Gefässchirurgie Zeitschrift für vaskuläre und endovaskuläre Medizin Elektronischer Sonderdruck für M. Zegelman Ein Service von Springer Medizin Gefässchirurgie 2012 · 17:29–36 · DOI 10.1007/s00772-011-0988-x © Springer-Verlag 2011 zur nichtkommerziellen Nutzung auf der privaten Homepage und Institutssite des Autors M. Zegelman · O. Assadian · G. Guenther · H. Zuelhke · T. Bisdas · M. Storck · R. Kellersmann · für die Kommission „Infektionen in der Gefäßchirurgie“ der DGG Leitlinien „Infektionen in der Gefäßchirurgie“ der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin Aktuelle Gedanken und Kommentare www.Gefaesschirurgie.springer.de Leitthema Gefässchirurgie 2012 · 17:29–36 DOI 10.1007/s00772-011-0988-x Online publiziert: 11. Januar 2012 © Springer-Verlag 2012 M. Zegelman1 · O. Assadian2 · G. Guenther1 · H. Zuelhke3 · T. Bisdas4 · M. Storck5 · R. Kellersmann6 · für die Kommission „Infektionen in der Gefäßchirurgie“ der DGG 1 Klinik für Gefäß- und Thoraxchirurgie, Krankenhaus Nordwest, Frankfurt am Main 2 Klinisches Institut für Krankenhaushygiene, Medizinische Universität Wien 3 Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Ev. Krankenhaus Paul-Gerhardt-Stift, Wittenberg 4 Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie, Medizinische Hochschule, Hannover 5 Klinik für Gefäß- und Thoraxchirurgie, Städtisches Klinikum Karlsruhe 6 Abteilung für Gefäßchirugie und endovasculare Chirurgie, Universitätsklinikum Würzburg Leitlinien „Infektionen in der Gefäßchirurgie“ der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin Aktuelle Gedanken und Kommentare Im Jahr 2008 wurden die abgedruckten Leitlinien von der Kommission „Infektionen in der Gefäßchirurgie“ erstellt und verabschiedet. Seit 2009 sind diese bei der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) oder über die Homepage der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG) einsehbar. Die Herausgabe erfolgte erst 2010 innerhalb des Buches Leitlinien zur Diagnostik und Therapie in der Gefäßchirurgie [5]. Es erscheint nunmehr durchaus angezeigt, eine neuerliche Bewertung anhand aktueller Literatur und Ergebnisse vorzunehmen. Dabei bedient sich die Kommission „Infektionen in der ­Gefäßchirurgie“ der DGG des Rats und der persönlichen ­Expertise einer kleinen Gruppe. So bleibt es hier also zunächst bei Kommentaren und Gedanken, die in eine spätere Aktualisierung der Leitlinie einfließen können. Ein solches Vorgehen soll dem Leser Orientierung, aber auch Raum für kritische Stellungnahmen bieten. Die gewählten Überschriften beziehen sich auf die korrespondierenden Abschnitte der Leitlinie. Die Form der „getrennten Ergänzung“ wurde gewählt, da es sich eben nicht um eine neue Version der Leitlinie handelt. Prävention/Antibiotika Ist die ubiquitär geübte Praxis der perioperativen Antibiotikaprophylaxe, wie in den Leitlinien beschrieben, noch aktuell? Dieses Thema wird im vorliegenden Heft von Gefässchirurgie als wichtiger Punkt der Prävention im Konsens gesondert und ausführlich dargestellt (Kellersmann et al.). Weiter finden sich in den Leitlinien keine Hinweise zum prophylaktischen Einsatz von antibiotikagetränkten oder silberbeschichteten/silberimprägnierten Gefäßprothesen. Hierzu gibt es derzeit keinerlei Evidenz der Kategorie IA; prospektive, randomisierte Studien fehlen. Sie sind aus heutiger Inzidenzlage auch kaum durchführbar, da für den Nachweis eines Effekts bei per se eher kleinem ­Infektionsrisiko zwischen 0,5% bis maximal 5% jede Studiengruppe 2000 bis 3000 Patienten umfassen müsste [2]. Die Lösung wäre eine internationale multizentrische Studie, die allerdings durch die heterogene Durchführung präoperativer präventiver Maßnahmen wie Glukoseeinstellung, Enthaarungsmethoden, Verwendung unterschiedlicher prä- und ­perioperativer