6=j multipliziert aus und vernachlässigt alle Terme in zweiter und höherer Ordnung in den Fluktuationen. Der Rest ist dann der Heisenberg-Hamiltonoperator in der Mean-field -Näherung D E X D ED E X D E ~i S ~j − ~j S ~i + S ~i S ~j HMF = Iij S Iij S i6=j i6=j " # X D ED E X X D E ~i S ~j − ~i 2 ~j = Iij S S Iij S i6=j i j . (4.98) 79 4.2. BEISPIELE Der erste Term in Glg. (4.98) ist konstant, der zweite Term hkann interpretiert D Ei werden als Spin P ~i , der mit einem durch alle anderen Spins erzeugten Feld 2 ~ S wechselwirkt. Die j Iij Sj Lösung für die Temperaturabhängigkeit der Magnetisierung ist durch die Brillouinfunktion gegeben (siehe FKI). Für die Curie-Temperatur erhält man Tc = 2S (S + 1) 1 X Iij 3kB N i6=j (4.99) . Nimmt man ein fcc oder bcc Gitter von Spins an, so erhält man 2S (S + 1) 1 (12J1 + 6J2 + 24J3 + 12J4 + 24J5 ) fcc 3kB 78 2S (S + 1) 1 (8J1 + 6J2 + 12J3 + 24J4 + 8J5 ) bcc , = 3kB 58 Tc = Tc wobei die Summation jeweils bis zum 5t-nächsten Nachbarn geht. Die Resultate für die Curie-Temperaturen sind recht gut, jedoch systematisch zu hoch, was daran liegt, dass man durch den Mean-field -Ansatz Quantenfluktuationen unterdrückt hat. Antiferromagnetische Magnonen Eine Behandlung des antiferromagnetischen Falles gelingt relativ leicht, wenn man den antiferromagnetisch geordneten Kristall in zwei jeweils ferromagnetisch geordnete Untergitter zerlegen kann (dies ist jedoch nicht in jeder Kristallstruktur möglich). Der entsprechende Hamiltonoperator hat dann die folgende Form X X X X a b ~ aS ~b + J ~ aS ~ b − g j µ B HA H=J S S S + g µ H Szl . (4.100) j B A j j+δ l l+δ zj j,δ l,δ j l Die Spins auf den beiden Untergittern a und b stehen in antiferromagnetischer Wechselwirkung miteinander, innerhalb eines Untergitters sorgt das Anisotropiefeld HA für eine ferromagnetische Ordnung. Die Richtung der Anisotropiefelder der beiden Untergitter ist antiparallel, dies wird auch als staggered magnetization bezeichnet. Man führt zwei Gitterindizes j und l für die beiden Untergitter ein und auch die entsprechenden Erzeugungsund Vernichtungsoperatoren treten doppelt auf. Darüber hinaus ist die Ableitung über weite Strecken identisch mit der für den ferromagnetischen Fall. Da jedoch eine Kopplung zwischen den beiden Untergittern besteht, landet man beim Problem, dass die Lösung des Eigenwertproblems (die Diagonalisierung der Hamiltonmatrix) nur in verallgemeinerten Koordinaten möglich ist. Diese Lösung wird auch als das Bogoliubov-Problem bezeichnet und die analytische Behandlung ist einigermaßen aufwändig. Man erhält jedenfalls X 1 H1 = −2JNzS (S + 1) − 2Ngj µB HA S + + ωk αk αk+ + βk+ βk + 1 , (4.101) 2 k 80 KAPITEL 4. ELEMENTARE ANREGUNGEN wobei αk αk+ und βk+ βk die Magnonen-Erzeuger und -Vernichter auf den entsprechenden Untergittern sind und für ωk gilt ωk = (2JSz + gj µB HA )2 − (2JSz )2 γk2 . (4.102) Wenn man nun HA vernachlässigt, kann man mit den gleichen Näherungen für γk wie im ferromagnetischen Fall die Dispersionsrelation für die antiferromagnetischen Magnonen im Grenzfall kleiner ~k erhalten √ (4.103) ωk = 4 3JSka , was eine lineare Dispersionsrelation darstellt. Die Berechnung der spezifischen Wärme erfolgt analog zum ferromagnetischen Fall. Im Grenzfall niederenergetischer Anregungen und daher langer Wellenlängen mit ~k~δ << 1 und bei niedrigen Temperaturen schreibt man die Energie des Magnonen-Bose-Gases wieder als X U= ωk hnB i , (4.104) k wobei hnB i die Bose-Verteilungsfunktion ist. Die Analogie zu den Phononen (lineare Dispersionsrelation) legt eine ähnliche Behandlung nahe. Für die Phononen ist die spezifische Wärme durch die Debye-Funktion gegeben, wobei darin bekanntlich eine materialspezifische Größe, die Debye-Temperatur Θ, auftritt. Ähnliches lässt sich für die antiferromagnetischen Magnonen durchführen, wenn man eine maximale Frequenz der Magnonen-Anregungen definiert kB Θk ωk ≃ , (4.105) kBZ wobei kBZ der reziproke Gittervektor der ersten Brillouinzone ist. Die spezifische Wärme bei tiefen Temperaturen hat somit die gleiche analytische Form wie im Fall der Phononen 3 T . (4.106) cv ∝ Θ