Erste-Hilfe kompakt Notfallstichwort: Hyperventilation Empfehlungen des Bundesfeuerwehrarztes – Folge XI Das Hyperventilationssyndrom stellt für den Betroffenen eine bedrohliche Situation mit subjektiv empfundener – teils schwerer – Atemnot dar. Damit kann eine Hyperventilation unter dem Stichwort „Schwere Atemnot“ Grund für die Alarmierung des Rettungsdienstes inklusive eines Notarztes sein. Bevor die Diagnose „Hyperventilation“ gestellt werden darf, müssen andere, organische Ursachen für die Luftnot ausgeschlossen worden sein. Symptome Die Patienten beschreiben oftmals das Gefühl von großem Lufthunger, verbunden mit Erstickungsängsten und dem Eindruck nicht ausreichend tief einatmen zu können. Die Atemfrequenz (Normalwert in Ruhe etwa 16 Atemzüge pro Minute) ist Deutliches Zeichen: Die so genannte Pfötchenstellung Quelle: Carsten-Michael Pix / Deutscher Feuerwehrverband deutlich erhöht. Die Patienten sind meist sehr verängstigt und können diesen Kreislauf aus Angst, Luftnot und schneller Atmung nicht willentlich durchbrechen. Ohne Hilfe von außen kann sich dieser Zustand bis zur völligen Erschöpfung des Patienten steigern. Im Vollbild der Hyperventilation klagen die Patienten über Kribbeln im Bereich von Mund, Nase und Händen. Durch Verkrampfung der Muskulatur zeigen die Hände eine für dieses Krankheitsbild typische „Pfötchenstellung“ auf. Ursachen Auslöser eines Hyperventilationssyndroms sind oft Angst, Erregungszustände oder besondere (emotional belastende) Situationen. Diese können zum Beispiel ausgelöst werden durch Auseinandersetzungen in der Partnerschaft oder im Beruf. Auch Schmerzen können zu diesem Krankheitsbild führen. Diagnostik und Therapie Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer, jüngere Menschen öfter als Ältere. Obwohl die Patienten schwere Luftnot beklagen, ist die pulsoxymetrisch gemessene Sättigung des Blutes mit Sauerstoff völlig normal. Die Betroffenen zeigen keine Blaufärbung der Lippen (Zyanose). Der Blutdruck kann Normalwerte zeigen, ist aber in der Regel oft leicht erhöht. Der Herzschlag ist typischerweise beschleunigt. Der Ersthelfer sollte beruhigend auf den Betroffenen einwirken. Ist eine „Stresssituation“ auf den ersten Blick erkennbar, sollte der Helfer versuchen, den Betroffen aus dieser Situation herauszulösen, in dem er Zuschauer und Herumstehende bittet den Raum zu verlassen. Sind organische Ursachen für den Zustand des Patienten ausgeschlossen, kann eine Rückatmung versucht werden. Hierzu wird dem Patienten zum Beispiel eine Tüte vor Mund und Nase gehalten, sodass der Den Betroffenen in einen Beutel atmen lassen durchbricht oftmals das Hyperventilationssyndrom Patient seine ausgeatmete Luft wieder Quelle: Carsten-Michael Pix / Deutscher Feuerwehrverband einatmet. Sinn dieser Maßnahme ist die Normalisierung des CO2-Wertes im Blut des Betroffenen. Dabei muss darauf geachtet werden, dass durch die Maßnahme die Angst des Patienten nicht noch stärker angefacht wird. In vielen Fällen kann durch die beschriebenen Maßnahmen das Hyperventilationssyndrom durchbrochen werden und die Atmung des Patienten normalisiert sich. Sollte der Einsatz von Medikamenten erforderlich sein, kommen Beruhigungsmittel zur Anwendung. Seite 2 Eine Klinikeinweisung ist nicht zwingend erforderlich, sofern sich der Zustand des Patienten wieder normalisiert hat und nicht die (häusliche) Situation Auslöser der Hyperventilation war. Hamburg/Berlin, November 2011 Bundesfeuerwehrarzt Dr. med. Hans-Richard Paschen Bundesfeuerwehrarzt Dr. Paschen ist der Vertreter des Deutschen Feuerwehrverbands in allen medizinischen Fragen. Er ist erfahrener Notfallmediziner und Chefarzt in einer Hamburger Klinik. Diese Ausgabe sowie alle weiteren Folgen unserer Serie „Erste-Hilfe kompakt“ finden Sie auch auf dem entsprechenden Internetportal auf der Homepage des DFV unter www.feuerwehrverband.de/erste-hilfe-kompakt.html Die Seite finden Sie auch, wenn Sie den QR-Code rechts oben nutzen. Halten Sie dazu einfach Ihr Mobiltelefon mit aktiviertem QR-Reader vor das Muster. Seite 3