Antiseptika, unterschiedlicher antibiotischer ­Prophylaxeschemata, nichtvergleichbarer technischer und struktureller Einrichtungen sowie unterschiedlicher Operationstechniken eine Fülle von Störfaktoren beinhalten würde. Daher kann nur auf retrospektive monooder multizentrische oder auf Registerdaten zurückgegriffen werden. DBeim Einsatz antimikrobieller Gefäß- prothesen muss zwischen prophylaktischer und quasitherapeutischer Indikation unterschieden werden. Der prophylaktische Einsatz kann in Fällen mit zwar erhöhtem Infektionsrisiko, aber ohne bestehende lokale Infektion oder Kolonisation im Stromgebiet der antimikrobiellen Prothese durchgeführt werden. In dieser Indikation scheint es ausreichend zu sein, wenn der antimikrobielle Wirkstoff ausschließlich auf der Oberfläche der Prothese verbleibt, ohne in die Umgebung abgegeben zu werden. Wird eine Gefäßprothese bei bestehender Infektion oder im Zuge der Revision eines bestehenden Gefäßinfekts implantiert, soll der Wirkstoff dann quasitherapeutisch auch an das infizierte bzw. kolonisierte Umgebungsgewebe des Gefäßstrombetts abgegeben werden, um nicht nur eine Besiedlung der Prothese mit ­Mikroorganismen zu verhindern, sondern auch eine erregerabtötende Wirkung Gefässchirurgie 1 · 2012 | 29 Leitthema im umgebenden Gewebe zu erreichen. Dabei stellt sich auch die Frage nach der Wirkdauer abgegebener Silberionen (Silberacetat) oder von Antibiotika. Die Unterscheidung dieser beiden Ansätze ist relevant, da das jeweils gewählte Konzept die Auswahl der infrage kommenden antimikrobiellen Wirkstoffe beeinflusst oder weitergehende Maßnahmen verlangt. Bei Wirkstoffen mit hoher Bindung an das Prothesenmaterial ist die Frage der humanen Zellzytotoxizität weniger relevant als bei Wirkstoffen, die nach einer Kinetik 1. oder 2. Ordnung vom Prothesenmaterial ins Gewebe abgegeben werden. Verbleibt ein Wirkstoff lokal an der Prothese (metallisches Silber), ist bei einer bestehenden Infektion der Umgebung der Einsatz zusätzlicher Schritte (Débridement, antiseptische Spülungen, lokale Antibiose, Antibiotikadepots, Deckung mit vitalem Gewebe etc.) erst recht von Bedeutung. Die Einheilung von mit metallischem Silber langzeitimprägnierten oder silberacetatbeschichteten Dacronprothesen, die das gebundene Silberacetat über einen Zeitraum von 30 Tagen fast vollständig abgeben, zeigte in verschiedenen Serien keine Auffälligkeiten, und es scheint klinisch keinen Hinweis auf relevante Zytotoxizität zu geben. Allerdings waren nach über 1 bis 2 Jahren durchaus Neuinfektionen zu verzeichnen [2, 14, 24, 25] und damit ein absoluter Langzeitschutz per se nicht zu erreichen [21, 24, 25]. Verschiedene Autoren kommen hier zu bemerkenswert unterschiedlichen Schlussfolgerungen über den Wert eines prophylaktischen Einsatzes von silberbasierten Prothesen. [14, 21]. Selbst die neuesten Ergebnisse eines europäischen multizentrischen Registers mit der silberimprägnierten Dacronprothese bei über 200 Risikopatienten tragen nur beschränkt zu einer Klärung bei, auch wenn sich ein positiver Trend ablesen lässt [25]. Die nichtabschließend zu bewertende Datenlage leitet sich zudem durch die unterschiedlich eingesetzten Formen von Silber als Antiinfektivum ab. Zumindest standardisierte In-vitro-Daten legen nahe, dass deutliche Unterschiede hinsichtlich antimikrobieller Wirksamkeit, Kinetik und Zellverträglichkeit vorliegen. So konnte von Müller u. Kramer [16] gezeigt werden, 30 | Gefässchirurgie 1 · 2012 dass atomares Silber in Proteinlösung erst bei einer Konzentration von 538 mg/l 50% von murinen Fibroblasten (L929-Fibroblasten-Zellen) in einer Zellkultur absterben lässt. Für denselben Effekt ist lediglich eine Konzentration von 60 mg/l Silber­ sulfadiazin (SSD) erforderlich, und Silber­ nitrat (AgNO3) zeigt bereits in einer