AD(H)S – Teil I Ursachen und Verlauf Referentin: Melanie Tröltzsch, Dipl.-Psychologin 1 Begriffsklärung ADS Aufmerksamkeitsdefizitstörung -syndrom ADHS Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung ADHD Attention-deficit hyperactivity Disorder ADD Attention-deficit disorder HKS Hyperkinetische Störung Hyperkinetisches Syndrom MCD (alt) Minimale cerebrale Dysfunction 2 Vorurteile / Stereotype • Es handelt sich um eine „Modeerscheinung“ (z.B. Reizüberflutung). • Es liegt eine Konzentrationsstörung vor, die durchweg längere Handlungen mit hoher Aufmerksamkeit verhindert. • Betroffen sind nur Jungen • ADS verschwindet im Alter. • ADS geht mit einer Minderbegabung einher. • Das zentrale Problem ist die Hyperaktivität. • ADS ist eine Störung des Immunsystems (allergische Reaktionen auf künstliche Nahrungsmittelzusätze oder Phosphat). 3 Ursachen biologisch-genetische Faktoren • genetische Faktoren • Hirnschädigung (MCD) • allergische Reaktionen – Nahrungsmittelallergie > Erbliche Faktoren spielen erhebliche Rolle psychosoziale Faktoren • ungünstige Sozialisationsbedingungen • Störung der Eltern-KindInteraktion > keine primären Ursachen, tragen zum Schweregrad oder zu Sekundärsymptomen bei 4 Auswirkungen • Betroffen durch genetische Andersartigkeit: – Steuerung der Aufmerksamkeit / Reizoffenheit – Motorik – Belohnungs- und Motivationszentrum – Neugierverhalten – Überlastung des Arbeitsgedächtnisses – Informationsverarbeitung 5 Informationsverarbeitung • optimale Informationsverarbeitung nicht möglich zu viel Input, hektisches Durcheinander motorische Unruhe, innere Hektik, Verwirrtsein, mangelnde Übersicht, Blockaden Probleme bei Wahrnehmungsverarbeitung im Gehirn Veränderungen im Handeln 6 Symptomatik der ADS Kernsymptome der AD(H)S 1. Aufmerksamkeitsstörung 2. Impulsivität 3. Hyperaktivität 7 Primärsymptome 1. Störung der Daueraufmerksamkeit selektiven Aufmerksamkeit Tagträumerei; oberflächliches Arbeiten Ablenkbarkeit, vor allem durch visuelle und akustische Reize; scheinbares Überhören von Aufforderungen; = motivationsabhängig! unvollständiges Arbeiten mögliche Folge: Lernstörungen (in allen Intelligenzbreichen) 8 • Zu Aufmerksamkeitsstörung: – unaufmerksam gegenüber Details bzw. häufige Sorgfaltsfehler – Aufmerksamkeit nicht über längere Zeit – scheint oft nicht zuzuhören, wird er/sie angesprochen – verliert häufig Dinge, die eigentlich benötigt würden – kann Aufgaben und Aktivitäten häufig nicht organisieren – ist häufig ablenkbar durch äußere Reize – ist bei Alltagstätigkeiten häufig vergesslich – kann oft Erklärungen nicht folgen 9 Primärsymptome 2. Impulsivität • • • • • • handelt rasch ohne nachzudenken kann nicht abwarten wechselt rasch die Beschäftigung kein planvolles Arbeiten spricht häufig exzessiv platzt mit Antworten heraus, bevor die Frage zu Ende gestellt ist • unterbricht / stört andere häufig (Hereinplatzen in deren Spiel / Gespräch) 10 Primärsymptome ... äußert sich in drei Bereichen: • kognitiv: – dem ersten Handlungsimpuls folgen – eine Tätigkeit beginnen, bevor sie hinreichend erklärt worden ist • motivational: – Schwierigkeit, Bedürfnisse aufzuschieben – Schwierigkeit abzuwarten, bis man an