Elektronik- und Messtechniklabor, Messbrücken 1/6 A) Gleichstrom-Messbrücken 1 Anwendung und Eigenschaften Im Wesentlichen werden Gleichstrommessbrücken zur Messung von Widerständen eingesetzt. Damit können indirekt alle physikalischen Grössen erfasst werden, die auf den Widerstandswert eines Bauelements einen Einfluss haben, wie z.B.: Temperatur (Platinwiderstände, NTC), mechanische Verformung (Dehnmessstreifen), Magnetfeld (Feldplatten), Bestrahlungsstärke (Photowiderstand, Photodiode im Diodenbetrieb). Gleichstrommessbrücken weisen folgende günstige Eigenschaften auf, die ihren Erfolg im industriellen Einsatz erklären: • relativ grosse Empfindlichkeit • mehr oder weniger lineares Verhalten • Gleichtaktunterdrückung: Widerstandsänderungen die auf beiden Seiten einer Brücke auftreten werden kompensiert und somit nicht erfasst. • einfache Möglichkeit der Signalverstärkung • mögliche Kompensation unerwünschter Effekte (von Störgrössen wie z.B. Zuleitungswiderstände, Offset) • Speisung mit Gleichspannung oder -strom und daher Unempfindlichkeit gegebüber Rauschen. 2 Unbelastete Brücke Die folgende Messbrücke wird mit der konstanten Spannung U0 oder dem konstanten Strom I0 gespeist. Die Brücke heisst unbelastet, weil zwischen den Klemmen von Ud kein Bauelement geschaltet ist und daher kein Strom fliessen kann. R2 U0 R1 I0 Ud R4 R3 Figur 1 Unbelastete Messbrücke (Wheatstone-Messbrücke) Im Fall einer Speisung mit konstanter Spannung ergibt sich für die Brückenspannung oder Diagonalspannung Ud : R 2 R 3 − R1R 4 U d = U0 ( R1 + R2 )(R 3 + R 4 ) Für eine Speisung mit konstantem Strom ergibt sich: R 2 R 3 − R1 R4 U d = I0 R1 + R 2 + R 3 + R 4 In beiden Fällen wird Ud = 0, wenn die sogenannte Abgleichbedingung R2 R3 = R1 R4 erfüllt ist. —————————————————————————————————————————————————— Zürcher Hochschule Winterthur, Departement T 4. Februar 2000, Spm Elektronik- und Messtechniklabor, Messbrücken 2/6 3 Zusammenstellung der Anordnungen Ausgegangen wird von einer Brücke, die zunächst vier gleiche Widerstände R0 aufweist. Für die in der Tabelle dargestellten Konfigurationen a) bis h) wird die Grösse der in der zweiten Spalte aufgeführten Widerstände um +∆R bzw. –∆R verändert und die Brückenspannung Ud für beide Speisungen bestimmt. Die Schaltungen werden als Viertel-, Halb- oder Vollbrücke bezeichnet, je nachdem, ob 1, 2 oder 4 Widerstände variabel sind. U0 -gespeist I0 -gespeist U0 ΔR 4 R0 I0 ΔR 4 a) R2 = R0 + ∆R Ud ≈ b) R1 = R0 + ∆R Ud ≈ − U 0 ΔR 4 R0 Ud ≈ − I0 ΔR 4 c) R2 = R0 – ∆R Ud ≈ − U 0 ΔR 4 R0 Ud ≈ − I0 ΔR 4 d) R2 = R0 + ∆R R3 = R0 + ∆R Ud ≈ U0 ΔR 2 R0 Ud = I0 ΔR 2 e) R2 = R0 + ∆R R4 = R0 – ∆R Ud ≈ U0 ΔR 2 R0 Ud = I0 ΔR 2 f) R2 = R0 + ∆R R1 = R0 – ∆R Ud = U0 ΔR 2 R0 Ud = I0 ΔR 2 g) R2 = R0 + ∆R R3 = R0 – ∆R h) R2 = R0 + ∆R, R1 = R0 – ∆R R4 = R0 – ∆R, R3 = R0 + ∆R U ΔR Ud ≈ − 0 4 R0 U d = U0 Ud ≈ 2 Ud = − ΔR R0 I 0 ΔR ΔR 4 R0 U d = I 0 ΔR Tabelle 1: Brückenspannung Ud für diverse Brückenanordnungen nicht-bezeichnete Widerstände haben den Wert R0 —————————————————————————————————————————————————— Zürcher Hochschule Winterthur, Departement T 4. Februar 2000, Spm Elektronik- und Messtechniklabor, Messbrücken 3/6 4 Belastete Brücke Für die spannungs- oder stromgespeiste Messbrücke (ohne den Brückenwiderstand Rb ), kann nach dem Satz von Thévenin bzw. Norton, eine äquivalente, lineare Ersatzquelle (Spannungs- oder Stromquelle) bestimmt werden. U0 R2 R1 Rie I0 Ib Ib Rb R4 Uqe Ub R3 Rb Ub Figur 2 Belastete Messbrücke (Rb : Brückenwiderstand) und Spannungsquellenersatzschaltung Die eingeprägte Spannung der Ersatzspannungsquelle Uqe ist dabei die Leerlaufspanung der unbelasteten Brücke. Die Ersatzinnenwiderstand Rie ergibt sich, wenn bei kurzgeschlossener Spannungsquelle bzw. bei unterbrochener Stromquelle, von den Brückenklemmen aus der Widerstand der Schaltung bestimmt wird. Für die Grössen der Spannungsquellenersatzschaltungen ergibt sich