Konzentration von 18 mg/l diese Wirkung. Allerdings wurde in derselben Untersuchung Silberacetat (C2H3AgO2) nicht mituntersucht. Aufgrund gefühlter klinischer Eindrücke darf als gegeben angenommen werden, dass sich Silber bei den beiden verfügbaren Produkten (metallisches Ag+ bzw. C2H3AgO2) nicht negativ auf die Inkorporation des Grafts auswirkt. In diesem Zusammenhang muss jedoch deutlich darauf hingewiesen werden, dass die verfügbaren klinischen Studien zum Vergleich zwischen Silberprothese und konventioneller Prothese als Studienendpunkt nicht die Graftinkorporation und Gewebeverträglichkeit beinhalten, sondern sich auf Mortalität, Okklusions­ rate, Amputationsrate und/oder Infektions- bzw. Reinfektionsraten als Messgrößen beschränken [2, 14, 18, 22]. Zwei neuere Registerstudien mit metallisch-imprägnierten Silberprothesen stellen das Einheilverhalten (Parameter Perigraftflüssigkeit) als wichtigen Punkt in den Vordergrund [24, 25]. Ob die zweifellos in ­vitro und z. T. tierexperimentell in vivo vorhandenen antimikrobiellen Eigenschaften dann bereits für eine prophylaktische Implantation sprechen, muss jeder Operateur selbst entscheiden. Für rifampicingetränkte Gefäßprothesen ist die klinische Datenlage wesentlich günstiger, die hierzu vorliegenden „randomized controlled trials“ (RCT; [3, 4, 7]) sind jedoch zwischen 15 und 20 Jahre alt und beinhalteten jeweils zwischen 257 und 2610 Patienten mit aortoilio­femoraler Rekonstruktion eines abdominalen Aortenaneurysmas oder Behandlung eines aortoiliakalen Verschlusses. Die perioperative Rifampicinbeladung der Gelatin­ polyesterprothese erfolgte durch Einlegen der Prothese in eine auf 37°C erwärmte Lösung mit einer Rifampicinkonzentration von 1 mg/ml über einen Zeitraum von 15 min. Als Messgröße wurde neben Mortalität und „patency rate“ das Auftreten von Wundinfektionen nach der S­ zilagyi-Einteilung in Grad I–III erfasst. Insgesamt konnte keine der vorliegenden RCT eine signifikante Reduktion von Infektionen zwischen rifampicingetränkten und unbehandelten Gefäßprothesen darstellen, dennoch waren in allen Studien Infektionen in der Rifampicingruppe tendenziell geringer. In Subgruppenanalysen zeigen diese Studien jedoch, dass insbesondere die Rate an Wundinfektionen vom Szilagyi-Grad I im Bereich der Leiste durch Einsatz rifampicingetränkter Gefäßprothesen signifikant reduziert werden können. Bezüglich der Prävention von Szilagyi-Grad-III-Infektionen war allerdings keine der Studien groß genug, um eine abschließende Bewertung zu erlauben [8]. Valide Daten über die klinische Anwendung der in vitro als sinnvoll beurteilten Kombination aus Silber und Rifampicin fehlen bisher völlig. Der Einsatz anderer Antibiotika (Daptomycin, Gentamycin, Nebacetin, Vancomycin) zur Imprägnierung von Polyesterprothesen wird ebenfalls diskutiert [2]. Diagnostik Die in der aktuellen S1-Leitlinie „Infektionen in der Gefäßchirurgie“ unter dem ­Kapitel „Diagnostik“ dargestellten Aussagen sind zwar im Wesentlichen korrekt, die dargestellten diagnostischen Kriterien der Techniken folgen jedoch keiner die Praxis unterstützenden Systematik. Als praktisch sehr taugliche Einteilung von gefäßchirurgischen Infektionen hat sich die von Szilagyi et al. [23] 1972 vorgestellte klinisch-deskriptive ­Kategorisierung nach oberflächlichen (Szilagyi-Grad I), tiefen (Szilagyi-Grad II) und systemischen Infektionen (SzilagyiGrad III) erwiesen. Diese Einteilung wurde zeitgleich von den U.S. Centers for ­Disease Control and Prevention (CDC) für die Kategorisierung von postoperativen Wundinfektionen in ähnlicher Form vorgeschlagen, allerdings um klar definierte klinische, bildgebende und mikrobiologische Kriterien erweitert [10]. Es würde sich daher als zweckmäßig empfehlen, wenn eine Aktualisierung der S1Leitlinie „Infektionen