der Reihe ist • emotional: – rasche, unvorhersehbare Stimmungsschwankungen mögliche Folgen: Lernstörungen (in allen Intelligenzbereichen), soziale Integrationsstörungen 11 Primärsymptome 3. Hyperaktivität • zappelt mit Händen oder Füßen bzw. rutscht auf dem Stuhl herum • verlässt seinen Platz im Klassenraum oder in Situationen, wo Sitzenbleiben erwartet wird • rennt häufig umher oder klettert exzessiv (später oft nur Unruhegefühl) • kann sich beim Spiel oder bei Freizeitaktivitäten schwer ruhig verhalten • ist häufig „auf Achse“, handelt wie getrieben • redet häufig übermäßig viel 12 Primärsymptome Hypoaktivität (Träumertyp, Mädchentyp) (I) • Ausdauer- und Konzentrationsmangel stehen im Vordergrund • keine sichtbare Hyperaktivität - nach außen: wirken oft träge, langsam und faul - nach innen: nervös, innere Unruhe • wirken z.T. überangepasst • Tagträumerei • Blackout-Situation in Prüfungen • Gefühl geistiger Erschöpfung nach der Schule • Trödeln/ zu langsames Arbeitstempo, wirken träge 13 Primärsymptome Hypoaktivität (Träumertyp, Mädchentyp) (II) • • • • konkurriert nicht gern mit anderen wirkt oft schüchtern und beschämt häufig hypersensibel (kritik- und schmerzempfindlich) depressive Verstimmungen, Schlafstörungen, Suchtverhalten (z. B. Süßigkeiten, Nikotin) • werden häufig übersehen und als dumm oder faul eingestuft Hilfe kommt verspätet 14 ADHS-Betroffener Passung Soziales Umfeld 15 Sekundärsymptome • soziale Probleme - wirken oft unzudringlich und kaspernd-albernd - unterbrechen Aktivitäten anderer Kinder - Mittelpunktstreben - Verletzung sozialer Regeln und Grenzen - wirken häufig sozial retardiert • oppositionelle Verhaltensauffälligkeiten/Aggression - verminderte Frustrationstoleranz häufig Wutausbrüche - Nichtbefolgen von Regeln und Anweisungen 16 Sekundärsymptome • soziale Isolation - Rückzug von anderen Kindern - Außenseiterrolle • verminderte Schulleistungen - Lernstörungen in allen Intelligenzbereichen • emotionale Auffälligkeiten - mangelndes Selbstvertrauen - soziale Unsicherheit - Ängste - depressive Verstimmung 17 Sekundärsymptome 50 % Oppositionelle Störung des Sozialverhaltens 30 – 50% Störung des Sozialverhaltens 10 – 40% Affektive Störungen 20 – 25% Angststörungen 10 – 25% Lernstörungen, Teilleistungsschwächen Bis 30% Ticstörungen 18 Zusammenfassung Besonderheiten der AD(H)S – Symptomatik • • • • • • • • Alle Symptome können gleichzeitig auftreten Es müssen jedoch nicht alle gemeinsam auftreten Symptome können sich überlagern Symptome können in scheinbaren Widerspruch zu einander stehen Symptome können in abgeschwächter Form auftreten Sie können aber auch in verschärfter Form auftreten Symptome müssen in früher Kindheit aufgetreten sein Symptome bedeuten nicht unbedingt Defizite 19 Positive personelle Ressourcen spontan, fürsorglich und hilfsbereit ausgeprägter Gerechtigkeitssinn große Tier- und Naturliebe hohe intrinsische Motivation rasche Reaktionsfähigkeit große Fantasie und Kreativität Freude am hartnäckigen Verhandeln risikofreudig und mutig Vergessen jeglicher zeitlicher Einschränkungen angesichts interessanter Herausforderungen Verknüpfung neuer Sachverhalte, (Problemlösen) nicht nachtragend 20