damit: Ersatzquellenspannung Uqe spannungsgespeiste Brücke (U0 =konst) stromgespeiste Brücke (I0 =konst) U qe = Ersatzinnenwiderstand Rie R 2 R3 − R 1R 4 U (R1 + R 2 ) ⋅ (R 3 + R 4 ) 0 R ie = (R1 || R 2 ) + (R3 || R 4 ) R2 R 3 − R1 R 4 I R1 + R 2 + R 3 + R 4 0 R ie = (R 2 + R 4 ) || (R1 + R 3 ) U qe = Tabelle 2: Spannungsquellenersatzgrössen der Brückenschaltung Mit der Ersatzschaltung kann mit dem gegebenen Brückenwiderstand Rb der dabei als Lastwiderstand betrachtet wird, der Brückenstrom bzw. die Brückenspannung wie folgt bestimmt werden: Uqe Rb 1 Ib = Ub = Uqe = R Uqe Rie + R b R ie + R b 1+ ie Rb —————————————————————————————————————————————————— Zürcher Hochschule Winterthur, Departement T 4. Februar 2000, Spm Elektronik- und Messtechniklabor, Messbrücken 4/6 5 Verstärkung der Brückenspannung Wird die Brücke direkt an einen Subtrahierverstärker gemäss der Schaltung aus Figur 3 angeschlossen, U0 R2 U2 R6 R1 R5 Ud – R5 + U4 R4 Ua R6 R3 Figur 3 Brückenschaltung mit Subtrahierverstärker R6 ( U2 − U 4 ) = − R 6 Ud . R5 R5 Diese Schaltung eignet sich aber nur für relativ niederohmige Aufnehmer, da die Widerstände R5 und R6 die Brücke verstimmen. Als Abhilfe kann ein sogenannter Instrumentenverstärker1 verwendet werden oder zwei Spannungsfolger vor den Widerständen R5 zwischengeschaltet werden. ergibt sich für die verstärkte Spannung Ua = − Eine weitere mögliche Schaltung, die aber keine Brückenschaltung ist und die mit weniger eng tolerierten Widerständen auskommt ist in der Figur 4 dargestellt: I R0 R0+∆R – U0 + R0 R0 Ua Figur 4 Widerstandsdifferenzmessung mit invertierendem Verstärker Für die Ausgangsspannung ergibt sich U a = − U0 ΔR ⋅ . 2 R0 Das Element mit dem veränderbaren Widerstand (R0 ±∆R) wird dabei vom konstanten Strom I = U0 2R0 durchflossen. 1 Siehe z.B. Hering, Bressler, Gutekunst, Elektronik für Ingenieure, Springer 1998, § 8.3.3 —————————————————————————————————————————————————— Zürcher Hochschule Winterthur, Departement T 4. Februar 2000, Spm Elektronik- und Messtechniklabor, Messbrücken 5/6 B) Wechselstrom-Messbrücken 6 Anwendung und Eigenschaften Wechselstrommessbrücken werden zur Messung von Wechselstromwiderständen bzw. Impedanzen eingesetzt. Ihre Arbeitsweise ist ähnlich der der Gleichstrommessbrücken. Sie arbeiten im Allgemeinen bei einer festen Frequenz. Z2 U0 Z1 I0 Ud Z4 Z3 Figur 5 Wechselstrommessbrücke 6.1 Abgleichbrücken Abgleichbrücken werden zur Messung von Kapazitäten und Induktivitäten verwendet. Dabei wird die Brücke Abgeglichen, d.h. die Bedingung für den Brückenabgleich bei der die Diagonalspannung Ud = 0 wird, lautet Z2 ·Z3 = Z1 ·Z4 . Dafür müssen folgende zwei Bedingungen gleichzeitig erfüllt sein: Z2 ·Z3 = Z1 ·Z4 und ϕ2 + ϕ 3 = ϕ1 + ϕ 4 6.2 Ausschlagbrücken Ausschlagbrücken werden verwendet um Impedanzänderungen von kapazitiven und induktiven Aufnehmern zu messen. Dabei werden die Wechselstromwiderstände Z3 = Z4 durch reelle Widerstände R0 ersetzt. Z2 U0 Z1 I0 Ud R0 R0 Figur 6 Wechselstrommessbrücke als Ausschlagbrücke Bei den Wechselstromwiderständen Z1 = R1 + jX1 und Z2 = R2 + jX2 werden die Wirkwiderstände R1 und R2 als konstant angesehen und vernachlässigt. Es werden also nur die Blindwidertände X1 und X2 untersucht. In der Brücke entsteht dabei die Diagonalspannung Ud = X 2 − X1 U 0 ⋅ X2 + X1 2 —————————————————————————————————————————————————— Zürcher Hochschule Winterthur, Departement T 4. Februar 2000, Spm Elektronik- und Messtechniklabor, Messbrücken 6/6 Für die Viertelbrücke ergibt sich mit X1 = X0 und X2 = X0 + ∆X: Ud ≈ U0 ΔX ⋅ 4 X0 Für die Halbbrücke wie sie bei Differentialaufnehmern vorzugsweise verwendet wird, ergibt sich mit X1 = X0 - ∆X und X2 = X0 + ∆X: Ud = U0 ΔX ⋅ 2 X0 U0 ΔL ⋅ 2 L0 Im Fall von Induktivitäten: Ud = und von Kapazitäten: Ud = − U 0 ΔC ⋅ 4 C0 —————————————————————————————————————————————————— Zürcher Hochschule Winterthur, Departement T 4. Februar 2000, Spm