in der Gefäßchirurgie“ die CDC-Kriterien für Wundinfektionen als zukünftig konsensualisier- Zusammenfassung · Abstract tes Einteilungsschema für Infektionen in der Gefäßchirurgie festlegen würde. Die Erfahrung des behandelnden Chirurgen spielt dabei aber weiterhin eine sehr wichtige Rolle. » Ein konsensualisiertes Einteilungsschema für Infektionen in der Gefäßchirurgie ist sinnvoll Im Wesentlichen müssen gemäß CDC folgende Kriterien für das Vorliegen einer oberflächlichen Wundinfektion (CDC-­ Definition: A1, entspricht Szilagyi-Grad I) erfüllt sein: FInfektion innerhalb von 30 Tagen nach operativer Intervention und Fnur Beteiligung von Haut und subkutanem Gewebe der Inzisionsstelle und Fentweder purulente Drainage aus oberflächlicher Inzision und/oder FIsolierung von Mikroorganismen durch aseptisch entnommenen ­Abstrich, Flüssigkeit oder Gewebsproben der oberflächlichen Inzision. Des Weiteren ist mindestens eines der ­folgenden Kriterien erforderlich: FSchmerz oder Schmerzempfinden, Flokale Schwellung, Rötung, Erwärmung oder Fbewusstes Eröffnen der Wundlokalisation durch den Chirurgen. Die CDC-Kriterien akzeptieren jedoch auch ganz bewusst die Diagnose A1 ohne Vorliegen der oben angeführten Punkte, wenn die Diagnose vom behandelnden Chirurgen selbst gestellt wird. Diese ist ein häufig diskutierter Aspekt, der so übernommen werden oder auf den bewusst verzichtet werden kann. Eine tiefe Infektion (CDC-Definition: A2; Szilagyi-Grad II) liegt vor, wenn F die Infektion innerhalb von 30 Tagen nach Operation auftritt und kein prothetisches Material im Patienten belassen wurde oder F die Infektion innerhalb von 1 Jahr auftritt, wenn prothetisches Material ­implantiert wurde und F das Weichteilgewebe (z. B. Faszien, Muskel) miterfasst und F eines der folgenden Kriterien vorliegt: Gefässchirurgie 2012 · 17:29–36 DOI 10.1007/s00772-011-0988-x © Springer-Verlag 2012 M. Zegelman · O. Assadian · G. Guenther · H. Zuelhke · T. Bisdas · M. Storck · R. Kellersmann · für die Kommission „Infektionen in der Gefäßchirurgie“ der DGG Leitlinien „Infektionen in der Gefäßchirurgie“ der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin. Aktuelle Gedanken und Kommentare Zusammenfassung Im Jahr 2008 wurden erstmals Leitlinien zum Thema „Gefäßinfektionen“ von der Kommission „Infektionen in der Gefäßchirurgie“ erstellt und verabschiedet. Seit 2009 sind diese bei der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) oder über die Homepage der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG) einsehbar. Es erscheint nunmehr angezeigt, eine neuerliche Bewertung anhand aktueller Literatur und ­Ergebnisse vorzunehmen. Dabei bleibt es hier zunächst bei Kommentaren und Gedanken, die in eine spätere Aktualisierung der Leitlinie einfließen könnten. Ein solches Vor- gehen soll dem Leser Orientierung, aber auch Raum für kritische Stellungnahmen bieten. Die Form der „getrennten Ergänzung“ wurde gewählt, da es sich eben nicht um eine neue Version der Leitlinie handelt. Besondere ­Bedeutung wurde der Diagnostik der Protheseninfektion und der Standortbestimmung antimikrobiell behandelter Gefäßprothesen in der Prophylaxe und in der Therapie von Gefäßinfektionen beigemessen. Schlüsselwörter Blutgefäße · Prothesen · Infektion · Antibiotika · Prävention und Kontrolle Guidelines on infections in vascular surgery of the German Society for Vascular Surgery and Vascular Medicine. Current thoughts and comments Abstract In 2008 the Commission on Infections in Vascular Surgery (Kommission “Infektionen in der Gefäßchirurgie”) first developed and adopted clinical practice guidelines on vascular infections. Since 2009 these have been accessible via the German Association of Scientific Medical Societies (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, AWMF) and the German Society of Vascular Surgery and Vascular Medicine (Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin, DGG) website. It now seems that there is a need for reevaluating the evidence in the light of recent publications and data. This addendum now only of- zpurulente Drainage aus der tiefen Schicht, aber ohne Organbeteiligung. zpostoperative Wunde, die spontan dehisziert oder bewusst vom ­Chirurgen eröffnet wird und mindestens eines der folgenden Zeichen vorliegt: Fieber (> 38°C), lokalisierter Schmerz oder Schmerzempfindlichkeit, zIsolierung von Mikroorganismen durch aseptisch entnommenen Ab- fers comments and thoughts which, however, might be considered for inclusion in a later revision of the guidelines. The aim of this approach was to provide guidance as well as a platform for critical comments. The separate addendum format was chosen because this is not a new version of the guidelines. A particular focus of this addendum is on the role of antimicrobial vascular grafts in the prevention and management of vascular infections. Keywords Blood vessels · Grafts · Infection · Antibiotics · Prevention and control strich, Flüssigkeit oder Gewebs­ proben der tiefen Wunde, zNachweis eines Abszesses durch klinische Exploration, während einer Reoperation, histopathologischen oder bildgebenden Befund, zDiagnose des behandelnden ­Chirurgen. Eine systemische Infektion mit Organ­ beteiligung (CDC-Definition: A3; Szilagyi-Grad III) liegt vor, wenn Gefässchirurgie 1 · 2012 | 31 Leitthema Fdie Infektion innerhalb von 30 ­Tagen nach Operation auftritt und kein ­prothetisches Material im Patienten belassen wurde oder Fdie Infektion innerhalb eines Jahres auftritt, wenn prothetisches Material implantiert wurde und Feine Infektion jedes betroffenen Organs vorliegt, die im Zusammenhang mit dem operativen Eingriff steht (hier auch Prothese) und Fder Patient mindestens eines der ­folgenden Zeichen präsentiert: zpurulente Drainage aus einem Drain, der mit dem Organraum in Verbindung steht, zIsolierung von Mikroorganismen durch aseptisch entnommenen ­Abstrich, Flüssigkeit oder Gewebsproben des Organraums und/oder Nachweis in Blutkultur, zNachweis eines Abszesses durch klinische Exploration, während einer Reoperation, histopathologischen oder bildgebenden Befund, zDiagnose des behandelnden ­Chirurgen. Hinsichtlich mikrobiologischer Diagnostik ist anzumerken, dass der Nachweis von Mikroorganismen auf einer Wunde nicht zwangsläufig mit einer Infektion gleichzusetzen ist. Die quantitative Betrachtung der mikrobiellen Belastung einer Wunde (z. B. Richtwert > 105 Erreger/g Gewebe) wird gelegentlich durchgeführt, ist jedoch nicht ausreichend, um das Vorliegen oder Fehlen einer Infektion wie z. B. im Fall eines Harnwegsinfekts sicher beurteilen zu können. Bei entsprechender Disposition des Patienten und/oder besonderer ­Pathogenität des Erregers kann z. B. bereits eine mit nur wenigen virulenten Erregern kontaminierte Wunde in einer deutlichen klinischen Infektion resultieren, wohingegen an der Wundoberfläche auch in sehr hohen Zahlen vorhandene avirulente Stämme zu keiner Infektion führen. Dies erklärt die in der Praxis beobachtete ­Konstellation einer mit z. B. Staphylococcus aureus besiedelten Wunde, die aber keine Zeichen einer Infektion aufweist. Um hier eine kohärentere Unterscheidung ermöglichen zu können, wäre die zusätzliche Bestimmung von 32 | Gefässchirurgie 1 · 2012 ­ irulenzfaktoren wie z. B. Menge der geV bildeten Enzyme Koagulase, ­Proteinasen wie Metalloproteinase 8 (MMP-8), Panton-Valentine-Leukozidin oder interleukinfreisetzenden Toxinen erforderlich, was jedoch in der klinischen Routine nicht durchführbar ist. Unabhängig von der Technik der Erregergewinnung (qualitativ mithilfe eines Abstrichs, semiquantitativ mithilfe der erweiterten Abstrichuntersuchung bzw. quantitativ z. B. mithilfe der Spültechnik oder der Gewebebiopsie) ist die Reproduktion der Ergebnisse im Hinblick auf die Wiederfindungsrate der Mikroorganismen oft nicht zufriedenstellend. Meist handelt es sich um eine ­punktuelle Materialabnahme, die die tieferen Anteile des Wundgrunds nur unzureichend erfasst. Hinzu kommt, dass die für die Unterhaltung einer Gefäßprotheseninfektion verantwortlichen Erreger fast immer in einem von ihnen geschaffenen Biofilm habitieren und so einer Identifikation leicht entgehen können [13]. Deshalb beweisen negative Kulturergebnisse nicht notwendigerweise, dass kein Infekt vorliegt, v. a. bei Patienten unter laufender Antibiotikatherapie [19]. Die vermutlich häufigste Methode des direkten Erregernachweises stellt die Durchführung des intraoperativen Abstrichs dar. Aufgrund der häufigen negativen Befunde wird diese Technik kontrovers diskutiert. Zu beachten ist aber, dass neben der Problematik der in Biofilmen geschützten Bakterien und des Abnahmezeitpunkts, bei dem das Gewebe des Patienten fast immer mit einer entsprechenden Antibiotikakonzentration durchflutet ist, die Wahl des geeigneten Abstrichinstrumentariums oft nicht beachtet wird. Vom Prinzip stehen Abstrichtupfer mit Polyurethan- oder Viskosekopf zur Verfügung. Beide Arten können ohne Transportmedium, mit Amies- oder universellem Transportmedium ausgestattet sein. Eine experimentelle mikrobiologische Arbeit konnte deutlich aufzeigen, dass Unterschiede in der ­Wiederfindungsrate experimentell kontaminierter Flächen je nach eingesetztem Abstrichtupfer zwischen 0 und 178% vorliegen können [20]. Beide Materialien unterscheiden sich dadurch, dass Polyurethantupfer zwar wenige Erreger aufnehmen, diese aber sehr gut wieder abgeben. Viskosetupfer hingegen nehmen viel Erregermaterial auf, geben dieses jedoch nicht leicht ab. Rechnet man also mit einer hohen Erregerdichte und möchte gleich vom Abstrichtupfer einen Ausstrich auf eine ­Kulturplatte für die Bebrütung durchführen, eignen sich hierfür Polyurethantupfer. Bei gefäßchirurgischen Infektionen muss allerdings damit gerechnet werden, dass nur wenige Erreger einer Abstrichentnahme zugänglich sind. Daher wäre für den intraoperativen Abstrich als Material ein Viskosetupfer geeigneter. Dieser muss im verarbeitenden Labor dann allerdings in einer Bouillon ausgeschüttelt werden, bevor das Material weiter untersucht werden kann. Ist dem Labor die Fragestellung des einsendenden Chirurgen unbekannt, können schnell suboptimale diagnostische Bedingungen eintreten, die dann die häufigen, oft falsch-negativen mikrobiologischen Befunde erklärbar machen. » Für intraoperative Abstriche Viskosetupfer mit universellem Transportmedium verwenden Die optimalen Abnahmematerialien für intraoperative Abstriche in der Gefäßchir­ urgie wurden bisher nicht systematisch untersucht. Daher kann hier bis zum Vorliegen gut geplanter Studien die Empfehlung getroffen werden, für intraoperative Abstriche Viskosetupfer mit universellem Transportmedium zu verwenden (Evidenzgrad III). Abschließend soll noch auf einfach handhabbare mikrobiologische Schnelltests auf molekularbiologischer bzw. immunologischer Basis hingewiesen werden. Diese sind für bestimmte Erreger hochspezifisch, allerdings in der praxistauglichen Anwendung bisher nur unzureichend untersucht. Therapie Lokale Maßnahmen Der Vakuumtherapie oder auch „­negative pressure wound therapy“ (NPWT) wird zunehmend mehr Bedeutung zugemessen. Bei inguinalen/infrainguinalen Früh- infektionen nimmt sie im therapeutischen Alltag bereits einen breiteren bis breiten Raum ein [6, 12]. Angeführt wird diesbezüglich die Arbeit von Mayer et al. [15], nach der es kaum Limitationen für den Einsatz des Vakuums als „First-line“Therapie gibt. Diese werden in einer sehr aktuellen Publikation von Karl u. Storck [12] allerdings durchaus gesehen. So werden eine Pseudomonas-Infektion ebenso wie Probleme der Anastomosen oder eine völlig umspülte Prothese als Kontraindikationen angegeben. Dennoch wird auch hier der NPWT ein hoher Stellenwert zugebilligt. begleitender oraler Antibiose im Tierversuch zur Therapie der Graftinfektion [9]. In diesem Zusammenhang bleibt es (trotz positiver In-vitro-Daten) noch offen, ob die zusätzliche perioperative Durchtränkung mit Antibiotika die Infektionsresistenz der silberbeschichteten Prothesen optimiert. Schließlich sind valide klinische Daten oder gar Leitlinien zu adjuvanten Maßnahmen (Lavage mit Antiseptika oder Antibiotika, Dauer der postoperativen Antibiotikatherapie) für die Therapie nicht verfügbar [2]. In-situ-Rekonstruktion Die neue Literatur stützt die In-situ-­ Rekonstruktion beim Protheseninfekt zusätzlich und stärkt auch die Aussage, dass die Anwendung antimikrobiell behandelter Dacrongrafts einen klaren Stellenwert hat. Ob bei der NPWT bereits von einem „Paradigmenwechsel“ [15] gesprochen werden kann, muss abgewartet werden. Unverändert darf die In-situ-Rekonstruktion mit Implantaten bei Gefäßprotheseninfektionen mit aortalem Anschluss als bevorzugtes Verfahren genannt werden. Zwei Arbeiten aus 2011 vergleichen den Einsatz von Silberprothesen mit kryokonservierten [2] und frischen humanen „allografts“ („homografts“, [18]). In beiden Publikationen werden sowohl die Homografts als auch die ­Silberprothese als in ihren Ergebnissen vergleichbar ­beschrieben. DDas Reinfektionsrisiko ist bei der Silberprothese immer zu beachten. Reinfekte im Bereich von 8,5% wurden für die Silberacetatprothese bei kompletter Explantation des infizierten Grafts schon früher beschrieben [Leitlinie 51, Gefässchirurgie (2006) 11, 402–407], übereinstimmend mit der neuen Literatur. Auch Ergebnisse aus Frankreich [1] mit der Therapie von sekundären aortoenteralen Fisteln unterstreichen den Wert der In-situ-Rekonstruktion im Vergleich zur extraanatomischen Wiederherstellung der Strombahn. Zusätzlich wird die Bedeutung der In-situ-Rekonstruktion mit autologem Material für junge, gesündere Patienten in einer aktuellen Übersicht herausgestellt [11]. Auch für die In-situ-Verwendung von rifampicingetränkten Prothesen bei prothetoenteralen Fisteln wurden 2011 gute Ergebnisse mitgeteilt [17]. Dazu bestätigte eine dänische Publikation die Wirksamkeit von Silberacetatprothesen getränkt mit Rifampicin und Bewertung Ausblicke/neue Entwicklungen Dieser Abschnitt ist in der Leitlinie nicht vorhanden und für eine solche auch nicht zwingend. Die Dacronprothese mit Silberacetat und Triclosan steht vor ihrer Zulassung. Hier sollen sich zwei kürzer wirksame antimikrobielle Substanzen ergänzen. Aus Frankfurt liegen historische Daten zum klinischen Einsatz einer reinen Triclosanprothese bei Graftinfektionen in 30 Fällen vor [26]. Eine Sicherheitsstudie zur Einheilung der kombiniert beschichteten Prothese läuft aktuell unter französischer Leitung, bisher ohne Anhaltspunkte für Probleme [27]. Korrespondenzadresse Prof. Dr. M. Zegelman Klinik für Gefäß- und Thoraxchirurgie, Krankenhaus Nordwest Steinbacher Hohl 2–26 60488 Frankfurt am Main [email protected] Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor weist auf folgende Beziehungen hin: Referententätigkeit (Maquet, B. Braun). Literatur 1. Batt M, Jean-Baptiste E, O’Connor S et al (2011) Early and late results of contemporary management of 37 secondary aortoenteric fistulae. Eur J Vasc Endovasc Surg 41:748–757 2. Bisdas T, Wilhelmi M, Haverich A, Teebken OE (2011) Cryopreserved arterial homografts vs silvercoated Dacron grafts for abdominal aortic infections with intraoperative evidence of microorganisms. J Vasc Surg 53:1274–1281 3. Braithwaite BD, Davies B, Heather BP et al (1998) Early results of a randomized trial of rifampicinbonded Dacron grafts for extra-anatomic vascular reconstruction. Br J Surg 85:1378–1381 4. 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Szeberin Z, Münch Z, Fehervari M et al (2010) Midterm results of silver-coated Dacron graft implantation in aortic and lower extremity revascularization. Magy Seb 63:369–373 23. Szilagy DE, Smith RF, Elliott JP, Vrandecic MP (1972) Infection in arterial reconstruction with synthetic grafts. Ann Surg 176:321–332 24. Zegelman M, Guenther G, Florek HJ et al (2009) Results from the first in man German pilot study of the Silver Graft, a vascular graft impregnated with metallic silver. Vascular 17:190–196 25. Zegelman M, Guenther G, for the European study group (2012) Results from the international Silver Graft registry for high-risk patients treated with a metallic silver impregnated vascular graft. Vascular (submitted) 26. Zegelman M, Schnellhammer R, Classen SC (1995) Management bei infiziertem Kunststoffbypass/ Verwendung von Haemagard HEK/AM Vibax Prothesen. Vasa Suppl 45:41 27. Zegelman M, Guenther G, Zintel C (2010) New developments in silver acetate impregnated grafts for use in infected fields. Web based presentation, Veith Symposium 2010 3. Springer Award Gefäßmedizin 2012 Jetzt einreichen! Brückenschlag von experimentellen Ergebnissen zum klinischen Nutzen wird ausgezeichnet F Es können eigene Originaldaten publi- ziert werden oder auch bereits publizierte eigene Originaldaten zusammengefasst und mit einem Ausblick zur klinischen Relevanz versehen werden. In letzterem Fall ist beim erstpublizierenden Verlag vor Manuskripteinreichung eine Genehmigung einzuholen. F Die Arbeit wird auf der Jahrestagung der DGG in einer speziellen Sitzung vorgestellt. F Das Teilnehmeralter ist auf 40 Jahre beschränkt. F Der Beitrag darf eine Länge von max. 25.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen) nicht überschreiten. Die Gefäßchirurgie ist ein Wachstumsfach mit zunehmender Bedeutung im Gesamtkonzept der Diagnostik und Therapie von Gefäßerkrankungen. Die wissenschaftliche Leitung der Gefässchirurgie aus Mitgliedern der deutschen, österreichischen und schweizerischen Gesellschaften für Gefäßchirurgie möchten daher zusammen mit dem Springer- Verlag die wissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiet unterstützen und insbesondere den Nachwuchs durch die Verleihung des 3. Springer Award Gefäßmedizin fördern. Nutzen Sie die Gelegenheit und reichen Sie Ihren Beitrag bis zum 15. Mai 2012 ein. Auf den Preisträger wartet ein Reisestipendium im Wert von 2500 EUR! Teilnahmebedingungen F Der Autor soll einen Übersichtsbeitrag in deutscher Sprache auf Grundlage einer eigenen experimentellen Arbeit verfassen. Bei der Beurteilung wird besonderer Wert auf den edukativen Charakter des Artikels sowie die Herausarbeitung der klinischen Relevanz gelegt – der Beitrag soll eine Brücke von den experimentellen Ergebnissen zur klinischen Anwendung schlagen. 34 | Gefässchirurgie 1 · 2012 Alle eingereichten Beiträge werden durch eine Jury aus dem Editorial Board und dem Herausgebergremium unter der Leitung der Schriftleitung begutachtet. Preisverleihung im Rahmen der 28. Jahrestagung der DGG Die Verleihung des 3. Springer Award Gefäßmedizin erfolgt im Rahmen der 28. Jahres­ tagung der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin vom 3.–6. Oktober 2012 in Wiesbaden. Vier der besten Arbeiten inklusive der Preisträger-Arbeit werden im Anschluss an die Jahrestagung in Ausgabe 7/2012 der Zeitschrift Gefässchirurgie veröffentlicht. Bitte reichen Sie Ihren Beitrag zusammen mit Ihrem Lebenslauf in elektronischer Form bei der Verlagsredaktion ein: [email protected]